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Full text of "Adolf von Wrede's Reise in Hadhramaut : Beled Beny 'Yssà und Beled el Hadschar"

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Adolph von Wrede’3 


Reiſe in Hadhramant 


Beled Beny Ylfa 


und 


Beled el Hadſchar. 


Herausgegeben, 


mit einer Einleitung, Anmerkungen und Erklärung der 
Inſchrift von Obne verfehen 


von 


Heinrich Sreiheren von Alaltzan. 


Kebit Karte und Yacfimile der Inſchrift von Obne. 





Braunfhmeig, 
Trud und Verlag von Friedrich Vieweg und Sohn. 


1818. 
. "> 


Adolph von Wrede's 
Reiſe in Hadhramaut 


Beled Beny Wifa 


und 


Beled el Hadſchar. 


Heraußgegeben, 


mit einer Einleitung, Anmerkungen und Erklärung der 
Inſchrift von Obne verfehen 


von 


Heinrich Freiherrn von Maltzan. 


Nebſt Karte und Facſimile der Inſchrift von Obne. 





Braunfhweig, 
Trud und Berlag von Friedrich Bieweg und Sohn. 


1319. 


\s 








Borwort. 


Dem Herausgeber des »Globus«, Dr. Carl Andree, 
tommt das Berdienft zu, zuerft nach langer Vergeſſenheit wie⸗ 
der auf den bandfchriftlihen Nachlaß Adolph von Wrede’3 
aufmerffam gemacht zu haben. Ihm verdanke ich auch das 
Manufeript der bier berauögegebenen Reife, welches von 
Wrede's Hinterlaffenen Handſchriften nur einen Theil, aber 
den wichtigften Theil bildete. Wrede's übrige Neifebefchrei- 
bungen behandeln die befannteren Gegenden am Rothen Meere. 
Da diefe aber feit Abfaffung des Wrede’fchen Manuferipts 
ſchon vielfach von anderen Reifenden gefchildert wurden, fo galt 
es für angezeigt, bier nur denjenigen Theil der Wrede’ fchen 
Reifen zu veröffentlichen, welcher feine wichtigen geographifchen 
Entdeckungen in Südarabien behandelt. 


Dredden, 8. Juli 1870. 


Der Herausgeber. 


1:07 


vm Inhalt. 


Omir ibn ‘Abd er Rahman ben "Abd el Danih. — Abreife. 
— Sagqume. — Anfall der Dfiyaydy. — Rügreiſe nad) Dſchui 
eſch Schaych. — Abreife. — Wäbiy CI Hadhena. — Dſchebel 
Aiqa. — Widiy Soggayme. — E Codayre. — Widiy Scharad. 
— Zweiter Anfall der Dfiyandy. — EI Hoda. — Wibin 
Garhyr. — Ankunft in Hin ben Dighät. 
Schstes Eapitel. Stämmeverfammlung im Wädiy Hafar 
Abreife von Hign ben Dighäl. — Ankunft in Hoda. — Meine 
gefährliche Tage dafelbft. — Lager am Wädiy Hafly. — Nadıt- 
lager am Wäbiy Mintit. — Rachtlager am Wädiy Hafar. — 
Eine intereffante Scene. — Aufbruch. — Wegelagerer. — 
Metelle. — Widiy Rhayde ed Dyn. — Deli'. — Kaydam. — 
Chowayre. — Nachtlager am Waͤdiy Maghira. — Ankunft 
in Choraybe. 
Siebentes Capitel. Das eigentliche Hadhramaut o. 
Zweiter Beſuch bei dem Sultan. — Abreife. — Ankunft in ‘Am. 
— Shayd‘Abd er Rahmaͤn bi Dyaf ben Amudy. — Abreife. 
— Nachtlager bei Hallet bi Salib. — Nadıtlager bei Dirbe. — 
Ankunft in Haura. — Der Widiy 'Amd. — Der Widiy Ei 
Hadſcharyn. — Die alten Königsgräber im Wädiy Ghayibun 
unfern Meſchhede Alyy. — Der Wädiy Dagr. 
Achtes Capitel. Ausflug nad der Wüfte EI Ahgäf 
Wbreife von Haura. — Vatermord eines Beduinenknaben. — 
Ankunft in Fahwa. — Ercurfion nad) dem Bahr eff Sfafh. — 
Die Wüfe El Ahgäf. — Ein altes Grabmal. — Der Wibiy 
Er Rigiye. — Rücreife Über "Amd nad) Choraybe. — Der 
neue Sultan. 


Neuntes Capitel. Letzte Kataftrophe und Rückehr nad 





Seite 


186 


208 


2 Einleitung. 


werben, war Adolph von Wrede, ein geborner Weftphale, dem dic 
geographifche Wilfenfchaft die Ausfüllung einer jener Lücken verdantt, 
an denen biefelbe vor furzem noch fo überreich war und deren viele 
auch jegt noch auf ihre Ausfüllung und Befeitigung harven. 

Ueber Heimath, Leben und fonftige Privatverhäftniffe unſeres 
Reifenden habe id; mir Mühe gegeben, etwas Beftimmtes zu erfunden, 
leider nur mit ſehr geringem Erfolg. Der berühmte Mifjionar 
Dr. Krapf, der mit Wrede im Herbjte 1843 in “Aden zufammen 
traf, fonnte mir über den Urfprung Wrede’s nichts Gewiffes fagen. 
Von ihm erfuhr ich nur, daß unfer Reifender in den dreißiger Jahren 
diefes Iahrhunderts in griedifchen Dienjten als Offizier geftanden, 
dann ſich in Kleinaſien aufgehalten und fpäter nad) Aegypten begeben 
habe, von wo aus er im Frühjahr 1843 feine denfwürdige Entdedungs- 
reife unternahm. Erſt viel fpäter fcheint er nad Europa zurüd 
gelehrt zu fein, um fein Manufcript zu veröffentlichen, was ihm je- 
doch nicht gelingen follte. 

Leider wurde dem muthigen Reifenden in feinem Vaterlande nicht 
nur feine Anerkennung zu Theil, fondern ihm traf auch noch das 
grauſame Schiefal, daß feine Berichte bei Vielen feinen Glauben 
fanden und dog man ihn für wenig befjer als für einen „Schwindler“ 


Einleitung. 3 
die er am Bahr eſſ Sfäfy in der Wüfte el Ahqaͤf beobachtet Hatte 
und über die der Leſer, der fie im vorlegten Eapitel dieſes Buches 
findet, ſich ſelbſt ein Urtheil bilden mag. Allerdings klingt es ſonder⸗ 
bar, wenn man einem Naturforſcher ins Geſicht hinein behauptet, daß 
eine Meßſchnur im Wüſtenſande wie in einem Brunnen verfinken 
könne, und dieſe Erzählung Wrede's, wenn ohne gehörige Erläuterung, 
d. h. außer Zuſammenhang mit den fie begleitenden Nebenumftänden 
im gewöhnlichen Gefpräd gemacht, mochte wohl den Verdacht der 
„Aufſchneidereien“ auffommen lajfen. Aber wie die fragliche Schil⸗ 
derung in Wrede’s handfchriftlihem Nachlaß Hingt, jehen wir fie faft 
gänzlich jenes wunderlichen, abenteuerlichen Gewandes entkleidet, welches 
Humboldt's Mistrauen hervorrief. Nicht im Sande fchledhtweg ver- 
anf die Meßſchnur, fondern in einer tiefen Höhlung, die dem KRei- 
ienden wie ein Brummen erjchien, in deren Grunde wahrſcheinlich 
eine Betroleumquelle fich befand, und deren Oberfläche nur eine Schicht 
iehr feinen Sandes oder Staubes, fehr verſchieden von dem gemöhn- 
lichen Büjtenfand, bedeckte. Die Naturforfcher mögen entfcheiden, in- 
wiefern eine folhe Erſcheinung möglih ift. Aber im jchlimmften 
Falle fünnen wir hier nur einen Irrthum des Reiſenden vorausfeßen, 
da er ja feine Meßſchnur nicht wieder aus der Höhlung heraufzuziehen 
vermochte und da das, was ihm wie ein Verfinfen vorfan, möglicher- 
weile ja nur ein Stedenbleiben derjelben, durch mechaniſche Hinder- 
niſſe, 3. B. ein Vorrutichen des Sandes verurſacht, fein Tonnte. 

Dies ift übrigens auch die einzige Epifode im ganzen Wrede’- 
ihen Werke, welche jene Zweifel an jeiner Glaubwürdigkeit erklären 
fann. Im Uebrigen madht feine Reifefchilderung durchaus den Ein- 
drud der Wahrhaftigkeit. Wie hätte auch ein Schwindler ſolche 
Männer, wie Carl Ritter, und die andern bedeutenden Geographen 
täufchen können, wie hätte der langjährige Kenner Arabiens, der be- 
rühmte Arabift Fresnel, Wrede's Reife als cine der wichtigften Ent: 
defungen unferes Jahrhunderts preifen fünnen? 

Aber wir haben auch noc andere, geradezu directe Beweiſe für 


die Authenticität der Wrede’schen Reife. Der erfte ift der, daß Arnaud, 
1* 


4 Einleitung. 

wveicher gleichzeitig mit redet Reiie in Halmamamı, irmm be 
rüsten, unzweifelhaft anthentühen Aneiing nach Märih umermabı, 
in lepterer Trrihait von Arabern, die ans dem benadberica Da 
dhramaut famen, hörte, dak ñch zur Zeit eim Europärr im dicier 
Provinz auihalte, deiien Perionalbeihreibung durbane amt Wrede 
paßte. (Tie volsitändige Beihreibung itcht im Journal Asiatique, 
IV. Serie, V. Volume, Mars—Arvril 1865, Z. 311 und 312.1 

Doch auch ofme Perionalbeicreibung konnte die Erzählung jener 
Araber nur Zörede und feinen Andern bezeichnen, denn nie it außer 
Brede ein Europäer in Hadkramaut geweien. 

Einen andern Beweis ihöpfen wir ans dem Umitand, dak rede 
eine himyariſche Inidrift von jeiner Reiſe zurũcbrachte, auf weicher 
die Orientaliften deutlich den Namen mehrerer Orte und Yandicaiten 
(Hadhramant, Diayfa’a und Obne) entzifferten, welche unier Rei— 
ſender beſucht Hat. Namentlich der Name des Fundortes der In 
ſchrift Obune“, ſcheint unzweifelhaft feitgeftellt. Rum ließe ſich zwar 
die Vermuthung aufftellen, Wrede fönnte dieje Inſchrift an der Külte 
gefunden haben, aber zum Mindeſten wäre dann der Umjtand höchit 
auffallend, wenn nicht räthjelhaft, daß diejelbe gerade den Namen 
„DObne“, wo der Keifende fie gefunden zu haben behauptet, deutlich 





Einleitung. 5 


Wrede nicht ans ihr ſelbſt gefchöpft haben, da, wie gefagt, er nicht 
im Stande war, fie zu lefen. Wenn er uns nun eine bimharifche 
Infrift aus dem Innern Hadhramauts bringt und behauptet, er 
habe diefelbe in einem Orte Namens „Obne“ gefunden, ımd die Orien- 
taliften auf derfelben fpäter den Namen „Obne“ wirklich deutlich 
fejen, jo gehört viel böfer Wille dazu an der Authenticität des Fund- 
orts zu zweifeln. Wenn aber Wrede den Namen „Obne“ nicht aus 
der Inſchrift fchöpfte, woher follte er ihn entnommen haben? Etwa 
aus frühern Reifewerten? Kein einziges Fennt diefen Namen. „Obne“ 
war vor Wrede in Europa ganz unbekannt. Cs bleibt aljo nichts 
anzınehmen, al8 daß Wrede felbft in „Obne“ gewefen fein muß. 

Auch noch andere Umstände Taffen die Vermuthung, daß Wrede 
jeine ganze Reife nur erdichtet habe, im höchften Grade unmwahrfcein- 
ih, wenn nicht parador erſcheinen. Wie ift e8 denkbar, daß ein 
Keijnder ein ganzes Syitem von Wädiy’s (Flußthälern), von Ge: 
birgen, Hocebenen, daß er über 100 Namen von Ortichaften erfinden 
konnte, und daR diefe Erfindungen vollkommen mit den Berichten der 
Einheimischen übereinftimmen, welde Fresnel ein Jahr fpäter ſam— 
melte? Ferner war Wrede nicht gelehrter Etymologift, er veritand 
ich nur ſchlecht auf die Ableitung arabifher Namen, und dennod) 
pajien die Namen der von. ihn genannten Ortfchaften in vielen Fällen 
genan auf den von ihm gefchilderten topographifchen Charakter jener 
Oertlihleiten! Wäre dies Alles erfunden, jo müßten wir dem Rei— 
jenden übernatürliche Divinationsgabe zufchreiben. 

Leider giebt e8 auch in der neuern touriftifchen Literatur ſo— 
genannte fabricirte Reifebefchreibungen, d. h. völlig erdichtete Schil- 
derungen von Ländern, in die der Autor nie einen Fuß gejegt Hat. 
Aber diefe Machwerfe tragen einen ganz andern Stempel, als die 
Brede'jche Heifebefchreibung. Handeln diefe Bücherfabrikanten von 
noch unentdedten Rändern, fo bejtreben fie fi) vor allen Dingen das 
geographische Element in den Hintergrund zu drängen und unter einem 
Schwulſt von weitläufigen, oft romanhaften Detailerzählungen zu er: 
drücken. So erreichen fie den Zwed, ein dies Buch zu Tiefern, 


8 Einleitung, 


den Käfig zu fteigen, ein unterirdiſches Labyrinth zu durchwandeln, 
umd nachdem er dies Alles gethan, aber beim Hinunterftürzen vom 
Thurme von fräftigen Armen aufgefangen, im Käfig des Panthere 
durch eine plöglich hinabfinkende Scheidewand errettet worden ift und 
im Düfter des Labyrinths fi von einem mit Blitzesſchnelle fich ent- 
faltenden Lichtmeer umgeben gejehen Hat, trifft ihm noch die fchred- 
fie Schlupprüfung, daß man feinem größten Feinde, einem mit ihn 
angefommenen Araber, der feinen Tod geſchworen hatte, befiehlt, ihn 
zu erſchießen. Letzterer drücktt wirklich los, aber — die Kugeln waren 
anf Befehl des Gebieters von Märib ohne Vorwiſſen des Mörders, 
der wirklich die Abficht zu tödten Hatte, aus der Büchſe entfernt 
worden, und fo endet die romanhafte Prüfung zum Ruhm und 
Heil des’-Schwererprobten! Ift es möglich, daß in unferm Yahr- 
hunderte noch ſolche Märchen aus „Tauſend und einer Nacht” den 
Lefern als wirkliche Exlebniffe und Reiſeabenteuer aufgetifcht werden 
können? 

Einen fiegreihen Beweis gegen die Wahrhaftigkeit des Verfafjers 
der „Geheimniffe der Wuſte“ hat uns jedoch deffen eigene Unvor- 
fihtigkeit an die Hand gegeben. Wenn man eine Reijebefchreibung 
erdichtet, ſo muß man ſie wenigſtens ganz erdichten, und ſich wohl 





\ Einleitung. 9 


holt der unkritiſche Verfaſſer der Seheimniffe der Wüfte. *) Wenn 
wir aber einen Deifejchriftfteller auf einem fo offenfundigen Piraten: 
thum ertappen, dann müſſen wir auch jeden Glauben an die Authen- 
ttatät feiner übrigen vermeintlichen Erlebniſſe von uns weiſen. 

Der Leſer entjchuldige diefen Excurs über das franzöfifche Reife- 
wert mit der Rückſicht auf ımfern Landsmann, von Wrede, deifen 
Berichte eben durchaus falfch fein würden, wenn wir die des Tran- 
sofen für wahr halten könnten. Deshalb nur habe id fo lange bei 
letzten verweilt, denn da Wrede's fo reichhaltiges geographifches 
Material mit dem dürftigen des Franzoſen durchaus im Widerfpruche 
tteht, fo fünnen unmöglich beide Berichte wahr fein. Ich denfe, der 
Yefer wird fi ſchon Längft darüber entjchieden haben, wen von 
Beiden die Palme der Wahrhaftigkeit zufonmt. 

Daß diefer Preis Wrede gebührt, darüber Herrfcht Heut zu Tage 
unter den Männern der Wilfenfchaft wohl kaum ein Zweifel mehr. 
Yeider war dies jedoch zu Wrede's Lebzeiten (wie fchon oben erwähnt) 
mt der Fall, und diefer Umftand erklärt wohl, warum der Reifende 
“m feinem Vaterlande feinen Verleger fand. Größere Anerkennung 
dagegen fchien ihm in England bevorzuftehen. Die dortige „Geo— 
graphiiche Geſellſchaft“ Hatte einen Auszug feiner Neifeberichte in ihre 
Zetihrift aufgenommen. Reifefchriften fanden von jeher in England 
bereitwillige Verleger und Publitum. So kam er denn auf den (Se: 
danfen, es dort zu verjuchen, und c8 waren wirklich aud) gegründete 
Ausjihten vorhanden, dag fein Manufeript, einmal ins Englifche 
überiegt, einen Verleger in England finden werde. Yeider follte je: 
doh demſelben in England der größte Verluſt bevorjtehen; ein Ver— 
luſt, den wir nahezu als unerjetlich bezeichnen Fünnen. Wrede hatte 
feinem Manuſcript eine mühſam entworfene, vollftändige Karte des 
von ihm entdeckten Theils von Arabien, fowie eine Anzahl Hand- 


*) Die geftohlene Stelle findet fid) in den „Mysteres du Desert par Hadj 
Abd 'el Hamid Bey (Baris, Dentu, 1859, Bd. I, S, 177—181) und ift die 
beinahe wörtliche Wiederholung ber franzöfifchen Ueberfegung in Drummond 
&au's „Marocco ete.“, S. 198—196 der franzöfifhen Ausgabe. 


Einleitung. 11 


welhe es mir, nicht ohne Mühe, gelang aus feinen Reifeberichten zu: 
janmenzuftellen. Natürlich mußte ich mir fagen, daß die Heraus— 
gabe des Reiſewerkes für das größere Publikum faft werthlos fein 
würde ohne die Zugabe einer Karte, und ich forſchte deshalb im Ma— 
mjeript nad) Daten für diejelbe ımd fiehe da! ich fand die deutlichiten, 
fo deutlich, wie ich fie nicht erwartet hatte und wie fie vielleicht noch 
fein Reifender vor Wrede gegeben hat. Wrede Hat überall die 
Diſtanzen genau angegeben, den Winfel ımd die Himmelsrichtung 
ſeiner Route bis auf die Minute verzeichnet; er hat genaue Beob- 
ahtungen über die Schritte der Kameele, welche diefelben in einer 
Stunde zurüdlegen, angeftellt, und da er fand, daß 6000 Kameel: 
jhritte einer halben geographifchen Meile (a 15 auf den Breitegrad) 
entiprechen, jo hat er diefe Rechnung als Baſis feiner Bezeichnung 
der Vegftunden genommen. Eine aftronomifch beftimmte Bafis war 
ihm außerdem durch die befannten Gradbezeichnungen von Makalla 
und Borum, von wo aus er feine Reife unternahm, an die Dand 
gegeben. Ein Zafchenchronometer, eine Bouſſole und ein Vifirkompaß 
waren die einfahen Hülfsmittel, mit denen er feine Route maß und 
jene Aufnahmen bewerkftelligte, und diefem einfachen Apparat und den 
danach gemachten Beobachtungen verdanktte ic) den Umstand, noch 
jezt nach fo vielen Jahren eine Karte von Wrede's Itinerar entwerfen 
zu fünnen. 

Jenes Land, welhes das Neifegebiet unferes kühnen Entdeckers 
bildet und an das ſich ein fo wichtiges Hiftorifches Intereſſe knüpft, 
die große Halbinfel Arabien, war für uns vor wenigen Jahren nod) 
ein mit fieben Siegeln verfchloffenes Bud) und ift es zum großen Theil 
auch jest noh. Wie wir von einem folchen nichts jehen, als den 
Einband, fo kannten wir auch von Arabien vor den Entdeckungsreiſen 
von Palgrave, dem Erforſcher des Wahabitenlandes, Arnaud, den 
Entdeder von Märib, und Wrede nur die Küften und die diejen zu— 
nädhjitgelegenen Yändertheile; denn die frühern Reijenden, wie Burd— 
hardt, Niebuhr, Scegen, Wellfted, wie groß aud immer ihre Ver: 
dienfte genannt werden müjfen, waren doc eigentlich niemals tief in 


12 Einleitung. 


das Innere eingedrungen. Jede der drei gebildeteiten Nationen Eu- 
ropas hat einen von den obengenannten drei Entdedungsreifenden 
geftellt. Frankreich und England haben die ihrigen gebührend an- 
erfannt und deren Werken den verdienten Ruhm gezollt. Nur Deutſch⸗ 
land hat den Namen des feinigen in Vergefjenheit ſchlummern Lafjen, 
und dennoch verdient gerade er bekannt und berühmt zu werben, denn 
Wrede's Wagniß war ein größeres, als das irgend eines Reiſenden 
por oder nad) ihm, und an feinen Namen knüpft jich eine der intereffan- 
teften Entdedungen, die je auf dem Gebiete der Erdkunde gemadt 
worden find. 

Carl Ritter wußte etwas von diefer Entdedung, aber nur wenig, 
nur fo viel, als in der erwähnten englifchen Zeitichrift in kurzem 
Abriß darüber veröffentlicht worden war, indeß felbft diefes Wenige 
begrüßte er als die wichtigite Errungenfchaft und machte im zwölften 
Bande feiner Erdfunde den möglichjten Gebrauch von demfelben, denn 
für den von Wrede entdecten Theil Arabiens, d. h. für Hadhramaut, 
Beled Hadſchar, Beny Yſſaͤ und angrenzende Länder, war dieſer 
ſeine einzige Quelle. Noch nie war vor Wrede ein Europäer in jene 
Gegenden gekommen, und nachmachen wird es ihm ſo leicht auch keiner. 
Aber Ritter erkannte und bedauerte lebhaft das Ungenügende jener 
Mittheilungen, der einzigen übrigens, die bis jetzt über Wrede's 
Reiſe im Drucke erſchienen ſind, und ſprach die Hoffnung aus, das 
vollſtändige Reiſewerk des unternehmenden Weſtphalen bald erſcheinen 
zu ſehen. Seitdem waren 24 Jahre verſtrichen und noch immer lag 
Wrede's Manuſcript ungedruckt da. 

Vor Ritter hatte ſchon ein Franzoſe auf Wrede's Verdienſte 
aufmerkſam gemacht, nämlich der berühmte Arabiſt Fulgence Fresnel, 
lange franzöſiſcher Conſul in Dſchidda in Arabien, derſelbe welcher 
Arnaud beſtimmte, ſeine denkwürdige Reiſe nach den Ruinen von 
Mariaba, der alten Hauptſtadt der Könige von Sfaba, dem heutigen 
Märib, zu unternehmen und zwar in demfelben Jahre, in welchem 
Wrede feine Reife ausführte. Fresnel fchrieb im Jahre 1845 im 
Journal Asiatique: „Nie ift eine intereffantere Reife gemacht worden, 





Einleitung. 13 


ald die des Herrn von Wrede, und diefelbe muß in der geographifchen 
Biffenfhaft Epoche machen.‘ 

Durch einen Zufall gelangte vor kurzem Wrede's Manufceript 
im meine Hände. Anfangs war ich nicht geneigt, ihm große Be— 
dentung zuzumeſſen, da ich mir nicht zu denken vermochte, daß man 
etwas wirklich Gediegenes ein Viertel Iahrhundert lang im Verbor⸗ 
genen ſchlummern laffen konnte. Aber je mehr ich) mich in deſſen 
Lectüre vertiefte, defto deutlicher erkannte ich den unzmweifelhaften 
Berth, die außerordentliche Wichtigkeit deifen, was hier geboten wurde. 
Wrede's Manufcript offenbarte mir gleihjam eine neue Welt, eine 
Fülle von Thatſachen und Erfcheinungen, die den Ethnographen 
Räthjel geblieben waren; es lüftete den Schleier von einem ‘Theile 
jenes großen unbefannten Landes, Arabien, von einem Theile deflelben, 
über den ic) bis jeßt felbit in den arabifchen Autoren umfonft nad) 
Arfftärung gefucht hatte, denn diefe geben uns über die an den indi- 
ſchen Dcean grenzenden Landſchaften und namentlih über Deren 
Imeres nur die allerdürftigften, kaum nennenswerthen Auffchlüffe. 

Wie es Wrede gelingen Tonnte, in diejes fo außerordentlid) 
ihwer zugängliche Yand einzudringen, und was dazu gehörte, um 
jemen fühnen Plan auszuführen, das vermag eigentlich nur der voll- 
fommen zu würdigen, der felbft einmal Aehnliches, wenn aud) weniger 
Gefährliches, unternommen hat und der fo von den großen Gefahren 
ded einen auf die noch größern des andern Wagnifjfes aus Erfahrung 
ſchließen kann. Nah Mekka zu dringen ift allerdings nicht leicht, 
aber unter dem bunten Völkergemiſch, das fich alljährlid) dort zum 
Bilgerfejt verfammelt, wird es für den verkleideten Eindringling eher 
ausführbar," fich zu verfteden und feine wahre Nationalität zu ver— 
bergen, als in einem Lande, wie Hadhramant, wo Niemand, der 
nicht aus diefer Provinz ſelbſt ſtammt, reift und wo der Fanatismus, 
der in der Anweſenheit des Chriften eine Entweihung und ein todes- 
würdiges Verbrechen erblickt, ebenſo mächtig, ja vielleicht noch 
mächtiger ift, als in Mekka. Im oceanifchen Arabien ift nicht nur 
der Europäer und Chrift, fondern felbft jeder nicht aus diefen Pro- 





Einleitung. 15 


und Sſayyds, d. h. der fanatifch-religiöfen Geiftlichleit und der 
theofratiichen Adelskaſte der anfäfligen Bevölkerung. 

Die geiftlichen oder theofratifchen Dberhäupter der Städte und 
Dörfer können denn aud überall ihren fchroffen Fanatismus zur 
Geltung bringen, die Beduinen fanatifiren und durch überfpannte 
teligißfe Reden zu den unvernünftigften und graufamften Handlungen 
hinveißen, wie fie in Europa nur in den früheften Zeiten des Miittel- 
alters möglich waren. Die inerte Maſſe der Landbevölkerung, die 
an umd für fi) gar fein Intereffe an der Religion nimmt, wird in 
den Händen der Glaubenswädter, die fie zu fanatifiren verftehen, 
das verderblichite Werkzeug, welches fich zu Allen gebrauchen läßt, 
wozu es jene verwenden wollen. Haß gegen Andersgläubige gilt aber 
jenen Glaubenswächtern als Gejeg und dieſen den Beduinen ein- 
suflögen, gelingt ihnen ſehr leicht, befonders da deren natürliche Graufam- 
fat ſowohl, als deren räuberifche Inftincte ihre Rechnung dabei finden, 
dieſen durch die Religion geheiligten Haß zu bethätigen, den Fremden, 
der ms Yand eindrang, zu tödten und fic feiner Habe zu bemächtigen. 
Kie ift deshalb ein offen als Chriſt auftretender Europäer in dieſes 
xrand eingedrungen, und nie werden die fanatifchen Slaubenswächter 
dergleichen geftatten. 

Hadhramaut gilt für ebenjo unnahbar als Meffa, ja es ift in 
het für den Europäer nod) viel unnahbarer, denn unter dem bunten 
Völlergemifch des Islam, welches ſich jährlic nach Mekka zumendet, 
nm, wie erwähnt, eher ein Europäer ſich verfteden. Mehrere haben 
es gethan, und ich felbft fand Keine allzu großen Schwierigfeiten, 
dies auszuführen. In Hadhramant dagegen ift die Ankunft eines 
dremden ein faft beifpiellofes Ereigniß, deffen Nachricht fich von einen 
Ende des Landes zum andern wie ein vLauffeuer ſchnell verbreitet, 
ale Köpfe befchäftigt und oft auf die abenteuerlichjte, ja verrückteſte 
Art gedeutet wird. 

Iſt num diefer Fremde gar ein Chrift, oder wird er beargwohnt, 
em ſolcher zu fein, fo find die Gefahren, denen er fich ausfegt, un- 
lich. Die fanatifchen Glaubenswächter, welche ihr Land fpeciell 


16 Einleitung. 


Beled ed Dyn (Land des Glaubens) oder Beled el "Im (Land ı 
Gotteögelehrtheit) nennen, erbliden in der Gegenwart bes Anden 
gläubigen die größte Profanation fin ihren geheiligten Boden. Ri 
nur das; fie bilden ſich ein, daß er ihren Schul, Moſcheen, ihn 
Gottesgelehrten irgend ein veligiöfes Geheimniß ablaufchen und dief 
dann zum Unheil ihrer leiblichen und geiftigen Wohlfahrt durch ixga 
welche fatanifhe Zauberfünfte, in denen fie alle Ehriften für woh 
erfahren halten, ausbeuten könne. Die weltlichen Häupter des Bolt 
erbliden mit echt arabifher Schwarzfeherei in jedem ſolchen Fremd 
einen Spion irgend einer europäiſchen Macht, namentlich England 
deffen Eroberung des nahen Aden fie immer noch nicht verwind 
tönnen. Selbft die rohen, unwiffenden Beduinen, die font mod i 
am wenigften fanatifhen Bewohner Habhramauts find, werden mu 
felten mistrauifch, namentlich dann, wenn fie einen Fremden Din 
vornehmen fehen, deren wahren Zwed fie nicht begreifen. Ast 
bei der englifchen Küſtenaufnahme Südarabiens betheiligte Englänt 
Wellſted im Jahre 1833 an der Grenze von Hadkramaut einen kurz 
Ausflug landeinwärts unternahm, und die berühmte himyariſche I 
ſchrift von Naqb el Hadſchar copirte, zerbrachen ſich die Bebuin 
die Köpfe über den Zweck diefes feltiamen Gebahrens. Als al 


Einleitung. 17 


Aeghpter auszugeben. Seine äußere Erjcheinung fcheint ihn bei diefer 
engenommenen Rolle auch im Ganzen unterftügt zu haben. Er muß 
dunkle Augen und dunfle Haare gehabt haben, denn er fagt ausdrüd- 
ih, daß ein’blonder und blauäugiger Dann eine foldhe Reife, wie 
die feine, nie wagen dürfe. Nur die Weiße feiner Haut erregte bei 
den Arabern oft Auffehen. Seine europätfchen Gefichtszüge mußten 
wohl immerhin auffallen, bei den Gebildeten und Gereiften freilich 
weniger, da dieſelben wilfen, daß nicht nur die Züge der Türken, 
jondern auch diejenigen mander Moslims Syriens und Aegyptens, 
die oft aus ſehr kühn gemifchter Race ftammen, den europäifchen 
ähneln. Da aber foldhe nordifche Moslims fich nur fehr felten nach 
hadhramaut verlieren, jo war es natürlich, daß das rohe, unwiſſende 
Volk dennoch in Wrede manchmal ben Europäer witterte, bis zuletzt 
bei einer verhängnißvollen Gelegenheit diefer Argwohn zum offenen 
Ausbruch Fam, und feine Folgen der Reife des kühnen Mannes ein 
derfrühtes Ziel ſetzten. 

Aber felbft feine angenommene Rolle als Aegypter ſicherte ihn 
nicht vor dem Argwohne der Südaraber. Er wurde oft für einen 
politiſchen Spion des damaligen Vicekönigs Mohammed 'Alyy ge— 
halten. Zudem war ein Aegypter als Reiſender in jenem Lande eine 
derartige Seltenheit, daß man gar nicht begriff, in welcher Abficht 
er dorthin gelommen fei. In Hadhramaut reift eben Niemand, außer 
Hadkramauter. Der geringe Handel, welcher zwifchen der Küfte umd 
den feſten Wohnfigen des Innern befteht, ift ausfchlieglicd in Händen 
von Sinheimifchen, die man nicht einmal Kaufleute nennen kann, die 
vielmehr den Handel nur gelegentlich betreiben, wenn irgend eine 
andere Beranlaffung fie zum Reifen treibt. ‘Die beliebteften folcher 
Deranlaffungen find die Befuche der verfchiedenen Heiligengräber, an 
denen das Land Ueberfluß befitt. Da dies nun derjenige Reifezwed 
it, den der abergläubige Araber am leichteften begreift und gegen 
welhen er am wenigften Einwendungen machen kann, fo wählte ſich 
ihn auch Wrede zum Vorwand. 

Unter allen Heiligengräbern von Hadhramaut erfreut ſich das⸗ 

A. v. Wrebe’s Neiſe in Babbramaut. 2 


18 Einleitung. 

jenige des Propheten Hud (nad) Einigen der Eber der Bibel)- der 
größten Verehrung. Zu diefem befchloß Wrede zu wallfahrten, gab 
vor, auf Anrufung diejes Heiligen in Aegypten, feinem angeblichen 
Baterlande, von einer tödtlichen Krankheit geheilt worden zu fein und 
man zum Danke und zur Erfüllung feines Gelübdes nad deſſen Grabe 
zu pilgern. Demgemäß nannte er ſich aud ‘Abd el Hud, d. 5. Diener 
des Propheten Hub, ein Name, der in andern moslimifchen Ländern 
taum vortommt, ber aber in Habhramant, dem Lande des Hub, er- 
tlarlich, ja populär fein mag. 

Das Grab des Propheten Hud Liegt etliche zehn Tagereifen von 
der Küfte entfernt. Die nächſten Hafenorte find Matalla und Schihr. 
Wrede beſchloß von erfterm aus die Reife zu unternehmen, weil er 
fich die Erforfhung der hadhramautiſchen Gebirgsterrafien zur Auf- 
gabe geftellt hatte. Da die Sſyaͤra (Wallfahrt) immer nur in einer 
beftimmten Epoche des Jahres ftattfindet, und Wrede nach vollbrachtem 
Gelübde feinen Vorwand mehr zur Anwefenheit im Lande gehabt 
hätte, fo mußte er es fo einrichten, daß er einige Monate vor der 
Pilgerzeit von der Küſte aufbrah. Er konnte leicht vorgeben, ale 
Fremder die Epoche der Sfyära nicht genau gewußt zu haben, und 
die fo gewonnene Brift zur Erforfchung des Landes benugen. 





Einleitung. 19 


liegt und zwar. durch die englifche Küftenaufnahme von Haynes, 
Gruttenden und Wellfted im Jahre 1833. Ueber das Innere diefer 
Länder hatten die englifchen Neifenden nur ſehr wenig Aufflärung 
geben Können und dies Wenige beruhte theils auf falſchen oder falſch 
verftandenen Mittheilungen, geeignet eher die Confufion zu vermehren 
als zu zerftreuen. Um nur ein Beifpiel, aber ein recht fchlagendes 
anführen, genügt Folgendes. Wellited und Haynes fprechen von 
einem Wahidi- Stamm, deſſen Sultan in Abban (Habbän) refibire 
und der 2000 Musketen ftellen könne. Ein folder Stamm eriftirt 
nad) Wrede nicht. Wohl aber giebt es eine Dynaſtie "Abd el Waͤhid, 
von deren Dberhaupt die Engländer hörten und aus deren Namen 
fe fhloffen, der ganze Stamm müſſe Wahidi heißen. Die Sultane 
find aber in Wirklichkeit von ganz anderm Stamme, als die Be: 
mwohner des Landes, die Beduinen, auf weldhe fi) ihre Herrfchaft 
nicht erſtreckt. 

Vom Innern dieſes ganzen großen Küſtenlandes waren uns vor 
Wrede eigentlich nur die beiden Grenzländer, Yemen im Südweſt und 
Oman im Nordoſt, einigermaßen bekannt, und zwar erſteres haupt⸗ 
jählih durch Niebuhr und unfern unternehmenden, zu früh ver- 
torbenen Landsmann Seetzen, letteres durch Wellfted, dem wir heute 
noch Palgrave anreihen können. Aber der an den indifchen Ocean 
grenzende Theil diefer beiden mehr oder weniger erforfchten Länder 
var ein fo verſchwindend Heiner, daß die Maffe des dazwifchen- 
kegenden Unbekannten nicht wejentlid) vermindert wurde. 

Auch ift gerade derjenige Theil von Yemen, welcher an den indi- 
ſhen Ocean grenzt, weniger erforjcht, als irgend ein anderer dieſer 
arabiſchen Provinz, und außer Aden, welches mit ihm zwar in geo- 
graphifchen, fonft aber auch in gar feinem Zufammenhang fteht, 
lemen wir faft nichts von diefer füdweftlichjten Edle der großen ara- 
biihen Halbinfel, d. h. vom Lande ſüdlich von Moh& und nördlich 
von Aden. Ehe die Engländer lettere Stadt erobert hatten, war 
freilich einer ihrer Landsleute, Wellfted, bis nad) Laͤhidſch im Norden 
"Adens vorgedrumgen, und das, neben den fpärlichen, noch ältern Be: 

. 2* 


20 Einleitung. 


richten Seegen’s, ift Alles, worauf ſich unfere Kenntniß diefes Theile 
von Yemen ftügt. Seit aber die Britten ſich in Aden feitgefeigt 
haben, find fie jelbft von dem nahen Laͤhidſch wie durch eine un⸗ 
überfteiglihe Mauer getrennt. 

An diefen Theil von Yemen grenzt im Often die Landſchaft 
Yäfl’a, eine mit Ausnahme der Küfte nie von einem Europäer be⸗ 
tretene Region, über deren richtigen Namen man fogar lange im Un⸗ 
gewiſſen war, bis ihn Wrede's Forfhungen feitftellten. Die Küfte 
felbft gehört ftrenggenommen nicht zu Yäfia, fondern wird durch 
einen mächtigen Gebirgsgürtel von diefer Provinz getrennt. An der 
Küfte liegt mit der Hauptftadt Gughra *) das Heine Sultanat der 
früher in Aden herrſchenden Dynaftie Fadhl Alyy, auch zuweilen 
in der Relativform Fadhly genannt, von welchem Namen einige Rei⸗ 
fende Anlap nahmen, das ganze Volt „Fadhly“ zu nennen; ein 
Irrthum, der auch in Nitter’s Erdkunde übergegangen ift und den 
erft Wrede aufhellte. Ueberhaupt findet fich kein Diftriet von Arabien 
in Ritter's Werke fo fehr vernachläffigt, wie Yafla. Nicht einmal 
Niebuhr’s Angaben, die allerdings ſpärlich genug find, Hat er benugt. 
Niebuhr rechnet freilich diefen Diftrict zur Landſchaft Dſchauf, die er 
„Dſchof“ fehreibt, welche, wenn überhaupt der Name richtig ift, 
mehr nördlich gefucht werden muß. Er nennt die Heine Landſchaft 





Einleitung. 21 


einge werthvolle Erfundigungen darüber einzog. Der Ort Härib 
atırt, aber nicht eine, fondern drei Tagereifen von Märib und war 
m ſüdöſtlicher Richtung. Das Baham des Niebuhr ift vielleicht das 
Nopbum Wrede’s, eine Tagereife öſtlich von Haͤrib. Nicäb (das 
Jiebuhr Röfab fchreibt) liegt nach Wrede eine Tagereiſe nördlich von 
Yhybum und zwar aud im Wädiy Yſchybum, ift alfo nur ein 
Orts- und fein Diftrietsname. Von hier noch eine Tagereiſe nörd⸗ 
ih nah Mardſcha (bei Niebuhr Mara), welches aber fchon in 
Beld el Dihauf und nicht mehr in Naͤfiſa liegt, und zwar gleich⸗ 
alle im Waͤdiy "Nichybum, der fi) alfo von Süden nach Norden 
binieht. Eine Tagereiſe füdlih von Härib Liegt ‘Obära, das auch 
Niebuhr kannte. Soweit letzterer. 

Anger den genannten Orten erfuhr Wrede noch die Exiſtenz 
folgender: Zfähir zwei Tagereifen von "Dbära, Baydha zwei QTage- 
reiim von Tſaͤhir; letteres drei Tagereiſen von Nagb el Hadſchar 
entfernt, welches bereits den erforſchten Gegenden angehört und nicht 
mehr in Yaͤfiſa liegt. Die Straße von Nagb el Hadſchar nad) 
Baydhä und Tſaͤhir zieht ſich in weftlicher Richtung, eine andere von 
demfelben Punkte ausgehend, führt über Ycän und Habban im Beled 
el Hadſchar in nördlicher Richtung nad "Yichybum. 

Nach den Erfundigungen, welche Wrede im Wädiy Mayfa’a über 
Yafla einzog, feheint diefe Provinz auf einer weniger tiefen Stufe 
der Cultur zu ftehen, als Hadhramant, Beled Hadſchar und Beny 
Mia, die Tänder, welche unfer Reiſender felbft befuchte. Die Be- 
dirinen, jene größten Feinde aller Cultur (nad) unfern politifch focialen 
Grundſätzen), Herrichen dort nicht fo abfolut, wie in den genannten 
drei Landſchaften. Die Sultane der Städte find nicht, wie in jenen 
drei Dijtrieten, zu ohnmächtigen Schattenfürften Hinabgedrüdt, die 
ohne Erlaubnig ihrer Schutsherren, der Beduinen, feinen Schritt 
thun können und deren Herrichaft fich auf ihre Stadtmauern beſchränkt, 
fondern genießen den rohen Herren der Wüſte gegenüber eine gewiſſe 
Selbſtſtändigkeit, ja dehnen nicht ſelten ihre Oberhoheit über einzelne 
Stämme jener Halbwilden aus. Einzelne ſollen ſogar ſtehende Heere 


22 Einleitung. 


zu ihrer Verfügung haben, ja von einem erfuhr Wrede, daß er eine 
berittene Truppe mit 5000 Pferden befige, ein fonft unerhörtes Ding 
in dem pferdearmen oceanifchen Sübdarabien. Die höchſt anfehnliche 
Bevölterungszahl der Städte in Yäfi'a (Wrede hörte von mehrern, - 
die 40,000—50,000 Einwohner Haben folfen) deutet gleichfalls auf 
eine freiere Entwickelung des bürgerlichen Lebens, fomit auf eine höhere 
culturhiſtoriſche Stufe. Auch der Umftand, daß in allen jenen Städten 
Juden leben und, wenn auch ſchwer bedrüct, fo doch geduldet werben, 
deutet auf ein einfichtigeres nationalöfonomifches Verftändniß, während 
in der von Wrede bereiften Zändergruppe, in dem fogenannten Beled 
ed Dyn (Land des Glaubens), die Fanatiker ihren Stolz darein fegen, 
daß niemals ein Nichtmoslim dafelbft geduldet worden ift. Cine Aus: 
nahme von dem raubritterlichen Fauſtrechtzuſtand in den erwähnten 
drei Difteicten bifbet nur das Sultanat Habban im Wädiy Dſchandaͤn, 
dem obern Wädiy Mayfa'a, in dem wir ähnliche Zuftände wie in 
Yafi'a finden und das in der That auch an Nafi'a grenzt. 

Der Wäbiy Mayfa'a, in feinem obern Theile Wädiy Dſchandan 
genannt, bildet die öftliche Grenze von Yäfi'a und die weftliche vom 
Beled ed Hadſchar, an welches letztere im Oſten das Beled beny 
“Pre ftößt, das wieder vom Beled Hamum öſtlich begrenzt wird. 





Einleitung. . 28 


Städte Terym und Schibaͤm, beide von Edryſſy genannt, fowie der 
geheimmißvolle Brummen Burhut, deſſen wunderbare Eigenfchaften 
uns der Damuff fchildert. Es ift wahr, ſchon vor unferm Reifenden 
hatten Niebuhr (1763) und Wellfted (1833) Liften von Namen 
hadframantifcher Ortichaften gegeben, aber in fo verftümmelter Form, 
daß uns erjt durch Wrede's Forfchungen ermöglicht wurbe, zu unter: 
ſcheiden, was für Namen diefe barbarifchen Wörter bedeuten follten. 
Den Wädiy Dagr, das Hauptthal von Hadhramaut, hat nun 
zwar Wrede nicht jelbft betreten, aber feine über denfelben eingezogenen 
Grimdigungen, die man in diefem Buche finden wird, geben uns 
eine Menge von Städten und Dörfern mit deren ungefährer Lage, 
von welchen die Erdkunde vor ihm faum eine Ahnung befaß, denn 
jelbft die arabifchen Duellen Iaffen uns in Bezug auf die Kenntnif 
vom eigentlichen engern Hadhramaut faft ganz im Stiche. Ja diefe 
arabiihen Duellen fallen in denfelben Fehler, wie unfere europäifchen 
Geographen, indem fie Orte als in Hadhramaut gelegen angeben, 
die den drei erwähnten oceanifchen Diftricten, den Vorländern von 
Hadhramaut, angehören. Sogar der Qaͤmuſſ begeht dieſe Fehler; 
uner Irrthum in Bezug auf ein Hadhramaut im weitern Sinne 
Iheint fomit aus mittelalterlichen arabifchen Quellen zu ftammen. 
Das Beled el Hadſchar wird von zwei Hauptthälern im Weiten 
md Often eingefchloffen, welche beide feltjamerweife denjelben Namen 
führen, nämlich Waͤdiy Mayfa’a, ein Umftand, den wir aus dem 
Dimuff, welcher von zwei Wädiy Mayfa’a, zwei QTagereifen von- 
einander entfernt, ſpricht, zwar ſchon kannten, der aber erſt durd) 
Wrede uns erflärt wurde, da wir bisher die Lage der im Dämujf 
genannten Thäler nicht wußten. Das weitliche Thal wird jogar von 
einem niemals verjiegenden Fluß, an feiner Mündung (beim Räff el 
Lelb) auch Wädin Mayfa'a genannt, durchfloffen, der in feinem obern 
Yanfe die Namen Wädiy Dſchiswel und Wädiy el Hadſchar führt. 
In ihm glaubt Wrede den Prion des Ptolemäos und im öftlihen 
Vadiy Mayfa'a in einem Dorfe, das denfelben Namen wie das Thal 
führt, die Stelle der Mefat Metropolis des Plinius erfennen zu Fönnen. 


24 . - Einleitung. 


Es ſcheint mir indefjen bei der noch fo großen Unvolltommen- 
heit unferer Kenntniß des oceanifchen Arabiens gewagt, uns auf ins 
Einzelne gehende Speculationen über die Lage der von den alten 
Autoren genannten Orte einzulaffen, da fpätere Entdedungen diefelben 
doch ohne Zweifel umftopen dürften, ähnlich wie jetzt bereits d'Anville's 
und Mannert's Bermuthungen zum großen Theil in ihrer Nichtigkeit 
erfannt find. Was die Städte betrifft, fo fennen wir mit Beftimmt- 
heit nur die Lage einiger wenigen, wie die der wichtigſten Handels- 
ftadt, Cane emporium, welche mit Hin Ghoräb ibentificirt wurde, 
diejenige von Saubatha oder Sabota, das wir mit Recht in Schibäm 
wiebererfennen Können, da es nad Son Hayik nod nad Mohammed's 
Zeit den Namen Sabut führte. *) Save dürfte ferner das von Wrede 
wieberentdedte Cahwa im Wadiy Radiye fein. Ganz deutlich find 
endlich die Namen Mafalla und Tfofär. **) 

Nicht mehr wiffen wir über die Wohnorte der meiften von den 
alten Autoren im oceanif—hen Sübdarabien genannten Völler. Nur 
folde allgemeine Benennungen wie Chathramotiter (Wewohner von 
Habhramaut), Sabaei (d. h. Sabäer, Bewohner von Nord-Yemen), 
Homeritae (d. h. Himpariten, Bewohner von Süd-Yemen), Gerraei 
(Bewohner der Landſchaft Dära, vulgo Gara ausgeſprochen) find 





Einleitung. 35 


Die Toani oder ‘Doreni (bei Stephanus Byzantinus Doveni genannt) 
\otlen die Bewohner des Waͤdiy Do’an fein. Im dem als der Haupt- 
fadt diefer Gegend erwähnten Karana des Strabon will Fresnel das 
heutige Darrayın, das er Karn nennt, erfennen. Wie unmwahrfcein- 
fi ift e8, daf die Minaei, welche uns als „gens magna“ bezeichnet 
werden, in einem fo unbedentenden Thale, wie dem Wädin Mina, 
den Gipfelpunkt ihrer Macht fanden? Möglich freilich, wenn aud) 
noch feineswegs conftatirt, daß die Toani, Doveni oder ‘Doreni, die 
ja (wenn anders diefe Namen zufammenpaffen) als eine anfcheinend 
mr Heine Unterabtheilung der Deinaei bezeichnet werben, in dem 
ebenfalls fehr Heinen Waͤdiy Doän ihren Wohnfig Hatten. Die 
Unterfuchungen über diefe Fragen find indeß keineswegs abgefchloffen, 
aber räthlich fcheint es mir, das fchlüpfrige Terrain der Speculationen 
jo lange zu vermeiden, bis nicht neue beſtimmte Data es wieder zu 
betreten einladen. %) Dieſe meine Zweifel follen feineswegs eine 
Shmälerung der Verdienſte Fresnel's beabfichtigen. Aber wo noch 
des Ungewiffen fo viel ift, halte ich es für ficherer, nicht die Ver: 
gangenheit mit in unfere Speculationen zu ziehen. Kennen wir dod) 
die Gegenwart faum! 

Das Beled Beny VYſſa, ſüdlich von Hadhramaut, öſtlich von 
Peled el Hadſchar, und weftlih von Beled Hamum gelegen, welches 
wir gleihfalls erſt durch Wrede kennen lernten, wird durch die große 
hadhramanutifche (fo genannt im europäifchen Sinne) Küftenterraffe in 
wei ungleiche Hälften getheilt. Die dem Ocean zugewendete hat nur 
einen einzigen größern Wädiy, der Wädiy Dirbe, in feinem obern 
Theile Wädiy Raube, in feinem untern Wädin Fuwa genannt, der 
in die Tihäma von Fuwa in der Nähe von Borum mündet und viele 
Heinere, als Hotſiye, Mahniye u. ſ. w., welche in der Gegend von 
Makalla das Meer erreichen. Ihre einzigen Küſtenſtädte ſind Borum 
und Makalla. Jenſeits der Waſſerſcheide, deren höchſte Berge, die 


— — — 
— ——— 





*, Man ſehe Fresnel's Speculationen im Journal Asiatique, IV. Serie, 
VI. Volume, ©. 368-398. - 


26 , Einleitung. 


Dſchebel Tſahura und Kaur Sfaybän nah Wrede's Schägung 

Höhe von 8000 Fuß erreichen, Tiegt ein ganzes Syftem von Wäd 
in welchem wir übrigens zu unferer genauern Orientirung zwei Hai 
züge mit Deutlichfeit unterſcheiden können, den weſtlichen, de 
Hauptthal zuerft W. Rhayde ed Dyn, dann W. Amd heißt, 

den öftlichen, deſſen Hauptwäbiy nacheinander die Namen W. Min 
W. Do’än und W. Hadſcharyn (letzterer der bebeutendfte) annim 
Beide Hauptwädigs treffen zufammen bei Haura im eigentlichen $ 
dhramant (welche Landſchaft ungefähr hier ihren Anfang nimmt) 

münden in den Wädiy Dagr, das Hauptthal von der genau 
Provinz. 

Das ganze Beled Beny ‘Yffä, ebenfo wie die drei andern F 
vinzen, ift in Händen der Beduinen; nur die Städte werben ' 
ohnmädhtigen Suftanen regiert, die jedoh ohne Hülfe der Bebuir 
ihrer Schugherren, ihre Herrſchaft nicht einmal innerhalb ihrer Stı 
mauern aufrecht zu erhalten vermögen. Es ift das gerade Gegent 
von dem uns durch Palgrave befannt gewordenen politifchen Zufta 
des Wahabitenlandes, in weldem, wie uns der berühmte engli 
Reiſende enthüllt, die anfäffige Bevölkerung bei weitem dag Uel 
gewicht über die Beduinen errungen und diefe aus räuberifchen Wüfi 


—— — ——— — 


Einleitung. 27 


Die arabiſchen Beduinen hat zwar ſchon Palgrave jenes roman⸗ 
tiſch poetiſchen Nimbus, mit dem fie frühere Reiſende, namentlich 
Vurchardt zu umgeben liebten, entkleidet. Aber wir würden Unrecht 
tan, die Beduinen im Allgemeinen nach denjenigen zu beurtheilen, 
weiche Palgrave ſah. Letztere waren eben ihrem urfprünglichen Wefen 
entfremdet, denn der Beduine, der nicht frei und berrenlos umher: 
Käweift, der einen Gebieter über fich anerkennen, Steuern zahlen und 
fih einem umerbittlichen Ceremonialcultus anbequemen muß, hat bereits 
den beiten Theil feines Nationalcharakters eingebüßt. ALS ein ganz 
anderes Bolk lernen wir die Beduinen Hadhramauts aus dem vor- 
liegenden Werke kennen, als ein Volk, dem nicht alle großen Eigen: 
Iheften abgehen, das auf Ritterlichleit Anfprud) machen kann, das 
aber dennoch weit hinter jenem Ideale von patriarchalifcher Tugend, 
natürlicher Gerechtigkeit und heroifch poetifcher Gefinnung zurückbleibt, 
weihe die traditionelle Völferfunde ihm beizulegen liebt. 

Das Beled Hamum, im Welten an das Beled Beny Yſſa, 
im Rorden an Hadhramaut grenzend, ſcheint ſich unter ähnlichen po- 
litiſchen und nationalen Verhältniſſen zu befinden, wie dieſe beiden 
Provinzen. Wrede hat es nur am der Grenze betreten. Der Küjten- 
ih diefes Landes führt den Namen Schihr und hat mehrere Städte, 
wie Schihr, Mifenät, Dogayr, Baydhä, welche wir theils durd) die 
englische Küftenaufnahme von Haynes und deifen Gefährten kennen. 
Die öftliche Grenze diefes Landes bildet der Wädiy Mochle, die ſüd— 
lihe Fortfegung des Wädiy Daer, des Hauptthales von Hadhramant. 
Dis hiehin Haben wir es mit Ländern zu thun, die wir, Dank den 
Reifen. Wrede’s, nun zu den mehr oder weniger befannten rechnen 
Innen. Aber öjtlid) vom Wädiy Mochle beginnt die große Terra 
incognita des oceanifchen Arabiens und erftredt fich in einer Yängen- 
ausdehnung von nahezu 80 geographifchen Meilen bis zum Näff 
el Hadd. 

Vom 15. bis zum 20. Grad nördlicher Breite und vom 67. bis 
nahe an den 76. Grad öſtlicher Länge von Ferro zieht ſich eine 
Länderſtrecke hin, deren Völker bis jetzt für uns cin ethnologiſches 


28 Einleitung. 


Räthſel bleiben, deffen Löſung allerdings durch Fresnel's Forfchungen 
nähergerüdt wurde, aber dennoch feiner endlichen Enthällung nod 
harrt. Diefes Tändergebiet wird gewöhnlich in zwei Küftenlandfchaften 
eingetheilt, die fi) von der fogenannten Weihrauchsküfte, jo bezeichnet 
von dem angeblichen Weihrauchsberge (dem Dichebel Schedfcher) mög- 
licherweiſe tief ins Innere erjtreden und durch die nicht Klar definirten 
Benennungen Mahra und Dära (auch) Sara gefchrieben) voneinander 
unterfchieden werden. Beide Landichaften fcheinen jedoch von einem 
und demfelben Volksſtamme bewohnt, wenn anders wir in Bezug auf 
Abftammung die Sprache als Kriterium gelten laffen fönnen. Nun 
ift freilich die Sprache hierin nicht immer ein ficheres Kriterium. 
Aber ich glaube, daß fie in letzterer Eigenſchaft an Sicherheit gewinnt, 
je freier die Völker von fremden Einflüffen geblieben find. Seit der 
hiftorifchen Zeit find nun die Völker Mahras und Däras, die in der 
Gefchichte durchaus Feine Rolle fpielen, nachweisbar weder von einem 
fremden Volle unterjocdht worden, noch aud den Einflüffen eines 
folhen in erheblicher Weiſe zugänglich. gewejen. Das einzige Volk, 
welchem wir in Hiftorifcher Zeit einen Einfluß auf fie zufchreiben 
fönnten, wären die Centralaraber, die in Folge des Mohammedanis- 
mus die wichtigfte Stelle in Arabien einnahmen und zu einzelnen 

Perioden ſelbſt die Herrichaft über die ganze Halbinfel erlangten. 

Aber gerade den Einfluß dieſes centralarabifchen Elements vermiffen 

wir bei der größern Abtheilung der genannten Völker gänzlich. In 

Hemen, Hadhramaut und allen fübarabifchen Ländern weſtlich vom 

Wädiy Mocyle hat ſich das centralarabiiche Element in vorwiegendem 

Grade geltend gemacht, ja diefe Landſchaften wurden gewiſſermaßen 

ihrer wahren Nationalität verluftig. Selbft die füdarabifche Sprache, 

welche im Altertbum, wie die in Yemen jo zahlreic) gefundenen, aber 

auch in Beled el Hadfhar (3.3. in Obne, Nagb el Hadſchar und 
Hin el Ghoräb) vorkommenden himyariſchen Injchriften beweifen, in 
der ganzen füldweftlichen Hälfte der Halbinfel gefprocdhen wurde, bat 
der centralarabifchen, der geheiligten Sprache des Dorän, weichen 
müfjen. Zum Theil geſchah diefe Umwandlung fon vor Mohammeb 





Einleitung. 29 


und zwar durch die Kinditen, einen centralarabifehen Stamm, welcher 
na Ihn Hayik anderthalb Yahrhunderte vor der Hidſchra feine 
heimath Bahrayn verließ, nad dem Wädiy Dagr in Habhramant 
anfwanderte, die dort wohnenden Gadifiten theils verdrängte, theils 
mterwarf und centralarabifche Sprache und Eultur einführt. Nach 
Mohammed machte das centralarabijche Element in diefen Landſchaften 
noch viel größere Fortſchritte und heut zu Tage find die Religion, 
die Sitten, die Rectszuftände von Yemen und Hadhramaut im 
Beientlichen ganz diefelben, wie die von Centralarabien. 

Srundverfchieden dagegen find die Bewohner von Mahra und 
. Sir. In der Religion haben fie ſich längſt als Chäridfchiya oder 
Chuaͤridſch (Ketzer) von der großen Hauptmaffe der Orthodoren ab- 
gefondert und gehören, wenn überhaupt zu irgend einer anerkannten 
Secte, wahrfcheinlicd) zu derjenigen der Ibadhiya, die auch im benad)- 
barten DOmaͤn fo vielfache Verbreitung gefunden Hat. Ihr Moham- 
medanismus ijt jedoch jo auperordentlich oberflächlich und fo far, daß 
man fie überhaupt faum als Moslims anfehen fanı. Auch die focial- 
politiſchen Zuftände, infofern wir bis jeßt über fie urtheilen können, 
iheinen wefentlich von den centralarabifchen und hadhramautiſchen ab- 
zuweichen. In allen jenen Ländern, in welchen fid) das central- 
rabiihe Element geltend machte, tritt, überall der Gegenſatz zwijchen 
Yandbevölferung (Beduinen) und Städtern auf das Schärfite hervor. 
Sitten, Lebensweiſe, religiöſe Anfchauungen, ja felbft die oft aufer- 
ordentlich abweichenden Dialecte trennen diefe beiden Volksbeſtandtheile 
in zwei heterogene, oft fogar, ja meiftens feindliche Gruppen. 

Beide find auch faft immer verjchiedener Abſtammung oder be- 
hanpten es zu jein. Im Hafenorten und in folchen der fremden Ein- 
wanderung ſehr ausgefegten Städten, wie Mekka, Medina u. f. w., 
iſt es num zwar felbftverftändlich, daß die Bevölkerung bald eine 
kühn gemifchte werden und fich durch Raffenbuntheit auffällig von 
den auf Stammesreinheit eiferfüchtigen Beduinen unterfcheiden mußte. 
Aber ſeltſamerweiſe finden wir ſelbſt in den abgelegenften, der Ein- 
wanderung feit verfchloffenen Städten der von Wrede beiuchten 


30 Einleitung. 


Länder, daß deren Bewohner den Begriffen der Raffenreinheit n 
den fehr excluſiven Grundfägen der Beduinen nicht mehr entſprech 
Jedoch auch abgefehen von diefer zufälligen Verunreinigung 
Nace (wie die Beduinen fagen) fehen wir in den befagten Läud 
gebieten, d. 5. in Hadhramaut, Beny Yſſa und Hadſchar, felbft 1 
Kern der ſtädtiſchen Bevöllerung (alfo die noch ungemifchte, racı 
reine Stammeseinheit) fich einer von den ummohnenden Bebuinen vı 
fchiedenen Abftammung rühmen. Die anfäffige Bevölferung neı 
fi) dort Amudy und leitet ihren Urfprung von VYſſa el Amud, ı 
für einen Sohn Hodun's gilt, welcher letztere nad den hier üblid 
Stammestraditionen (die aber den übrigen Arabern ganz unbelar 
find) ein Sohn des Propheten Hud gewefen fein fol. Die Mel 
zahl der dortigen Beduinen dagegen nennt fi Dahtäniten und fül 
ihren Urfprung auf die verfchiedenen Söhne des Dahtän zurück, d 
ſie für einen Bruder des genannten Hodun hält. Die uns bisl 
betannten, von Wüftenfeld geſammelten arabiſchen Gefchledhtstafi 
wiſſen zwar gar nichts von fo vielen Söhnen des Dahtän, die hadh 
mautiſchen Beduinen dagegen nehmen deren nicht weniger als ſechze 
an und leiten ihre verſchiedenen Stämme von dieſen ab. Zwiſch 
Hoduniten und Dahtäniten, alfo zwiſchen Stäbtern und Beduin 


— — — 


Einleitung. 31 


für fie im Gegenſatz zu den Nomaden die Genealogie den Orientirungs⸗ 
yuntt des Völkerdaſeins nicht bildet, fondern daß fie, hierin den 
wilfirten Nationen fi) nähernd, dem Wohnorte feine Berechtigung 
af die Beitimmung des gemeindlichen Eulturlebens zuerfennen. 
Diefe Bevölkerung, wohne fie nun in Dörfern oder vereinzelten 
Hätten, Scheint ein homogenes Volt, gleichfam aus einem Guß. 
Mag diefer Umftand fchon als ein Zeichen der Verfchiedenheit der 
Rationalität der Bewohner von Mahra und Dära und der übrigen 
Araber gelten, fo giebt uns doc, die Sprache für diefe Verſchieden⸗ 
heit noch viel deutlichere Beweife an die Hand. Diefe Sprache, welche 
Ehkyiy Heißt, wurde uns erft durch Fresnel's Forſchungen (um 1840) 
und zwar beinahe gleichzeitig mit den Schriftdentmälern in der Ur- 
ſprache Südarabiens, die man die himyarifche genannt hat, befannt, 
and gleich fiel es auf, daß zwifchen diefer Urſprache und jenem noch 
heute gefprochenen Dialect eine gewiffe Verwandtſchaft beftehe, eine 
verwandtſchaft, die fi) zwar nicht als fo innig erwiefen hat, wie 
dreßnel, der geradezu das Ehkyly für himyariſch Hielt, annahm, die 
aber doch fo unzweifelhaft ift, daß man das erftere für einen modernen 
Dialect der letztern todten Sprache anfehen fann. Das Himyariſche 
oder die alte ſüdarabiſche Sprache wurde im Alterthum in einem 
großen Theile der Halbinſel geſprochen, aber ſeit dem Mohammeda— 
niemus allmählich überall durch den centralarabiſchen Dialect ver— 
drängt, nur nicht in Mahra und Dära, wo es freilich mit der Zeit 
ſih zu einem verderbten Dialect verſchlechterte. Aber das Himyari— 
Ihe ımd das Ehkyly, aljo das antife und moderne Südarabiſch, be- 
ügen nicht mu untereinander große VBerwandtfchaft, fondern aud) mit 
den Sprachen eines andern Nändergebiets, nämlich mit dem Aethio- 
yiihen und feinen neuern Mundarten, dem Geſez und dem Ambhäri- 


ſchen auffallende Aehnlichkeit. Alle diefe fünf Sprachen, infoweit fie 


ng bis jet befannt find, zeigen fo große Verwandtſchaft unter- 
inander umd entfernen ſich gemeinfam fo deutlich von dem Central— 
erabiichen (dev Sprache des Dorän), daß wir fie mit Recht zu einer 
homogenen Gruppe zufammenfaffen können, welche wir die „ſüdarabiſch⸗ 


32 Einleitung. 


äthiopifche‘ nennen wollen. Im diefer Gruppe laffen ſich der Zei 
der Bildung nach drei Abtheilungen unterſcheiden. “ 

1). Das Himparifche, bie ältefte, uns bis jegt bekannt gemorbem 
Sprache Arabiens. Sie fteht zwar dem Gentralarabifchen noch näher, 
als die andern füdarabifch-äthiopifchen Dialecte, aber unterfcheide 
ſich doc wefentlic von ihm. Jenes Näherftehen erklärt fi wol) 
dadurch, daß beide, Centralarabiſch und Himyariſch, ihren gemeinſamen 
Urfprung in einer unbefannten jüdfemitifhen Urſprache hatten, und 
daß fie, je näher in der-Zeit fie dem gemeinfamen Urfprung ftanders 
deſto weniger fi) voneinander entfernten. Jene füdfemitifche Urſprach 
muß die Ariba (das urſprüngliche Arabiſch) des "Abd el Malik und 
der arabifchen Hiftorifer gewefen fein, die von den Aditen, Thannz: 
däern und andern erlofchenen Völkern gefprocdhen wurde. Von bei 
Ariba gingen nad) den Arabern zwei Zweige aus, die Mota’äribe 
(die Sprache der Dahtäniten), von der wir das Südarabiſche und alfa 
aud das Himyariſche und Ehlyly, und die Mofta'riba (die Sprach— 
der Joma yliten), von der wir das Centralarabifche und feine verfchiedener 
Mundarten als abgeleitet erkennen können. 

2) Die äthiopifche Reichsſprache oder das alte Geſez. Sie hat 
Alphabet, Pronomina und eine große Zahl Vocabeln mit dem 


Einleitung. 33 


3) Ehttyly und Amhaͤriſch find die neueften nod üblichen Dia- 
lecte des füdarabifch-äthiopifchen Sprachzweigs. Die Weitläufigfeit 
der Urjprungsverwandtichaft diefer beiden Sprachen, infofern wir 
fie Hiftorifch einigermaßen begründen können, möge folgender Stamm⸗ 
baum veranfchaulichen, bei dem wir für einzelne Glieder, in Er- 
mangelung anderer Bezeichnungen, die jchon erwähnten arabifchen 
Ansdräde Ariba, Mota aͤriba und Mofta'riba zu Hülfe nehmen müffen. 


Die "Ariba 
— — ——— —— — — 
die Mota äriba die Moſta riba, 
von dieſer ſtammt das heutige Arabiſch 
mit allen ſeinen Mundarten. 
Himyaritiſch aaa 
Kin unbelanntes Aethiopifch 
Zwiſchenglied. 
Ehtyly Amhaͤriſch See. 


Die beiden lebten Glieder find alfo je durch zwei Zwiſchenglieder 
von der gemeinfamen Stammmutter, der Mota’äriba, getrennt, und 
wenn ſchon die einzigen uns befannten Zwilchenglieder, Himyariſch 
und Aethiopifch, fo viel Verfchiedenheit neben &hrer allgemeinen DVer- 
wandtichaft aufweifen, fo follte man denken, daß dieſe Verfchtedenheit 
zwiſchen Ehkyly und Amhaͤriſch noch größer ſein müßte. Dies ſcheint 
mm merkwürdigerweiſe nicht der Fall oder wenigſtens nicht in dem 
Grad der Fall zu fein, wie wir verfucht wären, anzımehmen. Die 
einzigen wiffenfchaftlichen Andeutungen, welche wir bis jegt über das 
Chkyly Haben, und die wir Fresnel und Krapf verdanken, find num 
zwar dürftig genug, aber diefe Andeutungen genügen doch, um in zwei 
Punkten eine auffallende Aehnlichkeit zwifchen ihm und dem Amhä— 
riihen darzuthun; eine Nehnlichkeit, welche zu erklären die gemeinfame 
Abftammung nicht genügt, da wir bei ben Zwijchengliedern gerade in 
diefen beiden Punkten diefe Nehnlichkeit vermiffen. Dieſe beiden Punkte 
find die Bildung des Zeitworts und die Hinzufügung neuer Buch— 
faben zu dem urfprünglichen füdarabifd-äthiopifchen Alphabet. 

Lv, Wrebe’s Reife in Babpramaut. . 3 


34 Einleitung. 


Stellen wir bie einfachften Formen bes Zeitworts in dieſen beit 
Sprachen vergleihsweife nebeneinander und zugleich neben bie t 
Aethiopifchen, fo erhalten wir folgendes Bild: 


Einlettung. 35 


Zeigt fi) hier ſchon die Aehnlichkeit des Ehkyly mit dem Aethio- 
yilhen in den meiften Formen unverkennbar, fo ift doc) noch eine 
größere zwifchen erjterm und dem Ambhärifchen vorhanden, indem in 
denjenigen Bormen, in welchen das Amhärifche vom Aethiopifchen ab- 
beiht, auch eine folche Abweichung beim Ehkyly vorkommt, fo nament- 
ih im Femininum des II. person sing., das im Xethiopifchen auf 
ki, dagegen im Ambärifchen auf sh endet, ähnlich wie im Ehkyly auf s. 

Noch merkwürdiger zeigt fich die Analogie beider Sprachen, bes 
Ehthlh und des Ambhärifchen, im der Vermehrung um eine Anzahl 
ante, welche das urfprüngliche füdarabifch- äthiopifche Alphabet bei 
beiden erfahren hat. Das Ehfyly hat nach Fresnel 36 Buchſtaben, 
während in feiner Mutterfprahe, dem Himyaritiſchen, bis jegt nur 
25 (2 weniger als im Arabifchen) nachgewieſen find, benn bekanntlich 
tonnten die Zeichen & (Tja) und E (Rhayn) noch nicht deutlich er- 
mittet werden. Ebenſo hat das Amhärifche 7 Buchftaben mehr ale 
feine Mutter, das Aethiopifche, welches deren gleichfalls nur 26 befikt. 
Shon Fresnel hat in Bezug auf diefe Supplementarbuchitaben die 
Aehnlichkeit zwiſchen dem Amhärifchen und dem Ehfyly hervorgehoben. 
Er ſagt: Das Ehkyly befist „ausgeſpuckte“ Buchſtaben (lettres 
erachées), wie das Amhäaͤriſche, nämlich eine Art K und eine Art 
T, abweichend vom gewöhnlichen K und T, fehr häßlich in der Aus- 
ſorache (wahrfcheinlich dem amhärifchen Chaf und Tſhait entfprechend). 
demer finden wir im Ehkyly alle Nafaltöne des Franzöſifchen und 
Portugiefifchen, und folche Nafaltöne hat aud) das Amhärifche dem 
ühiopiihen Alphabet beigefügt, 3. B. das Nyahas oder Gnahas ge- 
Imohen wie das fpanifche ñ und das franzöfifche gn in Perpignan. 
Endlich, fo behauptet Fresnel und fo wurde von Houlton, Smith, 
Eruttenden, Wellfted, den Dfficieren der englifchen Küftenaufnahme, 
bereits vor ihm angedeutet, weist das Ehkyly Yaute auf, die nur durch 
Verdrehung des Mundes auf eine Seite hin ausgeſprochen werden 
finnen, wobei die Zunge auf die rechte (nie auf die linke) Seite an 
den Gaumen angelegt wird. Vielleicht entjprechen diefe Laute dem 


amhaͤriſchen Dient und Jay. 
3* 


36 Einleitung. 


Aus diefen Vergleichungen (die freilich bei unferer geringen 
Kenntniß des Ehkyly nur höchſt unvolllommen fein können) ſcheinen 
wir zu dem Schluß zu gelangen, als fände zwiſchen Amhäriſch und 
Ehfyfy eine nähere Verwandtſchaft ftatt, als diejenige, welche durch 
ihren gemeinfamen Urſprung zu rechtfertigen ift; eine Verwandtſchaft, 
die fi nur durch fpätere, uns unbelannt gebliebene Berührungen der 
abyffinifchen und der Mahra- Dära-Bölfer erflären ließe. Da num 
das Ambärifche fich erft etwa im 12. oder 13. Jahrhundert (unjerer 
Zeitrechnung) zu einer felbftftändigen Sprache ausgebildet Hat, fo 
müßten jene Berührungen in einer Zeit ftattgefumden haben, die dem 
Bereich des Hiftorifchen angehört. Aber die Geſchichte hat uns über 
ſolche fpäte Berührungen zwifchen beiden Völkern nichts überliefert, 
und fie find in der That auch nicht wahrjcheinlih. Die legte nad): 
weisbare Berührung zwiſchen den äthiopiihen und füdarabifchen 
Stämmen fand im 5. Jahrhundert unferer Zeitrechnung ftatt, als die 
Abyſſinier Memen eroberten. Ob fie aber je die Länder Mahra und 
Dära bejeffen, ift bis jegt eine ungelöfte Frage. Deshalb bleibt 
nichts. anzunehmen, als daß beide Idiome, obgleich ihre Meutterfprachen 
ihon lange auseinandergegangen waren, und obgleich Feinerlei Berüh⸗ 
rungen zwifchen den beiden Völkerfchaften in fpäterer Zeit ftattfanden, 
dennoch in der Entwidelung ihrer Elemente zu einer modernen Vulgär⸗ 
ſprache parallelen Gang gehend, zu ähnlichen Refultaten gelangt find, 
zu NRefultaten, deren Begründung nur in der gemeinfamen Stamm: 
mutter, der alten ſüdarabiſch-äthiopiſchen Sprache, gefucht werden kann. 
Vielleiht, daß die Principien, welche das Amhaͤriſche und das Ehfyiy 
jo auffallend ähnlich entwicelten, jhon in der Stammmmutter latent 
dalagen, ohne daß ein ſolches Factum jebt irgend wie nachweisbar 
wäre? 

Jedenfalls fteht es feit, daß die Völker von Mahra und Dära 
jett die einzigen Bewohner der Arabifchen Halbinfel find, welche aud) 
in der Sprache ihre Verwandtfchaft mit dem afrifanifch » jemitifchen 
Schweiterftamm bewahrt haben. Doch nicht blos in der Sprade, 
auch in den Bhyfiognomieen wollen die Neifenden eine Verwandtſchaft 


Einleitung. 37 


beobachtet haben. Die Mapriten follen zum Theil eben fo dunkel⸗ 
häutig, wie die Abyifinier fein. Ihre Züge bieten denfelben Typus 
tgelmäßiger Gefichtsbildung, wie die der Aethiopier. Ihr Wuchs ift 
ſchlauk, ihre Seftalten edel und ebenmäßig. Das einzige Häßliche, 
was man an ihnen beobachtet haben will, ift die Bildung des Mundes, 
md diefe rührt eben von jenem fprachlichen Fehler, den fie mit den 
amhärifch redenden Völfern gemein haben, daß gewiffe Laute ihres 
Jioms nur durch Verzerrung der Mundwinkel hervorgebracht werben 
finnen. Zwifchen diefen beiden Völfern, den Mahriten und den 
Däriten, welche nad) dem Gefagten ohne Zweifel aufs Nächſte ver- 
wandte, der ganzen Mafje der übrigen Araber entfrembet gegenüber- 
ttehende Bruderftämme find, hat fich gleichwohl mit der Zeit manches 
unterfheidende Merkmal, jelbit in Iprachlicher Beziehung, eingefchlichen. 
Der Dialect von Mahra ift fchon vielfach mit arabifhen Wörtern 
untermifcht, der von Dära dem urfjprünglichen Idiom treu geblieben. 
Yesterer bat: fomit manche Idiotismen, die im Mahradialect fchon 
durch Arabismen verdrängt find. Fresnel fagt: Ein Bewohner von 
Qära, der außer feinem Dialect auch noch arabifch kann, verfteht die 
Sprache von Mahra, nicht jedoch ein Bewohner von Mahra, der nur 
fine Sprache und die arabifche kennt, diejenige von Dära. 

Was wir von diefen beiden Ländern Mahra und Dära willen, 
beihräntt fi auf die Nachrichten, welche uns die Dfficiere der eng- 
liſchen Küftenaufnahme vom Jahre 1833 geben. Doch auch fie be- 
luhten nur wenige Punkte diefer Küfte, denn ihre eigentliche Aufgabe 
beichränfte fi) auf die Aufnahme der Küften weſtlich von Mahra. 
In legterın Lande erwähnen fie faft nur den Golf von Defchyn, von 
dem übrigens fchon Niebuhr eine Karte und Beſchreibung gegeben 
hatte. Der Hauptort Oeſchyn ift jedoch nur ein elendes Dorf, gleich⸗ 
wohl nicht ohne eine gewiffe Bedeutung, da er die Reſidenz eines 
Sultans, der über einen großen Theil der Mahra-Stämme und aud) 
über die Infel Sokotra gebietet, bildet. Ins Innere diefes Landes ift 
noch nie ein Europäer eingedrungen. 

Zwiſchen Mahra und Dära liegt mit dem gleichnamigen: Bor« 


38 | Einleitung. 


gebirge der Dſchebel Schedfcher, in welchem wir den berühmten 
Weihrauchsberg der claffifchen und arabifchen Autoren erkennen müffen. 
Der Name diefes Berges hat zu den größten Misverftändniffen Anlaß 
gegeben, die jett ein chronifches Uebel aller Gcographieen Arabiens ge- 
worden find, an deffen Heilung man faft verzweifeln möchte, befonders 
da unfer berühmtefter Geograph Karl Ritter das feinige gethan hat, 
um fie wo möglich noch zu verfchlimmern, indem er, feinem Grund⸗ 
fa, daß „Irrthum beſſer fei als Verwechſelung“ untreu werdend, 
ben Namen Schedſcher mit einem andern, nämlih mit Schihr, aufs 
Hartnädigfte verwechſelt und dadurch zu jener Eonfufion gelangt, deren 
Vermeidung er als fein höchſtes Ziel bezeichnet. Ritter (Erdkunde, 
XUH, ©. 635) fagt bei Gelegenheit von Schihr, der Ort Heiße 
eigentlich Schechr, und das fei die wahre Lesart, falfch aber alfe an- 
dern, wie Schedſcher, Schihr, Schehr, und nun führt er noch einige 
zehn Formen an, die er als Benennungen für einen und denfelben 
Ort auffaßt, obgleich fie dies in Wirklithkeit nie waren. Bon biefen 
Formen find einige, wie Shher, Xier, Schähr u. f. w., Verhunzungen 
von Schihr, andere, wie Chedſcher, Sediher, Sacher, Entjtellungen 
von Schedfcher, ja, der antife Name Shyagros und der moderne 
Saugra gehört einer dritten Localität, welche Sſaukira heißt, an. 
Schihr ift zugleih Stadt- und Diftrictsname, Schedſcher nur bie 
Benennung eines Gebirges, eines Caps und einer Landſchaft, nicht 
aber einer Stadt. Beide liegen vier Längen- und zwei Breitengrade 
auseinander, Tönnen alſo topographiſch unmöglich für ein und diefelbe 
Localität gehalten werden. Schihr ift das äußerſte weſtliche, Sche— 
dfcher das öftlihe Grenzland von Mahra. Die arabifchen Geographen, 
die über den oceamifchen Küftenftrich ihrer heimathlichen Halbinfel fo 
ſehr ſchlecht unterrichtet find, konnten freilich Ritter irreführen, denn 
oft findet man bei ihnen Erwähnungen wie folgende: „Mahra im 
Lande Schihr“ (mas nad) arabiſchem Sprachgebrauch jedoch auch 
heißen Tann „in der Nähe von Schihr“) oder „Mahra in der Gegend 
von Schedſcher“, Erwähnungen, bie ficherlich denjenigen zu Verwechie- 
Zungen führen Tonnten, der weder mit der Klafticittät arabifher Aus- 


Einleitung. 39 


dräde (die man fo felten buchſtäblich nehmen darf) vertraut ift, noch 
auh von der Exiſtenz der zwei getrennten Landſchaften mit ähnlichem 
Namen eine Ahnung befikt. 

Der erfte weftlihe Diftriet, den wir im Lande Dära antreffen, 
ft das berühmte Tſofaͤr (fälfchlih oft Dhafar, Dafar, Zafar und 
noch anf einige zehn verfchiedene Arten gefchrieben). Tſofaͤr ift jetzt 
feine Stadt mehr, wie im Alterthum (in weldhem es nad Einigen das 
Ophir, berühmten Namens, gewefen fein fol), und wie im Mittel- 
alter, aus welcher Zeit die Nachrichten über daffelbe von Ihn Batuta, 
Abu⸗el⸗Fedã und andern arabifchen Geographen ftammen, die es als 
ein blühendes Handelsemporium erwähnen, aber oft auch mit einem 
andern Zfofär, dem in Yemen gelegenen, auf eine fo verwirrende 
Reife verwechjeln, daß man heut zu Tage gar nicht mehr unterfcheiden 
lann, welche Befchreibimgen dem weftlichen und welche dem oͤſtlichen 
Tſofaͤr gelten. 

Ziofär iſt alſo jetzt nur noch der Name eines Diſtricts, in dem 
einige zwanzig Dörfer liegen, von welchen Mirbat und Dirys (das 
Addaharys von Fresnel) die wichtigſten ſind. Die Officiere der eng— 
liſchen Küſtenaufnahme landeten hier und unternahmen Ausflüge ins 
Innere, ohne indeß tiefer als etwa zwei bis drei deutſche Meilen in 
dafelbe einzubringen. Jedoch haben diefe Ausflüge den Schleier des 
Unbefannten, der auf dem Lande ruhte, nur in fehr mäßigem Grade 
gelüftet. ‘Die einzige intereffante Ausbeute ift die Kunde, welche fie 
uns über das Vorhandenfein merfwürdiger Infchriften, eigenthümlicher- 
weife nicht eingemeißelt, fondern nad Art der Hierogiyphen in den 
Krigegräbern von Theben gemalt, braditen. Daß diefe Infchriften 
dimparitifch find, dürfen wir mit Wahrfcheinlichkeit annehmen, befigen 
übrigens dafür Feine andere Veftätigung, als das Wort der Neifenden, 
dern eine Eopie ift von feinem diefer Schriftdenftmäler gemacht worden. 
Eine einzige Infchrift von Tfofär wurde von Herrn Mordtmann er: 
halten, aber über ihren Fundort herricht große Ungewißheit (Zeit: 
ihrift der Deutſchen Morgenländiſchen Geſellſchaft, XVIL, 791 und 
XIX, 180). Bekannter als die Küfte, ja fogar fehr genau bekannt, 


40 Einleitung. 2 


find die Heinen, faft unbewohnten Infeln von Churyan Muryan, 
welche im gleichnamigen Golf der Küfte von Tſofär gegenüber liegen. 
An diefen Golf ſtößt dann der von Sfaulira, der alte Syagros, an 
defien Küfte, obgleich noch zu Tara gerechnet, wir ſchon einen andern, 
den Ehlyly redenden Völkern völlig fremden Stamm, die Dichenäby, 
antreffen, deren Gebiet fi bi® an die Grenze von Omaͤn erftredt. 
Die Dſchenäby erfcheinen, was auch immer ihr Urfprung fein mag, 
heut zu Zage als ächte Araber, verftehen kein Ehkyly, fondern reden 
einen dem Eentralarabifchen verwandten Dialect, führen das Beduinen- 
leben und ſcheinen im Ganzen fehr den Böltern des Beled Hadſchar, 
Beny VYſſa und Hadhramaut zu gleichen. 

Somit find wir am Ende der oceanifchen Küſte Arabiens, am 
Ende des unbelannteften Theils der fait noch unbelammten großen 
Halbinfel angelangt. Wenn wir bei der zweiten Hälfte diefer aus- 
gedehnten Küftenlandichaft länger verweilten, jo gejchah es einestheilg, 
weil doch auch fie zum Wrede'ſchen Neifegebiet in einer Beziehung 
fteht, anderntheils, um neben dem bereits Geleifteten aud) das noch 
zu Leiftende auf dem Bereihe der Erdkunde Arabiens in ein deut- 
liches Licht zu feßen, zugleich das Intereffe und die Reifeluft künftiger 
Ländererforfcher zu weden umd auf einen uns noch jo geheimmißvollen, 
aber in ethnographifcher und linguiftiicher Beziehung fo reichlihe Aus: 
beute verfprechenden Volksſtamm Hinzulenfen. Möge die kürzlich er- 
folgte Eröffnung des Suezcanale, der wie ein Wegweifer nach dem 
nahen Arabien hinzuwinken fcheint, eine neue Aera in den Annalen 
arabifcher Entdedungsreifen bezeichnen; mögen Wrede, Arnaud, Pal- 
grade bald Nachfolger finden und eine Hülle nad) der andern vom 
Haupte diejes umſchleierten Bildes von Sais, Arabien, fallen. An 
fühnen Entdedungsreifenden hat e8 ja in unferm Iahrhundert weniger 
gefehlt, als je. So bleibt denn die Hoffnung unbenommen, daß auch 
einer oder der andere fich diejem intereffanteften Yande, der Wiege bes 
Ieläm, zumenden möge. in anderes Meifegebiet ift es freilich als 
Afrika und ein ungleich jchwierigeres. Aber an Vorbildern wird es dem 
künftigen Reiſenden, der ſich diefes Gebiet erwählen will, nicht fehlen. 


Einleitung. 41 
Männer wie Burdhardt, Seeken, Wallin, Arnaud, Balgrave, Yurton, 
diefe Helden der Selbftverläugnung, Leuchten ihm voran auf dem 
geiehroollen Weg durch die arabifche Halbinfel; aber unter Allen glänzt 
als Stern erfter Größe unjer Wrede. Don ihm, wie von feinen 
Andern, kann der künftige Entdedungsreifende in Arabien lernen, wie 
ea eb zu machen hat, um der Erreichung feiner Ziele gewiß zu werden. 


Dresden, den 3. Februar 1870. 


Der Herausgeber. 


Ueber die Rechtſchreibung arabifher Namen. 


Zur Erläuterung, wie die arabiſchen Namen in biefem Buche 
transcribirt find, diene hier folgendes Alphabet. 


Eonfonnanten. Bocale. 


“b st ... a ober e 











wt ts n 

© th j Ei ; 
«th & gb, rh “ ° 
ar sf h...& 
ec» 4 Sy 
od Jk : 

5 ds Jı ya 
J 55 Diphtonge. 
> [6] 


.. xh BE 





Erftes Eapitel. 
Küftenreife von Aden nad Metalle. 


—— —— — 


Schiffahrt von Aden nad) Borum. — Borum. — Der Stamm ber Beny 
Haflan. — Waädiy Fuwa. — Wädiy Halle — 'Ayn el Ghaſſſſaͤny. — An— 
kunft in Makalla. 


Nach langem Warten auf eine Gelegenheit nach Makalla ſchiffte 
ich mich am 21. Juni Abends auf einem dahin beſtimmten arabiſchen 
Fahrzeuge ein. Zur Charakteriſtik der Araber, bezüglich ihrer Den— 
fungsart über Chriſten, mag hier ein Geſpräch Platz finden, welches 
frz vor meiner Ankunft an Bord ftattfand. 

Während nämlid) die Horniften der Garnifon den Zapfenftreich 
bliefen, brad) einer der Matrofen in die Worte aus: „Hört ein- 
mal, wie die Hunde heulen!’ worauf der Nädodä !) antwortete: 
„Bott befhüge den Islam!” — „Amen!“ rief die ganze Ge- 
ſellſchaft und Einer ſetzte Hinzu: „Möge Gott das Land des 
1 Edrus?) von diefen Hunden befreien!” — „Amen!“ hörte 
man wieder in allen Winkeln des Schiffes. So lange die Muſik 
währte, machten die Araber ihrem Aerger durch Ausrufungen Luft, 
als: „Dichinjj el Kelb!“ (Hundegeſchlecht!), „Kaͤfir!“ (Ungläubige!), 
„Räfidhy!“ ?) (Ketzer!) und dergleichen mehr; Ausrufungen und Aus- 
rüde, die alle zur Genüge darthun, mit welcher Liebe die Moham- 
medaner den „Chriſten“ zugethan find und wie hod) diefe in ihrer 
Abtung ftehen. Das, was id hier hörte, war nicht etiwa der Aus⸗ 





44 Abfahrt von Aden. Die Taräb, 


drud der Meinung einer einzelnen Perfon oder jener wenigen Pe 
fonen, fondern die allgemeine aller Belenner des Isläm, die ı 
Jeder derfelben vom Größten bis zum Kleinſten in Gegenwart fein 
Glaubensgenofjen, je nad) dem Grabe feiner Bildung, in mehr od 
minder derben Ausbrüden ausſpricht. 

22. Iuni. Am 22. verließen wir in aller Frühe die & 
„Cyra“. — Mehrere Beduinen vom Stamm ber Berk = Haflı 
waren meine Reifegefährten; fie und die Mannſchaft des Schiffe 
alle eifrige Mohammedaner, weshalb ih „Pfendo-Islamitı 
auch regelmäßig die vorgefchriebenen „fünf Gebete” täglich ve 
richtete, um bei meiner Ankunft in Mafalla mit dem Rufe ein 
orthodoxen Mufelmannes auftreten zu können. Der "Wind war fe 
ſchwach und die See ging hoch, weshalb unfer Feines Fahrzeug fe 
ftart umbergeworfen wurde. Doch hatte ih das Glück, vom t 
leidigen Seekrankheit verfchont zu bleiben. Nicht fo die Bebuin 
welde alle daran litten umd zum Erbarmen jämmerliche Geſich 
ſchnitten. Während der vielen Seereifen, welche ich gemacht hal 
tam es nie vor, daß die Geekranfpeit den Tod herbeiführte; 5 
aber war es mit einem 18jährigen jungen Beduinen der Fall, 
welchem ſich das Uebel bis zum Blutſpeien fteigerte, fodaß er n 


( 
Gefährliche Fahrt. Landung in Borum. 45 


und die Stärke der Vorſehung bauend, mic mit ftoifcher Gelaffenheit 
a men Schickſal ergab und Betrachtungen über die Folgen anftellte, 
welche diefes primitive Verfahren, ein Schiff zufammenzufügen, haben 
fünnte. 

Obgleich mın dem Schiffe bei dem gegen Mittag eingetretenen 
ſtarken Wind ſtark zugefeßt wurde, fo hielt es dennoch zum Erftaunen 
gut — wiewohl die Schiffsmannfchaft das durch die Fugen eindrin- 
gende Waſſer fortwährend ausichöpfen mußte. 

23. Juni. Der günftige Wind währte die ganze Nacht und brachte 
uns bis zum Morgen des 23. Angefichts der Berge von Biyr 'Alyy, 
von denen ein eifiger Wind niederftrid), und nod) vor Sonnenuntergang 
auf die Rhede von Borum, wo wir vor Anker gingen. 

Der Nächodä unterrichtete mich, daß die Rhede von Mafalla in 
der jegigen Zeit nicht haltbar jei und rieth mir daher, hier ans Yand 
zu gehen. Da es in meinem Plane lag, fo viel als möglich zu Lande 
zu reifen, und ich, nebenbei gejagt, feiner Arche auf die Dauer feine 
genügende Haltbarkeit zutraute, fo willigte ich) auch jehr gern darein. 
Meine Reifegefährten, ſowohl der Todte, als auch die Lebenden, 
worden mit mir und ben Effeeten in ein vom Lande gekommenes 
Boot gepadt und ausgeſchifft. Der fehr gefällige Nächodä, der wahr- 
iheinlich fehr froh war, feine Paffagiere 108 geworden zu fein, führte 
mid in das Haus eines feiner Bekannten, wo id) aufs Beſte auf: 
genommen wurde. 

Borum ) ift eine Heine Stadt oder vielmehr ein großes Dorf, 
mit etwa 400 Einwohnern und liegt im Hintergrunde einer Bucht, 
welhe zwifchen dem weftlich Tiegenden Raͤſſ Borum und dem im Ojften 
vorfpringenden Räff el Ahmar (d. i. das rothe Vorgebirge), einem 
Ausläufer des Dfchebel Reich 7) gelegen, etwa Y/, Stunde Tiefe hat. 
der Ort ift von einem Dattelpalmmalde umgeben, der fid) bie in 
ine hinter demfelben liegende Schlucht fortzieht, in welcher nur wenige 


Sthritte voneinander entfernt, zwei Quellen entfpringen, von denen 


de eine ein vortreffliches Trinkwaſſer liefert; die andere ift eine ftart 
mit Schwefel gefchwängerte Thermalquelle. Mehrere gemauerte, wit 


46 - Gaftfreundfchaft in Borum. 


Cement befleidete Baffins nehmen ihre Waſſer auf und dienen da 

Bewohnern von Borum als Waſch- und Badeorte. Zwifchen deu 

Städten und Räff Borum öffnet fi ein weites Thal, der Wäthh 

Dahff ®), vor deffen Mündung ſich die Rhede befindet, welche währen 

dem Südweit-Donfun, durch Räſſ Borum gefhügt, vollfomme x 
fiher, in der entgegengefeßten Jahreszeit aber unhaltbar ift. Einige 

20 Bagla’8 ?) und Däumw’s lagen abgetafelt, theils vor Anker, thai 

auf dem Trodnen und erwarteten die günftige Sahreszeit des Nor 

oft-Monfuns, um die gewohnten Reifen nach dem vothen Meere ud 

nad der Oftküfte Afrikas zu unternehmen. 

Kaum war die Nachricht im Städten verbreitet, daß eu 
Iremder, ein Aegyptier angefommen fei, als die Neugierde eine 
Menge Befucher Herbeitrieb; wenigſtens 40 Perfonen Hatten ſich auf 
der Terraſſe des Haufes eingefunden, wo man die angenehmen Abende 
zubringt, und begafften mic, wie man bei ung ein jüngft angefommeneh, 
feltenes Thier zu befehen pflegt. Ein Ieder machte feine Bemer⸗ 
tungen: der Eine bewunderte meine für Arabien ungewöhnliche Stat . 
und ſchloß fehr naiv aus dem Umfange meines fehr großen Hammel 
felles, daß da, wo ſolche Widder eriftirten, die Menfchen ebenfalls 
fehr groß fein müßten; ein Anderer bewunderte meine weiße Haut 


AN 





ragen über Reifezwed u. f. w. 47 


eſem Beifpiele folgte ich natürlih. Hierbei entjtand nun zwifchen 
; ein Wettftreit der Höflichkeit. Wie ih mic nämlich zum Hand- 
bückte, büdte er ſich ebenfalls und drücdte unfer Beider Hände 
hinunter, daß fie beinahe den Boden berührten. Dieſes währte 
ige Secunden, worauf er als der höher Geſtellte und Bejahrtere 
jab, daß meine Lippen die Spiten feiner Finger ftreiften. Wir 
sten uns dann nebeneinander nieder, während die Berfammlung, 
: imdeR an die 60 Perfonen herangewachſen war, um uns herum 
tderfauerte, um der Unterredung mit gefpannter Aufmerkſamkeit 
ubhören. Auf feine Tragen: „Wer ih fei?” „Woher ich 
me?“ „Wohin ich ginge?” — gab ich ihm die für diefen 
U ſchon im Boraus bereiteten Antworten: „daß ich nämlid ein 
shptier jei und Abd el Hud hieße, daß ich vor drei Jahren, 
ihrend id) an der Peft darniedergelegen, das Gelübde gethan, eine 
allfahrt nad) dem Grabe meines Schußheiligen Neby Allah Hud 19) 
unternehmen; daß fein Name für immer verherrlicht werde. — Hier 
twortete die Verfammlung mit: „Amen!“, erhob die Hände und 
tete das Faͤtiha 12). — Hergeftelit, hätte ich leider die Erfüllung des 
elübdes Tag für Tag verjchoben und endlich gar vergefjen, da fei 
ir dreimal im Traume ein Engel erfchienen und habe mir befohlen, 
e Wallfahrt anzutreten, welhem Befehle id) jetzt nachzukommen im 
griff fei. — „Eſchhed Allah!“ 12) riefen Alle; — „Gott ift 
top!” „Es ift nur ein Gott!” „Und Mohammed ift fein 
ſeſandter!“ — „Du wirft Deine Reife glüclich zurüdlegen, denn 
dott ift mit Dir!’ fehte der Sultan Hinzu. — In tiefes Nad)- 
enfen verfanf die VBerfammlung, deſſen Gegenjtand ohne Zweifel 
win erzähltes Wunder war, wie ich aus den Stoßfeufzern entnehmen 
mnte, welche von Zeit zu Zeit die Stille unterbradjen. 

Manche meiner geehrten Leſer, weldye nicht mit dem Ydeengange 
mes Arabers befannt find, werden mir vielleicht vorwerfen, meine 
ählung mit einer Abgejchmadtheit gewürzt zu haben. Hierbei er— 
mbe ich mir jedoch zu bemerken, daß es in meiner Lage meine erjte 
orge fein mußte, mir das Zutrauen der Einwohner des Landes zu 


48 Aberglaube der Araber. 


erwerben, welches ich zu bereifen gebachte. Dazu reichte aber bei den 
Arabern keine einfache, gewöhnliche Erzählung hin, die nicht nur eimen 
oberflächlichen Eindruc gemacht, fondern jogar Mistrauen erregt hab 
würde. Dahingegen fand die mit einem Wunder verbrämte Geſchichte 
auf der Stelle Glauben und ftellte mich ihnen als ein von Get 
unmittelbar beſchütztes Wejen dar; wie man allein ſchon aus ber 
Aeußerung des Sultans erficht. Was ſich in diefer Beziehung für 
den aufgeflärten Europäer als ungenießbar herausſtellt, ift für den 
abergläubifchen fanatiſchen Moslim eine leicht verdauliche Speife, bem 
für ihn, in deffen Gemüth der ſchwärmeriſche Glaube an die auf den 
Menſchen ftatthabende „unmittelbare‘ Einwirkung der Geifter- 
welt fo tief wurzelt, — haben dergleichen Erzählungen nichts Abſurdes. 

Nach und nach befam die Neugierde wieder die Oberhand mb 
von allen Seiten vegnete e8 Tragen. Mohammed Alyy, "Abb ul 
Medſchyd und die Engländer in Aden waren die Hauptgegenftänbe 
unferer Unterhaltung, welche bis fpät in die Nacht währte. Die 
erftern Beide fehen fie als „die mädhtigften Fürften der Erde* 
an, und fie wunderten ſich fehr, daß nicht der Eine oder der Andere 
den Engländern befohlen habe, Aden zu räumen, waren jedoch ber 
frohen Hoffnung, ein Heer der „Beny Ottoman‘, wie fie bie 








Beny-Haffan-Stamm. Der Waͤcy. 49 


Muſelmänner geweſen find. — Trotz dieſer hohen Abſtammung iſt 
ea dech nur ein winzig Kleiner und armer Fürſt, der außerhalb feines 
Südthens auch nicht dic geringfte Autorität beſitzt, und ſelbſt unter 
dem Schuge der Beny-Haſſan-Beduinen fteht, denen er dafür einen 
jäfrlihen Tribut entrichten muß. 

Diefer Stainm der Beny Haffan iſt eine Unterabtheilung des 
grein Hauptſtammes Zfayban 15), deſſen Wohnjige ſich weit ins 
Imere erftreden. Dieſem Stamme oder, was daffelbe ift, einem 
einzigen Sprößling deſſelben vertraute ich mic) noch am Abend, nad) 
dem Rate des Sultans und meines Wirthes, für die Neife nad) 
Malalla an. 

24. Juni. Am 24. nahm ich in der Frühe von meinem Wirthe 
Abihied und verließ um %,7 Uhr das gaftfreie Borum unter Dem 
huge cines 1Ojährigen Beduinenfnaben. — Eine lange 
Suntenflinte amd eine Dſchembiye 2°) (Dolch) waren die Waffen meines 
Heinen Beſchützers, der mit troßiger PMliene vor dem Kameele 
einherſchritt. In einem Xande, wo es Niemand wagt, unbewaffnet 
anperhalb feines Hauſes zu erfcheinen, würde eine ſolche Escorte wenig 
Eiherheit gewähren, wenn nicht die Furcht vor der Rache ihres 
Stammes, ihrer Familie und ihres Wäch 17) den Näuber davon ab- 
bielte, fie anzugreifen. Der Reiſende wird, fobald er ſich unter den 
<hug eines Beduinen begeben hat, als ein Gaft de8 Stammes an- 
eiehen, und eine jede Beleidigung, weldye ihm angethan wird, rächt 
der beihüsende Stamm an dem Thäter oder dejjen Jamilie. Der 
geleitende Beduine ift alfo für die Dauer der Reife gleichſam als 
Lm des Reifenden anzufchen. 

Gleich, nahdem wir den Ort verlaffen hatten, führte der Weg 
1 don Borum, längs dem Fuße des jteil abfallenden Dſchebel Reich 
"| di. Rechts iprüßte die Brandung des Meeres bis zu den Füßen 
Beimes Kameeles hin und verfuchte feine zerftörende Kraft an dem 
miähligen Felsblöden, welche den Weg theilmeife jo verengen, daß 
in beladenes Kameel kaum durch kann. Man ſieht an den fteilen 
riſſegen Wänden dieſes Vorgebirges, welches feiner röthlichen Farbe 

U.v. Brebes Reife in Habpramuut, 4 


“ d 


so Wadiy Eſch Scherebbe. — Fuwa. 


halber Raſſ Ahmar, d. i. „das rothe Vorgebirge“ genannt wird, 
daß das Meer ſchon einen bedeutenden Theil davon weggenommen 
hat. Dieſer Zerſtörungsprozeß dauert noch fort, denn der ganze etwa 
20 Fuß breite Weg ift voller Spalten, aus denen bei jedem Wellen 
ſchlag das Waſſer mehrere Fuß hoch, gleich Fontainen, emporfprügt. 
— Es war mir ein unheimlihes Gefühl, auf diefem untermtinirten 
Wege zu gehen, der jeden Augenblick einftürzen konnte, und ich war 
daher froh, nad} einer Stunde den Wädiy Eſch Scherebbe zu betreten, 
welcher fich zwifchen dem Dſchebel Reſch und Eſch Scherebbe, in nord: 
weftliher Richtung hinaufzieht. Jenſeits des Thales führt der Weg 
durch ein Felfenthor, welches ein Losgeriffener Felskegel mit dem 
Gebirge bildet. Zur rechten Seite des Weges befindet fich in dem- 
jelden das Grab eines Heiligen, an deffen Kopfende die Säge eines 
Sagefiſches aufgepflanzt ift. Hinter diefem Felfenthore führt die 
Straße eine Stunde lang theil® durch ein Chaos von Felsblöden, 
theils durch tiefen Sand längs dem Meere hin. Dann tritt das Ge 
birge plöglich nad) Nordoften zurüd und dacht fich nach der Tihäma '*) 
(Niederung) von „Fuwa“ bis zum Wäbiy „Merret“ ab. Der 
Weg bleibt fortwährend in der Nähe der Meeres und wird bis zum 
Wadiy Halle 39) mit niedrigen, mit Geftrüpp bewachſenen Hügeln 


Rechtsgebräuche der Bebuinen. 51 


Halbjährlich Hält diefer Stanım hier feine „Dabayl Bakry“ 2°) 
oder Stammverſammlungen, wobei jedesmal ein großer Markt ftatt- 
findet. Bei diefer Gelegenheit werden Streitigkeiten gefchlichtet, Ur- 
theile gefällt und vollzogen, Krieg und Frieden beſchloſſen — kurz 
alle mır möglichen Angelegenheiten des Stammes, fowie der einzelnen 
Beruinen befprochen, geordnet u. ſ. w. Der fonft im ftrengiten Sinne 
des Wortes vollfommen unabhängige Beduine ijt während der drei 
Tage, welche die Verſammlung tagt, dem Schaych und dem Rathe 
der Aelteſten umterworfen, deren Urtheile unwiderruflich find und ge- 
wiſſenhaft vollzogen werden. Kin jeder Fremder jogar kann in diejen 
drei Zagen feine Klagen gegen einen Angehörigen des Stammes vor- 
bringen umd erhält, wenn fie gegründet find, vollftändige Genug⸗ 
thuung. Jedoch nicht Alles, was bei uns Verbrechen iſt, wird dort 
als ein ſolches erkannt. So würde z. B. die Klage eines Menſchen, 
der von einem Beduinen auf der Yandftrage gemiphandelt oder beraubt 
worden ijt, oder deffen Bruder von demjelben gemordet wurde, für 
den Fall zurückgewieſen werden, wenn er oder fein Bruder nicht zu 
der Jeit unter dem Schuße des Stammes geftanden haben. Da- 
hingegen wird Berrath am Stamme mit dem Tode beftraft und 
diebſtahl von Gegenſtänden, welche einem „Stammesgenoſſen“ 
oder einem „Schützling des Stammes“ gehören, Ermordung 
eines „Schützlings“ und Veruntreuung zum Transport anvertrauter 
Segenjtände mit „Ausftoren aus dem Stamme“ geahndet. 

Das „Ausſtoßen aus dem Stamme“ iſt eine fehr harte 
Strafe und gleicht dem „Bann“ und der „Acht“ des Mittelalters. 
Denn nicht nur, daß der Ausgeftopene von feinem andern Stamme 
aufgenommen wird und er aller jeinerv Rechte verluftig it, werden 
ihm auch Jeine Weiber, Kinder, Heerden, Waffen u. f. w. genonmmen. 

Mährend der „drei Tage‘, welche der Bollftredung des Ur: 
theils folgen, ijt der Verurtheilte unantaftbar und Niemand darf ihm 
nahgehen, um die Zufluchtsjtätte zu erfahren, welche ev erwählt hat. 
St aber diefe Frift verfloffen, fo hat jeder Stammesgenoſſe das Recht, 
ihn wie ein wildes Thier zu verfolgen und zu tödten. — Solden 

4% " 


52 Wädiy Fuwa (Dirbe). 


Unglüdlichen bleibt dann nichts anderes übrig, als die unmwirthbarfi 
Gebirge aufzufuchen, wo fie gewöhnlid) andere „Baumwäg“ 2°) d. 
„Treuloſe“ (denn jo nennt man diefe Berbannten oder G 
ächteten) antreffen und dort ordentliche „Räuberbanden“ bildı 
die um fo gefährlicher find, als ſie aller herfümmlichen Gejege t 
Ehre entbunden, ihre angeftammte Raubgier und Mordluft rückſicht 
108 befriedigen können. 

Das Dorf Fuwa liegt am linken Ufer des Wädiy Fuwa, 
deffen ehr breiten Bett der fruchtbare Humus mit vielem Fleiß ca 
tivirt ift. Dattelpalmen fah ic) dagegen nur wenige. Wie man n 
berichtete, war der Wädiy früher mit einem dichten Dattelpalme 
walde bededt, welcher aber vor etwa 10 Jahren, während ein 
Krieges mit benachbarten Stämmen, namentlich dem Stamme ? 
Chämiye, von demfelben umgehauen wurde. Dem Dorfe gegenüt 
auf der rechten Seite des Wädiy jtehen einige verfallene Wad 
thürme, welche im chenerwähnten Kriege zerftört wurden. 

Dberhalb des Gebirges führt der Wädiy Fuwa den Nam 
Dirbe 27), in welchem mir folgende Ortfchaften genannt wurde 
„Dobba 2%), El Irme, Baydha, Dirbet-Tahwe, Biyr Bü Rät 
Adyd, Kelbub, El Modayne und El Dära”. Eine Stunde oberhi 





Waͤdiy Omm Bahya. — Makalla. 53 


alle Vegetation, denn nur hier und da ragten einige „Tamarisken“ 
(Tamarix orientalis, bei den Arabern Athl genannt), und „Dom— 
palmen“ (Hiyphaene crinita) aus dem Flugfande hervor. Die 
„Dompalme‘ hat fächerartige Blätter und zeichnet fi) vor den 
übrigen Palmenarten dadurd) aus, daß fi ihr Stamm in mehrere 
Aeſte theilt. Die braunen Früchte fißen traubenförmig zufammen 
und find von der Größe und Geftalt einer großen Kartoffel. Das 
Fleiſch dieſer Frucht ift faferig und widerlich füß umd der Kern von 
angerordentlicher Härte, weshalb man allerlei Sächelchen aus ihm 
verfertigt, Perlen zu Rofenfränzen, Knöpfe u. dergl. m. 

Cine Stunde nah unſerm Aufbruche betraten wir das Bett des 
Bin Omm Bände 3%), welches wir bis and Meer verfolgten, in 
defien unmittelbarer Nähe wir bis Mafalla blieben. Cin und eine 
halbe Stunde Wegs bradte uns an den Wädiy Wo'ayka 31), welcher 
ald Harer, reikender Bach ins Meer ftrömte. Jedoch hält diefer 
din nicht immer Waſſer, jondern nur nad) einem im Gebirge fur; 
vorher gefallenen Regen. 

Heid) hinter dieſem Waͤdiy tritt ein Ausläufer des Dſchebel Agay- 
bere bis anf 300 Schritt vom Meere vor; längs welchem wir nad) 
, Stunde an die Mündung des Wädiy bä Darraynı gelangten, 
welcher ſich zwiſchen dieſem Vorgebirge und Dfchebel el Tara norb- 
weſtlich zieht. Dichebel el Dara überragt die Stadt Mafalla, welche 
hd, vom Waͤdiy aus geſehen, jehr hübſch ausnimmt und an die 
denetianiſchen Städte des Orients erinnert. 

Um 6 Uhr langte ich in Makalla an, wo id in Folge des 
Enpfehlungsſchreibens des Schaych Mohammed el Bü Harr von dem 
daufmann "Abd Allah Ahmed ibn ba Waͤhil gaftfrei aufgenommen 
wurde. Die Schilderung, welche er mir von den Beduinen machte, 
var freilich nicht geeignet zur Reife ins Innere aufzumuntern. Mein 
Entihlup aber war gefaßt umd ich bat ihn daher, mir fr den fol- 
genden Tag einen Dachayl ??) (Geleitsmann, Beſchützer), nebft Ka— 
mel zur Reife nad) dem Wadiyn„Do'än“ zu verfchaffen. Da ich 
befürchtete, vielleicht in der Stadt als Europäer erkannt zu werden, 


54 Makalla. 


fo unterdrüctte ich den Wunſch, dieſelbe zu beſehen und blieb den 
ganzen folgenden Tag „zu Haufe”. 

Die Temperatur ftand bei Sonnenuntergang 25‘. Am 25. mit 
Sonnenaufgang 20°, um Mittag auf der Terrafje des Haufes 30 
bei Sonnenuntergang 25° R. *) bei wolfenlofem Himmel und Süd 
weftwinde. 


*) Hier und für die Folge allemal im freien Schatten nad Reaumux 





— 


Zweites Kapitel. 


Bon Malalla nad) dem Dichebel Tſahura. 


..r re r0er 


Ihreije von Makalla. — Bü Darrayı. — Wädiy Omm Dſchirdſche. — Das 
Lori Harr Schiwäts. — Hafiye. — Falh eff Stifte. — Wädiy Mahniye. — 
zedih min Allah. — Die Area. — Dſchebel Bi Bihae. — Der Engpafi Lay- 
Idät. —"Agaba el Mahniye. — Dſchebel Harf el Hagyg. — Dicjebel el Iſdme. — 
dur. — Mifine. — El Dada. — City. — Dſchebel Gidära. — Waͤdiy 
Nontiſch. — Dſchebel Rode. — Dſchebel Mobarek. — Dſchebel Tſahura. 


25. Juni. Am 25. Juni brachte mir mein Wirth einen Be- 
hrinen des Stammes Agaybere und ſchloß mit demfelben einen Eon- 
Kat, zufolge deſſen er ſich verpflichtete, mic) gegen Empfang einer 
mögigen Summe nad) Choraybe im Wädiy „‚Do’än’ zu bringen und 
mich während diefer Reife gegen Jedermann zu befhügen. — Die 
Ueergabe eines Fremden in den Schuß eines Beduinen ift hier mit 
mem eigenthümlichen Ceremoniel verbunden, welches in Yemen und 
dan nördlichen Arabien nicht beobachtet wird. Nach Abſchluß des 
Contracts nämlich legte mein Wirth die Hand des Beduinen in die 
meinige und frug ihn, „ob er mid und meine Habe während 
da Reife befhügen wolle?” Auf fein gegebenes „Ja“ benetzte 
der Kaufmann feinen Zeigefinger mit dem Speichel und fehrieb meinen 
Kamen auf die Stirn des VBeduinen, indem er fprad: „Der Name 
diefes Fremden fteht auf deiner Stirn geſchrieben, Aqay— 
bere, daß fie ſich nie mehr bor deinem Stamm erhebe, 
wenn ihm etwas zu Leide gefchieht!‘ — Der Beduine erwiderte 


56 Der Dadayl. 


mit großer Lebhaftigfeit: „Sie erhebe fi nie mehr, weder 
den Städten, nod in den Gebirgen! Mein Tod ift fein To 
Und fein Tod der meinige! Es ift nur ein GOtt und Mı 
hammed ift fein Gejandter. Alles fommt von ihm! 

Hiermit endigte die Ceremonie, und mein Wirth verficherte m 
fpäter, daß id) nun dem Beduinen volles Zutrauen ſchenken könne. 

Die Vorbereitungen zur Reife waren bald, und dem Willen mein 
Beduinen gemäß, gemacht. Nach Wunſch wurden ihm einige Dirk 
(kleine lederne Schläuche) gefauft, um Mehl, Datteln, Butter, Inge 
und einige Stüde getrodneter Haifiſchfinnen hinein zu paden. Nad 
dem alles Nöthige angefchafft war, padte ich meine Cffecten zu 
fammen und übergab fie meinem Führer, der fic nad) feinem Yageı 
plage außerhalb der Stadt brachte. 

Nach dem Nacmittagsgebete Famen mehrere Freunde des Wirtht 
um mid zu fehen. Die Unterhaltung bewegte fih um meine Neil 
in das Innere des Landes, und Alle bemühten ſich, mic zu über 
zeugen, daß diefe Reife für einen Fremden lebensgefährlich jei. Die 
zu beweifen, erzählten fie mir eine Menge Räuber- und Mort 
geſchichten. Sie fhilderten mir überdies die Beduinen als Menſche 
ohne alle Religion, ftets nad) Mord und Raub Lüftern, und die übe 


Das Lager der Agaybere. 57 


jenen Herten in Etwas zu begegnen, forderte ev mich auf, ihm ine 
Yoger zu folgen, da die Thore während der Nadıt geſchloſſen und 
wir noch vor Tagesanbruch aufbrechen würden. 

Bei meiner Ankunft im Bivouak fand ich noch 15 Ztammıes- 
gmojjen meines „Dachayl“ um ein Feuer gelagert, um welches die 
Boarenballen und 20 Kameele einen Kreis bildeten. Die Beduinen 
fanden auf und fetten fich nicht eher wieder, ale bis id im Kreiſe 
herumgegangen, Jedem die Hand gegeben und mid) nad) feinen Be: 
Anden erkundigt hatte. Nachdem auch mic ein Jeder nad) meinem 
Zefinden gefragt, feßten wir uns nieder. Einer der Geſellſchaft be: 
titete den Kaffee und reichte das für die Pfeife nöthige Feuer, 
welhe von Zeit zu Zeit die Runde ntachte. 

Die Beduinen, wie alle Araber, halten viel auf Begrüßungen, 
find unerfchöpflich in ihnen umd laſſen nicht leicht fich in diefer Be: 
zehung eine Nachläfjigkeit zu Schulden kommen. And iſt es für 
einem Reifenden fchr wichtig — ob er begrüßt wird oder nicht, denn 


er kann gewiß fein, daß der Beduine, welcher ihn nicht grüßt, etwas 


feindjefiges gegen ihm im Schilde führt. 
Der Abend verging unter Geſprächen aller Art. Ich mußte ihnen 
von Mohammed Alyy, dem Zultan der Beny Ottoman, vom Zweck 


‚ Meiner Reife u. |. w. evzählen, fie dagegen waren fo erpicht auf alle 


diefe Neuigkeiten, daR ich auch nicht eine einzige Frage anbringen 
tote. Wenn man diefe Menſchen zum erſten Male ficht, Flören fie 
freilich wenig Zutrauen ein. Man denke fich dunfelbraune, nervige 
8erle, deren ganze Kleidung ans einem Schurz um die Hüften befteht, 
der kaum bis zu den Knien herabreiht, und deren langes, ſchwarzes, 
etwas gefräujeltes Haupthaar zu einem Büſchel am Binterfopfe zu: 
ſemmengebunden ift. Gin fpärlicher Bart befchattet das Kinn, wäh 

tend der Schnurrbart forgfältig gefchoren iſt — dem in Hadhra. 
maut wird ein Menfch, der einen Schnurrbart trägt, „Makruh“, 
di. „als ein unanftändiger Menſch“, vermieden. — Unter ihren 
iufchigen Brauen blitt ein fenriges Augenpaar, deſſen nächſte Unt- 
webung durch den Gebrauch des Kohls (äuferliches Augenmittel, Eol- 


58 Rechtsanſchauungen der Beduinen. 


lyrium von gepulvertem Antimonium) eine dunkle, ſtahlblaue Fa 
erlangt hat. Endlich ſpielt um den feinen, mit perlenweißen Zähı 
beſetzten Mund cin Zug, welder die Verachtung ausſpricht, ı 
welcher dieje wilden Söhne der Wüſte auf Alle herabbfiden, die ni 
wie fie, frei wie das Raubthier ihrer Gebirge umberfchweifen. | 
ihrem Gürtel bfigt die Dſchembiye (Dolch) in der Nachbarſchaft ein 
großen blanfen Pulverhornes — ein kleineres, worin feingerieben 
Pulver für die Pfanne enthalten ift, hängt an einem mit Meta 
fnöpfen befegten Riemen über die linfe Schulter auf der recht 
Bruft, — fortwährend liegt die unzertrennfiche Begleiterin, die Lunte 
flinte, in Bereitſchaft, um entweder einem Angriff zu begegnen od 
bei günftiger Gelegenheit felbft einen joldhen auszuführen. Je läng 
man mit ihnen umgeht, um jo williger ſöhnt man ſich mit ihre 
wilden Aeußern aus. Zitten und Gebräuche, durch die Länge di 
Beſtehens geheiligt, bannen ihre Raub: und Mordluſt im enge 
Schranten, und geben ihrer Handlungsweije einen ritterlichen Anſtri 
der feltfam mit ihrem fonftigen Thun und Yafjen contraftirt. Spi 
3.8. dem Beduinen jein gegebenes Wort heilig, nicht etwa as 
religiös - moralifchen Gründen, o nein! — fondern weil ihm fein Batı 
diefen Grundſatz eingeprägt hat; weil der Wortbrühige vom ganyı 





8 


Gebrauch des Kohl. 59 


ufgeſtellt werden kann, ſo iſt er mir, bei aller ſeiner anerkannten 
taub» und Mordluſt, dennoch licher, als der ränkevolle, fanatiſche 
ad allen Yaftern ergebene Städtebewohner. 

Noch ift die Art und Weiſe, es fih beim Zigen bequem zu 
aden, zu erwähnen. Die feift eben jo zweckmäßig, als originell und 
eines Wiſſens in feinem andern Yande gebräudlid. In feinem 
yauje befinden ſich nämlich Kiffen, an die man jic lehnen könnte, und 
e Beduinen fennen folche Yurusartifel um fo weniger. Da nun das 
gen mit kreuzweis unterichlagenen Beinen bald ermüdet, jo fchlingen 
e das zweite lange Tuch, weldyes jeder Beduine bei ſich führt oder 
ıh das Gehänge des Heinen Pulverhorns dergeftalt um die Mitte 
$ Körpers und um die Kniee, daR es gleichſam einen Neif bildet, 
ı welhern jih Rüden und Kniee gegenſeitig unterftügen. 

Der Gebrauch des Kohle oder Antimonpiulvers, als ein Mittel 
e Ränder der Augenlider zu färben und ſie dadurd) größer er- 
deinen zu laſſen, iſt in Aegypten, Syrien und ganz Arabien all- 
mein und jtammmt aus dem Altertum. Als die erite Berfon, weldye 
ieſes Kollyrium gebrauchte, nennen die arabiichen Sefchichtsfchreiber ein 
feib aus dem Stamme Dſchiçäl, Namens: „Zora °?) el Yemäma’ 
nd behaupten von ihr: „ſie habe in Kolge der Amvendung diejes 
ohls cin fo ſcharfes Geſicht erlangt, daf fie die Arııce des himya— 
iben Königs Haſſan ct Tobba‘, welcher gegen ihren Stamm zu Felde 
9, in einer Entfernung von drei Tagereiſen entdedt habe. Sie 
de jedoch vom Feinde gefangen, und nachdem König Haſſan ihr 
ie Augen habe ausreißen laſſen, habe man alle innern Fibern der 
lugen ſchwarz gefärbt gefunden.“ — Wahrſcheinlich hat dieſe Fabel 
ar Verbreitung dieſes Gebrauchs beigetragen. Genug, daß alle Ein— 
eborenen, ohne Ausnahme des Alters, Geſchlechts oder Standes den 
hl anwenden, um die Augen zu ftärfen und fie größer erfcheinen 
a laſſen. 

Am 26. Juni, 22 Uhr Morgens in der Frühe brachen wir 
“und zogen nordiwärts den MWadiy ba Darrayı ®*) hinauf. Es 
he dieſer Wädiy jeinen Namen von einen Dorfe befommen, das 


so Dorf Harı Schiwaͤts. 


mir, nachdem wir eine Stunde Wegs zurückgelegt, in einer mit Dattel 
und Cocospalmen bededten Schlucht, links liegen ließen. Es gehört 
dem Sultan von Mafalla und mag ungefähr 400 Einwohner zähle. 
Bon diefen Orte an wird die Richtung des Weges Nordoft, 15° OR 
und führt durd einen Engpaß, welcher ſich 1%, Stunden fang bis 
zum Wädiy Omm Dſchirdſche 3°) hinzieht und an deffen Ausgang ein 
Dattelgebüfh, Eſſ Sfitt genannt, am Fuße des Dfchebel Fath edh 
Dhayq ?°) liegt. 

Um %,5 Uhr lagerten wir uns in einem ſchönen Palmenwalk, 
am Fuße eines nicdern Ausläufers des Gebirges, auf welchen 
das Dorf Harr⸗ Schiwats 7) liegt. Auf der andern Seite des Ge: 
hölzes befanden ſich auf einem Hügel einige verfallene Wohnungen 
und Wachtthürme. Das Dorf beftcht aus gut gebauten, zweiſtöcigen 
Häufern und zählt ungefähr 400 Einwohner, welde dem Stamme 
Aqaybere angehören. Unter den Cocos- und Dattelpalmen befanden 
ſich nut angebaute Getreide- und Tabaksfelder, welche durch ein 
warme Quelle bewäffert wurden, die am füdöftlichen Abhange des 
Dſchebel Fath edh Dhayq entfpringt. Die Bewäfferungsfanäfe, welht 
qu den verſchiedenen Abtheilungen der Felder führen, find mit großet 
Umſlcht angelegt. 





Lagerſitten. Feldbau. 61 


7 Mehl, indem er zwei Hände voll für cin Brod rechnet. 
wird in einem hölzernen Napf mit Wafjer zu einem Teig 
ann zu zwei Singer diden, 6 Zoll im Durchmefjer haltenden 
ıetet und auf den ausgebreiteten Holzfohlen gebaden. Ge- 
ad diefe Brode an ihrer Außenjeite verbrannt, während fie 
nnern noch nicht gar jind. — Einige getrodnete Datteln, 
Butter oder Seſamöl und dann und wann ein Stüd auf 
geröftete lederzähe Haifiſchfinnen — find die Zuthaten; 
3 einzige Getränf. 
gli) wurde e8 mir freilid) etwas ſchwer, mic) in dieſe 
zu finden, und oft genug jehnte ic) mid) nad) den Fleiſch⸗ 
hptens zurüd. — Jedoch woran kann man jich nicht Alles 
Nach wenigen Tagen jchmedten und befanıen mir alle dieje 
trefflih; wozu dem die gefunde Gebirgsluft, das vorzüg- 
: und die fortwährende Bewegung beigetragen haben mögen. 
ih von Harr Schiwaͤts ſteigt der Aqaybere auf, von 
t Nordweiten zwei Zweige, die Dſchebel Lahäb?8) und 
Dhayq ausgehen; niedrige Hügel tertiären Kalks nchmen 
bis zum Meere ein, dejfen Brandung deutlich) zu hören 
selder waren in Bierede von etwa 50 Fuß vänge 
uß Breite getheilt, weile mit 2 Fuß breiten umd 
hen Erdaufwürfen umgeben waren, in denen Rinnen 
| des Waſſers eingegraben find. Dieſe Weife, die Felder 
und zu bewäljern, ijt auch in Acgypten gäng und gübe. 
) war mit Durra (Holcus sorghum), Dochn (Holcus 
"orskäl), Seſam (Sesamum orientale) und Tabak bebaut. 
der Abtheilungen wuchſen Ricinusſträuche. Längs der 
nd am ande des bebauten Feldes jah id) Zamarinden, 
ango) und Araͤkbäume ftchen. Dev Aräfbaun, welcher 
‚ iſt wahrfcheinlich von der Art, welde Welljted „Avi- 
ida“ nennt. Er gewährt einen freundlichen Anblid und 
hat ein lebhaftes Grün. Beim Zerreiben verbreiten jeine 
in aromatischen Duft. | 


02 - Vegetation. 


Der Tamarindenbanm oder richtiger Tamarhind, der im 
difche Dattelbaum, von Tamar, „Dattel” und Hind, „Indien“ 
ift einer der prächtigften Bäume, die ich je gejehen habe, ſowie feine 
Frucht eine der gefundeften und erfrifchendften, welche die tropifce 
Zone aufzuweiſen hat. Unter dem dichten Yaubdache eines diefer 
Bäume hatten wir uns gelagert, jedoch waren leider die tranbens 
artigen Früchte noch nicht reif. 

Im fandigen Bette des Wädiy wuchfen auc zwei Arten vom 
Tamarisfen, nämlich die Tarfä (Tamarix gallica) und Athl (Ta 
marix orientalis); zwei Arten von Afazien, nämlich Seyal (Mimose 
Sejal, Forsk. Flor. pag. 177) und El Goff (Acacia arabica); 
beide geben Gummi, die Iettere jedoch das befte. 

Ferner fah ich den „Nebefbaum“ (Lotus nebeca oder nad 
Forskäl Flor. pag. 63 Rhamnus nebecae), die Dompalme (Hy- 
phaene erinita); eine Fäderpalme, mit deren „Fächern“ („Taf“) 
man die Hütten det, ımd eine Giftpflanze Namens „EL Oſcht“ 
(Asclepias procera), welde hier eine Höhe von 10 Fuß erreid. 
Den Stamm diefer Pflanze fah ich hier von der Dice eines Diannes 
und etwa 3 Fuß hoch, und es ſind nur die Zweige, welche 10 Fuß 
HObhe erreichen. Das Holz ift fehr weiß, weich und feidht, weshal⸗ 








Wadiy Hotſiye. Falh eſſ Sfifte. 63 


rafien längs der Schlucht und mehrere 100 Fuß hoch oberhalb des 
Torfes erheben; diefe geben der Lage diejes Ortes etwas Malerifches, 
wihes mit den nadten Felſen des Gebirges wohlthuend contrajtirt. 

Um 3 Uhr fah ich rechts vom Wege in der Entfernung von 
4 Stunde das Dorf Dhyq cdh Dhyäg >) unter Palmen liegen, 
wehe duch den Wädiy „Raͤye“ bewäljert werden. "/, Stunde 
ipiter überftiegen wir in der Richtung Süd 34’ Weit einen niedern 
deſſenlamm, welcher fich nach Weften noch in weiter Eutfernung be- 
merlbar macht und von welchem ich eine ſchöne Ausjicht in den ſich 
u mjerer Rechten hinziehenden Wadiy Hotfine*) genoß. Bon grünen 
Saatfeldern umgeben, vagten dort aus einer Gruppe hoher Palmen 
de Minarets der Stadt „Falh eſſ Sfifle‘ *') hervor, deren Ein: 
wohner, etwa 1000 an der Zahl, ſich mit Aderbau und der Be— 
rätıng des Indigo beichäftigen. Der Weg über diefe Hügel war, 
der ſcharfen Felſenzacken halber, mit denen er gleichjam befäet iſt, 
ihr ſchwierig, befonders, da das dunkle Seftein der Grauwacke, aus 
der jie beitehen, einen ſolchen Grad der Hitze erlangt hatte, daR id) 
meine Hand nicht darauf halten konnte. Um jo mehr wunderte ich 
mich über die Fußjohlen der Beduinen, welche barfuß mit der Be: 
iendigkeit einer Gazelle über diefe Feljenzaden hinwegliefen. Obgleich 
Ne Alle mit Sandalen verfchen jind, fo bedienen fie ſich derfelben 
ht einmal gegen die Dite des Sandes oder Bodens, jondern man 
Neht ſie nur an ihren Gewehren hängen, und nur, wenn fie im Dickicht 
drennholz oder Futter für ihre Kameele Holen, bedienen ſie ſich der- 
ſelben. 

Zu meiner großen Zufriedenheit ſtiegen wir ſchon nach 20 Mi— 
en zum Waͤdiy, Mahniye“ 2) nieder, welcher ſich bei der Stadt 
dalh eff Sſifle mit dem Mädiy „Hotſiye“ vereinigt. Che wir das 
tigentliche Bett des Wädin betraten, kamen wir an zwei Heinen Feldern 
berüber, auf welchen Tabaf angepflanzt war, welcher von Platanen 
iberſchattet wurde. Bei jeden diefer Felder befindet ſich ein vier- 
ecüges gemauertes Waſſerbecken, im welches fich eine warme Duelle 
nieht, welche beide etwa 100 Fuß oberhalb derfelben vom Abhange 


“4 Wädiy Mahniye. 


des bier fteil abfallenden Gebirges der Sraumade entipringen. Das 
Waſſer diefer Tuellen hatte einen Wärmegrad von 50° R. und war, 
wenn abgekühlt, von jehr angenchmem Weſchmack. 

Ss Wadiy Mahniye angelangt, verfolgten wir denſelben auf⸗ 
wärte, in der Richtung Nord, 40 Wet, welche wir, einige wenige 
Wendungen abgerechnet, bis zum Abend beibehielten. Kurz vor 6 Uhr 
lagerten wir in einer Stelle des Wädiy, welche Fedſch-min-Allah +) 
genannt wird und wo nad) der Menge der Lagerplätze zu urtheilen, 
welche ſich daſelbſt befinden, die Däfila (Narawanen) gewöhnlich ihr 
Nachtlager aufzuſchlagen pflegen. 

Von Harr Schiwaͤts bis zum vorerwähnten Felſenkamm führt 
der Wen Über tertiären Kalk, welcher eine ſchwach ondulirende Ebene 
vildet, die ſich nach Südoſten allmählich abdacht. Wadiy Mahnie 
teabjt iſt mit Sand und Kieſeln bedeckt und mit verſchiedenen ſtachligen 
Sirauchen und Bäumen beſetzt, mit den Mimoſengeſchlechtern: El 
weil, Seyal, Semur (Acaeia vera, nad) Forsk. Flor. CXXIU, 
tag: 176 Mimosa unguis cati) und mit einer reichlichen Anzahl 

Kevetdänmen. Eine Menge Schlingpflanzen durchziehen dieje Ge 
wär ort jo, daß fie ein undurchdringliches Dieficht bilden. 

Sur und da ſah id) ganze Streden des Bodens mit Coloquinten 


„.—- — 


Neugierde und Geſchwätzigkeit der Beduinen. 65 


ich zwiſchen Heinen GSebirgsfegeln, die in fchroffen Wänden abfalfen. 


Tiefe dent Hauptgebirgsftode vorliegenden Höhen beftehen aus Grau: 
wade, welche auf ihrer Oberfläche röthlihbraun gefärbt, wie polirt 
glänzend und beinahe ſchwarz ericheint. Adern eines fehr feinkörnigen 
Sranits durchſchwärmen fie nad) allen Richtungen. Diefer Granit 
geht da, wo er mit dem Hauptgeftein in Berührung kommt, in 
perphprartigen Syenit über. Die Graumwade zeigt ſich jehr deutlich 
geihichtet und ihre Schichten fallen unter einem Winkel von 47° ab. 
Gleich nad) der Ankunft in der Däfila (Karawane) auf irgend 
mem Ruheplat werden die Kameele abgeladen, ihre Vorderfüße 
gefeſſelt und ihnen die Freiheit gelaffen, ihr Zutter zu fuchen. Bei 
Anbruch der Nacht werden die Waarenballen un den Lagerplat herum: 
gelagert, desgleichen die Kamecle, doch jo, daß ihre Köpfe nad) der 
Außenſeite gerichtet find. Denn da diefe Thiere im Dunkeln ziemlich 
gut fehen und außerordentlich fcheu find, fo verrathen fie durd) ihre 
Unruhe die Annäherung eines fremden Mienfchen oder wilden Thieres. 
Der Abend wurde von den Beduinen mit wenig interefjanten 
Geiprächen zugebracht, die fi) meift um ihre häuslichen Angelegen- 
hiten drehten. Unjtreitig find die Beduinen das neugierigfte und 
geſchwätzigſte Volt der Erde. — Leber alle meine Angelegenheiten 
wollten jic Auskunft haben. Hatte ic) dem einen diefer unermüd— 
lichen Frager jo viel beantwortet, als ih für gut fand, ihm mit- 
zutheilen, jo wiederhofte ein Zweiter, obwohl er Alles mit angehört 
hatte, cben diefelben Fragen. War aud) diefer befriedigt, fo wollte 
en Dritter und Vierter Alles noch einmal und Alles von vorn wieder 
hören. — Gab ic) damı, der unaufhörlicdyen Fragen müde, feine Ant- 
wort mehr, fo beruhigte fie mein Dadayl in der Regel mit den 
Vorten: „Laßt ihn in Ruhe, fein Herz ift [hwarz, denn er 
it müde!” — Nach diefem wagte dann Niemand eine Trage mehr 
an mid) zu richten. — Dahingegen find die Beduinen and) ebenjo ge- 
hwägig in ihren Mittheilungen, wenn man nämlid) die Fragen dem 
augenblicklichen Geſpräche anpaßt. Sowie man aber ohne weitere 
Einleitung nad) diefem oder jenem Stamme der nad) der Stärke 
A. v. Wrrde’s Heife in Babhramaut. 5 


66 Engpaß Laylebät. Die Ardabäume. 


des ihrigen fragt, ftugen fie gleich, werfen einander fragende Blick 
zu und geben entweder gar feine oder eine faljche Antwort. 

Bevor fie ſich zur Ruhe begeben, machen eirfige derfelben eime 
Runde in der Umgebung des Lagers, um ſich zu überzeugen, baf kein : 
Feind in der Nähe des Bivouaks fei. Ciner oder zwei von ihnen 
halten fortwährend Wache und unterhalten das Feuer. 

Mit Sonnenuntergang ftand das Thermometer auf 30° R. bei 
ſchwachem Nordweſtwinde. 

27. Juni. Am 27. Juni früh Morgens 4 Uhr verließen wir 
unfer Nachtlager und zogen den Wädiy in ber Richtung Nord, 
40° Weſt Hinan. Kurz vor 5 Uhr lag zu unferer Linken ber Hohe 
Berglegel Dichebel Wäffib 7) und um 6 Uhr famen wir an dem nicht 
minder hohen, ebenfalls zur Linken des Weges fich erhebenden „Dice 
bel Hanbare”*) vorüber. Bon hier an wird ber Weg immer 
ſchwieriger, indem er ſich durch dichte, dornige Gebüfche wendet und 
mit großen Rollfteinen bededt ift. Quellen fehlten ganz. Denmm: 
geachtet litten wir feinen Mangel an Waffer, da man mur ein zwei 
Fuß tiefes Loch in den Sand zu graben brauchte, um ſich das herr 
lichſte Waſſer zu verſchaffen. Um 7 Uhr famen wir an eine Stelle, 
wo fid) das bisher 300 Fuß breite Thal plöglich fo verengte, daß 


Beifpiellofe Hitze. Aqaba el Mahniye. 67 


Imten verfertigen. Die Blätter haben die Form einer Yanzette, find 
gegen zwei Zoll lang, einen halben Zoll breit und von lebhaftem Grün. 
Bie es fcheint, ift die Arda auch in Abyffinien zu Haufe, denn Salt 
beireibt in feiner zweiten Reife nad Abpffinien einen ähn- 
liche Baum und verfichert, daß die Einwohner aus der Winde 
deſſelben die Lunten verfertigen.. Er fand ihn auf feinen Wege von 
Schelitut nad) dem Tacafje, bei dem Dorfe Schela, deffen Be- 
wohner ihn „Schekumt“ nennen. Nie habe ich mehr die Wohlthat 
eines dichten Schattens empfunden, als an diefem Tage, an welchem 
eine Hitze herrfchte, die Alles überftieg, was ich je in diefer Be⸗ 
Hebung erlebte. Kein Lüftchen regte ſich; keine Wolke milderte die 
Birting der ſenkrecht herabſchießenden Sonnenftrahlen, welche vom 
dunklen glatten Geftein abpraliend die Temperatur der Atmofphäre 
dermaßen fteigerte, daß der Thermometer zu Dlittag 46° R. im 
Schatten zeigte. Am Morgen ftand er bei ſchwachem Südoftwinde 
md wolfenlofem Himmel 26° R. 

Trotz diejer außerordentlichen Hiße fingen die Beduinen an, 
gleich nach Mittag in der Gluth der heißen Nachmittagsftunden ihre 
Lameele zu beladen, und ohne auf meine Einwendungen zu hören, 
ſetten fie fi) um Y,1 Uhr in Bewegung und verfolgten thalaufwärts 
die Richtung Weit, 30’ Nord. Zwanzig Minuten nad) 1 Uhr be- 
jmden wir uns zwifchen den beiden Bergfuppen Harf cl Hacy⸗ und 
Inaba ei Mahniye, von denen die cine rechts, die andere links vom 
Vege aufiteigt. Der Wädiy ift auf diefen beiden Wegen mit enormen 
delsblöcten angefüllt, zwifchen denen dorniges Geftrüppe wächſt. Links 
Öfnet fi am Buße der "Agaba el Mahniye (d. i. Auffticg des Mah— 
rihe) ein breites tief eingejchnittenes Thal, der Wädiy „El Idme“. 

Der Weg findet ſich dem fteilen Aqaba cl Mahniye hinan, 
diem Gipfel wir um 3 Uhr erreictten. 
| Die Graumade ijt hier von einem 50 Fuß mächtigen Kalkſtein 
überlagert, welcher eine Ebene bildet, die unter einem Winkel von 
WM nach Welten einfällt. Die weiße Farbe diefes Gefteins, fein 
Umiges kryſtalliniſches Gefüge, fowie die darin enthaltenen, Iparjam 

. 5* 


68 Das Gebirge des Dſchebel Agaybere. 


zerftreuten, höchſt undeutlichen organijchen Reſte, lafjen mich es als 
Sura- Dolomit- Kalt bezeichnen. Spalten durchſchneiden es in rechten 
Winkeln und theilen diefen Kalk in große Platten, welche der Ebene 
das Anſehen geben, ale fei fie mit Marmor gepflaftert. 

Man jah es den Kamcelen an dem ungleihen und ſchwankenden 
Gange an, daß das Beſteigen diejes Berges fie fehr angegriffen 
Hatte. Wir zogen daher noch eine halbe Stunde weſtlich, wandten 
uns dann nad) Norden und fehlugen Y,4 Uhr unfer Nachtlager in 
dem Wädiy cl Ahliye auf, welder 60 Fuß unter der Ebene Liegt. 

Südlich von unferm Lager lagen zwei Hauptfuppen des Dſchebel 
Agaybere, die Dichebel Bi Byhae und cl Idme. Obwohl eine ım 
gefähre Schägung dem Irrthume unterworfen ift, fo meine ich doch 
nicht bedeutend von der Wirklichkeit abzuweichen, wenn id) die Höße 
diefer Gipfel zu „5000 Fuß über der Meeresfläche“ ſchätze. Im 
Norden ragt der Dſchebel el Ahliye empor, der aber höchſtens eine 
abfolute Höhe von 4000 Fuß haben mag. 

Bon Fedſch min Allah bie Hicher fah ic) beftändig die geftern be⸗ 
fchriebene Grauwade. Der Hauptgebirgsftod des Dſchebel Agaybere 
erhebt fi in mehrern durch Eattelvertiefungen getrennten Suppen, 
welche ſich nach Nordweften mit fanfter Böfhung verflahen, in Süd- 


Waͤdiy Lachme. Wädiy Dhayff. 69 


der berühmte „Mekkabalſam“ gewonnen wird, und der nad) Roth 
„Balsamodendrum Opobalsamum“, nad) Forstäl „Amyris“ 
md von den Arabern „Biſchäͤm“ genannt wird. | 

Diefem befchwerdevollen, mühjamen Tag folgte eine fühle, er- 
quickliche Nacht, die fehr von der Schwüle der vorigen abſtach. ‘Der 
Thermometer ftand am Abend 20° Rt: bei Schwachen Nordwinde umd 
wollenlofem Himmel. | 

28. Juni. Am 28. früh um 7/6 Uhr verliehen wir den Waͤdiy 
und fchlugen auf der Ebene die Richtung nach Weften ein, in weldyer 
wir nad einer halben Stunde den Fuß eines 100 Fuß hohen Felfen- 
janmes, Dſchebel Fathe Walyma *) genannt, erreichten. Dieſer 
Felſengurt zieht ſich quer über die Ebene von Norden nad Süden 
md bildet, indem er die Dſchebel el Idme °%) und el Ahliye ver- 
bindet, die Waſſerſcheide zwiſchen dem obern Theile des Waͤdiy Mahniye 
und dem Waͤdiy el Hotſiye. 

Nachdem wir diefen Felſenkamm überftiegen hatten, Famen wir 
af eine der vorigen ganz ähnliche Ebene, welche hier mit losgeriffenen 
Selsblöden des füdlichen Gebirgszuges, dem wir uns jett gemähert 
hatten, befäet war. Diefe Telsftüde beftanden aus Jura = Dolomit- 
Kalt, lithographiſchem Schiefer und mergelig-ſandigem Kalkftein. 

Um 7 Uhr überfchritten wir den Heinen Wädiy Lachme °Y), der in 
den Waͤdin Hotfiye mündet und wie ein grünes Band durd) die weißen 
Lalkfelſen zieht. An dein Vereinigungspunkte des Waͤdiy Schura 52) 
wit dem Wädiy Dhayff °?) Liegt, von Gärten und Palmengebüfchen 
umgeben, höchſt maleriih das Städtchen Riſche, von weldem der 
Badig Dhayſſ den Namen CI Hotfiye annimmt. Im Waͤdiy Ho- 
ide liegen von Oben nad) Unten die Ortſchaften EI Hotfiy, Me- 
hafja °%), El “Arafa, Foqayde, El Hatja, El Obayd, El "Arab und 
galh eſſ Sſifle. Um 4,8 Uhr lagerten wir unter den laubreichen 
Bäumen des Waͤdiy Schura. 

Die Beduinen berichteten mir, das Dorf Schura, nach welchem 
der Wädiy genannt iſt, läge in geringer Entfernung in einer Schlucht, 
welche fie mir als ein kleines Paradies ſchilderten. Ich ſchloßz mid 


70 Herrliche Lage von Schura. 


daher einigen von ihnen an, welche daſelbſt Bekannte befuchen wollten, 
und erreichte mit ihnen in einer halben Stunde da8 Dorf. Die Be 
duinen hatten nicht übertrieben, denn ſowohl die Lage des Ortes, als 
aud die Fruchtbarkeit feiner Umgebungen übertraf alle meine Er- 
wartung. Schura liegt amphitheatralifh) am Abhange eines Hügels, 
im Hintergrunde eines von himmelanftrebenden Felswänden auf drei 
Seiten umgebenen Thale, welches gegen 4000 Schritt Breite haben 
mag, und mit Gärten bededt ift, die dicht mit Cocos- und Dattel- 
palmen-, Citronen=-, Bananen», Tamarhinden-, Platanen- umd 
Splomoren- Bäumen, an welchen fi) die Rebe hinanmwindet, bededt 
find. Eine ftarke kryſtallllare Quelle, welche aus einer breiten Spalte 
des Dolomits Hervorfprudelt, vertheilt ihr Waſſer in verfchiedene ger 
mauerte Kanäle, welche es nad) den Behäftern leiten, von welden 
in jedem Garten wenigftens einer angelegt ift. Das Dorf felbft mag 
ungefähr 400 Scelen beherbergen, welche dem Stanıme der Agahbere 
angehören. Die Häufer find zwei bis drei Stod hoch und aus Ziegeln 
gebaut, die in der Sonne getrodnet ſind. Die Wände und der Fuß⸗ 
boden des vorſpringenden Theils der Terraſſe find mit Schießlochern 
verfehen. Außerhalb des Orts befinden ſich zwei Wachtthürme, welde 
den Weg zum Dorfe beherrfchen. Ic hatte mich an einem der 





Sumderliche Anſichten der Beduinen. 


von mir bei Borum erinnerten Begriffe. Sie erzählen ſogar in 
dieſer Beziehung Geſchichten, welche ihrer Originaliät halber wohl 
einer Erwähnung verdienen; ich werde hier nur eine derſelben mit⸗ 


theilen. 


Einer meiner Zuhörer, welcher auf die Andern eine Art Autos 
rät ausübte, erzählte mir nämlich, daß der Sultan der Beny Otto- 


man (der Türken) die Königin von England bereits vor langer 


Zeit nach Konftantinopel beordert habe, wo fie zum Islaͤm über- 
getreten fei. Ihre binreißende Schönheit habe den Sultan vermodt, 


fie in feinem Harem aufzunehmen, wo fie ihm bereits fieben Söhne 
geboren habe. 


Roh merfwürdiger find ihre Meinungen über fremde Völker. 
Rah ihnen ift der Kaifer von Rufland ein Herr, ber feine 


gute fieben Ellen mißt und eine Leibwache von 7000 Antropophagen 


beigt, welche an Größe und Körperkraft ihren Herrn noch übertreffen 
md die (wie weiland die Cyklopen) nur ein Auge auf der Stirn tragen. 
Wie man fieht, fpielt hier die mhyjtiishe Zahl „Sieben“ ihre 


| Holle und der Neifende wird erinnert, daß er im Vaterlande 


Nihten erwähnt wird, fucht er hier vergeblich. | 
Der große Komet blieb auch nicht unberührt, und ich) wurde 


Here der Beny Ottoman und Mohammed "Alyy, des Sultans von 
Aeghpten, wie fie ihn betitelten, kommen würden, um die wider- 
Ienftigen Engländer aus Aden zu vertreiben, und daß, wenn dieſes 
tihehen fei, Mohammed "Alyy den ganzen Hadhramaut in Befig 


dedentung des großen Kometen zweifeln. 





der „Zanfend und Einer Nacht” herummandelt; freilih muß er fi) 
mt den Erzählungen begnügen, denn die Herrlichkeit, deren in diefen 


über die Bedeutung deffelben belehrt. Seine Erſcheinung galt näm- 
ih bei den Arabern als ein ficheres Kennzeichen, daß die vereinigten 


men würde, wojelbft dann die Thaler fo häufig werden würden, 
Be der Sand der Wüfte. Ich mußte nun fchon die guten Leute bei 
üter Meinung laffen; denn als orthodorer Moslim durfte ich weder 
m der Macht und Herrlichkeit des türfifchen Sultans, noch an diejer 


72 Eine feltene Euphorbienart. 


Unter diefen intercjfanten Geſprächen war der Mittag , 
herangekommen, weshalb wir den Rückweg zum Lager antraten. Unter 
wegs ficl mir eine Art Euphorbia auf, welche ich nie gefehen Hatte. 
Der Stamm derfelben war 10—12 Fuß hoch, Ferzengerade und vor 
der Stärke eines ſtarken Mannesarmes. Schmirgerade Aefte, welde 
im rechten Winkel vom Stammte abftehen und von denen wieder gerabe 
Zweige im rechten Winkel ausgehen, bilden den Gipfel und bis zur halben 
Höhe des Stammes cine fegelförnige Krone. An den Enden der 
Zweige ftchen die Blätter gleichfalls im rechten Winkel ab und bilden 
einen Kranz, aus deffen Mitte 6—8 drei Zoll lange Stiele hervor 
ragen, von denen jeder eine Beere von der Größe einer Kirſche 
trug, welde in der Zeit, wo id) fie fah, grün waren, der Ausſage 
der Beduinen nad) aber in veifen Zuftande voth find. Die Ylätter 
diefer Euphorbia find ſchwertförmig, von lebhaften Grün, glänzend, 
ſechs Zoll lang und unten einen Zoll breit. Ihr Holz ift weiß, ſchwam⸗ 
mig und im frifchen Zuftande ſchwer umd weich, wird aber, wen 
troden, leicht und ſpröde. Beim Abbrechen cines Zweiges fprikt 
reichlich ein weißlicher Saft Hervpr, welder, wenn er den Augapfel 
berührt, Blindheit verurſacht. Es wächſt diefe Pflanze, melde die 
Araber „Umwär“ nennen, in den Höhen Gebirgsgegenden häufig und 





El Mia Miſſne. 73 


einen Stein, fei er auch noch fo Hein, auf ein Grab legen, indem 
fie glauben, dadurdy zum Begräbniß des darin Ruhenden beigetragen 
iu haben. Gleich hinter diefen Grabe ftiegen wir in den Wädiy 
Dhayfſ hinab, wo wir längs eines langen Dattelpalmenwaldes, welcher 
den nördlichen Rand des Waͤdiy bedeckt, hinzogen. Diefe Strede 
führt den Namen „El Maͤ“ (das Waffer), weil hier auf eine Strede 
von ein Baar hundert Schritten „fließendes Waſſer“ zum Vorſchein 
tommt. — Um 4,4 Uhr langten wir in dem ziemlich bedeutenden 
Orte Miffne an, wo die meijten Beduinen unferer Däfila zu Haufe 
waren. Obgleich man mid) einlud, im dem Dorfe zu übernad)ten, 
10 309 ich doch dic frifche Luft einem dumpfen Zimmer vor, und 
ſchlug mein Nachtquartier unter einer Platane im Waͤdiy auf. 
Mifine ift ein anfehnliher Ort von ungefähr 1000 Einwohnern, 
weihe dem Stamme Agaybere angehören, deſſen Shayd "Abd cl 
We ibn Mohſſin hier wohnt. Im der ziemlich) großen Moſchee, 
welhe fichh aber durch feine architectoniſche Schönheit auszeichnet, ruhen 
die Gebeine eines hochverehrten Heiligen, des Schaych Nedſchd ibn 
Eiaypd ihn Yſſa cl Amud, des Großvaters des wunderthätigen 
Kameeldoctore. Jährlich findet eine Wallfahrt nad) diefem Grabe 
fatt, bei welcher Gelegenheit cin großer Markt abgehalten wird, 
Belher dein Orte einige Nichtigkeit verleiht. — Auf der Südfeite dee 
Küdin, dem Orte gegenüber, find am Abhange des Gchirges Gärten 
af fünftlichen Terraſſen angelegt, die fich bie zum Höhe von 200 Fuß 
über den Boden des Thals erſtrecken; jie liefern Cocosnüſſe, Datteln, 
VBenanen, Aprikofen, Amba oder Mango, Weintrauben, Durra, 
Tohn, Bohnen, Kürbis, Sefam, Waizen, Tabaf, Baumwolle :c. 
Oberhalb diefer Anlagen entjpringt der Grauwacke eine ftarfe 
Ouelle, die fi) in ein Waſſerbecken ergieft, von dem aus alle Ter- 
raſſen bewäjjert werden. Der Beduinenfnabe, welcher mich Hinauf- 
geleitet hatte, führte mid zu diefem Behälter, welder vor langen 
Zeiten ſchon gebaut worden zu fein ſchien, wenigitens war die Bauart 
deilelben weit dauerhafter, als bei den Wafferbeden, weldje id) bieher 
geichen hatte. Das Mauerwerk bejtand aus zwei Fuß Tanam, 


— —— — * 


74 Der Schayc der Aqaybere. 


einen Fuß hohen und ebenfo |breiten, gut behauenen Quadern eines 
feinförnigen, ſehr harten Grünfandfteins, den ich fpäter in bedeutender 
Entfernung von Miffne auf der Hodjebene von Habhramant fand 
Warum man nicht die unmittelbar danebenliegende, ebenfo harte Grau 
wade zu diefem Zwecke verwandte, ift mir unerklärlich. Der die 
Quadern verbindende und den innern Umwurf des Wafferbedens 
bildende Mörtel hat beinahe die Härte des Gefteins erlangt. 

Bon diefem Wafferbedfen aus führen Heine, gemauerte Kanäle 
das Waffer nad) kleinern Behältern, von denen eines ſich auf dem 
höchſten Punkt einer jeden Terraffe befindet. Ich Tonnte der Ber 
fuhung nicht wiberftchen, in dem kryſtallllaren Waſſer zu baden 
Kaum war ich aber Hineingeftiegen, fo mußte ich mich auch wieder fo 
ſchnell als möglich zurüdziehen, da eine Mafje Hungriger Butigel 
einen Angriff auf meine nadten Glieder machte. Bor Sonnenunter 
gang langte ich wieder unter meinen Platanen an, wo ich den Schahch 
der Aqaybere mit den angefehenften Beduinen des Ortes bereits 
zugegen fand, welche in ber Abficht gefommen waren, ſich mit mir 
zu unterhalten. 

Auf des Schayhs Wink wurde eine Binfenmatte ausgebreitet, 
auf bie einige Frauen ein Halbgargebratenes Schaf nebft Datteln 





— 


Oberer Lauf des Wadiy Dhayff. 75 


ihien ihnen befonders zu Herzen zu gehen, und es fehlte nicht an 
Shimpfworten und Flüchen, welde den ungläubigen Uſurpatoren 
Aens galten. Dahingegen erſcholl das ungemeffene Lob Fadhl⸗Alyy's 
von allen Lippen. Sie nannten ihn Sſayf ed Dyn (das Schwert 
des Glaubens) und der Echayd) betheuerte wiederholt: „wenn Fadhl 
es verlange, nicht allein er mit feinem Stamme, fondern alle andern 
Stimme, foviel ihrer im Lande feien, würden ihm zu Hülfe eilen.” 
Erit Spät brad) die Verfammlung auf und ging, nachden fie mir für 
den folgenden Tag glücliche Reife gewünſcht Hatten, nad) dem “Dorfe 
ud. Zwei Beduinen blieben bei mir als Sicherheitswache zurüd. 

Miffne gegenüber erhebt fih die ungefähr 5500 Fuß hohe Ge— 
birgekuppe Hayt el Qarr 7), welche durch eine Sattelvertiefung vom 
Dihebel Er Räyät getrennt iſt. 

Vom Wädiy Schura befteht die ganze Gegend aus einer An- 
häufung des Grobkalks, welcher ſich befonders auf der nördlichen Seite 
des Wädiy Dhayff auf mehrere Stunden Weges ausdehnt. An der 
iüdlichen Seite des Thale hört diefe Forınation ſchon bei Miffne auf, 
wo die Grauwacke wieder auftritt. Die Verfteinerungen, welche diefer 
Lt in großer Menge mit fich führt, find wie zermalmt und daher 
\üwer zu erfennen. Jedoch bemerkte id) Stacheln eines Ehinus und 
Vruchſtücke von Ammoniten. In dem Umkreiſe von einer Tagereife 
iegen noch die Ortſchaften El Darr im Waͤdiy gleichen Namens, 


 Roygag ®), Darr el Fayn, Schowayye °%), Lohde ) und Baͤ— 
Iſaͤh 9). 


Während diefer erften drei Tagereifen hatte ich viel Ungemad) 
m ertragen, da meine nadten Beine von der Sonnenhige ftarf an- 
«ihwollen waren und empfindlich jchmerzten. Außerdem hatten die 
Riemen der Sandalen, welche zwifchen der großen und zweiten Zehe 
hindurchgezogen werden, die Stellen aufgerieben. Das einzige Diittel, 
wihes mein Dachayl anwandte, um der Wirkung der Sonnenftrahlen 
M begegnen, war — jeden Abend und Morgen, nachdem id) dic 
eine gewafchen hatte, mir diefelben mit Yutter einzureiben. Ich 
ſod dieſes Mittel fehr probat, denn ſchon am vierten Tage war die 


76 El Quda. Fily. 


Geſchwulſt verſchwunden. Auch die Beduinen ſchmieren ſich jed 
Morgen mit Butter oder Oel ein, weil ihnen ſonſt, wie ſie ſage 
die Haut zu trocken wird und aufſpringt. In der Folge beobachte 
ich aud) dieſe Gewohnheit, und befand mich fortwährend ſehr wohl dabı 

Amı Abend zeigte der Therinometer 25° R. 

29. Juni. Am 29. Juni verließen wir Miffne erft vor 1/7 Un 
da natürlich die Beduinen feine befondere Eile hatten, ſich von ihre 
Familien zu trennen. 

Um 7 Uhr kamen wir an dem Heinen, am ſüdlichen Rande de 
Wädin höchft malerifd gelegenen Dörfchen El Qa' da vorüber, welche 
höchftens 150 Einwohner zählen kann. Sie leben vom Ertrage ihre 
fruchtbeladenen Gärten, welche oberhalb des Dorfes, wie die bi 
Miſſne, in Terraffen aufjteigen. 

Je höher wir den Wädiy hinauflamen, um fo beſchwerliche 
wurde der Weg, welder über Anhäufungen von großen Rollſteine 
und durch dichtes, dorniges Gebüſch führt. 

Gegen 48 Uhr paffirten wir das romantifch gelegene Dot 
Cily 2), welches auf einer Anhöhe zur Rechten des Weges und u 
Wie dervereinigungspunkte des Wädiy Dhayſſ mit dem Wädiy FI 
dära °°) Liegt. 





Dſchebel Cidaͤra. 77 


a llarer, von Heinen Fiſchen belebter Bach rauſcht, welcher ſich im 
badin Dhayſſ umter denn Sande verliert. Dichte Gebüſche decken die 
sergesabhänge z': fngleichen die Ufer des Baches und der Quellen, 
wide, wenigfigit6 zehn an der Zahl, dem Gchänge am füdlichen Ufer 
8 Waͤdiy entjprubeln. 

Außer den bereits oben genannten Pflanzen bemerkte ich hier noch 
ie Sienna Mekky (Cassia lanceolata), Sauerampfer, Brunnenkreſſe, 
Zalbei. Ein Botanifer würde in diefen Thälern und an den Ab— 
gen der Gebirge einer reichen Ausbeute gewiß fein. Wie manches 
Nee mag hier verborgen wachſen, was id) als Laie in der Pflanzen: 
mde feiner Beachtung würdigte. 

Zu meinem großen Bedauern verließen wir zu bald diefes duftende 
erenlofe Thal; denn ſchon um 10 Minuten nad) 8 Uhr ftiegen wir 
m ſteilen Dſchebel Cidära hinan. Links braufet hier der Bad) mit 
deftigfeit unter dichtem Schilf aus dem mit Pianen durchfchlungenen 
hebüſch hervor. — Eine halbe Stunde ftiegen wir in Schneden- 
vindungen teil bergan, — dann wurde der Anhang fanfter. Da 
ber die Kameele ehr erichöpft waren, machten wir unter einem über- 
Angenden Felfen Halt. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei ſchwachem Südoſtwind 
md heiterm Simmel auf 20°. Um Mittag vollkommene Windftilfe. 

Die Sonne iſt dann und wann mit Wolfen bededt. Der Ther- 
nometer zeigt 25°. Im Nordweiten fteht ein Gewitter. 

Segen 1/1 hr verliehen wir unſern Ruheplag und fticgen den 
ſewundenen Weg hinan. Der Reichthum dieſes Gebirges an aroma— 
iſchen Stauden und Kräutern iſt unerſchöpflich und zum Erſtaunen. 
ft genug bedauerte ich, fein Botaniker zu fein, um dieſe Schätze 
wbeuten zu Fönnen. 

Bor uns lagen jett zwei riefenhafte Sebirgswände, die Diehebel 
horaybe 60) und Fardſchalaͤt ®%), welche urſprünglich zufammenhingen, 
kt aber durch eine zchn Minuten breite Schlucht getrennt find, 
das Anjehen hat, als fei fie von Meenfchenhänden durchbrochen 
wden. 


718 Waͤdiy Montiſch. 

Um 2 uUhr ſtanden wir in dieſem Rieſenthore, deſſen Boden 1 
Felsbloden bededt iſt; Denkmäler der Kataſtrophe, welche dieſes meı 
würdige Defild bildete. Die Wände diefer beiben „ebirge erheb 
ſich etwa 800 Fuß über den Boden der Schlucht. Dig abfolute Hö 
der Gebirgemände mag dagegen meiner ungefähren Schägung na 
6000 Fuß betragen. Die Breite des Dichebel Fardfchalät beträ 
da, wo der Durchbruch ftattfand, kaum 200 Fuß, nimmt aber na 
Nordoften allmählich ab. 

Nachdem wir uns durd ein Chaos von Felstrümmern, von dem 
einige die Größe eines Hauſes haben, hindurchgewunden Hatten, trat 
wir in den Wädiy Montiſch 7) ein, in welchem wir die Richten 
Weft, 20° Nord längs der fteilen Wand des Dſchebel Choraybe eis 
ſchlugen. — Wädiy Montiſch ift ungefähr Y, Stunde breit und wı 
im Norden von dem fanft abfallenden Dſchebel Roche e) und ü 
Süden von den langen, fteilen Wänden des Dſchebel Fardfchalät m 
Choraybe eingefchloffen. Vom Fuße des Iettern dachet ſich das Th 
nad) Norden bis zum Fuß des gegenüberliegenden Gebirges allmähli 
ab, längs dem fi) das Flußbett mit ftartem Fall von Oft uach Wi 
hinzieht. Cine unzählbare Menge Ravins durchfurchen diefe Abdadın 
von Süd nad) Nord. Dſchebel Tardichalät hängt mit den Nieje 





Ein Gewitter im Hochgebirge. 79 


reißender Strom hin, ber Felsblöcke von bedeutender Größe mit ſich 
fortriß und deren dumpfes Gerolle man deutlich) vernahm. 

Die Be Windftille wurde plöglich vom Heftigften Sturme 
mterbrochen, v ſich aus der Ferne heulend kundgab und mit furcht⸗ 
derem Getöfe in den Klüften und Höhlen des Dſchebel Choraybe 
wüthete. Schön, erhaben und im vollkommenen Kinflange mit den 
großartigen Umgebungen war freilich diefe Naturfcene, — verfette 
md aber in eine höchſt profaifche Stimmung. Denn nicht nur, daß 
M alle Augenblide durch die reißenden Wildbäche waten mußte, 
. weiche in den Hohlwegen und Schluchten herniedertobten, wobei meine 
Füße mit den mitrollenden Steinen in unangenehme Berührung kamen, 
bewirkte auch noch der fchlüpfrige Boden, daß ich mehr wie einmal 

den Abdruck meiner Berfon darin zurüdlich. 

Endlich erreichten wir eine Stelle, welche die Beduinen EI Ha- 
dider nermen, wo wir unfer Nachtlager auffchlugen. Meine Begleiter, 
weihe feine andere Bekleidung, als einen Schurz um die Hüften 
trugen, konnten die ganze Begebenheit als ein Sturzbad anfehen; ich 
ader, der nicht gewohnt war in einem fo primitiven Coſtüm einher- 
zugehen, ſah die Sache aus einem ganz andern Gefichtspunfte an, 
dem alle meine Effecten waren durchnäßt und die Nacht, welche kalt 
ja werden drohte, nicht mehr fern. Zum Glück 309 das Gewitter 
bald vorüber, und dank der tropifchen Sonne hatte id) das Vergnügen, 
noch vor Einbruch der Nacht Alles wieder troden zu fehen. 

Ih darf Hier nicht übergehen, daß die Beduinen nad) jedem 
Tomerfchlag in die Ausrufung ausbraden: „eh-ya=ho!” — und 
mit der Fauſt nad) der Gegend drohten, von woher das Gewitter 
fm. — Am Abend frug ich nach der Bedeutung diefes fonderbaren 
Gebrauchs. Sie wußten e8 aber ſelbſt nicht‘, oder wollten mir es nicht 
fagen; denn die einzige Antwort, welche fie mir gaben, „Firach ya 
bi!“ („Es iſt fo Gebraudy), mein Sohn!) — Auch fpäter konnte 
ih nie etwas Näheres darüber erfahren. 

Mein Dahayl fagte mir, daß der „Felſen“ oder „Stein“, 

welcher diefer Stelle den Namen gegeben hat, nämlich „Hadſchor“ 





80 Der herabgeftürzte Wels. 


(„Stein“), vor 60 Jahren während eines Erdbebens von dem ol 
Theile der Felswand herabgejtürzt fei. Der Plag, den er frühe 
einnahm, ift noch deutlich bemerkbar. Der delle r kauf ci 
70 Fuß Höhe, 20 Fuß Tiefe und Breite und iſt nad d 
Thale geneigt, glei einem „Pfeiler“ ftehen geblieben. 

Aus einer Spalte am obern Theile deffelben war eine Mim 
gewachſen umd auch die übrigen Riffe und Höhlungen mit Hein 
Geſträuche bededt. . 

Während id) diefen „Felſen“ betrachtete, ſchoß einer der & 
duinen unweit deffelden eine ſchöne Gazelle, deren Fleifh nad d 
Beſchwerden diefes Tages trefflich mundete. 

Tiefe Stille war dem Toben der empörten Elemente gefolgt, 
violettem Farbenfpiele zeichneten fid) die fernen Berge auf dem Ayu 
blau des Himmels in ſcharfen Conturen ab, und ein Strom von Wol 
gerüchen entftieg den aromatiſchen Kräutern des Thals und erfül 
die gereinigte Atmofphäre. Es war einer der fhönften der viel 
ſchönen Abende, welche id) während diefer Reife genoß. 

Bon Miffne bis oberhalb Gily ift auf der nördfichen Seite t 
Wädiy Dhayſſ der oben erwähnte Grobkalk das herrichende Gefte 
während auf der entgegengefegten Seite die Grauwade dem Hau 





| 





Ein Jagdbrauch der Beduinen. 81 


des großen Gebirgszugs, welchen ich unter dem Namen Dichebel Agay- 


bere aufgeführt: Habe. 

Ich — meiner Reiſe bisher die Bemerkung gemacht, 
daß die Rofbei‘ se Serochre. meiner Begleiter mehr oder minder mit 
toben Fellen überzogen waren, ohne dabei einen andern Zweck zu 
vermuthen, als den, die Gewehrfolben gegen den Einfluß der Feuchtig- 
keit sc. zu ſchützen. Jetzt wurde id) aber eines Andern belehrt. Der 
glütihe Jäger nämlich z0g ein Stück von dem Felle der erlegten 
Selle über den untern Theil eines Gewehrtolbens, obgleich derfelbe 
bereits mit einem Welle überzogen war. Auf mein Befragen fagte 
mon mir: daß es Sitte fei, ein Stüd von dem elle eines jeden 
erlegten Wildes als Trophäe auf den Kolben zu jpannen. Einer der 
Bedninen zeigte mir ein Gewehr, auf welchen neun Felle übereinander 
geiogen waren. 

Mit Sonnenuntergang jtand der Thermometer 18° R. 

D. Juni. Den 30. Iuni früh 6 Uhr verließen wir unfer 
Kadıtlager und beftiegen nad) Y, Stunde einen fteilen Thonhügel, 
uf defien Rüden ein großer Wafjerbehälter eingegraben ift, welcher 
von dem Regen gefüllt war. Das Thal, weldjes hier nur noch 
H Schritt Breite hält, wird von diefem Thonhügel faft ganz ein- 
gmommen. /, Stunde fpäter ftiegen wir in das Flußbett des Wadiy 
Montiſch hinab, welches wir bis 7 Uhr verfolgten und dann in nörd- 
liher Richtung den Dichebel Roche hinanftiegen. Der Waͤdiy Montifch 
verfolgt die Richtung Weit, 30’ Nord und mündet, nachdem er fid 
mt dem Wädit) Deobärek vereinigt hat, einige Stunden unterhalb, 
bei dem Orte El Dära in den Wädiy Dirbe. Die braufende Fluth 
don geſtern hatte feine weitere Spur hinterlafjen, als einige Lachen 
in den Felſenvertiefungen. Nachdem der janfte Abhang des Dichebel 
Rode erftiegen war, fchlängelte fid) der Weg durch Thonhügel bis 
zum Sntjtehungspunfte des Wädiy Moffaffaq 7%), wo wir um 9 Uhr 







anhielten. Außer diefem Wädiy, welcher nad) Often ftreicht, nehmen 


auf der entgegengefeten Seite zwei andere Wädiy ihren Anfang; 
nämlich der Wädiy Mobärek, der fih Süd, 10° Weit wendet, und 


A. ». Wrede’s Reife in Hadframaut. 6 


32 Der „Milchbuſch“. in aromatiſcher BWäbiy. 


der Wädiy ‘Ofwe 7%), der eine mehr weſtliche Richtung nimmt. Schon 
am Abhange des Dichebel Kidära Hatte ic) den fogemaggten „Mild : 
buſch“ (Euphorbia tirucalla), welden die Araber jerat Chaſu, 
die Beduinen Damıhäna nennen, bemerkt. Hier bededte dieſe 
Pflanze bald das ganze Gebirge. Sie hat weiche, ſchwammige, glän- 
zend bleifarbige, beinahe blätterlofe Zweige, welche verworren durch⸗ 
einander wachſen, und dichte runde Büſche von 2 Fuß Höhe und 
3 Fuß Breite bilden. Die wenigen Blätter, welche ich fa, waren 
lederartig, herzförmig gezadt und glänzend dunkelgrün. Die krones 
förmigen, grünlid) gelben Blüthen figen am Ende der Zweige. Beim 
Abbrechen der Zweige und Blätter quillt ein dicker, ätzender milde 
artiger Saft hervor. Demungeachtet freffen die Kameele diefe Plan 
ſehr gern, und fie befommt ihnen vortrefflih. Der Groblall, defien 
ich bei Miffne erwähnt habe, tritt aud im Dſchebel Roche in be⸗ 
deutender Entwidelung auf. Er ift von einem mergeligen Thon über: 
lagert, welcher durch die Auswaſchungen des Regenwaſſers nad) allen 
Richtungen Hin durchfurcht ift. 

Am Morgen ftand der Thermometer bei wolfenlofem Himmel 
und ſchwachem Weftwind 15°, um Mittag bei freiem Himmel 25°. 

Um Al Uhr fegten wir unfere Reife wieder fort und erftiegen 


Wildniß beim Dichebel Tſahura. 83 


Zrogdem ift e8 unbewohnt, da es als ein Zummelplag böjer 
Seifter verrufen iſt. 

Der Dſcheho Haramy bildet abermals eine Terraſſe, welche bie 
zum Fuße der große hadhramauter Hochebene, welche hier unter dem 
Kamen Dichebel Tſahura befannt ift, eine Strede von beinahe zwei 
Emden einnimmt. Auf diefer Strede entftehen zur Rechten des 
Beges die Wädiy Hiräwe, Sfanäwe und Tjahura, welcher fich mit 
em Wadiy Sfanawe verbindet, zur Linken die Wädiy Hirma und 
Verura. Alle diefe Waͤdiy find tief eingefchnitten, mit dichtem Ge- 
früpp bedeckt und als der QTummelplag der Zigerfagen, Panther, 
Yahfe, Wölfe, Hhänen, Räuber und obligaten böfen Geifter ver: 
ihtieen. Trotz diefen gefährlichen Bewohnern fah ich mehrere Stein- 
öde und Gazellen am Abhange derfelben weiden, auf welde die 
Beduinen vergeblich Jagd machten. Am Fuße des Dichebel Tfahıra 
heiten wir in dem Waͤdiy gleichen Namens einige Minuten an, um 
die Schläuche aus einem mit Waſſer gefüllten Felsbecken zu füllen 
md Brennholz zu jammeln, und erftiegen dann in °%/, Stunden den 
Gipfel des Berges. 

Nach einer ungefähren Schäßung gebe ic) diefem Platcau 8000 Fuß 
über dem Meeresſpiegel, und die Ausficht, welche man von ihm aus 
gemept, ift eine der großartigften, welde man fich denken kann. — 
von Weſt nad) Nordoft fchweift der Blick über eine unabjehbare, 
graugelbe Ebene, auf der ſich hier und da fugel- und dadjjtuhlförmige 
Dügel erheben. — Im Dften ragte, von der fcheidenden Sonne ma- 
süc beleuchtet, der Eoloffale Kaur Sfaybän weit über die Ebene hinaus 
und zeichnete feine riefigen Kormen auf dem dunfeln Blau des tro- 
riihen Himmels. — Nach Süden überfchaut das Auge ein Labyrinth 
bereits in Finſterniß verfunfener Thäler und ſcheinbar chaotiſch Hin- 
geworfener Gebirgskegel, umd verliert ſich in der ſchwach erleuchteten, 
nebelerfüllten Atmofphäre des indischen Dceans. Giganten, wie der 
Baͤ Byhae, el Idme u. a. m., zu deren Gipfel ich früher bewimdernd 
binftaunte, lagen jett zu meinen Füßen. — Geraume Zeit nad) Sonnen: 
untergang leuchtete nod) die Koppe des Kaur Sjaybän, während ſchon 

6* 


84 Schägung der Gebirgshöhen. 


das Gehen! der Beute juchenden Raubthiere die tiefe Stille der Thäler 
unterbrach. — Die Nacht war unbeſchreiblich ſchön. Wohlthätige Kühle 
wehte herab und Myriaden funkelnder Sterne ſchmagten das dunkle 
Gewölbe des Himmels. — Im Süden ſtand, wie auf dem hehren 
Altar der Natur gepflanzt, das Zeichen der Erlöfung, das ſüdliche 
Kreuz, und mahnte ehrfurchtgebietend an den großen Architecten des 
Weltalls, der die Bahnen der Geſtirne ordnete und auch die Maffen 
des Kaur Sfaybän ordnete und thürmte. 

Um meine Schägung der Höhe des Dſchebel Tſahura zu reht- 
fertigen, habe ich Folgendes zu bemerten. Man wird aus der vorher 
gehenden Befchreibung des Weges vom Mecresgeftade bis zur hadhra- 
mauter Hochebene erfehen haben, dag man zu ihr über fünf Terrafien 
hinauffteigt, welche durch den Dichebel Aqaba cl Mahniye, Cidaãra 
Roc, Mobaͤrek und Haramy gebildet werden. — Das Terrain vom 
Fuße der erften Terraffe bis zum Meere hat ferner einen jehr ftarten 
Fall, welcher im Wädiy Mahniye auf eine Stunde Wegs wenigſtens 
100 Zuß beträgt, alfo auf die Strede von 7%, Stunden, welche ih 
in ihm aufwärts zog, 725 Fuß. Von der Stelle an, wo ich diefen 
Wädiy zuerft betrat, bis ang Meer, rechne ich einen Niveauunterſchied 
von 100 Fuß an, welches das Bett des Wädiy, am Fuße des Dichebel 








Geologifches. 85 


des Dihebel Tjahura. Dfchebel Tjahura, die letzte Stufe zur Hoch— 
chene, fteigt 1500 Fuß über den Dichebel Harämy empor, und hat 
alſo eine pofitive Höhe von 8000 Fuß. Dichebel Kaur Sfayban ift 
ein 1000 Yu über der Ebene erhaben. 

Am Fuße des Dfchebel Mobäref hören die tertiären Gefteine 
af und die Dolithenbildungen des Dſchebel Choraybe treten wieder 
bevor, verfchwinden aber am Fuße des Dichebel Tſahura unter einem 
mähtigen Thonlager. Diefer Thon wird von einem Conglomerate 
von Hornfteingefchieben überlagert, welches dem Grünfandfteine zur 
Unterlage dient. Diefer Grünfandftein ift von gelblicher Farbe, welche 
nd Oben hin Tebhafter wird, fehr feinkörnig, hart und wechjellagert 
mt Ira - Dolomit - Kalf. 

Mit Sonnenuntergang ftand der Thermometer bei Nordweftwind 
md wolfenlofem Himmel auf 18° R. 


Drittes Kapitel. 


Der nördlihe Gebirgsabhang. 





Wädiy el 'Af. — Maqubet el Chomra. — Die Hochebene. — Nachtlager am 

Waͤdiy Hararhayan. — Wädiy Dahme. — Wafferbehälter. — Waͤdiy Chaͤrit. 

— Nachtlager am Waͤdiy Ehäyile. — Ueberrafchende Ausficht in dem Wäbih 

Do’än. — Ankunft in Choraybe. — Schayd) "Abd - Allah: Bä-Sfudän. — Be 

wäfferungsfyften und Kanalanlagen — Abendniahlzeit bei Manägi‘ ben Say 
ibn "Yffa el Amud, Sultan von Choraybe. 


Am folgenden Morgen jagen bei meinem Erwachen die Beduinen 
am Feuer und fehienen an feinen Aufbrud zu denken. Man erzählte 
mir, daß während der Nacht ein Kameel entweder entlaufen ober 
geftohlen worden jei und daß Einige von ihnen in den Wädiy ger 
jtiegen feien, um es aufzufuchen. Ihre Beforgnig, das Thier zu ver⸗ 
lieren, war freilic) gegründet genug; denn außer, daß die Umgegend 
nicht im beiten Rufe ftand, befanden fie fich jetzt nicht ınehr auf ihrem 
Territorium, fondern auf dem der Stämme Sſaumahyn und Aſſwyrä. 
deren Stammesgenoſſen, wie überhaupt alle Beduinen, jich fein Ge: 
wiffen darans machen, ihre Nachbarſtämme zu beftehlen. Diefe beides 
Stämme find Unterabtheilungen des Stammes Beny Sfaybän. Id 
benußte diefen Aufenthalt, um die Gebirgsgipfel zu vifiren. 

Die Beduinen zeigten mir unter andern den Dchebel Dära, a! 
deffen Fuß Makalla liegt, wodurd) ic die Hauptrichtung von dieſe 
Stadt nad) dem Dichebel Zjahura Nordweit, 6° Weit fand. Ob 
gleich im Juli und innerhalb des 11. Yreitengrades zeigte Reaumur’ 





Monotone Hochebene. 87 


Thermometer, nach einer bitterfalten Naht, — bei Sonnenaufgang, 
heterm Himmel und vollfommener Windftille 10° und um Mittag 
bei Rordweftiwind 20°. 

Diefer niedere Thermometerftand unter diefer Breite und in 
ſelher Jahreszeit läßt mich vermuthen, daß meine Höhenfchätungen, 
wenn auch nicht vollkommen, doc annähernd vichtig- find. 

Kurz nad) Mittag famen die Beduinen mit dem wiedergefundenen 
Lameele zurüc. Jedoch verzögerte ſich meine Abreife bis nach 1 Uhr. 

Der Weg führte nun in die unabfehbare Ebene, welche ſich 
mt troftlofer Nacktheit vor uns ausbreitete. Daher bietet auch der 
Beg über dieſe Hochebene wenig Intereffantes dar. Jeden Tag zeigt 
ih diefelbe abſchreckende Nactheit ımd Dede, und nır dann und 
bann bietet ſich die Gelegenheit dar, eine Scene zu befchreiben, welche 
alz Yeitrag zur Kenntniß der Sitten und Gebräuche der Bewohner 
beier ſteinigen „Wüſte“ beitragen fann. 

Wenn nun auch die wiederholten Angaben der Namen der Waͤdiy 
md der Richtung, welche diefelben nehmen, für viele meiner Leſer 
ewas Monotones haben und vielleiht ermüden Könnten, jo ift e8 
dh im Intereffe der Wiffenihaft durchaus nothwendig, diefelben zu 
berälfichtigen, und ich bitte daher, mich durch den Sachverhalt zu 
entſchuldigen, wenn der Inhalt einiger Seiten etwas troden ift. 

Um 2 Uhr fah ic) rechts am Wege den Waͤdiy Mädfchid, welcher 
ſih Nord, 50° Oft zieht. Zwanzig Minuten fpäter lag links der 
Bid) Dotub. " 

Rah einer halben Stunde führte uns der Weg zwiſchen zwei 
din, von denen der zur Linken liegende Wädiy EI Ayffiry genannt 
ww. Gr vereinigt fi mit dem Wädiy Kotub und mündet dann bei 
dem Orte Dirbet Dahwe in den Wädiy Dirbe. Der zur Rechten 
M der Waͤdiy Matära, welder ſich mit dem Wädiy Mädfchid 
Dereimigt. 

Um 4,4 Uhr famen wir in den Waͤdiy Butrach, der auch in 
ken Widin Mädichid minde. Kaum zehn Minuten fpäter führte 
Kr Weg zwifchen dem düftern, tiefen Waͤdih EL 'ÄF??) und einem 


88 Eifternen in der Wüſte. 


der dachſtuhlförmigen Hügel hin, welder den Namen Darr 
Thamule führt. 

In diefem Wädid liegt in einer Entfernung von einer Tager 
das Dorf El Bathä 7°), welches von Bebuinen bes Stammes Sfi 
mahyn bewohnt wird. Wädin El Af mündet in den Wädiy Mädfe 
nimmt dann den Namen El Ayfjär an, und mündet bei der Stı 
El “Arffäme in den Wädiy Do’än. 

Kurz nad) 4 Uhr kamen wir an dem Wädiy Sfebun vorüb 
welcher in den Wädiy El 'Af mündet und am deffen Rande fiel 
Eifternen eingehauen find,. unter dem Namen Maqubet el Chon 
(die Eifternen von Chomra) bekannt. 

Die runden Deffnungen der Eifternen, von den Cinwohn 
„Maquba”, d.i. „Ort, dahin man das Waſſer ſchütte 
genannt, halten im Allgemeinen. drei Fuß Durchmeſſer und f 
brunnenartig durch die Schichten des Grünfandfteins gebrochen. 
dem untenliegenden Iura-Dolomit- Kalk ift dann ein zimmerarti 
Raum ausgehauen, der je nad) den Umftänden größer oder Hei 
ift, gewöhnlich aber auf 6 Fuß im Quadrat 4 Fuß Tiefe mißt. $ 
herausgebrochenen Steine find zu beiden Seiten der Deffnung zu ei 
Mauer aufgefhichtet, die fih nad, Außen abdacht. 


Entjtehungspunfte der Wädiy’s. 89 


Eine halbe Stunde von Maqubet cl Chomra trafen wir am 
Fuße des Hügels Kura 7%) wiederum fünf Gifternen. Cine halbe 
Stunde weiter gelangten wir zum Wädiy Bu Dalayt, der in den 
Wädiy EL Af mündet. Cine Stunde Marſch brachte uns in den 
din Dacarhayan 7°), wo wir unſer Nachtlager aufichlugen. Nahe 
an ungerm Lager lag der Hügel Dichonayyde, an dejfen Fuße eine 
große Ciſterne vortreffliches Waffer lieferte. Der Waͤdiy Haçarhayan 
vereinigt fich mit dem Wädiy El Af. — Die Richtung von Dfchebel 
Ziahura bis Hierher ift Nordweft, 13° Weit. 

Im Nordweiten drohte ein Gewitter, welches fid) aber zu meiner 
dreude verzog und fich über einer andern Gegend entlud. — Die 
Kadht wurde jo empfindlich kalt, — daR ich, obwohl in eine wollene 
Dede gehüllt, fortwährend fror. — Gegen Morgen ftürmte ein fcharfer 
Rordweſt über die Ebene, und noch mit Sonnenaufgang ftand der 
Thermometer auf 10° X. 

Ale Wadiy der Hochebene jtellen fi) als tiefe, von jteilen 
Bänden begrenzte Schluchten dar. An ihren Entſtehungspunkten dachen 
fe ji erft 30—50 Fuß allmählid ab, und fallen dann plötzlich fteil 
nieder. Die vorliegende Abdachung ift gewöhnlich mit Mimoſen und 
Kehefbäumen befeßt, deren Wurzeln das Abfpülen der Erde verhindern. 
Tie Wege über diefe Plateanr führen gewöhnlich, über ein etwas 
erhöhtes Terrain, welches eine Wafferjcheide bildet; denn alle Wäpdiy, 
welhe ich angeführt habe, jah ich an ihren Entſtehungspunkten 
u deiden Seiten des Weges. 

2. Juli. Am 2. Juli feßte fi) unfere Däftla Y,6 Uhr wieder 
m Bewegung. Der Wind war immer nod heftig und kalt, und ich 
wunderte mich nicht wenig über die Sleichgültigfeit, mit welcher meine 
nadten Sefährten das Unbehagliche derfelben ertrugen. Um 1,7 Uhr 
lamen wir an den Entjtehungspunften zweier Wädiy vorüber: 
an Goru 76) und Yafal- Yafal ?”), von denen ſich der erſte links nad) 
dem Wädiy Tiirbe, der andere rechts nad) dem Wädiy El “AF zieht. 
dis um Y,8 Uhr pafjirten wir noch die drei Wädin El Mi Ghoräbe, 
di. „das verborbene Waſſer“, — El Forayſch und Sforbe, welche 


90 Die Bebuinenfrauen. 


in Zwifchenräumen von %/, Stunde fi links den Wädiy Dirbe 
wenden. Am Wädiy Sforbe befinden fih fünf Cifternen, und 
Heines Haus, weldes als Zufluchtsort während eines Umwetters d 

Solche Häuschen beftehen aus übereinandergelegten Steinen, ı 
alfe Mörtelverbindung, und find mit Reißig und Lehm gebedt. 9 
findet fie dann und warn an Stellen, wo Eifternen angelegt | 
1/8 Uhr gelangten wir in eine Niederung, welche mit dem jet du 
wanderten Theile der Hochebene wahrhaft wohlthätig und erquic 
contraftirt. Sie führt den Namen Wädiy Dahme. Diefe Nieda 
ftreicht von Welt nad Oft, und wird von dem Flußbette, wel 
von einem dichten Arda- Gebüfche eingefaßt ift, in zwei faft gl 
Theile gelegt. Am Eingange der Niederung befindet fid) ein Waſſ 
behäfter (Bäade), welder in ein feſtes Thonfager eingegraben 
An der Thaffeite find in dem Damme beffelben zu beiden Sı 
mehrere Löcher übereinander angebracht, um bei dem verjchied 
Stande des Waffers die thalabwärts, terraffenförmig angelegten Wr 
pläge bewäffern zu können. Die fanften Abhänge der angrenze 
Höhen und die Säume der Terraffen find mit Mimofen-, Tamaris 
und Nebefbäumen befegt. Zahlreiche Schaf- und Ziegenheerden we 
unter der Obhut einiger Beduinenfrauen, auf den im herrlid 


— —— -- 


Der Wädiy Dahme, 91 


jeuge reicht bi8 umter die Waden. Kopf und Geficht find unbedeckt, 
und die Haare fallen unordentlich herab. — Wie ihre Männer, gehen 
die Beduinenfrauen faft immer barfuß, der Sandalen bedienen fie 
fh nur, wenn fie im dornigen Gebüfche Holz holen. — Als Zier- 
rathen tragen fie an den Beinen Meffingringe von 3 Zoll Breite 
md 1 Linie Dice; desgleichen um den Arm meffingene Ringe, welde 
aber glatt und von der Breite eines Fingers find, um den Hals eine 
Schnur Glaskorallen ımd in den Ohren und Najenflügeln meffingene 
oder filberne Ringe. — Wenn fie die Heerden austreiben und ing 
Freie gehen, tragen fie an einem Niemen einen Korb, der die Geftalt 
eines Viertel Rugelabfchnittes hat und mit Leder überzogen ift. Beim 
Zrogen ift die Deffnung nach dein Körper gewandt. Es dient ihnen 
diefer Korb zum Fortfchaffen ihres vollkommen nadten Säuglings, 
md jüngft geborener Lämmer und Sideichen, wenn diefe zum Laufen 
noch zu ſchwach find. 

Das Meine Dorf Dahme befteht aus elenden Hütten, welche 


ungeführ 50 Einwohner beherbergen und dem Stamme Sfaumahyn 


angehören. Wir paffirten es um 9 Uhr und famen glei darauf in 
tin feines Gehöfte, deffen Bewohner Schafe zum Verkauf anboten. 
Da meine Beduinen fich bisher immer zuvorfommend gegen mich be- 
nommen hatten, jo erftand ich zu ihrer Belohnung drei Schafe, zu 
dem geringen Preis von "/, eines öfterreihifhen Thalers ein jedes, 
oder 8 Silbergroſchen. 

Das Flußbett, welches fich dieffeit des Dorfes zu unferer Rechten 
hinzog, ſchneidet jich etwas unterhalb defjelben, wie die übrigen Wädiy 
der Hochebene, plöglich grabenartig ein, bildet in den angrenzenden 
Höhen eine tiefe Schlucht und mündet weiter unten in den Wädiy 
Chärit. — Zwanzig Minuten hinter dem Gehöfte führte ung ein mit 
Werölfe bedeckter Weg auf das Plateau, wo wir uns am Entftehungs: 
punkte des Waͤdiy Chärit unter einigen Mimoſen lagerten. 

Links vom Dorfe erhebt ſich ein Hügel in der Form eines Halb: 
mondes, auf welhem ein „Wachtthurm“ fteht, um den einige 
2) Hütten gruppirt find. Diefer Ort heißt Hign el Ohowanı. ?°®) 


92 Wädiy Ehärit. Wädiy Chäyile. 

. 
In dem Raume, welchen die concave Seite des Hügels einfhlicht, 
liegen terraffenförmig übereinander mehrere Weidepläge. — Wädih 
ChHärit mündet bei dem Orte Doqum el Ayffar 7°) in den Wäbi 
El Ayffär. . 

Der Thermometer ftand um Mittag bei wolfenlofem Himmel 
und Nordweftwind 20° R. 

Gleich nad) Mittag braden wir auf und famen nad einer 
halben Stunde an einem großen Wafferbehälter vorüber, 
welher am Entftchungspunfte des Wädiy Bi Rayyara eingehauen 
ift und mit Waffer gefüllt war. Der Wädiy Bü Rayyara wendet 
ſich rechts vom Wege ab und mündet in den Wädiy Chärit. 

Einige zwanzig Minuten fpäter fah ich rechts am Wege 
in den Wädiy Ghowayr Hinab, welcher ſich mit dem Wadiy Chärit 
vereinigt. Ein Weg, welher in diefen Wädiy hinabführt, wird von 
einem Wachtthurm vertheidigt, welder von einigen Beduinen des 
Stammes Dſchanbuch beſetzt ift. Links entfteht der Wädiy Ba “Aude, 
der dem Wädiy Dirbe tributär ift. Neben dem Thieme befindet ſich 
eine Eifterne. 

Ein Viertel 2 Uhr famen wir wieder an zwei Cifternen und 
um 2 Uhr an dem Wädiy Efj Sſyrabbe vorüber, welcher mit dem 


— — 


Meahlzeitsgebräuche der Beduinen. 93 


Schmanfe ein, weldes mir, wie man denfen fann, warme Pobes- 
erhebungen erwarb. Kin Jeder mußte nun, dem Gebraudhe gemäß, 
was zur Bereitung des. Gaftmahls beitragen. Einige holten Holz, 
Andere fammelten Kiefel, noch Andere ſchafften Waſſer zum Reinigen 
der Thiere herbei, oder halfen meinem „Führer“, der das Schlachten 
übernommen hatte, da er als mein „Beſchützer“ (Dachayl) feine 
Anſprüche auf die Felle geltend machte. Ihr Verfahren bei diefer 
Gelegenheit ift jo eigenthümlich, daß es hier wohl befchrieben zu 
werden verdient. 

Nahdem nämlich das Thier gefchlachtet ift, wird es an den ge— 
ipreisten Hinterfüßen aufgehangen, die abgezogene Haut wird auf dem 
Boden ausgebreitet, um das Fleiſch darauf zu legen, welches bis auf 
die Schenkel abgefchnitten wird, bevor die Eingeweide herausgenommen 
find. Hierauf wird der Magen herausgenommen, gereinigt und zer- 
füdt; um die Eingeweide zu reinigen, nahm mein Führer den Mund 
vol Waffer und blies daffelbe fo ftark als möglich in den Anus des 
Thieres, während es deſſen Gehülfen durch die Eingeweide drücdten. 
Tiefe Operation wiederholte er, bis Alles gemügend rein erachtet 
wurde. Das an ihnen haftende Fett wird dann abgetrennt, fie felbit 
abgenommen und in fingerlange Enden gefchnitten, um welche dan 
das Fett gewickelt wird. Zuletzt werden dann auch die Schenkel zu 
feinen Stücken zerjchnitten. — Mittlerweile haben Andere von großen 
Steinen einen kreisförmigen Heerd errichtet, auf denjelben einen 
stoßen Holzhaufen zufanmengetragen und denfelben mit Kiefeln be— 
dect. Iſt nun das Feuer heruntergebrannt, jo wird das Fleiſch auf 
die glühend gewordenen Kiefel gelegt, bis es Heiß geworden ift. 
Sierauf werden fo viele gleid) große Haufen gemacht, als Perfonen 
zugegen find, und zur Theilung verjchritten. 

Um jeden Streit zu vermeiden — giebt ein Jeder irgend 
men Gegenjtand, welcher in ein dazu bereit gelegtes Tuch geworfen 
Bird. Einer der Gefellfchaft nimmt diefe Pfänder in Empfang, 
ihüttelt fie durcheinander, und fett fi, mit dem Rücken nad) dem 
Heifhe gewandt, nieder. Gin Anderer zeigt dann auf den Fleiſch— 


94 Gefänge der Vebuinen. 


haufen und fragt: „Für wen derjelbe beftimmt ſei?“ Hierauf wir 
ein Pfand aus dem Tuche gezogen und auf das bezeichnete Fleijh 
gelegt. Ein Jeder nimmt dann das Fleiſch, auf weldem fen 
Pfand liegt. 

Das Fleiſch ift dann noch roh. Die Beduinen eſſen es abr 
fo am liebften — wenigftens jah ich äußerft felten, daß fie es neh 
einmal auf die gfühenden Kohlen gelegt hätten. — Ebenſo eſſen fe 
es ohne Salz, und ſcheinen fogar den Gebrauch des Salzes läden 
fid zu finden. Wenigftens machte Einer den Andern darauf aufmerkjam, 
daß ich mich deffelben bediente, und Alle lachten herzlich, darüber; — 
aus welchem Grunde, konnte ich nicht erfahren; die Scheriffe ver⸗ 
fiherten mir übrigens, daß die Beduinen zu feiner ihrer Speifen Salı 
gebrauchen. . 

Am Abend (des 2. Iuli) flammten in unferm Lager, defien 
Stärke jegt auf 36 Mann und 50 Kameele geftiegen war, acht Feuer 
auf, um welche die Beduinen gelagert, durch die eingenommene Mahl 
zeit froh geftimmt, fih mit Gefang ergögten. 

Sie fangen „Hodſchayny“ und „Achämer‘. Die erftere der beider 
Gefangweien, Hodſchayny, iſt „erotiſch“, und wird nur von einer 
Berfon vorgetragen; der zweite, Achaͤmer, ift „panegyriſch“ ud 


Cifternen und Zufluchtshäuſer. 95 


der zur Linken in den Waͤdiy Raube. Hier befindet ſich ein Waſſer— 
behälter, welcher in den Felſen gehauen ift, und eine „Ciſterne“, 
beide aber waren ohne Waſſer. Um 8 Uhr trafen wir eine „Ciſterne“, 
und um 9 Uhr den Wadiy Hebät, welcher bei der Stadt Tſaͤhir 8%) 
in den Waͤdiy Do’än mündet. Kurz vor 10 Uhr lagerten wir uns 
an einem Waͤdiy, der fi mit dem Wädiy Hebät vereinigt und an 
welhem eines jener „Zufluchtshäuschen“ fteht. Bier find nicht 
weniger als 17 Gifternen in einer Reihe eingehauen, von denen aber 
mw einige Waſſer enthielten. 

Um Mittag war der Thermometerftand bei heiterm Himmel und 
Rorhweftwinde 20°. Am Morgen bei Sonnenuntergang 10° R. 

Um Yal Uhr feßten wir die Reife fort und gelangten nad) einem 
Marie von %, Stunde an den Wädiy Dolayle 9), der in den 
Bidin ET Sfabal ®) mündet und deſſen Entftehungspunft wir 
uch zehn Minuten erreichten. Cr mündet bei der Stadt Darrayn 9°) 
in den Wädiy Do’än. Ihm gegenüber fah ic) rechts vom Wege den 
Bidiy Eich Schaff *), der fih mit dem Wädiy Minua vereinigt. 
Zwei andere Waͤdiy Chadhära 85) und Dolle 3°), an denen wir um 
13 Uhr vorüberfamen, münden in den Wädiy Do’än; der erftere 
bei der Stadt "Armra 8”), der andere bei dem Dorfe Eſch Scharq °°). 

Zehn Minuten fpäter trafen wir vier Heine Häuschen und 13 Ci— 
lermen: diefer Ort wird Dabr Bayt 3°) genannt. 

In kurzen Zwijchenräumen famen wir noch an einer „Ciſterne“, 
emem „Wafferbehälter” und einem jener kleinen „Zufluchts- 
häufer‘ vorüber, die Schuß gegen die Witterung gewähren, und 
logerten dann Y, nad) 4 Uhr auf der Ebene. 

Die Beduinen hatten hier einen harten Stand, da fie Brennholz 
md Futter für die Kameele aus dem entlegenen Wädiy Dolle Holen 
mußten und daher ſpät erjt ihr Brod baden konnten. Wie wenig die 
deduinen die VBorfchriften des Dorän beachten, und wie wenig delicat 
fe in der Wahl ihrer Speifen find, kann man aus folgender That: 
ſahe entnehmen. 

Einer der Beduinen unferer Däfila brachte eine große Eidechſe 


= 
P | Fu 


96 Erfter Anblid des Wädiy Do’än. 


mit und warf fie lebendig, wie jie war, in die Gluth der brennende 
Kohlen; faum war das Thier todt und die Haut von der Hige ge 
borften, jo zog er e8 hervor und verfpeifte es mit feinen Gefährten 
Auf meine Bemerkung, daß der Genuß folher Thiere verboten fei, 
antwortete man mir lachend: „Nur für die Städter find folde Ge— 
bote gegeben, nicht aber für uns, die mit dem zufrieden fein müffen, 
was wir hier im Gebirge finden.‘ 

Die Richtung, welche wir während diefer Tagereife eingehalten 
hatten, war Nord 12°, Weſt. Mit Sonnenuntergang ftand der Therme 
meter bei heiterm Himmel und Nordweſtwind auf 18°. 

4. Juli. Am folgenden Tage zogen wir nad) 6 Uhr in der 
Richtung Nord 32°, Weft dem nahen Wädiy Do’än zu, und mein 
Erwartung war, nad) dem, was man mir von ihm erzählt hatte, 
nicht wenig gefpannt. Bereits cine halbe Stunde waren wir unter 
wegs, und noch immer fah ic) nichts als die unabjehbare fteinige 
Fläche. Kaum 300 Schritt von dem Wädiy entfernt, bemerkte ih 
endlich den gegenüberliegenden Rand dejfelben, der immer fichtbarer 
hervortrat, je näher wir kamen. Wir ftiegen nun etwa 40 duß is 
eine enge Schlucht hinab, und gelangten in einigen Minuten an der 
Rand diefes merkwürdigen Wädiy. 


Ankunft im Wädiy Do' an. 97 


hinaus begrenzt die Felswand des ſich daſelbſt wendenden Thals die 
Ausfiht. Thalaufwärts fah ic die Städte: Choraybe, Ribät, und 
die Dörfer: Chorbe, Darıı el Manäfil, Eſch Scharq und Ba Dichifäs. 
Ale diefe Orte liegen auf einer Stredfe von einer Stunde beifammen. — 
Dichter Dattelpalmenwald und grüne Saatfelder bededen das Thal 
md nur hier und da zeigt ſich das trocdene Bette des Wildbachs als 
blendend weißer Streifen zwifchen dem dunfeln Grün der Palmen. 

Diefer Anblick entfchädigte mich reichlich für alle Entbehrungen, 
weihe ich während der Reiſe erduldet Hatte, und flößte mir neuen 
Muth ein, diefe intereffanten Gegenden weiter zu erforschen. 

Die Qäfila war mittlerweile an mir vorübergezogen und der 
Zuruf der Beduinen entriß mich meinen Betrachtungen. 

Der Weg, weldher in das Thal führt, ift etwa 6 Fuß breit und 
wird zur Linken von der hochauffteigenden Felswand begrenzt, wäh- 
vend zur Rechten der Abgrund droht. At vielen Stellen führt er auf 
emer Treppe 8 bis 10 Stufen abwärts, an andern ift er mit Kiefeln 
gepflaftert und der felfige Boden durd) das Auf- und Abjteigen der 
Zhiere und Menſchen fpiegelglatt geworden. Da feine Wehr exiſtirt, 
io it es ein wahres Wunder, daß nicht mehr Unglücsfälle vorfomnen, 
als die wenigen, von denen man mir fpäter erzählte. 

Bewundernswerth ift die Sicherheit des Schrittes, mit welchem 
die Kameele diejen glatten Weg zurücklegen. Ich jelbit glitt im An— 
fang mehrere Male aus, weshalb id) dem Rathe meines Führers 
folgte und die Sandalen auszog. Unter den unaufhörlichen Zurufungen: 
„Sieb Acht!“, „Langſam!“, „Halt feſt!“, Zurufungen, denen 
die Kameele mit Aufmerkfamfeit horchen, hatte die ganze Qäfila um 
$ Uhr das Thal ohne Unfall erreiht, wo fie fi in verſchiedene 
Abtheilungen jonderte, von denen eine jede, je nad) der Richtung des 
Ortes ihrer Beftimmung, eine andere Straße zog. Wir zogen thal- 
aufwärts durch den Palmenwald, wo die Kameele das Bette dee 
Wildbachs als Strafe benugten, während die Fußgänger auf den Fuß⸗ 
ſteigen blieben, welche auf den Dämmen liegen. 

Um 4,9 Uhr langten wir an dem Orte unſerer Beltimmuna, 
2». Br fe in Pabbramaitt. 7 


du 


98 Gebräuche beim Empfang bes Gaftes. 


der Stadt „EI Choraybe au. Mein Führer belud ji mit m 
Gepäde und führte mid) durch die engen, frunmen und fteilen St 
in das Haus des Schaych „Abd “Allah Bi Sfudän“. Die 
gierige Stadtjugend lief von allen Seiten herbei, um den Fre 
zu fehen, jedoch ‚ohne mid) zu beläftigen oder gar zu beleibigen 
Gegentheil betrug fie ſich ſehr anftändig und drängte ſich heran, 
mir die Hand zu küſſen. 

Nach wiederholten Klopfen wurde die Thüre von einem | 
gewachſenen jungen Manne geöffnet, der ſich als „Schayd Al 
Sädir” und Sohn des Hauſes gab, weshalb ich ihm, der Sitte 
Landes gemäß, die Hand küßte. Er hieß mich willfommen und fi 
mid) eine ſchinale dunkle Treppe hinauf, in ein Zimmer im o 
Theil des Haufes, von dem aus ich eine herrliche Ausficht in 
Thal genoß. . 

Hier entrichtete ih den Gruß von dem Schaych Mohamm 
Bä Harr und übergab ihm das Empfehlungsfchreiben an feinen x 
Zu gleicher Zeit bat ich, demjelben vorgeftellt zu werden; man 
mir aber, daß er ruhe, und gab mir das Verfprechen, mich Nachn 
zu ihm zu führen. — Gleich darauf erſchienen nod) drei andere € 
des Haufes, die Schaychs Mohammed, Ahmed und Abu Belr, r 





Kleinliche religiöſe Borfchriften. 99 


iſ. Rachdem wir den Kaffee getrunken hatten, entfernten ſich die 
Sqahchs, damit ic) mich ungeftört der Ruhe überlaffen könne. 

Mir jelbft überlaffen überdachte ich meine Yage, deren Schwierig: 
leten ich mir nicht verhehlen konnte. Ich befand mich auf einem 
Öoden, der, als heilig anerfannt, nur von Mohammedanern betreten 
werden darf, und überdies in dem Haufe eines Mannes, der von dem 
Haft fanatifchen Wolke wie ein Heiliger verehrt wurde. 

Bei den Beduinen, welche ihre eigene Religion wenig kennen 
md faſt Feine ihrer Vorfchriften befolgen — iſt e8 leicht, ale 
Aufelmann zu. gelten. Hier aber hatte id) e8 mit Leuten zu 
im, welche als handfefte Theologen auch die Feinsten Fehler bemerken 
md bei einem fchärferen Eramen leicht die Entdedung machen konnten, 
"ih fein Mohammedaner fei. Geſchah dies aber, jo wurde ic 
ohne Weiteres der Wuth eines fanatiſchen Pöbels Preis gegeben. 
dei einer Religiou, wie die mohammedaniſche, welche fajt einzig und 
alein darin befteht, einige Stellen des Doräns unter finnlofen Gefti- 
Inlationen herzuleiern und bei dem Gebote die vorgejchriebenen Formen 
u beobachten, jcheint es freilich ein Yeichtes zu fein, als Bekenner 
derfelben aufzutreten; aber es giebt eine Umzahl von Stleinigfeiten, 
welhe berücfichtigt werden müflen. 

So unterfcheiden ſich z. DB. die beiden Secten der Hanefy und 
Chafiy unter Anderem dadurd), daß Erjtere bei der Abwaſchung 
(Ablution) Arme und Füße „nur bie zum Ellbogen und Knöchel“, 
Kehtere hingegen „vier Finger breit höher waſchen“, und andern Un- 
fm mehr. — Dann darf ein echter Mufelmann nit anders als 
wit der rechten Hand Speije und Trank zum Munde führen, nichts 
mternehmen, ohne vorher die Worte auszufpredhen: „B' ism illah er 
tahmän errahym“, d. h. „im Namen des allbarmherzigen 
Gottes!” Er darf keinen Gegenſtand auf die Erde werfen oder auf 
bie Erde werfen ſehen, ohne „tesdur“, d. h. „erlaube“ zu jagen, 
ud dergleichen mehr. — Solcher Kleinigkeiten giebt es, wie gejagt, 
ine unzählige Menge, die ein echter Mujelmann ftreng befolgen 
mb beadten muß, und man muß wirklich ein geborener Muſel— 

7° 


100 Begrüßungen beim Empfang. 


mann fein, um -alfe dieſe Abgeſchmacktheiten genau kennen zu 
Tönnen. . 

Man kann hiernach abnehmen, welche Vorficht ich ammenden 
mußte, um nicht aus der Rolle zu fallen, und ic) folgte daher am 
Nachmittag mit Hopfendem Herzen einem Diener, der mid zu dem 
alten Sch aych führte. 

In einem Zimmer des oberen Stodwerfs, weldes mit 
elfenbreiten Streifen eines ſchwarzen, grobgewebten Wollenzeuges br: 
det war, und feine andern Möbel enthielt, als einen mit Büchern 
gefüllten Wandſchrank, faß in einem Winkel auf perfifchem Teppiche 
der Schaych ‘Abd Allah Bi Sſudan, ein etwa TOjähriger, hagerer, 
vollkonmen erblindeter Greis. — Um ihn, mit aufgeſchlagenen 
Dorän in der Hand, feine Söhne, nebft einem halben Dutzend junger 
Scheryf und Sſayydy. \ u 

Bei meinem Eintritte ftanden Alfe, mit Ausnahme des altm 
Schahch, auf und erwiderten meinen Gruß: „Eß Sfaläm 'alay: 
tom!“, d. h. „Friede fei mit Euch!‘ mit der üblichen Antwort: 
„Aayfom ek Sfaläm!“, d. h. „Mit Euch fei Friede!” 36 
ſchritt daun auf den chrwilrdigen Alten zu und füßte ihm beide Seiten 
der Hand, weldes er aus Höflichkeit zu verhindern fuchte; ich wandte 





Alterthümer im Waͤdiy Ghaybun. 101 


Dann frug er mich, zu welcher Secte ich gehöre, worauf ich ihm 
die Hanefty nannte, zu welcher Secte ſich faft alle Aegypter befennen. 
du meinem unendlichen Vergnügen war das die einzige Frage, welche 
die Religion betraf. 

Dagegen mußte ich von Aeghpten und Mohammed Alyy, wel: 
den der alte Schayd früher während feiner Pilgerreife nad) Mend _ 
in Dihedda gefehen und gefprochen hatte, viel und ausführlich er- 
zihlen. Da der Alte wahrjcheinlid noch einige Kapitel des Dorän 
mt feinen Zöglingen durchnehmen wollte, fo empfahl ich mid) und 
Hg in mein Zimmer zurüd. 

Am Abend kamen mehrere Scerife und ftatteten mir ihren Be—⸗ 
dh ab, während welchem ſich das Gefpräh um Aegypten, feinen 
Üherricher und den Zuſtand ihres Landes drehte. Schaych "Abd cl 
didir machte mich auf einen Schaych aufmerkfam, der, wie er mir 
Ngte, alle Gegenden des Hadhramaut Tenne. Ich knüpfte daher mit 
diem Manne ein Gefpräcd an, welches ich nad) und nad) auf die 
„Sppogäen’ lenkte, weldye nad) Fresnel im Wadiy Do’än eriftiren 
iollen. Er theilte mir mit, daß fi) bei der Stadt Mefchhed Alyy 
an der Mündung des Wadiy Ghaybun in den Wädiy Hadſcharyn 
ion „AO Grabmäler“ befänden, welde er mir aber, nicht als in 
delien gehauen, fondern als Heine Häuſer befchrieb, weldye aus be- 
hauenen Duadern aufgeführt wären. Diefe Gebäude, befchrich 
et, hätten nur eine Kammer und über dem Cingange eines 
den befände fich eine Inschrift, die Niemand lefen könne. 

Achnlihe Infhriften, erzählte er mir, fände man auch in 
deled el Hadſchar, namentfih im Wädiy "Obne. 

Außer andern merkwürdigen Mittheilungen, welde id) an Ort 
md Stelle näher bemerken werde, erfuhr id) von ihm, daß die 
Gegend, welche ich von Makalla aus bereift hatte, ſowie aud) 
der Waͤdiy Do’än °°*) und andere Thäler, welche er mir nannte, zu 
einer Provinz gehören, welche Beled beny Yſſa (das Land der 

Söhne "Nffa’s) genannt würde, und nicht zum eigentliden 
Hadhramaut, weldes einige Tagereifen nach Nordoften läge, w.\.Y 


102 AUbhängige Stellung der Sultane. 


Iede Stadt, ja faſt jedes Dorf des Wädiy Do’än hat 
Herrn, der fich die verfdiedenen Titel „Sultan“, „Daw 
„Naqyb“ oder „Dula“ beilegt. 

Alte diefe Heinen Fürften oder vielmehr „Beudalherren 
zwar einer von dem andern unabhängig, ftehen aber ſämmtlich 
dem Schuge oder vielmehr der Herrichaft der hier haufenden St 
El Chämiye und Moräfchide, denen fie einen jährlichen Tribut 
richten müffen. Bei vorfommenden Streitigkeiten zwifden ı 
diefer Suftane werden fie gewöhnlich als Schiedsrichter von den 
anerfannt. Eine Anzahl Beduinen der befhütenden Stämme w 
mit den Sultanen in ihren Thürmen, welche außerhalb der € 
fo angelegt find, daß fie diefelben beherrihen. Durch diefe 
richtung haben die Beduinen nicht nur die Stadt, jondern aud 
Sultan in ihrer Gewalt. Die beiden hier herrſchenden Stämm 
Unterabtheilungen des Stammes Beny Sfaybän. Der Schay 
Stammes Chämiye heißt Hoffayn bä Sohra ben "Amudy, ım 
Schayd des Stammes der Moräfchide heißt “Abd er Rahme 
Oorra ben Amudy, und wohnen beide zu Choraybe. Der S 
der zur Zeit meiner Ankunft dort regierte und dem auch das g 
überliegende Dorf Eſch Scharg gehört, hieß: Menägit ibn "Abb 


Bauart und Einrichtung der Häufer. 103 


\ammelt und mehr wie einen Sinn unangenehm berührt. — Diejes 
macht das Gehen auf den Straßen eben nicht angenehm, befonders, 
da man immer bejorgen muß, von oben herab mit ſchmutzigem Waffer 
begoffen zu werden. — Die Form der meijt vier, aud fünf Stod 
hohen Häujer erinnert mic) an die der Tempel der alten Aegypter, 
welhe, wie fie, oben ſchmäler als unten jind. 

Die Fenſter find verhältnigmäßig jehr Hein und werden nur mit 
arten Läden von hartem Holze verfchlojfen, da Glasſcheiben 
anbelannt find. Außer dem Fundament, weldhes aus unbehauenen 
Steinen etwa ſechs Fuß hoch über den Erdboden reicht, ift der obere 
Theil der Häufer aus Lehmziegeln aufgeführt, welche, obgleich in der 
Eomme getrodnet, dennoch fehr dauerhaft find. 

Die Terraſſe fteht ungefähr 2 Fuß vor, und ift mit einer 
mgeführ 4 Fuß hohen Mauer umgeben. Im jedem Stode find 
die Zimmer durch einen Gang verbunden, auf welchen die fchmale 
Zreppe ausmündet. Die Wände der Zimmer, Treppen, Gänge, jo: 
wie auch deren Fußböden und die Stufen der Treppe find mit einem 
thorigen Cement belegt, in denen zur Zierrath breite, wellenförmige 
Streifen eingedrüct find. Die Hausthür ift fehr niedrig und ge— 
ſchmackvoll mit Schnigwerf verziert, in der Regel iſt auch ein Spruch 
ans dem Doran darauf augebracht; die Einrihtung der Zimmer 
ft jehr einfach, dem außer einem Wandſchrank, deſſen Thür mit 
eingeſchnitzten Arabesten und großen meſſingenen Nägellnöpfen ge= 
ichmückt iſt, ſieht man feine Möbel. Der Tußboden ift ent: 
weder ganz oder nur länge den Wänden mit dem oben erwähnten 
ihmarzen Wollenzeuge bededt, und an den Wänden hängen Yunten- 
flinten, Säbel, kurze Yanzen und Schilde. — An der Wand, 
welhe der SKta’bda (Mekka) zugewandt ift, hängen mehrere kleine 
Ratten, auf denen man dag Gebet verrichtet. In allen nad) Außen 
gehenden Wänden und im vorfpringenden Theile der Terraſſe find 
runde Schieklöcher angebracht. -— Die Wohnungen der Sultane und 
großen Schaychs erkennt man an den „Hörnern des Steinbode“, 
welhe auf der Terraije und allen oder einigen Eden eingemauert find, 


104 Große Unficherheit des Handels. 


Die Stadt bejigt drei Mofcheen und einen Heinen „Bajar“, | 
in welchem ſich höchſtens einige zwanzig ſpärlich ausgerüjtete Kauf: 
läden befinden. Die Häuſer find von Außen fo dicht aneinander 
gebaut, daß fie die Stelle der Stadtmauern vertreten; roh gearbeitete 
ftarfe, hölzerne Gitter verſchließen die Ausgänge der Straßen. 
Brunnen befinden ſich ſowohl innerhalb, als aud) auferhalb der Stadt 
mehrere, welche ein vortreffliches Trinkwaſſer in gehöriger Menge 
liefern. 

Mit Sonnenuntergang ftand der Thermometer bei heiterm Him- 
mel und Windftille 20°. 

5. Iuli. Am folgenden Morgen machte id) in Begleitung Schahch 
Abu Bekr's, des jüngften Sohnes meines Wirths, einen Spaziergang 
in die Umgebung der Stadt. Während wir über den Baſar gingen, 
bemerkte id) dem Schaych: „daß id den Bafar für eine ſolche Stadt 
— ſchlecht verforgt fände”. Darauf entgegnete er mir: „daß die " 
Städte Ribät, Raſchyd, Awra und Oarrayn feinen Baſar befäken, 
und daß die Staufleute ihren grögern Waarenvorrath in ihren Häujern 
hätten. Da aber die beiden Beduinenftämme des Wädiy mit denen 
der Umgegend fortwährend im Streite lägen, und daher jeden Augen 
bfi ein Ueberfall möglich) fei, jo wagten ſie es nicht, die in ſolchen 


Feſtungsthürme. Bewäſſerung. 105 


Die beiden Beduinen-Schaychs, cin Neffe des Sultans und der 
Dadhy jagen auf einer Erhöhung neben einem Kaufladen, und waren, 
wie mir mein Begleiter jagte, beichäftigt, Streitigkeiten zu ſchlichten; 
eine Dienge Beduinen umgaben.fic. Es ſchien mir aber, daR die 
Furcht des Herrn nicht groß bei ihnen war; denn fie machten einen 
Yirm, dag man fein eigenes Wort nicht hören konnte. Schaych Abu 
Behr machte mid) mit dem Schaych bekannt, und nad) den landes— 
üblichen Begrüßungen fetten wir uns auf eine Matte nieder; ſetzten 
aber, nachdem wir die Neugierde diefer „Gewaltigen“ befriedigt 
hatten, unfern Spaziergang fort. Durch ein enges Gäßchen gelangten 
wir ins Freie und ftiegen in die Schlucht hinab, welche El Arr von 
der Stadt trennt und mit Dattelpalmen dicht befegt if. Am Ab— 
bange der gegegenüberliegenden Anhöhe fielen mir die oben erwähnten 
enichnlihen Zubftructionen auf. Sie find aus roh behauenen Duadern 
gemauert, welche mit einem fteinharten Meörtel verbunden find und 
ha und da noch) 3—4 Fuß über den Schutt hervorragen. — GI 
Ir beiteht aus „12 Thürmen“, die dergeftalt angelegt find, daß 
fe fih gegenfeitig beftreihen. Bon El Arr ftiegen wir ins Thal 
hinab, wo ich die Waſſerleitungen befah, deren zweckmäßige An: 
gen in einem „ſolchen“ Yande wirklich überraichen. 

Tas 20 Fuß breite Flußbett, welches, wie die meiften Waͤdiys, 
nur nah jedesmaligem Regen Waffer führt, Hat auf beiden Ufern 
19 Fuß Hohe Dämme, deren Breite an der Baſis 8 Zuß, im 
dern Theile aber nur 4 Fuß mißt. Sie find aus dem felten, 
mergligen Thone des Waͤdiy aufgeführt, und mit großen Steinen, 
ſowohl nach Außen, als nad) Innen beffeidet. Hier und da find in 
dieien Dämmen fleine runde Deffnungen angebradjt, durch welche 
das Waſſer in Kleine Kanäle fließt, welche je nad) der Höhe des 
danebenliegenden Terrains höher oder tiefer angelegt find. 

Tie obere Fläche der Dämme ijt mit Fleinen Steinen ge- 
Mlaftert md dient als Weg für die Fußgänger. — Steinerne 
drüden eriftiren nicht, und nur hier und da jieht man, von einem 
damm zum andern, drei bis vier Dattelpalınjtämme neben- 


106 Fruchtbarkeit des Wädig Do an. 


einandergelegt. — Da das Thal einen ziemlich ftarten Fall hat, 
fo find im Flußbette an verſchiedenen Stellen 4—5 Fuß Hohe Quer: 
dämme oder Wehre gezogen, oberhalb welcher ſich das Waſſer 
ſtaucht und dadurd) in 4 Fuß breite, ebenfalls eingebämmte Reber 
fanälc gedrängt wird, dic das Terrain bewäffern, welches thalabwärtt, 
längs den Abhängen, folglich höher liegt, als die Fändereien neben 
dem Flußbette. 

Alte dieje Antagen jand ich aufs Beſte unterhalten. Der Bodar 
des Thale befteht aus einem fetten, mergligen Thon, welder mit 
etwas Sand vermijcht iſt und jehr fruchtbar fein fol. Länge der 
Kanälen zicht ſich eine üppige Vegetation von Arda, Tamaerieten, 
Mimofen, Ricinus, Platanen und Sykomoren hin. Die Felder fi 
auf eben die Art eingetheilt, wie die von Harr Schiwäts. 

Choraybe gegenüber mündet der Waͤdiy Dolle, welcher mit Gärten 
bededt ift, die theils dem Sultan, theils einigen Scheryfen gehärm 
und Bananen, Aprifojen, Eitronen, Weintrauben, Gemüſe manderki 
Art liefern; unter diejen bemerkte ich Yadingan (Solanum melon- 
gena), Zwiebeln, Yinfen, Rettige (weiße), Peterfilie, Bohnen, x 
pinen, Gurfen, Kürbis, Yattich u. dergl. ın. 

An der Südſeite des Wädiy Tolle liegt das Dorf Eſch Scham, 


Befuch beim Sultan von Choraybe. 107 


Beſuch macht, mit Kaffee bewirthen wollte, bevor nicht derfelbe durch 
das Teffnen jeines Kaffeebeutel$ das Verlangen darnach geäußert 
hat; eine Ausnahme von diefer Regel ijt, wenn der Fremde im Haufe 
wohnt. Das Geſpräch war für mich von wenigem Interefie, da ich 
aur die Neugierde der Geſellſchaft zu befriedigen hatte, während jie 
meine ragen nur oberflächlich beantworteten. Ich verabicjiedete mich 
daher, jobald der Kaffee getrunfen war, und kehrte nah) Choraybe 
präd. 

Des Nachmittags bejuchte mich des Sultans Bruder, ein fchöner 
Hann, von etwa 50 Iahren, dunkler, faft ſchwarzer Gefichtsfarbe 
und mit der einfachen Tracht der Beduinen angethan. Cr fagte mir, 
daß fein Bruder, der Sultan, mich zu jehen wünfche und ihn daher 
geſchikt Habe, mic, zum Abendefjen einzuladen; an Schayd Abd el 
Dädir erging diefelbe Einladung. Natürlich war ich erfreut, den Be— 
berricher von Choraybe kennen zu lernen, und folgte alfo in Begleitung 
U el Dädir’s dem hohen Führer nach der Reſidenz. 

Dei unferer Ankunft im Haufe des Sultans fchritt einer der 
dort Wache haltenden Beduinen voran und führte uns in die obere 
Etage, wo er die Thüre des Zimmers öffnete, in welchem fid) der 
Sultan befand. An einem Tenjterchen des mehr breiten als langen 
Gemachs jap Sultan Menacih, ein hagerer, etwa 7Ojähriger Greis, 
af einem perjiichen Teppiche, den der Zahn der Zeit bedeutend mit- 
gmommen hatte. ” 

Vie jein Bruder, war auch er bie zur Hälfte nadt und von 
dunller Karbe, von der das blanke filberne Heft der Dſchembiye und 
der mit kleinen filbernen Platten beſetzte Riemen feines kleinen Pulver- 
horns nicht weniger auffallend abftad), als das ſchneeweiße Haar 
Kine; Hauptes und Bartes. Sein Geficht hatte einen freundlichen 
len Ausdruck und deutete keineswegs jein hohes Alter an. 

Nach beendigtem Begrüßungsceremoniel mußte id) mich neben ihn 
uf den Teppich jegen, die Kaffeebeutel wurden gezogen und die 
Bohnen von einem Sclaven geſammelt, welder bald nachher Kaffee 
m eine Schüffel mit Datteln bradıte. 


108 Der Sultan von Ehoraybe. 


Das Zimmer, in welchem wir uns befanden, ſchien das Pr 
gemad zu fein; denn ob es glei mit dem oben befchriebe 
ſchwarzen Wolfenzeuge bedeft war, fo Hingen doch gegen 30 Iı 
Gewehre und cine Anzahl Süäbel, Tanzen, Dſchembiye (Dol 
Schilde und Patrontafchen an den Wänden umher. 

Der Sultan, welcher mid feinen Augenblick unbeachtet ließ, 
merkte, daß meine Blicke an den Waffen hingen, und rief daher | 
Sclaven, die ein Stück nad) dem andern herbeibringen mußte. 
Gewehre waren ſämmtlich mit perfifchen Läufen verfehen, die übr 
Waffen Hatten aber nicht viel mehr Werth, als den des baran ' 
ſchwendeten Silbers. Während ich mit der VBefichtigung der Wa 
bef&häftigt war, kamen die beiden Beduinen-Schaychs Bi Dorra 
Bü Sohra, welche ebenfalls eingeladen waren. 

Die Unterhaltung drehte-fid num um Waffen und Krieg, w 
Mohammed Alyy's, des türkiſchen Sultans, Fadhl Alyy und 
Engländer in reihlihem Maße Erwähnung geſchah. Sie erſtau 
nicht wenig über Alles, was ic) ihnen von der Macht und dem Rı 
thume Mohammed Alyy's, den fie (mebenbei gejagt) nicht an 
nannten, als „den Sultan von Aegypten“, und was id il 
von der Macht der Engländer und andern curopäifchen Mi 


Religiöfe Erckufivität. Das Mbendeffen. 109 


jemde giebt!’ — Ich hätte in diefem Augenblicke Dialer fein mögen, 
m den Ausdrud des Erſtaunens und des Abſcheus zu copiren, 
nelher jid) in den Zügen meiner Zuhörer ausſprach. — Nach kurzer 
pauſe machten fie ihren Gefühlen durch, ein Fräftiges „Eſchhed Allah!“ 
Saft und verdammten den Sünder mit frommem Gifer in den Ab- 
und der Hölle. Der Sultan bemerkte dann mir Stolz, „daß der 
wahre Islam nur noch in ihren Thälern wohnhaft fei und Hoffentlich) 
wit der Hülfe Gottes, bis zum Tage des jüngften Gerichts darin 
verbleiben werde. Die Verfammlung ſprach zu diefen fronmen 
Bunfhe ihr „Amen! und ftrid mit beiden Händen über Geficht 
md Bart. 

Auf meine Frage, ob in ihrem Lande nicht hier und da „„Iuden“ 
wohnten, antwortete mir der Sultan entrüftet, wie ich jo etwas von 
iker Heimath, denten fünne, ihr Land fer ein Beled cd Dyn (ein 
dand des Glaubens), in welchem mehr Heilige begraben worden wären, 
di in allen andern Ländern des Isläms und in das weder Chrift, 
ud Jude, noch Baniane (Brahmaverehrer) kommen dürfe. 

Unter jolhen Gefprähen war die Stunde der Abendmahlzeit 
Krangelommen, und nachdem wir das Abendgebet verriditet 
hatten, wırede eine große runde, aus Palmblättern geflochtene Matte 
dor uns ausgebreitet, auf der man Weizenbrode in Form großer, 
Hader Kuchen herumlegte. Kine große hölzerne Schüffel mit Reis, 
der ohne Salz und Butter bereitet war und auf dem cin halbes ge- 
Inhtes Schaf Tag, wurde nun aufgetragen. Dem Gebrauche gemäß 
jewirte man die Fleiſchbrühe in einen befondern Gefäß; bei dieſer 
Gelegenheit aber war fie in einem Geſchirr enthalten, welches in 
Europa -zu einem ganz andern Zwede beſtimmt ift, nämlich: „in 
einem anfehnlichen, mit blauen Blumen gezierten — Nachttopfe!“ 
Beim Anblick dieſes Geſchirres auf der Tafel eines arabiſchen Fürſten, 
lonnte ich nicht umbin, zu laden. — Der Sultan, welcher nebft 
den andern mitlachte, ohne zu wilfen, warum, fragte mid) nad) der 
Urſache. Ich entjchuldigte mich, fo gut ich Fonnte, mit dem Vor— 
geben, an etwas Anderes gedacht zu haben, das in feiner Beziehung 


110  Seltfame Suppenſchüſſel. Ribät, die Stadt. 


mit irgend eimem hier vorhandenen Gegenſtand ftehe. — Gegen des 
Ende der Mahlzeit ging diefe neue Art Suppenjhüffel von Mu 
zu Mund, bis fie geleert war. Ich war neugierig zu erfahren, durch 
welche Schickſale diefes Geſchirr bis hierher verfchlagen worden fd, 
und man fagte mir, daR es cin Kaufmann von Mafalla um 
einem engliſchen Schiffscapitain erhalten und es dem Sultan 
zum Geſchenk gemadt Habe. Bald nachdem cs dunfel geworden - 
war, mahnte Schaych "Abd el Dadir zum Aufbrud), worauf ung be 
Sultan durd) einen Beduinen bis an unfer Baus escortiren ließ. 
Am Morgen, mit Sonnenaufgang, bei wolfenlofem Himmel 7 
Winditille ftand der Thermometer auf 15°, um Mittags 25°, Mb - 
Abends 20’ N. E 
6. Juli. Den 6. Juli beſuchte ich unter dem Schutze ein z 
Beduinen, den mir auf mein Verlangen Schaych Bi Oorra geiht 3 
hatte, die etwas über Y, Stunde von Choraybe entfernte Stadt Kiez 
bät. — Sie ijt mit jener von gleicher Größe, und liegt zwifchen ver 
Waͤdin Minua und En Nebyy (des Propheten) an dem Uni 
punfte beider Waͤdiy, der zugleich der Entſtehungspunkt des WA 
Do’an ift. Die Richtung des Wädiy Do’än von Choraybe neh 
Ribaͤt iſt Eid, 20° Weft. Der Wäaͤdiy Minua zieht fi in IE 
Richtung Süd, 16° Weit hinauf. 
Ribaͤt gegenüber an der rechten Seite des Wädiy Minua ji 
das Dorf Chorbe, und an der linfen Seite des Mädin En Re 
das Dorf Darı ei Manäſil. "5, Stunde oberhalb diefes Ortes Miegk 
an der rechten Zeite des Wadiy En Nebyy, da, wo er ſich mit | 
Waͤdiy Chamuda vereinigt, das Dorf Haſſuſſa. Faſt diefem De 
gegenüber, um ein Weniges mehr thalaufwärts, mündetder Wädiy Tu 
Sſiybe. Alle dieſe Ortichaften jind das Figenthum des Sultans von RIM 
Auf dem Rückwege jah id) in der Schlucht oder dem Kohle 
von Choraybe, nicht weit von der Stadt, mehrere junge Mäpd 
welche, der allgemeinen Sitte islämitifcher Völker zuwider, unve 
Ichleiert gingen, ſich aud) nicht im Geringften genirten, bei umfe 
Annäherung uns weidlid) mit Tragen zu plagen. Ihr Anzug ı 


Veheii driı > a. la. 




















\ 


--ı. - 


Frauentracht im Waͤdiy Doän. 111 


die Mittel, welche fie angewandt hatten, um recht fchön zu fein, waren 
m höchften Grade originell, würden aber wenig nad) dem Geſchmacke 
umierer Damen jein. 

Der Schnitt ihrer Kleidungsſtücke ift ganz; der, wie bei den 
Beduinenfrauen oben bejchriebene, und der einzige Unterſchied befteht 
drin, daR fie aus feinern Stoffen verfertigt find. Die Oberhemden 
waren bei Allen hellblau, der Rand an den Aermeln, der Halsöffnung 
md den Kinfchnitten auf den Schultern grün und mit Sticereien 
verziert, welche bei den Reichern mit Silber, bei den Aermern 
aber blos mit weißen Baumwollenfaden ausgeführt find. ben: 
jo eine herzförmige Berzierung, welde vom Halje bie zur halben 
druft niedergeht. Der Gürtel ift aus dunklerm Zeuge ebenfalls ge 
fidt und mit einem filbernen oder meffingenen Schloſſe verjehen. 

Die Beintleider find meift aus roth und weiß gejtreiftem 
Buumwollenzeuge verfertigt. Je nachdem fie reid) oder weniger veich 


- fd, tragen fie fingerdide filberne oder meffingene Ringe un 


dein und Arm, aud) in jedem Ohre bie zu zwölf ziemlich ſtarke 
Ringe, welde längs dem Rande des ganzen Ohres angebradit 
imd und daffelbe ſtark hinunterziehen, was ihnen eben fein graziöfes 
Anjchen giebt. Einige diefer jungen Schönen hatten noch zum Ueber 
Ruß in jedem Nafenflügel einen Ring angebracht. — Auf jeder 
Stite des Kopfes ordnen fie fich ihr Haar m Kugeln, welde fie 
kandenförmig zufanmenbinden. Um ſo viel als möglich folhe Kugeln 
anfweiſen zu können, welche gewöhnlich die Größe einer halben Mannes: 
fonft Haben, nehmen fie ihre Zuflucht zu alten Stücken verschiedener 
Stoffe, über welche die Haare gewicelt werden. "Die ganze Frifur 
wird dann mit einer Gummiauflöſung überjtrichen, um ihr den ge 
dörigen Halt zu geben. Bon einer Schläfe zur andern binden fie ein 
ferbiges Band, an welchem mehr oder weniger fleine metallene Käſt 
Gen (Etuis) von der Form Heiner Schnupftabatsdöschen angebracht 
And, in welchen „geſchriebene Amulette“ ſtecken. Das Haar ift an 


- beiden Seiten und in der Mitte, von vorn nad) hinten, mit finger: 


breiten rothen Streifen bemalt. 


112 Schminke, Frifur, Talismane n. f. w. 


Gefiht, Hals, Arme und Füße find mit einem Extract der 
Surcumamurzel gelb gemalt und erſteres (das Gefiht) mit rothen 
und indigoblauen Blümchen bemalt. Die Augenlider find mi 
dem oben beſchriebenen Kohl ſtark gefärbt. Der Anblid des Coſtüme, 
welches ich hier beigegeben habe *), wird eine richtige Idee von dem 
ganzen Anzuge geben, richtiger, als es meine Beſchreibung vermag. 

Die Kinder der „Do’any‘ gehen, mit Ausnahme der Reichen, 
bis zu ihrem vierten Jahre vollfommen nadt. 

Ihr Haupthaar Haben fie auf eine ganz eigenthümliche Art ge 
Ihoren. So jah ih Cinige, welche nur oberhalb der Stirn einen 
runden Büſchel Haare trugen; Andere, bei denen man nur oberhaii 
der beiden Scläfe einen Büſchel und über den Scheitel von vom 
nad) Hinten einen zwei fingerbreiten Kamm hatte jtehen laffen; neh 
Andere endlich, bei denen zwei dergleihen Kämme den Kopf in drei 
Felder theilten. Diefe Art, das Haupt zu feheeren, ift jedoch nut 
bei den Knaben gebräudlid). 

Die Frauen tragen die Kinder nicht, wie die Aegypterinnen, af 
der Achſel, fondern fie ſetzen fie rittlings auf die Hüfte. Die Kinder 
der Reichen tragen, wie die Erwachjenen, weiter feine Kleidungsſtück, 
als einen Schurz um die Hüfte und ein Eleines vorn offenes Hemb 
mit langen engen Aermeln. Kopfbefleidung jah ich nur bei den 
größern Knaben und verheiratheten Frauen. | 

Um die Kinder vor Unglücksfällen und dem Kinfluffe des böſen 
Auges zu ſchützen, hängt man ihnen eine Menge Amulette um, welde 
bei reihen Leuten in jilberne Kapſeln eingejcloffen, bei den Armer 
aber in Yeder eingenäht find. Bei mehrern diefer Kinder zählte ih 
bis zu 50 folder „Zalismane”. 

Nachdem ich die Neugierde diefer Schönen wenigftens zum Theil 
befriedigt hatte, begab ich mid), jo ſchnell es ſich thun lich, nad 
meiner Wohnung, da Einige der Mädchen Miene machten, mein 
Geduld nod) ferner quf die Probe zu Stellen. 


*) Wrede's Coſtümbilder gingen, wie gefagt, verloren. = 





Gefahr beim Beſuch der Ruinen. 113 


Nach meiner Zurücdtunft befuchte ich meinen greifen Wirth und 
zeigte ihm meinen Entihluß an, noch vor der Sfyäara (Wall: 
fahrt) nach Ghadun, „die Ruinen im Wädiy Obne und dem 
Bädiy Mayfa'a“ zu befuchen, zugleich bat ich ihn, mid mit 
Empfehlungsfchreiben nach jenen Gegenden zu verfehen. Erſtaunt 
ſtug er mich: „warum ich mid) den Befchwerden und Gefahren einer 
flhen Reife ausſetzen wolle, da ich doch ruhig das Felt in feinem 
Haufe abwarten Fünne, wo es mir an Nichts mangeln würde“. Ich 
dankte ihm für die Güte, die er mir bis jett erwiefen und erklärte: 
„daß ich neben dem eigentlichen, religiöſen Zwede meiner Reife, auch 
- ch den verbände, mic) foviel als möglich zu unterrichten und durch 
. Ifhenung zu belehren, und daß befonders die alterthümlichen In— 
: Mriften aus der Zeit der himyarifhen Könige meine Aufmerkſamkeit 
; in die höchſte Spannung gefegt hätten, und ich fehnlichft wiünfche, 
meiner erregten. Wißbegierde zu genügen”. Dieſe Erklärung be- . 
riedigte den chrwürdigen Alten vollfonmen und er verfpradh mir 
driefe nad) Hicn ben Dighäl und Dſchul eſch Schahch mitzugeben. 
Auch follte mir fein Sohn einen „Führer“ verfchaffen. 

Doch ermahnte er mich, nicht zur lange bei den Ruinen zu bleiben, 
da die Beduinen leicht dic Meinung faſſen könnten, daß id) der Schäße 
halber dahin gekommen fei. Bor zehn Jahren fei aud) ein Mann 
durch Choraybe gekommen, der einen ‚‚vothen Bart‘ getragen, wes- 
halb ihn die Beduinen für einen „Kaͤfir“ (d.i. „Ungläubigen“) 
gehalten hätten. Diefer Fremde habe aud) die Ruinen befucht und 
deren Infchriften copirt, fei aber auf dem Wege nad) Märib von 
den Beduinen des Stammes Hawaͤlyy ?*) erfchlagen worden, haupt- 
ühlih, deswegen, weil fie der Meinung gewefen, er habe dort Schäge 
gehoben. 

Der Abſcheu, welchen die Beduinen des Hadhramaut fir alle 
dieinigen hegen, welche „vothes Haar“ tragen, fchreibt ſich auf 
Ormd folgender Legende aus den Zeiten des Propheten Gälih her. 
„As Gott nämlich den Propheten Gälih fandte, um den in greuliche 
Lafer verfunkenen Stamm Thamud zu befehren, läugneten fie dir 
Lv. Wiebe’3 Seife in Babhramant, 8 


| 


114 Die himyariſche Königelifte. 


Göttlichkeit feiner Sendung und verlangten von ihm ein Zeichen. 
Hierauf führte fie der Prophet an einen Felſen, öffnete denſelben und 
ließ daraus ein Kameel mit jeinem Jungen hervorgehen. Zugleich 
warnte er fie, diefen Thieren etwas zu Leide zu thun, widrigenfall 
es dem ganzen Stamme zum Verderben gereihen würde. Trotz dem 
Wunder fhenkten fie dem Propheten feinen Glanben, und einer unter 
ihnen, Namens Dobär el Ahmar 92) (Dodär der Rothe), töbtete 
durch einen Pfeilſchuß die Kameelkuh. Das junge Kameel verſchwand 
in dem Felſen. — Gott aber vernichtete den Stamm.“ — Noch jett 
ſagen die Araber: „roth wie Qodar“ — oder auch: „Unheil⸗ 
bringend wie Dodär der Rothe“, — und ſehen unter andern 
einen Jeden, der rothes Haar trägt, wie einen Menfchen an, der 
Böfes gegen ſie im Schilde führt. 

Nächſt diefem unterhielten wir uns über die vorislämitiſche Ge 
ſchichte der Araber, worüber indeß der alte Schayd) wenig zu 
fagen wußte. 

„Sein Sohn Ahmed dagegen‘, verficherte er mir, „wiſſe mehr 
als er von folhen Sachen, denn der befige ein altes Manufcript, 
weldjes die Gefchichte der himyariſchen Könige von Dahtän bis 
Mohammed enthalte.‘ . 





Heftiges Gewitter. Abreiſe nad) 'Obne. 115 


mfüllen, welche fid) bei Abu el Fidaͤ und andern arabifchen Schrift- 
tellen finden. *) ° 

Kaum war ich auf meine Stube zurüdgefchrt, fo brach ein heftiges 
Gewitter los. Blitz auf Blitz durchzuckte das ſchwarze Gewölke, 
welches dicht über dem Thale lag. Mit furchtbarem Getöfe hallten 
ns allen Schluchten des Thales die krachenden Schläge des Donners 
nieder und ein Regen, wie man ihn nur unter den Tropen kennt, 
Meffeite gleich einem Wolfenbruche nieder. Hunderte von Cascaden 
firzten von der Hochebene in die Tiefe hinab, und in dem furz vorher 
uch trockenen Flußbette des Waͤdiy tobte jekt ein reißender Berg⸗ 
tom. Dabei braufte ein heftiger Nordweft und bog die fchlanfen 
Stämme der Palmen. 

Der Ruf „Eg Säl!” („die Ueberſchwemmung!?) erſcholl 
us allen Häufern, und die Frauen trillerten den aud hier gebräud)- 
den „Sugharit‘. 

Endlich nad) zwei Stunden ruhten die empörten Elemente und 
e festen Strahlen der ımtergehenden Sonne erhellten wieder das 
ihrend des Sturmes in nächtliches Dunkel gehülfte That. 

Der Thermometer zeigte am Morgen bei heiterm Himmel und 

inditilfe 15°, am Mittag bei Nordwind 25°, am Abend nad) den 
ewitter bei Nordojtwind 20°. 
"7. Juli. Am 7. Juli übergab mid Schayd) Abd el Dädir 
m Schuße eines Beduinen vom Stamme Ba Omm Sſaduſſ, welcher 
h verpflichtete, mic fiher nad) den Dorfe Hin ben Dighäl zu 
ingen, welches fünf Zagereifen von Choraybe im Wädiy el Ha— 
har liegt. 

Da ih noch nicht mit dem möthigen Proviant verjchen war, der 
eduine aber einer Däfila angehörte, welche jogleich aufbrechen wollte, 
d ohnehin am folgenden Tage mehrere Beduinen und Städte: 
pohner nad) Din ben Dighäl reifen wollten, fo beſchloß id), 
Gejellfchaft diefer Leute zu gehen, und übergab meine Kffecten 


*) Man fehe die Wrede'ſche Königslifte im Anhang I, A. 
g* 


116 Geographifche Irrthümer. 


dem Bebuinen, welcher verfprah, im Dorfe el Ebnä auf mich z 
warten, - 

Gegen Abend wiederholte fi der Gewitterfturm, der an Heftige 
feit dem des vorigen Tages Nichts nachgab. Später Hatte id eine 
Unterredung mit dem ſchon oben erwähnten „Länderfundigen 
Scheryf“, der mir fehr intereffante Mittheilungen machte. 

So fagte er mir unter anderm: „daß es im ganzen Lande feine 
Stadt oder Dorf gäbe, weldes den Namen Do“än*) führe, ebenſo 
wenig eriſtire eine Ortſchaft Hadhramaut“. Unfere neuern Geo⸗ 
graphen haben mit diefem Namen ohne Weiteres „zwei Städte” ber 
nannt, welche nirgend vorhanden find und die fie ganz willkürlich in 
„Hadhramaut“ eriſtiren Laffen. Wie viele andere Irrthümer haben 
ſich noch auf unſere Karten eingeſchlichen, welche durch falſche oder 
falſch verſtandene Berichte entſtanden find, und die bei näherer Untet⸗ 
fuchung befeitigt werden können. 

Der Thermometerftand war am Morgen bei Windftille und 
heiterm Himmel 15°, zu Mittag bei Nordweftiwind im Schatten 25°, 
am Abend nad) dem Gewitter und bei Nordoftwind 20°. 


») Ueber bie wahre Schreibart des Namens „Do' An“ fehe man die Rote9P. 


Biertes Eapitel. 
Erfte Erenrfion vom Wadiy Do’än aus. 





Üreife von Choraybe. — Wäbiy Minua. — EI Dirbe. — Waͤdiy Ghardm. 
— Roätlager im Waͤdin Schomayre. — EI Ebnä. — Girrayı. — Ercurfion 
ach dem Dichebel Schagg. — Nachtlager im Waͤdiy Sfalaf. — Waͤdiy Ma’yfche. 
— Digebel Dabr eff Sfäyir. — Nachtlager im Wadiy Därat es Soha. — 
Bdig el Boyut. — EI Aqyq. — Dfchebel Moll. — Wädin Gafrä. — An- 
tunft in Higm ben Dighäl. — Wädiy EI Hadſchar. — Hin el Däyime, 


8. Juli. Am 8. Juli wurden am Morgen alle Neifevorberei- 
umgen beendigt. Mein Wirth verjorgte mich wit Mehl, Datteln, 
Kaffee, Butter und Honig und mit einem großen Stüde getrockneter 
Safiihfinne, hier „Cham“ genannt, welches Alles auf den Efel 
ined meiner Neifegefährten geladen wurde, eines Scerhfs, deffen 
Ohut bis EL Ebnä ich befonders empfohlen ward. Die gefammte 
Reifegefelffehaft war um 1 Uhr Nachmittags auf den Bazar ver- 
ſammelt, wohin fie uns rufen ließ. Ic machte dann noch mit dem 
Scheryf einen Abſchiedsbeſuch bei meinem alten Wirth, der mir feine 
Impfehlungsfchreiben einhändigte und mich noch einmal dem Scherhf 
nachdrücklichſt empfahl. 

Nachdem wir ein Fätiha gebetet und den Segen des Schayhchs 
Mmpfangen hatten, eilten wir, uns der übrigen Reifegefellfchaft an- 
miäließen, welche aus 20 Perfonen beftand. Da war aber noch fo 
Mondes zu beforgen, daß wir erft Y, nad 2 Uhr zur Ahreiie 


118 Nibät. Wadiy Min. Wäbiy Oharhän. 


kommen konnten. Sechs Bebuinen des Stammes Bi Omm Sfeuf 
bildeten die Escorte. 5 

Einige 100 Schritt vor der Stadt machten wir Halt, um a 
einem hier befindlichen Grabe eines Heiligen, aus der Familie der 
Bü Sfudän, ein furzes Gebet zu verfichten. Diefes Grab ift fonder- 
barerweife auf einen von der Gebirgswand herabgeftürzten, enormen 
Felsblock erbaut und mit einer Kuppel bededt. Bei Rib ãt bogen wir 
in den Wädiy Minua cin und famen um 3 Uhr an einem Wadt- 
thurme vorüber, der auf dem weftlichen Abhange erbaut ift. 

Das Thal, weldes bie hierher mit herrlicher Palmenwaldung 
und grünenden Saatfeldern bededt war, nimmt hier plöglich an Breite 
ab, und ift mit übereinandergethürmten, enormen Felsblöden bededt, 
zwifchen welchen Dimofen, Tamarisken, Nebef und kräftig wuchernde 
Schlingpflanzen hervorwachſen, welde einen großen Theil der Feld: 
maffen gleich einem Teppich bededien. — Obgleich diefe Felſenpartien 
dem Thale einen romantiſchen Anftric geben, fo ift doch der Weg 
durch diefelben im höchſten Grade beſchwerlich, und ic) war daher 
fehr erfreut, als wir nad) einer Stunde diefe Trümmeranhäufungen 
verließen. 

Der Wädiy ift hier wieder auf eine Heine Strede frei von dels⸗ 
blöden, und von Rechts am 

UT _— 


0 





4 


Muſik und pantomimifcher Tanz. 119 


plöglih an. Oberhalb diefer Rudera riefelt ein Bad, kryſtallklaren 
Raffers durch ein dihtes Gebüſch von Area, Platanen, Mimofen 
und Tamarisken. Der Bad) ift permanent und voller Heiner Fifche 
md einer winzig Heinen Art Granelen. Um 5 Uhr verliehen wir 
vn Waͤdin Minua und bogen rechts in den Waͤdiy Schomayre ein, 

velchen wir etwa 10 Minuten hinanftiegen und unfer Nachtlager 
mter weit überhängenden Felswänden aufichlugen. Wie gewöhnlich, 
mirden ſogleich einige Feuer angezündet und Kaffee gekocht, wozu ich, 
wie die Lebrigen, Holz herbeiholen wollte, welches aber Niemand 
geb, woraus id) abnehmen konnte, wie nachdrücklich die Empfehlung 
des hochverehrten Schaychs "Abd Allah ba Sfudän zu meinen Gunften 
geſiiumt hatte. 

Ein Gewitter war im Anzug. und wir waren froh, unter unferer 
Aeldede einigermaßen gefchütt zu fein. 

Das Unwetter warf ſich zum Waͤdiy Do’än hinüber, und entlub 
hd über ihm, der es auch beffer gebrauchen konnte, als wir. 

Am Abend beluftigten jich meine Reifegefährten mit Gefang und 
mit Tanz, welche von einer Rhobaͤba 9°) und Dacäba begleitet wurden. 
Tie Cacäba war aber für dies Mal weiter nichts, als cine euro— 
päiſche Querpfeife‘‘, wie fie Pfeifer bei den Regimentern in Europa 
brauhen, und der Virtuos war als Knabe Compagniepfeifer bei einem 
ighptiihen Negimente geweſen. Sein Vater war bei demſelben Re: " 
gimente Soldat, dejertirte aber fammt feinem Sohne und wurde 
hierher verfchlagen. Der frühere Regimentspfeifer hatte von den 
damals erlernten Stückchen Nichts vergefien, denn er blies.ganz ge: 

‚ mithlih die Arie: „Marlborough geht in den Krieg‘ (Marlbo- 
rough va à la guerre), nad) deren Takt die Andern wie befeffen 
umberfprangen. Zum Finale parodirte ein alter und witiger „Spaß- 
maher‘‘, der lange in Dichidde gewejen war, die „Türken“, „Sce- 
leute“ und jelbft die „Beduinen“, wozu ihm fein ausgezeichnet 
haßliches Satyrgeſicht vortrefflich zu ftatten Fam. Ob er gleich den 
Bedninen ftark zufeßte, fo nahmen fie es ihm doc nicht übel, 
fondern lachten-auf ihre- eigenen Koften mit. 


120 Waſſerſcheide zwiſchen MWäbiyg Do'än und Dirbe. 


Des Morgens jtand der Thermometer bei Heiterm Himmel und 
Windſtille 15°, um Mittag im Schatten 25°, des Abende bei Süb- 
weftwind 20°; der Himmel war mit Wolfen bebedt. 

9. Juli. Am 9. Juli früh Y%, nah 5 Uhr ftiegen wir in ber 
Richtung Süd, 30° Weit den ſehr fteilen Wädiy hinan und gelangten 
nad) einer halben Stunde bei feinem Entftehungspimfte auf das 
Plateau, wo, wir etwas anbieten, um bie Nachzügler zu erwarten 
Bald waren wir Alle verfammelt und ftiegen vüftig bie Y.8 U 
vorwärts, wo dann Y, Stunde geruht wurde. Nach einem aber 
maligen Marſche von fünf Viertelftunden gelangten wir an den Ent 
ftehungspunft des Wädit) Gharhän. Links vom Wege fenkt fih der 
Wädin Dilhäm ein, welcher in den Wädiy Mina mündet. Der 
Raum zwifhen diefen beiden Thälern Heißt: Qabadh Schayd.) 
Unter einem am Rande des Wädiy Sharhän ftehenden Baume ruhen 
wir bis um 10 Uhr. Eine Stunde Marſch brachte ung an die Stelk, 
welche bie Bebuinen Dabadh Häyif?) nannten, und wo an der Ein 
fentung des Wädiy M& Allah (d.i. das Waſſer Gottes), welder 
in den Wäbdih Gharhaͤn mündet, drei Ciſternen eingehauen find. 

Die ganze Gegend, auf eine Strecke von mehrern Stunden, 
gewährt hier cinen eigenthümlichen Anblid. Sie ift nämlich wit 


Geologif—he Bildung der Hochebene. 121 


Ion hier aus hört das Gebiet der Stämme Chämiye und Mlaräfchide 
af und das des Stammes Bü Meardagha begimnt. 

Zweiundzwanzig Minuten fegten wir unfern Weg fort und ge- 
Imgten in drei Stunden und zwanzig Minuten an den Fuß einer 
hohen Hügelfette, über welche unfer Weg führte. 

Auf diefer Strede trafen wir von Zeit zu Zeit mehrere Waſſer⸗ 
behälter und Eifternen, ſowie auch einige der Heinen Schutz⸗- oder 
Zufluhtshäushen an. Bon Waͤdih Dſchilwe an erhebt fi) das 
- Terrain allmählich. Plänarkalk und mergliger Thon überlagert auf 
der erften Hälfte des Weges den Grünfandftein und verſchwindet dann 
bis zur Hügelfette unter Numulithenkalk. 

Der Gefteinhügel ift eine fehr weiße Kreide von Adern 
eines ſchwarzen Feuerſteins durchſetzt, der zwifchen 2 Zoll diden 
Shihten eines ſchön grasgrün gefärbten, durchfichtigen Gypsſpathes 
ineliegt. — Die übrigen Hügel der Hochebene zeigen dieſelben 
Gefteine und Haben zu oberft noch eine ftarfe Page mergligen Thon. 
den Gypsſpath fand ih nur hier vou grüner Farbe; in den 
Hügeln der andern Gegenden ift er weiß und durchſichtig. Wic cs 
Iheint, war früher das ganze Plateau mit diefer Kreideforma- 
tion bedeckt, welche nad) und nad) mit dem Regenwaſſer ab— 
geſhwemmt wurde. 

Am füdlihen Abhange diefer Hügelfette läuft ein nur wenig ein- 
geihnittener Wädiy hin, welcher den Namen El Ebnä führt und 
in welhem die Dörfer EI Ebnä und Es Eirrayn liegen. CI Ehnä, 
06 Ziel unjerer Tagereife, erreichten wir Y, nad) 6 Uhr und fanden 
n einem kleinen Haufe Obdach, welches eigens zur Aufnahme von 
Keiienden beftimmt ift. Wir fauften einige Schaafe und Brennholz, 
wozu, nit Ausnahme der escortirenden Beduinen, ein Jeder beijteuerte. 

El Ebnä iſt der hödjitgelegene Ort des Plateaus und das Klima 
daher jehr Falt. Wie man mir erzählte, frieren dort nicht nur im 
Binter, fondern ſchon im Herbſt die Ciſternen zu, welches id) durd)- 
8 nicht bezweifele, da mein Thermometer am Abend nur wenige 
Örade über dem Gefrierpunfte ftand. Unſer aller Spaßmacher nannte 


122 Rauhes Klima von EI Ebnä. 


68 gar nicht anders als Omm eth Thaldſch (Mutter des Eifes). 
jo mmangenchmer war es für mid, daß mein Beduine noch nicht 
gekommen war. Meine Dede und mein Schaaffell waren mit 
dem Kameele, und jo war ich genöthigt, fo wie ich war, auf 
nadten Erde zu ſchlafen. Den größten Theil der Nacht ſaß 
mit mehrern Andern, denen die Kälte gleichfalls unbehaglid ı 
am euer, deffen dichter Rauch noch unfer Ungemach vermehrte. 
ſehnlichſt erwartete Morgen brach endlich an, und die Gefellf 
rüftete fi zum Aufbruch. Da aber mein Beduine noch nicht 
gefommen war, jo blich ic zurüd, um ihn zu erwarten. 

Des Morgens ftand der Thermometer bei heiterm Himmel 
Windſtille 15°, um Mittag 20”, und am Abend 10°. Die Ha 
richtung von unſerm Nachtlager bis hierher war Süd, 10° We 

Das Dorf El Ehnä zählt etwa 300 Einwohner, weldı 
etwa 60 niedrigen Häuschen wohnen und dem Stamme Bi M 
dagha angehören. Diefer Stamm ift eine der Abtheilungen 
Zweige des Stammes Bent Sfaybän. Ey Cirrayn gehört zu t 
ſelben Stamme und hat diefelbe Einwohnerzahl. Ein jedes d 
beiden Dörfer Hat einen großen Wachtthurm, in welchen ſich die‘ 
wohner bei einem Ueberfall flüchten. 


Aufbruch nach der Zropffteinhöhle. 123 


fruchtbarſten Theil des Yandes überliegen, ijt mehr als wahrſcheinlich, 
und in diefer Beziehung wäre cs wohl möglid, daß diejer Ort der- 
jelbe jein Fönnte, den dic arabiichen Sefchichtsfchreiber genannt haben. 
Dieſe Wahrfcheinlichkeit wird jtärker durch die Bedeutung des Wortes, 
denn, Ebnaͤ bedeutet „Barbar“. Allein die Bewohner des heutigen 
Ebnaͤ jind Feine Abkömmlinge der Perjer, jondern ſtammen von 
Sjanban ibn Nedfchd ibn Sja’yd ibn VYſſa el Amud ab, aljo von 
Hud (Eber) durch Hodun (Peleg). Oder haben ſich im Yaufe der 
Zeiten diefe perjiichen Anfiedler mit diefjem Stamme vermifdt? Das 
wäre leicht möglich. ?°*) 

10. Juli. Gegen 6 Uhr Morgens kam mein Beduine mit der 
Siflle an und wollte gleich weiter ziehen, was aber nicht in meinem 
Bune lag. Ich wollte vorher cine „Höhle“ befuchen, welche in 
der Nähe von El Cbnä liegt und von der mir der Sceryf von 
Chorahbe viel Wunderbares erzählt hatte. Ich machte den Beduinen 
mit meiner Abſicht bekannt, ftich aber, wie ich erwartet hatte, auf 
karten Widerjtand, den jedoch das Verjprechen überwand, ihn und die 
andern Beduinen für den verurjachten Aufenthalt ſchadlos zu halten. 

Er holte nun die Truppe herein, um den Handel mit mir ab- 
wihliegen, und nad) vielem Hin- und Herjchreien wurden wir endlid) 
dahin einig, daß ich zwei Schaafe kaufen und einen Thaler zahlen 
Ile, wogegen fie fid) verpflichteten, bis zu meiner Zurückkunft zu 
warten und ınir vier Mann zur Bedeckung mitzugeben. Ich machte 
Igleih die nöthigen Vorbereitungen; einige Brode wurden gebaden, 
Kaffee, Butter, Datteln eingepadt und in Grmangelung von Nadeln 
der Wachskerzen einige Bündel trodener, zuſammengedrehter Dattel 
jweige herbeigeſchafft. Außerdem füllten meine Begleiter einen Keinen 
Shlauch mit Waſſer, und jo ausgerüftet zogen wir Morgens um 
8 Uhr von dannen. 

Ter Weg führte bei dem Dorfe Ce Cirrayn vorüber, /, Stunden 
halabwärts, wo wir dann die Hochebene in der Nichtung Süd, 
2° Weit bejtiegen. | 

Ich Hatte von hier aus eine Ausficht in den Wädiy Er Raube, 


124 Gefährlicher Gebirgspfad. 


welcher bedeutend tiefer liegt, als der Wädiy EI Ebnä, und mit eine 
dichten Dattelpalmenwalde beſtanden iſt, in welchem ich das anfehı 
liche Dorf Raube bemerkte. Nach einer Stunde überſchritten w 
den nur wenig eingeſchnittenen Wädiy Ca’är und wandten uns Sü 
24° Oſt. Ein Mari) von 1%, Stunde bradte uns an den fül 
lichen Rand der Hochebene, wo wir neben einer Eifterne ausrupten 
Die Hochebene fällt hier etwa 2000 Fuß in mehrern fchmale 
Stufen mauerartig ab. Ein ſchmaler Fußſteig führt Länge diefe 
KRiefenmauer mit unzähligen Windungen in eine ſchauerliche Schluch 
hinab, welche den Namen Wädiy Schaggq führt. 

Das unterwegs getrunfene Waffer wurde erjegt und wir trata 
nunmehr die gefährliche Wanderung auf einem Pfade an, deſſen ge 
wöhnlihe Breite 4 Fuß, mehrere Male bis zu 2 Fuß — ab 
nimmt. Grauenerregende, fürchterliche Abgründe gähnten auf da 
einen Seite, während auf der andern Felſen theils ſenkrecht emper 
Stiegen, theils die Schwindel erregende Tiefe überhangend, den Pfel 
befchatteten, den man an ſolchen Stellen nur gebüdt gehen Tann. — 
Ich muß geftehen, daß ich gern wieder umgefehrt wäre; aber id 
ſchämte mich, weniger Muth zu zeigen, als die Beduinen, welche mi 
leichten, fiherm Schritte vorangingen. — In der unmittelbaren Rh 
einer Gefahr, gegen welche menjchliche Hülfe Nichts vermag, bei den 
Bewußtſein, daß ein Fehltritt unausbleibliches Verderben zur Yolg 
hat, wo, einmal vom Schwindel ergriffen, aud) der Muthigſte, wi 
von unfichtbarer Geifterhand, umwiderftehlid) in den Abgrund gezoge 
wird, da wird wohl aud) dem Tapferſten das Herz im Buſen Hopfen 
In feiner Situation meines Lebens hat ſich meiner ein fold m 
beſchreiblich beklemmendes Gefühl bemeiftert, wie bei diefer Gelegen 
heit. Ich glaube, cs iſt daffelbe, weldhes ein armer Sünder empfindel 
wenn er zum Hochgericht geführt wird. Auch fchienen meine Ge 
fährten diefe Empfindung mit mir zu teilen, denn die fo gefchwäkige 
Burſche ſprachen nicht cher eine Silbe, als bis wir am Fuße de 
foloffalen Felswand ftanden. 

Nachdem wir °/, Stunde den Wädiy Schaqq verfolgt hatte 


Der Eingang der Höhle. Geifterfurcht der Bebuinen. 125 


fliegen wir nörblid 300 Fuß den fteilen Berg gleichen Namens 
(Dihebel Schaga) hinan umd langten glüdlih /, Stunde vor 4 Uhr 
jum Eingange der Höhle. 

Nachdem wir unfer frugales Mittagsmahl zu uns genommen 
hatten, forderte ich die Beduinen auf, einige der trodnen Palmzweige 
anzuzünden und mir in das Innere der Höhle zu leuchten, wogegen 
fie aber allerlei Einwendungen machten. Ihre Meinung, daß wilde 
Zhiere in der Höhle fein fönnten, widerlegte ich dadurd), daß ic) fie 
auf den gänzlichen Mangel von Spuren im fandigen Boden des Ein- 
ganges aufmerkſam machte; hierauf rüdten fie mit der wahren Ur- 
jahe ihrer Furcht, „den böjen Geiftern, welche dem Volfsglauben 
gemäß, diefe Höhle bewohnen”, heraus. Nach langem Zureden ent- 
ihlojien fich endlich „zwei meiner Begleiter‘ unter der Bedingung 
wit mir zu gehen, „daß ich vorher durch Gebet die Geifter bannen 
wolle‘, wozu ich mich denn aud), um der Sache ein Ende zu machen, 
verftand und „mehrere Gebete’ fagte, worauf fie ſich zum Befahren 
der Höhle anſchickten. — Da feiner meiner beiden Begleiter zuerſt 
hinein wollte, nahm ich eine der Palmenzweigfadeln und kroch, ihnen 
voraus, in die kaum 1 Meter im Umfange umfaljende Oeffnung 
der Höhle hinein. Die Beduinen folgten mir, indem fie fortwährend 
tem: „Zoffdor! Zoffdor! ya Mobarekyn!” — d. i. „Erlaubet! 
Erlaubet! Ihr Gefegneten!‘ 

Nah einer durchkrochenen Strede von 6 Mecter befand ich mic) 
in einem Gewölbe, weldes auf 100 Fuß Höhe ungefähr 300 Fuß 
Uinge und 250 Fuß Breite mißt und von einer Säulenreihe mächtiger 
Tropffteinpfeiler getragen zu werden ſcheint, welche die Form zweier 
mit ihren Spigen zufammengegoffener Kegel haben. Die Farbe diefes 
Tropfſteins, welcher aud) die Wände der Höhle überzogen Hat, ift 
„röthlich-gelb“ und contraftirt feltfam mit dem weißen Sande des 
Bodens. Eine Menge anderer Pfeiler find im Entftchen und hängen, 
gleich Eiszapfen, vom Gewölbe herab, während ſich am Boden Kegel 
md Blöcke gebildet haben, deren phantaſtiſche Formen wohl geeignet 
Ind, einem unwiſſenden und abergläubigen Menſchen Furcht einzujagen, 


126 Das Innere der Tropffteinhöhle. 


der ſchon darauf gefaßt ift, etwas Uebernatürliches zu fehen. Mem 
Begleiter jtanden daher eine namenlofe Angft aus, und ein Jeder von 
ihnen hielt fortwährend einen Zipfel meines Oberhemdes feit, als 
wenn meine Berührung fie vor einem Unfalle hätte beſchützen fönnen. 

Von diejem domähnlihen Raume gehen nad) verfchiedenen Seiten 
hin fünf Gänge, welche id der Reihe nad) unterſuchte. 

Den erften Gang, welcher ſich links vom ingange befindet, 
fand ich nad) wenigen Schritten durd) einen Felsblod verfperrt. Der 
zweite endete nad) funfzehn Schritten in einen Spalt; der britte 
war jo niedrig, daß ich mm gebückt darin gehen konnte, erweiterte - 
fi) aber bald und führte nad) zwanzig Schritten an den Rand cineh 
Abgrumdes, deſſen Weite mir nicht möglich war zu beftinmen. Gi 
Stein, welden id) hinabwarf, fiel nad) zehn Secunden in Waffer 
(dem Geräuſche nad) zu urtheilen). — Der vierte Gang führte eben 
falls an den Rand diefes Abgrundes. — Durch den fünften ge 
langten wir an eine Heine Nebenhöhle, welche auf 30 Fuß Hök, 
64 Fuß Yänge und 50 Fuß Breite Hält. Wände und Dede derjelben 
find mit Kryſtalliſationen bedeckt, die das Yicht unferer Palmenzweige 
fadeln unzählige Male zurüdwarfen. Während ich mic) in biefem 
Prachtgewölbe umſah, flüfterte mir einer meiner Begleiter int 


Aberglaube m Bezug auf die Höhle. 127 


reiten Weberzeugung, daß, hätte id) mein Vorhaben ausgeführt, es 
mvermeidlid) unfer Aller Verderben geweien wäre. Ich verfudte, 
ie von diefer Idee abzubringen; aber, wer vermag einem Volfe, wie 
efem, feine mit der Muttermilch eingefogenen VBorurtheile zu ent: 
eigen? Ich lieh fie alfo bei ihrer Meinung und machte mid) bereit, 
en Rüdweg nah EI Ebnä anzutreten. 

Es lag uns natürlich viel daran, noch vor Anbruch der Nadıt 
ie Hochebene zu erreichen, da es im Dunkel doppelt gefährlid) wurde, 
ım jteilen Abhange hinzutappen. Um 1,6 Uhr jtiegen wir in den 
Wadih Schagg hinab und gingen fo ſchnell wie möglich, wurden 
ıber dennoch auf.der halben Höhe von der Nacht überfallen, welche 
n diefen Breiten plößlic), ohne vorhergegangene Dämmerung eintritt. 
Zum Süd hatten wir Mondenfchein, ohne welchen es faſt unmöglich 
geweien wäre, einen folchen gefahrvollen Weg zu betreten. — Immer 
längs der Felswand Hin vorfichtig fortichreitend, und auf Stellen, 
wo die Felfen den Weg überhingen, auf Händen und Füßen fort- 
friehend, erreichten wir um 9 Uhr die Hochebene, wo wir uns neben 
der Ciſterne niederliegen. Wir zündeten Feuer an und bereiteten 
Kaffee, welcher nebft Brod und Datteln vortrefflih, mundete. Nach 
einer Stunde Ruhe machten wir uns wieder auf den Weg und er: 
teihten um 3 Uhr Morgens das gajtliche Dad) im Dorfe El Ebnä. 

11. Juli. Bei unferer Ankunft ftanden ſogleich alle Beduinen 
u ımd waren gefchäftig, uns zu bedienen. Einige legten Holz 
u das Feuer, Andere kochten Kaffee und brachten unſere Por: 
tionen Brod und Fleiſch herbei. Des Sragens war Fein Ende. und 
Meine Begleiter wurden nicht müde zu erzählen, daß ich die Geifter 
gebannt hätte, daß, nachdem ich einen Stein in den Schacht geworfen, 
fh furchtbare Stimmen hätten vernchmen laffen u. ſ. w. Nichts 
Dirde vergejjen und wie gewöhnlich auf das Unfinnigfte commentirt. 
die Beduinen fahen bald mich, bald die Erzähler mit großen Augen 
an. Stillfchweigend nahm ic) meine Abendmahlzeit ein und horchte 
der Erzählung der von mir vollbradhten Wunder, erhob mid) dann 
wit der Erklärung: „daß fie Alle insgefammt nicht recht geſcheidt 


128 Bon Ebnä zum Wädiy Sfalaf. 


. wären‘: die Einen, ſolche Ungereimtheiten zu erzählen, die An 
fie anzuhören und zu glauben“ — und ftredte die müden Gi 
auf mein Schaffell. — Diefe unerwartete Erklärung bewirkte 
augenblickliche Stille, die aber bald durch ein allgemeines Geli 
unterbrodhen wurde. Alle traten auf meine Seite und gegen ı 
Begleiter damit auf, daß fie weniger Muth befäßen, als der fı 
Aegypter, und jeder rühmte ſich, bei einer ſolchen Gelegenheit 
Muth zu zeigen, wie fie. Ich meinerfeits wünfchte ihnen in 
Stille Glück dazu, war aber überzeugt, daß ſich Feiner von All 
einem ſolchen Falle befjer benommen haben würde, als meine heu 
Begleiter, welche übrigens derfelben Meinung zu fein fehienen; 
ohne ſich um die Spöttereien zu kümmern, folgten fie meinem 
fpiele und legten fi zur Ruhe. 

Der Thermometer ftand am Morgen 5°, um Mittag unt 
heiterm Hinmel und Nordweftwind 20°, des Abends hatte id) 
obfervirt. s 

Am 11. Juli erwachte ich erft um 10 Uhr, fah aber feine 
ftakten zum Aufbrud). Die Beduinen jagten mir, daß fie heute 
eine kurze Strede zurüdtzulegen gedächten, da diefer Tag einer 
unglücklichen fei und fie daher befürchteten, beim Hinabfteigen vo: 


Gefährliche Gebirgspaflage. 129 


een fteilen Abhang hinan und kamen etwas nad Y,7 Uhr an eine 
enge fteile Schlucht, durch weiche der Weg führte. Bevor wir fie 
betraten, Löften die Beduinen die Stride, mit denen die Kameele ge- 
wögnlich gebunden find; damit, wenn eins ftürzen follte, die andern 
nicht nachgezogen werden. " 

Um 7 Uhr Morgens befanden wir ung am Ausgange der Schlucht 
md am Rande des hier 1000 Fuß jäh abftürzenden Plateaus. Der 
"rg, der zur Rechten von dem Abgrunde begrenzt wird, während 
ſich zu Linken eine fteile Felswand erhebt, wendet ſich hier plöglich 
m rechten Winkel links, fobaß die Kameele auf einem Raum von 
6 Fuß Breite die Wendung machen müffen. Faſt alle waren bereits 
an diefer gefährlichen Stelle vorüber, als eines der letztern, welches 
mit zwei Meinen Kiften böhmiſcher Glaswaaren beladen war, an bie 
m umgebende Ede anpralitc, ausglitt und ins Thal hinabftürzte. — 
DdDie Verzweiflung des Eigenthümers, welcher, wie man mir fagte, 
mit diefem Kameel feine ganze Habe verlor, war unbeſchreiblich. Er 
wollte fich feinem Thiere nachftürzen, und würde e8 auch ohne Weiteres 
gethan Haben, hätten ihn die andern Beduinen nicht daran verhindert. 

Am Fuße diefer Unglüdswand angekommen, zogen wir in vielen 
Ktümmungen eine langgedehnte fanfte Abdachung hinab, welche fümmt- 
(ih aus ungeheuern Felsblöden und aus Schutt beftand, von einer 
Fälle romatifcher Kräuter, Stauden und Bäume überdedt. Diefe 
Anhänfung von Gebirgstrümmern erinnerte mid) Icbhaft an den Berg⸗ 
fur; von Goldau in der Schweiz. Aud) Hier liegen, wie dort, 
loloſſale Maffen, dem Gejteine der Hochebene angehörig, in bebeu- 
tender Entfernung umher. Diefer Bergfturz fand vor geraumer Zeit 
latt, denn ein beinahe TOjähfiger Beduine berichtete mir: „daß, als 
ſein Vater noch ein Knabe gewefen fei, ſich diefe Maffen von ber 
Hochebene getrennt hätten“. 

Um °/,10 Uhr befanden wir uns am Fuße diefes Trümmer— 
Bebirges und im trodnen Flußbette des Wädiy Mayfche ?%), in dem 
wir noch zehn Minuten fortichritten und dann unter dichtbelaubtemn 
Artagebuſche lagerten. 


Lv. Vrede s Meife in Babbramaut. 9 


130 Sturz eines Kameels. Verzweiflung des Eigenthümers 


Die Richtung von unferm Nachtlager bis hierher tft gerade Sb. 

Ich folgte den Beduinen, welche mit dem Eigenthümer bes ver- 
unglückten Kameels zu der Stelle gingen, wo es zerjchmettert Ing. 
Die Ausrufungen des Schmerzes erneuerten ſich hier. Voller Bar 
zweiflung warf fid) der Beduine auf fein todte® Thier, rief es beim 
Namen und weinte bitterlih. Kurz, der Anblid eines zerſchmetterten, 
zu feinen Füßen liegenden einzigen Sohnes hätte einem Water keint 
ftärfern Aeußerungen der Trauer entreißen können. 

Die Bebuinen ftarrten jchweigend, auf ihre Gewehre geichet, 
in die Scene, ohne auch nur den geringften Verſuch zu machen, den 
armen Menſchen von dem Gegenftand feiner Betrübnik zu entfernen. 
Endlich machte Einer von ihnen die Bemerkung, daß es Zeit fei, nad 
dem Nuheplage zurüczufehren, worauf fie ihren klagenden Kameraden 
mit Gewalt fortführten. Der Padjattel, obgleid) zerbrochen, und die 
Halfter wurden mitgenommen. 

Rechts (weitlih) von der Stelle, wo wir die Hochebene ver 
ließen, erhebt fich jenfeits des Wädiy Ma’yiche, ein weit über die 
Ebene ragendes Vorgebirge defjelben, Dichebel el Hagu genau, 
welches in der Richtung Nordweft ftreiht und, fo weit ich es vom 
Plateau aus überfehen konnte, in umerfteiglichen Riefenwänden abfällt. 

Mit Ausnahme des Flußbettes ift der Wädiy mit einem Dickiht 
von Area, Nebel, Mimofen, Tamaristen, Dompalmen, Senneftauder, 
Umwar und mehrern Arten aromatifcher Sträucher bedeckt, weldel 
von Schlingpflanzen fo durchwachſen, daß es nicht möglich, W 
baffelbe einzubringen. Außer den bereits früher befchriebenen Yäume 
und Sträudern lernte ic) noch drei nie von mir früher gejchent 
fennen. 

Das erfte Gewächs, welches mir befonders durch feine Gefteft 
auffiel, war der Dradenblutbaum (Dracaena draco, Procarpu 
draco; von den Araber Erg el Hamrä genannt). 

Der größte, den ich Bier fah, war gegen 16 Fuß hoch. De 
gerade Stamm hatte 1%, Fuß im Durchmeſſer und ift wit einer 
glänzend bleifarbigen Rinde bededt, ebenſo die Zweige, welche auf 





Der Dracdenbintbaum. Die empfindfame Mimofe. 181 


vr halben Höhe des Stammes beginnen, ſehr verfchlungen find, und 
de, wo fie ausfprießen, ſich plötzlich verdünnen. 

An den Enden der Zweige ftehen die ſchwertförmigen, lederartigen 
nd glänzend grünen Blätter im rechten Winkel ab und bilden einen 
Kunz, welcher einen Durchmeffer von 20 Zoll hat. Sie nehmen, 
jt mehr nach der Mitte des Kranzes, an Größe ab, ſodaß die größten 
I Zoll Ränge und an der Bafis 1Y, Zoll Dicke meſſen; die Heinften 
haben 1 Zoll Länge. Das Ganze formirt eine Krone, welche das 
Infehen eines umgeftürzten Kegels hat, der auf einem Pfeiler fteht. 

Der Saft, ber beim Abbredjen der Zweige reichlich hervorguilit, 
ft weiß, und hat die Coyfiftenz eines verdünnten Syrups, verdict 
ſih aber und wird dann dunkelroth. Das ift das fogenannte Drachen⸗ 
blut, weldhes in der Mitte des Monats Mai gefammelt und von 
den Arabern unter dem Namen Dum Oobayl, in der Sprache der 
Beduinen aber Edh Dhaha °”) in den Handel gegeben wird. 

Das Holz des Stammes und der Aefte ift ſchwammig und weiß. 

Der zweite Baum oder vielmehr Strauch, der mir hier auf- 
el, ift die Mimofa felam, von den Arabern Schedfderat et 
Täſa 99) genannt. Ich lernte ihn durd Zufall kennen, denn als ich 
imige feiner fchönen vothen Blüthen abbredjen wollte, geriethen die 
Väter und dünnern Zweige in eine zitternde Bewegung und die 
Bitter ſchloſſen fih. Ein Beduine, welcher mid) fah, riß mid) zurüd 
md verficherte mir: „daß mir ein Unglüd zuftoßen würde, wenn id) 
bein Baum verlegen würde”. Sie glauben nämlich, daß in diefem 
Gewächſe ein Geift lebe, der Jeden beftraft, der es verlekt. 

Außer diefer empfindfamen Mimofe und dem Dradenblut- 
baum fiel mir auch eine Pflanze auf, welche eine Art Lilie zu fein 
ſcheint, bajonnetförmige Blätter hat, und in großer Menge in diefem 
Vaͤdih wächſt. Mein Dachahl fagte mir, daß diefe Gegend vorzugs- 
weile von Panthern, Hyänen, Tigerkatzen, Luchſen, Wölfen, Schakals 
ud Dirbuns (ein von einem Wolfe und einem weiblichen Schafal 
erzengtes Thier) bewohnt fei, weshalb aud) Niemand gern hier über 
Nacht lagere. Im Wädiy Ma'yſche hört das Gebiet des Stammes 

9% 


132 Klagelied um das geftürzte Kameel. 


BA Mardagha auf und das des Stammes Kaſchwyn beginnt. 5 
Stamm ift eine Abteilung des großen Hauptftammes Beny I 

Während wir und im Schatten der herrlichen Bäume lag 
fegte fi der um fein Kameel trauernde Beduine unter eine 
Mimofe und machte feinem gepreften Herzen durch improbifirte 8! 
lieder Luft, die er nad) einer monotonen Weife herfang, fid 
dem Iangfamen Takte feines Gefanges ſchwankend hin = und herbi 
und jede Strophe mit lautem Schluchzen endete. 

Seine Kameraden forderten ihn mehrere Male auf, zu ihn 
fommen und Etwas zu genießen. Er wollte aber durchaus Nid 
ſich nehmen umd ſetzte feinen Trauergefang bis zu unferm Au 
fort. Der Inhalt deffelben war abwechſelnd, übertriebenes Lo 
Vorzüge und feltenen Eigenfchaften feines Kameels und lager 
feinen Verluſt. 

Um 1 Uhr verließen wir den angenehmen, fchattigen ul 
und verfolgten das Flußbett des Wädiy, welches ſich durch das 7 
windet, etwa Y, Stunde, bis an den Fuß des Dfehebel Die 
Sfäpir. 

Aus einem großen Wafferbehälter füllten wir unfere Sd 
und gelangten um Yz3 Uhr auf den Gipfel diefes Berges, n 





Form und Bildung der Gebirgskette. 133 


vorüber, neben welchem ein großes Baſſin und eine Ciſterne ein- 
gehauen find. Wir überftiegen dann einige fehr fteile Hügel, zogen 
men fanften Abhang hinab und Lagerten um Y,5 Uhr unter einigen 
Dinofen im Wädiy Därat es Sohä.®) Die Richtung des Weges 
m Wädiy Ma’yiche bis hierher ift Süd, 30° Weit. 

dom Waͤdiy Ma’yfche an ift der Graphiten - Lind - Kalk das vor- 
grrihende Geftein, das einen fandigen Mergel zur Grundlage hat, 
ter welchem an einigen Stellen in bem tief eingefchnittenen Wädiy 
08 Rothliegende zum Vorſchein fommt. Die Form der Hügel, welche 
ein Kalk bildet, giebt diefer Gegend das Anfehen von fturm- 
wegtem Meere, deflen Ianggedehnte Wellen, ſich überftürzend, 
Aütlich fteil abfallen. — Die Sturzfeite, wenn ich mic fo 
wedrücden darf, Ticgt bei allen dieſen Hügeln, mit Inbegriff des 
dichebel Dabr eff Sfäyir nad Norden, während ſich die lange 
dehnung nah Süden verläuft. — Alle diefe Hügel find öde, 
on aller Vegetation entblößt und blendendweiß, weshalb der Reflex 
kt Sonnenftrahlen bie Augen außerordentlich angreift. 

Bald nad) unferer Ankunft brach ein Gewitter los, welches ſich 
ber nach der Hochebene hin entlud und uns nur mit wenigen Regen- 
topfen heimſuchte. Bis fpät am Abend unterhielten fi die Be— 
ninen über den Unglücksfall von heute, bei welcher Gelegenheit eine 
Renge Beifpiele von gleich unglüclichen Ereigniffen der Reihe nad) 
räblt wurden. Indeß hatte der Arme, den es betroffen, fich wieder 
bgefondert und fang bis fpät in die Nacht feine KRlagelieder, 
hue auch nur das Geringfte zu fich genommen zu haben. 

Am Morgen ftand der Thermometer bei Windftille 5°, um 
Rittag bei Nordweftwind und heiterm Himmel im Schatten 25°; 
m Abend bei Nordweftwind, während des Gewitters 15°. 

Am folgenden Morgen brach unfere Däfilea Yz7 Uhr auf und 
reichte, nachdem fie zwei Hügel überftiegen hatte, den Rand des 
bin Halle, den fie bis Y/, vor 3 Uhr entlang zog. Hier erftiegen 
r abermals einen Hügel, deſſen füdliche Abdachung ſich in weiter 
rne allmählich verläuft. Die Ausficht, welche id) von dem Gipfel 


134 Wädiy Boyut. Dos Thal ber Achaten. 


deffelben genoß, war befohnend und um fo wohlthuender, als ich ſeit 
dem Wädiy Ma’yfche nichts als das ermübende Einerlei der lahlen 
Saffhügel geſehen Hatte. Dſchebel Biyr Schyh 0) Tinte, Diehl 
El Ghowayhte 1°) rechts, erheben in einiger Entfernung ftolz; ie 
Häupter und bilden die beiden Endpunlte eines großen Gebirge 
panoramas, beffen Vordergrund die gebüſchreichen Wädiy EI Boy 
und EI Ghowahte einnehmen. Zehn Minuten nad) 8 Uhr hatten wir 
den tief eingefchnittenen Wädiy EI Boyut zur Linken des Weges un 
ftiegen um 9 Uhr an feinem Bereinigungspunfte mit dem Wäbih El 
Ghowayte in ihn hinab. Hier beginnt das Gebiet des Stammes Bi 
Sſa'd, einer Abtheifung des Stammes Beny Nuh. Bon hier m 
bfeibt der Weg im Flußbette des Wädiy Boyut, ber mit Dichten Ge⸗ 
büfchen bedeckt if. Kurz vor 11 Uhr lagerten wir unter großem 
laubreihen Platanen neben einem Felſenbecken, in welches fid ein 
ftarte Quelle ergießt, die etwa 50 Schritte oberhalb plötzlich ans dem 
Sande hervortritt und ſich unterhalb des Baſſins in eine enge, tiefe, 
mit dichtem Geftrüppe überwachſene Schlucht ftürzt. Diefer Ruke 
plag heißt EI Aqhq (dev Achat), fo von den vielen Achaten ge: 
nannt, welche im Sande des Wädiy umherliegen. Außer den Acheten 
fand ih and Ehalcedon, Jas pis u. dergl. m.; alle jedod von 


Waͤdiy Moll, Gafrä und Hadſchar. 135 


Achate, Chalcedone u. ſ. w. erklärt. Der Waͤdiy EI Boyut vereinigt 
fh mit dem Wäbiy Nomaͤn, welcher in ben Waͤdiy EI Hadſchar 
mündet. Die Richtung des Weges von unſerm Nachtlager bis EI 
Aqyq ift Süd, 30° Weſt. 

Nachdem ich mich für bie lange Entbehrung eines Bades ſchad⸗ 
los gehalten Hatte, braden wir um 1 Uhr 10 Minuten auf und 
zogen binnen 40 Minuten den Dichebel Molk hinan, bis auf feine 
untere Terraffe, welche fi nad Oſten allmählich abdacht, während 
fd im Weiten das Gebirge fteil erhebt. Der Liasfandftein bes 
Dfihebel Moll, deffen Schichten faft Horizontal Liegen, ift an mehrern 
Eidien von 40 Fuß mächtigen Straten eines Conglommerats höchft 
merlwürdiger Tugeliger Eoncretionen durchbrochen, welche unter einem 
Vinlel von 45° von Oſt nad) Weft einfallen. 

Die kugeligen Eoncretionen beftehen aus Ghypsfpath, find durch 
en mergelig=thoniges Bindemittel verbunden und haben eine concen- 
tiihefchalige Textur, und zwar fo, daß fie im Durchſchnitte ab» 
wechſelnd durchſichtige und opafe Ringe zeigen, welche erftere nad) 
dem Mittelpunkte Hin an Breite zunehmen. Ihr Durchmeſſer war 
verihieben und variirte von 2 Zoll bis zu 2. Fuß. Einige 
waren an der Oberfläche rauh, hart, mit Heinen Kryſtallen bedeckt, 
andere aber locker und nad) allen Richtungen hin gefpalten. 

ur; nah 2 Uhr lag zur Linken bes Weges ber Wädiy Molk, 
weher die untere Terrafie des Gebirges durchfurcht und in ben 
Vaͤdih el Boyut mündet. Bon bier bis zum Wäbin Gafrä, eine 
Stmde Weges, überftiegen wir mehrere Höhen, deren Sanbftein- 
bildungen von dem darin vorkommenden Eifenfandftein röthlich-braun 
gefächt find. Ehe ich in den Wäbiy Cafraͤ hinabftieg, genoß id) eine 
entzikende Ausfiht in den Wädiy El Hadſchar. Unter bem 
ihn bedeckenden Palmenwalde fchlängelt fich ein Fluß Hin, in beffen 
dluthen fich an offenen Stellen die Sonne fpiegelte. 

An den Abhängen bes gegenüberliegenden Gebirges Liegen hödhit 
meleriich mehrere Dörfer und Wachtthürme, deren Bauart und Lage 
an unfere mittelalterlihen Burgen erinnert. Durch eine Schlucht wur 


136 Ankunft in Hien ben Dighal. . 


Rechten erblickte ich größere Saatfelder, die fi unter dem Palmm- : 
haine verlieren. Im Hintergrunde diefer reizenden Landſchaft erhebt | 
ſich in pittoresfen Formen ein hohes Gebirge, deffen Gipfel in bie 
Region der Wolken ragen. — Eine Stunde währte es, bis wir an 
der Mündung des Waͤdiy Gafrä ankamen und dann den Palmen, 
wald bes Wädiy EI Hadſchar betraten. 

Rechts an der Mündung des Wädiy Fafrä liegt auf einem hoken, 
fteilen Felfen das Schloß EI Däyime !%%) mit dem Dorfe gleichen 
Namens. 

Ueberall ſah id unter Dattelpalmen gut bebaute Felder, weile | 
mit Bewäfferungsfanälen durchfurcht find. Wir zogen jet thalabwaru 
unb famen nad Y, Stunde vor ber Mündung des Wädiy Din- 
npne 108) vorbei. Rechts Liegt hier ein Gehöfte und Linfs auf einer 
Anhöhe ein Wachtthurm. Stunde wanderten wir längs ben an 
muthigen Ufern des Fluſſes dahin und langten dann in dem Haupt⸗ 
orte des Wädiy Hign ben Dighäl an, wo ich im Haufe des 
Schaych Mohammed ibn "Abd Allah BäRäff eine gaſtliche Auf⸗ 
nahme fand. 

Mein Wirth Tieß fogleih Datteln und Kaffee auftragen, 
welche. ich in feiner und zweier Scherhfe Gegenwart zu mir nahm. 


Der biebifce Sultan. 137 


Kaum mochte ih eine Stunde geruht haben, als mir mein Wirth 
einen berfulifch gebauten Mann von beinahe ſchwarzer Hautfarbe 
bradjte, angethan mit einer ärmlichen Bebuinentracht, den er mir ale 
den Sultan Däffim ibn ben Dighäl vorftellte; er ſetzie fi) neben 
mic nieder und überfchwenmte mich mit einer folhen Fluth von 
Fragen, daß ich gar nicht wußte, welche ich zuerft beantworten follte. 
Zudringlicher als diefen ſchwarzen Prinzen habe ich Keinen Menfchen 
auf meiner ganzen Reife angetroffen. Alles wollte er bejehen und 
betaften, was mir um fo ımleidlicher wurde, als ich bemerkte, daß 
er eine jehr lebhafte Neigung blicken Tieß, ſich das Eigentum Anderer 
zuzueignen; denn kaum hatte er einige Worte mit mir geiprochen, fo 
verihwand auch jchon eine neben mir liegende Scheere unter feinem 
Sürtel. Ich fagte kein Wort, ließ es ihn aber merken, daß id) feiner 
Vingerfertigleit Anerkennung zolle, indem ich mehrere Gegenftänbe, 
welhe zwifchen uns lagen, mit einiger Haft auf bie andere Seite 
legte; welches er aber nicht zu beachten fchien. 

Zu meiner großen Zufriedenheit befreite er mid) bald von feiner 
Gegenwart, nicht aber ohne mich vorher gebeten zu haben, ihm ein 
Meſſer zu fchenken, welches ich eben exit aus dem Bereiche feiner 
Hande entfernt Hatte. 

Schaych Bä Räff erzählte mir am Abend, daß in dem Schloſſe 
El Däyime ein merfwürdiger Brunnen eriftire, welchen ein himyari⸗ 
ſcher König habe ausbauen laſſen. Ich bat ihn daher, mir am fol- 
genden Morgen einen Bebuinen zu verfchaffen, damit ich dem im 
Shloffe haufenden Schaych des Stammes Schogayr einen Befud) 
abitatten Tönne, welches er mir auch verſprach. Er hatte von dem 
dehninen, welcher mid hergebracht hatte, gehört, daß ich bie 
Höhle im Dſchebel Schaqq beſucht Habe, und war neugierig auf das, 
was ich darin gefehen. Nachdem ich ihn befriedigt Hatte, erzählte er mir: 
daß in diefer Höhle, lang vor Mohammed, ein Zauberer, Namens 
Shagg gewohnt habe, in deſſen Körper außer den Rippen und den 
Öingerfnöcheln feine andern Knochen exiftirt hätten; daß ferner un- 
emehliche Schäge in ihr aufbewahrt lägen, die von einem Heere 


Der Bäbiy el Hadſchar. 139 


" ad ichmal und durch Mauern unterftüßt, welche, gleid) den Dämmen 
be Rädiy Do’än, nur aus übereinandergelegten Kiefeln ohne Miörtel- 
berbindung beitehen. 

Der Wäbiy el Hadſchar, nach welhem die ganze Provinz be: 
asant wird, nimmt 12 Stunden nordweſtlich von Hin ben Dighaͤl 
em Dſchebel Bü Dſchanaf feinen Anfang, behauptet diefen Namen 
bis °/, Stunden füdöftli) von diefem Orte und wird dann Wädiy 
Dichiswel genannt, welhen Namen er 8 Stunden Weges beibehält; 
6 Stunden, bis zum Dieere,. weldhes er bei Biyr el Haͤſſy am Raff 
el Kelb (Borgebirge des Hundes) erreiht, führt er ben Namen 
Mayfa'a. Es ift vielleicht das einzige Thal Arabiens, welches ſich 
Eines permanenten Wafferftandes erfreut, und vielleicht das einzige, 
welches einen Fluß beſitzt, der zu allen Jahreszeiten das Meer erreicht. 
Dieſer Fluß entſpringt am Fuße des Dſchebel Bü Dſchanaf und 
wisumt an der nördlichen Seite des Wädiy Hadſchar noch zwei ſtarke 
Bäche auf, welde aus dem Wäbiy Scharad und Carhyr hervortreten. 
De Durchſchnittsbreite deffelben beträgt 50 Fuß und ift ex ftellen- 
weiſe ſehr tief. Ich ſah ſehr viel Kleine Kifhe und eine Art Gra- 
nein in ihm. 

Im ganzen Wadiy El Hadſchar ſoll fein Sperling eriftiren, und 
wirklich ſah ich dort auch keinen einzigen, obgleich während meiner 
Amweſenheit die Dattelernte war, wo fie fih in andern Gegenden 
Icharenweife einfinden. Die Einwohner fchreiben dieg dem Neby 
Allah Hud (dem Propheten Gottes Hud) zu, welcher, um das 
gehorfame und ehrerbietige Betragen der Einwohner gegen ihn zu be- 
lehnen, den Sperlingen den Zutritt in diefes Thal verbot. 

Da ih mich nur einen Tag aufhalten wollte, fo äußerte ich gegen 
meinen Wirth den Wunfch, einen beichükenden Führer auf den Waͤdiy 
Mahfaa und Habbän anzunehmen, worauf er mir ein fehr ab: 
Ihrefendes Bild von den zügellofen und räuberifchen Gewohnheiten 
des auf diefem Wege haufenden Bebuinenftammes Eds Dfiyayby 
entwarf unb mir vieth, dieſe Reiſe nicht zu unternehmen. Jedoch 
eimal entfchloffen, mich weder durch eingebildete noch wirkliche Ge⸗ 


Die räuberifchen Dfiyayby. 141 


Mit diefem Lobe, welches er fi und den andern Beduinen auf 
viele indirecte Weife auf Koften der Dſiyayby gab, war id nun 
freilich nicht ganz einverftanden; bei alledem war e8 aber Teineswegs 
beruhigend, einen Räuber, der nur durch die Macht herfönmlicher 
Belege oder duch Furcht abgehalten wird, den zu berauben, ber 
uter dem Scute feines oder eines andern befreundeten Stammes 
Kebht, jagen zu hören, daß für einen Stamm, beffen Gebiet man 
betreten will, alle diefe durch die Länge ihres Beſtehens geheiligten 
Bonventionen ein leerer Schall find und daß weder religiöfes Gefühl 
wech Furcht ihn abhält, feinen räuberiſchen Gewohnheiten freien Lauf 
au laſſen. Doc, beruhigte mich einigermaßen feine Meinung, daß 
unter dem Schutze eines Abd el Manäh die Gefahr geringer fei. 
Auf meinen Wunſch, die Brunnen zu fehen, führte er mid 
in den Schloßhof, wo mehrere Beduinen Datteln auf Matten aus- 
Breiteten.. Ich bemerkte bier, daß die Fundamente der Gebäude 
frühern alten Bauten angehörten, während der obere Theil berfelben 
in neuerer Zeit aufgeführt war. Auf einem der Mauerfteine be- 
merkte ich zwei himyariſche Buchſtaben, fonft aber nichts von 
alten Infhriften. — Man führte mich dann in einen großen be- 
dedten Raum, der ein gemauertes Baffin umschließt, das 10 Fuß 
ins Gevierte enthält umd zu dem das Waffer durch eine Rinne von 
Außen hergeleitet wird. | 

Der Schahch ließ eine Kleine Thür öffnen, durch die wir ine 
Freie traten. Hier fteht, etwas von der Dauer entfernt, ein runder 
Zhurm, in welden fi der erfte Brunnen öffnete, der ungefähr 
3 Fuß im Durchmeffer und 4 Fuß Tiefe hat. Im den Seiten des 
Brumens find Löcher gehauen, welche als Treppe dienen; denn ein 
anderer Weg zu den untern Brunnen eriftirt nicht. 

In der Hoffmng, an den untern Brunnen eine Infchrift zu 
finden, ftieg ich mit meinem Schayd und einem Beduinen hin- 
mtr. Etwa 3 Fuß oberhalb bes Brunnenbodens ift em Seiten: 
fanal eingehauen, durch welchen das Waffer in ihn geleitet wird. 
Deſer Kanal ift fo niedrig, daß ich nur gebüct hinducchgehen Townte, 


142 Alte Bauten und Brunnen in Qayime. 


und führt in einen Thurm, der mit einem andern in Verbindung 
fteßt, in welden der zweite Brunnen miebergeht. Durch biee 
gelangten wir in den unterjten Thurm, in deſſen Nebengebänh 
der eigentliche, wafjerfpendende Brunnen bis unter dem Nivcan di 
Fluſſes eingehauen ift. 

Das Waffer wird in ledernen, louiſchen Eimern, ohne Ha 
einer Rolle oder Welle von Brunnen zu Brunnen gefördert, bis d 
das Baffin innerhalb der Schloßmauer erreicht. 

Bon Infhriften fand ich nicht die geringfte Spur, auch find i 
Thürme, die Grundmauern abgerechnet, neuerer Conftruction. Ob 
gleich dieſes Brunnenwerk den-Brunnen “Adens nidt gleih 
tommt (wenigftens hinſichtlich der Solidität des Gefteins), fo if d 
doch nichts defto weniger ein beivundernswürdiges Werk, welhes a 
Zeiten höherer Cultur hindentet. 

Welche Urfachen walteten ob, die Nachlommen jenes civilifirte 
Volles in ihren jetzigen Zuftand der Brutalität zu verſenlen und ca 
Land, weldes die alten Gefchichtsfchreiber und Geographen ein veicheh 
fruchtbares und daher glüdliches nannten, in eine wüfte Eindde, # 
den Zummelplag roher Horden zu verwandeln? — Auch Bier di 
fich der geifttöbtende Einfluß der Religion Mohammed’ kund 


Bewäflerungsiuften. 143 


und verlieh das Schloß, um nod einen Spaziergang im Thale zu 
machen. Auch Hier ift das Bewäſſerungsſyſtem im Gange, das 
ich im Wädiy Do’an befchrieben habe, jedoch mit dem Unterfchied, daß 
Bier weder das Tlußbett, noch die Kanäle eingedämmt find. Auf 
ber tinzen Strede von einer Stunde ſah ich drei Wehre im Fluſſe, 
weiches auf einen ziemlich ftarfen Ball des Waſſers jchließen läßt. 

Den Reft des Tages benußte ich zum Niederfchreiben meiner 
Retizen und zu den Vorbereitungen zur Reife. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei Winditille und ftarfem 
Rebel 25°, um Mittag bei heiterm Himmel und Nordweitwind 36°, 
Des Abends 28°. 


Fünftes Eapitel. 


Die Ruinen von Obne. 


Abreife von Hign ben Dighäl. — Wadiy No'män. — Dſchul ba Yagpat — 
Wadiy Diiewel. — Dſchebel Nosb. — Ein erloſchener Sultan. — EM 
Obne. — Ruinen von ‘Dbne. — Wädiy Arar. — Zur Characterifif der de 
duinen. — EI Dſchowayre. — Dobbet el "Ay. — Die Bay Harbige — 
Wädiy Mayfa'a. — Ankunft in Dſchul ef Schayd. — Schaych Omu in 
‘Abd er Rahman ben ‘Abd el Manäh. — Abreife. — Saggume. — Auſal I 
Dfigaydy. — Nücreife nach Dſchul eſch Schaych. — Ahreife. — Bay d 
Hadhena. — Dieebel Alga. — Wäbiy Soggayme. — Et Gobayre, — EM 
Scharad. — Zweiter Anfall der Dfiyayby. — El Hobd. — Wädiy Garkyr. — 
Ankunft in Hin ben Dighal. 





Reiſelieder. Waͤdiy No maͤn. 145 


Dein Rüden ift breit und fleifhig! Du trägſt mehr wie andere 
Kameele! Dein Gang ift raſch und fidher, und Du wirft nicht 
müde!” — Oder auh: „Bor uns Liegt ein Brunnen! Ein 
Brunnen mit füßem Waffer! Du wirft unter den Bäumen 
einhergehen, unter Bäumen voll faftiger grüner Dlät- 
ter” u. ſ. w. 

Nah Y, Stunde jah ich rechts vom Wege, auf einer Anhöhe, 
feft in der Mitte des Wädiy einen Wachtthurm, welcher Hign el 
Difne genannt wird. | 

Zehn Minuten fpäter kamen wir an das Dorf Dihul bä 
Yaghuth ?%%), welches an der weftlichen Seite der Mündung des 
Wädiy No'män liegt und gegen 200 Einwohner zählt. Der Wäpiy 
Ro’män ift eine halbe Stunde breit und mit Dattelpalmen bedeckt, 

‚,  mter benen portrefflich angebaute Felder liegen. — Wir hielten bier 
an, da der Schaych zu einem feiner Bekannten gehen mußte, um 
einen Waſſerſchlauch zu holen. Lngefähr 300 Schritt vom Dorfe 
entfernt, liegt unmittelbar am Dorfe ein Wachtthurm, welcher dazu 
bient, die Einwohner, während fie Wafjer holen, zu beſchützen. — 
Kurz vor 8 Uhr feßten wir unfere Reife weiter fort. Die Palmen 
md mit ihnen die Saatfelder verfchwinden fchon nah 10 Minuten, 
md das Thal verengt ſich plötzlich zu einer etwa 40 Fuß breiten 
Schlucht, die einen Höhenzug durchfchneidet, welcher die Dfchebel 
RKo'män und Matny 106) verbindet. 

Mit ftarfem Getöfe ftürzt fich der Fluß in diefe Schlucht und 
brängt fich fchäumend durch die Felfentrümmer, welche feinen Lauf 
bemmen. Der Weg führt etwas bergan und 14, Stunde zwifchen 
dr Schlucht und dem Abhange des Dichebel No'män hin. Diefer 
Berg entfendet einen Ausläufer nad) Südoft, welder den Namen 
Dichebel Dichofayye 107) führt. Yon diefen Höhenzuge ftiegen wir in ein 
P breites Thal hinab, welches Wädiy Dſchiswel genannt wird und mit 

mem Didicht von Arda, Platanen, Mimofen und Tamaristen befett 
ſt, durch welches ſich der Fluß fchlängel. Um 10 Uhr lagerten wir 
mier dem Laubdache einer riefigen Platane am linken Ufer des Fluſſes. 

A. v. Uirebe’6 Reife in Pabfrumant. 10 






146 Gebirgebilbung. Waͤdiy Dſchiewel. 


Die dammartige Ablagerung des tertiären Kallſandſteins, welche 
die beiden Dſchebel No'man und Matny verbindet umd durch welche 
fih der Fluß Bahn gebrochen Hat, Hat eine Höhe von ungefähe 
150 Fuß. 

Nahe bei unferm Nuheplage brauft aus der Schlucht der dlcj 
hervor und ergießt fic in ein Freisförmiges Becken, welches eine Tiefe 
von mindejtens 20 Fuß mißt und augenjcheinlic durch den Tall dee 
im Anfang über den Damm fließenden Waffers entftanden iſt. Dem 
allem Anſchein nad) war der Wädiy EI Hadſchar früher von nm 
Landſee bededt, welder nad) volfendeter Auswaſchung der Schluit : 
volfftändig abfloß. Auch deuten die Süßwafferdiluvien darauf hi, 
mit welchen ich fpäter den weftlichen Theil des Waͤdih, von El hou 
aufwärts, auf eine Strecke von 3 Stunden überdeckt fand. Der dlf 
war bier reich an Forellen und farpfenartigen Fiſchen. 

Gegen 42 Uhr brachen wir auf und verfolgten den Lauf db 
Fluſſes bis ”/, nad) 3 Uhr, wo wir die bisherige ſüdöſtliche Kid 
tung verließen und, uns nad Süden wendend, eine Anhöhe eritiegen, 
auf welcher der Weg einem bedeckten Gebirge zuführt, welches da 
Namen Dſchebel No“äb trägt und nur durch eine Niederung me 
dem hier fteil abfallenden Dſchebel Matnh getrennt ift. 


Geologifches. 147 


Rutzen oder aud) ganz und gar nicht brauchbar fei. Allein ſowohl 
hier, als auch bei vielen andern Gelegenheiten habe ich mich vom 
Gegentheil überzeugt, und oft mit Erſtaunen den ſichern Tritt und die 
Leichtigkeit bewundert, mit welcher diefes Thier auf den fehwierigften 
Gebirgswegen einherjchreitet. 

Wir hatten 40 Minuten zur Erfteigung diefer Anhöhe gebraucht 
md betraten jebt eine Gegend, welche in geologischer Beziehung eine 
der merfwürdigften ift, die mir während meiner Reife aufftieß- Der 
Weg führte nämlich in eine Freisförmige Niederung von 10 Minuten 
Durchmeſſer, die von einem 20 Fuß hohen wulftigen Rande erjtarrter 
Lava umgeben ift. Xängs der innern Seite defjelben erheben fich 
mehrere Tonifche Hügel, welche man beim erſten Anblide für Afchen- 
haufen anfehen könnte. Bet näherer Befichtigung jedod fand ic), daß 
fie aus Bimftein beftanden, deſſen Oberfläche ſchon fehr verwittert 
wor. Sie find von Strömungen eines fchwarzen Obfidians durd- 
jet, welcher als ſchwer zu verwitterndes Geftein über die Oberfläche 
der Hügel vorjteht. — Die Lava ift ſchwarz, voll runder, oft ganz 
ſchwarzer Blafenräume, Dlivin und glafigen Feldſpath, Kryſtall⸗ 
keide enthaltend. — Die frhauerlihen Klüfte, weldhe in den Wänden 
des nahen Gebirges gähnen, und die bedeutenden Hebungen der Schichten 
in der nächiten Ilmgebung des Kraters zeugen von der erfchütternden 
Gewalt, mit welcher fich hier das plutoniſche Element Bahn brad), 
geben der Gegend einen höchft bizarren, wilden und großartigen Cha⸗ 
tafter, der auch auf die lebhafte Einbildungskraft der Araber einen 
farken Eindrud gemacht hat. „Gleich feurigen Phantomen“ (erzählt 
man ſich) „ſtreifen Hier nächtlicher Weile Geifter umher und vernichten 
fen tollklühnen Sterblichen, der es wagt, an dieſem ihren Tummel- 
blake zu übernachten.” 

So hat fi die Sage von den Schrednijfen, deren Schauplak 
diefer Ort einjt war, bei dem Volke fortgepflanzt und dem Glauben 
eu bösartige Feuergeiſter feine Entftehung gegeben. Sie nennen daher 
ad diefen Ort: Omm el Didinny, d. i. Ort der Geifter. 

Nachdem wir den füdweftlichen Rand des Kraters überitegen 

10* 


Der Wäbig Obne. 


u MAL men. an mu 


an — 





Die Ruinen von Obne. 149 


Segetation auf diefer Strede, und nur unter einem großen fchief- 
iegenden Felsblocke fanden wir Schatten. 

Die Ruinen von "Obne find nicht die einer Stadt, wie ich 
nir vorgeftellt hatte, fondern die einer Mauer, welche quer durchs 
Dal gezogen ift und dann über einen nicht fehr fteilen Berg geht, 
weiher den Wädiy Obne in Weſten begrenzt und im Often an einer 
teen, wie ein Graben geftalteten Schlucht endigt, an deren ent- 
tegengeſetzter Seite eine Anhöhe fehr fteil abfällt. ‘Diefe Anhöhe 
md der Thalboden beftehen aus Grauwacke, ber gegenüberftehende 
derg ans Jura⸗Kalkſtein. Dem öftlichen Ende der Mauer gegenüber 
geht fi von der Anhöhe eine ſchmale Schlucht nieder, welche auch 
kırh eine Mauer gefchloffen ift, an der man am Boden ein vier- 
eciges Loch gelaffen hat, um das Regenwaſſer durchfließen zu laffen. 
IM Schritt ſüdlich von der großen Mauer fällt die Thalfohle einige 
H Fuß ab, und der Wädiy, welder von da an “Arär genannt 
wird, ift fo ziemlich mit Area, Mimoſen und Dompalmen bepflangt. 
Eimge 50 Schritt weiter mündet öftlic ein anderer Waͤdiy ein, 
nd weichen obenbemerkte Anhöhe fehr fteil abfällt, aber da, wo 
fe gleihfam ein Vorgebirge bildet, eine weniger fteile, ftufenförmige 
Adehung zeigt. Da num von diefem Punkte aus die Hauptmauer 
Mpangen werden kann, jo hat man den Gipfel des NVorgebirges mit 
iner Mauer gekrönt, die, wenn auch nicht fo groß, doc Hinfichtlich 
üter Bauart der großen Mauer gleicht. Die Hauptmauer ift im 
Dale gleich gut erhalten, dagegen am Berge und am Abhange 
befielben zerjtört. Die großen Duadern find forgfältig behauen und 
mt einem Mörtel zufammengefügt, der beinahe jo hart geworden ift, 
bie das Geftein felbft. Die Höhe diefer Mauer ift 6 Meter und 
NR Sentimeter, die Breite 6 Meter und 8 Centimeter. Die 
Länge von der Schlucht bis zum Fuße des gegenüberliegenden Berges 
61 Meter. In der Mitte des Thals befindet fih ein Thormeg 
m | Meter und 64 Centimeter Breite, defjen Wände etivas 
&bbechen und der augenfcheinlich nie bedectt war. An feinem ſüd⸗ 
len Ansgange ift auf einem langen Ouader, in der dftlichen 


150 Die Infehrift von Obne. 


Sagen über die Mauer von Obne. 151 





Gleich nad) unferer Ankunft begab ich mid) zu der Infchrift 
m copixte biefelbe, was freilich fehr langfam von ftatten ging, da 
ir die himyariſchen Charaktere gänzlich unbelannt waren. Während 
ih mit biefer Arbeit befchäftigt war, vernahm ich einen Lärm, als 
wenn fih mehrere Perfonen zanften. Natürlich fam ich auf den Ge: 
arten, daß Schaych Sfalym mit Dſiyayby-Beduinen in Streit ge- 
tathen fei, und eilte deshalb zu ihm. Dieſer aber kam mir bereits 
m vollen Lauf entgegen, weil er ebenfalls der Meinung geweſen, 
fer mit Dfiyayby-Beduinen in Eollifion gerathen. Jetzt entdeckten 
wir erft auf der andern Seite der Schlucht die Ruheſtörer, nämlich 
em Truppe von einigen 60 Affen, die herabgefommen waren, um 
rm Durft mit dem auf dem Boden der Schlucht ftehenden Waſſer 
zu löſchen. In feinem Aerger fchleuderte mein Schaycdh unter allen 
m möglichen Verwünſchungen Steine gegen fie, weldjes aber feine 
andere Wirkung hervorbracdhte, als dag die ganze Gefellichaft in einer 
größern Entfernung niederkauerte. Schaych Sfalym ſah ihnen nad 
ud rief dann aus: „Nun, nie werdet ihr mir gehordhen, da ihr 
mät einmal auf die Ermahnung Hud's, des Propheten Gottes, 
geachtet Habt? ‘‘ 

Abergläubifche Sagen, welche durd) den ganzen Orient verbreitet 
ind, müpfen fid) an diefe Bewohner der Klüfte; die Legende erzählt 
inter Anderm: 

„Der König Scheddäd aus dem aramätfchen Gefchlechte der 
Cd» eroberte die Welt und brachte alle erbeuteten Schäße in feine 
Hanptſtadt Iram⸗dſaͤt⸗el⸗Iſſnaͤd 208), deren Bewohner fo reich wurden, 
deß der König im einem goldenen Palafte und feine Unterthanen in 
ilbernen Häufern wohnten. Dieſer Reichthum hatte zur Folge, daß 
der König und feine Unterthanen ein höchſt Lafterhaftes Leben führten. 
Gon ſchickte daher feinen Propheten Hud, um fie zur Beſſerung zu 
etmahnen. Doc alle Ermahnungen waren vergeblid. Im Gegen 
Keil verhöhnten fie num den Mann Gottes. Ja der König entjchloß 
Rh fogar, Gott und feinem Propheten zum Trotz einen Garten ans 
Meg, deffen Pracht die des Paradieſes übertreffen follte. Dieſem 


152 Der Wundergarten des Könige Schebbäd. 


Plane zufolge baute er einen Palaft, deffen Dauern und Fundamente ' 
aus goldenen Quadern beftanden. Die Deden der Gemächer wurden 
von Frhftallenen Säulen getragen und mit Perlen und Brillanten 
ausgelegt. Im den Wänden waren Rubin, Smoragde, Sappfin : 
und Topafe fo feit gefaßt, dak Niemand fie herausbrechen fonzie. 
12000 Kuppeln bededten diefen Prachtbau, welcher dergeftalt mit 
Ebelfteinen überfäet war, daß bei Sonnenſchein Niemand daranf 
hinfehen Eonnte. In 200 goldenen Kioske wohnten ebenfo viel Mir 
nifter, welche in Gewändern einhergingen, welche von Perlen und 
Diamanten ftrogten. Durch den Garten, welcher diefen Palaft um 
gab, floß ein Bach wohlrichendes Waſſer, ftatt über Kiefel, über 
Perlen und Edelgeſtein; immerbfühender Saffran wuchs an feinm 
Ufern, anftatt der gewöhnlichen Gewächſe. Längs dem duftenben ; 
Bad ftanden eine Menge goldener Belvedere, welche von Bäume 
deffelben Metalle umgeben waren, deren Früchte und Blüthen Ru 
binen und Perlen, das Yaub aber Smaragde waren. — Auf diefen 
Bäumen ſaßen goldene und filberne Vögel mit Augen von Rubin, 
deren Inneres mit jüßduftenden Eſſenzen angefüllt war, die ringsum 
die Luft mit Wohlgerüchen füllten. — Der Boden diefes Wunder 
gartens endlich beftand aus Ambra und Moſchus. — Tauſend Ge 


Zerftörung des Wundergartens. 153 


zun feine Blicke wieder der geheimnißvollen Geſtalt zumenbet, ift die- 
jede verſchwunden. An ihrer Statt fieht er aber einen geharnifchten 
Reiter, welcher ihın mit donnernder Stimme zuruft: «Klender Sclave! 
an was denkſt Du in einer Lage wie die Deinige, oder was ift das, 
det Du fo bartnädig verfolgt? Bildeft Du Dir ein, dag der 
Gegenſtand, mit dem jettt Dein Geift befchäftigt ift, oder die Thaten 
mad Unternehmungen Deiner Vergangenheit, Dich vor den Streichen 
des Todes ſchützen? — Mit diefen Worten öffnet der Tod (denn 
dieſes war der geharnifchte Reiter) die Erde unter feinen Füßen — 
und der König Scheddäd verichwindet. — Sein Volk aber wurde in 
Affen verwandelt, und ihre Stadt Iram-dſat-el-VJIfſſnaͤd, ingleichen 
der Garten mit feinen leuchtenden Paläften verſchwanden — und 
ſchwirren jet in der Luft umher, wo fie von Zeit zu Zeit als glän- 
zende Meteore erjcheinen, um das Gefchlecht der Menſchen an dieſes 
Strafgericht Gottes zu erinnern.“ 

Diefer Scheddaͤd ift derfelbe, von welchem erzählt wird, daß er 
zu Zeit des Durchbruchs der Meerenge Baͤb el Mändeb regiert 
habe. Man kann Hier vermuthen, daß der Landſtrich, welder 
“früher die Stelle eingenommen hat, in welder jekt die Meerenge 
fluthet und der Stamm der „Ad“ in einer und derfelben Kata— 
ſtrophe untergingen, um fo mehr, als die arabifhen Schriftfteller 
die Stadt diefes Volkes und den Wundergarten ihres Könige in die 
Ride von Aden feken. 

Bis 5 Uhr Nachmittags war ich) mit der Aufnahme alles dejjen 
m Stande, was mir diefer merkwürdige Ort bieten fonnte, und 
gab daher den Vorftellungen meines Schande Gehör, der durchaus 
weiter thalabwärts übernachten wollte, weil einerfeits das nöthige 
dutter für fein Kameel dafelbft zu finden wäre, und andererfeits, 
weil dort nicht zu befürchten fei, mit den an der Mauer nächtlicher: 
"weile umberfchweifenden (Seiftern in Gollifion zu gerathen. Wir 
von alfo noch /, Stunde weiter und lagerten an einer gebüfchreichen 
Etelle des Waͤdiy "Arar am Fuße des Dfchebel "Arär. Der Ther: 
wuneter ftanb am Morgen bei Windftille und heiterm Himmel 20°, 


154 Fruchtbarkeit des Wäbiy Arar. 


um Mittag bei Nordweftwind 36°, am Abend bei ſehr ſchwachen 
Südweltwind 25°. 

17. Juli. Am 17. Juli früh (10 Minuten vor 5 Uhr) vo 
folgten wir den Wädiy "Arär in fübliher Richtung. Es herrſch 
vollkommene Windftille und die Hitze wurde um 8 Uhr fhon-| 
drüdend, dak wir unfer Vorhaben, erſt um Mittag zu ruhen, au 
gaben und ung fhon um Y Uhr unter einem Dome des herrliche 
Grüns lagerten. Das Thal ift hier ungefähr 400 Schritt breit w 
von niedrigen Hügeln des Numulitenfalts eingefchloffen. Die Bep 
tation ift herrlich. Rieſige Palmen, ſchlanke Arcas, Mimofen ım 
Nebek bilden hier cin Dickicht, welches von blumenreichen Schlin 
pflanzen durchflochten wird. Um das ſchmachafteſte Trinkwaffer | 
befommen, braucht man nur höchſtens 1 Fuß tief in den Sand K 
eigentlichen Flußbettes zu graben. Der Boden beftcht aus merg 
figem Thon, mit etwas Sand vermiſcht, und könnte Taufende m 
Menſchen ernähren. Kaum hatten wir einige Minuten gerußt, | 
hörten wir die Stimmen mehrerer Männer durch das Gebüſch ſchalle 
und bald erblidten wir and) acht bewaffnete Beduinen, wie es ſchie 
Freunde meines Schaychs; denn nachdem fie fich gegenfeitig begrik 
hatten, jegten fie fich nieder. 


Verſuch zur Gelderpreflung. 155 


n, daR er fich verpflichtet habe, mich fiher nach dem Orte meiner 
eſtimmung zu bringen. Es fei daher feine Sache, fi mit den 
köninen abzufinden; übrigens möge er thun, was er verantworten 
Sue. | 

Wie ich es vorausgefehen hatte, fo gefchah es. Er verfuchte nun, 
ih zu überreden, und drängte einige Male, das Geld herzugeben; 
ich ihn aber Feiner Antwort würdigte, fo brach er mit der ganzen 
ruppe auf, nahm fein Kameel und zog von dannen. Ich that, ale 
merfe ih den Abzug nicht, und blieb ruhig auf meinem Plage ſitzen. 
ten Dachayl fam nad Y/, Stunde wieder und theilte mir ganz im 
ertrauen mit, daß es feinem Einfluſſe gelungen fei, die Beduinen 
it 25 Thalern zufrieden zu ftellen. Ich folle doch nicht jo hart- 
dig fein und diefe Summe zahlen; denn fonft mäfje er mich 
m; gewiß verlajjen. „Und was wird dann Dein Scidjal fein?‘ 
ste er hinzu. „Entweder bringen Did die Beduinen um, oder Du 
ft von wilden Thieren zerriffen, oder Du verhungerft in diefen 
ſergen! — Darum bezahle Lieber das Geld, damit wir weiter 
eben können.‘ — Ich erwicderte fo barſch als möglich, daß id) 
uch wicht 25 Kaffeebohnen Hergeben würde, und daR id), was 
winen Untergang anbelange, unter dem Schutze Gottes ftände, ohne 
eſſen Willen fein Haar meines Bartes gekrümmt werden fönne. Gr 
ber jei nicht viel beſſer als cin Räuber, obgleich er ſich einen Schaych 
ad "Abd el Mianäh nenne; er möge aljo feiner Wege ziehen, wenn 
red glaube zu dürfen. 

Nach diefem Beicheid verließ er mih mit den Worten: „Tu 
it mich nicht hören wollen, Dein Blut fomme über Dich!“ — 
Berauf ich ihım zurief: „Nicht über mich komme es, jondern über 
Gh, der Du handelt wie ein Bawwaͤq (Trenlofer)! Schande über 
Oh und Deinen Stamm, "Abd el Manäh!“ 

Nah Verlauf von Y, Stunde hörte ich die ganze Geſellſchaft 
mädlommen, ohne daß ich jedoch durch eine Bewegung verricth, 
vb ich es bemerkte. Sie fetten fich wieder neben mic Hin und ver- 
Imgten zehn, dann fünf und endlich mur einen Vierteithaler, vorkdye 


156 Ansföhnung mit den Rändern. 


Forderungen ich alle in einem fehr beftimmten Tone von mir wies. 
Als fie jahen, daß mid) bie jegt Nichts eingejchüchtert Hatte, verfudten 
fie es, mir auf eine andere Art Furt einzujagen. Einer von ihnen 
zündete die Yunte feines Gewehre an, öffnete die Pfanne umd fepte 
mir die Mündung auf die Bruft, mit der Drohung mic) zu erfchichen, 
wofern ich ihren Forderungen nicht Genüge leiften wilrde, ein Auderet 
verjegte mir zugleich Kolbenftöre in den Rüden. 

Obgleich ich überzeugt war, daß der Bebuine mich nicht as 
ſchießen würde, jo hatte ich doch die Beforgniß, daß ſich das Gewehr 
durch Unvorfichtigkeit entladen lönne, zumal die brennende Lunte kam 
1 Zoll hoch über der offenen Pfanne ſchwebte. In der Hoffnung 
daß fi mein Schaych ins Mittel fchlagen würde, verhielt ih mi 
noch einige Augenblide leidend. Als ich aber jah, daß berjelbe lachen 
zuſah, fo machte ich dem Unfuge ein ſummariſches Ende; das heiß; 
ich riß mit der einen Hand die Mündung des Gewehre von be 
Bruft und gab mit der andern Hand meinem Gegner einen fo derben 
Fauſtſchlag vor die Stirn, daß er rüdlings zu Boden fiel. 4 
erwartete jet, daß mic der Beduine mit der Dfehembige angreifen 
würde, und zog deshalb die meinige. — Allein Nichts von Allem 
erfolgte. Im Gegenteil lachten Alte, felbft der Gefchlagene. Men 


Begriffe über Ehrenkränkungen. 157 


mon fich büten, jeinen Gegner auf eine Weife zu behandeln, welche 
m feinem und Anderer Augen für ſchmachvoll gilt. Hätte ich 3. B 
dem Beduinen eine Ohrfeige ftatt des Fauftfchlages verfeßt, jo wäre 

. eine folche Beleidigung nur mit meinem Blute abzuwajchen gewefen; 

Ziehingegen Tag in dem Fauftfchlage nichts Beſchimpfendes, und das 

zgate Vernehmen wurde bald wieder hergefteilt. 

” Bald nad) Beendigung diefer Scene verließen uns die Beduinen, 

x wir aber wanderten erft am Mittag weiter, wo wir noch eine halbe 

=&timde den Wädin verfolgten und dann die den Wädiy zur Linken 

A grenzenden Anhöhen beftiegen, auf deren Rücken fich eine von aller 

EBegetation entblößte Ebene nach Südweſten ausdehnt, welche in diefer 
chung allmählich abfällt. Von diefen Punkten aus erhebt ſich zur 
Resten in einiger Entfernung ein hohes Gebirge, der Dichebel 

* links ragen die gezackten Gipfel des düſtern Dſchebel El 

F Deayde. 100) Drei Stunden bleibt der Boden felſig, dann aber be— 

E giant ein tiefer Sand, aus dem im auffallenden Gegenfate zu feiner 

E-Wendenden Weiße mehrere 100 Fuß hohe, fugelförmige, jchwarze 

3 Pügel hervorragen. Im Hintergrunde endigt die Sandwüſte an der 

: fenhten Wüfte des indifchen Oceans. 

J Etwa Y, Stunde vom Meere entfernt überſtiegen wir einen 
Damm oder vielmehr eingn fammartigen Durchbrud des Baſaltes, 
kr von Norden nah Süden ftreicht, nahe am Meere in einen Tegel: 

- Ärmigen Hügel endigt und mit den früher erwähnten Hügeln in 

- Berbindung fteht. Kurz vor 6 Uhr lagerten wir zwifchen “Dünen, 
welhe größtentheils mit einer grünen Laubdede überzogen find, auf 
weiher unjer Kameel weidete. Bon diefer Stelle aus lag une 
Dihebel "Argime gerade im Norden. Am Fuße diefes Gebirge, 
weihes ich auf 3000 Fuß Höhe ſchätzte, und in den Schludten und 
hälern deifelben haben fid) hohe Sandberge aufgethürnt. Ich lernte 
Bier eine Art winzig Heiner Ameifen fenmen, die oft in diefer Gegend 
ar Landplage werden, da fie Alles und fehr fchnell zerjtören. Hier 
hatten fie die Mimofen und Tamarisfen von der Wurzel bis in die 
fenften Spigen der Zweige vollfommen ausgehöhlt, ſodaß ich vlme 











Ein feltfamer Talisman. 159 


‚dem Kranken ein Amulett zu‘ fchreiben, welchem Verlangen 
nachlam, indem ih aus Sciller’S „Lied von der 
den befannten Vers fchrieb: 

Gefährlich iſt's den Leu zu wecken, 

Berderblich ift des Tigers Zahn; , 

Jedoch das Schredlichfte der Schreden, 

Das ift der Menſch mit feinem Wahn. 
erjchriftlich fügte ich meinen Namen bei. Die Frau des 
legte das Papier forgfältig zuſammen, nähte e8 in ein Stüd 
ı und Bing es dem Kranken um den Hals. Zugleich hörte 
ı ihrem Manne fagen: „er folle bis zu feiner Genefung zu 
emand jo hoch als möglich ins Gebirge gehen‘. 
hatte bier die Gelegenheit, die Fahrzeuge zu jehen, welcher 
Araber beim Fiſchfang bedienen. Es waren ihrer zwei 
ind ich muß gejtehen, daß c8 wohl nicht etwas Primitiveres 
nn. 
e eine Art befteht aus 1O—12 armftarken, 6—7 Fuß langen 
ngebundenen Aeſten. Auf diefem Floß ift eine Matte aus— 
und einige aus Palmblättern geflochtene Körbe find an ihm 
um die gefangenen Fische darin aufzubewahren. Etwas nad) 
in der Mitte eine Vorrichtung, um eine Stange darin be— 
zu können, an der eine Matte al8 Segel aufgezogen wird. 
ır Stüde Holz dienen als Ruder. 
e zweite Art ijt ebenfalls ein Floß, welches aus 6 auf- 
u Schläuchen bejteht, auf denen eine Art Roft von zufammen- 
en Dattelzweigen ruht. Dieje legte Art der Flöße, und 
inlid) auch die erjtere, war fchon in den ältejten Zeiten in 
); denn Ptolemäus erwähnt derjelben in feinem 6. Bude 
Beichreibung des Sinus Sadhalitorum, und Arrian in 
Zeichreibung des Erythräifhen Meeres. — „Zur 
7 Blüthe des fabäifhen Reiches“ (erzählt Diodor 
cilien) „wohnte an der Küſte des indiſchen Meeres, 
klichen Arabien, ein Volk Debae genannt, mit wel- 


160 Die Dfiyayby. “Ay baͤ Mite. 


chem die Sabäer Handelsverbindungen pflogen.” — Bm 
muthlic find diefe Debac und die Dfiyayby 119) eim und deſſelbe 
Voll. Wenigjtens ift kein Grund vorhanden, die Identität in Zweiſl 
zu ziehen. \ 

Um 3 Uhr Nachmittags verliefen wir dieſen gaftlichen Ort, 
welcher mich bei weiten günftiger für die verrufenen Dſihahby geftimm 
hatte. Wir ftiegen den mit Dattclpalmen bejekten Sandbert 
dinan, auf welchem ein gemauerter Wafferbehälter die wenige 
mit Tabak bepflanzten Felder bewäſſerte. Eine alte Wafierleitung, 
welche in ihn mündet, verliert fich nörblich in dem Sande. Um 
nach 3 Uhr gelangten wir wieder an cine Gruppe von Dattel- 
valınen und ein Baſſin, weldes, wie das frühere, durch eine Waſſer⸗ 
Vera geipeift wird. Bis Hierher fah ich bedeutende Subftruchamen 
ars alten Baues, wahrſcheinlich einer Mauer, ſtellenweiſe vom Sure 
vaNdkt. deren behauene, ſehr große Quader mit einem fehr fee 
Wartet verbunden find und daher einer fehr alten Zeit anzugehörm 
fanden, Cine Viertelftunde weiter lag zur Rechten des Weges bb 
von Kalmen umgebene Dörfchen Ayn bä Mi’bet. 

Der laufte mein Schahch einen ledernen Beutel voll gefalme 
Ai den der Große der Sardellen, von den Arabern Warl ge 


Wanderung der Küfte entlang. 161 


(Riederung) zufließt. Diefer Thon bildet nämlich eine dem Dſchebel 
‚ Ürgime vorliegende Terraffe, auf welche der Waͤdiy "Arär ane- 
ndet. Der Weg wird nun, des tiefen Sandes wegen, außerordent- 
 Sh beichwerlich ; befonders wurde er uns aber noch dadurch ermüdender, 
ref ſich kein Lüftchen regte und dic Hite durch den erhitten Sand 
bedeutend gefteigert wurde. Erſchöpft kamen wir um 5 Uhr 
ia dem Dorfe Dobbet el Ayn an, wo wir bei einem Freunde Schaych 
alym’s Nachtquartier nahmen. 

Das Dorf zählt ungefähr 400 Einwohner vom Stamme ber 
elaymäny, liegt an dem Abhange der fandigen Höhen und befteht 
ws lauter maffiven Häufern, zu deren Erbauung das Material 
eils den Weberreften alter Bauten entnommen ift. Seine 
g vom Meere beträgt Y, Stunde. Die Einwohner treiben 
ang, Viehzucht, Iagd und etwas Aderbau. Die Richtung von 
mſerm Rachtlager hierher ift Weit, 10° Nord. 

Das Meer bildet in diefen Gegenden eine Bucht, welhe Scherm 
derbicha genannt wird und ſich 6 englifche Seemeilen landeinwärts 
eftredt. Im Weſten ſchließt diefe Bucht Raͤſſ Hardſcha, eine nicdere 
ſandige Landzunge am Fuße des Dicebel EI Hamraͤ. Im Often 
wird fie von dem düftern Vorgebirge Raͤſſ el Oçayde begrenzt. Diefe 
beiden Borgebirge find ungefähr 22 engliihe Seemeilen voneinander 
enifernt. 

Nahe bei dem Vorgebirge El Dcayde liegt ein befejtigter Thurm, 
welher dem Sultan von Biyr Alyy und Medäha, Mahdy ibn ben 
Up el Wähid gehört und den Namen Hin Bä el Haff führt. 

Ton diefem Thurme aus begammen die Herren Wellfted und 
Ernttenden ihre Excurſion nad) Nagb el Hadidar. 

Wellſted bemerkt Hier auf feiner Karte einen Stamm, den er 
Behidi nennt. Zu diefer unrichtigen Angabe hat ihn wahrſcheinlich 
der Name des Sultans von Biyr 'Alyy verleitet; denn ein Beduinen- 
ſtanm jenes Namens eriftirt nicht, wohl aber mehrere Glieder der 

damilie EI Wähid (Sclave des Einigen). Ebenfo wenig wohnt 

im diefer Gegend der von Wellfted angegebene Stamm der Bear 

U». Picbe4 Reife in Habpramant. 11 












Flugſandhügel am Meeresufer. 163 


Rindftille 20°, um Mittag im Schatten 30°, am Abend bei ſchwachem 
Kordweftwinde 25°. 

19. Juli. Am 19. Juli begannen wir unfern Tagemarſch be- 
reits um 4 Uhr Morgens und ftiegen in Begleitung unferes Wirthes, 
der merkwürdigerweiſe ‘Abd el Yaghuth (Sclave des Yaghuth) hie, 
m die mit Slugfand bededte Ebene bis zu einem Wafferbehälter 
hinab, wo eine Biertelftunde angehalten wurde, um das Morgen: 
gebet zu verrichten ımd den Schlau zu füllen. Bier nahmen wir 
von unferm Wirthe Abfchied und wateten in der Richtung von Weft, 
20° Nord eine Piertelftunde durch ermüdenden Sand, bis zu einer 
mergelig=-freidigen Ebene, welde mit Feuerſteinen bededt war, 
anf der wir bis 10 Minuten nach 6 Uhr fortwanderten. Hier be— 
gennen die Mühſeligkeiten aufs Neue, indem ſich ein unabjchbares 
Kabyrinth hoher Tlugfandhügel vor uns ausbehnte, zwifchen denen 
de Sonne mit entjeglicher Gluth brannte. Kein Baum, kein Straud), 
kin Grashalm war irgend zu erfpähen, überall vollfommener Tod. — 
Kein Lüftchen regte fih, uns Kühlung zuzuwehen. Cine traurigere 
Küfte ift nicht zu denfen. — Endlich erreichten wir %/, vor 8 Uhr 
einige verfrüppelte Tamarisken, neben denen fich eine Feine Waſſer— 
lade befindet. — Wir waren von dem fortwährenden Auf- und 
Kiederfteigen in den Slugfandhügeln fo erfchöpft, dag wir ung 
mter den dürftigen Schatten der Tamarisken lagerten. — Der 
Irunnen oder vielmehr die Lache war in ein Lager eifenfchüffigen 
Thones gegraben, der mit Heinen Adern von Gypsſpath ımd Ztein- 
ſalz durchſetzt ift, weshalb denn aud das Waffer einen unangenehmen, 
Hart brackigen Gefchmad hat. Zum Glück bedurften wir feiner nicht, 
da wir hinlänglich mit gutem Waſſer verfehen waren. 

Um 4,12 Uhr ſetzten wir unfern mühfeligen Marſch fort und 
meihten um 1/,1 Ahr das Ende dieſes Sandineeres, — am weft- 
ihen Abhange des Dichebel Maffya, welcher fid) mit dem Flußbette 
des Waͤdiy allmählich abdacht. Diefer Berg erreicht eine Höhe von 
ungefähr 500 Fuß und hat ein fo auffallendes Ausfehen, daß man 
M einiger Entfernung die Ruinen von Burgen auf ihm zu jehen vrr- 

11* 


164 Ankunft im Wäbiy Mayſa' a. 


meint. Sein Fuß beftcht aus tertiärem Kalt, der, nad den herab 
gefallenen Blöden zu urtheilen, weiter oben in quarzigen Kalkan 
ftein übergeht. Der Wädiy Maffya, welcher den Namen diejes Berges 
führt, ſcheidet ihn von dem weſtlichen Abhange des Dſchebel Arme, 
Bon hier aus fonnte ich den ganzen untern Theil des Wädiy Mayfeı 
überfehen, in welchem mir Schayd Sſalym in der Reihenfolge vor 
Süden nad) Norden, die Ortſchaften Kofayge, Radun, Scheuch 
und Sahun zeigte, welche alle dem Stamme Sfolaymäny gehöre. 

Wir zogen nun längs dem Abhange hin, auf weldem von Jet 
zu Zeit noch Anhäufungen von Flugſand vorkommen, und gelangten 
um 4 Uhr in das Bett des Wädiy, der durchaus mit hohen Pr 
tanen, Spfomoren und andern Geſträuchen bejegt ift. Der Bing 
nimmt ftellenweis wieder überhand und zwar fo, daß ich Kumderk 
der höchſten Bäume bis zum Gipfel damit bededit fah. 

Diefe koniſchen Hügel find meiftens mit Schlingpflanzen jo dich 
überzogen, daß man nur ganz in der Nähe den Sand durchſchimmcu 
ſieht, und gleihen grünen Grasſchobern; welches der Gegend ein gan 
eigenthümliches Anfehen giebt. Yon nun am führte der Weg fort 
während thalaufwärts, längs dem hohen fteil abfallenden Diehl 
Hanrä hin. Bor der Mündung eines breiten Thales kamen we 


— — 


Die Engländer in Nagb el Hadſchar. 165 


Stamm, ſo doch als Geſchlecht, wie ich bereits oben erwähnt habe, 
im Waͤdiy Hadſchar leben. Kein Glied dieſer Familie Hat auch nur 
die leiſeſte Ahnung davon, weſſen Sclaven ſie ſich nennen; denn, 
wenn ſie es wüßten, müßten fie als orthodore Muſelmänner dieſelben 
im höchſten Grade anſtößig finden. Der alte Schaych bewillkommnete 
uns auf der Terraſſe ſeines Hauſes. Nachdem die Begrüßungen 
vorüber waren, befahl er ſeinem Sclaven, uns die Füße zu waſchen 
amd mit geſchmolzener Butter einzureiben, eine Operation, die aus- 
nehmend rejtaurirt und die ich jedem Fußgänger empfehlen Tann. 

Ich übergab ihm dann mein Cmpfehlungsichreiben, welches er 
bei dem Scheine einer Laterne lad. — Und da ihm in demfelben 
mein Wunſch mitgetheilt worden war, Naqb el Hadſchar und Habbän 
zu befuchen, fo fprachen wir nad) beendigter Mahlzeit ein Yanges und 
Breites über diefen Gegenftand. Während diefer Unterredung erzählte 
er mir, daß vor mehrern Jahren zwei Käfir (Ungläubige; er meinte 
die Herren Wellfted und Eruttenden) die Ruinen von Nagb el Hadſchar 
befucht Hätten. Hier ergoß er fich in Verwünſchungen über das böfe 
Treiben diefer Herren. „Daß ihr Name verflucdht ſei!“ rief er aus. 
„Liefe Ferenghy (fo nennen fie die Europäer) hatten ein böſes Auge 
auf ınjer Pand geworfen, denn im ganzen Jahre, das auf ihren 
Veſuch folgte, ift weder im Wädiy Mayfa'a, noch in den Thälern, 
die in ihn münden, ein Tropfen Regen gefallen! Ohne Zweifel haben 
fe auch die Schäße entführt, die in den Ruinen begraben lagen, und 
fe dem Malik (König) der Ferenghy überbracht! — Denn der Eine 
üt zum Belohnung Dawla von “Aden (Gouverneur von "Aden; 
Cruttenden nämlih Adjutant des Gouverneurs) geworben. 
5 fange ich lebe, foll Feiner diefer Hunde wieder nad) Nagb cl 
Hadſchar fommen! 

Ebenfo brachte der alte Shaydh Omaͤr die Beſitznahme von 
Aden mit dem Befuche der Herren Welffted und Cruttenden in Ber: 
bindung, indem er behauptete, dag fie in den Ruinen Infchriften ge: 
finden, welche fie über die Art und Weife aufgeflärt hätten, wie 
Wen zu nehmen gewefen jei. 11%) 


166 Thronfteeitigkeiten in Habban. 


Außer diefen Herzensergießungen, welche meinen gechrten Leſern 
einen Begriff von dem Ideengange diefer Leute geben Können, theilte. 
er mir bie Nachricht mit, dag der frühere Eultan von Habbin, 
Ahmed ibn Abd el Wähid, durch feinen Vetter entthront und neh 
feinem Sohne eingeferkert fei. — Sowohl in Habbän, als aud in 
der Umgegend herrſche vollfommene Anarchie, indem die Beduinn- 
ftämme ſich theils für den enttäronten Sultan, theil für den Ufer 
pator erflärt hätten und die Wege unſicher machten. Alle Kaufmaum⸗ 
fäden wären daſelbſt gefchloffen und Jedermanns Leben ſchwebe a 
Gefahr. — Der neue Sultan (fügte cr Hinzu) Tann diefer Un 
ordnung nicht Einhalt thun, da die Sorge für feine eigene Side 
heit ihm gebietet, den Beduinen feiner Partei nicht zu nahe zu treten 
Bei fo bewandten Umftänden wäre es eine Tollkühnheit geweſen, nad 
Habbän zu reifen. Ich änderte baher meinen Plan und beſchloß, mr 
bis nad) Dyaͤn zu gehen und von dort nad) Pisn ben Dighäl zurůd ⸗ 
zukehren. 

Der Thermometer ſtand am Morgen bei Windſtille und heiterm 
Himmel 20°, am Mittag im Schatten 45°, am Abend bei ſchwachen 
Nordweitwinde 25°. 

20. Juli. Am 25. Iuli Morgens um 5 Uhr traten wir unfert 


—— — — ⸗ — 


„on 


Die Beduinen verfperren den Weg. 167 


gorm eines Troges hängen an den Aeften umher. In der Nähe des 
Stammes brannte ein Teuer, an welchem die Frau des größtentheils 
mäßig liegenden Beduinen Kaffee bereitet, Brod bädt und ihn und 
jeine Säfte mit Feuer für die Pfeife verſorgt. Wir ließen uns bei 
einer dieſer Familien nieder, in weldyer drei Männer, auf Stroh- 
matten ausgeftredt, dem dolce far niente fröhnten. Sie empfingen 
ums fehr gut und warteten mit Kaffee, Brod, Datteln, Mild und 
Honig auf. Einer von ihnen vermochte es fogar über fich, mich nad) 
den Ruinen zu geleiten. 

In meiner Erwartung, Ueberrefte alter Bauten oder gar 
intereffanter Infchriften zu finden, wurde ic) jedoch getäufcht, denn 
ich fand Nichts als einen Haufen in der Sonne getrockneter, größten- 
theils zerbrochener Lehmziegel, kurz „die Rudera eines modernen 
Dorfes”. — Ich kehrte daher ſogleich zurück und fand bei meiner 
Ankunft unter dem Baume ein Gericht aufgetragen, das aus einer 
Mihung von gefnetetem Brob, Datteln und Milch beftand, über 
welche man frifche Butter gegoffen hatte. 

Um 8 Uhr Morgens verließen wir diefes gaftliche Yaubdad) und 
wanderten weiter thalaufwärts. Mein Schayd) fang feinem Kameele 
vor, während ich die fchönen Formen des zur Linken ragenden Ge— 
birges und die pittorcsfe Yage zweier von Saatfeldern umgebenen Höfe 
bewunderte, al8 wir plötzlich !/, Stunde nad unferm Aufbruch) bon 
I Beduinen, die mit Säbeln, kurzen Tanzen und Keulen bewaffnet 
waren, angehalten wurben, welche hinter einem dichten &ebüfche 
hervortraten; ein Zehnter ftand ſchußfertig in einiger Entfernung feit- 
bärte. Mit Ungeftüm verlangte ihr Anführer, ein alter Graubart, 
2 Thaler Wegegeld, welche mein Schayd) entfchieden verweigerte, da, 
wie er fagte, diefer Boden Ardh el "Abd el Manäh (Rand der "Abd 
el Mandh) fei, und Niemand das Recht habe, von einem Mitgliede 
diefer Familie ein Wegegeld zu verlangen. Der Alte fprad ihm 
doh die Dualität eines "Abd el Manaͤh ab, und beftand auf feiner 
dorderung. Da gegen fo Viele Nichts auszurichten war, fo traten 
wir den Rückweg nad) Dſchul eſch Schayd) an, wo wir hoffen Tonnten- 





Der obere Theil des Waͤdiy Mayfaa. 169 


alyın abfichtlich herbeigeführt fjei, um Geld zu erprefien, oder um 
: Mühe überhoben zu fein, mid, weiter zu geleiten; jedoch ließ ich 
je Idee fahren, wie ic) die Duetfchungen fah, welche ihm bie 
leinwürfe verurfacht hatten. Sowohl Schaych Omaͤr, als aud) die 
mohner des Drtes waren der Anſicht, daR diefe Wegelagerer aus 
n Stamme verjagte Bawwaͤq (Zreulofe) wären, befonders fchloffen 
dieſes aus der fchlechten Bewaffnung derfelben. 

Der Wädiy Diayfa’a ftreicht, wie alle Hauptwäpdiy, die von ber 
chebene niedergehen, von Nordweſt nach Südoft, und mißt eine 
site von 2 Stunden. Nordweitlic von Dſchul eſch Schaych Tiegen 
feiner öftlichen Seite die Dörfer: Bü Noqayç, EI Mancura und 
ıyfa'a, welches dem Wädin feinen Namen giebt. 

An der weftlihen Seite Tiegen Eſſ Sfayid und Dſchul el Aqyq. 
‚och liegen mehr Ortichaften in diefer Gegend, denn die englifchen 
jenden fahen ihrer eine Menge. Ich Fonnte aber nicht mehr in 
ahrung bringen und ınögen diefe wohl aud) die Hauptorte fein. 

Die ganze Gegend oberhalb Dſchul eſch Schayd) bis Nagb el 
Hichar ift von Beduinen des Stammes Es Sſalmy bewohnt, welcher 
- Abtheilung der Dfiyayby ift. Oberhalb des Dorfes Mayfa’a 
det an der Dftfeite bei den Ruinen von Nagb cl Hadſchar der 
din "HYcän, in welchem die Stadt "Drän liegt; hier beginnt das Gebiet 
Stammes EI Adſmy, gleichfalls eine Abtheilung der Dfiyayby. — 
ei Tagereifen von ‘Mean liegt nordweitlih im Waͤdiy Dſchandaͤn 
Stadt Habbän. Der Wädiy Dihandan ift der obere Theil des 
din Mayfa‘a. Habban ſoll nad) der Ausfage mehrerer glaub 
diger Perſonen nicht weniger als 20,000 Einwohner zählen, 
anter 2000 Juden, welche uuter den grauſamſten Drud leben. 
n erlaubt ihnen weder Handel zu treiben, noch die Stadt zu ver- 
m. Gbenfo dürfen fie nur von den Moslims abgefondert Ichen. 
e einzige erlaubte Beichäftigung ift die Bearbeitung der edlen 
alle und des Kupfers. 

Bon Dſchnul eſch Schayd) nad) Maͤrib giebt es zwei verſchie— 
e Wege, und zwar der erfte, abgejegt von Dſchul el Schaych 


170 Reifeftraßen in Naͤfia. 


nah Nagb el Hadſchar 1 Tagereiſe, von da nad) "Psän 1 Tagereife, 
von da nad) Habbän 2 Zagereifen, von da nad) "Yihybum im Wäbiy 
gleichen Namens, Provinz Yäfia, 1 Tagereife, von da nad) Haͤrib 
1 Tagereiſe und von da nad) Märib 3 Tagereiſen; alſo im Ganzen 
9 Tage. | 

Der andere Weg ift: bis Nagb el Hadſchar 1 Tagereife, vom 
da nad) ZTjähir 3 Tagereiſen, von da nad) Obaͤra 2 Tagereiſen, 
von da nad) Härib 1 Tagereife und von da nad) Märib 3 Tage 
reifen; alfo im Ganzen 10 Zage. 

Der Weg von Dicul eſch Schayd, nad Mardſcha im Wäbty 
Yihybum führt zuerft über "Yen und Habbän nad) "Yichybum, dam 
weiter nad) Nicab im Waͤdiy Yſchybum 1 Zagereife, und von da na 
Mardſcha 1 Tagereife; alfo im Ganzen 8 Tage. 

In der Landichaft Liegen von diefen Städten Yſchybum wi 
10,000 Einwohnern, Tfähie mit 6000 Einwohnern, Obaͤra mi 
6000 Einwohnern, Härib ift ein Dorf, Nigäb mit 15,000 Ein 
wohnern. — Habbän und Yyaͤn Tiegen in der Provinz Beled el Ha⸗ 
dfehar. Letzteres zählt ungefähr 5000 Einwohner und gehört dem: 
Sultan von Habbän. 

Von Zfähir nad) Baydhä, einer Stadt in ber Landſchaft * 
mit mehr denn 10,000 Einwohnern, beträgt die Entfernung 2 Tage⸗ 
reifen. In allen Städten der Landſchaft Yäfiſa wohnen Juden. 

Dſchul eſch Schaych ift ein anfehnlicher Ort von etwa 600 Ein⸗ 
wohnern, welde dem Stamme El Ahmedy angehören. Er Tiegt 
Fuße des öftlichen Abhanges des Dicebel Hanrd. Der Stamm 
Ahmedy ift eine Abtheilung der Dſiyayby und bewohnt den Wa 
und die angrenzenden Gebirge von Dſchul eſch Schaych ſüdlich 
Sahun. Die nächſte Umgebung des Ortes ift gut angebaut 
liefert Weizen, Durra, Dochen, Seſam, Tabak, Bohnen, Lupi 
Kürbis, Linſen, Bodingan, Zwiebeln, Knoblauch und Melonen, 
Hundſchil genannt. Außerdem wird auch noch Viehzucht getriebe 
welche ſich auf Kameele, Eſel, Schaafe, Ziegen und ganz weni 
Kühe beſchränkt. Das Coſtüm der Frauen iſt, was den Schritt bew 





‚Loftüme im Waͤdiy Mayfa'a. 171 


Meider betrifft, mit dem im Wädiy Do’än volllommen gleich; der 
Kepfputz aber und die Farbe der Kleider ift wefentlich von demfelben 
verihieden. Die Haare werden hier in Flechten getragen, von denen 
gewöhnlich zwei nach vorn und zwei nach hinten ‚hängen. Ueber den 
Kepf hängen fie jeboch jo, daß das Geficht unbedeckt bleibt; cin blaues 
Res, welches, je nad) dem Reichthume des Yamilienvaters, entweder 
es Seide oder Baummolle verfertigt ift. Die Farbe der Ober- 
henden ift roth. Im Uebrigen ift das Gelbfärben der Haut und das 
Bemalen des Gefichts aud) hier Mode. Das Nothbeizen der Nägel 
a Händen und Füßen mit Henne, wie e8 in Aegypten und andern 
‚usbiihen Provinzen der Fall ift, fcheint hier ganz unbekannt zu fein. 
: Berheirathete Frauen bedecken ſich hier nicht allein das Geſicht, fon- 
‚bern — wenden auch den Männern den Rüden zu, wenn biefelben 
"weübergehen. Dagegen jieht man unverheirathete Frauenzimmer un⸗ 
?Acdedt einhergehen. 
Auch die Männer weichen hier in ihrer Kleidung etwas von ben 
: Bebuinen anderer Gegenden ab. So fah ich unter Anderm Biele, 
velche weiße Tücher anftatt blaue um die Hüften trugen. Die Scheide 
ir Dſchembiye (Dolce) hat eine ftärfere Krümmung und ift fo 
ang, daß die Spike beinahe die Höhe der Schulter erreicht, wäh: 
rend die, welche ich bisher fah, nur zur halben Bruſt Hinaufreidhten. 
Des Nachmittags bat ich den Schaych "Dmär, mir zu meiner 
. weiten Reife behülflich zu fein, wozu cr fich auch ſogleich bereit: 
villig zeigte. Jedoch behauptete er, nur bis Naqb el Hadſchar ver⸗ 
entwortlich fein zu können. Im Fall ic) alſo nach dieſen Ruinen 
mb wieder zurücreifen wolle, würde er mir zur Bededung 4 Dann 
uitgeben, welche ich aber mit 8 Thalern zu bezahlen habe. Dieſes 
Anerbieten ſchlug ic) aus. Denn da ich nur bis zu den Ruinen und 
nräd garantirt war, alles dort Sehenswürdige aber von den eng- 
liſhen Reifenden bereits genügend befchrieben wurde, jo hielt ich es 
fir umnüg, der Neugierde Zeit und Geld zu opfern, welche anders 
beſſer benußt werden fonnten; verzichtete daher auf die Excurſion nnd 
entſchloß mich, geraden Weges nad) Waͤdiy el Hadſchar zurückzukeheew. 


172 Prımneneinrihtung. Verheerende Ameiſen. 


Der Thermometer itand am Morgen bei Windftille und heiterm 
Simmel I’, am Minag 40’, am Abend bei ſchwachem Rordiweft- 
wind 25‘. 

21. Juli. Am 21. Juli, Nachmittags gegen "/„3 Uhr, ver 
liefen wir Dichul cih Schanch und ſchlugen die Richtung nach den 
gegenüberliegenden Bergen ein. liniere Gefellichaft hatte ſich um de 
Bruder des Schanchs Omaͤr, den Schaych "Alyy ibn Abd⸗el⸗Manch 
und einen Beduinen vermehrt, melche Geichäfte halber nad) dem Waͤdn 
El Hadichar reilten. An der Grenze des bebauten Bodens Hieten 
wir neben einem Brunnen an, um die Kameele zu tränfen und de 
Waſſerſchläuche zu füllen. Ter Brummen war etwa 40 Fuß tief mb 
lieferte vortrefflihes Walter, das auf eine ganz eigenthämliche Weik 
su Tage gefördert wird. Man gräbt nämlidh vom Brunnen ul 
eine jchiere Ebene in die Erde, deren Yänge ber Tiefe des Yrunnenl 
gleihfommt. Ueber den Brunnen it ein Geſtell erbaut, an dem em 
Rolle angebracht it, über melde ein Zeil läuft, an dem ein große 
lederner Schlauch befeitigt wird. Ein Stock hält dieſe Art Eime 
offen. Am andern Ende des Seils wird cin Kameel angeſpaun 
welches, indem es die ichiefe Ebene hinabgeht, den Schlauch herauf 
jicht. Tiefe Manier, Waſſer aus einem Brunnen zu ziehen, ift am 
in Yemen gebräudlic. 

Nah ', Stunde zogen wir weiter und bezogen bald die Regie 
der wilden Seftrüppe, ohne jedoch einen gebahnten Weg zu verfolge 
Mehrere entlaubte Bäume, an denen Heine, bededte Erdgänge hinm 
führten, denteten die Gegenwart der fleinen, verwüſtenden Arb 
(Termes fatalis Linn.) an. 

Um 143 Uhr dentete Sundegebell die Gegenwart von Menfce 
an, und gleich darauf cerblicten wir nichrere Beduinenfamilien, % 
mit ihren Seerden ihren Wohnfig unter Bäumen aufgefchlagen Hatte 
Alle drängten ih heran, um dem alfverchrten "Abd el Mianäh d 
Hände zu füllen, und von allen Zeiten ergingen dringende Gu 
(adungen, unter ihren von der Natur gebauten Wohnungen ausy 
ruhen. Jedoch Ichnte der Schaych Alles ab, da wir noch eine lam 


Waſſerſcheide zwiſchen Wädiy Mayfa'a und Hadſchar. 173 


Etrecke zurückzulegen hätten. Nach einer Stunde trafen wir aber: 
mid Beduinen, gleichfalls unter Bäumen wohnend und uns ein— 
end, Erfriſchungen bei ihnen einzunehmen. Diesmal wurde die 
Einladung angenommen und wir ſetzten ung auf Matten außerhalb 
der Einzäunung nieder, wo Kaffee, Milh, Datteln, Brod und Honig 
uit ſolcher Freigebigfeit aufgetragen wurden, dag es mir fchien, die 
pen Leute hätten ihren ganzen Vorrath hervorgeholt, um ihre Gäſte 
wärdig zu bewirthen. Sie Hagten dem Schaych, daß in der ver- 
: Äflenen Nacht ein Banther in ihre Heerden eingebrochen und ihnen 
r Mehrere Ziegen erwürgt hätte, bevor fie hätten zu Hülfe kommen 
Seen. Meine Trage, ob es viele Panther im Wädiy gäbe, bejahten 
ft, feßten aber Hinzu, daß Wölfe nod häufiger und bei weiten 
; mehr zu fürchten wären. Ebenfo häufig fei der Dirbun (Crocuta des 
Etrabo), welcher aber den Heerden nicht fo gefährlich fei. 
Rah 1 Stunde machten wir uns wieder auf und beftiegen nad) 
DD Minuten eine nur wenig über den Wädin erhöhte, traurig nadte, 
flüge Ebene, welde fid) auf eine Strede von 3 Stunden ansdehnt 
m dann von hohen Sandbergen bededt wird, über welche die dun— 
klin Maſſen des öftlichen Gebirges ragen, welches die Wajferjcheide 
. when den Wädiys Mayfa'a und El Hadjdar bildet. 
Nah , Stunde trafen wir einen alten, im Umziehen begriffenen 
Beduinen, der mit feiner zahlreichen Familie und einer bedeutenden 
Herde fich jocben gelagert hatte. Wir folgten feinem Beiſpiele, und 
ah den üblichen Begrüßungen ſchlachtete der Alte, der fid) ala der 
werit Angefommene das Recht nicht nehmen lafien wollte, ein Schaaf, 
wihes nad) der bereits bejchriebenen Methode geſchlachtet wurde. 
Neun Uhr Abends miarjchirten wir weiter und erreichten um 
1 Uhr den Fuß der Sandberge. Iſt das Befteigen eines jteilen 
Berges jchon ermüdend, jo iſt diefes um fo mehr der Fall, wenn 
‚, Manes, wie hier, mit einem aus Flugſand bejtehenden Berge zu 
; Mm bat, wo man mit jedem Schritt einen halben Schritt zurückweicht. 
Zum Tod erinüdet erreichten wir endlich nach einer Stunde den 
Gipfel, fetten aber dennoch den Marſch, fortwährend im tiefen Sonde 





174 Der Wäbiy Hadhena. 


bergauf, bergab watend, fort. Nach einer Stwude verfagten ums di 
Glicder ihre Dienfte, und ein Jeder ftredte ſich ermattet auf das weich 
Sandlager — um am andern Morgen neugeftärft ben Reit diefe 
troftfofen Gegend durchwandern zu Können, die im falben Lite de 
Mondes fih noch meilenweit auszudehnen fehien. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei Windftille und heiten 
Himmel 20°, um Mittag 40° und am Abend, bei ſchwachem Rs 
weftwind, 25°. 

22. Iuli. Am folgenden Morgen verließen wir ſchon m 
Y.4 Uhr unfer Lager und erreichten in 3 Stunden den Bftlichen U 
hang der Sandberge. In der fandigen, fpärfic mit Grasbüfhc 
bewachſenen Ebene, welche dieſe Sandanhäufungen vom Gebirge treami 
zieht fid) ein grüner Steid), der Wadiy Hadhena, in welchem vi 
uns um 7 Uhr unter einer Platane lagerten. Um 1 Uhr Nadmit 
tags fegten wir die Reife, den Wädiy aufwärts verfolgend, fort, un 
tamen um 20 Minuten nad) 2 Uhr an eine Stelfe, wo ſich derjelb 
zu einer Schlucht geftaltet. Hier hört der von einem bläufichen, ſalz 
führenden Thone getragene Diluvialfandftein auf, und es beginnt eu 
Gonglommerat, in welchem die Gefteine des Hauptgebirges, als Grant 
Syenit, Diorit, Grauwade und einige oolithifche Gebirgsarten, duri 


S 


Eine fromme Stiftung zur Kaffeebereitung. 175 


Die Richtung. des Weges, welche von Dſchul eſch Schaych 
bis hierher Nordoft, 10° Dft geweſen war, wird nun Nord, 
aD Dit. 

Einige 100 Schritt innerhalb der Schlucht öffnet fid) rechts ein 
tefed Thal, welhes bis zur Höhe von einigen 100 Fuß mit 
Slugjand angefültt if. Der Weg führte um eine Stunde thalauf- 
wärts durch dichtes Mimoſengebüſch bis zum Fuße des fteil abfal- 
lenden Abhanges cines Vorberges, der fih an den Haupiſtock an⸗ 
lehnt und aus Grauwacke beſteht. 

Kurz vor 4 Uhr Hatten wir dieſes Vorgebirge erſtiegen und 
Isgerten in einem Hohlwege, unter einer Art Dad, welches durd) 
zuei ſich aneinander lehnende Felsblöcke gebildet wird. Unter diefem 
Dache lagen in einem ledernen Beutel: Kaffectöpfe, Tafjen, Mörſer, 
eine Pfanne zum Brennen der Kaffecbohnen und jelbjt Kaffeebohnen, 
farz alle Geräthichaften, deren man zur Staffecbereitung bedarf; jelbit 
ein vollftändiges Feuerzeug war wicht vergeſſen. Wie man ſich denfen 
lm, wunderte ich mich nicht wenig, daR Gegenftände, nad deren 
Beig der Beduine befonders lüftern iſt, feine Mitnehmer fünden, 
md gab dem Schayd mein Erſtaunen darüber zu erkennen. Der 
Shaych erklärte mir: daß diefes eine Fromme Stiftung fei und es 
daher Niemand wagen würde, diefe Sachen zu entwenden, indem ein 
ſalcher Diebjtahl den, der ihn beginge, zum Bawwäq (Treulofen) 
ftempeln würde. 

Diefer zarte Gewiſſensſerupel ergößte mid) nicht wenig. Weld) 
m Bot! — Ohne fi) ein Gewiffen daraus zu machen, bemächtigt 
ed ſich des Eigenthums eines Icden, dem es ohne Schuß auf der 
Landſtraße begegnet, und ermordet ihn fogar. Ohne Bedenken zu 
fragen, ob er die Gottheit erzürmt, taucht er mit mörderifcher Hand 
den Stahl in die Bruſt feines Freundes, Bruders, ja felbjt feines 
Saters! — Aber nad) einem Staffeetopfe, zum Gebrauche eines Ieden 
af die Landſtraße gejtellt, wagt er die Hand nicht auszuftreden; 
dem fein Stamm würde ihn verdammen, wem er den geheiligten 
Brauch der Väter mifachtet, und ausgeſtoßen würde er, wie em 


176 Mineralifcher Reichthum. 


Raubthier von Kluft zu Kluft gejagt, endlich unter den Streichen 
feiner Feinde verbluten. 

Etwa 10 Fuß über dem Hohlwege geht in der Gramwade ein 
5 Fuß mächtiges, quarziges, fehr reichhaltiges Eifenerz (Eifenglon) 
zu Zage, und fällt, wie die Schichten des Muttergefteins, mtr . 
einem Winkel von 47° nad) Weiten ein. Ich zweifle nicht, daß ie 
diefer Gegend ein ergiebiger Bergbau betrieben werden fünnte, be 
fonders da alle Thäler dieſes Gebirges reih an Brennholz fin. 
Aber die Zeit ift noch weit entfernt, wo die rohen Bewohner bei 
Landes die Wohlthaten der Civilifation genießen werben. Und je 
wird denn wohl aud) diefes reiche Lager nod) Sahrhunderte der mit 
terlichen Erde anvertraut bleiben, bevor der Hanımer des Bergmann 
es ihr eutreißt. 

Die Ausfiht, welche man von diefem Punkte aus genießt, # 
prachtvoll. Tief ımten im Waͤdiy Hadhena ein Chaos marmormt 
Teleblöde mit Bäumen und Geftrüppe durchwachſen. Rechts gegen 
über der hohe, von dunkeln Schluchten zerriffene ‘Dfchebel "2 
Yinks zieht fi der Bergrüden des Dſchebel Matny nad Süd, 
und in der Richtung unſeres Wegs endlich ftrebt in fteilen Abhänges; 
der Dſchebel "Alga empor, deffen Gipfel das Ziel unferer Tagerrii 
fein follte. I 

Neugeſtärkt ftiegen wir Y,5 Uhr über loſes Gerölle den ſteilch 
Pfad Hinan und erreichten nad) einer Stunde mühfamen Kletternd de 
Gipfel des Dichebels Alqa. Auch hier war eine mit Schieklöcenk 
verjehene Bruftiwehr aus loſen Steinen aufgeführt, welche den Ac 
(d. i. den Aufſtieg) beherrfcht und, wie ſchon bei den Ruinen Tg 
Obne bemerkt worden, den Zwed hat, im alle eines Kriege Dick 
Uebergang zu vertheidigen oder aud) gelegentlich Reiſende zu bra | 
Ihagen. Oben ſenkt fi) das Gebirge nad) Nordweſten und Bi 
eine Kefjelvertiefung, welche fid) al® Wädiy Soggayme nad) Rode‘ 
öffnet. Wir ftiegen in den Wädiy hinab und Ingerten unter ein 
Mimofen, am Fuße eines Hügels, auf dem vier Cifternen cu 
bauen find. 











Gefchilichkeit des Kameels. 177 


Die Formation des Gebirges ändert fi) von dem Punkte aus, 
wo das Lager zu Zage ſteht. Die Grauwacke verſchwindet nämlich 
mier dem Lias-Sandfteine, auf welchem dann weiter oben der 
Dnlithen-Kalkjtein Liegt. Nach meiner ungefähren Schätzung fteigt der 
Dichebel "Alga 3500 Fuß, Dichebel Acfun 4000 Fuß und der Dichebel 
Natny und "Argime jeder 3000 Fuß über den Meeresfpiegel empor. 

- Der Thermometer ftand am Morgen bei Windftilfe und heiterm 
* himmel 20°, um Mittag bei ſchwachem Nordweſtwinde 45°, am 
| Ind 18°. 
= 23. Juli. Am folgenden Morgen um 5 Uhr begannen wir 
k im öftlichen Abhang des Gebirges hinabzujteigen. Am Ausgange der 

Echlucht, aus welcher der Waͤdiy Hervortritt, ſchneidet er ſich plößlich 

is eine enge und ſehr tiefe Kluft ein, längs der ein fchmaler Pfad 

den Schlangenwindungen folgt, welche fie befchreibt. 

Einige funfzig Stellen kamen vor, welche mid) an ben Pfad er- 
merten, auf dein ich den Waͤdiy Eſch Schaqq niederitieg. Webrigene 
das Gebirge reih an romantiſchen Partieen, welche den Reifenden 

 Aigermaßen für die Mühen und Gefahren fchadlos Halten. Gegen 

6 Uhr hörte die Oplithenbildung auf und die Grauwacke, häufig mit 

Srauwadenfchiefer wechfellagernd, trat wieder hervor. Etwas nad) 

10 Uhr ftiegen wir wieder in den Wädin hinab, welcher bereits eine 

Breite von 100 Fuß erlangt und der hier von ftraffen Wänden des 

Ia⸗-Dolomit-Kalks begrenzt wird. Große Blöcke füllen das Thal 

At dergejtalt, daß man fie bis zu einer Höhe von 60 Fuß fürmlid) 

überflettern muß, wobei die dornigen Mimofen und Nebek, welche 

meihen diefen Trümmern hervorwachſen, Geſicht, Hände und Kleider 
arg mitnehmen. Hier hatte ich wieder Gelegenheit, die Sicherheit 

m bewundern, mit der die Kameele ſich auf diefem Terrain be- 

nen, welches kaum für Micnfchen gangbar war. 

Mit der größten Vorficht fetten fic Fuß vor Fuß auf die oft 
ſehr hohen Felsblöcke und thaten keinen Schritt, ehe ſie nicht gewiß 
Waren, ihm mit Sicherheit thun zu können. Bis 11 Uhr blieb der 
Be im Waͤdiy und führte dann eine Anhöhe Bradeniyuttlantes 

L 5. irede's Seife in Pabbramaut. 12 


Fri vs 


178 Dorf Codayre. 


binan, welche als unterjte Stufe des Gebirges ſich janft nad dem 
Wädiy el Hadſchar abdacht, defjen üppige Fluren fich jegt zu unſer⸗ 
Füßen ausbreiteten. Gerade vor uns, faft in der Mitte des Thald 
und am rechten Ufer des Fluſſes, lag Eg Codayre, ein anſehnlichet, 
von Thürmen flankirtes Dorf von etwa 300 Einwohnern, welde da ; 
Stämmen Bi Häfir und Bü Gaura, Abtheilimgen des Stammes | 
Beny Nuh, angehören. 

Auf der andern Seite des Dorfes öffnet ſich der Wadiy Scharad, 
aus welchem ein ſtarker Bad) hervorbricht, der in keiner Jahreszeit 
verfiegt. 

Im Nordweften des Dorfes verengt ſich der Wäpiy el Habide 
zu einer engen Schlucht, welche fich bis zum Fuße des Dfcebel 
Bi Dicdanaf Hinaufzieht und dem Hauptflujfe das Rinnfal gie. 
In einer halben Stunde erreichten wir das Dorf, wo wir bei eine 
Freunde Schayh Sſalym's Einkehr nahmen. Es gehört jept ber 
Sultan von Habbän, welder die Wachtthürme mit Beduinen 
Stammes Hawalyt aus der Gegend von Nicäb befegt hält. Die 
Leute wußten bereits die Entthronung ihres Herrn und waren af 
den Ausgang gejpannt, wollten aber von einer Uebergabe Godahrt't 
an den neuen Sultan nichts hören, 

Die Stämme Bä.Häfir und Bä Caura bewohnen den Wär 
el Hadſchar von feinem Cntjtehungspunkte bis zum Ausfluffe dei 
Wädiy Scharad und diefen in feiner ganzen Ausdehnung. Die Ge 
birge zwijchen den Dichebel Ba Dſchanaf und Matny werden ı 
einer andern Abtheilung der Beny Nuh, nämlid von dem Stamm 
Bi Maur bewohnt. 

Troßden, daß wir bereits 7 Stunden eines beichwerlichen Weg 
zurüdgelegt hatten, entjchloffen wir uns, nod) bie Hin ben Digi 
zu gehen. Schaych Alyy "Abd cl Manäh blieb zurüd. Dagey 
fanden wir eine andere Reifegefellfchaft in fünf Beduinen des Stamedill 
mes Bü Schoqayr, und Freunde meines Schaychs. Da diefel 
noch Geſchäfte abzumadjen Hatten, jo famen wir überein, b 
wir voransgehen follten; fie felber wollten Y, Stunde fpäter ae: 





Der fruchtbare Wädiy Hadſchar. 179 


kehen ımd uns dann einholen. Um %Y, vor 2 Uhr verließen wir 
& Eodayre und verfolgten thalabwärts die Richtung Oft, 10° Süd. 
Den angebauten Boden, der ſich '/, Stunde vom Orte erftredkt, 
folgte eine dichte Waldung von PBlatanen, Sykomoren, Arda, Mi: 
mojen und Nebel, unter der ein Pflanzenteppich den fetten, mergelig- 
honigen Boden bededt. 

Um 20 Minuten nach 3 Uhr lag uns rechts am nahen Gebirge 
im Bi Sfolayman ein Fleines Dörfchen mit einem Wachtthurm. 
Hei darauf durchwateten wir den Fluß, der bier etwa 30 Fuß 
weite und 2 Fuß Tiefe hält. Mit tropiſcher Fülle breiten hier 
latanen und Area ihre dichtbelaubten Kronen und verfchlingen fic) 
ber denn Fluß zu eimem undurddringlichen Laubdach, in deſſen 
Batten Taufende von Keinen, filberglänzenden Fiſchchen in der klaren 
mtb des fpicgelhellen Waſſers ihr mumteres Wefen treiben. Nur 
x je durch troftlos nadte Sandwüjten oder über Tahle Gebirgs- 
den ımter den fentrecht herabfchießenden Strahlen der tropiſchen 
onne gewandert ift, Tann begreifen, mit welcher Freude, ja mit 
Ihem Gntzüden ich diefen Fluß und diefe VBegetationsfülle und die 
ine Dede betrachtete, welche ſich über den Fluß wölbt. 

Schaych Sfalym fah mid) ganz erjtaunt an, als ic) ihm den 
richlag machte, an diefer Stelle zu übernachten, und wahrſcheinlich 
ichte er glauben, dag mir c8 im Gehirn nicht ganz richtig fei; 
m er antwortete keine Silbe, fchüttelte mehreremale den Kopf 
d trieb das Kameel zum raſchern Gchen an, wobei er folgende 
trophen fang, deren Inhalt feine Gedanken über den kranken Zu— 
ad meines Kopfes ausfprah. Er fang nämlid): 

„Geh' raſch, mein Kameel! Geh’ raſch! Nicht jeder Kopf ift 
nute gefund! Nicht jeder! Die Sonne hat heiß gejchienen in unfern 
ergen und der Sand hat die Augen geblendet, der Heiße Sand! 
icht jeder Kopf iſt Heute gefund, mein Kameel! Geh’ raſch! Geh’ 
Ip?” 

Ich lachte laut auf und fragte: ob es denn nicht vorzuzichen 
‚an einem fo ſchönen Orte zu fchlafen, anftatt ſich im einer 

12* 





180 Das Geiſterthal. Wabin Haffg. 


dumpfen Stube einzuſchließen. Er erwiederte hierauf: „ob ih d 
nicht wiſſe, daß eine unzählige Menge von Dſchinny und Ghul (I 
Geifter) an ſolchen Orten des Nachts ihr Wefen trieben und 
glaube, daß er jo ein Narr wäre, ſich den Mißhandlungen derſel 
auszuſetzen?“ — Gegen ſolch ein Argument war natürlich Ri 
einzuwenden, und im Grunde fonnte er au Recht haben, wenn 
unter den Mifhandlungen der Geifter das Fieber verftand, wel 
in biefem Thale fehr häufig und bösartig ift, und das man am le 
teften in der unmittelbaren Nähe eines Fluſſes befommen Tann, 
von einer fo üppigen Vegetation umgeben ift. 

Ienfeits des Fluſſes windet fi der Weg noch eine kurze Str 
durch das Didiht und führt dann etwas bergan auf eine dürre, 
fige Ebene, welche hier und da mit verfrüppelten Mimofen und ı 
zelnen Gruppen Aloe (Alo& spicata) umherftehen. Dieje € 
befteht aus Süßwafferdiluvien, und der Sandftein derfelben ſchl 
viele Verfteinerungen ein, welche aber, wie das Geftein felbft, | 
vermittert find. Er liegt einem röthlich-braunen mergeligen Chone ı 

Um 4 Uhr kamen wir an eine Stelle, von der aus man ra 
am Abhange des Gebirges ein Heines Dorf nebft Wachtthurm fie 
fießt, welches den Namen Hip ben Dommän führt. Der Wi 


Neuer Kampf mit Steinwürfen. 181 


Mit lautem Geſchrei ftürzte fie, den Alten an der Spike, aus 
km Didicht des Waͤdiy auf die Ebene. Schaych Sfalym empfing 
: fe mit Steinwürfen und fagte mir ſchnell, mic in Nichts zu mifchen, 
bis er mich dazu auffordern würde, und das Kameel anzutreiben. 
, Obgleich er die Steine mit außerordentlicher Gefchicklichkeit fchleuderte, 
fo hielt fie das doch nicht ab, ihm auf den Leib zu kommen. Auch 
‚Diesmal dachte Niemand daran, mid) zu beunruhigen, dahingegen 
weren Lanzen, Dichembiye und Keulen gegen den Schayd) erhoben, 
= ber auch feine Dſchembiye gezogen hatte und, rückwärts gehend, damit 
ins und erfuhr, ohne jedoch einen feiner nachdrängenden Gegner zu 
serwunden, welche auch feinen Gebrauch von ihren Waffen, wohl 
einen deito beijern von ihren Zungen machten. Voller Erwar- 
und ftaunend fah ich der Scene zu und hatte große Luft, mit 
meinem eifenbejchlagenen Nebut ernitlich darein zu fchlagen; denn es 
Im mir im höchſten Grade lächerlich vor, fo fehreiend, lärmend, 
Delche zuckend, rückwärts zu gehen und nachzudrängen, ohne ſich die 
Heut zu ritzen, da doch die Sache auf die eine oder die andere Art 
ein Ende nehmen mußte. 

Etwa eine Minute mochte der Auftritt gedauert haben, als er 
einen ſehr ernften Charakter annahm. Schaych Sfalym konnte nämlich, 
da er gegen die Räuber Front gemacht hatte, den Weg überjehen, den 
wr zurückgelegt hatten, und erblicte die fünf Beduinen, welche ung 
einnholen veriprochen hatten und die jett im vollen Laufe herbeieilten. 
seht fchrie er mir zu: „Abd el Hub! Schlag nieder die Hunde!” unb 
fiek in demfelben Augenblic den alten Anführer nieder. Ich war 
sit dem Kameel etwa 20 Schritt entfernt und eilte auf feinen Ruf 
iogleih, herbei, hatte aber Kaum einige Schritte gethan, als zwei 
Shüffe fielen, welche zwei der Räuber todt niederftredten. Die 
Uehrigen hielten e8 nicht für rathſam, die Beduinen zu erwarten, 
md verichwanden hinter dem Gebüſch. Unſere Beduinen hatten dies 
ewartet und daher zwei der Ihrigen in das Didicdht des Waͤdiy 
Heſſh geſandt, die auch einen der Flüchtlinge fingen und brachten. 

deſem wurden die Hände auf den Rüden gebumden und dann an \van 






et 7 


182 Der Kriegsgefangene. 


Schweif des Kameels befeftigt. Keiner der Unfrigen ließ es fih em 
fallen, die Gefallenen zu begraben, wohl aber fetten fie ſich in be 
Beſitz ihrer Kleidungsjtüce und Waffen. 

Während dem Marſche wurde mit dem Gefangenen ein firwi 
liches Verhör angeftelit, und wir erfuhren mun, wer fie waren A 
warum fie fo crpicht auf uns gewefen. Sie gehörten dem 
ber Beny Dldſchyy an, welder jenfeits des Dſchebel Hamri 
der Küfte wohnt, und ftanden in dem Wahn, es habe ber 
mit meiner Hülfe die Schäge gehoben, welche der Sage nad) in 
Ruinen von Hign el Obne vergraben liegen. 

Auf meine Frage, warum fie uns denn hier und nicht im 
Alqa angegriffen hätten, gab er mir die Antwort, daß die 
vor dem alten Schaych, Alyy ibn ‘Abd el Manäh, fie davon "| 
halten habe. Dan fagte ihm dann, daß Schaydh Sfalym chenfelt 
ein ‘Abd cl Manäh fei, worauf er den Schaych fehr reuig um Bi 
zeihung bat und feine Hand zu küffen wünſchte, welche ihm dem anf 
mit vieler Würde dargereicht wurde. 

Schaych Sſalym erklärte ihm hierauf, daß er Rabiet fin 
als folder behandelt werden würde. Rabiet heißt nämlich derjenige, 
welcher auf einem Raubzuge oder im Kriege zum Gefangenen gend 





Rückehr nach Hign ben Dighäl. 183 


häter einen Wachtthurm zur Rechten des Weges liegen ließen, in 
wilden einige Beduinen zur Bewachung der Anlagen wohnen. 

Von hier ans liegt das Dorf Mafyyat el DQaͤhime zur Rechten, 

Sin ex Cobaͤyh zur Linken des Wädig. Wir näherten und nun ber 
Enten oder nördlichen Seite des Thals, verließen 20 Minuten nad 
6 Uhr den Balmenmwald und ftiegen am äußersten Ende eines niedern, 
: fämalen Gebirgsvorfprunges zum Dorfe El Hodä hinan. 
Die Häufer diefes Dorfes find nicht fo groß und gut gebaut, 
wie die der andern Orte des Waͤdiy, und liegen zerftreut umher. 
Die Einwohner, etwa 200 an der Zahl, gehören dem Stamme Bä 
: Shogayr an. Bei unferm Durchzuge hatten wir Alt und Jung auf 
In Ferfen, melde mid) und den Gefangenen begafften. Jedoch war 
4, als ein fremdartiges Gefchöpf, ganz vorzüglich der Gegenftand 
ihrer Neugier, und befonders war die Dorfjugend fo zudringlich, daR 
ih froh war, als wir auf der andern Seite des Dorfes in den 
Waͤdiy Carhyr hinabftiegen. — Diefer Wädiy führt dem Fluſſe des 
Bädiy EI Hadſchar einen ftarken, nie verfiegenden Bad) zu. — Jen— 
feite dieſes Baches führt der Weg wieder unter Palmen fort, am 
Scloßberge von Hien el Dähime und den Mündungen der Waͤdiy 
& Gafrä und Dinnyne vorüber. Nach Y,8 Uhr langten wir wieder 
der dem Haufe des Schayd Ba Rajj in Dign ben Dighäl an. 

Der Abend verging unter allerlei Geſprächen und Mittheilungen 
ke Schaych Ba Räff, welhe von großem Antereffe waren. Ich 
tählte unſere Reifeabentener, verfchwieg aber den Vorfall im Waͤdiy 
Irär, da Schayh Sfalym durch fein fpäteres Betragen den Ein- 
ud verwifcht, den er damals auf mich gemacht hatte. Ich frug 
Meinen Wirth nach der Entfernung Märibs und nah dem Wege, 
Welcher dahin führt, da id) ſpäter denfelben zu reifen gefonnen war. 
Er fagte mir, der Weg führe über Habbän, Yſchybum u. |. w. und 
baf die Entfernung 11 Zagereifen bis Märib betrage; bis Habbän, 
wie er mir angab, 6 Zagereifen. 

Der Wädiy EI Hadſchar, den ich jegt, fo weit er bewohnt ift, 
geichen habe, hat, von &; Codayre an gerechnet, bis Dſchul Bi 










184 Ungefundheit des Wädiy Hadſchar. 


Daghuth eine Länge von 6 Stunden und feine größte Breite 2 Stunden. 
Mit Ausnahme von Ex Codayre, welches dem Sultan von Habbau 
gehört, fteht er unter der Herrihaft des Beduinenſtammes Baͤ Scho- 
gayr, welcher von den Dörfern, die von Perſonen bewohnt werben, 
welche nicht zu dem Stamme gehören, fehr ftarfe, oft ganz willkür⸗ 
ih erhöhte Abgaben erpreft. Verweigert eines diefer Dörfer bie 
Bezahlung der Abgaben, fo wenden die Beduinen nie offene Gewalt 
an, fondern fchneiden die Verbindung mit dem Fluſſe ab, wodurd 
denn, da feines derfelben Brunnen oder Eifternen hat, die Einwohner 
gezwungen werden, die Beduinen zu befriedigen. Diefer Wädiy ® 
der ungefundefte oder vielmehr der einzig ungefunde des ganzen Landet 
und Krankheiten, wie Fieber, Ruhr, Pocken, Ausſatz, find fee- 
häufig. Ebenjo jah ich Viele, weldhe an dem oben bejchriebenen 
Demengeihwilr und Guinea-Wurm (Ferentit; Gordius-Vena me 
dinensis) litten. Die Urſache diefer Krankheiten liegt in dem 
befonders aber in der in Anwendung gebrachten Bewäfjerungsmethobe. J. 
Wie fhon erwähnt, ift der Yauf des Flufjes niehreremal durch Wehre J 
gehemmt, wodurd) das Waſſer immer zwifchen zweien derfelben ſtagnitt. J. 
Da nun die Ufer ſtark mit Bäumen bejett find, fo fallen eine Menge 
Blätter u. ſ. w. hinein, die natürlich) int ftehenden Waſſer in Fäulmiß 
übergehen und ſchädliche Dünfte im Thale verbreiten. 

In feinem Theile des von mir bejudhten Arabien fah ich fo 
viele Sterufchnuppen, wie in diejem Thale. Diejes hat wahr⸗ 
heinlidy feinen Grund in den Dünften, welde jich fortwährend ans: 
dem Bette des Fluſſes entwicdeln. Ebenſo erklären fi) auch die übel⸗ 
riehenden Nebel, welche jeden Tag bis gegen 10 Uhr Morgens fo 
dicht Über dem Thale liegen, dag man auf 10 Schritt Weite einen 
Gegenftand Kaum unterfcheiden kann. 

Die Hauptproducte des Wädiy find Datteln und Tabak. Außer⸗ 
dem werden noch, jedocd in geringer Quantität, Weizen, Durra, 
Bohnen, Baumwolle, LTinfen, Doden, Sejam und Lupinen gebaut. 
Cocospalmen fah ich Feine, dagegen Tamarhinden-, Amba- oder 
Mango-, Arka-, Eitronen- und Bananenbäume. Da ich mich nicht: 




















Stämmeverfammlung. 185 


aufhalten wollte, jo bat id; meinen Wirth, mir für den folgenden 

Teg einen Führer nach dem Wädiy Do’än zu verfchaffen, welches er 
: me veriprad. Er erzählte mir, daß zwijchen den vereinigten Stänt- 
men Bä Mardagha und Chämiye und den Stämmen Bü Scahybe 
und Bä Kaſchwyn Feindjeligleiten ausgebrocdhen wären, und daß 
in einigen Tagen eine Dabayl Bakry (Verfammlung der Stänme) 
der beiden lettgenannten Stämme im Wädiy Hafar ftattfinden würde, 
‚wm über Krieg ımd Frieden zu berathen. Viele, jeßt hier zum 
| Nattelmarkte anwefende, neutrale Beduinen würden über den 
Bädin Hafar ziehen und dort verweilen, bis die Berathungen be- 
migt jeien; ich müſſe daher zufrieden fein, diefen Umweg zu machen. 
Bes der Schayd) als für mid, unbequem hielt, fam mir gerade er- 
neſcht; denn eritens brauchte ich nicht denfelben Weg zurückzumachen, 
welchen ich gekommen war, und zweitens erwartete mich das 
t intereſſante Schaufpiel einer Dabayl Bakry (Stammverfamm: 
Rg), bei welcher Krieg und Frieden befchloffen werden follte. 
Das Thermometer ftand jest amı Morgen bei heitern Himmel 
Windftille 15°, am Mittag bei Nordweitiwind 36°, am Abend 25°. 












Sechstes Eapitel. Fi 
Stämmeverfammlung im Wäbiy Hafar. 





Abreife von Hign ben Dighäl. — Ankunft in Hodä. — Meine gefährfige ug 
dafelbft. — Lager am Wädin Haffy. — Nachtlager am Wäbiy Mintät. — Rech 
lager am Wadiy Hafar. — Eine intereffante Scene. — Aufbrud. — Bei 
Togerer. — Metelle. — Wädiy Rhayde ed Dyn. — Delä‘. — Kaydam. — 
Chowayre. — Nachtlager am Wäbig Maghära. — Ankunft in Choraybe. 


24. Iuli. Am 24. Juli übergab mid Schayh Bi Räff einem 
Bebuinen, Namens Bi Omm Sſaduſſ, einer Abtheilung des Stammes 
Ed Dayin. 


Beſchimpfung und Mißhandlung des Neifenden. 187 


Hunderte von wilden, drohenden Seftalten um mid) verjammelt, welche 
ieen Shriftenhaß gegen mich austobten. Man ſtieß mich mit Füßen, 
men jpic auf mich herab, Staub und Steine wurden auf mich, ale 
einen Käfir (LUingläubigen), geworfen; kurz ein Jeder beeiferte fich, es 
dem Anbern im Mißhandeln zuvor zu thun. Der ganze Haufe fchrie 
; wie bejefjen, Zwanzig auf einmal fragten mich, wer ich fei, woher 
ih käme, wohin id) ginge, während Andere mich aufforderten, die 
mehammedaniſche Glaubensformel zu ſprechen. Dagegen ſchrieen meine 
Beduinen aus Leibeskräften: „Ich ſei cin Moslim aus Aegypten, ich 
verrichte die fünf Gebete”, — und ließen es weder an Bitten, noch 
en Drohungen fehlen, um die aufgeregten Gemüther zu befänftigen. 
Jedoch alle ihre Bemühungen blieben fruchtlos, fie wurden nur aus- 
‚gelacht, worauf mic diefe einzigen Beihüger meinem Scidfale über- 
üeken. — Raum hatten fie den Rücken gewandt, ale ſich aud) ber 
‚Kreis, den man um mich gefchlofjen hatte, immer enger zufanmen: 
yg und mir Ärger denn zuvor wmitgefpielt wurde. Der Eine ſtieß 
den Andern auf mich, und ich erfticte faft im Staube, den diefer Auf: 
lauf. erregte. Endlich brachten fie einen Verrückten herbei, defjen 
Sünde an eine kurze eiferne Stange gefchloffen waren. As man ihm 
«eingt Hatte, ich jei ein Kaͤfir, warf er jich mit einem den Wahn: 
- fmigen eigenen Schrei auf mid, rip mir den Zurban herab und 
. hagte mic an Hals und Kopf, während die Umftehenden in jchal- 
indes Gelächter ausbrachen. Obgleich ic) mir vorgenommen Hatte, 
Km Zwecke meiner Reife zulieb, fo geduldig al& möglich zu fein, 
jo überfticg doc), was ich hier erduldete, die Grenzen von alle dem, 
wos ich ſelbſt immitten diefer wilden, fanatifchen Horden befürdjten 
AM dürfen je gedacht hatte. Beim Angriffe diefes Menfchen verlich 
mich der Ießte Reft der Geduld. — Aufer mir vor Wuth jprang 
£ ib anf, warf mit aller mir zu Gebote ftchenden Kraft den rajenden 
Wenſchen zurüd und zog meine Dſchembihye, feft entjchlojfen, wein 
&hen fo theuer als möglich zu verkaufen; denn, wie man denken 
fen, hielt ich mich für verloren. 
Bei dem Anblick der von mir angenommenen drohenden Stellung 











Körperliche Kennzeichen des Unglaubens, 189 


bembigt und der Schahch theilte dem Volke das Reſultat derjelben 
ia folgenden Worten mit: „Ya halq Allah!” (Ihr Volk oder Menge 
Gettes!) rief er aus, „dieſer Mann ift ein Moslim, denn er hat 
Blaubensformel und Faͤtiha gefagt; dann ift er cin Aegypter, welche 
alle gute Moslims find; ferner kommt er aus dem Haufe des Schaych 
Md Allah ba Sfudan, deffen Wohnung fein Aufenthalt für Un— 
zläubige ift; auch bat er Leine Zeichen auf feinen Sliedern, wic fie 
Wie Ungläubigen zu haben pflegen; und endlich kann er, wie wir, die 
Mrme über den Kopf zufammenlegen, welches die Ferenghy nicht 
Namen. Hiernächſt forderte er die Leute auf, mid) in Ruhe zu 
laſſen, da fie fonjt eine ſchwere Sünde auf fid laden würden. — 
Wie man fieht, hatte der gute Dann feine Yogik inne und war be- 
ſenders in der Naturgefchichte der Europäer bewandert, die cr auf 
den erften Blick zu erkennen meinte. Leber die Arme der Franken 
berricht hier die fonderbare Meinung, fie jeien fo kurz, daß die Hände 
ben: Mund nicht erreichen könnten, weshalb fie Speifen mit Hülfe 
der Löffel und Gabeln genöffen. Nachdem die Gelehrjantteit des 
Alten vermitteljt fo fchlagender Beweiſe meine Qualität als Moslim 
dargethan, und mid) aus einer fo drohenden Gefahr errettet hatte, 
weränderte ji das Benehmen der Leute gegen mid. So gefährlid) 
wir vorher ihr Fanatismus gewefen war, fo beläftigend wurde er 
wir jest, indem Jeder das mir zugefügte Unrecht durd) Freundſchafts⸗ 
bezeigungen wieder gut machen wollte. Alles drängte fich heran, mir 
Fe dand zu reichen, ja Viele küßten ſie mir. Ich verlangte Waſſer, 
ud gleich Tiefen Einige fort, um mir ſolches zu bringen; Milch, 
' Datteln, Brod wurden mir gebradt, kurz, man that alles Mögliche, 
wich die erduldete Mißhandlung vergeffen zu machen. — Aus diefem 
vorfalle kann man abnehnen, wie gefährlich cs für einen Chriften, 
ſchit unter der Maske des Islaͤms ift, diefe Gegenden zu bereifen, 
md daß es unvermeidliches Verderben nad) ſich ziehen würde, als 
Chriſt aufzutreten. 
Eine Halbe Stunde nad) diefem Auftritte beiuden die Beduinen 
ijte Rameele, und bald darauf befanden wir uns auf dem Wege, deu 


S 


190 Amulet gegen Ameifenverheerung. 


ich am vorigen Tage herwärts verfolgt hatte. Bei dem Wachtthurme 
deffen ich ſchon früher als hart am linken Ufer des Fluſſes gelegen, 
erwähnt habe, wurde mein Führer von den dort Wache Haftenben 
Beduinen gebeten, mit mir heraufzukommen, um einen Kaffe zu 


Wadiy Hafiy. Wäbiy Mintat. 191 


Der Thermometer ftand am Morgen bei Windftille und dichtem 
bel 20°, am Mittag bei heiterm Himmel und ſchwachem Nord- 
sehwinde 36°, am Abend 25°. 

25. Iuli. Bis zum 25. Juli Mittags waren alle Abtheilungen 
er Qaͤfila verfammelt, und cine Viertelſtunde fpäter entfaltete ſich 
ver 600 Kameele ftarke Zug zu einer unabjchbaren Linie, welche ſich 
Ange dem Wadiy Haſſy nad) den Höhen Hinbewegte. Unſere Abthei- 
ung war bie vorderſte und erreichte nad) 7, Stunde cine abjhredende, 
sadte, ondulirende Ebene, welche ſich nach Norden ausdehnt und über 
welcher in weiter Ferne die ümpofanten Maſſen der hadhramanter 
Dochebene ragen, welche fih mit dunkelvioletten Farben auf dem 
Befen Blau des Himmels zeichneten. 

Glühende Sonnenftrahlen fchoffen auf uns herab und verwan- 
deiten die baumlofen, dürftenden Schluchten diefer traurigen Ebene 
a wahre Gluthöfen. Es dauerte nicht lange, fo fühlte ich die Ein- 
wirkung der von dem weißen Streideboden zurüdprallenden Sonnen: 
Prahlen auf meine Augen. 

Ich fah alle Gegenjtände in blutrother Färbung und nad) einigen 
Etunden beläftigte mich ein ftechender Schmerz in dem Innerjten der 
Ungen, welches mich eine Ophthalmie befürchten lich. 

Um 2/6 Uhr lagerten wir uns am Rande des Wädiy Mintät. 
i Bene Befürchtungen, an den Augen zu erkranken, waren glüclicher- 

weile unbegründet, denn mit dem Aufhören der Urſache verſchwand 
ah die Wirkung und meine Schorgane kehrten zu ihrem normalen 
Saftande zurüd. Da fi) auf der nadten Ebene fein Zutter für die 
dantele vorfand, jo mußten die Beduinen daffelbe nod) aus dem 
jemlich entfernten und tiefen Wädiy Scharad heraufholen. Won hier 
a erblicte ich in einer Entfernung von etwa 3 Stunden dei jteilen 
' Diäebel Scharad im Weiten und in einer etwas bedeutendern Entfer- 
kg die hohen Gipfel des Dichebel EL Ghowayta 12) im Nordoften. 
De Richtung unſers heutigen Tagemarfches war durchgehende Nord, 
W Bert. 
Der Thermometer ftand am Morgen bei Windftille und tartem 


192 Wädiy Hafar. 


Nebel 20°, um Mittag bei heiterm Himmel und Nordweitwind 36°, 
am Abend 25°. 

26. Juli. Da unſer Wajjervorrath bis auf einen Heinen Reſt 
verbraudt war, fo brachen wir am folgenden Morgen bereits 
nah 4 Uhr auf. 

Die Gegend erhebt fid) von hier aus allmählich, gleicht aber im 
Allgemeinen der, welche wir gejtern durdygogen. Um 9 Uhr beſtiegen 
wir eine Anhöhe, von der aus mid) der Anblid des mit dichter Wal- 
dmg überzogenen Dſchebel Hafar höchſt angenehm überrafchte. Rit 
welcher Luſt fchwelgte mein ermattetes Auge an dem freundlichen Grin 
der üppigen Vegetation, welche die dürren Hügel gleich einem Yande 
durchzieht, welches im obern Theile des Wädiy einem Hügel emtralit 
zu fein fcheint, der auf feinem Rüden eine Ruine trägt. Im Hinter 
grunde diefer Landfchaft ragen die fteilen zerflüfteten Wände ber 
hadhramanter Hochebene. Eine Menge Ranchſäulen entftiegen der . 
lachenden Grün, in weldem unzählige Kameele, fi) an den faftign 3 
Blättern labend, weideten, und ein vielfaches Echo trug ben Schal : 
von Gewehrſchüſſen und das dumpfe Gemurmel der lagernden Mag 
zu unfern Ohren. Kurz, reges Leben herrichte in diefer Gegend, 
welche gewöhnlich nur dann und wann eine Däfila oder der irre def; 
des Bawwäq betritt, und deren Stille font nur vom Geheul de 
Raubthiere unterbrochen wird. 

Wir ftiegen in den Wädiy hinab und verfolgten ihn thalaufwärh 
bis jenfeits der Ruinen, wo wir neben einer Wafferlache, auf ein 
mit Mimofen bewachſenen Anhöhe unſere Yagerftätte einnahmm 
Während des Marfches dur den Wädiy kamen wir an mehr be 
200 Feuern vorüber, an denen zufammengenommen mehr als 2000 
Beduinen lagerten. Uns gegenüber brannten in geringer Entferuumg * 
voneinander die Teuer der Stämme Bi Sichaybe und Bä Kafhwie. 

Die bisherige Kreideformation hört im Süden des Thale anf. 
Die Anhöhen, welche den Wädiy im Often und Welten einfchlteßen, 
beftehen aus einem jehr feinförnigen Ciuader-Sandftein, deſſen herr 
zontole Schichten eine Mädhtigfeit von 10 Fuß haben. — Am Fruje 





Sagenhafte Riefenbante. 193 


eier Höhen und bejonders im Bette des Wädin fah ich viele große, 
regelmäßig geformte Blöcke diefes Gefteins, welche meiſtens auf 
D Fuß Länge 10 Fuß Breite und Höhe hatten. Viele diefer Blöcke 
weren durch die Einwirkung des Waſſers zur Säule abgerundet. Der 
ı Thalboden beiteht aus einem fetten, mergelig-thonigen Alluvium und 
in des Anbaues im höchſten Grade fähig. Aber wie viele Jahr⸗ 
henderte werden noch vergehen, bevor der Pflug darüber Furchen 
ht, wo jetzt nur Räuber und wilde Thiere haufen? 
Der Bau, welcher fi) in der Ferne fo malerifch ausnahm, hat 
‚ta der Nähe gefehen nichts Intereffantes und ift weiter nichts, ale 
in ſchlecht gebauter, zerftörter Thurm, dem fi die Trümmer eines 
| des von ebenfo ſchlechter Conftruction anjchließen. Dahingegen 
die Subftructionen, auf denen die Ruinen liegen, wahrhaft riefen- 
ft, denn fie beftehen aus den obenerwähnten Blöden des Quader⸗ 
hadfteine und gehören wahrſcheinlich der anteislämitiihen Zeit an, 
wihrend der obenerwähnte Bau ein Machwerf fpäterer, ſchon in 
Berbarei verfimfener Generationen iſt. — Wie gewöhnlich an alle 
Ruinen, jo knüpft ſich auch an diefe eine Sage. Ihr zu Folge baute 
ia Niefe diefe Burg und verfperrte von ihr aus die ganze Umgegend, 
wobei ihm feine fieben Söhne getreulid) beiftanden. Der Prophet 
Hab fam dann eines Tages diefes Wegs und wurde von diefen Un- 
helden angefallen; aber Gott rettete feinen Liebling, indem cr die 
ſerze Rotte durch einen Blitzſtrahl tödtete. — Diefe Riefen waren 
ch der Meinung des Volks nichts Anderes als "Aditen, denen fie 
Eine außerordentliche Größe und eine folche Kraft zumeffen, daß ein 
der von ihnen im Stande war, mehrere hundert Eentner zu tragen. 
Se vergrößert die Einbildungskraft, vorzüglih bei rohen Völkern, 
Ules, was entfernt liegt. 

Gegen Abend langten noch mehrere Züge Beduinen an, welde 
ir Lager in unferer Nähe auffchlugen und dann hinübergingen, ihre 
Schehchs zu befuchen. Obgleich der größte Theil der hier zur DBe- 
tlg erwarteten Bebuinen angelangt war, jo wurde dod) an diejem 
Vende Nichts unternommen, da der Aberglaube das Eriheinm vr& 

N». Wicde’s Keife in Babframant. 13 










Gefänge der Bebuinen. 195 


bediente, waren größtentheils nach echt orientalifchem Geſchmack und 
jo ziemlich denen ähnlich, welche weiland König Salomo feinem 
„Hohen Liebe‘ einverleibte, ja, einige waren fogar fehr unpoetiſch, 
und ich zweifle nicht, daß eine europäiihe Schöne ihrem Anbeter 
fofort den Abichied geben würde, hätte er fich unterftanden, fie „ein 
widerfpenftiges Kameel’ zu nennen, wie es der in Rede ftehende 
hadhramauter Liebhaber that. 

Auch andere Vergleiche famen vor, welche in Arabien zwar als 
ſehr gelungen gelten, in Europa aber wahrſcheinlich wenig . Süd 
machen würden. So verglich er den Hals feiner Geliebten mit einem 
„Bänfehalfe‘ und ihre Ohren mit „Kameelsohren“. Doch ift der 
gute Menſch zu entſchuldigen, denn Schwäne giebt es im Hadhramaut 
nicht, wohl aber Gänfe, und unter allen Thieren, die er kennt, bat 
das Kameel, im Vergleich mit feiner Größe, die kleinſten Ohren. 
Die Natur behauptete endlich ihre Rechte und der hoffnungsloſe Lieb⸗ 
baber entfchlummerte, wenigftens verjtummten feine Lieder. 

Seinem Beijpiele war id) im Begriff zu folgen, als ein Beduine 
mieres Zuges mit geheimnigvoller Miene neben mein Lager fid) 
meberließ und die Pantomime des Geldzählens machte. Aergerlich 
ſegte ich ihm, er folle fich deutlicher erklären, worauf er mir ins 
Ohr flüfterte, daß in jenen Ruinen unermeßlihe Schäte begraben 
Wen; ich follte deshalb die Geifter bannen, damit wir fie mit- 
äinander heben könnten. Ziemlich heftig und laut fagte ich ihm, er 
jelfe mich in Ruhe laſſen, da ich von dergleichen Künften weder etwas 
wie, noch wiffen wolle, worauf er mich ganz verdugt anſah und 
fh, ohne ein Wort zu fagen, wieder ans Teuer fekte. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei Flarem Himmel und 
Bindftille 22°, um Mittag 36°, am Abend bei Nordweitwind 25°. 

27. Iuli. Um kein Auffehen zu erregen, blieb ich den ganzen 
felgenden Tag in unferm Lager. Jedoch fehlte es nicht an Beſuchern, 
die mich weidlich mit Fragen quälten, mir aber manches Intereffante 
mitheilten. Die Bebuinen übten fic) im Scheibenfchießen und Steine- 
werfen, worin fie ſehr viel Gejchieklichleit zeigten. Die Schußweite 

13* 





Opfer und Waffentanz. 197 


feinen Geften zu urtheilen, heftige, aber kurze Rede hielt, nad) deren 
Beendigung ein „Allah häfits el Qabayl“ die Luft erſchütterte, 
dem ein ‘paar taufend Kehlen ein „Amen!“ nachriefen. 

Die Berathung war beendigt — und ber Krieg beichloffen. 

Das Feuer, welches in der Mitte des Kreiſes gebrannt hatte, 
wurde durch einen großen Haufen Holz neu belebt und die auflodernde 
Flamme mit lautem Jubel begrüßt. Man brachte dann einen grünen 
At des Nebelbaumes und einen fetten Hammel, welchem der ältefte 
Schahch die Füße band. Nach diefen Vorbereitungen ergriff er den 
Aft, ſprach ein Gebet über ihm und übergab ihn den Flammen. Wie 
ide Spur von Grün verfchwunden war, entzog er ihn dem Feuer, 
ſprach abermals ein Gebet und durchfchnitt mit feiner Dſchembiye die 
Kehle des Hammels, mit deffen Blute der noch brennende Aft ge- 
löſcht wurde. Er riß dann mehrere Heine Zweige von dem verbrannten 
Ate und übergab fie ebenfo vielen Beduinen, welche damit nach ver- 
ſchiedenen Richtungen forteilten. Der fchwarze, biutige Aſt wurde 
dann in die Erde gepflanzt. Die Beduinen löften ihre gewöhnlic) 
miammengebundenen Haare, nährten das Feuer aufs Neue und be- 
gennen einen ausdrudsvollen, Triegerifchen Tanz, welder von der 
Kerr und dem Hods (Kriegsgeſang) begleitet wurde. Das magiſch 
beleuchtete Thal hallte von dem rauhen, aber harmonifchen Kriegsgefange 
wider, und die nadten Schwarzen Geftalten, welche fi) mit fliegendem 

Haar in wilden Takte um das blutig geweihte Panier bewegten, 
gühen entfeffelten Dämonen, der Ruine entftiegen, die im Hinter- 
runde ihre ſchwarzen Schatten auf die hellerleuchtete weiße Thalwand 
warf. Zanz und Gefang dauerten bis nad Mitternacht, wann fidh die 

beiden Schaychs an die Spike ihrer Beduinen ftellten, dem fonder- 
baren Banner folgend fid) nach Dften wandten und bald im Dunkel 
verſchwanden. 

Tiefe Stille folgte dieſer intereſſanten Scene, und Jeder ſuchte 
noch den Reſt der Nacht zu benutzen, um ſich zu den Mühen des 
Iommenden Tages zu ftärken. Die Begierde aber, etwas Näheres 
Über die Bedeutung des eben Gefchehenen zu erfahren, ließ mich fein 


198 Symbole der Kriegserlärung. 


Auge fchließen. Ich fegte mich deshalb zu dem wachehaltenden 9 
duinen ans Feuer und brachte nad) vielen Umfchweifen das Gefpi 
auf meinen Gegenftand. Der Bebuine machte and nicht viel Schu 
rigfeiten, meine Wißbegierde zu befriedigen, und theifte mir dı 
gendes mit: 

Bon dem Gebraude, „einen Aft des Nebekbaumes abj 
brennen“, wußte er weiter nichts, als daß es ein herkommlicher 
und daß fein Aft eines andern Baumes dazu verwandt werden fin 
In dem Augenblid, da der Schayd den Aft ins Feuer wirft, fi 
er die Worte: „So wie diefer Aft verborrt, fo mögen a 
unfere Feinde verdorren!“ und nachdem er ihn mit dem A 
des Opferthieres geröthet Hat, fagt er: „Wer zurüdbleibt 
der Stunde der Gefahr und wer diefes Zeichen verläl 
der verdorre, er und die Seinigen, gleichwie es verdei 
iſt!“ — Die Heinen Zweige, welche der Schaych abreift und an 
Beduinen vertheilt, dienen als Rärmzeichen, mit denen bie Abgefand 
von Thal zu Thal eilen, die Söhne des Stammes zum bevorftehe 
Rampfe zu laden. Seiner darf es bei Verluſt feiner Ehre wog 
zurüdzubleiben, wenn das gewählte Zeichen an feiner Lagerftätte ı 
fheint und die Stimme des Trägers zum Kampfe ruft. Ans al 





Die Blutrache. 199 


eine Partei mehr Todte wie die andere, fo fagf der im Vortheil 
fiehende Schau: „Wähle zwiſchen Blut und Mitch!’ welches 
joviel heißen will: er könne die Gefallenen rächen oder die Diye 
(Blutgeld) annehmen. Bei diefer Gelegenheit wird gewöhnlich das 
Blutgeld angenommen, da man nicht genau willen fan, wer Jemand 
getödtet hat. Der Ausdrud „Milch“ bedeutet hier „Diye“, weil fie 
gewöhnlich in Kameelen oder Schaafen bezahlt wird. Die Araber 
wämen im Allgemeinen an, daß "Abd el Motallib ibn Hiſchaͤm, der 
Großvater Mohammed's, der Erſte geweſen fei, der eine Diye be- 
zahlt babe, und dag es feitbem in Gebrauch geblieben fei. Abd el 
Motallib Hatte nämlich ein Gelübde abgelegt, daß er dem Göten, 
der damals in der Ka’ba (Tempel zu Mekka) verehrt wurde, einen 
feiner zehn Söhne opfern wolle. Er ließ deshalb feine Söhne loofen 
md das Loos fiel auf feinen Lieblingsfohn. Jedoch konnte er es 
nicht über fich gewinnen, ihn zu opfern, und fchladhtete an feiner 
Statt 100 Kameele. — Viele Stämme haben diefes beibehalten und 
100 Kameele oder ein Aequivalent von 8 Thalern pro Kameel als 
Sühne des vergofjenen Blutes feſtgeſetzt; Andere weichen von diefer 
Eumme ab und beftimmen das Blutgeld nad) dem Reichthum des 
Tedtſchlägers. Im Hadhramaut ift dieſes überall im Gebraud). 

Der Thermometer war am Morgen bei Windftille und heiterm 
Simmel 22°, am Mittag 36°, am Abend bei ſchwachem Nordweit- 
kinde 25°. 

28. Juli. Am 28. Juli kurz vor 7 Uhr fegten wir unfere 
Reife fort und gelangten in einer Stunde über ein allmählich an⸗ 
feigendes Terrain und durch eine tief eingefchnittene, fteile Schlucht 
af das Plateau oder vielmehr auf die untere Terraſſe defjelben; 
damı in einer Entfernung von 3— 4 Stunden vagte eine zweite fteile, 
mabſehbare Wand. Da der Weg durch die Schlucht fehr ermüdend 
gewefen war, jo lagerten wir uns ſchon um 1/59 Uhr in einer mit 
Mimoſen befettten Niederung. 

Kurz vor 1 Uhr fette fi die Däfila wieder in Bewegung und 
befolgte bis 2/4 Uhr die Richtung von Nord, 20° Of. Das 


200 Unverfehämtheit der Scheryfe. 


Plateau ftieg in ſteilen Wänden vor uns auf, konnte aber von uns 
nicht mehr erftiegen werden, weshalb wir unfer Nachtlager unter einem 
Mimofenwälbchen nahmen, welches den Entftehungspuntt eines Waͤdiy 
umfäumt. Am Abend hatten wir ein Gewitter, welches jedoch feinen 
Segen über eine andere Gegend ausfchüttete. — Am Morgen hatten 
fih uns fünf Scheryfe angefchloffen, welche nad, dem Wädiy Amd 
reiften und die ich als die zudringlichiten und frechften Burfche Kennen 
lernte, die mir je vorgefommen find. Trotzdem, daß fie reichlich mit 
Proviant verjehen waren, nahmen fie die Säde der armen Bebuinn 
ohne Weiteres in Anfprud. Auch die meinigen hatten den Writing 
das gleiche Schiefal gehabt, und um des Glaubens willen hatte ih 
es gefchehen laffen. Diefen Abend aber wollten fie meinen Proviant- 
fact ebenfalls in Contribution fegen, fanden ihn jedoch verfchloffen. 
Dhne Umstände und in einem Tone, als hätten fie das größte Recht 
dazu, verlangten fie, daR ich das Schloß öffnen folle, welche freche 
Zumuthung ic) aber mit barfchen Worten zurückwies. Diefes fchien 
fie zu befremden, und Einer von ihnen frug mid: „ob ich nicht wife, 
daß fie Scherhfe ſeien?“ „Es ift möglid), aber ich glaube es nicht“, 
entgegnete ich, „denn ein Sceryf muß mehr wie jeder Andere 
wiffen, daß Gott in feinem Buche (dem Dorän) jedem Meufelmanne 
verbietet, fich der Habe feines Nächten zu bemächtigen. Wäret ihr 
alfo Scheryfe, fo würdet ihr die Provifionen verzehren, mit benes 
ihr reichlich verjehen feid, und nicht die meinigen und die der Be 
duinen ohne Erlaubniß fortnehmen.‘ Diefe Sprache war ihnen um 
erwartet und neu, und in Gegenwart der Beduinen demüthigend, um 
jo mehr, als diefe mir beiftimmten und fie weiblich auslachten. Hoch⸗ 
lichft entrüftet verlegten fie ihre Tagerftätte unter einen andern Baum, 
als befürdhteten fie, durch die Nähe eines ſolchen ruchloſen Menſchen 
an ihrer Heiligkeit Schaden zu leiden. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei Windftille und heiterm 
Himmel 22°, um Mittag bei ſchwachem Nordweftwinde 30°, am 
Abend bei Südoftwind und bewölften Simmel 20°. 

29. Juli. Am 29. Juli brachen wir kurz vor 5 Uhr Morgens 


4 
A 








x 


Gelderprefiung der Herren des Weges. 201 


anf und erreichten nach einer Stunde den Fuß der ungeheuern, faft 
3000 Fuß hohen Gebirgswand. Die Aqaba (der Aufftieg) wird bier 
durch eine eiwa 10 Minuten breite, jchr teile Abdachung, welche 
wehrfcheinlich durch einen Bergfturz entitand, gebildet. — Das Er- 
fleigen biefer Höhe war fehr ermüdend, da man auf dem lofen Ge- 
rölfe fortwährend ausglitt. Wir Hatten noch ungefähr 100 Schritt 
zn fteigen, als wir oben einen Beduinen erblidten, der uns das Wort: 
„El Ghaffar!“ (Wegegeld!) zurief. Diefe Aufforderung wurde durch 
10 Gewehre unterftügt, welche aus den Schießlöchern einer aus loſen 
Steinen errichteten Bruſtwehr hervorblinften. Unſere Beduinen riefen 
Knauf, „wie viel ein Jeder zu zahlen habe und wohin das Geld zu 
legen ſei?“ worauf die Summe von 1 Thaler feſtgeſetzt und ein großes 
delienftüct auf halbem Wege zwifchen ihnen und ung als Ablieferungs- 
ort bezeichnet wurde. Mein Thaler war bald gezogen, aber die 
Scheryfe behaupteten, daß fie als ſolche nicht verbunden wären, irgend 
en Wegegeld zu zahlen. Man rief diefe Einwendungen hinauf, je- 
doch die da oben wollten von ſolchen Prärogativen Nichts wiffen, fondern 
erllärten, „daß ein Jeder der Reiſenden (denn die Beduinen felbjt zahlen 
kin Wegegeld), der nicht zahlen wolle, zurücbleibe und daß der fofort 
mlommengefchojjen würde, der e8 wage, diejes Gebot zu übertreten‘. 

Diefem Argument war nun freilid) Nichts entgegenzufegen und 
de Herren Scheryfe machten deshalb auch Feine weitern Umſtände 
md legten Jeder ihren Thaler in die Hand eines Beduinen, welder 
m dem bezeichneten Plate hinauffticeg, das Geld deponirte und dann 
m uns zurückkehrte. Der oben ftehende Beduine ftieg nun behend 
Kamter, nahm das Geld und verfchwand ebenfo fchnell hinter der 
Bruftwehr. Bald darauf langten wir oben an. Ich fah mid) aber 
dergebens nad den Wegelagerern um, fie waren fpurlos in einer ber 
rähften Schluchten verſchwunden. 

Bis 4,9 Uhr zogen wir über die einförmige Gegend und ftiegen 
ſidann in den Waͤdiy Metelle hinab, an deffen oberm Ende das Dorf 
Netelle liegt. 

Dieſes Dorf beſteht aus ungefähr 20 Häuſern, in welchen bei⸗ 


202 Berbeerungen ber Heufchreden. . 


läufig 150 Einwohner bes Stammes Dothäm, einer Wbtheilung de 
Stammes Beny Sfaybän, wohnen. Im der Umgebung des Derft 
ftehen einige Dattelpalmen auf gut angebauten Feldern umher, weil 
von einem Wachtthurme befchügt werden. Kurz nach 9 Uhr lager 
wir oberhalb des Dorfes unter einigen Mimofen. Bon Metelle ch 
Stunde Weges Liegen im Nordoften die Dörfer Minter und Sch 
rut im Wädiy Minter, welder in ben Wäbiy Rhahde ed DI 
mündet. Der Wädiy Metelle ftreicht von dem Dorfe ans von Ehe 
nad Nordiweft, macht dann einen Bogen nad) Nordoften und m 
einigt fi dann mit dem Wädiy Nhayde eff Sfowaybe. 72) Er] 
wenig eingefehnitten und nicht, wie die bisher befchriebenen WA 
der Hochebene, von fteilen Belswänden, fondern von fanften Abhin 
begrenzt, bie mit Mimofen und Nebek bewachfen find. 

Mein Bebuine kaufte von einem der Einwohner Vorrath u 
einer Art Mehl, welches aus der Frucht des Nebelbaumes gemafh 
wird und, mit Waffer vermifcht, ein fehr nahrhaftes und Fühlen 
Getränt gewährt. Auch getrodnete Heufchreden wurden uns fd 
geboten. Die Heufchreeten, welche hier genoffen werden, find a 
folgende Art zubereitet. Nachdem man denfelben Kopf, Flügel m 
Beine abgeriffen hat, wirft man fie in kochendes, ſtark gefalgen 


Waͤdiy Rhayde ed Dyn. 203 


Um Mittag fetten wir unfere Reife fort und erreichten bald die 
Ebene, wo fi 50 Kameele von der Däfila trennten und dem Waͤdiy 
Minter zuzogen. Nach einer Stunde ftiegen wir einen fanften Ab- 
bang entlang in den Waͤdiy Rhayde eff Sjowayde hinab, der un⸗ 
geführ Y/, Stunde Breite haben mag. 

Bis Y,2 Uhr durchſchnitten wir ihn thalabwärts in norböftlicher 
Richtung und betraten dann den Wädiy Rhayde ed Dyn, der 
fih wie eine 2 Stunden breite Ebene unabſehbar nad) Norden zieht. 
Anke vom Wege ragten, etwa Y, Stunde entfernt, zwei Wachtthürme 
mb 20 Minuten jpäter erblicte ich in einer Entfernung von 1 Stunde 
die Stadt Deld. Hier refidirt ein Sultan, der aber wenig Macht be- 
fiet, indem er, gleic) feinen Stantmesgenoffen im Wädiy Do’än, unter 
dem Schuge oder vielmehr der Botmäßigkeit der Beduinen fteht, die 
Wer, wie fat überall, die Machthaber find. Der hier herrfchende 
Stamm heißt Bi Omm Sfaduff und ift eine Abtheilung des Stammes 
& Dayın. 

Die obern Theile der Wädiy Rhayde cd Dyn und Rhayde cff 
Sſowayde werden von zwei Abtheilungen de8 Stammes Beny Sfaybän, 
dm Stämmen EI Dothäm und Dſchahädeme, bewohnt, welche auch 
de Heinern, in fie mündenden Thälern inne haben. 

Trotz dem fruchtbaren Boden diefer Wädiy findet fi) in den- 
reiben, außer in der nächſten Umgebung der Ortichaften, keine Spur 
bon Anbau, und die ganze Vegetation beſchränkt ſich auf einige zer- 
freut umherftehende Mimofen, mächtig wuchernden Ofchr (Asclepias 
procera) und einige andere Pflanzen, worunter hauptfählih HYyos- 
chamus. 

Unſer Weg lag jetzt quer über den Wädiy und führte uns um 
Ynah 2 Uhr an drei Thürmen vorüber, welche die hier begin- 
nenden angebauten Ländereien beſchützen. Bon hier aus ſah ich auch 
rechts vom Wege die Dörfer Schäbith und Eich Schillaͤt, das eine 
., das andere 1 Stunde entfernt liegen. Wir zogen längs der 
iußerftien Grenze der angebauten Felder hin, auf denen Weizen, 
Seſam, vor allem ber Indigo in Üppigfter Fülle ftanden. Kurz vor 


204 Dörfer im Wäbiy Rhayde eb Dim. ' 


3 Uhr paffirten wir die beiden dicht beiſammen und Bart am Wege 
liegenden Dörfer Kahdäm und Ghowayre. Ein britter Ort lag dich 
hinter diefen beiden; id) Tonnte aber feinen Namen nicht erfehen: 
Diefe Ortfehaften find ganz regelmäßig im Viereck gebaut und zwar 
fo, daß die äußere Häuſerreihe das Ganze manerartig umgiebt; a 
jeder der vier Eden fteht ein ftarker vierediger Thurm, von dem en 
die Seiten beftiegen werben fönmen. Zwiſchen den drei Dörfern ie 
ih noch acht Wacıtthiirme, welche fo angelegt find, daß einer da 
andern vertheidigt. Alle diefe Orte find von Beduinen bes Stamm 
Bä Omm Sfaduff bewohnt, deſſen ättefter Schayd) in Kaydäm nf 
dirt. Die Seelenzahl diefer Dörfer wird wohl nidt 1500 überfteigi 
Länge des Weges vor diefen Dörfern fah id eine Menge irden 
Töpfe, in welchen ber Indigo bereitet wird, der ein Hauptkandibe, 
artikel dieſes Wädin ift. Oeftlic vom Wege entjpringt am Abhanyfı 
des Plateaus eine Quelle, die ſich in ein natürliches Baſſin eich) 
welches mit Lotosblättern bedeckt war. Kurz vor 3 Uhr bogen wi: 
in den Wädiy Maghära ein, ftiegen aber gleich darauf auf den ab: 
gegengefegten Abhang zum Plateau hinan und lagerten neben ei 
Waldung von Mimofen und Nebebäumen. Zehn Minuten thalaf 
wärts liegt im Wädiy Maghära das bedeutende Dorf Horrai, 





Angebliche Zauberkunft der Scherufe. 205 


Rhayde eff Sſowahde, Wädiy Minter 12?) mit den Dörfern Minter 
md Schorut, Wädiy Bü Taryq mit den Orten Ghebeff 122), Ghaydyn 
md Baͤ Taryq, und endlich der Waͤdiy Nyr 12%), von deifen Mün⸗ 
dung an der Wädiy Rhayde ed Dyn den Namen "Amd 12°) annimmt. 

Unjere Qaͤfila war jet nur noch 20 Kameele und 14 Bebuinen 
ſitark, da die Uebrigen nach den verfchiedenen Ortichaften der Waͤdiy 
Rhahde ed Dyn und 'Amd beftimmt waren. 

Am Abend wurde mandherlei über den treulofen, Habjüchtigen 
mb filzigen Charakter der „Scheryfe“ geiprochen und die Beduinen 
waren herzlich froh, von der Gefellichaft diefer Leute befreit zu fein. 
Zwar freuten fie fih, daß ich diefe Leute zurechtgewiefen hatte, fie 
befürchteten aber, daß mir ein Unglüd zuftoßen würde; „denn“, 
fgten fie, „die Scheryfe find falfh und rachſüchtig und 
innen Jemanden jehr viel Böfes zufügen, da ihnen viel 
Naht durd die geheime Wiffenfhaft des Sfihr geworden 
if.” — „Gott ijt groß”, erwiderte ih, „und ohne feinen 
Billen fann mir nichts Webles widerfahren. Ich fürchte 
diefe Scheryfe nicht.” — Die Beduinen fagten hierzu ihr „Anten!“ 
| md legten fich zur Ruhe. 

Die Hauptrichtung der heutigen Zagereife war Nord, 20° Oft. 
Ter Thermometer ftand am Morgen bei Windftille und heiterm 
Simmel 15°, am Mittag bei fchwachen Nordweftwind 20°, am 
Abend 18°. 

30. Juli. Am 30. bradjen wir erft des Morgens 1,8 Uhr 
a. Die Gegend auf der Hochebene bleibt ſich fortwährend gleich. 
Daſſelbe Geftein, diefelbe Form der in allen Richtungen zerftreut 
Gegenden Hügel waltet hier wie dort vor, wo ich diefelben zum erften- 
male betrat. Ueberall ermüdet eine traurige Cinförmigfeit das Auge 
des Reifenden, welches das Ende der unermeßlichen Ebene vergebens 
zu erfpähen ſucht. Etwas vor 9 Uhr erblicte ich zur Linken den 
Bödiy Ghaura, aus welchem die Minarets (Thürme der Mofcheen) 
der Dörfer Ghaura und BA "Amr hervorragten. 

Nach einer Stunde famen wir an einem in den Felſen gehauenes 





206 Gebirgsmanberung. 


Baſſin vorüber, welches mit Waffer gefüllt war. Bon hier au 
legten’wir noch eine Stunde Wegs zurüd und Iagerten dann unta 
einer großen Mimoſe, neben welcher zwei Eifternen eingehauen fin 
Ganz in der Nähe fteht eines der mehrerwähnten Schutzhänschen 
Nach einer Ruhe von 2/, Stunden wurden die Kameele belada 
und die Reife fortgefegt. Um 20 Minuten vor 3 Uhr genofr ih em 
Hübfche Ausficht in den Wäbiy Rabadh, in weldem fid das Dei 
gleichen Namens aus einem dichten Gebüfche von Mimofen und Te 
marisfen erhebt. An den Seiten des Thales befinden fich terreſſo 
förmige Anlagen, welde im herelihften Grün prangten. Zum Si 
derfelben fteht im obern Theil derfelben ein Wachtthurm. Die Be 
wohner des Orts find Beduinen des Stammes BA Sfowahde, welcha 
eine AbtHeilung des Stammes Ed Dayin if. Um Y, nah 3 Up 
trafen wir eine Cifterne und Y, Stunde fpäter jah ich das De 
Safrä im Wädiy gleichen Namens liegen, deſſen Bewohner gleichfal 
dem Stamme Eſſ Sfowaydän angehören. Der Heine Wädiy Gafn 
vereinigt fi mit dem Wädiy Rabadh und diefer bei dem Orte Hin 
Baydra mit dem Wädiy Rhayde ed Dyn. Wir legten noch ziwei Stunde 
Weges zurüd, während welcher wir an ſechs Eifternen vorübertame 
und lagerten dann auf einer mit Feuerſteinen bejäeten Niederung unte 


Rücklehr nach Ehoraybe. 207 


ben Ruhepunkte unterbrochen, hatte ich bisher durchwandert. Man 
wu fich alſo denken, mit welcher Luft mein Auge an den in voller 
srbenpracht prangenden Fluren hing, mit weld inniger Freude id) 
x dımleln Hain der Palmen und das gaftliche Choraybe wieder 
grüßte. 

Mit vorfichtigen Schritten zog die Käfilah den äußerſt gefähr- 
ben Weg hinab, erreichte ohne Unfall das Thal, und fchon um 
) Uhr ſaß ich in der Mitte der Familie meines ehrwürdigen Schaychs 
sb Allah baͤ Sſudaͤn, welche ungeheuere Freude blicken ließ, mid) 
elbehalten wiederzufehen. 

Am Morgen ftand der Thermometer bei Windftille und heiterm 
mmel 10°, um Mittag 26°, am Abend bei Nordweitwind 20°. 


Furcht vor dem Pafcha von Aegypten. 209 


t Meinung, daß der Waͤdiy Do’än mit feinen vielen Städten und 
attelmäldern fi) doc) wohl der Mühe verlohne. 

Als ich ihn nun erzählte, daß die einzige Stadt Kairo mehr 
mmwohner zähle, al8 der ganze Wadiy, daß mehr als 100 Städte 
e Choraybe, und mehr al8 3000 Dörfer in Scharq unter der 
tmäßigleit des Paſcha von Aegypten ftänden, und daß, bloß in 
: Umgegend von Kairo, mehr Datteln, Durra, Weizen, Bohnen, 
fen u. |. w. geerntet würde, als alle Bewohner des Hadhramant 
einem Jahre verzehren könnten — da ſchien dem alten Herrn der 
ritand ftille zu ftehen. Mit erftaunten Blicken und offenem Munde 
ste er mid) eine Weile an und brach dann in die Worte aus: 
zott ift Gott! Es ift nur ein Gott und Mohammed tft 
in Sejandter! Mohammed Alyhy ift ein mächtiger Sul- 
an, der uns alle verderben fann. Du fiehft, daß ich wohl 
rſache habe, ihn zu fürdten” — Da meine Bemühungen, 
m alten Herrn feine Furcht zu benehmen, gerade das Entgegen- 
feste bewirkten, fo hielt ich es für das Rathfamfte, mich zu beur- 
uben und nad) der Stadt zurüdzufehren. 

Am Ausgange des Baſars begegneten mir mehrere der ange- 
beniten Einwohner, welche, wie mir mein Begleiter fagte, in Finanz⸗ 
ngelegenheiter zum Sultan gingen. Schayd) Bü Dorra, der auch 
it ihnen war, wünfchte mir zu meiner Zurücfunft Glück und bat 
u, ihn zu bejuchen, welches ich ihm fir den Nadmittag zufagte, 
wich Willens war, unter dem Schuße feines Stammes nad) dent 
Badin Amd zu reifen. 

Nachmittags erfüllte ic) mein Verſprechen und befuchte den Schayd), 
ei welchem ich auch feinen Collegen Hoffayn ba Sohra, Schayd) der 
Shämiye, antraf, der mid) ebenfalls beglücwünfchte, fo glüclich aus 
em Lande der verrufenen Dſiyayby zurücgetchrt zu fein. Ich er- 
ähfte ihnen meine Neifeabentener und theilte ihnen meinen Entſchluß 
it, noch vor der Siyära von Dabr Hud einen Ausflug nad) Norden 
machen. Zu gleicher Zeit bat ich fie, mir einen fihern Führer 
ws einem der beiden Stämme zu geben. 

Lv Dress Heife in Sabframaut, 14 


210 Der Sultan läßt Choraybe beichießen. 


Meine Reifeluft kam ihnen komiſch genug vor, und fie fragten 
mid) lachend, was ich denn eigentlich an den Steinen des Yadhra- 
maut Merkwürdiges fände? „Oder“, fetten fie hinzu, „Habt ihr 
in Aegypten etwa feine Steine?” — Ic entgegnete ihnen: „da 
ih nun einmal auf einer Pilgerreife in diefem Lande begriffen fei 
und ich mich biß zur Zeit der Sfyära langweilte, es aber ein ver- 
dienftliches Werk fei, auch die in andern Gegenden befindlichen Hei- 
ligen- Gräber zu beſuchen, fo wolle ich meine Zeit zum Beſuch der- 
felben verwenden.” — Waren fie nun aud) nit jo ganz vom dem 
religiöfen Zmwede meiner Reife überzeugt, fo thaten fie doch wenigſtens, 
als glaubten fie daran, und BA Dorra ’2°) verſprach mir, am fol- 
genden Morgen einen Beduinen zu ſchicken, mit dem ic) mid) ver: 
jtändigen könnte. 

Mein Wirth, dem ih am Abend meinen Neifeplan mittheilte, 
war nicht fo ſehr dafür, gab aber doch, da er ſah, daß mein Ent 
ſchluß feftftand, feinem Sohne den Befehl, mir einen Empfangsbrid 
an einen ſehr einflußreichen Schaych in Amd mitzugeben. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei Winditille und heiterm 
Himmel 15°, um Mittag bei Nordweitwind 25°, am Abend 20”. 

2. Augujt. Am folgenden Morgen weckte mic) ein lebhafte 
Sewehrfeuer und ein durchdringendes Geſchrei, das in allen Häuſen 
von den Weibern erhoben wurde. Anfangs war id) der Meinung 
daß die Stadt überfallen worden fei, ein Blick nad) EL Arr belehrte 
mid) jedoch, daß man von dort aus die Stadt beſchoß. Ich ging 
nad) der Thür, um mid) nad) der Urfache des Scichens zu erfu 
digen. — Hatte mich ein Inwohner der Nefidenz am Fenfter erblid 
oder ſchoß man aufs Gerathewohl, genug, daß cine Kugel durd dei 
Fenſter in die gegemüberliegende Wand fchlug, nachdem ich mid) kaum 
davon entfernt hatte. 

Im Gange fand ich bereits alle männlichen Mitglieder der er 
milie inftallirt, während die Frauen ſich in die untern Zimmer zurüd- 
gezogen hatten. 

Ic erfuhr jeßt, da einige Individuen dem Sultan 10. Thaler 


Seltſame Steuereintreibimg. Folgen der Beſchießung. 211 


Weaben fchuldeten, welche fie nicht auftreiben Tünnten. Um nun die 
Eladt zu zwingen, diefe Summe einftweilen zu erlegen, wurde fie 
von den Sultan beichoffen. 

Das Spyitem, eine Stadt für einzelne Individuen ſolidariſch 
Baften zu lafien, findet fich alfo nicht blos in Aegypten, fondern ift feit 
undentlichen Zeiten im ganzen Hadhramaut gebräuchlich, wo nod) oben- 
beein, wie man fieht, die Zwangsmittel höchſt energiicher Natur find. 

Den ganzen Tag wırde auf die Stadt gefhhofien, ſodaß es 
Niemand wagen burfte, den Bafar oder die Straßen zu betreten, 
welche von El Arr aus beftrichen wurden. Beſonders war erfterer 
Ben Kugeln ausgefett und die Kaufleute daher gezwungen, ihren 
Banbdel einzuftellen. 

Der Thermometer jtand am Morgen bei Windftille und heiterm 
Wetter 15°, um Mittag 25°, am Abend bei ſchwachem Nordweſt⸗ 
wind 20°. 

3. Auguft. Mit dem Beginn des nächſten Tages begann das 
Schießen aufs Neue, währte aber nur bis gegen Mittag, da die 
Rachen unter den Bewohnern der Stadt die Summe zufammengelegt 
und fie dem Sultan durch einen Beduinen überjandt hatten. — Tiefer 
Auftritt war nicht ohne traurige Folgen gewefen, denn cin Manu 
wurde auf der Stelle getödtet, ein anderer ftarb am Morgen an der 
erhaltenen Wunde, und 7 Individuen, darunter aud) eine Frau, waren 

mider oder mehr jchwer verwundet. Niemand aber wunderte ſich 
Ber dieſe Gewaltthätigfeit, noch war darüber aufgebracht. Im Gegen— 
theil fand man ſie ſehr natürlich und verſicherte mir, daß dieſes das 
einzige Mittel ſei, welches die Sultane anwendeten, um rückſtändige 
Steuern einzutreiben; auch käme dieſes ſehr häufig vor. 

Des Nachmittags ſchickte ich zu Ba Dorra und ließ ihn bitten, 
mir den verſprochenen Beduinen zu ſchicken, da ich geſonnen ſei, des 

jolgenden Morgens nach dem Waͤdiy Amd zu reiſen. 

Er ſchickte auch ſogleich einen jungen Mann ſeines Stammes, 
mit dem ich bald einig und dem id) von dem Schaych ‘Abd el Daͤdir 
Maller Form übergeben wurde. 

' 14.» 


Aberglaube. Eine Tafchenuhr als Behanfung der Geifter. 213 


zemlicher Ausdehnung, der wie viele andere der Hochebene die Form 
eines Dachituhles hat. Ueberhaupt ändert fid) auf dem Plateau der 
Chrafter der Gegend nirgends; überall diefelbe Nactheit, diefelbe 
Einförmigfeit. Die Cijternen, deren man auf dem Wege von Ma— 
Falla nach) dem MWädiy Doän und den andern Gegenden fo viele an— 
hrifft, werden hier feltener, denn id) traf während diefer Tagereiſe 
auf einer Strecke von ſechs Stunden nur drei an. 

Dein junger Beduine fchien fid) vor meiner Berfönlichkeit ge: 
waltig zu fürdjten und es war augenfcheinlich, daR ich ihm ein höchft 
anheimlicher Geſelle war. Er hielt fich fortwährend in einiger Ent— 
fenung und ſah ſich nad allen Seiten um, ale ob er befürdte, ein, 
Dutend böfer Geifter erſcheinen zu fehen; eine Wirkung des Gerüchte, 
welches fich feit meiner Zurückkunft aus dem Waͤdiy el Hadſchar ver⸗ 
breitet hatte, nämlich, daß ich ein Geiſterbanner ſei. Alle meine 
Handlungen beobachtete er auf das Genauſte und beſonders ſchien 
ſeine Aufmerkſamkeit am geſpannteſten zu ſein, wenn ich nach der 
Uhr ſah, im welcher er, wie ich ſpäter erfuhr, nichts Anderes ſah, 
als einen Behälter, in weldyem ich einen jener böfen Dämonen ein: 
geiperrt hielt. Man kann fid) denken, daß id) bei jo bewandten Um— 
ftänden feinerlei Unterhaltung mit ihm anknüpfen konnte. Zum rhr 
bot die (Gegend, welche ich durchreiſte, wenig Intereffantet Ir. am 
ſo verlor ich Nichts durch feine Verſchloſſenheit. 

Der Thermometer ſtand am Morgen bei Windftil mm irn 
Himmel 15°, um Mittag bei Nordweitwind 20°, x My: .- 

5. Auguft. Am 5. August des Morgens 5 Uhr maczır r' 
ms auf den, Weg, paſſirten nad) dreiftündigem Marſch eine Ener: 
und machten um 11 Ahr an einem Wädiy Halt, welcher ih be ser 
Orte Dſchahys mit dem Wädiy Amd vereinigt. Cinige Beten: 
frauen trieben hier eine bedentende Schaafheerde vorüber. &t: 
hatten fie ung bemerkt, fo umringten fie mich und meer Fi - 
und fegten uns weidlich mit Fragen zu. Befondere Temeih . - 

fe, daR ich ale Mann Unterbeinkleider trug, wait = 
Sanscnlotten von Männern etwas Unerhörtes iſt. Ee : 


214 Troftfofer Anblick des Wadiy Amd. 


Stamme der Murat Cobayh, einer Abtheilung des Stans @ 
Dſcha da. Ihr Anzug unterſchied fid) in Nichts von dem, weihg 
ich früher bei dem Wädiy Dahme befchrieben habe; ein Heiner 
fing lag, mit zwei Lämmern treufich gepaart, in dem Korbe ber 
Um 1 Uhr Nachmittags jegten wir unfere Reife fort und 
reichten um Ysd Uhr den Rand des Wädiy Amd. — Diefer 
ift zwar bedeutend breiter, als der Wädiy Do’än, gewährt aber 
fo malerifhen Anblid. Hier fehlen die großartigen Felſenpartieen 
die amphitheatralifche Cage der Ortfchaften, hier laden keine fd} 
Baumgruppen zur Ruhe ein und kein Palmenhain erquict mit fi 
dunteln Grün das Auge; — überall dürre Steppen, nur hier 
da von grünen Streifen durchzogen, und in der Ebene liegende 
welche, gehültt in geblihes Grau, mit dem Boden gleichſam 
fchmelzen. In demjenigen Theile des Waͤdih, welchen ich überjehg 
konnte, bemerkte ich folgende Derter. Gerade unter mir die Stell 
Amd, weiter hinüber, weiter öftlih, die Dörfer Nowayre und | 
Hobul 17), fints im Sübweften das Dorf Nefhun 12°), im Norbg 
das Dorf Lohun 12) und in nordöftlicher Richtung thalabwärts if 
Dorf Dſchahys. Wir langten, nachdem wir den fanften Abhang da 
Thalwand Hinabgeftiegen waren, Turz vor 5 Uhr in der Stadt And 


Ein civilifirter, vorurtheilsiofer Araber, 215 


entgegen ımb führte mid), nad) Beendigung des üblichen Geremoniels, 
zu emem der Stühle, indem er mich Plag zu nehmen bat. — Er 
verabjchiedete hierauf meinen Dachayl, der feinerjeits höchlichſt erfreut 
war, der Sorge für meine ihm fo unheimliche Berfon enthoben zu 
fein. Nachdem ſich der Schayd nad; meinem Vaterlande und dem 
Zwede meiner Reife erkundigt Hatte, ftellte er in fehr gutem 
Englifch die Frage: „Ob ich diefe Sprache verſtehe?“ Ob— 
gleich e8 mir nicht fehr angenehm war, diefe Frage hier, aus foldhem 
Hunde und in der Sprache der in diefem Lande fo gehaßten Eng- 
linder zu hören, fo erwog ich doc, glei, daß der Araber, welder 
fe an mid) richtete, nicht zu den fanatifchen gehöre, und wagte es 
daher, diefelbe in derfelben Sprache zu bejahen. Er fagte mir nun, 
daß er fehon von mir gehört habe ımd daß es ihn freue, mid) hier 
in feinem Haufe zu fehen. Er leitete dann das Gefpräd auf die 
Politif, welche die Engländer vermocht haben fonnte, Aden zu be- 
tn. Wie alle Araber, beunruhigte auch ihn das Feſtſetzen der 
Engländer auf arabifchem Boden, ohne jedoch, wie jene, die thörichten 
Hoffnungen zu hegen, die Eindringlinge mit Waffengewalt vertreiben 
zu fömmen. Nach diefem Thema fam ich auf den Zweck meiner Reife 
zu Sprechen, und da er gehört hatte, daß ich Vieles gefchrieben, fo 
bat er mich, ihm meine Notizen zu zeigen, welches ich, obgleich fehr 
ingern, that. 

Er betrachtete die Schrift mit vieler Aufmerkſamkeit und erklärte 
Km, daß, wenn es auch feine engliſche, fo dod) eine europäiſche ſei. 
„And find Sie fein Moslim“, fekte er hinzu, „denn fonft 
Dirden Sie nicht fo angelegentlih unfere Berge und 
Thäler befchreiben und fogar, wie man mir gefagt Hat, 
inenjeden Stein mit fo vieler Aufmerkſamkeit betrachten.“ 

Ich betheuerte, „ein echter Moslim zu fein‘; aber er fagte mir 
Mit einem Zeichen der Ungeduld: „Mein Lieber! in Ihrem Sinne 


bohl, nicht aber in meinem! Freilich haben Sie alle Ur- 


lahe, e8 zu behaupten, — und glüdlih für Sie, wenn man 
# glaubt. Ich aber, der ic lange Jahre mit Europäern 


218 Hochzeitsfeierlichteiten im Mäbit) Amd. 


Braut faß. Bor diefer Eftrade ftand ein fupfernes Gefäß, welches 
mit einem feidenen Tuche bededt war und dazu beftimmt ift, die 
Geſchenke aufzunehmen, die jeder Beſucher, der Sitte gemäß, machen 
muß. Neben diefer Schüffel ſaßen zwei aufgeputte Knaben, von 
denen der eine ein Rauchfaß, der andere eine mit Rofenwaffer ge- 
fühte Tiffgiye in der Hand hielt. — Die Tiffgiye find im ganzen 
Orient gebräuchlich und werden aus Böhmen dahin verſchickt. Es 
find Heine, mit Blumen gezierte Flafchen mit langem engen Hals, 
welche vermittelft darauf gefchraubter Stüde verfcjlojfen werden, 
die mit Heinen Deffnungen verfehen find. — Beide, Braut md 
Bräutigam, hatten einen Haufen Heiner, grüner Zweige neben fid 
liegen. Da ich bereits zu Haufe mit diefem Gebrauch befannt ge: 
‚ madjt war, fo Hatte ich ein Rafirmeffer, eine Scheere, eine Fleine 
Spiegeldofe und eine Schnur Glaskorallen mitgebradht, welches id 
Alles unter das Tud) in die Schüffel ſchob, ohne die bereits darin 
liegenden Gefchenke aufzudecken. Wir befamen ein Jeder einen ber 
Heinen grünen Zweige, und nachden une einer der Knaben mit Rofen: 
waſſer befpritt hatte, beräucherte der andere unfere Kleider mit Weih⸗ 
raud. Hierauf nahmen wir unter den andern Gäften Platz, welde 
auf den bereits erwähnten fchwarzen Teppichen umherſaßen und fangen. 
Ich konnte nun den Bräutigam mit Mufe betrachten, welcher, mi 

einem rothen Kaftan und großmächtigen Turban angethan, wie ein 

Bildjäule zwifchen feinen beiden Gefährten ſaß. Born auf dem 

Turban ragte ein voluminöfes Bonquet Knoblauchzwiebeln, weldet, 

wenn es auch nicht zur großen Zierde gereicht, dod) den Nutzen bel, 

dic Macht des böfen Blickes unfhädlid) zu machen. Ueber eine m 

geblümtem Satun verhangene Thür, welche aus dieſem Zimmer ® | 
ein Nebengemad; führte, in dem fid die Braut mit den weiblichen 

Gäſten befand, hing zu demfelben Zwed cine Aloepflanze nebft cinen 
Bouquet Knoblauch und einem Säckchen Alaun. — Süßes Gebäd 
und Kaffee rede in Menge herumgereicht, und fpäter gebratenes und 
gefochtes Fleifo; mit Neis aufgetragen. Nach der Mahlzeit fangen 
abwechjelnd Trapen und Männer Adhämer und Hodfhayny. 


j Brautſtands⸗ und Hochzeitsgebräuche. 219 


Der Achämer iſt ein Geſang, in welchem die Tapferkeit, Reli: 

- gehtät und Freigebigkeit irgend einer Perſon geprieſen wird, der 

hai ift, wie ic) ſchon früher bemerkte, erotifchen Inhalte. 

% Nach dem, was mir gefagt wurde, Tommt das Brautpaar bei 
der ganzen SHochzeitbeluftigung am jchlechteften weg; denn Beide, 
Peant und Bräutigam, müſſen von Mittag bis Mitternacht, ohne 
ſih nur das Geringite zu ſich zu nehmen, fortwährend in der Stel: 

g verbleiben, in der ic) den Bräutigam von Anfang an figen fah. 

We Die Phafen, welche ein hadhramauter Liebeshandel bis zum 

u enblide der Verlobung durdjläuft, find fo ziemlich diejelben, wie 
uns. Der junge Mann ſieht das Mädchen ſowohl im väterlichen 

wie, als auch beim Brunnen, dem Hauptverfammlungsorte der 
entalifchen Liebenden. Der Liebhaber ftellt fich in der Nähe des 
mjes ſeiner Geliebten auf und fingt Hodſchayny u. ſ. w. Von 

3 Augenblide an, wo der Vater für feinen Sohn um fie anhält, 
fih Alles. Das Mädchen darf fi vor feinem Manne un: 
sichleiert jehen laſſen. Die Ständchen werden nicht mehr gebradt; 
4, Beide find bis zur Hochzeit auf das Strengfte voneinander 
ieden. Am Dochzeittage wird die Braut nebft ihrer Heinen Aus: 
euer, welche ihr der Water giebt, in Proceffion in das Haus dee 
Räutigams gebracht, wo jie gleich ihm die obenerwähnte Sedulds: 
aushalten mug. Um Mitternacht befommen zwar Beide die 

een zurück, ihre lieder zu rühren, dürfen fich aber bis zur 
deten Nacht nad) der Hochzeitsfeierlichkeit nicht fehen. In der eriten 
Hufte diefer Nacht muß der Bräutigam fowohl feine Anverwandten 

Ba Freunde, als auch die der Braut bewirthen; erjt nachdem er 
Jeine Säfte entlaffen hat, ift es ihm erlaubt, feine Anfprücde als 
Shemann geltend zu machen. — Die Braut befommt von ihrem 

F Behntigam eine Ausſteuer, welche ihr in keinem Falle und jelbft dann 

n Bit genommen werden kann, wenn fie durch ihre üble Aufführung 
em Manne Gelegenheit gegeben hat, ſich von ihr zu jcheiden. Der 
Beier verfauft feine Tochter förmlich an ihren zukünftigen Ehemann, 

ma aber 2/, des Kaufpreifes zurüczahlen, wenn diefelbe Duck 


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Der Sultan ganz von den Bebuinen beherrfcht. 221 


eiſenbeſchlagenen Holzgittern verfchloffen. Am öſtlichen Ende befindet 
ih der „Baſar“, ein Heiner, mit dunfeln Kaufläden umgebener 
Plag, welcher wahrſcheinlich aus dem ſchon bei Choraybe angegebenen 
Grunde ſehr jpärlih mit Waaren ausgerüftet ift. Die drei Mofcheen, 
welche die Stadt befist, zeichnen ſich weder durd) ihre Größe, nod) 
Architectur aus, und find weiter nichts, als höchſt einfache, flach ge- 
deckte Bethäufer mit VBorhöfen verfchen, in deren Mitte mit Waffer 
gefüllte Baffins angebracht find, vor denen die zum Gebet gehenden 
Gläubigen die vorgefchriebenen Abluitionen verrichten. Der Sultan 
heißt Iſſmayl ibn Moghtafir ibn ben "Nffa el Amudy und reſidirt 
mit feinen Samilien in einigen Thürmen, welche auf einer füdlich 
neben der Stadt liegenden Anhöhe jtehen. Seine Macht ift jehr be- 
ſchränkt, da er unter dem Schuß ober vielmehr unter der Herrichaft 
des Beduinenſtammes Murat Gobayh ſteht, deſſen Schayd), welder 


m dem nahen Lohun wohnt, eine Garnifon von einigen 30 Beduinen 


der Refidenz liegen hat. Der Drud, unter den: der Sultan und 
kine Unterthanen leben, muß unausftehlic fein. So erzählte mir 
der Schaych "Abd er Kahmän, dag die Beduinen die Stadt oft ganz 
willkürlich brandichatten und fie von der Reſidenz aus fo lange be- 
Ihöffen, bis ihren Forderungen Genüge geleijtet wird. 

Mehrere tiefe Brummen liefern vortrefflides Waſſer, verfiegen 
aber bei regenlofen Jahren, wo dann der Bedarf aus großen Ent- 
fernangen herbeigefchafft werden muß. In ſolchen Jahren fteigt dann 
die Noth auf das Aeußerfte; denn nicht allein, daß die ausgedorrten 
delder feine Früchte liefern, fondern die Beduinen, welche alle außer- 
halb der Stadt befindlichen Brunnen als ihr Eigenthum betrachten, 
erheben auch noch von jeder Kameelladung Waller eine verhältniß- 
mäßig fehr jtarfe Abgabe. Tauſende von Reiſenden würden in einer 
jlhen Zeit verdurften, wenn nicht die wohlthätigen Stiftungen reicher 
Berftorbener die Arnıen mit Trinkwaſſer verjorgten. Es exiftiren 
sämlih, ſowohl in der Stadt als auch auf den Wegen, welche den 
Wadiy durchkreuzen, gemauerte, mit Kuppeln bedeckte Kleine Behälter, 
Sſabyl genamnt, die fortwährend mit Waffer gefüllt find, deffen Her- 


Berachtung der Bebuinen den Stäbtern gegenüber. 223 


wanderten wir Y, Stunde in der Richtung Nord, 30° Oſt über 
asgebautes Feld und betraten dann eine öde, gebüfchreiche Segend. 
Rah !/, Stunde gelangten wir an den Rand eines Turrafeldes, wo 
wir unter eier großen laubreichen Platane fagerten. 

Um 2 Uhr fetten wir die Reife fort und kamen nad) Stunde 
in geringer Entfernung an der Stadt Maͤ⸗-Radhy 130) vorüber, welde 
wir rechts liegen lichen. Dieſe Stadt zählt "ungefähr 4000 Ein- 
‚ wehner, welche theils dem Stamme der Amudy, theils der Klaſſe der 
Sheryfe und Sſayydy angehören und von einem der Schattenfürjten 
zegiert werden, welche den pompöfen Titel „Sultan‘ führen; aud) 
bier herricht der Stamm der Murat Cobayh. 

Mein gemüthlicher alter Beduine, mit dem id) über ihr Ber- 
: Miltnig zu den Städtebewohnern fprad) und meine VBerwunderung 
üuferte, daß jih cine Bevölkerung, die ihnen an der Zahl weit 
überlegen ſei, jo geduldig brandicdhagen lafje, beantwortete dieſe Be: 
werfung mit der Trage: „Kann denn eine Heerde Schaafe cinen 
Volt erlegen?” — Dieſe Antwort, weldye mein alter sührer mit 
emem verächtlichen Blicke nad) der Stadt begleitete, bezeichnet hin: 
länglih die Meinung, welche die Beduinen von dem Muthe der 
Etädter Hegen. Auf den Feldern, weldye die Stadt umgeben, jtanden 
Durra, Dochen, Weizen, Indigo in üppigjter Fülle, und auf den 
‚siedern Dänen, weldje die einzelnen Abtheilungen umgeben, ftanden 
Haranen, Nebek, Tamarisfen und Mimoſen umher. Der Weg führt 
mm nach Norden Y, Stunde zwifchen den angebauten Feldern hin, 
worauf wir wicder die Region der wilden (Seftrüppe betraten. Es 
fehlt auf allen dieſen wildliegenden Ztreden nicht an Anzeichen, daR 
der im höchiten Grade anbaufähige Boden in frühern, beffern Zeiten 
den Fleiß feiner Bearbeiter belohnt hat; denn überall jicht man 
regelmäßig abgetheilte Vierede, weldye mit Erdwällen umgeben waren, 
die jet noch erkennbar find, umd aller Augenblide jicht man ver: 
ſchüttete Brummen. Nah 1%, Stunde überfchritten wir das Fluß 
bete, an deſſen gegenüberliegender Scite bebaute Felder liegen, längs 
denen wir in 1%, Stunde hinzogen und dann neben einem VON 


Dörfer Habab und Dämile. Neugierde der Jugend. 225 


dem Wilde behutfam nachſchlich, während ich das Kameel vor mir 
hertrieb. Es dauerte auch nicht lange, fo fiel en Schuß und be- 
laden mit einer prächtigen Gazelle trabte bald mein brauner Nimrod 
heran. Nach einem Marſche von °/, Stunde zeigten ſich rechts vom 
Wege bebaute Felder und das Dorf Habab, welches von etwa 500 
Individuen des Stammes Beny Schamlan bewohnt wird; ein Wadht- 
thurm vagte zur Linken des Dorfes. Die Aeder hörten bald wieder 
auf, und die öde Steppe dehnte fich mit ihrer verftimmenden Ein- 
förmigfeit abermals vor uns aus. Nur am füdlihen Ende des 
Wäadih erhebt fi ein Wachtthurm von einigen Wohnungen um- 
geben, welchen Ort mein Beduine mit dem Namen Rabadh Baͤ 
Kaubäl benannte. 

Nah °, Stunde änderte fid) die Richtung in Oft, 10’ Nord, 
welhe wir 1 Stunde beibehielten, uns dann nad) Nordoften wandten 
md %/, Stunde weiter unter einigen Tamarisfen das Kameel ent- 
inden, um die gewöhnliche Ruheftunde zu halten; ein halbverfchütteter 
Brummen lieferte gerade noch Waffer genug, um uns und unfer Thier 
. aequiden. Im Nordweften bemerkte ich die Mündung eines Thals, 
deilen Namen mir mein Führer nicht fagen Fonnte, nur foviel wußte 
er mir von ihm zu fagen, daß es unbewohnt jei. Die erlegte Gazelle 
wurde von meinem alten Führer auf übliche, bereits befchriebene 
Weiſe zubereitet und wir hielten im dürftigen Schatten der Tama— 
tiefen ein im Vergleich zu dem gewöhnlichen herrliches Mittagsmaht. 

Um .2 Uhr Nachmittags machten wir uns wieder auf und ge- 
lengten in 1%, Stunde durch eine mit Aloe bewachſene Gegend nach 
dem Dorfe Dämile, an weldjem wir dicht vorbeizogen. Die ganze 
Dorfiugend und fogar Erwachſene liefen eine Strede mit uns, um 
das feltene Schaufpiel eines „Fremden“, der noch dazu ein „Aegyp⸗ 
tier war, zu genießen. Dämile mag ungefähr 300 Einwohner faffen, 
welche dem Stamme Beny Scamlän angehören; Hinter dem ‘Dorfe 
befinden fich einige Felder. Nach 1%, Stunde wandte fich der Weg 
m Oft, 40° Süd. Zwei hohe Wachtthürme vagten in der Rich— 
bmg des Weges und bezeichneten die Lage des Dorfes Dirbe, welches 

A. v. Mrche’s Seife in Hadpramant. 1b 


226 Erſtes Betreten des eigentlichen Habhramant, 


dem Stamme der Beny Schamlän gehört und etwa 1000 Eimmohner 
haben mag. Im feiner Nähe lagerten wir uns nad einem Marjche 
von 1%, Stunde unter einem Tamariskengebüſch, welches die an- 
gebauten Felder umjäumte. Don Dämile bis hierher ift die ganze 
Gegend dicht mit Aloe bewachſen, zwifchen denen hier und da Mimofen 
und Tamarisfen Heine Gebüfche bilden. - 

Am Abend kamen mehrere Einwohner, welde uns vom Felde 
aus bemerkt hatten, um fich mit uns zu unterhalten, wobei ich dann, 
wie gewöhnlich, weidlic mit Tragen gequält wurde. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei heiterm Himmel und 
Windftille 15°, um Mittag 25°, am Abend 20°. 

9, Auguft. Am 9. Auguft brachen wir fhon um 4 Uhr auf, 
um die ftarfe QTagereife bis Haura zurüdlegen zu können. Der Weg 
führte in der Richtung Oft, 30° Nord, am Saume der Felder md 
dann an der Mündung eines Thales vorüber, hinter welchem fd 
wieder eine weite, mit Mimofen, Tamarisken und Alod bewachſer 
Ebene vor uns ausdehnte. Nach einem Marfche von 24, Stunde 


fah ich links die Mündung eines Wädiy und das Dorf Chanfe _ 
Die Richtung des Weges wurde Oft, 10° Nord, welde we . 
1%, Stunde verfolgten und uns dann nad Oft, 20° Nord wandten 


Wir legten noch 1%, Stunde Wegs zurüd und lagerten ung dam 
neben einem Sfabyl unter einer ſchönen Platane. Hinter Chauft 
beginnt die Landſchaft Hadhramant. 


Wir mochten ungefähr 1 Stunde gefeffen haben, als ein Bebuit 


auf uns zufam, den Arın meines Dahayls umfaßte und fprad: 
„So wahr Deine Kinder und meine Kinder in Friede 
leben, Du bift mein Befhüger!” — Mein greifer Führer fe 


ihn eine Weile ſchweigend an und fagte dam: „Es ift gewährt!"— 


Der Fremde fette fich Hierauf zu uns und erzählte, daß er zum 
Stamme El Mahfus gehöre und dag zwiſchen ihm und der Famile 
der Beny Schamlän Blut fei, indem fein Bruder ein Mitglied der 
jelben erftochen habe. Er habe einen Brief nach Nefhun gebradk, 
feine Feinde hätten diefes erfahren und er wüßte ganz genan, dei 


3 






FEN 


XEX 


Schutzflehende gegen die Folgen der Blutrache. 227 


men auf allen Wegen nad Mejchhed "Alyy, wohin cr reife, feiner 
Yafon auflauere. Mein Dachayl verfpradh ihm darauf nochmals 
kin Schub bis Haura und theilte ein Stüd Brod mit ihm, 
: a ſtillſchweigenden Schwur „bei der Heiligkeit des Brodes“, 
: dub er fein Verfprechen halten wolle. 
Um Yz1 Uhr fetten wir unfere Reife in der Richtung Oft, 
* Süd fort. Nach 2%, Stunde fah ich links des Weges in einer 
Btmde Entfernung das Dorf Eſſ Sfay't liegen, welches dem Stamme 
Bey Schamlän gehört und etwa 600 Einwohner zählt. Von hier 
2.08 wird der Waͤdiy gebüfchreicher und die Alocpflanzen zeigen ſich 
ur in einzelnen Gruppen. 1%, Stunde weiter fah ich nod) zur 
en des Weges bas von 500 Beny Schamlän bewohnte 
Andäl, deffen Felder theilweife mit Dattelpalmen bepflanzt 
Die Ausſage des Schüglings meines Führers, daß man 
auflauere, beftätigte ſich 1 Stunde hinter Andäl bei einem 
yl. 
Hier ſtanden nämlich drei Männer, welche unſer Gefährte als 
itglieder der Familie des Ermordeten erkannte. Mein Führer blieb 
und winkte Einen derſelben zu ſich, worauf aber alle drei 
men und ſich ſogleich an ihren Feind wandten. Mit größter 
enheit und Ruhe ſprach zu ihm einer von ihnen: „Du und die 
Deinigen ſind Bluthunde, das Blut unſeres Bruders ſteht noch über 
fr Erde 121), und wir brauchen das Deinige, damit es verſchwinde. 
Kamm hervor denn! Mit Deinem warmen Herzblute will id; mein 
Geſchlecht von dem Schmuge reinigen, mit welchem Du und die räu- 
digen Hunde, Deine Brüder, es beſchmutzt haben!’ Auf diefe Art 
hatte er fich gleichlam in den Zorn geredet. und ich dachte jeden 
Angenblid, daß fie aneinander gerathen würden; aber mein alter 
Beduine, der wohl diefelben Befürchtungen hegen mochte, legte fich 
ins Mittel. „Gott ift groß! Es ift nur Ein Gott und Mohammed 
ät fein Gefandter!” rief er aus; „das Blut diefes Mannes gehört 
we bis zur morgenden Sonne! Iſt diefe aufgegangen, jo möge es 
dad Eure fein. Bis dahin bin ih und mein Stamm Dahayl vieiet 
15* 
















228 Streit mit den Bluträchern. Ankunft in Haura. 


Mannes. Ich habe mein Recht ausgeiprohen und ihr kennt es 
jetzt. Die Dſchembihe der Bä Schogayr find ſcharf und ihre 
Rugeln reihen weit und ſicher.“ — Die drei Bebuinen fahen den 
Alten eine Weile fchweigend an, und einer von ihnen ermiederte: 
„Die Bü Schogayr haben einem räudigen, blutigen Hunde, deſſen 
Angefiht in den Dörfern der Beny Schamlan ſchwarz ift, den 
Dachayl angebeihen laffen; aber wir kennen Dein Recht, denn Gott 
ift groß! Es ift nur Ein Gott und Mohammed ift fein Gefandter! 
Möge Dein Tag weiß fein!‘ — Hierauf gaben fie ihm und mir bie 
Hände und verſchwanden in den Gebüjchen. 

Unfer Geführte hatte die ganze Zeit die Hand am Griffe der 
Dſchembiye und betrachtete feine Gegner mit funkelnden Blicken, er 
wieberte aber Feine Silbe auf alle die Epitheta, welche man ihm ud 
den Seinigen gab. Eine Stimde fpäter langten wir glücklich in ber 
Behaufung des Schayh Hoffayn ibn Abu Sfaläm cl Amudy ir: 
Haura an, dem id durch "Abd er Rahman empfohlen war umd der 
mich auf das Freundlichſte empfing. ei 

Der größte Theil des Wädiy Amd ift, wie man aus dem Br 
hergehenden erfieht, ein zwar fruchtbares, aber brachliegendes Thal 
von 1 Stunde Breite, welches wenigftens zweimal foviel Eimwohet 
ernähren könnte, als es jegt der Fall ift. Früher muß es noch Wi 
weitem bevölferter gewefen fein, denn darauf deuten die vielen Yrumzs 
und die halbverwifchten Spuren einer Einteilung der Aeder ia | 
welche man in den öden Strichen zwifchen den Dörfern trifft. Trof 
dem liefert diefer Wädiy eine erjtaunliche Menge Gummi, lot; dem 
der alte Beduine fagte mir, daß alle Jahre über 1000 Kamerk- 
ladungen, alſo 3000 Eentner, nad der Küſte gefchafft würden 
Datteln liefert er fehr wenig und Getreide kaum foviel, daß ee fi 4 
den Bedarf der Bevölkerung auf ſechs Donate hinreiht. Dahingege 
wird ein ziemlihes Ouantum Tabak und Indigo angebaut und auf 
geführt. Der Alluvialboden ſcheint das Thal bis zu einer Höhe ver 
40 bis 50 Fuß auszufüllen; denn diefes war ungefähr die Tiefe de 
Brunnen. Die Abhänge des Plateau haben ungefähr eine Höhe vn 





Fiye Borhut. Die vermeintlichen Duellen des Styr. 229 


10 bis 150 Fuß über dem Thalboden, ſodaß aljo der ganze Thal- 
äukkuitt ungefähr 200 Fuß betragen mag. 

Am Abend kamen mehrere Scheryfe, um mich zu fehen, denn 
bie Nachricht von der Ankunft eines Fremden hatte fich ſchnell durch 
bie ganze Stadt verbreitet. Ich mußte Vieles erzählen, erfuhr aber 
viel Intereffantes. So erzählte mir ein Scherf, der mehrere: 
am Dabr Hub geweien war, daß der berühmte Biyr Borhut 
eier Stunden nördlich von Dabr Hud am Rande des MWädiy läge, 

Buß er die Form eines langen, in der Mitte breitern Spaltes habe; 
be Länge deſſelben betrage ungefähr 500 Schritt und die größte Breite 
die Hälfte; der Spalt ftoße fortwährend Schwefeldämpfe aus 
man höre in der Tiefe ein immerwährendes Rauſchen, wie das 
eines Waſſers. Werner fagte er mir, daß in den Spalten und 
ungen der naheliegenden Felſen fich fehr viel Schwefel fünde, 
die Beduinen zur DBereitung ihres Pulvers brauchten. Ob⸗ 
diefer Schwefel immer fortgefchafft würde, fo wüchſe er dod 
wieder aus dem Steine hervor. Natürlich hatte mein Bericht⸗ 
erftatter Leine Ahnung, daß diefer Schwefel das Reſultat der Eon- 
g der Schwefeldämpfe ift. Auf meine Frage, wie die Steine 
leſchaffen wären, ſagte er mir, daß fie ſchwarz ſeien und ein zer- 
ſpaltenes, gezacktes, fchroffes Anfehen hätten. Auch fagte er mir, 
bie Beftimmung des Brumnens fei, die zur Hölle verdammten Seelen 
r afzunehmen. Diejes mochte auch wohl ſchon Elaud. Ptolemäus ge 
* Wert Haben, als er feine „Quellen des Styx“ hierher verlegte. 1°?) 
Dabr Hud (d.i. das Grabmal Hud’s) befteht aus einer 
Moſchee, in welcher die Aſche des Patriarchen ruht, und aus einigen 
| Häufern,, die von einigen Prieftern bewohnt werden, welchen die Be- 
wehung des Grabmals anvertraut iſt. Bei Haura 12°) mündet der 
Bädiy "And in den Wädiy EI Hadſcharyn !*), welder dann den 
Ramen Wädiy Qacçr annimmt und bis Dabr Hud beibehält, von wo 
ws er ale Wadiy Mochle 13°) eine füdöftliche Richtung nimmt und 
ki dem Orte Sſah Hud 1°) (die Ebene Hud's) an der Küfte aus- 
met, — Bei Haura hat er eine Breite von 11, Stunde, weite 











230 Stäbe und Dörfer im Wäbiy Dact. 


bis Dabr Hud bie zu 6 Stunden zunimmt. Bäbiy Mogle bibe 
die Grenze zwifchen den Landfchaften Hadhramaut und EI Sam 
und der Landfhaft EI Mahra. Nach der Ausfage des Verich⸗ 
erſtatters, melde fpäter durch mehrere glaubwärbige Perfonen kei 
ftätigt wurde, Liegen im Wädiy Dagr??7) folgende Orte, unter weh 
mehrere fehr bedeutend find. 

An der nördlichen Seite liegen von Weften nach Often: 

El Ghafar 1%), Dorf, von Beduinen des Stammes EI "Ari 
bewohnt; EI Ghitamm 12%), Dorf, dem Stamme El "Aräba gehädg, 
El Ghoraf *4%), Stadt von 6000 Einwohnern, die von einem Ce 
regiert werden; Schibäm !*), Stadt von 20,000 Einwohnern ¶ 
einem eigenen Sultan; Teryſe 1%) mit 10,000 Einwohnern und end 
Sultan; üridha **), Dorf mit 500 Einwohnern, fteht umter bei 
Sultan von Teryſe; Borr '), Stadt mit 600 Einwohnern, mit einen 
eigenen Sultan; Tyärby '*), Stadt von 6000 Einwohnern, wall 
dem Sultan von Terym. Beide letztgenannte Städte liegen an de 
Mündung des Wädiy Rachiye **%) einander gegenüber; Terym ) 
Stadt von 20,000 Einwohnern, hat einen eigenen Sultan. 

Auf der füdlichen Seite des Wäbiy liegen von Weften nach Ofen 

Eſch Scha’be *%), Dorf an der Mündung des Wädiy Tſohur ie) 


Orte im Wadiy Hadſcharyn. Die Königegräber. 231 


ieuielben Stamme angehöriges Dorf; Meſchhed "Alyy, Stadt von 
0 Einwohnern, die von einem Sultan regiert werden. Neben 
" Kier Stapt befinden ſich fehr alte Gräber, von den Eingeborenen 
© Sisrhet el Moluf 15%) genannt; Ma'qq 167), Dorf des Stammes EI 
Awad; Chorahchyr 15°), Dorf der El Afiwad, und Sſowayq 199), 
2 deffelben Stammes. 
Un der Weftfeite liegen von Norden nah Süden: 
4 Marämwa !%), Homayſcha !°2), dieſe beiden Dörfer gehören dem 
 Gtamme El Mahfus; Ei Monayayra 1°), Darret Sſudaͤn, ‘Dörfer, 
melde dem Stamme EI Aſſwad angehören; Dahbun, Stadt mit einem 
Baltan und 6000 Einwohnern, und Eſſ Sfayf, Stadt mit 2000 Seelen, 
on einem Sultan beherridt. 
Die Stadt Meſchhed "Alyy (erzählte man mir ferner) fei früher 
wel größer geweſen, als jegt; denn außerhalb ber Stabt wäre eine 
GStrecke von wenigftens einer halben Stunde mit alten Mauern bededt, 
„be aus großen behauenen Steinen beftänden und fo feſt gemanert 
"wiren, daß man fie nur mit vieler Mühe losbrechen könne, welde 
J man zum Bau neuer Häufer brauchen wolle. Nahe bei der Stadt 
befanden fid) innerhalb des dort miündenden Wädiy Ghaybun gegen 
1 40 Sräber, Torbet el Moluk genannt. 
Diefe Gräber fähen aus wie Heine Häufer von der Höhe eines 
E Bimmers (aljo ungefähr 20 Fuß), wären aus behauenen Steinen auf- 
gemauert und hätten einen Cingang, in welchem ſich eine Imfchrift 
: Iefände, die Niemand leſen könne. Ich zeichnete einige himyariſche 
Buchftaben auf ein Papier und frug, ob die Infchriften aus diejen 
C(Chgarakteren beftünden, und der Berichterftatter beftätigte das mit 
einem unzweideutigen „Ja“. 
Meſchhed Alyy ift ein neuer Name, der ohne Zweifel aus der 
Zeit ftamınt, wo der Islam in diefe Thäler drang. Außer, daß 
Kiefer Name auf die Bedentendheit der Stadt hinweift; — denn 
Neſchhed bedeutet ein Ort, an welhem man niederkniet, 
sder Zengniß ablegt, alfo Moſchee, Tempel, und 'Alyy be- 
Iantet erhaben, groß. Alfo Meſchhed'Alyy, große Moiger, 









232 Ein geheimnigvoller Fremder in Hadhramaut. 


großer Tempel. In Yemen gebrauchen die Einwohner des Bert 
“Alyy oft aud nur, um eine große Stadt damit auszudrüden, uub 
gebrauchen dann den Ausbrud Bender!) Alyy, die groß 
Stadt. Es geftatten auch die bafelbft befindlichen Ruinen un; 
Gräber, den Schluß zu ziehen, daß hier in jener Zeit, von welcha 
nur Traditionen ſpärlich berichten, eine Hauptftadt ftand, die entwehe 
dor oder nach Darr el Medſchyd oder auch zu gleicher Zeit mit 
demfelben, die Reſidenz der Könige aus dem Geſchlechte Hoturs 
(d. i. Pelegs) war. 

Mein Wirth fagte mir, daß vor etwa 10 Jahren ein Trember 
im Hadhramaut umhergereift fei und alle im Wäbiy Ghaybım be 
findlichen Inſchriften copirt hätte; er habe gehört, daß er fpäter kei 
Nigäb im der Landſchaft Yäfi'a von Beduinen ermordet worden fü, 
welche ihn für einen Käfir (Ungläubigen) gehalten, weil er rothel 
Haar und Bart getragen hätte. 

Undere Anwefende erzählten mir viel Wunderbares von ihm 
Unter Anderm habe er Verkehr mit Dicinny und Ghul gehabt, ch 
ganze Nächte durch ein fonderbar geftaltetes Ding nad) den Stern 
gefehen u. ſ. w. Auch Schäge habe er in Menge gehoben, weshel 
eigentlid, die Beduinen ihn auch wohl ermordet hätten. 


Dein bei einem Alchymiſten. 233 


Meeht vermittelft, einer hölzernen Walze von 1 Fuß Stärke, melde 
mim abgerundet und oben mit einem Duerholze verjehen ift, melde 
zei auf einem erhöhten Geftelle ftehende Männer dergeftalt vor- 
mb rũckwärts bewegen, daß die Walze an der innern Wand bes 
- Sinders herumftreift und fo die fich zwifchen ihr und dem Chlinder 
B feindlichen Samenförner zerquetſcht. 
"Auch einen Alchymiſten befuchten wir, der trog feiner Kunft in 
hochſt dürftigen Umſtänden lebte. Er behauptete geradezu, daß er 
Gold machen könne und daß er einzig und allein davon lebe. Auf 
meine Trage, warum er dann aber jo arm fei, erwiederte er, daß 
: nicht mehr Gold machen dürfe, als gerade zu feinem Unterhalte 
aforderlich fei; denn nım unter diefer Bedingung habe er die Geifter 
in feiner Gewalt, welche ihm bei feiner Arbeit helfen müßten. Cr 
gigte mir mehrere alte Retorten, welche er aus Indien mitgebracht 
F hatte, wo er, wie er jagte, die Alchymie erlernt habe. Als wir fort» 
gingen, bat er mich um eine Gabe, weil ihm zu feiner nächſten Gold- 
febrifation eine Kleinigkeit fehle, zu deren Anfchaffung er diefelbe 
verwenden wolle. Wir gaben ihm Ieder ein Sechskanaſſi und lachten 
E über die fterile Kunft, Gold zu machen, und über ihren armen Adepten; 
mir aber wurde es flar, was er unter Goldmachen und den Geiftern 
veritand, welche ihm dazu behülflich fein mußten, nämlich die Alınofen 
und die Reichtgläubigen, denen er fie abbettelte. 

Bei unferer Zurückkunft benachrichtigte uns der Sohn meines 
Kirtdes, der am Morgen den Auftrag befommen hatte, mir einen 
Beduinen zur Reife nad) Mefchhed Alyy aufzufuchen, daß er feinen 
babe finden können, der mid) dahin geleiten wolle. Da Mefchhed 
Alyy auf dem Wege von Choraybe nad) Dahr Hud Tag, melden id) 
Ipäter doch zu machen gedachte, fo tröftete ich mich und befchlof 
geradeweges nad) Cahwa 1%) im Waͤdiy Er Rädiye zu reifen. Der 
Schahch gab demzufolge feinem Sohne abermals den Auftrag, mir 
nen Führer dahin zu verfchaffen. Nah Y, Stunde fam er mit 
nem Bebuinen zurüd, welder in der Umgegend von Cahwa zu 
Sanfe war und dem Stamme Beny Zähir ben Radſchym gender. 


234 Gebräuche bei Beerdigung ber Stabtaraber. 


Wir wurden bald Handels einig, und mein Wirth übergab mid dı 
feinem Schuge auf die mehr erwähnte Weiſe. 

Des Nachmittags begab ich mic mit meinem Wirthe in | 
Haus meines Nahbars, deffen Sohn am Morgen geftorben war ı 
nun beerdigt werben folite. 

Der Todte lag auf feinem Kefen in einer fargartigen Bel 
neben der auf jeder Seite aus einem fupfernen Gefäße Weifrn 
bämpfe aufftiegen. Zu feinen Füßen faßen zwei Priefter und li 
die Stellen aus dem Dorän, welche den Umftänden angepaßt wer 
follten. Die Hände des Todten waren über dem Leib zufamm 
gelegt und die großen Zehen zufammengebunden. In den Oh 
den Nafenlöhern, zwiſchen den Daumen nnd Zeigefingern der Hi 
und ziwifchen der großen und zweiten Zehe eines jeden Fußes | 
ein Stück Baumwolle, und ebenfo auf den Augen umd dem Mu 
Bald nad) unferer Ankunft wurde der Kefen über den Todten 
fammengelegt und oberhalb des Kopfes, unter den Füßen und 
die Mitte des Körpers zufammengebunden. Hierauf betete die I 
ſammlung ein Fatiha und der Zug fegte ſich nad) der Moſchee 
Bewegung. Bis dahin Hatten die Frauen nur ein leiſes Wimn 
vernehmen laffen, jest aber brachen nicht allein die des Haufes, | 





Die Grabesengel. Die Stadt Haura. 235 


azzed unter den Füßen Löften, Aefte fchräg vor diefe Nifche ftellten 
arıı) eine Strohmatte darüber dedten, damit Teine Erde hineinfallen 
Fomte Ein Ieber der Anmefenden warf dann- dreimal eine Hand 
vol Erde in das Grab, betete eine Faͤtiha und überließ es dann 
Den dazu beſtellten Leuten, es vollends zu füllen. Mit der Niſche 
bat es folgende Bewandtniß: „Kaum hat fi) das Grab über einem 
Meenſchen geichloffen, fo kommen die beiden Grabesengel Mongir 
und Negr !°5) zu ihm, um ihn über feinen Glauben u. ſ. w. zu be- 
Tragen.“ ‘ 

Diefen Engeln muß nun der Verftorbene in figender Stellung 
Rede und Antwort ftehen, und damit er nicht gehindert wird, fich in 
diefe Stellung zu bringen, wird ihm eine hinlänglich geräumige 
Niſche erbaut. 

Kaum waren wir nach Haufe zurüd, fo brach ein hHeftiges Ge- 
witter los, welches °/, Stunde anhielt und einen wahren Wolfen- 
bruch herniederfandte. Da es hier feit 20 Tagen nicht geregnet Hatte, 
ſo war in der ganzen Stadt ein unendlicher Jubel und die ganze 
Dorfjugend eilte zur Stadt hinaus, um in den fid) füllenden Pfützen 
ihr Weſen zu treiben. 

Die Stadt Haura liegt am Abhange des Vorgebirges, welches 
hier das Plateau zwiſchen den beiden Wadiy EI Hadfharyn und 
Amd bildet, und zählt ungefähr 8000 Einwohner, welche den Stämmen 
Amudy und Dorayfch angehören. ‘Die Straßen gleichen vollkommen 
denen, welche ich bereits bei Choraybe bejchrieben habe. — Der 
Snltan heißt “Abd el Aſys ibn Ahmed ibn ben Amudy und wohnt 
Mit feiner Familie in einigen Thürmen, welche am obern Ende 
der Stadt ftehen und fic beherrfchen. Der ihn beſchützende Stamm 
El Araͤba hat, wie in den übrigen Städten, einige 20 Dann in 
den Thürmen des Sultans liegen und bedrüdt die Stadt mit bei- 
Miellofer Willfür. Außerhalb der Stadt am Fuße des Abhanges 
Ügen einige Gärten und mit Dattelpalmen befegte Felder, auf 

belhen meift Getreide, Tabak und Indigo gebaut wird. Am untern 
Ende der Stadt befindet fich auf einem Heinen Plage ein dürftig 


Achtes Kapitel, 
Ausflug nad) der Wüſte EI Ahadf. 


Abreiſe von Haura. — Batermord eines Beduinenknaben. — Ankunft in Gahwa. 

— Ercurfion nad; dem Bahr eſſ Sfafy. — Die Wüſte EI Ahqaf. — Ein altes 

Grabmal. — Der Wädiy Er Raͤchiye. — Rüdreife liber Amd nad Choraybe. — 
Der neue Sultan. 


11. Auguſt. Am 11. Auguft des Morgens um 5 Uhr verließ 
ih Haurä mit einer Daͤfila, beftehend aus 15 Kameelen und 9 Be- 
duinen des Stammes Beny Tähir ben Radſchym, einer Abtheilung 
des Stammes EI Dihada, unter denen ſich zwei Knaben von 10 bis 
12 Iahren befanden. Der Weg führte quer über den Waͤdiy bis zu 
einem Gehöfte, welches inmitten einer Gruppe von Dattelpalmen jtand 
und von wo aus er fi zum Plateau in die Höhe zieht, welches wir 
bald erreihten. Nach einem dreiftündigen Marſch kamen wir an eine 
Cifterne, und nad) %, Stunde ebenfalls an einer ſolchen vorbei, von 
der aus wir noch 2 Stunden Wege zurüdlegten und uns dann 
zwifhen niedrigem Gebüfch Tagerten. ‘Der Grimfandftein, welcher 
Wh vom Wädiy "Amd gelblich ift, zeigt hier eine braune, ins 
Biolette Spielende Farbe und enthält handgroße Krhftalle des Eifen- 
pöhydrats, welche dem Geftein ein eigenthümlich gefledtes Aus- 

‚  fhen geben. 
| Gleich) nach Mittag war ich Zeuge eines Auftritts, welcher meinen 
| Wera einen Begriff von dem gejeglofen Zuftande diefer Ränder und 


238 Batermord eine Beduinenfnaben. 


von dem Charakter ihrer Bewohner geben wird. Wir wollten nämlich 
aufbrechen, und da die Kameele fi) zwischen den ſpärlich umherwach⸗ 
fenden Mimofenbüfchen zerjtreut hatten, fo befahl ein alter Beduine 
feinem Sohne, dem jüngften der beiden Knaben, feine Kameele zu 
holen. Diefer aber blieb ruhig beim Feuer ſitzen, jtöberte mit einem 
Stode in den Kohlen und antwortete, al8 der Befehl wiederholt 
wurde, daß er fie felber Holen fünne. Dem Alten verging num die 
Geduld und er gab feinem ungehorfamen Sohne eine gebührliche Ohr: 
feige. Aber in demjelben Augenblicde hatte der Bube feinen Dſchem⸗ 
biye gezogen uud ihn feinem Vater in die rechte Seite geftoßen, 
worauf er dann 100 Schritt fortlief und dann ftchen blieb. Der 
Vater ergriff troß der erhaltenen gefährlichen Wunde fein „Gewehr, 
zündete die Yunte an und zielte nad) feinem Sohne, der auch mit der 
größten Kaltblütigkeit die Kugel feines Vaters erwartete. Jedoch 
übermannte den Vater die Liebe zu feinem Sohne, denn nachdem er 
einige Secunden im Anſchlag gelegen, ſenkte er fein Gewehr mit den 
Worten: „Nein! Es ift en Mann!‘ und bat feine Gefährten, feinem 
Sohne zu fagen, daß er nichts zu fürchten habe und zurückkommen 
fönne. Der Bube kam aud ohne Scheu zurüd, jedoch ohne ch 
Wort des Bedauerns oder der Reue an feinen Vater zu richten, Holt 
die Kameele, belud fie mit Hülfe der Andern umd fegte feinen Batet, 
der mittlerweile verbunden war, auf eins derſelben, Alles diefes abet 
mit einer Gleichgültigkeit, als wäre Befonderes gar nicht vorgefallen. 
Keiner der Beduinen dachte nur im Entfernteften daran, dem So 
Vorwürfe zu machen, int Gegentheil fchienen fie die That des Luaben 
ganz natürlich zu finden. Einer, den ich frug, was den num fit 
eine Strafe erwarte, gab mir zur Antwort: „Gar keine; wenn iM 
nicht fein Onkel umbringt. Es ift ja fein Vater, und Brüder hei 
er Feine.” 

Einige Minuten uach 1 Uhr ſetzten wir unfere Reife fort ud 
fagerten uns nad) einem Marſche von 4 Stunden neben einer Cifteri, 
welche am Entjtehungspunfte des Wädiy eingehauen ift, der bei MM 
Dorfe Chamfa in den Wädiy Amd mündet. Schon während dei 





nn 


Beerdigungsgebräuche der Beduinen, 239 


Marfches war e8 mit dem Verwundeten ſchlimmer geworben, mehrere: 
male wurde er ohnmächtig und man hatte ihn deshalb auf dem Ka⸗ 
meele feftbinden müfjen. Bei umferer Ankunft fegten ihn unfere Ge⸗ 
füßeten unweit bes Feuers an die Waarenballen und erfuchten mich, 
im die Hand auf den Kopf zu legen und Gebete herzufagen, damit 
die böfen Geifter feine Gewalt über ihn hätten. Da es den armen 
Mann beruhigte, fo that ic), was fic verlangten, war jedoch nicht 
vermögend, den Zodesengel zu verjcheuchen, deſſen Wirken bereits in 
den entftellten Zügen und den hafbgebrochenen Augen erkennbar war. 
Sein Buls geriety bald darauf von Zeit zu Zeit ins Stoden, die 
Hände fingen an zu erfalten, und als die Sonne am Horizonte unter- 
ttuhte, beleuchteten ihre letzten Strahlen die letzten Zuckungen eines 
den feinen Sohne ermordeten Vaters. Die Beduinen hatten ſich um 
den Sterbenden gruppirt und ftarrten ihm ſchweigend und fichtbar 
Kgriffen an, und nur fein Sohn faß am Feuer und bededte fein 
Gefiht mit den über das Knie gelegten Arınen. Ic) betete dann laut 
tin Faͤtiha und überließ die Leiche den Beduinen, welche auch ſogleich 
iu feiner Beftattung Anftalt machten. Nachdent fie außer den Schurze 
Alles von dem Todten genommen und neben den nod) immer in feiner 
gebückten Stellung figenden Sohn gelegt hatten, trugen fie ihn etiva 
100 Schritt von der Eifterne an den Rand des Wädin und banden 
ihm dann die Kniee dergeftalt an den Hals, daß fic das Kinn be— 
Tührten. So gekrümmt Iegten fie die Leiche in der Art auf die rechte 
Seite, daß ihr Geficht nad Oſten gewandt war, beteten ein Fatiha 
und bedeckten ihn dann mit einem Haufen Steine. 

Hier finden fic die Spuren eines fehr alten heiduifchen Cultus, 
Weihe darauf hindeuten, daß bie Bewohner des ſüdlichen Arabien 
Ihen in ber früheften Zeit in enger Verbindung mit den Völkerſchaften 
der gegenüberliegenden oftafrifanifchen Küfte geftanden haben müſſen, 
und daß damals fogar eine Vermifchung beider Völker ftattgefunden 
het; denn Erathoſtenes erzählt (beim Strabo), daß die Zroglo- 
dhten der Oftfüfte Afrikas ihre Tobten auf eine ähnliche Art beftatten. 
dch werde jedoch fpäter auf diefen Gegenftand zurückkommen. 


240 Todtenklage. Seltfame Beftattungweife. 


War es Neue über den begangenen Vatermord ober war es mm 
die Beobachtung des Gebrauchs, ich weiß es nit, kurz der Seh 
blieb den ganzen Abend in der von Anfang. an angenommenen Steh 
tung, ohne auch nur das Geringfte zu fih zu nehmen, und fa 
dann und wann in gebämpftem Tone einige Strophen, welde wi 
ein Klagelied lauteten. 








Aufbruch nach der Wuſte EI Ahaqaf. 241 


uch 1%, Stimde neben einem dichten Mimoſengebüſch lagerten. 
Gegen 2 Uhr machten wir uns auf den Weg und gelangten in drei 
Stunden nad Cahwa, wo ih in dem Haufe des Schayd Abd⸗er 
Raſſul ibn Omaͤr ibn ben Amudy, zu welchem mein Dachayl beauf- 
tragt war, mich zu bringen, eine freundliche Aufnahme fand. 

Am Abend Hatte ich wieder ein bedeutendes Auditorium, welches 
mich weidlih mit Fragen plagte. Jedoch erfuhr ic) aud manches 
Intereffante, unter Andern, dag die große arabifche Wüfte EI 
Ahaäf !°°) ganz nahe fei, und daß fih am Fuße bes Plateau, welches 
wie eine fteile Wand abfiele, auf eine Strede von acht Tage- 
reifen eine Menge Stellen befänden, in denen Alles verichwindet, 
wos das Unglüd hätte, darauf zu treten. ‘Diefe Strede (fagte man 
mir) würde Bahr eſſ Siafy 167) genannt, weil ein König Namens 
Safy, welcher von Beled eſſ Sjaba‘ Wadiän aus mit einer Armee 
durch dieſe Wüfte marjchirt fei, um in den Hadhramaut einzufallen, 
den größten Theil feiner Truppen in diefen Stellen verloren habe. 
Diefe Mittheilung veizte meine Neugierde im höchſten Grade, und ic) 
dat daher meinen Schaych, mir Führer dahin zu verfchaffen, welche 
AM mie auch für den folgenden Tag veriprad). 

Der Thermometer jtand am Morgen bei Windftille und heiterm 
Better 15°, um Mittag 25° und am Abend bei Nordweftwind 21°. 
Die Hauptridhtung diefer Tagereife war Weft, 20° Nord. 

14. Auguft. Am folgenden Tage hatte fih mein Wirth fchon 
früh nad) einem Dachayl umgejehen. Seiner der anwejenden Be- 
duinen aber hatte allein gehen wollen, weshalb er mir zwei brachte, 
Mit denen ich den Handel dahin abſchloß, daß fie mid) bie zu den 
Stelfen bringen und wieder nad) Cahwa zurüdführen müßten. Nach— 
dem mein Wirth mid) ihnen in aller Form übergeben hatte, verforgte 
T mich zugleich mit dem nöthigen Proviant, und fchon um 9 Uhr 
Kat ih die Wanderung nad) der Wüſte Ahqaf an. Der Weg führte, 
nachdem wir in %, Stunde den Wädiy überfchritten hatten, längs der 
ſteilen Wand des’ Plateaus auf einem gefährlichen Wege bis auf die 
Etene, die ſich mit ihrer einfürmigen Nacktheit vor uns ausdehnte. 
N. v. Wrebe’s Neife in Hadhramaut. 16 





Rathſelhaftes Verſinken des Senfblei’s im Sande. 243 


Der Thermometer ftand am Morgen bei heiterm Himmel und 
Windftille 15°, um Mittag 25° und am Abend bei ſchwachem Norb- 
weitwinde 22°. Die Hauptrichtung von Cahwa bis hierher ift Nord, 
15° Weit. 

15. Auguſt. Es war bereits 8 Uhr, als ich am andern Morgen 
erwachte, denn troß der Ermüdung des vorigen Tages hatte die Er- 
wortung den Schlaf von meinen Augenlidern gefcheucht, und erft lange 
nach Mitternacht behauptete die Natur ihre Rechte. Nachdem ich ge- 
frühſtückt Hatte, forderte ich die Beduinen auf, mid, nad) den Stellen 
Mm führen, wozu fie aber nicht zu bewegen waren; denn die Furcht 
- ver den Geiftern Hatte fich ihrer jchon bei unferer Ankunft dergeftalt 
Kmähtigt, daß fie kaum zu fprechen wagten. Ich entfchloß mid) 
alſo, allein zu gehen, und trat, mit einem Kilogewicht und 60 Faden 
Sqhnur verfehen, die gefährliche Wanderung an. 

In 36 Minuten erreichte ich die zumächitgelegene Stelle, welche 
uf 1, Stunde Länge 25 Minuten Breite hält und fih nad) 
der Mitte hin allmählich abdacht; wahrfcheinlic die Wirkung des 
indes. Mit aller nur möglichen Vorſicht näherte ich mich dem 
Rande, den ich mit einem Stocke fondirte. Aus diefer Unterfuchung 
ergab fih, daß der Boden des Nandes jteinig ift und dann plötzlich 
abfallt. Beim Hineinftoßen des Stabes in den den Abgrund be- 
declenden Staub fühlt man faft gar feinen Widerjtand, ſodaß es mir 
dortam, als ftieße ich ins Waffer. Ich legte mich dann der Länge 
nach Hin, um den Sand oder vielmehr Staub zu unterfuchen, welchen 
ich beinahe unfühlbar fand. Hierauf warf ic) das Gewicht, an 
welchem ich die Schnur befeftigt hatte, fo weit als möglich hinein; 
°6 ſank auf der Stelle und mit abnehmender Schnelligkeit, und nad) 
verlauf von 5 Minuten verſchwand das Ende der Schnur, welches 
mir beim Wurfe entſchlüpft war, in dem Alles verſchlingenden Grabe. 

Mich jedes Urtheils enthaltend, überlaſſe ich es den Gelehrten, 
dieſes Bhänomen zu erklären, und beſchränke mid) darauf, die That⸗ 
ſeche zu beſchreiben, ſo wie ſie mir erſchien. 

Nur muß ich bemerken, daß der Staub eine weiße, etwas ins 

16* 


— 


244 Der Reiſende als Geifterbanner verfchrieen. 


Graue fpielende Farbe Hatte und von dem gelblichen Sande da 
Wüfte vollkommen abjtah. Gern hätte ich von demfelben etwas mit: 
genommen, ich fürchtete jedoch den Verdacht der- Beduinen zu erregen, 
welche etwas näher gefommen waren und alle meine Bewegungen 
aufmerkſam beobachteten. Die Felſen, welche bier und da an bei 
Dberflähe des Sandes erjcheinen, bejtehen aus einem ſchwärzlich⸗ 
braungefärbten Sandfteine, weldyer an feiner Oberfläche ſtark ver- 
wittert ift. 

Um Yz11 Uhr traten wir den Rückweg nad) Cahwa an, in der 
Hoffnung, daſſelbe nod zu erreichen; jedocd) war der Weg in dem 
Sande der ziemlich teil anfteigenden Schlucht jo bejchwerlid, daß 
wir erft nad einem dreiftündigen Steigen die Hochebene ganz erfchöpft 
erreichten und daher eine Stunde ruhten. Es war bereits bunfd, 
als wir an dem Rande des Wädiy Er Raͤchiye anlangten, und da 
ed nicht zu wagen war, in der Dunkelheit den gefährlichen Pfad hinab⸗ 
zujteigen, fo lagerten wir uns dajelbft. 

Der Thermometer ftand um Mittag in der Schlucht bei Wind - 
ftille und heiterm Himmel 30°, und anı Abend bei Nordweitwind 20”. 

16. Auguft. Am 16. ftiegen wir um 6 Uhr zum Wädiy nieder 
und erreichten um 128 Uhr Cahwa, wo fajt die ganze Stadt zu⸗ 
ſammenlief, um den Wundermenfchen zu fehen, der mit den Dſchinny 
bes Bahr eſſ Sſafy gefprochen hatte, wie e8 meine Beduinen Jedem 
erzählten, der es hören wollte. 

Mein Wirth lachte Herzlich über meine Narrheit, Alles fehen zu 
wollen, wie er fid) ausdrüdte, und fagte mir, daß eine Viertelftunk 
von der Stadt ein Grabmal aus den Zeiten der Kafir (Ungläubigen) 
eriftire, und er wette darauf, daß ich das auch wohl fehen mödtt. 
ALS ich feine Meinung beftätigte, lachte er noch lauter und veripud 
mir, mid am Nachmittage felbft dahin zu führen. Da ih de 
Wunfd äußerte, den folgenden Tag nad) Amd zu reifen, fo ging er 
jogleih), um einen Führer zu fuchen, kam aber nad) ein Baar Stunden 
unverrichteter Sache zurüd, da feiner der Bebuinen es wagen wollt, 
mit einem Menfchen zu reifen, der mit Geiftern verfehre. Zum Gtäd 


m 





Ein wahrſcheinlich himyariſches Grabmal. 245 

im frz nach Mittag eine Däflla von 32 Kameelen und 20 Bedutnen 
von Walla an, welche nach Amd beftimmt war und von denen fidh 
Einer herbeiließ, den fremden, unheimlichen Menfchen mitzunehmen. 

Am Nachmittage führte mich mein Wirth zu dem Grabmale, 
vermieb auch auf dem Hinwege die betretenften Straßen der Stadt, 
um nicht die ganze Tugend auf den Werfen zu haben. Diefes Grab- 
mal fteht am Fuße der Gebirgswand unter einigen Dattelpalmen und 
ft aus gehauenen, ziemlich großen Duadern aufgeführt. Es nimmt 
ungefähr einen Raum von 25 Fuß im Quadrat ein unb hat auch 
ungefähr biefelbe Höhe. Die Mauern haben 2 Fuß Dide und das 
ganze Gebäude iſt oben fehmäler als unten, ungefähr in der Form 
der äguptifchen Tempel. Innerhalb ift e8 in zwei Kammern getheilt, 
deren Scheibewand der Mitte des Kingangs gegenüber und 6 Fuß 
bon ihr entfernt fteht. Das Dad) beiteht aus 2 Fuß breiten, ftei- 
nemen Ballen. Außer dem Eingange, welcher oben enger als unten 
it, find noch in jeder Seitenwand ein und in der Hinterwand zwei 
dreiefige Quftlöcher angebracht, deren eine Seite nad) unten gelehrt 

iſt. Auf dem Dadje find an jeder Seite am Rande drei Heine ftufen- 
firmige Pyramiden als Zierrath angebradjt, in der Art, wie man 
fe oft auf den maurifchen Mofcheen fieht. 

Ueber dem Eingange eriftirte früher eine himyariſche Infchrift, 
von der nur noch zwei Buchftaben erfennbar waren und die der Fa⸗ 
netismus irgend eines Schaychs vernichtet hat. Im Mebrigen war. 
leine Spur eines eigentlichen Grabes oder Sarkophags zu fehen. Ein 
Sevitter, welches ſchon feit einer Stunde drohend am Himmel ftand, 
hab) bei unferm Heimmege über uns los, und bis auf die Haut 
imämäßt Tangten wir zu Haufe an. Das Gewitter währte zwei 
Stunden und es regnete fo heftig, daß der größte Theil des Waͤdiy 
in einen Strom verivandelt ward. 

Die Stadt Cahwa liegt an der ſüdlichen Seite des Thals und 
Hblt ungefähr 6000 Einwohner, welche den Stämmen der "Amubh 
md Oorayſchy angehören. 

Der Sultan Namens Täleb ibn EI Mobäd ibn ben Yfſaà el 


246 Stadt Cahwa. BWärky Er Ridge. d 
"Aniud gehßrt zum Stamme der Amudy. Der ſchloßahnliche Bag 
in dem er reſidirt, fteht auf einem niedern Vorſprung ber Gebirgh 
wand und beherricht die Stadt volffommen. Abtheilungen nd 
Bebuinen des Stammes Beny Taͤhir ben Radſchym Liegen als Ger 
nifon in der Burg, von wo aus fie von Zeit zu Zeit die Eine 
ranzioniren. 

Die Stadt ift von einigen Gärten und angebautem Feld um 
auf bem ein Wald von Dattelpalmen fteht. 

Der Wädin Er Raͤchiye ift größtentheils mit Flugſand bed 
und daher nicht fonderlid, fruchtbar und bevöllert. Nur vier Sul 
nannte man mir in ihm liegend: Cahwa, Wa'la, Bü Dfcenin g 
der nördlichen Seite und am Vereinigungspunkte des Wadiy gleige 
Namens mit dem Wädiy Er Raͤchiye gelegen, von einem Su 
vegiert, mit 4000 Einwohnern, und Er Rädiye, eine Stadt m 
5000 Einwohnern, an ber füblichen Seite des Wädiy und der Dis 
dung eines Wädi, gelegen, gleichfalls von ihrem eigerten Sultan ie 
herrſcht. Der Wädiy Er Richiye mündet acht Tagereifen bſtlich m 
Cahwa, oberhalb Terym bei Borr und Tyharby in ben Wäbig Da 
Das Hauptproduct des Wädiy ift Gummi, Aloe. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei Windftille und heim 





’ 


Aberglaube. Schatze bringende Geifter. Gefährliche Brobe. 247 


lande bringen müßten?‘ uud andern Unfinn mehr. Ob ich gleich 
von ihnen Nichts zu fürchten Hatte, da ich unter ihrem Schutze ftand, 
fo war es mir doch nicht gleichgültig, daß folhe Gerüchte in Umlauf 
lamen. Aber was war zu thun? Ausreden konnte ich ihnen folche 
Ideen nicht, ich hielt es alſo fürs Beſte, fie ins Lächerliche zu ſpielen, 
weihes mir auch infoweit gelang, daß Mehrere anfingen, bie ftarfen 
Geifter zu fpielen und den Geifterfpuf ebenfalls belachten. Unterweges 
wurde faft von nichts als von mir gefproden und Einer behauptete, 
ih müfje gegen Dieb und Stich feit fein. Diefe Idee fand allge⸗ 
meinen Anklang und wäre mir faft theuer zu ftehen gelommen; denn 
dis wir nad einem Marſche von 6 Stunden Iagerten, ſchlich ſich 
Einer hinter mich, um zu probiren, ob id) fugelfeft fe. Zum Glück 
bemerkte ich, daß Aller Augen auf ihn geheftet waren und daß ein 
dor mir figender Beduine auf die Seite rüdte, um von der vielleicht 
durhichlagenden Kugel nicht getroffen zu werden. Dies veranlaßte 
mich, Hinter mich zu ſehen, wo ich denn die Urſache ihrer Aufmerk⸗ 
ſamkeit entdeckte und aufſprang. Ich erklärte ihnen, daß ich Feines- 
wegs Ingelfeit fei und machte meinem Beſchützer Vorwürfe, daß er 
nichts gethan habe, um feinen Gefährten an feinem Vorhaben zu ver- 
dindern. Sie lachten dann Alle laut auf und riefen: „Er hat Furcht! 
Er iſt nicht kugelfeſt!“ — Gegen 1 Uhr reiften wir weiter und 
legten noch 5 Stunden bis zu einer Cifterne zurüd, neben der wir 
und für die Nacht Tagerten. 

Am Morgen ftand der Thermometer bei Windftille und heiterm 
Öimmel 18°, um Mittag 26°, am Abend bei Nordweftwind 20°. 

18. Auguft. Am Morgen des 18. Auguft brachen wir gegen 
6 Uhr auf und lagerten uns nad) einem Marfche von 2%, Stunden 
neben einer Eifterne, welche am Rande des Wädiy eingehauen ift, der 
bei Hallet ba Galyb in den Wädiy Amd mündet. Gegen 2 Uhr 
zogen wir weiter und famen in 3%, Stimden in Amd an, -wo id) 
vom Schahch "Abd er Rahman aufs Herzlichfte empfangen wurde. 

Nachdem ich ihm meine Erlebnifje mitgetheilt hatte, fagte er mir, 
daß bei den Bebuinen Vater⸗ und Brudermord feine Seltenheiten 


Nachrichten Über den Reiſenden Arnaud. 249 


20. Anguft. Auf demjelben Wege, ben ich von Choraybe nad 
Amd eingefhlagen hatte, kehrte ich am 20. dahin zurüd und langte 
. dafelbft am 21. nad) Mittag glücklich an. Sowohl der alte Schayd 
A Allah, als auch feine Söhne nahmen mic) mit der mir früher 
bewiefenen Herzlichkeit auf und konnten fich nicht genug nach meinen 
Reifenbentenern erkundigen. Einen jehr einflußreihen Mann aus 
Meihhed Alyy lernte ich hier kennen, welcher mit mir das Gaft- 
junmer bewohnte. Er befleidete die Würde eines Dadhy (Richter) 
in feiner Stadt und intereffirte ſich befonders für die Arzneikunde. 
Veſonders begierig war er zu wiffen, wie man am Arme zur Ader 
loffe, und da Niemand ſich zu der Probe hergeben wollte, fo mußte 
ih ihm felbft zur Ader laſſen, obgleich die Uebrigen ihr Möglichftes 
thaten, ihn von feinem Vorhaben abzubringen. Die Operation gelang 
dolffommen, und da er ein jehr fetter und vollblütiger Mann war, 
ſo bekam fie ihm auch fehr gut. 

Nächſtdem erzählte man mir, daß ein Scerhf aus Maärib vor- 
beigekommen ſei, welcher geſagt habe, daß ein ganz weißer Mann 
angelommen wäre, der nicht bete und alle alten Inſchriften, die ſich 
Ur Märib befänden, copire. Später traf ich diefen Mann in "Aden. 
Es par fein Anderer, als der durd) feine Reife nad) Märib befannte 
Tg Arnaud. Dan Hatte ihm in Märib diefelbe Schilderung von 
ir gemacht. 

Am 20. ftand der Thermometer des Morgens bei Windftille und 
Heitem Himmel 20°, um Mittag bei Nordweitwind 27°, am Abend 
22: Derfelbe Thermometerftand fand aud) am 21. ftatt. 

21. August. Während meiner Abwefenheit war in der Regie⸗ 
Tun der Stadt eine bedeutende Veränderung eingetreten und drohte 

den Einwohnern mit den traurigften Folgen. Der alte Sultan Me— 
Wäch war nämlich durch feinen Neffen Mohammed ibn Alyy ent- 
thront worden, wozu ihm der Schayd) des Stammes EI Chämiye, 
Poffayn Bü Caura, behülflich geweſen mar. Dahingegen hatte der 
Moräfchide, “Abd er Rahman Bü Dorra, den alten Sultan in Schu 
Imonmmen und ließ ihn in einem der Thürme der Reſidenz durch 


250 Mon fobert Gift, den Schaych za ermorden. 


feine Bebuinen bewachen. Die Einwohner hatten ſich gleichfal 
zwei Parteien getheift und es war vorauszuſeheü, daß es wege 
keineswegs beneidenswerthen Herrſchaft zu ernftlichem Kampfe koı 
werde. 

22. Auguft. Wahrſcheinlich um biefem Uebel vorzubeuge 
der Sache auf echt orientalifche Manier ein Ende zu machen, | 
am 22. Nachmittags der neue Sultan in Begleitung bes SE 
der Chämiye zu meinem Wirte, welcher mit feiner Familie zu | 
Anhange gehörte. Hierauf wurde ich gerufen, und bier verlangte 
von mir, — daß id) dem Sultan eine Dofis ſchnell töbtenden ( 
geben möchte, mit welchem er den Schaych Bä Dorra aus dem 
räumen wollte. Um mein Gewiffen zu beruhigen, fagte mir di 
Schayd), daß Ba Oorra Witwen und Waifen beraube und die 9 
männer bebrüde, außerdem auch ſchon mehrere Morde begangen 
einen fo ſchlechten Menſchen zu vergiften, fei keine Schande, fe 
vielmehr ein verdienftliches Wert vor Gott. Auf diefe Zum 
aber antwortete ic) ihnen: „daß ich wohl Arzneien befäße, durch 
kranke Menfchen gefund würden, jebocd feine, um fie zu töbten 
daß, wenn Bü Dorra ein fo ruchlofer Menſch fei, wie fie ih 
geſchildert Hätten, ihn Gott dafür ganz gewiß ftrafen würde, üb 


Ein wißbegieriger Dädhy. 251 


Gegen Abend händigte mir Schayd Ahmed Baͤ Sfudän bie 
verfprochene „Lifte der himyariſchen Könige‘ ein,. welcher er 
noch „eine kurze Reihe der Könige aus dem Geſchlechte 
Hodun's (Peleg's)“ beifügte und mir noch andere Mittheilungen 
machte, welchen ich weiter unten einen Plat anweifen werde. Die 
Zeit zur Sſyaͤra von Dahdun, der die Sfyära von. Dabr Hud 
8 Tage fpäter folgt, war herangefommen, und ich bat daher meinen 
Birth, mir einen Beduinen zu verfchaffen. Jedoch verficherte mir 
Echaych Habyb "Abd Allah ibn ben Hodun, der Dädhh von Mefchhed 
Ay: „daß ich während diefer Reife unter feinem und 
Shayd "Abd el Dädir’s Schuß ftehen würde, und es daher 
teines Bebuinen bedürfe“. — Auch wolle er mid) alle bei Mefchhed 
Alyy befindlichen Infchriften copiren laffen, jedoch müffe ich ihm ver: 
ſprechen, nach meiner Rückreiſe von Dabr Hub wenigftens einen 
Monat bei ihm zu bleiben, damit er die Arzneifunft von mir erlerne, 
welches ic) gern verſprach, da e8 nicht einmal foviel Zeit brauchte, 
um ihm meine SKenntniffe in der Medicin beizubringen. Nur um 
diefe Zeit ift e8 möglich, unangefochten nach Dabr Hub zu gelangen, 
da dem Gebrauce gemäß die Beduinen innerhalb der 14 Tage vor 
md ebenfo viel Tage nach der Sfyära alle Räubereien einftellen und 
einen Jeden ruhig feines Weges ziehen lafien. 

Der Thermometer ftand am Morgen bei Windftille und heiterm 
Himmel 20°, um Mittag bei ſchwachem Nordweitwind 27° und am 
Abend 22°. 





Ortſchaften im Wädiy Do an. 253 


Wara liegt an ber ſüdöſtlichen Seite des Thales, zählt ungefähr 
4000 Einwohner und wird von einem eigenen Sultan regiert. 

Darraynı gegenüber liegt die Stadt Cho’ayre mit 4000 Ein⸗ 
wohnern mit einem eigenen Sultan. 

Bä Dſchicäc ift ein Dorf an der füdöftlichen Seite des Wädiy, 
welches dem Stamme Moraͤſchide gehört. 

Der Therniometer ftand am Morgen bei Winditille und heiterm 
Dimmel 20°, um Mittag 27° und am Abend bei Nordweftwind 22°. 
Be Richtung des Thales von Choraybe bie Darrayn iſt Nord, 

35° Oft. 

24. Auguſt. Am folgenden Zage, den 24. Auguft, legte ich 
wit einem Kameele, welches ein Bedienter des Schaychs Habyb unter 
feiner Obhut hatte — denn der Schaych und die beiden Söhne des 
Schahch "Abd Allah Bä Sfudän, nämlich "Abd el Dädir und Abu 
Behr, waren auf Ejeln vorausgeritten —, bis zur Stadt Sjayf 
6 Stunden Weges zurüd, auf welchen ich folgende Ortfchaften paffirte. 

Auf der nördlichen Seite: 

Ghalbun, Stadt von 4000 Einwohnern, von Darraynı Y, Stunde 
Entiernt; Hodun, eine Stadt mit 3000 Einwohnern, von Ghalbun 
x Stunde entfernt. 

Hier befindet fi) das Grabmal Hodun’s (Peleg’s), des Sohnes 
Durs (Eber’s), zu dem nad der Siyära von Dabr Hud eine Wall- 
— ſtattfindet. Fünfzig Minuten weiter befindet ſich die Stadt 

Tfähir mit 5000 Seelen und ”/, Stunde von ihr entfernt Matrud), 
Stadt mit 4000 Seelen. 

Bis hierher führt der Weg fortwährend durch einen dichten 
Dattelpalmenwald, in welchem das Terrain vortrefflich angebaut iſt, 
Wd führt dann weiter über Felder fort. Ferner Sſabal, Stadt mit 
00 Einwohnern, welche den Dattelpalmenwald ”;, Stunde hinter 
NH zurückläßt. Nach 20 Minuten folgt ihr die Stadt ‘Abd es Camut 
nit 6000 Einwohnern. Acht Minuten davon liegt Beda mit 10,000 Ein- 
vohnern, die größte Stadt des Wädigd. Das Dorf EI Mä, an 
welhen man 50 Minuten von Beda vorüberflommt, wird von une 





Der Reifende wird mißhandeit und eingefperrt. 255 


Kaum im Gewühl angelangt, rief man von alfen Seiten: ‚Das 
it der Spion der Ferenghy!“ Und der ganze Haufe ftürzte auf 
wich (08, riß mid) vom Kameele, entwaffnete mid, band mir unter 
Mißhandlungen die Hände auf den Mücken, und führte mich mit biu- 
tendem Geſicht und ftaubbedecdt vor den dafelbjt herrſchenden Sultan 
Ay Mohammed ibn "Abd Allah ibn No'man ben Sfa'yid ibn "Yffa 
el Anund. — Alles drängte ſich mir nad) bis in die Stube, wo der 
Sultan fic) befand, und die bald bis zum Erftiden mit Beduinen 
füllt war. Wie rafend fchrien diefe durcheinander, daß ich von den 
derenghy in Aden ins Land geſchickt fei, um es zu erforfchen, und 
deß er mich folle hinrichten laſſen. 

Der Sultan fing nun an mich auszufragen, und id) beantwortete 

fine Fragen fo ausführlich wie möglich. Jedoch ließ man mid) 
Richt fange reden und der ganze Schwarm übertobte mit feinem Ge- 
Ihrei meine Worte. Meine Lage war im höchſten Grade kritiſch; 
denn ob ich gleich bemerkte, daß der Sultan unentſchloſſen umherſah, 
wußte ich doch zu gut, daß er am Ende feinen Beſchützern nachgeben 
mußte, und ich erwartete deshalb jeden Augenblid, daß er den Be: 
fehl zu meiner Hinrichtung geben würde. In dieſem Augenblick voll 
unbeſchreiblich bitterer Gefühle, den ich für alle Schätze der Welt 
Wicht noch einmal durchleben möchte, — in welchem die Greigniffe 
Meines Lebens und die Geftalten meiner fernen Lieben gleicd) den immer 
Werjelnden Bildern eines Kaleidoffops an meiner Seele vorüber: 
aãdgen, — in diefem entfcheidenden Augenblicde drängten ſich die Schaychs 
Habyb und Abd el Dädir durch die tobenden Beduinen und erklärten 
laut, daß, da ich unter ihrem Schutze ftände, der Weg zu mir 
Unr über Reichen gehen könne, uud zu gleicher Zeit löfte Habyb 
die Stride, mit welchen id) gebunden war. 

Gleich darauf kam auch der Schaych des Stammes EI Mahfus 
up erflärte fi, als Beichüter der Stadt Mefchhed "Alyy, aud) 
a Dachayl des Schützlings Schayd) Habyb’s. Andere Schayche 
lamen nun auch herzu und verlangten, daß die Olama und ber 
Dadhy über mein Schicjal entſcheiden und ich bis dahin Gefangener 








Raubfucht des Sultans von Sfayf. 257 


27. Anguft. Am 27. früh famen der Sultan, der Qaͤdhy von 
Sfayf, drei "Dlamä, meine Beichüger und die Schaych von Mahfus 
md El Affwad zu mir ins Zimmer und verlangten, nachdem fie fich 
niedergelaffen hatten, die Auslieferung der Papiere. Nachdem ich 
ihnen die für fie bereiteten Schriften übergeben hatte, frug mid) der 
Dädhy, „was das für für eine Schrift ſei?“ worauf id) ihm zur 
Antwort gab, „es fei türfiih”. Zum Glück war Seiner zugegen, 
der die türkifchen Charaktere kannte oder wußte, daß fie mit den 
mabiſchen ein und diejelben find. ‘Der Qaͤdhy verlangte hierauf einen 
Rapf mit Waſſer, in welchen er die Papiere, nachdem er fie in Heine 
Stüdchen zerriffen hatte, warf, einige Gebete. über fie ſprach, fie 
bierauf zu einem Brei verarbeitete und mit einem „Bismillah“ („im 
Namen Gottes!) zum Fenfter hinauswarf. Nun feste ſich der 
Sultan neben mid) und machte ſich über meinen Querſack, aus dem 
er Alles hervorzog und betrachtete. Alle Gegenftände, welde ihm 
Befielen, legte er auf die Eeite und fagte, daß ic fie ihm zum An- 
denfen fchenfen möchte; jo befchenfte er ſich denn mit einer Schere, 

| Rafirmeffer, Spiegel und andern Kleinigkeiten. Endlic fand er auf 
dem Boden des Duerfads den Beutel, in welchen ic mein Geld 
derwahrte, und erflärte mir ohne Weiteres, daß er mir das nicht 
urüdigeben könne, indem ich ſonſt meine Reiſe wieder fortfegen würde. 
Hierin Hatte er auch vollfommen Recht, denn im Fall er es mir ge- 
laffen hätte, würde ich, einmal aus feiner Gewalt, unter Beduinen- 
ſchutz meine Reife nad) Meſchhed Alyy und Dabr Hud fortgefett 
haben. Aus diefem Grunde proteftirte ich gegen die Fortnahme meines 
Geldes und frug ihn, wie ich es denn ohne Geld anfangen follte, 
ſeinem Willen gemäß nad) Mafalla zu reifen? Worauf er mir er: 
wiederte, daß das feine Sache fei, er würde mir Proviant genug 
amd einen Dachayl' bis ans Meer geben. Hiermit ftellte id) mid) 
ber nicht zufrieden und bemerfte, daß ich von Mafalla bis Aegypten 
koch einen weiten Weg habe und ohne Geld nicht dahin gelangen 
une. Auf diefen Einwand nahm er aber feine Rüchſicht und ftedte 
Lv. Wrede’s Reife in Hadhramaut. 17 


258 Der Sultan confiscirt den Ehronometer. 


den Beutel mit den Worten in feinen Gürtel: „Gott ift groß! ( 
wird Dir fchon weiter Helfen!‘ 

Den Korb mit den Medicamenten Tieß er unbeachtet, als ich u 
fagte, was er enthielt. 

Dean nahm mir nun die Feſſeln ab und übergab mid eine 
Beduinen des Stammes EI Hammam cd Dyn, einer Abtheilung be 
Stammes Beny Sjaybän, mit dem Auftrage, mich geraden Wega 
nad Makalla zu bringen, und darauf zu achten, daß ich während der 
Reife das Land nicht „‚auffchriebe”. 

Schon glaubte ich Alles berichtigt, als der Sultan mid) fragke: 
„Wo ic die Dofe Hätte, in der fi Etwas bewege?“ Ich tik, 
als wenn ich ihn nicht verftände, und erflärte, keine folche Dofe J 
befiten. Damit ließ er ſich aber nicht abfpeifen, fondern öffnete mein 
Dberhemde und zog mir den Chronometer aus der Taſche, welchen 
ich fogleich öffnen mußte. Der Chronometer ging nun von Hand ;0 
Hand, und ein Icder ftöberte mit dem Finger darin herum. Enbiif 
erflärte der Sultan ihn als fein Eigenthum, da er mir dazu dia, 
„das Land aufzufchreiben‘“. 

Ungefähr eine Stunde jpäter trat id), ohne einen Pfennig Gebet 
zu beſitzen, meine Rückreiſe nad) Makalla an. 

Dan kann fich denken, mit welchen Gefühlen ich den Bädi 
Hadicharyn hinabfah, in welchem die merhwürdigen Gräber va 
Ghaybun lagen. 

Bei einem Sſabyl ungefähr Y, Stunde von Sſayf, bie wohl 
mic die Schayd) Habyb, "Abd cl Dädir und Abu Belr begleitet 
hatten, machten wir Halt, und hier verfucdhte id) noch einmal, da 
Beduinen zu bewegen, mich zuerft nad) Meſchhed Alyy umd dam 
nach Makalla zu bringen. Allein er blieb unbeweglid), obgleid de 
Schaychs mid) unterftüten und ihm fogar einen Thaler boten, E 
fagte: „daß er fein Wort gegeben habe und es halten müſſe“. — 
Da Alles vergeblih war, meinen Beduinen anders zu ftimmen, | 
nahm ich Abfchied von meinen Freunden und wahrlich mit ſchweren 


Poren der Borficht unter den Beduinen. 259 


denm ohne ihren Beiltand wäre ich den wilden Beduinen- 
Preis gegeben und von ihnen gejteinigt worden. 
chdem fie mid) nod) einmal dem Beduinen empfohlen hatten, 
fie zurück und wir verfolgten unjern Weg, welcher auf den 
EI Ayifär zuführte. 
y) murR hier bemerken, daß ich höchſt wahrſcheinlich unange- 
bis Dabr Hud hätte reifen können, wenn ich e8 vermieden 
ei der Sſyära von Dahdun zu erfcheinen. Im einem Lande, 
ı den Fremden von Haus aus mit Mißtrauen betrachtet, ift 
rathjam, einen Ort in der Zeit zu beſuchen, wo dafelbft große 
gangen werden; denn wenn auch die Anweſenheit eines Fremden 
t erregt, fo bleibt er doch bei den verfchiedenen Individuen 
it und das Anfehen feines Wirths ift gewöhnlich hinreichend, 
fin Folgen zu begegnen. Ganz anders geftaltet fich die Sache 
Ben Feſten, wo Tauſende verfanmelt find. Hier braucht nur 
einen Verdacht laut werden zu laſſen, und fogleich Hat er fich 
r ganzen Verſammlung mitgetheilt.. Was bei dem Einzelnen 
rmuthung war, das wird bei der Menge zur Gewißheit, und 
emde wird als ein der ganzen Gefellfchaft gefährlicher Ver⸗ 
angeſehen. Die Stimme der Vernunft verhallt fpurlos in 
efchrei des wilden Haufens. 
er Einfluß der Einzelnen, welche fi des Fremden annehmen 

wird in dieſem Momente der Aufregung nicht beachtet, und 
„ ein Opfer der Volkswuth. 
ie man aus der Befchreibung meiner Reife nad) dem Wädiy 
dichar erjehen Haben wird, war id, bei einer ähnlichen Veran- 
nahe daran, „ermordet zu werden‘, und ich rathe daher den- 
‚ welche in diefen Ländern zu reifen beabfichtigen, alle Volks— 
mlungen jo viel als möglich zu vermeiden; denn nicht Jeder 
vom Glücke jo begünjtigt werden, als id) es wurde. 
zir erreichten bald darauf die Mündung des etwa 1 Stunde 
Waͤdiy El Ayffär, den wir aufwärts bis an ein zur linfen 
des Weges liegendes Gehöfte verfolgten, wo wir einteheten 

17° 


DS 


260 Der Wädiy-Cl Anffär. 


und freundlich aufgenommen wurden. Nachdem wir ungefähr ei 
Stunde geruht Hatten, fetten wir die Reife fort und gelangten nı 
ungefähr zwei Stunden bei Doqum el Ayffär an, wo wir aberma 
ungefähr eine Stunde unter Mimofen ruhten. 

Die Entfernung von der Mündung des Waͤdiy EI Ayffär Bi 
hierher mag ungefähr 4 bis 44, Stunde betragen, und die Richtung 
in der fi) das Thal hinaufzieht, ift Sid, 30° Oſt. 

Auf diefer Strede kam id) an folgenden Städten vorüber: 
Gobayh zur Rechten des Weges mit ungefähr 4000 Einwohem; 
diefem gegenüber EI "Drayffime, ebenfalls mit 4000 Cimmoßen. 
Zur Rechten des Weges El Offayf mit 4000 Seelen unge; 
Dorayf, ebenfalls zur Rechten, ift etwas Feiner als die vorigen. 
Käfira, rechts am Wege, hat etwa 4000 Einwohner. “Die drei left 
genannten Städte liegen ganz nahe beieinander. Etwas oberhalb ve 
Kafira liegen lints vom Wege nahe beieinander die Städte Taälib 
und Haufa, von denen die erfte 4000, die andere ungefähr 600 
Einwohner zählt. | 
| Das Dorf Doqum el Ayffär Liegt auf einem 200 Fuß hohe 
Infelberge an dem Vereinigungspunkte der Wädin Chärit und € 
Ayffär. Die Form des Wädig El Ayffär ift ganz diefelbe, wie I 
oberhalb des Wädiy Do’än. — Bon El "Drayffime bis oberhell 
Haufa führt der Weg fortwährend durd) dichten Dattelpalmenwal 
unter welchen der fehr fruchtbare Boden vortrefflid angebaut i 
Wie im Wädiy Do’än war aud hier dag Flußbett eingedänmt wm 
mit Wehren verjehen, und eine Menge Nebentanäle gingen von ihe 
aus. Kine jede der Städte diefes Wädin hat ihren Sultan, wei 
zur großen Familie der Amudy gehören. Doqum el Ayffär geh 
dem Stamme Hammaͤm ed Dyn und zählt ungefähr 200 Cie 
wohner. 

Wir verließen den Wädiy EI Ayffär und betraten den hit 
mündenden Wädiy Kotayfa, welcher ſich eine ziemliche Strede in M 
Richtung Dit, 30° Eid berganzicht und dann dag Plateau mit je 
geringem Gefälle etwa 60 Fuß tief durdjfchneidet. Nach einem Marſch 


Gaſtfreundſchaft der Beduinen. 261 


wen 2 guten Stunden langten wir bei dem Wohnſitze meines Führers 
nu einer Höhle an, wo ihn feine Frauen und Kinder begrüßten. 
Mitsa 200 Schritt weiter, thalaufwärts mündet ein anderes fchlucht- 
Bönliches Thal, in welchem 13 Familien, die meines Führers nicht 
Iligerechnet, Höhlen bewohnen. Diefe Höhlen waren ungefähr 10 Fuß 
Ber den Thalboden erhaben und ſind durch die Auswaſchungen der 
deichern Straten des Jura-Dolomitkalks entſtanden. Ihre Tiefe 
trug bier ungefähr 15 Fuß und ihre Höhe 8 Fuß. Um ſich und 
Due Heerden, welche aud) darin untergebracht find, vor wilden Thieren 
u fchäßen, ziehen fie ein Gehege dorniger Sträucher davor. Kine 
Sceidewand fondert aud) die Wohnungen der einzelnen Familien 
inander ab. Eine Anzahl ſehr bösartiger Hunde bewachte dieſes 
lodytendorf, welches im Ganzen, wie id) fpäter fah, 93 Köpfe 
e. Die Kameele, deren fie etwa 50 Stück befiben, Tiegen wäh— 
der Nacht mit Irummgebundenen VBorderbeinen im Wädiy. An 
| „, welche in den Riten des Geſteins eingefchlagen waren, hingen 
Ne Broviantfchläuche umher. 

Wie man fi) denfen kann, war bald die ganze Colonie um mid) 
berfammelt, und mein alter Führer erzählte ihnen, was mir wider- 
Iahren war, verfchwieg aber die wahre Urfache, nämlich, daß man 
wich für einen königlichen Kundſchafter gehalten hätte, und ſetzte die 
Deb ſucht des Sultans von Sſayf an ihre Stelle. — Alle bedauerten 
wi und waren im höchſten Grade zuvorfommend, weldes wahr- 
Feinlich nicht der Fall geweſen wäre, wenn er auch hier das Gerücht 
derbreitet hätte. Der alte Beduine ließ durch eine feiner Frauen, 
deren er vier hatte, ſogleich Brod baden, dann wurden hölzerne 
Nöpfe hereingebracht, mit Mild gefüllt und Brod hineingebrodt, 
welches dann cine Frau mit ihren Händen zu einem Brei zerquetjchte 
und mit Butter begoß. Obgleich dieſes Gericht nicht auf die rein- 
Üfte Art zubereitet war, jo mundete c8 mir doch, denn der heutige 
Marſch hatte meinen Appetit gefchärft. 

Am Abend fagte mir mein Dachahl, daß wir den folgenden Tag 
Ber bleiben würden, weil einer ihrer jungen Männer heirathe, und 








262 Eine Beduinenhochzeit. 


daß fie alle am nächftfolgenden Tage in eine andere Gegend zögen 


welche auf dem Wege nad) Makalla läge. 


Der Therinometer ftand am Morgen bei Windſtille und heiterx 
Wetter 20°, am Mittag bei Nordweitwind 27°, am Abend 22°. — 
Die beiden folgenden Tage (dev 26. und 27. Auguft) blieb der Ther 


mometerſtand derfelbe. 


28. Auguft. Am folgenden Tage (den 28. Auguft) wer bie 


Mittag ange Feine Anftalt zur Hochzeit zu fehen. Im Gegentheil 
waren die Beduinen alle ihren Sefchäften nachgegangen, d. h. nämlid 
„die Frauen“; die Männer überlieken ji) dem dolce far nieste 
Ic meinerjeits fah erſt zweien diefer geplagten Gefchöpfe zu, wie ft 
Butter bereiteten, und trieb mic die übrige Zeit auf dem Plaitu 
oder im Waͤdiy umher. Zur Butterbereitung bedienten fie fich eis 
Ziegenſchlauchs, deſſen härene Seite nad) innen gefchrt ift und on 
deffen Hinter: und Vorderbeinen Stöde befejtigt find. Nachdem fie 
die mit Milch vermiſchte Sahne hineingegoffen und den Schlau po⸗ 


gebunden hatten, zogen fie ihn fo lange hin und her, bis fi de 
Butter abgefondert hatte. Die Butter wurde dann ſogleich über den 


Teuer zerlaffen umd in die dazu beftimmten Schläuche gegoffen. Un 
gefähr gegen 4 Uhr Nachmittags Echrten die Frauen mit den Heerden 
zurück, fie feloft mit großen Bündeln Holz beladen, und num wurd 
es im ganzen Thal lebendig. Die Frauen trillerten den Sughe 
rith und die Männer fchoffen ihre Gewehre ab. Sturz, die Hodzel 
nahm ihren Anfang. Alle Männer begaben fid) vor die Höhle Dt 
Bräutigams und die Frauen vor die der Braut, die Väter des Braut 
paares fchladhteten Jeder mehrere Schaafe, große Feuer loderten auj 
und num wurde gefchmauft und gefungen bis chva zwei Stunden nach 
Sonnenuntergang. Die jungen, wunverheiratheten Männer nahmen 
hierauf den Bräutigam in die Mitte und zogen hierauf nach der Höhle 
der Braut, um fie abzuholen. Hier aber wurde ihnen der Befſcheid, 
dab fi) die Braut geflüchtet Habe und man nicht wifje, wohlt 
Nachdem der Bräutigam und feine Gefährten die ganze Höhle durch⸗ 
ftöbert und nichts gefunden hatten, eilten fie mit einem gräßlichen 


Au ' AT _ 


Scheinkampf um den Befig der Braut. 263 


eahrei zu ihren Waffen, -zündeten die Yunten an und machten ſich 
f, die Flüchtige zu fuchen. Ich ſchloß mid, den Schwarme an 
d zog mit ihnen wenigftens zwei gute Stunden umher. Endlich 
ahen wir einen Trupp junger Mädchen, welche eine Höhle be- 
ten, in die ſich die Braut verftedt hatte. Der Bräutigam for- 
te fie auf, die Flüchtige auszufiefern, allein anftatt der Antwort 
rfen fie mit Steinen und zwar dergeftalt, daß man ea wohl für 
nit nehmen konnte. Nun liefen die jungen Männer mit vor das 
fiht gehaltenen Armen Sturm, welcher mit einen Hagel von Steinen 
pfangen wurde. Diefes war aber aud) die letzte Vertheidigung, 
m als die jungen Leute auf fie eindrangen, flüchteten jid) die 
üdchen mit Wehklagen nad) allen Seiten und liegen die Braut ale 
e Beute zurüd. — Der Bräutigam feßte fih nun ungehindert in 
en Beſitz, und die Liebrigen zogen fi) dann etwa 100 Schritt 
üd, wo fid) dann auch die Mädchen einfanden. Es währte nicht 
ge, To kam das Paar, welches ale Braut und Bräutigam die 
le betreten hatte, al8 Mann und trau wieder daraus hervor, 
tere mit einem großen Zuche verhüllt. Sie wurden jetzt in die 
itte genommen und unter Gewehrſchüſſen und Sugarithtrillern nach 
e Höhle des Mannes gebracht. Bevor fie jedoch eintraten, ſchlachtete 
e junge Ehemann zwei Schaafe zum Opfer, welche auch ſogleich 
f glühenden Steinen gebraten und verzehrt wurden. Hiermit war 
e Heftlichfeit beendet und Jeder legte fid) zur Ruhe. 

Die Anzahl der Frauen, welde cin Beduine Heirathet, vichtet 
h nad) der Zahl feiner Ziegen und Schaafe, denn jowie eine Heerde, 
e fie beauflichtigt, für jie zu groß wird, heirathet er noch eine Frau 
ud theilt die Heerde in zwei Theile. 

29. Augujt. Die Sonne ftand ſchon hoch, ala die ſämmtlichen 
familien am 29. Auguft ihre Kameele zu laden begammen und dic 
erden unter der Aufjicht der Frauen, ciniger Männer und der 
habe auf das Plateau getrieben wurden. Der Zug über die Hoch 
due gewährte einen eigenthümlichen Anblid. Auf den Kameelen 
nen die DHausgeräthichaften, cinige rauen, deren Zuftand das 


264 Nomabifches Leben der Höhlenbewohner. 


Gehen nicht erlaubte, und die Kinder geladen. Rechts und links vom 
Wege wanderte die in verſchiedene Haufen vertheilte Heerde, welde 
ungefähr aus 1500—2000 Schaafen und Ziegen beftehen mochte, 
und die vechts und Links von einigen bewaffneten Männern flankirt 
wurden. Gin Bortrapp von ſechs Männern ging ungefähr ’/, Stunde 
voraus. Da diefe Ordnung immer beibehalten wird, und die Schaafe 
und Ziegen weidend vorwärtsgehen, jo bewegt fich der Zug nur fehr 
langſam jeinem Ziele zu. 

Wir kamen bei einem Kleinen Dörfchen Kotayfa und -an eimr 
Eifterne vorüber und lagerten ungefähr gegen 4 Uhr neben einer & 
jterne, welche am Entjtehungspunfte, einem kleinen east, eingeharen 
iſt, der in den Wadiy EL Ayſſaär mündet. 

In zwei Tagereiſen erreichten wir den Dſchebel Dathärın, eine 
mit Sebüfch bewachſene Erhöhung der Hochebene. Bei einem Grob 
male, in welhem die Gebeine eines Heiligen, Namens Omaͤr ruhen, 
wandte ſich der ganze Zug nad) Often und ftieg in den Wa - 
Mathärun, feinem Beitimmungsorte, hinab, wo gleidy eine Reihe 
von Höhlen bezogen wurden. In 10 Minuten waren alle Kamin 
häuslich eingerichtet, denn die Gehege von dornigen Sträuchern und Ä 
die Pflöcke in den Felsſpalten exiftirten hier noch von früher her, und 
als alle Schläuche aufgehangen und die euer angezündet waren, ' 
ſchien es, als hätten fie von jeher hier gewohnt. Auf unferm Wege 
von umferm fetten Nachtlager bis hierher famen wir an fünf Cr ' 
jternen und den Entſtehungspunkten von acht Wädiy vorüber, von 
denen ſechs weftlid in den Wädiy El Ayffar und zwei öftlich in den 
Waͤdiy "Ddyme münden. Die Entfernung von den verlaffenen Wohn⸗ 
figen im Wadiy Kotayfa bis hierher beträgt ungefähr 10—11 Stunden, 
die Richtung des Weges war Sid, 30° Oft. 

Am Abend wurde ich mit einem mir ganz neuen, eigenthümlichen 
Aberglauben bekannt; mehrere Beduinen nämlich lagen ausgejtredt 
um das Feuer meines Dachayl, während id) mein Lager einige Schritt 
von ihnen aufgefchlagen hatte. Um meine Pfeife anzuzünden, wollte 
ich zum Feuer gehen, und da ich feinen Raum zum Durchgehen fand, 


m u — — 


Aberglaube über die Mittheilung von Krankheiten. 265 


faritt id) über die Beine eines Beduinen. Ich erjtaunte nicht wenig, 
als derfelbe auffprang und mir im heftigſten Zorne die bitterjten Vor- 
wärfe machte, daß ich ihn mit Krankheiten überjchüttet hätte. Mein 
Fithrer trat dazwifchen, machte mir auch, jedoch in fjanfterm Zone, 
Borwürfe ımd erflärte mir, als ich ihn frug, was ich dem cigent: 
ieh verschuldet habe, daß ich durch mein Weberjchreiten des Körpers 
keines Freundes, nicht allein die Krankheiten, an denen ich jeßt vicl- 
leicht litte, ſondern auch alle die, welche ich noch bekommen würde, 
ruf ihn übertragen hätte. — Um den guten Mann zu beruhigen, 
sutmortete ich ihm: „daß, da dem fo wäre, ich erbötig fei, ihn 
wieder über mich wegfchreiten zu laſſen“. — Diefes Ancerbieten wurde 
auch fogleich angenommen. Ich Iegte mich dann der Pänge nad) hin 
web der Beduine jchritt über mich weg. Ich fah an feiner zufriedenen 
Biene, daß er ji im Innern Glück wünfchte, mir nicht allein meine, 
ſeudern auch feine jeßigen und zukünftigen Srankheiten übertragen 
ww haben. 

30. Auguft. Während der legten drei Tage, nämlich am 28. 
Morgens bis zum 30. Abends, ftand der Thermometer am Morgen 
Bei Windftille und heiterm Wetter 20°, um Mittag bei Nordweft: 
wind 27° und am Abend 22°. 

31. Auguft. Am 31. Auguft reifte ih mit meinem Führer 
Fra Morgens weiter und traf am Entftehungepunfe des Waͤdiy, wo 
wir die Hochebene betraten, eine Daͤfila von SO Kameelen und einigen 
3 Beduinen des Stammes meines Führers, welhe Tabak und 
Gummi: Aloe nach Makalla brachten. Wir fchloffen uns ihr an und 
kamen nad) ungefähr 1 Stunde an eine Cifterne, wo gelagert 
wırde.. Ungefähr um 2 Uhr Nachmittags bradjen wir wieder auf 
md famen nad) ungefähr 1’/, Stunde an den Rand eines Fefjel: 
förmigen Thales, welches ſich gegen Südoſten zu einer engen Schlucht 
geftaltet. Wir ftiegen in ihr herab und lagerten unter einer Gruppe 
den einigen 20 Platanen, neben welchen fic ein Baffin mit Waffer 
befand. Mit dieſem Keffelthale beginnt einer der Hauptwaͤdiy der 
untern Bergregion, nämlich) der Wädiy Howahre. Biel erzählten die 


Waͤdiy Howayre. Furchtbares Gewitter. 267 


merdete begraben lagen, und wenigſtens 40 Stellen, an welchen die 
Eguren ſichtbar waren, welche die Kugeln auf den Geftein zurück—⸗ 
geafien hatten. Der untere Theil diefes Engpafjes ift mit großen 
Felsblöcken bedeckt, weldye einen Hohlweg bilden und zwiichen denen 
1 Getrüppe emporwädlt. Längs diefes Abhanges führt der Weg auf 
fen Vorſprung eines tertiären SKalfgebirgs bie zu einem von wenigen 
‚ Beinen Häuſern und angebauten seldern umigebenen Thurm, in 
E welhen Beduinen des Stanımes Agaybere wohnen und der den Namen 
E Dim Howayre führt. 
‘. Hier lagerten wir bei einem natürlichen, fehr tiefen Baſſin, 
welhes am Fuße obenerwähnten Abhanges liegt und dicht mit Yotus- 
Müttern bedeckt it. Im Südweften von dieſem Thurme erheben fich 
riefigen Koppen des Kaur Sfayban und Mäyile Matar, und 
weiter nach Süden die Gipfel des Dſchebel vehde. Ganz in der Nähe 
des Baſſins ftehen mehrere Bäume, von denen id) auf meiner Reife 
bis hierher noch feine nefehen hatte. Nämlich der Hlibiscus muta- 
bilis, ein Baum, der zu gleicher Zeit weine und rothe Blüthen trägt, 
welhhe die Form und Größe einer Roſe haben. — Der Baum 
MR von ber Größe eines großen Apfelbaums, dem er auch in der 
Form gleichlemmt. Es ftanden eine Menge diefer Bäume umher, 
und da fie in voller Blüthe waren, gaben fie dem Thale das An- 
ſchen eines Roſenhains. — Nächſt diefem der Arakbaum 
(Et Rak), welchen Forskäl (Flor. pag. XXXII) Salvadora per- 
Sca nennt; Andere geben ihm den Namen Cissus arborea. 

Bir lagerten hier den ganzen Zag, um nod 10 Nameele zu 
erwarten, welche zur Däfila gehörten und einen andern Weg ge- 
nommen hatten. Des Nachmittags donnerte cs oben auf dem Pla— 
kau heftig, und da wir zwiſchen zwei fehr jteilen Felswänden gelagert 
r, Waren, jo hielten es die Beduinen für rathſam, die Schlucht zu ver- 
} laſſen und fich auf einen etwas weiter unten liegenden Hügel zurüd: 
miehen. — Kaum Y, Stunde nad) unferm Umzuge hörten wir ein 
heftiges Raujchen und ein Beduine rief: „Eg Kal! Ec Caͤl!“ („Die 
Bluth! Die Fluth!“) Der Anblid, der fid) mix jet harbot. war 










. 
} 


268 Große Ueberſchwemmung. Waͤdii Kamiſch. 


erhaben und prachtvoll. Der ganze mit Felsblöcken bebedte Abha 
war in einen fchäumenden Wafferfall verwandelt und es banerte nk 
lange, fo tobte in dem früher trockenen, Hier etwa 200 duß breit 
Flußbette ein wenigftens 6 Fuß tiefer, reißender Strom. Jede 
genoß id) dieſes Anblids nicht lange; denn ſchon in Y, Stud 
Tonnte man trodenen Fußes durch den Wädiy gehen. — Auf d 
höchften Roppe des Kaur Sſahban befindet ſich ein Kuppelgebäch 
das Grabmal Sfaybäns ibn Nedſch, das ich von meinem Bayer 
fchen Konnte. 

Des Morgens ftand der Thermometer bei Windſuile und heiter 
Wetter 20°, um Mittag bei Nordweftwind 30°, und am Abend I 
Siüdoftwind 24°. 

2. September. Die erwarteten Kameele famen erft am Mit 
des 2. September, und da fie ausruhen mußten, brachen wir e 
gegen 2 Uhr auf, machten aber nur ungefähr 2 Stunden, bien 
bei einem gemanerten Baffin anlangten, zu welchem das Waffer u 
Gebirge in gemanerten Rinnen geleitet wird und dasyeine ungehen 
Menge von Blutigeln enthält, weshalb die Beduinen ein Tuch # 
das Waffer ansbreiteten und einige Steine darauf warfen, wohn 
eine von Blutigeln freie Stelle gebildet wurde, aus der fie d 





Ayn er Raͤfſ ed Dym. 269 


Diefer Wäbiy ift ungefähr 200 Schritt breit und etwa 1 Stunde 
thalaufwärts mit Dattelpalmen befet, unter denen das Land bebaut 
ft. Das Gebirge befteht aus tertiärem Kalk. Jedoch fand ich im 
dißbette Rollftücke von Granit, Gneis, Chlorit und Quarz, welches 
af die Formation der weiter oben liegenden Gebirge fchließen läßt. 
Die Gegend ift von Beduinen des Stammes EI Hamum bewohnt, 
zu welchem auch die Bewohner des Gehöftes gehören. 

Der Thermometer jtand am Morgen bei Süboftwind und heiternt 
Himmel 22°, um Mittag bei Windftille 36°, und am Abend bei 
Nordweſtwind 28°. 

4. September. Da die Ballen erft am Abend des 4. bereit 
waren, jo feßten wir die Reife erſt am Morgen des 5. fort, legten 
aber nur eine Strede von ungefähr 6 Stunden bis Ayn er Räff ed 
Dyn zurüd, Don der Mündung des Mäyile Matar an wird der 
Widiy immer breiter und hat bei Ayn er Räff ed Dyn eine Breite 
don 2 Stunden. Der Weg führt längs dem Fuße des Dichebel Lehde 
Bin, dem auf diefer ganzen Strede Höhen eines tertiären Kalffand- 
ſteins vorliegen. Der Wädiy ift mit Flugfand bedeckt und reich an 
Mimoſen⸗, Tamarisfen- und Nebekbäumen, zwifchen denen die Gift- 
Manzen El Oſchr und EI Marh (Asclepias procera und Asclepias 
ifiivoma) zu einer außerordentlichen Stärke gedeihen. Ayn er Räff 
ed Dyn ift ein niederer, flacher und mit einem üppigen Graswuchs 
kedeckter Vorſprung des Gebirges, auf welchen ſich zwei Heine, 
Rmpfige, mit Rohr umwachſene Teiche befinden, in denen fich eine 
Unzahl von Blutigeln aufhalten. Hier und da fieht man Gruppen 
don Dattel- und Dompalmen. Da wir an diefem Tage nicht 
Weiter reiſten, fauften die Beduinen von einer mit ihrer Heerde 
borüberziehendet Beduinenfrau 5 Schaafe, wofür fie einen öfter: 
richiſchen Thaler bezahlten. Obgleich ic) zum Ankaufe derfelben 
nichts beigetragen hatte, jo verlangten fie doch, daß ic) meinen An- 
heil nehmen follte, das Fleiſch wurde auf die ſchon früher befchrie- 
bene Art zubereitet. — Auf der entgegengefegten Seite zieht ſich der 
Ühebel EI Hamum bis an das Meer und erhebt feine ſchroffen 


270 Schihr. Wadiy Mocayre. 


Gipfel bis zu einer Höhe von beildufig 4000 Fuß über dem 
fpiegel; ja die höchfte Koppe deifelben, welche den Namen 
Hamum führt, ſchien mir noch höher zu fein. Am Fuße diefes 
birges liegt bie Stadt Schihr 179), eine der Haupthafenftäbte des 
welche von Suftanen beherrſcht wird, bie’ zu der aus ber 
Hafifa ftammenden Familie Bü Rate gehören; der jetzt 
Tebende Sultan Heißt Alyy Nay bä Rabe. 

Der Thermometer ftand an den Tagen des 4. ımd 5. am 
bei Süboftwind und heiterm Himmel 22°, um Mittag bei 
36", und am Abend bei Nordweftwind 28°. 

6. September. Am 6. September brachen wir ungefähr 
10 Uhr auf umd zogen durch eine öde traurige Gegend, in 
bfendendweiße Hügel eines tertiären Kalls mit dürren, fi 
Schluchten abwechſelten. Nah einem Marſche von etwa 5 Stall 
fagerten wir in einem gebüfgreihen Wädiy, Namens Miogayre. 

Der Thermometerftand blich derfelbe, wie der des vorigen Tagd 
während der Nacht war cin flarker Than gefallen. Die Richtung I 
Weges von Kotayfa iſt Süd, 30° Dit. 

7. September. Am 7. September durchzogen wir wieder U 
dürre Schluchten, welche die Kalthügel durchbrechen, und betraten m 





. 


Rückkehr nad) Makalla, Ende ber Reife. 271 


rähern Wirths, den ich aber nicht fand, da er nad) Schihr verreift 
won Da ih Niemand anders kannte und ohne Geld war, fo blieb 
mir nichts Anderes übrig, als in der großen Mofchee ein Interfommen 
in fuchen; ich fagte daher meinem Dadayl, mid) dahin zu bringen. 

Als wir über den freien Pla fchritten, welcher die neue Stadt 
den der alten tremmt, trat ein Schwarzer zu mir heran und fündigte 
mir an, daß mich der Sultan fprechen wolle. Der Titel „Sultan“ 
machte mich ftugen, denn die arabifchen Sultane waren mir von 
Sfayf aus bedeutend zumider geworden. Jedoch die Nothwendigfeit 

gebot zu gehorchen, und in Erwartung der Dinge, die da fommen 
foltten, ftieg ich mit ſchwerem Herzen Hinter den Schwarzen her «ine 
Treppe hinauf und trat in das Gemach des Herrſchers von Mafalla. 

Ih wurde freundlid) von ihm empfangen und gebeten, mid) 
neben ihm niederzulaffen. 

Er fagte mir dann, daß er bereits von dem Vorfalle in Sſayf 
gehört Habe und erfuchte mich, ihm Alles ausführlich zu erzählen. 
As ich mit meiner Erzählung fertig war, befahl er einem Sclaven, 
Meine Sachen in eine Stube zu bringen, und fagte mir, daß unge- 

Mr in ſechs Tagen eines feiner Schiffe nad) Aden abginge und daß 
er mich mit demfelben dahin befördern wollte, bis dahin ſollte ic) 
Yhig bei ihm bleiben. 

Der Thermometerftand der beiden legten Tage war am 7. Mor: 
gms bei Nordojtwind 20°, um Mittag 30°, am Abend 22°; des 
Morgens am 8. bei Nordoftwind 20°, um Mittag 28°, und am 
Abend 22°. So lange ich in Makalla blieb, blieb aud) diefer Stand 

des Thermometers conftant. — In den Nächten fiel fehr ſtarker Thau. 


— — — — — — — 


Bemerkungen und Ausführungen 
zu 
v. Brede’s Reife in Hadhramaut 


Heinrih Freiherrn von Walkan. 


' Melfe in Babframant, 18 





x 


1) Nachodä, IA>L;, ein urſprünglich perfifhes Wort, bedeutet „Schiffe- 
herr” und ift in ganz Arabien an Stelle des arabifchen Ausdruds für Sciffs- 
capitain, welcher „Rayyſſ“ lautet, getreten. 

2) Edrus, fehlerhafte dialektiſche Ausſprüche für Idryſſ, Name des Hei- 
figen, unter defien befonderm Schute der Süden von Yemen und namentlich 
das Land um 'Aden ſteht. 


3) Räfidhy (eigentlich Raͤfidhyy), d. h. firenggenommen nur wer zur Secte 
Raͤfidha, welche Sayd, ben 'Alyy, ben Hoffayn, ben Alyy als Imäm anerfannte, 
gehört, wird aber auch auf alle Keter und Ungläubige im Allgemeinen abufive 
ausgedehnt. 

4) Zaräd ift eine Art von Daum, d. 5. ein Segeliciff von 50—100 Tohnen 
Tragkraft, mit 2 Maften, einem großen und einem ganz Meinen, der mehr wie 
ein Flaggenſtock ausfieht, beide mit lateinischen Segeln. Die Taräd unterfcheidet 
fi vom Daum nur dadurch, daß ihre Planen nicht angenagelt, fondern durch 
Stride miteinander verbunden find. 

5) Abu Sfaryr, d. 5. der „Beſitzer des Nuhebettes” war ein heiliger 
Derwiſch aus Indien, der aus Armuth nit zu Schiff nah Dſchidde fahren 
founte, um die Pilgerfchaft zu machen. Da er aber Wunder wirken konnte, fo 
benutzte er feinen Sfargr, d. h. ein Ruhebett von geflodhtenen Binfen, um auf 
dieſem die Ueberfahrt zu machen, und langte glüdlicd in Dſchidde an, wo er 
umu als Heiliger in hohem Andenken ftebt. 

6) Borum findet fich bei feinem arabifchen Geographen. Nach Welifted 
(Reife in Arabien, überſetzt von Rödiger) liegt Borum am Eingange eines engen 
Gebirgspafjes, hat viel Waffer, leidet in Folge der eingeengten Tage fehr von 
Hitze. Das Raͤſſ Borum befteht nad) Haynes (Survey etc.) aus dunklem Kall- 
Reinfels von ſchroffen abjchüffigen Formen. 


7) Dſchebel Reich, d. 5. der „Berg bes geringen Regens“, 55 heißt 
„pauca pluvia“. 

8) Waͤdiy Dahſſ. Das Wort Dahfſ, BO, bedeutet einen weichen und 
ebenen Boden, der weder fandig noch lehmig ift (Freytag,. Lexikon). 


9) Bagla oder Bagala ift fein arabiſches Wort, fondern indifchen Ur- 
ſprungs. Im Sanskrit heißt es Vahala oder Vahana. Jetzt verfteht man 


18* 


— 


"276 Bemerkungen und Ausführungen 


darunter ein größeres Schiff von 100-150 Tonnen Tragkraft, das fig mar 


zu U. v. Wrede's Neife in Hadhramaut, 277 


18) Tihaͤma, — bedeutet weiter Nichts als „Tiefland“, und es iſt 


anzlich unrichtig, das Wort für einen beſtimmten Provinzialnamen zu Halten. 
dieſer Fehler iſt jedoch ſo ſehr verbreitet und ſchon ſo alt, daß es ſchwer ſein 
ſrfte, ein Aufgeben deſſelben von Seiten der Geographen zu hoffen, um fo 
sehr als fie eine fo gewichtige Duelle, wie Abu el Fidaͤ, für ihre Anficht auf- 
ühren können. Diefer Geograph theilt Arabien, das er librigens fehr fchledht 
aunte, in fünf Diftricte ein. Diefe nennt er 1) Tihäma, 2) Nedſchd, 3) Hi- 
His, 4) "Orudh, 5) Yemen. Nun foll Tihima eine im Süden von Hidſchäs, 
m Rorden von Yemen, gelegene Provinz fein. Aber in Wirflichfeit heißt der 
enze Küftenftrich von Arabien, von Hidfhäs, Memen, 'Aden, Yifi'a, Hadhra⸗ 
naut bie nah "Oman „Tihaͤma““. Will man ein „Tihaͤma“ vom andern unter: 
deiden, fo ſetzt man Hinzu das „Zihäma von Hidſchaäs“, von „Yemen“ u. |. w. 
Ku el Fida's Irrthum ift jedoch erklärlich aus dem Grunde, daß ſowohl er 
nie feine Landsleute, die Syrier, von Arabien nur vorzugsweiſe Hidfhäs kannten 
wd daß fie deshalb das „Zihama von Hidſchas“ flir das „Zihäma kat’ Erodyen‘, 
s für das einzige „Tihaͤma“ hielten, während es doch nur einen Theil einer 
ich um ganz Arabien ziehenden Küftenlandfchaft bildet. 


19) Waͤdiy Halle heißt „Thal des Fleckens“. Halle, kÄS, bedeutet 
inen Fleden oder einen bewohnten Ort. 


20) Fuwa (fann aud Fowwa geſchrieben werben) bedeutet „Färberröthe“ 
rabis tinctorum) und führt feinen Namen gewiß von dieſer bier nad) Wrede 
ieſach wachſenden Rügfihteitspflanze (853). 


21) Wädiy Gahäh, d. 5. das gefunde That. „> bedeutet sanus, 


2) Waͤdiy Chomyr. Die Etymologie ift weniger deutlih. Es könnte 
von Le Plural joe" lommen. Dies beißt „Alles was bedadyet iſt“, könnte 


es im Sinne von „die Hütten‘ ftehen. 
23) Waͤdiy Dſcharre. Thal der irdenen Geſchirre. Es darf uns 
am fo weniger wundern, bier ein Thal nad einem Waffergejchirre, der 


Dqarre — benannt zu finden, da auch der große Hauptwaͤdiy dieſer Gegend 
„Badig Dirbe’ nad) einem andern Wafferbehälter, ber Dirbe (vulgo Girbe), 


„.. . 
— benannt iſt. 


24) Aqaybere. Dieſer Stammesname findet ſich weder bei Wüſtenfeld, 

Umffin de Perceval, noch einer andern mir bekannten Stammestafel. Nach 
ſoll er einer der 15 Unterſtämme der Sſayhbaͤn fein. 

3) Qabyla (Plural Qabaͤyl) heißt eine größere Stammesgruppe im 

zu Batn und "Ari, Bezeihuungen für einzelne Stänme. Es giebt 

Ürigens im Arabiſchen zehn verſchiedene Bezeichnungen für größere oder Leinere 


x 


zu A. v. Wrede's Reife in Hadhramaut. 279 


34) Bi Darrayn. Baͤ if der in Südarabien übliche Verkürzungs⸗ 
störud für Bann oder Beny. Darrayı, Ber heißt die „zwei Wohnungen“, 
Daalforın von "5 ‚ mansio. Der Dual wirb nämlich heut zu Tage niemals 
m Casus rectus „uni, fondern ftets im Casus obliquus (der für alle Fälle 
then muß) „ayn“ gebraucht. 

35) Omm Dſchirbdſche, d. 5. „die Mutter des Drehrades“, was fo viel 
ebentet, als ein an Drehrädern (zum Bewäflern) reiher Ort. Dſchirdſche kommt 
on oO” „in gyrum duxit”. 


36) Fath edh Dhayq, ri eö d. 5. die „enge Oeffnung“, Name 
er Felsſchlucht. 

37) Harr Schiwats, LI, — d. h. „Hitze des rauchloſen Feuers“. 
> beißt Site. Jol,& Heißt Aamma fumi expers. 4 

38) Dſchebel Lahab (Feuer, we) heißt der „Feuerberg“. Der Name 
heint alſo auf einen erloſchenen Vulkan zu deuten. 

39) Dhyq edh Dhyaͤq, —E are, d. h. „Enge der Engen“. 


40) Hotſiye geſprochen, iſt wahrſcheinlich Hotſayya, , das nach 
em Dänmff „incessus lenis“, „ein langſamer Gang der in Karawanen fort: 
Hreitenden Kameele“ bedeutet und wohl auf Wegesſchwierigkeiten in dieſem 
Bädiy zu beziehen. 


41) Falh eſſ Sfifle, PIE] 5, d. b. „aratio imae terrae‘‘, alfo 
etwa „niedrig gelegenes Ackerland“. 


42) Wädiy Mahnipe, Kuss, „ein fi) windendes, unebenes Thal‘. 


43) Fedſch, e „ein hochgelegener Pfad zwifchen zwei Bergen“. 


+8 e- 
4) Harf el Hagyg, varması)! 2 heißt der „wenig befaubte‘‘ 


oder der „kahle Bergesgipfel. GHacyc bedeutet „kahl“, ſowie „mit wenig Haaren 
verſehen“ und fteht natürlich hier bildlich. 


45) HSarmal, AS, dürfte eine ähnliche Bedeutung mie Hays haben. 
da beißt nämlich depilavit „der Haare berauben‘. 


46) Rughyſſ, —8 dürfte von uns), „bereichern‘' abzuleiten fein, 


würde alfo dem Berge den Beinamen „der Reiche”, d. h. „ber Fruchtbare“, 
ver. Bon Reichthum durch Bergwerke kann hier nicht die Rebe fein, da bie 
Ixeber ſolche nicht bearbeiten und nicht ſchätzen. 





zu U. v. Wrede's Reife in Hadhramaut. 281 


vie „Macht“. Der Stamm Ba Dicäh heit alfo „Söhne der Herrfchaft” oder 
me Mächtigen“. 


62) Cily, ‚te, von X, sustinuit fervorem ignis, alfo „Hitze“. 


63) Sidära, —X „ber Bruſtpanzer“. Dſchebel Gidära heißt alfo der 
„Panzerberg‘‘, Nach dem Berge ift der Waͤdiy benannt. 


64) Boghar, yes beit „Flußmündung“, alfo Dichebel Foghar, „Berg 
der Flußmündung“, wobei man freilich hier nicht an einen wirklichen Fluß, 
hondern höchſtens an einen Gebirgswädiy denken kann, d. h. einen nur nach 
Raten Regen waſſerführenden Gießbach. 

66) Choraybe. Dieſer Häufig vorkommende Name könnte als Ver— 


lleinerungswort von Charib, op: „bie Wüſte“, angefehen werben. Wahr: 


ſcheinlicher iſt er jedoch Verkleinerungswort von Chorbe —. Wir finden 

j nämlich im Wadiy Do' an dicht nebeneinander zwei Städte, Ehorbe und Ehoraybe, 
d. h. Chorbe und das „Heine Chorbe“. Die Bedeutung von Chorbe, welches 
ein „Lod) im Boden“, d. h. ein „Keſſelthal“, heißt, entfpricht auch ungleich befier 
der Tocalität, als die Bedeutung „Wüſte“. 

66) Fardfhalät von dar, „mit weiten Schritten gehen‘. Der Berg 
beit aljo der „Berg ber weiten Schritte”, d. h. der Berg, wo man fchnell 
Mhreiten muß, wegen der Gefahren der Reiſe oder der Unwirthbarfeit der 
Seyend. Solche Benennungen find ganz im Geifte der Beduinen. 


67) Montifch, — adj. verb. act. der IV. Conj. von ur, „feucht 
fein", Waͤdiy Montifch heißt alfo „das feuchte Thal“. 


68) Roche, vos), heißt „ſanft, weich, milde”, alfo wird man Dichebel 
Bye etwa der „sanft abfallende Berg‘ bezeichnen müſſen. 

69) Maͤyile Matar dürfte etwa der „Regenanzeiger“ oder das „Regen- 
Wehteichen‘ bedeuten. Matar, yası heißt „Regen und Myl, dus, wovon 
all, Mäyile, „ein Wahrzeichen für Reiſende errichtet‘. Es giebt in arabi- 
fen Ländern ebenfo gut wie in europäifchen ſolche Berge, die man gleichfam 
Us Vetterpropheten anfieht und aus deren Umhülltheit oder Unverhülithelt man 
“u gutes oder ſchlechtes Wetter jchließt. Ich felbft habe mehrere foldyer Berge 
u Arabien und andern Gegenden des Orients gefunden. 

70) Moffaffag, ir, Part. pass., IV. Conj. von di, „ab⸗ 
gewendet”. 


71) Ofwe, Sys, „Berwüftung". 


282 Bemerkungen und Ausführungen 


72) E1‘Af, | zle, „ad aquam veniens“, alfo Wäbiy el Af etwa „, 
s 
zum Waſſer führende Thal”. 
73) El Bathaͤ, Lsıb;, „ein nieberer Thalfeffel, in dem viel Kies ifl 


74) Kaur oder Kur, * „der Kameelſattel“. Eine Benennung für ein 
Berg, welche ſich dem Reifenden in Arabien faft von ſelbſt aufbrängt, fo richt 
ift der Vergleich. 


75) Hagarhayan, Uses, der „Regenbrecher“, von zası brechen 
und Us, Regen. 


„so, 
76) Doru, I „terra quae vix peragrari potest”’ oder „uni 
bares Land". 
77) Lakal Lakal, fo fchreibt Wrede. Ein folder Name hätte freifid ge 


„o_$ 
feine Bedeutung. Wir glauben jedoch, daß wir Hier el Dalgäl, JLALEN, nom 


act. von Als, „tönen“, Iefen Lönnen. Bei dem Tönen in Berbinbung wi 
einem Bergdiftrict könnten wir vielleicht an ein Echo denken. 


78) Hien el Ghowayr, „Schloß der Höhle”. Hirn, uası ade 
Schloß“. Ghowayr, . iſt Diminutiv von Ghur, —* die Höhle, heiß 
alfo eigentlich „die Heine Höhle‘. 

0.8 
79) EL Ayffär, „uud, „die Fülle, der Reichthum“, alſo Wädiy e 


Ayſſaͤr, das Thal der Fülle”, d. h. „der Fruchtbarkeit‘. Doqum, —8 
Pluralform, heißt die „Eingänge“. 


80) Tfähir, yes, „oftenbar, anfehnlich”. Diefer Städtename in ſch 


verbreitet. In Habhramaut giebt es zwei Städte Tfähir, eine im Wädiy De’, 
eine im Waͤdiy Dacgr und in der daran grenzenden Provinz Yäfl'a ein anberl 
Zjähir. 


81) Qolayle, xlals, „ber Heine Gipfel”, Diminutid von xls, Gipfel 


..$ 
82) Eſſ Sſabal, Kl, „der Regen”, alfo Wäbiy eff Sfabal „Reg 
thal“. 


83) Qarrayn, Be die „zwei Wohnungen oder Gchlöffer. Du 
von Darr, * mansio firma, sedes (ſ. oben Anmerkung 34). 


84) Eſch Schaff, LEN, „tenuis", alfo Waͤdiy eſch Schaff „de 
fhmale Thal". 


zu A. v. Wrede's Reife in Hadhramaut. 283 


85) Ehodhära, —X „olers in hortis nascentia”. 
8) Dolle, x, „Gipfel“. 


87) "Awra, 356, fissura montium, alfo Wädiy “Amra „Thal bes 
Iergipaltes‘'. 


88) Eſch Scharq, „das öftliche“. 


89) Dabr Bayt, was wege: „Grabesſtätte“, wörtlih „Grabeshaus“. 


M) In Arabien macht man einen Unterſchied zwiſchen den Nachkommen 
8 Propheten, welche von Hafſan ben Alyy, und denen, welche von Hoſſayn, 
We Bruder, abſtammen und nennt letztere Sſayydy, erftere Scheryf. In 

ika beißen beide „Scheryf”, auch gebraucht man ‚dort die Pluralform 
a” ober „Schorfä', in Arabien dagegen „Scheräf“. Die Ceremonie 

Beriehens der Händelommtvon dem Wahnglauben, daf diefe 

tommen Mohammed’s einen „Geruch der Heiligkeit" aus— 

ften. 


” 90°) Do’än. Die urfprlngfid; und literariſch allein richtige Schreibart 


nach Yägut (Jacut ed. Wütenfeld, IL, 621) „E50, was wir durch 
aw'an’ oder „Dau'an’ wiedergeben können. In der Ausfpradhe ver- 
fi aber der Diphtong „au“ zu einem langen „o” und ein Alif pro- 
kmgationis ſchiebt fid) nad) dem Fatha ein, woraus zuerft Do an und dann 
de an wird. Webrigens begeht Yigut den Irrthum „Dau'an“ eine Stadt zu 
kennen, ber in alle unfere Geographieen lübergegangen ift und zulebt nod) von 
wm Bfendoreifenden du Eouret in feinen „Mysteres du désert“ auegebeutet 
karde, im welchen er behauptet, Do’än fei eine Stadt, welche zugleich den 
Remen „Naſchyd“ führe Bebkanntlich ift „Rafchnb‘' eine Stadt des Wäbiy 
Bein, aber Niemand giebt ihr felbft den Namen des Thale. 
9) Rad) el Oſſyutyy's Lobb el Yobäb find die Hawaͤlyy eine Abtheilung 
Etammes Ajd (Azd) von "Abd Allah ben Haula oder Hawila. ine Ab- 
g der Afditen wohnte fhon zu Mohammed's Zeit im Süden zwiſchen den 
Mimyariten und den Ghäfniditen (Sprenger, Leben und Lehre des Moham- 
web, III, 823). 

92) Dodär, ben Sfalif, ben Dichidf‘, tödtete die heilige Kameelin, welche 
Gett auf den Ruf des Propheten Gälih aus dem Fels hervorgehen ließ. Sie 
erzährte die Adyten mit ihrer Milch, aber fie trank jeden zweiten Tag ihren 
Brunnen leer. Dan befchloß fie zu tödten, aber Niemand wagte fi daran, 
bie endlich Dodär unter ausnahmsweiſen Umftänden geboren wurde, der das 
Wredlihe Wert vollbringen follte. Bon feiner Rothhaarigfeit verlautet bei den 
wir befannten Autoren Nichts. 


93) Rhobäba, XIL, iſt eine Art Altviole, die, zwiſchen ben Weinen 


284 Bemerkungen und Ausführungen 


gehalten, wie ein Violoncell gefpielt wird. Dacäba, Las, ift eine einfade 
Flöte aus Binfenrohr. 


94) Dabadh, Haas, heift „Beſitzthum“ oder „Landgut, alſo Oabadh 
Schayd „Landgut des Stammeshäuptlings”. 

95) Häyif heißt „Abhang des Gebirges“, ebenfo der „Ungerechte“, alfo 
würde Dabadh Häyif „das Tandgut am Bergesabhang“ oder „das Landgut bed 
Ungerechten‘ bedeuten. 

95*) Diefe Anficht Wrede’s ift wohl ſchwerlich ftihhaltig. Die perfiichen 
Ebnä wohnten in Yemen; baf fie je in Hadhramaut gewefen, davon verlauff 
nicht das Geringfte. Die Ableitung des Wortes „Ebnä, „List, ift übrigent 
fehr einfach. Es bedeutet lediglic; „die Söhne‘, worunter man mohl bie „Gh 
bes Landes”, d. h. die autochthone Bevölkerung verftehen Tann. 


96) Ma'yfche, xaure, heißt „Lebensmittel. 


IT) Dhahä von La, „ausſchwitzen“, d. h. das vom Baume aut der 
Rinde „ausgeſchwitzte“ Harz. 

98) Schedſcherat et Tata, zellN 5-=uE, d. h. der „Baum des Ge 
borfams“, weil er bei der Berlihrung die Blätter einzuziehen ſcheint, d. h. bil 
lid) der berührenden Hand „gehorcht“. 


99) Däret es Sohä, 5 BL, d.h. „Hügel ber Heerden“. 


100) Biyr Schyh, ec ya >. b. „Brunnen des Schyh“, d. h. ie 
Abfinthpflanze. 
101) Ghowayte, —E terra ampla et plana in Diminutiv. 


102) Qaͤyime, 5, d. h. das „aufrechte, fefte, erhabene” (Schloß). 


103) Qinnyne, KÄAÄE. Die Bedeutung diefes Wortes ift „ein Gl 


von Glas oder „ein Glasfläſchchen“. Wir haben oben ſchon Dirbe (Schlau) 
und Dolle (Krug) als Ortsnamen gehabt, aber dieje find dadurch Leicht in folde 
Anwendung zu erflären, daf beide Utenfilien von den Arabern vielfach gebraufl 
und verfertigt werden. Die Dinnpne dagegen wird jet nirgends in Arabiet 
fabricirt und Glas Überhaupt nicht gemacht. Der Name ift deshalb ein auf 
fallender und vielleicht aud) von Wrede nidjt richtig wiedergegeben. 

104) "Abd el Manäh, d. h. „Diener des Manäh“, ift ein höchſt auffallende 
Name für einen Moslim, denn Manih war cine Gottheit der heidnifchen Arabtt 
vor Mohammed, und zu diefer Zeit war der Eigenname "Abd el Manih ds 
fehr gebräuchlicher, wurde jedody, wie alle heidnifchen Namen, durch den Prr 
pheten verboten. In Habhramaut allein ſcheint er fi, ähnlich wie der andert 


zu A. v. Wrede's Reiſe in Hadhramaut. 2885 


Mmifhe Name „Abd el Yaghuth“ (Anm. 105) erhalten zu haben. Die Leute 
3 zu unwiflend, um damit irgend eine Bedeutung zu verbinden, fondern 
mben wahrſcheinlich es jeien höchft orthodore Benennungen. 


105) Dſchul baͤ Yaghuth. Dſchul oder Dſchaul (J>) heißt „der 
nunen‘. Bä NYaghuth if ein Stammesname, die „Söhne dee Yaghuth“. 
nghuth aber ift wieder ein heidniſcher Böltername, Über deſſen Verehrung 
Kehl, Religion der vorislämitifchen Araber, Leipzig, Serig 1863, ©. 73, 


106) Matny, Relativum von Matn, 567 pars dura terrae et elata. 


107) Dihofaye, Relativum von Dfchofi, alis, quod propellit secumque 

ut aquae fluxus. 
108) Iram dfät el iſfſnaͤd, d. 5. „die Befte mit den Säulen. Es wäre 
sinn eine Stadt diefes Namens oder unter der Benennung „Dfüt el 'Amud“ 
39) zu juchen, obgleidy der Dorän fie ala Hauptfladt der "Aditen bezeichnet. 
es ift bekannt, daß die Araber unter „„Aditifche Werke das bezeichnen, 
wir etwa nnter „Syflopenbauten‘ verftehen, d. h. Gebäude aus einer un: 
ten räthſelhaften Vorzeit. Auch brauchen wir kaum zu bemerken, daß 
hier nur eine Xollstradition citirt, die auf den wahren Urſprung der 
von Obne nicht das geringfte Licht wirft. Die himyariſche Infchrift, 
ide Wrede hier copirte, giebt uns auch nicht erhebliche Auffchlüffe. Nur lehrt 
bs ihr Borhandenfein, daß Hadhramaut zur Zeit der Erbauung der Mauern 
CObne unter himyariſchen Fürften, entiweder als mittelbar oder unmittelbar 
hard; einen Banyin, Dayl oder Watr, wie die himyariſchen Satrapen hießen) 
erwaltete Provinz des Königreiches Menmen ftand. Hadhramaut war nicht der 
gentlihe Sitz der Himyariten, fondern Yemen, und nur zur Glanzzeit des 
imwariſchen Reiches in Nemen wurbe diefe Provinz tributpflihtig. Diefer Um— 
md erflärt auch die geringe Anzahl himyariſcher Schriftdentmäler im oceani- 
den Arabien, denn außer den Infchriften von Obne, Nagb el Hadſchar, Tfafür 
mb Hicn el Ghorab find bis jegt feine Denkmäler diefer Sprache öſtlich von 
denen entdeckt worden, während im Yemen jelbft die Ausbeute eine reiche war. 
Iuterefjant ift die Injchriit von Obne hauptſächlich dadurd), weil wir auf ihr 
beatlich den Namen Hadhramaut lefen, jedoch etwas anders geſchrieben als der 
bestige arabifche, nämlich Hadhramut, ohne Diphtong in der letzten Sylbe. 
Biefer Umſtand ftraft die arabifche Etymologie Yüigen, weldie aus Hadhramaut 
ben (dev heutigen Orthographie gemäß) „die Bereitheit des Todes“ oder „die 
Dehnung des Todes‘ machen möchte. (S. Wrede's Infchrift am Schluß des 
Berfes und liber den Namen Hadhramaut die Wrede'ſche Königelifte, Anhang 1.) 


109) Dcayde, Diminutiv von Acad, Lo, ein „kahler Ort im Gebirge”. 


110) Dfiyayby kommt von Diiyb, os Wolf oder Schafal. Es war 


bei den älteften Bewohnern Arabiens und zum Theil noch bei den fpätern eine 
Tenſache für einzelne Menſchen, wie ganze Stämme, fi) nad) Thieren zu be- 
mumen, denen fie kriegerifche Eigenfchaften zufchrieben. Dfiyayby hieß alle dos 


286 Bemerkungen und Ausführungen 


„Wolfsgeſchlecht“ und ollte foviel bedenten, als „die muthigen Räuber" 
die offene Raubfehde galt von jeher bei den Arabern für ehrenvoll. 

111) Die von Welfted copirte Inſchrift von Naqb el Habfdhar find 
in Rodiger's Ausgabe von Wellſted's Keifen in Arabien (Kalle 1849) ı 
Sie ift infofern intereffant, als fie zweimal den Namen Mayſa'a in de 
yariſchen Form „Mayfat’ enthält, alfo ein Beweis, daß ber „Wibiy Ma 
ſchon in ältefter Zeit diefen Namen führte. (S. auch Wrede's Juſchri 
Schluß diefes Werkes, die gleihfals den Namen Mayfat zeigt.) 

112) Ghowahte, Diminutiv von Ghauta, ab,E, heißt „meide 
dj. oben Anm. 101). 

113) Tarr, eine Art Trommel, aus einem ausgehöhlten Kürbis ge 


114) Rhayde, nad) Wrede's Schreibart follte man Bier saue “@ 


tum, palus) vermuthen, alfo wärde Rhayde eſſ Sfowayde (Dim. von « 
fhwarz) der „ſchwärzliche Schilffumpf“ bedeuten. Wahrſcheinlich iſt jek 
richtige Schreibart Rayde, id) ein fehr häufig in Arabien vorlouu 
Ortsname. Auch Yigut (Jacut ed. Wilftenfeld, IT, 776) erwähnt ausdı 
awei Ortſchaften diefes Namens in Habhramant, wofür El Hambfüny fei 
mwährsmann iſt. Die eine heißt „Mayde el “Ibäd' oder vielleicht „Ra 
Abbad, OU! scha, (ohne Bocalifation). Rayde Heißt eine „Beflenf 


Sbãd „Die Sclaven“ und "Abbid (OLAE, daſſelbe wie O4LE) der „Anl 


Alſo dirfte vielleicht das „Rayde el 'Abbaͤd“, d. h. die „Felſenſpitze dei 
ehrere', welche Yaäqut anflihrt, mit dem vielgenannten „Rayde ed Dym W 
d. 5. der „Felſenſpitze des Glaubens“, identiſch fein. Halten wir aber dir 


zu U. v. Wrede's Reife in Hadhramaut. 287 


119) Schirka, —— die „Gemeinde“ oder „Aſſociation“. 


120) HSorra ya, 23,0, borreum frumentarium, „Getreidefpeicher”. 
121) Ghaura, 5955. „ubſchüſſiges Land‘, auch „Ebene“. 
122) Minter, bin, „Wachthaus“. 


._. 
“ 


128) Ghebeif, UmAS: „Duntelheit‘. 
134) Nyr, ydı „Jugum aratorium‘, 


135) Amd, As, wahrfcheinlich nom. act. von Ay, columna, palo 
it, alfo „das Stüten durch Säulen oder Pfeiler; ohne Zweifel eine An- 
fang anf antile Ruinen. 

»126) Ein Dorra ben Mo awiya kommt in Wüftenfeld’s genealogifchen 
hellen vor, 4, 16. 


127) Hobul, Ju, Plural von dus, eine „weit ansgebreitete Sand⸗ 


⸗ꝰx 
2 


128) Nefhun, derivatum von e>' „wohlriechen“, alfo „Ort des Wohl⸗ 
uches. 
129) Lohun von Lg), delectatus fuit, alfo „Luft, Freude, Gtlidfeligfeit”. 


180) Mi Radhy, 58 Te, das „liebliche Waſſer“. 


131) Die Beduinen glauben, daß das Blut eines Ermordeten fo lange die 
be röthet, bis es durch den Tod des Mörders oder eines feiner Verwandten 
Br iſt und daß bis dahin Nichts im Stande ift, feine Spur zu vertilgen. 


so) I)-» > 
132) Biyr Borhut, wm ya und Biyr Barahut, 0; 


de Lesarten finden fich bei Yaqut (Jacut ed. Wüftenfeld, I, 598); ja dieſer 
sgraph führt fogar noch eine dritte Yesart, „Balhut“, weg, an (die 
) Abrigens aud) bei Ihn Haukal findet), wonad) der Ort, in welchem der 
men liegt, zwar „Borhut, der Brunnen ſelbſt aber „Balhut“ heißen 
L Da diefer Brunnen aud) unferm Autor Anlaß zur Anführung arabijcher 
bein über den Styr gegeben bat, fo dürfte es wohl pafjend ſein, bier die 
ern diefer Kabeln, wie fie Yiqut gefanımelt hat, anzuführen. Yäqut fagt: 
heißt „Barahut“ fei ein Brunnen in Hadhramant, Andere aber fagen, fo 
Be die Ortfchaft, in welcher befagter Brunnen liegt. Ibn Dorayd aber fchreibt 
zorhut“ und fagt, es fei dies ein befannter Wädiy. Mohammed ben Ahmed 
f: Nahe bei Hadhramaut ift ein Brunnen „Borhut“ und das ift der, von 
dem der Prophet gejagt hat, daß in ihm die Seelen der Ingläubigen und 
t „Heucler" (die Monäfigyn von Mebyna, die nur lau im Glauben waren) 


288 Bemerhingen und Ausführungen 


weilen. Es wird behauptet, daß Alyy (der Schriegerfohn des Propheten) 
fagt habe: Berhaft ift bei Gott ein Ort auf Erden, nämlih ber „Wäd 
Borhut‘ in Hadhramaut; in ihm wohnen die Seelen der Ungläubigen, u 
hier ift ein Brunnen, deſſen Waffer ift ſchwarz und ſtinkend. Nach einer ande 
Berfion fagte er (Alyy): Verflucht ift ein Brunnen auf der Erde, nämlich d 
„Biyr Balhut“ in „Borhut“; es fammeln fih in ihm die Seelen de 
Ungläubigen. Acma'y aber erzählt, daf ein Mann aus Habhramaut ihm Bol 
gendes berichtet Habe: Einft ftieg auf aus dem Grunde des Borhut ein über Wi 
Maßen abjcheulicher Geruch, von ganz ausnahmsweiſem Geftant, und fiche da! wi 
erfuhren nadjher, daß gerade zu jener Zeit eine ungeheure Menge von Um 
gläubigen geftorben war, und wir erfannten, daß diefer Geruch von ihnen ker 
ſtammen müffe (d. h. von ihren Seelen, die in den Brunnen gefchleubert vonrben). 
Nach "Abbas (dem dritten Chalyfen) find die Seelen der Gläubigen in der 
reinen Wafferburg (wörtlich Aquarium) im Lande Syrien, die der Ungläuiigen 
dagegen in Borhut in Hadhramaut. Ibn' Oyayna fagt: Ein Mann erste 0 
daß er einft in Borhut übernachtet habe, und da „hörte ih, fo ſprach er, Wi 
ganze Nacht ein Chaos wild durcheinander ſtreitender Stimmen und ein unflg 
liches Geſchrei“. Abaͤn ben Taghlib erwähnt, daf ein Mann, welder Ef ir 
Waͤdiy Borhut zur Nachtruhe eingekehrt war, ihm Folgendes geſagt habe: I 
hörte die ganze Nacht hindurd) fortwährend den Ruf: „DO Duma! DO Dumal 
und da dachte id) an jenen Mann vom Bolke der Bücher (Chriften oder Inden 
welcher ausjagt, daß der König der verdauunten Seelen „Duma“ heiße. 


133) Haura, $ ge die „Zerſtörung“, von der serftörenben Kraft & 
winterlichen Giebäge fo genannt. 


134) Hadfdaryn, ya „die Steine”, alfo Waͤdiy Hadſchen 
das „fteinige Thal’. 

135) Mocyle, us von JLa, „überſchwemmen“; der Widig Dem 
führt zur Regenzeit außerordentliche Waſſermaſſen dem Meere zu. 

136) Sſaͤh, C, die „Niederung am Meere“. Der „ſandige Streu’ 


was die Sranzofen „la plage“ nennen. 


137) Dagr, 35, „Feſtung“. Der Waͤdiy Qacr ift wahrſcheinlich fo P 
nannt von den zwei mittelalterlichen Feſtungen Schibaͤm und Terym, 
bereits Idryſſy erwähnt. 


138) Ghofar, von is „bedachen“, alfo „Stadt der Dächer“. 


139) Ghitamm, bs, „mare magnum“, bier natürlich im bildlich 
Sinn für „große Ebene” oder „Wüſte“. 


140) ®horaf, SE, Plural von —* coenaculum. 


zu U. v. Wrede's Reife in Hadhramant. 289 


141) Schibaͤm, ‚Li. Nach Yiqut (Jacut ed. Wiüftenfeld, III, 247) 


es vier Orte, welche diefen Namen führten: 1) Schibim Kaufebin eine 
reife weftlich von Gan'a, auf einem hohen Berge gelegen, zu dem nur ein 


ger Weg führt. 2) Schibaͤm Sſochaym, — dreizehn Paraſangen ſüd 


h von Gan'i. 3) Schibam Haraͤs,; — zwei Tagereiſen weſtlich von 


d. Endlich 4) Schibaͤm in Hadhramaut, eine der zwei Hauptſtädte Hadhra 
t8, deren andere „Terym“ if. Diefes Schibim, mit dem wir e8 allein 
zu thun haben, ift oft mit dem erften der vier Schibaͤm, mit dem Schibam 


keban, —E verwechſelt und die unzugängliche Yage des letztern auf 
erftere bezjogen worden, jo von Maqryzy (M. de valle Hadhramaut, ed. 
P. Berlin, Bonn 1866, p. 7 et 18) und von Idryſſy (ed. Jaubert, T, 
43—152), welder zwar fein Schibaͤm ausdrüdiih Schibän „in Hadhra- 
t nennt, aber deſſen Lage doch fo fchildert, daß wir bei feiner Beſchreibung 
an das Schibaͤm Kaukeban des Yaͤqut denken können. Auch der Umftand, 
Idryſſy die Entfernung Schibäms von Maͤrib ale nur vier Zagereifen be- 
end angiebt, während die Stadt in Hadhramaut wenigftens zehn bis zwölf 
ereifen davon entfernt ift, dürfte auf derjelben Verwechſelung beruhen, denn 
angegebene Entiernung paßt vet gut auf Schibam Kaufebin, wenn wir 
men, daß in Gebirgsgegenden die Tagereifen (nad) dem Mafiftab der Ent⸗ 
ung iu geographiichen Graden) fehr Hein ausfallen. Daß das Schibum in 
hramaut ohne Zweifel mit dem Sabota oder Zaubatha der Alten identifd), 
de ſchon in der Einleitung erwähnt. Im Mittelalter hieß die Stadt Schabwa, 


& oder Schabut, . und unter dieſem Namen führt fie Yiqut an 
r andern Stelle an (Jacut ed. Wüftenfeld, III, 257). Die Stelle lautet: 
 Häyil fagt: Schabwa war eine Stadt der Himyariten, und als diefe mit 
Madſhidſch Friegten, wanderten die Leute aus, und nad, ihnen wohnten da- 
k Hadhramauter und von diefen wurde erft die Stadt „Schibim‘ benannt. 


'Urfprung diejes Namens war, daß die Stadt vorher „Schibäh”, sus 


us ıft Hier nicht Finale), hieß und daß das „h“ für das „m“ als Schluß. 
Habe ausgetaufcht wurde (d. h. aus Schabwa wurde erft Schibah und daraus 
er Schibam). Eine andere Uebergangsepoche in der Ausfprade diefes Nantens 
iquet die Lesart des Maqryzy (M., a.a.D., ©. 32), welcher „Schibwa“, 


“ vocalifirt, eine Variante, die in der Mitte zwiſchen Schabwa und 


zibah ſteht. Bei faſt allen arabiſchen Geographen Heißt es, daß bei Schibaͤm 
Terym zwei Flüſſe fich vereinigen, aber feiner jagt, wohin ſie ihren weitern 
if wenden (Naqryzy, a. a. O., S. 4). Dieſe Flilſſe find ohne Zweifel der 
idin Oagr und der Wadiy Raͤchiye (ſ. Karte). 


I. v. Brebe’s Neiſe in Hadhramaut. 19 


290 Bemerkungen und Ausführungen 


142) Taryfe, Sayb, bie „Schöne". 


143) ‘Äridha, &s,le, die „Weite", 

144) Borr, * Weizen“. 

146) Tyärby, Relativ, von JS, „Staub“, alfo Die „Ghunbiger, 

146) Rädiye, Kal, „weich, fanft“, alfo Wadih Rächige, der „ 
fließende Fluß“. . 

147) Terym, mr dieſes und Schibam find die einzigen Gtäht 
eigentlichen Hadhramant, welche die arabifhen Geographen kennen. | 
¶, 746) jagt, Schibim und Terym waren die Namen zweier Stämme al 
diefen wurben bie beiden Städte benannt. 

148) Scha'be, Kind, „Menge“ oder ein „großer Stamm“. 

149) Tſohur, „ygb, „Weg in der Mühe“, 


150) Hanan, „Us, „Ueberfluß". 

151) 'Aräba ift ein öfters vorfommender Eigenname. "Aräba ben 
ben Oaydhy, der zu Mohammed's Zeit Iebte, wär vom Stamme Ab 
Kahlan ben Dahtän., 


152) Ma'dudy, Relativ. von Oyar, das „Gezäßlter, vielleidt 


„Heer“. 


zu A. v. Wrede's Reiſe in Hadhramant. 291 


159) Sfowayg, Dim. von ige „Markt. 


160) Marämwä, 55! ,‚ nomen loci von sy „Waſſer ſchöpfen“; alfo 
va „der brunnenreiche Ort”. 


161) Homayſcha, Dim. von KAS, „bie Verfammlung”; alfo etwa 
ne Heine Gemeinde”. . 


162) Monaygyra, Dim. von pe „ausgegraben, „ausgemeißelt”, 
ı Fem. 

163) Bender oder Bander ift fein arabifches, fondern ein perfifches Wort 
ns wird oft für „urbs, portus, locus‘ gebraudit. 


164) Gahwa, 5. 2, „in terra sequali scrobs, in quo aqua est”, 
Ne Bedeutung bezieht fich jedenfalls auf eine fumpfartige Lage, in der das 
leſſer feinen Ausfluß bat, und trifft nach Wrede's Befchreibung bier ein. Gahwa 
Ina Yäqut (III, 235) ein erhöhter Ort oder hohes Gebäude in oder bei 
ser Stadt. 


165) Mongir und Negr, beide vom Berbum ya „erforichen‘‘, das 
fe des adj. verb. activum IV, yüs „der Erforfcher”, da® andere das nom. 
ionis I, ya „bie Erforfhung‘‘, doch bildlich hier aud) flir „Erforfcher‘ ftehend. 


or 

166) Ah qaͤf, list, Plural von [a&>, „arena obliqua‘. Nach Yaqut 
laeut ed. Wüftenfeld, I, 154) giebt es bei den Arabern darüber, welche Oert 
chleit eigentlich unter „el Ahqaͤf“ zu verftchen fei, drei verſchiedene Verfionen. 
Rad der einen wäre el Ahgdf ein Waͤdiy zwifchen Oman und Mahra, nad) 
er audern eine Wüſte zwijhen Omuin und Hadhramaut, nad) der dritten eine 
jögelegene Sandftrede über dem Meerbuſen von Schihr gegen Yemen zu 
egend. Yägut bemerkt, daß alle diefe drei Anfichten fich fehr gut vereinigen 
em, denn in der That ift el Ahqaͤf eine große „Ichiefe Sandebene‘‘, die fid) 
im Rorden von Hadhramaut und Mahra zwifchen Yemen und Omaän binzieht. 
re genauen Grenzen find uns aber noch ein Räthjel. Nad) einer Tradition, 
weihe Yäqut erwähnt, ift in der Wüſte el Ahgaf eine Höhle, in welcher der 
Prophet Hud begraben liegt. (Auch das von Wrede genannte Dabr Hud liegt 
ya; im Norden von Habhramaut, nad) Einigen ſchon in der Wüſte el Ahaäf.) 
Des Grab des Hud in der Wüſte el Ahqaf wird von Yäqut auf folgende fabel- 
haſte Weife befchrieben: Einſt fam ein Mann von Hadkramant zu "Alyy (dem 
Echwiegerſohn des Propheten) und diefer fragte ihn nad) dem Grabe des 
Propheten Hud, worauf denn der Mann erzählte: In meiner Jugend z0g id) 
einn mit mehrern Gefährten aus in die Wüfte, um fein (des Propheten Hud) 
Grab zu fuchen, und wir famen in das Yand el Abgif und bei uns war ein 
Bean, der die Gegend kannte; da gelangten wir an einen rothen Sandhligel, 
in welchem viele Höhlen waren, und wir drangen im eine derfelben ein, welche 


19* 


292 Bemerkungen und Ausführungen 


zu U. v. Wrede's Reife in Hadhramaut, 293 


a von der Bruſt ausgehend, und ein einziges Bein. Als mich nun diefer 
menfch .erblidte, da rief er: „Ich rufe Gott und Dih um Hülfe an!“ ' 
agte ich den Jünglingen: „Laffet ihn frei!‘ Aber fie antworteten: „O, 
Did nit durch feine Worte bewegen, denn er ift uns zur Speife be- 
at. Jedoch ließ ich ihnen keine Ruhe, bis fie ihn freigelaffen hatten. Da 
7 davon, eilig wie der Wind. Als nun am folgenden Tage der Mann, 
em ich wohnte, feine Tiiener fragte, ob fie auf der Jagd geweſen feien und 
KRaffnäff gebracht Hätten, antworteten fie: „Wohl hatten wir es gethan, 
Dein Gaftfreund hat ihn wieder freigelaflen. Da lachte mein Wirth und 
: „O, er hat Dich angeführt!" Darauf befahl er ihnen Morgen wieder 
die Jagd zu gehen, und ich ſprach: „Ich gehe mit ihnen‘, und er erwiebderte: 
ne es!“ So braden wir dann am folgenden Tage mit den Iagdhunden auf 
famen an einen großen Sumpf, wo wir bie in die tiefe Nacht hinein 
en. Plötzlich Hörten wir eine Stimme fagen: „O Abi Midſchmar (Name 
nen Rafinäff)! Der Morgen röthet fi ſchon und die Nadıt ift vorbei, 
Jäger aber nahe, und Du trägft Schuld daran!" Er antwortete: „Zei 
ı und verurfadhe feinen Schreden! Da fandten die Slinglinge die Hunde 
te (die Nafinäff) und ich ſah Abi Midſchmar, wie die Hunde ihn faßten, 
rad er: 

„Wehe mir in meinem Unglück! 

Mein 2008 ift Trauer und Weinen; 

Berfolgt mich nicht, o ihr Hunde! 

Und hört meine Stimme und habet Mitleid. 

Zu jeßiger Zeit ergreift ihr mich, 

Denn ihr findet mid hinfällig und ſchwach. 

Wär’ ic) noch jung, ihr befiegtet mich nicht, 

Ihr kämet dann felbft um oder liefet mid frei.‘ 
&o Hang feine Klage. Da erreichten fie ihn und padten ihn. Als der 
gen Lam, bereiteten die Leute den Aba Midihmar als einen ſchmackhaften 
en. 


— ⸗— — —— 


Erſter Anbang 
an 


u v. Wrede's Reiſe in Hadhramaut. 


— — — — 


Ueber die Könige und Völker Südarabiens 


bearbeitet 


von 


Heinrich Freiherrn von Aaltzan. 


Außer der obigen Befchreibung feiner Reife hat Wrede nod) 
tereffante Mittheilungen über die Stämme der von ihm durchreiften 
Inder Hinterlaffen, die wir hier überfichtlich geben. Auch die Könige- 
1“ von Denen, welhe Wrede dem Manufcript von Choraybe ver- 
met, verdient wohl hier mitgetheilt zu werden. Um ihr relatives 
erdienft näher zu beleuchten, habe ich ihr die befannte Königsliſte 
m Gauffin de Perceval an die Seite gefeßt. Die Königslifte von 
adhramaut ift jedoch etwas ganz Neues, und nichts bisher Veröffent: 
hes kann dabei zu Rathe gezogen werden. Diefer erſte Anhang 
m Wrede’fchen Reiſe enthält alfo folgende Haupttheile. 

A. Lifte der Könige von Yemen nad) Wrede mit vergleichenden 
inblic® auf die Lifte von Cauſſin de Perceval. 

B. Lifte der Könige von Hadhramaut: 

C. Lifte der Beduinenftämme in Hadhramaut, Beny "Ya, Ha- 
dar und Hamum. *) 


*) Aus Nüslichfeitsgründen ift in diefen Anhängen zu Wrede's Werk bie 
Sreibweife der Namen fo mobificirt, daß Ur dur |, J dagegen durch 3 
edergegeben wird, da es ſich in diefem wiſſenſchaftlichen Theile nicht um 
anläre Schreibart handelt und die Deutlichleit dadurch gewinnt. 


298 Erſter Anhang. 
A. Königslifte von Yemen nad Wrede und Cauffin de Perceval. 


Ueber bie Könige und Völker Sübarabiens. 


299 


ben’ Orayb. 


9 


Ya’for ben 
Maͤlik. 


Aſmaͤ. 


Dſchabbaͤr. 


9 | 600 


10 | 8596 


12 | 540 


14 | 497 


| Da'for war nad) Wüften- 
feld ein Sohn des Malit 
db. Härith b. Morra b. 
Odad b. Zayd b. Yaſch⸗ 
dſchob b. Aryb b. Zayd 
b. Kablan ſtammt alſo 
vom 5. Konige ab. 


Wahrſcheinlich Bruder des 


Ya for. Bei Wuſtenfeld 
kommt ein Amr als Bru- 
ber HYa'for's vor. 


Bei Wuſtenfeld ſteht blos 
el Mo’ aͤfir (ohne No maͤn). 
Bei Wrede iſt Zohayr 
ber Sohn, nicht der Enkel 
Ayman’®. 


Bei Wrede ſteht DODrayb, 


bei Wuſtenfeld Aryb, 
offenbar derſelbe König. 


Abyan foll ein Bruder 
Orayb's gewefen fein 


(nad) Eauf. de’ Berc.). 


Bei Wüftenfeld ift Qatan 


ein Sohn bes "Auf ben 
Orayb, alſo ein Enkel, 
nicht ein Sohn bes 8. Kö⸗ 
nige vach Wrede. 


300 


Königsname nad 
Wrede. 


Dſchaydaͤn ben 
Datan (fehlt bei 
Yäqut, II, 275). 


Ei Ghauth ben 
Didaydan (bei Yü- 
qut EI Ghauth ben 

Datan). 


Waͤyil b. el Ghauth. 


Abd Schams ben 
Waͤyla. 


Affuär (eg Cawar) 


ben "Abd Schams 
(der Dſchoſcham des 
Naqut?). 


Dfu Yagdom ben 
es Gawar (der 


Mo awiya bes 
Yäqut?). 


de. 


8 
=) 
se 
a 
—ùm e 
u u 





ee 


10 


11 


aus Nedſchraͤn. 15 | 464 

Der 2. König 

von den Ufur: | „. 
patoren aus 16 | 431 
Nedſchraͤn. 

Der 3. Ufur- 17 | 398 


Le — — — | — ſ — — 


13 


Abd Schams. 18 | 365 
Der 4. Ufur- 
pator. 19 | 332 
Der 5. Ufurs 
ſur 299 


Königename 


nad Cauſſin 
de Berceval. 


Ein Ufurpator 


Erfter Anhang. 


ceval, 


Jahreszahl nad) 
Gauffin de Per» 


pator. 


pator. 


Bemerkungen. 


Wrede's Lifte fährt im 
Folgenden noch bie Red 
fommen Hamayfa's ed 
Könige an, während md 
Cauſ. de Berc. eine Ark 
von Ufurpatoren im bube 


herrſchte. 





El Ghauth heirathete neh 
Wrede eine Tochter Die 
l Darnayn's, bie erſt ueh 
el Ghauth's Tod beit 
Nachfolger gebiert. 





Wrede fchreibt zwar Be 
yil, aber offenbar maf 
hier nad) Yäqut, II, W 
Wäyla berichtigt werdet 





Plötzlich ſtimmen wieht 
beide Liften zuſammen 
Abd Schams unterbruf 
die Reihe der Uſurpatora 
bei Cauſ. de Perceval 





Er Gawar, bei rt 
Affuär gefchrieben, finde 
fi) in Wüſtenfeld's 8° 
gifter ©. 160. 





Im Manufcript von Che 
raybe Heißt es, daß iM 
Hagdom’s Zeit der Pro 
phet Joſeph, Sohn Je 
tob’s, gelebt habe. 


Ueber die Könige und Völker Sübdarabiens. 301 


A 


302 


Erſter Anhang. 


ber die Könige und Volker Südarabiens. 803 


304 


Erfter Anhang. 


Ueber die Könige und. Boller Sübarabiend. 305 


Iuhe’s Bteije In Babframant. 20 


306 


Erler Auhars 


Ueber ‚die Könige und Völker Südarabiens. 397 


20* 


308 Erfter Anhang. 


Bemerkungen zur Wrede'ſchen Königelife. 


Diefe Pijte bietet nur in ihrem erften Theile ‚(bis zu Big 
Intereffe. Der zweite, d. h. die ganze Königsgeſchichte nah Ch 
Geburt (die nad) Cauſſin de Berceval in Bilgiye’ Regierungt 
fältt) ift fo außerordentlich. nahläffig und lückenhaft behandelt, 
ihr jeder Werth abgeht. Zuerft ein Sprung von dem 33. auf 
43. König und zwar zu einer Zeit, wo nach Cauffin de Bero 
nod) gar feine vücke vorhanden ift, denn Schammir Ya'rofd; (bei ® 
Schamrir) ift der directe Nachfolger von Yaſir Yo'nim oder 
nöam. Dann, trog alfer Lücken, ein ununterbrochenes Weiter 
der Könige, ſo daß Tobba‘ unmittelbar auf Schammir folgt, og 
ſechs Könige zwifchen Beiden waren. Noch auffallender ift, daß 
Mo’ähir direct nad) "Abd Koläl aufgeführt wird, obgleich acht 2 
zwiſchen Beiden kamen. Diefer zweite Theil der Wrede'ſchen Lift 
alfo durchaus werthlos. 

Nicht fo jebod der erfte Theil. Derſelbe ift inſofern h 
intereffant, als ung Wrede's Liſte in ununterbrochener Reihenfolg 
Genealogie der Hamayſiten, Nachkommen von Hamayfa', ibn Hir 





Ueber die Könige und Völker Sübarabiens, 309 


ganz aus, als ob die Wrede’fche Lifte zur Verherrlichung eines der 
Ipätern Herrſcher, etwa des Härith oder bes Hobäd, die von Ha— 
inayfa‘ abzuftammen behaupteten, verfaßt fei und den Zweck gehabt 
Babe, alle deſſen Vorfahren als Könige erfcheinen zu laſſen, während 
fie in Wirklichkeit wahrfcheinlich nur Prinzen, mächtige Stammes: 
häuptlinge und Dayls eines Theils von Yemen waren; dagegen aber 
alle Fürften aus der himparifchen Nebenlinie, wie den 6., 7., 8., 9., 
10, 11., 12., 13. und 14. König der II. Lifte zu ignoriren, ebenfo 
wie die ſechs Ufurpatoren aus Nedfchrän, deren drei nad) Cauffin de 
Perceval vor, drei nach "Abd Schams regierten. Was dieje ſechs 
Uſurpatoren betrifft, deren Namen Cauffin de Perceval nicht angicht, 
fo ift es übrigens auffallend, daß auch die Wrede’fche Liſte ein In- 
terreguum von ſechs Fürſten kennt, die fie zwar an einer andern 
Stelle anführt, die aber allem Anfchein nad) diefelben fein dürften, 
wie die fechs fremden Fürſten bei Gauffin de Perceval. Denn es 
erhellt auf den erjten Blick, daß die ſechs Fürften der Zwiſchen— 
dunaftie, welche die Wrede’fche Lifte giebt, nicht an die Stelle ge- 
hören, welche fie auf diefer Lifte einnehmen. An diefer Stelle ift 
gar feine Lücke vorhanden (da Härith der 28. König, der Sohn 
Scheddaͤd's des 20. und der Bruder Wäbica’s, des 21. Königs ift), 
alfo die Ausfüllung einer ſolchen (und nun gar durd) ſechs Negierungs- 
folgen) eher ein Hinderniß, das uns nur verwirren fan, wenn wir 
mit zu dem Ausweg greifen, die fämmtliche Zwifchendhnaftie an eine 
dere Stelle zu verfegen. Cine hier zu berüdfichtigende Lücke findet 
fh aber nur an einer einzigen Stelle, nämlich in der Lifte Cauffin 
de Berceval’s bei den fech8 ungenannten Ufurpatoren, deren Zahl genau 
mit-der der Könige aus der Zwifchendynaftie bei Wrede zufammen- 
finmt. Der Umftand, daß die Wrede’fche Lifte an diefer Stelle 
feine Lücke Kennt (wie fie denn überhaupt in ihrem erften Theile, bie 
zu Yilgiys, Keine einzige hat), kann uns nicht ftören, da ja diefe Liſte 
mehr ein Gefchlechtsregifter der zur Erbfolge berufenen legitimen Ab- 
Bimmlinge des Herrfchergefchlechts, als eine Aufzählung der wirklich 
zur Herrſchaft gelangten Könige zu fein fheint. 


310 Erſter Anhang. 


Nach dem Qamus führten zwar nur die Könige von da 
und Hadhramaut ben Zitel Tobbe‘. Da nun ber ae ml 
Zwifchenfönige nad) der Wrede'ſchen Lifte Tobba‘ ibm Zug Wh 
der erfte der ſechs Ufurpatoren der Lifte Eauffin de Peralt 
Nedſchran kam, fo müffen wir vorausjegen, daß ber Rebfärim 
oberer ſich der Landesſitte bequemt und ben Titel Tobbe augen 
habe. Ober war vielleicht diefes Wort „Tobba‘ bei ihm wicht 
fondern Eigenname, wie bei Tobba‘ ibn Solahman, von di 
Dämus fpriht? Unter den übrigen Eigennamen dieſer ſechs Zu 
Könige ift übrigens fein ausſchließlich oder nur vorzugsweiſe Hi 
ſcher, der uns zwingen würde, die Wiege diefes Geſchlechts in 
Süden Arabiens, in Himpar, zu ſuchen. Zayd, Haun, ; 
Häfchid find allgemein befannte, fowohl central», als fühe 
Namen. Tälib kommt fogar bei ben Eentrafarabern nod I 
vor, als bei den Yemeniten. 

Der Beiname diefes Königs Taͤlib, welchen die Wrebe'fc 
„Rim“ nennt, Könnte uns vielleicht einigen Aufſchluß über deſſ 
funft geben. Eines der älteften Könige des von Kahlän ftam 
Geſchlechts der Banu Hambdän hieß Riäm, and nad ihm wu 
Tempel auf dem Berge Atwa benannt, den fpäter Dfu Now 








Heber die Könige und Bölker Sübarabiens, 311 


ME Werben ins zwei Generationen zwifchen Tobba‘ ben Zayd und Tälib 
E der Riaͤm, allerdings eine mehr, als in Wüftenfeld’s Tabellen 

Men Bat‘ ben Zayd und Riam. Auffallend ift ferner cine ge- 
\ Mffe Achnlichkeit zwifchen dem Namen des Nachfolgers des Tälib 
An und dem Sohne des Riam der Wüftenfeld’fchen Tabellen. 
F Erfierer hieß Haͤſchid, Iegterer Yafchy', wenigftens lautlich nehejtchende 
j en, die im Munde fpäterer Erzähler zu Verwechſelungen 
führen konnten. 

Da wir jedoch bei Wrede nur Rim und nit Riän finden, fo 
men wir auch annehmen, daß jener Tälid Rim feinen Namen von 
Rahm (vulgo Rim ausgefprocden) führte, welches nad) dem Dämus 
ein Michlaf von Yemen war. 

Die Namen bdiefer ſechs Yemenſiſchen Zwifchenkünige find übrigens 

beinahe die einzige Errungenſchaft, welche wir der Wrede'ſchen Yifte 
verdanken. Alle andern Namen diefer Lifte finden fi) auch in den 
ihon befannten Duellen, deren Angaben Eauffin de Perceval ge- 
Immelt hat, mit nur zwei Ausnahmen, nämlich Diu "Ans, ibn Din 
Yagdom und Amr, ibn el Moltät, der 16. und der 19. König der 
Vrede'ſche Lifte. Endlich findet fid) an Stelle des Achäb ibn Sched- 
bad bet Cauſſin de Perceval, ein Wäbic oder Wäbica, ibn Scheddad 
bei Wrede genannt. Doc find beide Namen wahrjcheinlid nur aus 
extfteliten fehlerhaften Ausiprachen eines einzigen entjtanden, Aus- 
Iprahen, die im Munde verſchiedener Erzähler mit der Zeit jo fehr 
fd vom urfprünglichen Klang und voneinander entfernt hatten, daß, 
als man fie auffchrieb, jeder Ehronift nad) demjenigen arabifchen 
Ramen griff, welcher der von ihm vernommenen Ausfpradhe des 
Namens am nüchften lag, der eine nahm Wäbica, der andere el 
Achäb, welches beides bekannte arabifche Namen find und fo ging 
die Verfchiedenheit, die feither nur im lang beftand, auch in bie 
Shrift über. 


312 Exfter Anhang. 


B. Genealogie der Könige von Hadhramaut nad Bredt 


1) Hub *) (Eber), der Prophet (Mit ihm fei Friede. 

2) Hodun ben Hud (Peleg) erbaute die Stadt Hoden, m 
ſein Grab. 

3) Dſa**) el Amud (die Säule) ben Hodun. Grbam ki 
Stadt Dahdun. Bon ihm ftammen fännmtliche Stäbtebeneiet 
des Habhramant, fowie ihre Sultane, welche ſich ale Wal 
nennen. 

4) Sa’yd ben Yſa el Amud. Liegt in Oahdun begraben. 

5) Nedfchd ben Sa’yd. Gründer der Stadt Mifne, wo fein Ind 

6) Sayban ben Nedſchd, Stammvater der Beduinen Capbin 
Sein Grab auf dem Gipfel des Dſchebel Saybän. 

7) Hafan ben Saybän. 

8) Sadus ben Hafan. 

9) Ya’com el Molk ben Sadus. 

10) Raby'a ben Ya'rom. 
11) Amr el Ahnab ben Raby'a. 


*) Die Araber nehmen an, daß ihr Prophet Hub der Eber der Bibel! 
"den fie Abir nennen. Der Eber der Bibel Hatte aufer Joftan (dem Dah 





Ueber die Könige und Völker Südarabiens. 313 


Stammesliften*) der Bölfer Hadhramauts nad Wrede. 
I. DOaohtäniten. 


Dahtän ben Hub Hatte nad) Wrede 16 Söhne. 
1) Ya’rob **) (eigentlich Yemen). 
2) Hannan (Wrede), wahrſcheinlich Hanän. 
3) Ayman (wahrfcheinlicdh der Dmän des Cauſſin de Perceval, 
dem Ya’rob die Provinz Omaͤn gab). 
4) EI Mäs (Wrede), vielleicht Hamayfa’, den Magryzy als 
Sohn Dahtän’s nennt. 
5) El Mota'ammid (d. h. der feinem Vorſatz Getreue). 
6) Lawi (Wrede), vielleicht Loway. 
7) Maer (Wrede), vielleicht Mahr, Stammvater der Mahriten. 
8) El Azeb (d. h. der Unvermählte). 
9) Manah (dev Götze Manaͤh als Heros, der ſpäter vergöttert 
wurde). 
10) Dſchochom, dem Ya'rob die Provinz Hidſchas mit der Haupt- 
ftadt Mekka gab’ (Magryzy, ©. 19). | 
11) El Moltamis (d. h. der Bittende). 
12) El Allaͤmy (d. h. der Gelehrte). 
13) El Moghtafir (d. h. der BVergebende). 
14) Sältm. | 
15) El Ogamen (d. h. der Taube). 
16) Nahur. 
9 Diefe Stammestifen fiehen mit allen bisher befannten &enealogieen im 
Lirerfpruc). Mitunter ift fogar die Orthographie der Namen zweifelhaft, ba 


Suliche bis jetzt noch nicht vorfamen. In diefem Falle gebe ich fie nach Wrede's 
Screibart mit Sinzufigung von „Wrede in Klammern. 

“) Die Bibel nennt 13 Söhne Joktan's, nämlid) Almodad, Saleph, Ha- 
Imamweth, Sarah, Hadoram, Ufal, Dikela, Obal, Obal, Abimael, Saba, Ophir, 
»awila uud Jobab. Bon diefen hat nur Jarah einige Aehnlichkeit mit einem 
er obigen, nämlich mit Ya rob. Magryzy bagegen nennt 10 Söhne Dahtän's: 
) Ya'rob, 2) ‘Ab, 3) Ayman, 4) Samayfa‘, 5) Hadhramaut, 6) Nä'im, 
)Ghaͤſchim, 8) Solaf, 9) Datämy, 10) Dſchorhom. Bon diefen flimmen nur 
er 1., 3., 4. und 10. mit den Namen der Wreb’ichen Lifte überein. 





Ueber die Könige und Völker Südarabiens. 315 


Sand. Jedanfalls weiß die heutige Tradition der hadhramauter Be⸗ 
duinen Nichts mehr von einem Stammvater „Hadhramaut“. 

Zwei weitere Verſionen führt Maqryzy (Bonn 1866, ©. 18) 
a. Nach der einen wäre Hadhramaut der Name eines Sohnes des 
Ayman, ben Hamayja‘, ben Himhar, des 6. Königs der Wrede'ſchen 
Liſſe. Diefer Hadhramaut wäre aljo ein Bruder von. EI Ghauth. 
Rah der andern Verſion ift Hadhramaut ein Sohn des Zohayr, ben 
Ghauth, ‘ben Ayman, alfo ein Urenkel, nicht ein Sohn Ayman’s. 
Diefer Hadhramaut foll einen Bruder Namens Hadhramy gehabt 
haben. Hier finden wir alfo, daß aud die Lesart Ibn Kelby's 
„Hadhramm“ zur Fiction eines Perfonennamens Anlaß gab, wie 
dam überhaupt „Hadhramaut“ als Perfonenname durchaus unwahr- 
ſcheinlich ift. 

Folgende find nun die at Stammesgruppen der in Hadhramaut 
und angrenzenden Ländern wohnenden Dahtäniten. 

1) Beny Nub, bewohnen größtentheild die Landſchaft el Hadſchar 
ud einen Keinen Theil der Landichaft Beny "Ya. Diefe Stammes: 
gruppe hat folgende Unterabtheilungen. 

a) Bä Kaſchwyn. Zählen etwa 3000 Seelen, bewohnen den 
obern Theil des Wädiy Ma’yfche, die Wädin el Madin, Ferte, 
Ghewahte, den obern Theil des Waͤdiy Boyut und den nördlichen 
hang des Dichebel Biyr Schyh. 

5) Ba Sa’d. Zählen etwa 4000 Seelen, bewohnen den obern 
Theil des Wadiy Noſman, das weftliche Gehänge des Dſchebel Biyr 
Schyh, den mittlern Theil des Waͤdiy el Boyut bis zum ſüdlichen 
Abhang des Dſchebel Ghowayte. 

c) Baͤ Schaybe. Ein Stamm von etwa 4000 Seelen, wohnt 
m norbweftlichen Abhang des Dfchebel Ghowayte bis zum Ent: 
ſrhungspunkt des Wädiy Hafar und in den Thälern, welche in den 
bern Theil diefes Wädiy münden. 

4 Bi Dſchahhm. Etwa 4000 Seelen ftart, wohnen im untern 
Theil des Wadiy Hafar und im Wädiy Haſſh, Gaghyr, Gafrä und 





Ueber die Könige und Völker Südarabiens. 317 


Hadſchar von Mebäha bis zum Räfj Hardſcha, den ganzen weſtlichen 
Wädiy Mayfa'a und die in denfelben miündenden Thäler. Er zer- 
fälkt in folgende fünf Unterftämme. 

a) Bü Waddaͤ bewohnen mit etwa 3000 Seelen die Küfte von 
Medaͤha und Bä el Haff. 

b) Solaymäny. Diefer Stamm hat eine Stärfe von etwa 
6000 Seelen und bewohnt den Wädiy Araͤr und die Tihäma von 
Bä cl Haff bis zum Raͤſſ Hardſcha, inclufive Sähun. 

c) El Ahmady. Zählen etwa 5000 Seelen und bewohnen den 
weftlihen Wädiy Mayfa'a von Sähun bis Soggoma und die Wädiy 
Hamräa und Hädhenn. 

d) Es Sälemy. Ein ftarter Stamm von 9000 Seelen, bewohnt 
ven Wädiy Mayfa'a von Soggoma bis Nagb el Hadſchar und die 
Seitenthäfer. 

e) El "Adfemy.*) Zählen etwa 4000 Seelen, bewohnen bie 
Wädiy Mayfa'a und "Ycän oberhalb Nagb el Hadſchar. 

3) Bü No’män. Dieſe Stammesgruppe bewohnt den nord⸗ 
Ötlichen Theil der Landſchaft el Hadſchar und einen Heinen Theil der 
Angrenzenden Landichaft el Dſchauf und zwar die Gegend von Habbän, 
Fodſchy Alyy und Bä el Horr. Ihre Seelenzahl mag etwa 20,000 
betragen. Da Wrede ihr Stammesgebiet nicht bereift hat, jo Fannte 
er nur die Namen, nicht aber die Wohnorte der verjchiedenen Unter- 
Obtheifungen der Bü No'män. Diefe Namen find: 

a) Bent Labahit (Wrede), wahrjcheinlih Beny el Bähith. **) 

b) Bi Dſchanaf. 





wahby entficht Dfiyayby. Der Wolfsname war immer ehrenvoll bei den Arabern. 
gab wohl zu der Sage Anlaß, die Magryzy anführt, wonach ein Bol diejer 
d, bie Sayar, die Fähigkeit, fi) nad) Belieben in Wölfe zu verwandeln, 
(Maqryzy, Bonn 1866, ©. 19). 
N Ein BPerfonenname Adſem ift nicht belannt, wohl aber nennen der 
(&. 1661) und Yäqut (III, 626) einen Wädiy in Nemen, Namens 
Adſem, über deſſen genauere Lage fie aber nicht das Geringſte ſagen. 
”) Bahhath ift ale Eigenname befannt. Baähith dürfte ähnliche Bedeutung 
Sehen, d. 5. der „Srforfcher, Nachſpürer“. | 





J 


Ueber die Könige und Völker Südarabiens. 319 


vr Qothaͤm bis Dabr Hud und foll vom Nahur, dem 16. Sohne 
Oahtaͤn's, abftammen. Ihre Geſammtzahl foll 30,000: Serien be- 
tragen. Die Wohnorte der fünf Unterſtumme Tonnte Wrede im Ein- 
zeinen nicht ermitteln. Ihre Namen find: 

a) Malaͤrim (d. h. die Edlen). 

b) Solaymän. 

e) Haynan. 

d). Doktän. 

e) Bi Amr. 

Von den drei folgenden Gruppen konnte Wrede nur die Haupt⸗ 
namen, nicht aber die Namen der Unterſtämme erfahren. 

6) EI Aſwad. Dieſe Stammesgruppe foll 12,000 Seelen 
Hblen. Bewohnt den obern Theil des Wädiy Hadſcharyn und den 
intern bes Wäbdiy Odyme. 

7) El Mahfuz. Diefe Stammesgruppe hat eine Stärke von 
ungefähr 10,000 Seelen und ihre Wohnfige im untern Theil des 
Waͤdin Hadſcharyn, von Meſchhed Alyy bis Hawra. 

8) El Aräba. Wohnen mit 6000 Seelen im obern Theil 
des Waͤdiy Dagr, von Hawra bis Dothäm. *) 


IL Hobduniten. 


Bon Hodun (Peleg, Fälegh), dem zweiten Sohne bes Propheten 
Dur (Eber), ftammen drei Hauptgruppen und 36 Nebenftämme ab. 
Die find übrigens nur die Beduinen, welche Hoduniten find, ftammes- 
Weile verzeichnet. Außer ihnen wurden aber im Manufceript' von 


— — — 


VDE Namen diefer das eigentliche Habhramant bewohnenden Stümme 
Basen gar keine Achnlichkeit mit denen, die Maqryzy den Völkern Hadhramauts 
Er nennt folgende Stämme: El Baräwibfche, EI Dialähime, Eth Tha- 
, Beny Aby Malik, Beny Mofallim, Beny Ibn er Rabya und Beny 
Gefejrabfei (Magryzy de valle Hadhramaut ed. Paul Berlin, Bonn 1866, 
B.90). Nur bie Beny Ibn er Rabya laſſen ſich auf einen von Wrede an- 
efligetess: Ahnen: zurückführen, nämlich Raby'a ben Ya’rom, den 10. König von 
Sebframaut (f. oben B, 1). 


Ueber die Könige und Völker Südarabiens. 321 


1) Aäwire.*) Ein jeder diefer beiden Stämme zählt ungefähr 
BO0D Seelen. Sie bewohnen gemeinſchaftlich die Wädiy Maͤdſchid, 
Beirah, el Matäne, el Af, Dahme und den untern Theil des Waͤdiy 
Nirith. 
k) Dſchahaͤtfime. **) 

l) Ootham und 

m), Matämile. ***) Dieſe drei Stämme, von denen jeder etwa 
RO Seelen zählen mag, bewohnen gemeinfchaftlicd den obern Theil 
s Waͤdiy Rayde ed Dyn und die auf diefer Strede in ihn mün— 
nden Nebenthäler. 

n) Ahl ei Hayit}), 

o) Haͤlile FF) und 

p) EI Bahäbide. FFF) Ein jeder diefer drei letztern Stämme 
Hit kaum 2000 Seelen. Sie bewohnen gemeinfchaftlicd) die Kleinen 
eitenthäler zwifchen dem Wädiy Doän und dem Waͤdiy Amd. 

2) Edſ Dfiahiyn. Frt}) Zweite Stammesgruppe der hodu⸗ 


*), Afawire, ein aus dem Perfiihen ſtammendes Wort, welches „Reiter“ 
d zwar vorzüglich eine perfifche Keitergattung bedeutet. Vielleicht weiſt der 
ame auf eine Stammestradition aus der Zeit ber Perjerherrihajt in Yemen 
a (ähnlich wie der Name Ebniü), denn jetzt Hätte ex feinen Sinn mehr, da 
fe Stämme keine Pferde haben und die Araber Kameelreiter oder Efelsreiter 
cht „Ajawire” nennen. 

**) Das beißt „die Großäugigen“ oder die „mit hervorragender Pupille 
erſehenen“. 

282) Dieſer eigenſchaftliche Name ſcheint ein Plural von Moſtatmil oder 
Rontamifl, welches etwas Aehnliches bedeuten dürfte, wie Matmal oder Tamyl, 
.h. der ſich die Haut mit Del, Blut oder Harz einſchmiert, eine bei manchen 
ehuinenftämmen berrichende Sitte (Dümus S. 1293). 

+) Ahl (das Bolt) el Hayik (dev Weber), alfo das „Bolt des Webers”, 
zahrſcheinlich wegen der Fertigkeit der Beduinenfrauen bdiefes Stammes im 
Beben der befannten groben Wollendeden. 

tr Der „Ihwarze” (Stamm). Hälife iſt Yemininum wegen Dabyle 
Stamm), was in Gedanken ergänzt werden muß. 

HH) Bahäbihe, Plural von Bahbahy, d. h. „ein Mann, deſſen Geldbeutel 
uw dans offen iſt“, alfo ein gaftfreier Mann (Oaͤmus S. 365). 

FM Ef Dfahiyn, d. 5. „die Glänzenden“. 

u Beife In Badframant, 21 


322 Erſter Anhang. 


nitifchen Bebuinen. Bewohnen den Wädiy Rayde ed Dim von! 
Bereinigung mit dem Waͤdih Rayde es Sowahde bis zum 1 
Amd. Die Wohnorte der einzelnen Unterftämme, deren im € 
acht, Konnte Wrede (mit Ausnahme der des Stammes Bi 
Sadus) nit ermitteln. Die acht Unterftämme find: 

a) Bi Omm Sadus bewohnen, 9000 Seelen ftark, den 
Rayde ed Dyn gerade unterhalb feiner Vereinigung mit dem 
Rayde ef Sowayde. 

b) Bã Yomin *), 4000 Seelen, 

c) Bü Dſchohahm **), 4000 Seelen, 

d) Bü Sowaydän, 3000 Seelen, 

e) Bü Karyb, 2000 Seelen, ungefähre Schä 

f) Bä Hanän, 3000 Seelen, x 

g) Bã Elyäs, 2000 Seelen, 

h) Abärife ***), 1500 Seelen, ' 

2) El Hamum. Dritte Stammesgruppe ber Hoduniten 
Stärke diefer Stammesgruppe ſoll 48000 Seelen betragen. 
wohnt die gleichnamige Provinz von der Mecresfüfte bis 
Grenze von Habhramant. Sie zerfällt in 13 Unterftäinme 
Wohnfige im Einzelnen Wrede nicht ermitteln konnte. 


Ueber die Könige und Völler Südarabiens. 323 


e) Bayt ba Kali, 
H Baht Fobih. 
" 8) Bayt el Ahenediye. 
H) Bayt Därife. 
i) Bayt Herr. 
k) Bayt Halam. 
)) Bayt Bü Waly. 
m) Eſch Scha’amla‘. *) 


=) Scha'anla' gefhrieben, aber Scha amla’ geſprochen. Das Wort bedeutet 
ıgus, procerus”. 


a1? 


‚3 


- 


Zweiter Auhang 
zn 


Lv. Wrede's Reife in Hadhramaut. 


— — — — 


Himyariſche Inſchrift don Obnt 


von 


Heinrich Areiherrn von Walban. 


Die fünfzeifige himyariſche Inſchrift der Mauer von Obne, welche 
rede im Jahre 1843 entdeckte und copirte, erſcheint hier meines 
ziſſens zum erjtenmale *) in getreuem Facſimile nad) des Reiſenden 
gener Copie, welche feinem übrigen handfchriftlichen Nachlaß bei- 
degt war. Unbekannt war fie freilich den Orientaliften bis jetzt 
eineswegs geblieben. Es müfjen mehrere handichriftliche Copieen der- 
elben eriftirt haben und den Gelehrten zugänglich gewefen fein; we- 
nigftens finden wir einzelne Theile der Infchrift mehrmals citirt; 
.B. von Profeffor von Ewald in Hoefer's Zeitfchrift für die Wiffen- 
haft der Spradhe (I, S. 306) und in fehr ausgedehnter Weife von 
dem ausgezeichneten Erforſcher himyariſcher Epigraphif, Ernft Ofiander, 
welcher der Wiffenfchaft Leider zu früh entriffen wurde. Letzterer 
richt ſich jelbft (3. D. M. G., Bd. X, ©. 32, Note) über die 
At und Weife aus, wie er zum Beſitz einer ſolchen Copie gelangte. 

Ebenſo ſcheint aud) bis jet noch nirgends eine vollftändige Er: 
Mürung erfchienen zu fein. Daß der Entwurf einer foldhen fich im 
handſchriftlichen Nachlaffe Ofiander’s befinde, wurde mir von Herrn 
Prof. Levy, der fi) durch die Bearbeitung und Herausgabe eines 





*, Die Infchrift wird zwar in einer franzöflfchen wiffenfchaftlichen Zeit: 
Mrift (F. Lenormant, Comptes rendus des seances de l’Academie des In- 
sriptions, 1867, p- 124) als ‚veröffentlicht‘ bezeichnet, aber, wenn eine ſolche 
Inblilation ſtattgefunden hat, fo war fie jedenfalls auf fehr wenig Exemplare 
beihränft, von denen nie eines nad) Deutfchland gekommen zu fein fcheint. 
Selbſt franzöſiſche Gelehrte konnten mir darüber keinerlei Auskunft ertheilen. 

Anfrage au Herrn Lenormant ſelbſt blieb ohne Erwiederung. 





Himyariſche Inſchrift von Obne. 329 


jagen, entdeckt. Die Ruinen einer uralten Baute, welche ſich in 
jenem Thale befinden, führen im Volksmund den Namen Dig el 
Dbne, obgleich fie, wie Wrede ſich durch Augenfchein überzeugte, 
nicht die Reſte eines Feſtungsſchloſſes, fondern die einer Mauer find, 
welche quer buch das Thal gezogen ift und im Weiten über einen 
nicht fehr fteilen Berg geht (ber den Waͤdiy Obne auf diefer Seite 
begrenzt), dagegen im Oſten an einer tiefen, wie ein Graben geftalteten 
Schlucht endigt, an deren entgegengefegter Seite eine Anhöhe fehr 
ſteil abfällt. Diefem öftlichen Ende gegenüber zieht ſich von der er- 
wähnten Anhöhe eine fchmale Schlucht nieder, welche auch durd eine 
Mauer gefchloffen ift, an der man am Boden ein vierediges Loc) 
Zum Abflug des Regenwaffers gelaffen hat.*) Die Höhe der großen 
Mauer ift 6,92, die Breite 6,8, die Länge 67 Meter. In der Mitte 
des Thales ift ein Thorweg, der augenscheinlich nie bededt war, von 
1,64 Meter Breite. Cs find jedoch Anzeichen vorhanden, daß die 
gelegentliche Schließung diefes Thorweges durch eine Thüre beabfichtigt, 
Wenn auch vielleicht nie ausgeführt worden war. **) An deffen füd- 
lichem Ausgang auf einem langen Quader in der öftlichen Wand be- 
findet fich die fünfzeilige Infchrift. Ueber die Größe der Schrift: 
Zeichen giebt uns Wrede feinen Auffchluß. 

Wrede fchreibt diefer Mauer einen feitungsartigen Zweck zu. 
Er ſah ſich aber umfonft nach den Reſten eines Gebäudes um, in 
welchem die Garniſon diefer Feftung gewohnt haben könne. Doch 
dermuthet er eine folhe Beftimmung bei einer andern Ruine, welche 
er auf dem Wege nad) Obne und ziemlich weit von letterer Oert— 
lichkeit entfernt gefehen hatte. 

Wenn aud) ein ſolcher Feſtungszweck wohl ſchwerlich in Abrede 
geſtellt werden Kann, fo dürfte doch die Vermuthung nahe liegen, die 
Mauer Yönne zugleich eine ähnliche Beſtimmung, wie der berühmte 
0 


9 Die vollfländige Beichreibung der Mauer möge man oben (Cap. V, 
S. 149) nachleſen. 

) Man ſehe darüber Wrede's Beſchreibung der am nördlichen Ausgang 

Thorweges nachweisbaren Steinmetzarbeit (Cap. V, S. 150). 


330 Zweiter Anhang. 


Damm von Märib, gehabt haben, d. h. die Aufftauung und da 
gelegentliche Ausftrömenlaffen der Wafler, welche bie Giefbäde d 
Hochgebirge Hier fammeln mußten. Dennoch fehlen mad Birce 
Befchreibung der Mauer alle nähern Anzeichen eimer folden 8 
ftimmung und auch in der Infchrift felbft wird ihrer nicht gebad 
wohl aber und zu wieberholtenmalen bes feftungsartigen Zwei 
derfelben, wie wir unten fehen werben. 


Charakter der Schriftzeien. 


Wie faft alle ung bekannten himyariſchen Schriftbenkmäler, 
zeichnet fi auch die Wrede’fche Infchrift durch Deutlichkeit m 
Schönheit der Zeichen aus. Ya, fie gehört fogar, was ihre da 
führung betrifft, zu dem volfendeteften biefer epigraphifchen Da 
mäfer und darf in diefer Beziehung wohl den Bronzetafeln des & 
tiſchen Muſeums an die Seite geftellt werden. 

Die Form der Zeichen ift in den Grundzügen diefelbe wie « 
den genannten Bronzetafeln. Das Reſch hat jedoch weder die hal 
treisförmige, noch die gewundene Form, fondern die eines nad la 
offenen ftumpfen Winfels, unter welcher es ſchon aus der XLIII.9 
ſchrift bei Fresnel *) und der 13. (auf Tafel 12 in 3. D. Mt 





Himyariſche Iuſchrift von ‘Obme. 331 


nähert ſich der Schriftiypus der Wrede'ſchen dem der genannten 
13. Juſchrift mehr als dem irgend einer andern uns belannten 
und differirt merfwärbigerweife fehr auffallend von dem der Infchrift 
Don Hi el Ghoräb und zum Theil auch von dem derjenigen von 
agb el Hadſchar. Jede diefer drei in der Provinz el Hadſchar 
gefundenen Infchriften zeigt ihre unterjcheidenden Eigenthümlichkeiten, 
werd nähert ſich keiner der beiden andern, fo daßz wir den Gedanken 
am einen propinziellen Schrifttypus in Bezug auf fie aufgeben müſſen. 
Auch die eine der in London befindlichen Infchriften, als deren Fundort 
Man wohl Hadhramaut annehmen Tann, nämlih die 29.*) in 
Dfiander's Abhandlung über die Infchriften des Britifhen Muſeums 


‚weit in den Formen des Schin, des Vav und des Thau von der 


Wrede'ſchen ab, nähert ſich ihr jedod) in der Form des Reich. 

Bei diefem Mangel eines provinziellen Schrifttypus und aus der 
geringen Zahl der in Hadkramant, Beny Yſa und el Hadſchar ge- 
fundenen Schriftdenktmäler könnten wir ung verfucht fühlen, zu folgern, 
dag die himyarifche Sprache als Schriftſprache in diefen Provinzen 
nie vecht heimisch geworben fei und daß die himyariſchen Schriftdent- 
mäler, welche wir dafelbft beobadjten, meijt den Eroberern aus Yemen 
Oder ihrer im Lande zur Herrfchaft gelangten Nachkommenſchaft zu: 
äufchreiben fein möchten. Was num die Wrede’fche Infchrift im Be— 
\ondern betrifft, fo muß uns die auffallende Aehnlichkeit ihres Schrift- 
iypus mit dem der 13. (Taf. 12)**) des Britifchen Muſeums 
zu der Vermuthung leiten, daß beide einer und derjelben Periode an- 
gehören. Kine nähere Verwandtſchaft fcheint jedoch zwifchen ihnen 
Richt zu beftehen. 


Deutung der Zeichen. 


Mit einer einzigen Ausnahme ift die Deutung der Zeichen der 
Vedde ſchen Inſchrift ganz dieſelbe, wie die der übrigen himyariſchen 


2. D. M. 8. Bd. XIX, S. 238 und Tafel 26. 


“*) Ich citire diefe Infchriften in der Ordnung, wie fle in Oflander’s Ab⸗ 
heidiung, J. D. M. G., Bd. XIX, aufgeführt find. 


332 Zweiter Anhang. 


Denkmäler, d. h. wie cin Zeichen auf biefen gelefen wird, fe 
es auch auf jener gelefen werden. Die Ausnahme wurde fen 
Oſiander *) conftatirt und ſcheint feinem Zweifel zu unterliegen. 
felbe betrifft das Zeichen #, welches auf allen audern Iafdyrifen 
? (arabifd) 5) gedeutet wird, hier aber an Stelle des auf biefer 
fhrift ganz fehlenden 3 (A, &) fteht. Da diefe Subftitutien 
die Erflärung der Wrede'ſchen Inſchrift ſehr wichtig ift, fo vi 
hier Oſiander's eigene Worte über diefelbe wiederholen: 

„Anders verhält es ſich (in Bezug auf den Buchſtaben mi) mi 
der Infchrift von Wrede. In den fünf Zeilen dieſer hiumariſa 
Schriftprobe, die zudem noch manche Lücken hat, findet ſich das Zeihel 
& allein ſechsmal; und zwar dreimal ganz entfchieden in Eigemaiken; 
3. B. Zeile 1, a8, Zeile 2 umd 3, basim. Erinnert und au 
ſchon die beiden Eigennamen gemeinſchaftliche Silbe an den bei Fremd 
öfters wicberfchrenden Eigennamen Tarym (3.8. XIL—XIV.nfm) 
fo ift vollends merkwürdig die Form nitbö (in Zeile 5), die a 
einer Stelle, wo wir entfehieben ein Zahlwort erwarten, wo ed fi 
wie das folgende pin zeigt, um die Angabe von Monaten handel 
nichts anders, als das Zahlwort „drei“, bezeichnen Tann und de 
fonftigen nad = nnbn entfprechen muß; woraus ſich dann m 





Himyariſche Inſchrift von Obne. | 333 


des Verfaſſers, nicht fo ſehr voneinander abwichen, theils daraus, 
af die Iufchrift nicht mehr dem Stammſitze des himyariſchen Volkes, 
ſendern bereits einem weitern Kreife angehört; wie denn aud) die 
Eprache derſelben ihre fpecififchen Eigenthümlichkeiten zu haben Scheint.“ 
Dadurch, daß in biefer Infchrift das gewöhnliche Zeichen für 
(5) eine andere Bebeutung hat, müßte, fo follte man denken, viel- 
keit fire Diefen Lautwerth ein neues, bisher unbefanntes Zeichen ftehen. 
Rah einem folchen fieht man fich aber umfonft um, wenn man nicht 
etwa die leichthin mobificirte Form des T (5) in Zeile 1 als eine 
eigene felbftftändige Form anfehen will; vielmehr fcheint auf der 
Vrede ſchen Inſchrift für die beiden verwandten Lautwerthe 7 (5) und 
!(Yuur ein einziges Zeichen zu ftehen, dasjenige, welches auf den 
Übrigen Infchriften dem 3 (5) allein entſpricht. In den meiften 
dällen muß zwar diefes Zeichen auch hier als 3 (5) gedeutet werden, 
aber die Beifpiele fehlen doch nicht, wo wir ihm feinen andern Werth 
als den des 7 (5) beilegen Können (ſ. weiter unten Zeile 3 und 5). 


Lefung der Infdrift. 


Wir laffen nun zuerft die Tranfeription der Infchrift mit den 
einmal in ähnlichen Fällen hergebrachten hebräifchen Zeichen folgen 
(Obgfeich die arabifchen fich hierzu vielleicht beffer eignen würden) und 
derfichieben die Ueberfegung bis nad) dem Schluffe unferer Erklärungen, 
nach dem Vorgange Ofiander’s, der auch zuerft die Tranfeription, 
dan die Erklärung und zuletzt die Ueberfegung der von ihm gedeuteten 
duſchriften zu geben pflegte. 

1. 
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2. 


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19 | Dasp | ymına | 32] yon. 5 | on | ap5I | nbp | yrnap> 


334 Zweiter Anhang. 
3% 
[ana | män | mn | ymaprn | nbp | aa | Yon | mm | m. 
a | yon | namen | nmax | ya | aan | porn | usınn |s 
4 
| ar | yanesz | apy | So | 989 | omp | ym....ıle 
ps | D7n | 29903 | 32° | mobi | yenımı | gen | yrenaı|yı 
6. 


| 75 | was | 325 | ass | Daps | me | 0254 | man | am]. 
brnwaTox | maaı | ioya | arme | nAbe | gran | on | dr 


Erfte Zeile. 


Wie die bedeutungsvolle größere Form der Zeichen dieſer 
und der weitere Zwifchenraum zwifchen ihr und der folgenden zu 
rathen fheint, fo bildete fie wahrſcheinlich eine Aufſchrift, weld 
kurzen Worten auf den Zwed des Denkmals hindeutete. Im i 
heutigen Zuftand zeigt fie (ungefähr in der Mitte) eine durch 
legung des Steines entftandene Lücke von etwa 14 Zeichen, in w 
Lücke jedoch wieder vier vereinzelte Zeichen erkennbar find, ni 
won nad) den erften drei fehlenden Zeichen, dann einmal alfeinf 





Himyariſche Inſchrift von ‘Ohne. 335 


angehören, welche, wie Ofiander anderwärts *) bewiejen hat, im 
Himyariſchen die Stelle des arabiſchen Tanwyn vertritt. In einer 
Rote zu der oben citirten Stelle (a. a. D., Bd. X, ©. 53) bemerkt 
Ofiander: „die Infchrift von Wrede beginnt mit | w. an>& (nad) 
dem Folgenden wohl wnns6 zu leſen). Sollte diefe Form nicht 
im dem arabiſchen IN Erklarung finden?“ 
Diefe Bemerkung Ofiander’s fteht mit dem von ihm felbft (Frei- 
lich fpäter) aufgeftellten Grundfage im Widerfprud), wonad die Mi- 
Nation im Himyariſchen nur beim status absolutus ftehen Tann, 
ganz wie im Arabifchen das Tanwyn.**) Das folgende Wort kann 
alfo ſich nicht im Genitivverhältniß unter Ku unterordnnen, wie dies 
bei Ur der Fall fein würde. Ehe wir aber nad) einem andern 
Berhäftnig für die beiden Wörter zueinander forfchen, unterfuchen wir 
zuerſt, was wir denn aus dem zweiten machen fünnen, von dem wir 
Nur einen einzigen Buchſtaben, das » am Schluffe, kennen. Halten 
ir die Ergänzung Ofiander’s zu i feft, jo ergibt fid) ums in der 
Bedeutung diefes Wortes im Aethiopifchen ein brauchbarer Anhalts- 
Punkt. Bon der Wurzel ZAP: haben wir dort das Adjectiv CA-P : 
Mit der Bedeutung „instructus, compositus, constitutus”, Hier 
ergiebt ſich freilich die Schwierigkeit, dak das & am Schluffe fid) in 
unferm himyariſchen Texte nicht findet. Diefe Schwierigkeit ift im 
arabiſchen u) (von um), welches „‚firmus et immotus consistens” 
heißt, nicht Ssrhanben, Das Alif polungationis pflegt im Him— 
hariſchen nicht geſchrieben zu werden, denn das himyariſche x ver⸗ 
tritt meiſt nur die Stelle des arabiſchen Hamza. Somit könnten wir 


das arabifche Ye, als Adjectiv hier gelten laſſen, aber die Bedeutung 
dürfte fich doch dem obigen äthiopifchen CAP » nähern. 
Die Bedeutung der beiden Worte wäre alfo u) „X, d.h. 





)3.D.M. G., Bd. XX, S. 225 fg. 
*) Oflander, a. a. D., Bd. XX, ©. 227. 


Himyariſche Inſchrift von Obne. 3837 . 


iſt. Letzterer wird aber gl geichrieben, hat folglich mit yr nur 
den letzten Buchſtaben gemein, und außerdem noch den Diphtong mehr, 
als dieſer. Diphtonge wurden aber im Himyariſchen ſtets ausgedrückt. 


Biel eher möchte ich jm für ein nom. act. von y> (barmherzig 
fein) Halten. Im Arabiſchen lautet freilich diefes nom. act. „„L> 
(Barmherzigkeit), aber es find bis jegt im Himyariſchen Feine Beiſpiele 
son nom. act. der Form es vorhanden, vielmehr ſcheinen Die 
meiften von der Form M zu ſein. Dieſe Form würde im Arabiſchen 
5 lauten (das 5 des Quͤmus paßt gar nicht hierher) und daſſelbe 
Bebenten wie „Us, d. 5. Barmherzigkeit, Mildthätigfeit, Wohl- 
Thätigfeit. 

Ordnen wir nun diefes jo gewonnene nom. act. dem vorher 


gehenden adject. verbale unter, fo erhalten wir mit zugezogenem 
Enbject: 

+ . 6.) 
welches wörtlich überfeßt lauten würde: 

Donum constitutum misericordiae. 

Wir dürfen jedoch nicht wörtlid) „„misericordiae‘ überfegen. 
Nur derjenige Genitiv, welchem die Araber die Kraft der Präpo- 
fition * beilegen (den ſie ge ‚A Le nennen), hat unfere ge- 
wöhnliche Genitivbedeutung (und auch dieſer nicht immer). Einen 
ſelchen Genitiv würden wir hier vermuthen, wenn er von Ki ab- 
Bingig wäre, was aber nicht ift. Hier haben wir es dagegen offen⸗ 
bar mit einem Genitiv zu thun, welder die Kraft der Präpofition 
Jin ih ſchließt AL ZA Lo). Dem arabifen Sprachgeiſt 
ſchwebt hierbei die Bedeutung „ju“ vor, alfo „zur Mildthätigkeit“; 
im Deutfchen müffen wir aber die Präpofition „aus“ und im Latei⸗ 
niſchen „in“ zu Hülfe nehmen. Alfo: 

„Donum constitutum in pietate‘‘ 

U. Wıce’s Reife in Babframaut. 22 


338 Zweiter Anhang. 


oder im Deutſchen: „Ein Geſchenk geftiftet aus Wohlthätigkeit‘‘, mit 
andern Worten: „Eine wohlthätige Stiftung‘. 

|| 2... Das zweite Zeichen in Y177 ift hier offenbar nicht 
das gewöhnliche T, da c8 cinen Mittelftrih mehr Hat, als das 7 in 
üblicher Form, und wir dürfen es wohl für das verwandte T (5) an- 
fehen, befonders da diejes auf unferer Infchrift nicht unter feiner 
üblichen Form % erfcheint. 233) wäre der Plural des arabifchen 5 
(locus elatior, ubi planities aut depressius solum est, ut reti- 
neatur aqua). 195) wirde alſo heißen „der Sohn der Hoch⸗ 
thäler“. Diefes 2) „> ift wahrfcheinlich von dem vorhergehenbers 
> ur) 6 abhängig nnd zwar wieder als Genitiv von der Kraf 
der Präpofition J. Wir dürfen es alfo wohl in der Bedeutung „Für 
den Sohn der Hochthäler‘, d.h. für die Bewohner der Hochthäle — 
fefthaften. Für fie war die Mauer von Obne wirflid eine woh 
thätige Stiftung, da fie ihnen Schuß gewährte. 

...amp|.. Offenbar haben wir es hier mit der VIIL ara” _-. 
Conjugation zu thun, was jchon Prof. v. Ewald, der diefe Infhrem it 
kannte *), bemerkt hat. Der Stamm ift oıp, arabiih IS, von den 
freilid) in dem Arabifchen Lexicon die VIII. Conj. nit vorfonnemmt, 
ebenſo wenig im Aethiopifchen die diefer Konjugation entjprechermmmöe 
Form FTP, fondern von den Reflerivpaffiven nur die Ze 
V. und VI. arab. Conj. entfprehenden Form FpRan ı ud FILM: 
Die VII. Conj. hat bekanntlich entiveder Paffiv- oder Refler vb⸗ 
bedeutung, vorzugsweife die erftere. Die verfchiedenen Bebentungg 
von „AS find jedody alle ſolche, daß ſich nicht leicht ein Paffiv, Dat 
es nicht blos der Form, fondern auch dem Sinne nad ift, dawon 
denken läßt. Selbſt die V. Gonj. AS Hat in ihrer Bebeutuung 
praefectus fuit, praccessit u. ſ. w. wieder einen activen Sinn er⸗ 
langt. Es bleibt aljo Nichts übrig, als hier an eine Reflexivbedeutung 


! 


*) Hoefer's Zeitfcehrift flir die Wiffenfchaft der Sprache, ©. 800. 








Himyariſche Inſchrift von Obne. 339 


im denken und zwar an das Reflexivum der II. Conj., welches allein 
äinen brauchbaren Sinn abgeben würde. An Beifpielen, daß bie 


VIII. Gonj. das Reflegiv der II. bildet, fehft es nicht, z. B. Ey 
efudit (aquam) und Ezöl ‚ effudit (aquam) sibi ipsi; ses, 
advocavit; seo, arrogavit sibi, appellavit se. 


Da nun eine ber Bedentungen der II. Conj. von eds, „Pro- 
Posuit” ift, fo würde das Neflerivum „proposuit sibi” für die 
VII. einen paffenden Sim abgeben. Vielleicht dürfen wir hier 
jedoh ganz einfach die Bedeutung der äthiopifchen Form FPRamı 
(der Steigerungsftamm der IIL Conj.) fefthalten, um fo mehr als 
Dillmann (Lexicon aeth., p. 461) dieſe Form auch im Sinne des 
einfachen Stammes der III. Conj., alfo für F$R&amı, der VIII. 
Arad. Eonj. entjprechend, anführt. Diefe Bedeutung wäre prae- 
Venire, praevertere, was wir in Verbindung mit der Gründung 
der Mauer etwa mit „den Grundſtein legen“ überſetzen dürften. 
Wahrſcheinlich ſtand das Verbum hier im Plural, da die folgenden 
Eigennamen wohl das Subject dazu bildeten. Wir müßten alfo nınp 
au aınp vervollftändigen. An diefe 3. Perſon Plural. Bräter. 
müffen wir dann noch das Pronominalfuffiz, entweder 17 (Oftander, 
a. a. O., XX, 242) oder jene eigenthimliche dialectifche Nebenform 
DO (a. a. O., XIX, 248), von der wir auch in unferer Infchrift 
Beiſpiele ſehen werden, ergänzen, da dem arabiſchen Sprachgebrauche 
gemäß das Object (welches hier > Um) Lö ift), wenn es vor 
dem Verbum fteht, nad) demfelben in Accufativform repetirt werden 
map. Es ift Fein Grund vorhanden, anzunehmen, daß die VIII. Conj. 
hier einen andern Caſus als den Accufativ regieren müßte. Im Gegen- 
theil macht es der Umftand, daß die uns befannte V. Conj. defjelben 
Verbums auch den Accuſativ regiert, wahrſcheinlich, daß dies auch bei 
der VIII. der Fall ſein konnte. 
Mit den oben gewonnenen Wörtern „eine Stiftung der Wohl- 
thetigkeit“ und „für den Sohn der Hochthäler“ würde fi) alio das 





Himyariſche Infchrift von Obne. 341 


3 
AXIX, XLVI und LVI. x ift offenbar das arabifhe of 
(Bater) und da 55d als himyariſcher Name feftfteht, fo hatten wir 
& ol (dev Vater des Yathi“ oder Phi). Im Arabiſchen kennen 


Bir als Eigennamen 3 (Dämns 1113), ar (Wüftenfeld, Re— 


sifter, S. 259) und al (Dämns 1113). Die beiden erftern mit 
dem Idhaͤfa an T angehängt, würden ai oT ergeben. Nun ift 
Aber die Verbindung durch das Idhaͤfa im Himyariſchen nicht die 
Regel, fondern die Ausnahme. Gewöhnlich ift die Verbindung der 
beiden Beftandtheile eines Cigennamens eine viel engere, als die durch 
das Idhaͤfa bewirkte. Oſiander fagt darüber (a. a. O., Bd. X, 
S. 52): „Bei der großen Mehrzahl der Eigennamen fcheint bie 
Nordfemitiiche Weile der Zufammenfegung vorzuherrfcdhen, wonach die 
beiden Beftandtheile auch in der Bildung zufammenfließen, was fid 
im Himyariſchen ſchon auf den erſten Blick auch durch das Fehlen 
des Trennungsftriches zu erkennen giebt.” Deshalb braucht es uns 
Mächt zu ftören, wenn bei der engern Zufanmenfegung im Himyari⸗ 
ſchen ein Halbvocal verkürzt worden und aus er ot das fürzere 
geworden ift. Letzteres wäre fogar ganz nach den Regeln, 


nenn wir den obengenannten arabifchen Namen El Yathy (Dä- 

mus 1113) Hier annehmen, da in ihm fein Diphtong, fondern nur 

ein [anger Vocal iſt und lange Vocale im Himyariſchen in der Regel 

Nicht geſchrieben wurden. Unſer Name würde alſo wohl Abyathi‘ *) 
A vocalifiren fein. 

rioana | WÄR | ma | 
Solche Nebeneinanderjtellungen von Wörtern einer und derjelben 
Wurzel in verfchiedenen Formen, wie wir fie hier in warn | on 





*) Im Arabifchen giebt es kein Tanges i ohne ya, deshalb kann das hier 
beſolgte orthographifche Syſtem, welches im Arabifhen ya durch y (nie durch i) 
wiedergiebt, das i entbehren. Nicht fo für das Himyarifhe, wo wir fomohl 
farzes i, als langes i ohne ya haben und das Ya nur entweder conſonantiſch 
oder ale Theil eines Diphtongs auftritt. 


{ 
342 Zweiter Anhang. 4 
Haben, feinen im Himyariſchen beſonders befiebt geweſen zu Ic. 
fo finden wir B. M. 8 (Taf. 7) z.B. op | oıpna; 13,8 
warn | mann; 16, 7. wban | abo, und von lehteret 
Wurzel noch fünfmal *), 29, 6. nmban | br u. f. w. 

Zuweilen finden wir aud) genau diefelbe Form wiederholt, 2. 
Br. M. 13, 4. nöm | nm; 14,9. D7 | 097. Das gegenfeig 
Verhältnig der beiden ähnlich, Tautenden Wörter ift faft in jeder de 
obigen Nebeneinanderftellungen ein anderes. 

Die Form aa, mit dem gewöhnlichen Bronominalfuffig vr ede 
ns ftatt des Hier deutlich lesbaren, feltenen ©, kommt auf da 
Infhriften des Britischen Mufeums mehrmals vor, z. B. 8,7 
van; 8, 11. 12, 10. mann; 35, 5. mtramm. Sie wird, ge 
wiß mit Net, von Dfiander für den status constr. von or 
äußerer Plural von ha, gehalten. Diefer Plural im status oonst 
wäre he d. 5. „bie Männer“, mit angehängten Pluralſuffir, „ih 
Männer“, d. h. „ihre Stammesgenoffen“. Die Form mx finden wi 
in denfelben Infchriften 5, 3, yarmarz fie entfpricht nach Oſiande 
dem arabifchen ze „Stammeshäuptling“. 

Das w am Schluß beider Wörter iſt ohne Zweifel das Pre 





Himyariſche Juſchrift von Obne. 343 


Die beiden 1 am Schluſſe hält freilich Oſiander für Abbreviaturen 
von folennen Formeln, welche jo allgemein bekannt waren, daß fie 
nit ausgefchrieben zu werben brauchten. Aber da w für ı7 fteht, 
lo dürfte die Annahme, daß io eine Nebenform von mr fei, nicht 
infinnig erfcheinen. Abbreviaturen irgend wo zu vermuthen, wo fein 
ganz beftimmtes Anzeichen vorliegt, muß immer vermieden werden. 
Ih Habe freilich noch eine andere Vermuthung über diefes 7, 
nämlich die, daß es für das enklitifche Wa fteht, welches ſich im Aethio- 
pifchen in der Bedeutung des lateiniſchen „que“ am Schluffe der Nomina 
findet. Auffallend ift jedenfalls der Umftand, daß in beiden Fällen, 
it denen diefes 71 vorkommt, nämlich Br. M., 29, 7 und hier, am 
Anfange des. Wortes dem Sinne gemäß eigentlich ein „und“ ftehen 
müßte. Doc find der Fälle noch zu wenige, um hierüber zu be- 
ſtimmten Schlüffen zu beredjtigen. 
oma | DR würde alſo nach dem Dbengefagten heißen: „ihr 
Häuptling, ihre Männer” oder „ihr Häuptling, ihre Stammes- 
genoſſen“. Das erfte Bronominalfuffir könnte auf das vorhergenannte 
Land Hadhramaut, das zweite auf die Geſammtheit, Fürſt, Land 
und alle vorhergenannten Perſonen bezogen werden. 
Nun bleibt noch das ſchwer erklärbare na übrig. Ich muß ge— 
ſtehen, daß ich faſt verſucht geweſen wäre, es durch das hebräiſche 
Da (Männer) zu erklären, fo gut paßte dieſe Bedeutung hierher, 
Wenn c8 mir nicht allzu gewagt erſchienen wäre, das nordfemitische 
Spradgebiet hier zur Hülfe zu rufen. 


Zweite Zeile. 


bonn | bsa | ya | bs |... nm 
Da nad nr wenigftens 3 Zeichen fehlen und hier offenbar ein 
Rom. propr. gejucht werden muß, fo können wir wohl nad) Analogie 
des weiter unten (Zeile 3) vorkommenden Eigennamen basmyT das 
Fehlende durch day ergänzen. Der jo gewonnene Eigenname ift offen- 
bar einer jener mit dx (Gott) zufammengefegten, wie alle femitifchen 
Sprachen fie aufweifen. Aber die Form ser ift jedenfalls dunkel. 





* 
— 


Himyariſche Inſchrift von "Obne. 345 


alſo ganz einfach durch „dieſe“ zu überſetzen haben. Demnach „dieſe 
Schutzwehr der Thäler“. | 

an |aprı.... Das erfte Wort 399 hat wahrſcheinlich eine 
ühnlihe Bebeutung wie das obige maps, was um fo einladender, da 
ja auch im Aethiopifchen die Form O-PMı neben HPNF: in ganz 
derielben Bedeutung vorkommt, d. h. als custodia (Dillmann, a.a. D.). 
Im zweiten Worte "ar müffen wir, wie ſchon Ofiander (in feinem 
Manufeript) fagt, ohne Zweifel den Namen ya>, Hadſchar, welden 
diefe Provinz, deren Feftung Obne war, noch heut zu Tage führt, 
erlennen, nicht aber das äthiopiſche VICE, welches in himyariſchen 
Infhriften zwar vorkommt (z. B. Br. M., 20, 1; 34, 3. 4 md 
dreonel, LIV, 3), aber ftets mit 7, niemals mit mr gefchrieben wird. 
Afo würde "ar |aprı „und den Schu von Hadſchar“ zu über⸗ 
ſetzen ſein. 

Bei dieſer doppelten Bezeichnung, „dieſe Schutzwehr der Thäler 
und den Schutz von Hadſchar““, können wir natürlich an nichts Anderes 
denfen, als an die riefige Mauer, welche dem Thale von Obne und 
der ganzen Provinz el Hadſchar zum Schuß gegen vom Norden ein— 
dringende Feinde dienen mochte. 

| yaarıa | ya | ram. >|... 

Dfiander hat in feinem handfchriftlichen Nachlaß das zweite Zeichen 
zu einem 5 vervollftändigt, ein Vorgehen, das gewiß gebilligt werden 
Wird. Dadurch erhalten wir als das erfte Wort ymınmbs. 57 ift 
Offenbar diefelbe Wurzel, aus der das obige „egte und das weiter 
folgende „gt gebildet find. Im Qamus (S. 1829) finde id) eine 


Notiz, dag ale gleichbedeutend ift mit Br IE, d. h. „er zog ſich 
Aus Furcht zurück“. Ein von dieſem Le nad) Analogie des obigen Kuke 
Kebildetes Nomen würde ge und im st. constr. plur. 
lanten und etwa die Bedeutung „das Zurückziehn aus Furcht‘ oder 
bildlich etwa „„Zufluchtsftätte”, „„Sicherheitsftätte” haben. Das yn 
am Schluffe tft wieder das obige enklitiihe Pronom. demonstr.; 
alfo „dieſe Zufluchtsftätten”‘. 


346 Zweiter" Auhang. 


"na ift gewiß das äthiopifche Nu. : (Land), alfo Yrırıa | 2 
„der Sohn diefes Landes’. Wahrfcheinlicd) im Genitivverhältnig um 
zwar eines Genitivs, der die Kraft der Präpofition J Hat, den 
Borhergehenden unterzuorbnen. Alfo „diefe Zufluchtsftätten für der 
Sohn diejes Landes”. 

by | onıp.... Beinp (das zweite n gehört den Mimation an 
ift entweder an das arabiſche PS (strenuus, audax) oder etwo 
an das äthiopifhe PR-9® 1 *), substant. de loco, „das Vorbere”, 
id quod ante est, pars antica (frons) zu denken. ‘Die particula 
de loco PRk-awı würde zwar hier faft denfelben Sinn geben, aber 
die Mimation könnte vielleicht Schwierigkeiten machen, wenn anders 


wir nicht das Wort adverbialiich als Las auffaffen dürfen. "75% 
wird ähnliche Bedeutung wie nd» haben und fich zu diefem ver- 
halten, wie das obige ap» zu dem vorhergehenden napy. Halten wir 
jedoch die erftere Bedeutung von bp feft, fo ergiebt ſich der Sin, 
„die kühne (mächtige, Starke) Zufluchtsſtätte“. 


Dritte Zeile. 


Die 3. Zeile beginnt mit einer Lücke von 3—4 Zeichen, auf die 
die Buchſtaben na und dann ein Zrennungsftrih folgen. Der Kat 
der Zeile ift intact. Er beginnt mit: 

|nop | a5 | non | mas | Was das erfte Wort betrifft, 1 
ift von den verfchiedenen Notizen des Qämus (S. 1713) diejenige 


hier am brauchbarften, welche er als mit „vocem emisit“ über‘ 
fett. Ein hiervon gebildetes Nomen würde vielleicht die Bedeutung 
„Ausrufsſtätte““ haben, wobei wir an die Warnung vor Gefahr 
durd) den Ruf der Feftungswächter denken Tönnten. 

ar... Die gewöhnliche Bedeutung von —, „ftarl und 
dick von Körper fein, findet hier keine Auwendung. Dagegen trefftu 
wir im Dämus andere Notizen, von denen vielleicht eine brauchbei 


*) Dillmann, Lexicon linguae Aethiop., p. 461. 


Himyarifche Infhrift von Obne. 347 


jein dürfte. So heikt es: ws —8* öl U —, „was von 
Ber Erde aufragt“, alſo vielleicht „ein Hügel“. Hier müſſen wir wohl 
Bilbfich „eine hohe Warte“, einen allwärts in der Umgegend ſichtbaren 
Signalpunkt, annehmen. Das = am Schluffe dürfte, wie Oſiander 
Demerft, für das Pronominalfuffie 17 ftehen, wie ja für 1a an 
ssehrern Stellen (Br. M., 34, 6. u. ſ. mw.) die der obigen verwandte 
Form 1:7 fteht. Oſiander ift der Anficht, daß diefe Form nur beim 
stat. constr. pluralis in Anwendung kommen koönne. Doc brauchen 
wir deshalb nicht anzımehmen, daß, um das "7 anı Plage zu finden, 
au unferer Stelle ftatt mains, mio Stehen müßte, denn das » des 
tat. constr. plur. ift zwar die Regel, fehlt aber in fchr vielen Bei: 
Eyielen, an welche ſich auch unfer maioa reiht. Auf wen fich freilid) 
Biefes Suffix bezicht, ift nicht zu erfchen, da es im Sing. ftcht und 
has Subject (die vorher in der 2. Zeile genannten Eigennamen) eine 
Mehrheit bilden. Vielleicht auf Aarı oder auf yına. 

nbp | w33 | „die Gärten der Thäler“. Wie wir oben gefchen 
Baben, bildet fich ber stat. constr. von u” jo, daß er das 
am Schluffe abftößt und , in 1 verwandelt; eine Bildung, die cbenfo 
wohl an den status constr. als an den status emphaticus dee 
Plurals der Masculina im Syriſchen erinnert, wo aud) das n am 
Schluſſe wegfälft und aus 1 zuerft SZ und dann Tas wird. Das 


arabiſche Ki> fowohl, wic das äthiopifche 737° (beides „Garten“ 
bedeutend) ift freilich feminin und wenn wir den innern arab. Plural 
yü> hier annehmen wollten, fo dürfte das n am Scluffe im st. 
constr. nicht wegfallen, da c8 mater lectionis iſt. Deshalb bleibt 
mr übrig, ein mascul. vorauszufegen, ähnlich dem hebräiſchen 7, 
teilen st. absol. 733 und st. constr. x33 wäre, das Nun wahrjcein: 
&h mit Teſchyyd. nbp als „Thäler“ Haben wir fchon oben gehabt. 

Faſſen wir alfo den Sinn der genannten vier Wörter zuſammen, 
fo erhalten wir: „eine Nusrufsftätte und eine hohe Warte für bie 
Girten in den Thälern”. 


Himyariſche Inſchrift von Obne. 349 


Rännernamen als Zuſammenſetzungswort vorkommt. Richtiger iſt 
enfalfs die Ableitung von >. Der Name GW! iſt nicht be— 
ent, dürfte wahrjcheinlich von rg! (splendor, magnificentia) 
Paaleiten fein, alfo „der Prächtige‘ bedeuten. nanzr hier ale 
* gebraucht, iſt der ſchon oben vorgekommene bekannte Stammes⸗ 
Wer Landesname. 

Torz, Luis, ber Verbündete (ähnlich dem äthiopifchen FOA,N r) 
MR VII. Eonj. von Aus, ein Verbum, das fi im Arabifchen nicht, 
weht aber im Aethiopifchen als nn erhalten hat. Onn bedeutet 


„Hinzufügen“. Foot: (der VIII arab. Con. entſprechend) „ver⸗ 
Binden, verbündet fein”. 


Vierte Zeile. 
n>0m3.... Ohne Zweifel der Name „Mayfa'at“ (nad) heutiger 


Ausipradje Mayfa'a), arabiſch welchen das Thal von Naqb 
d Hadſchar, unweit von Obne führt. Hierauf wäre das obige 
Ui zu beziehen, alfo „und der Bundesgenojje in Mayfa'at“, ein 
Brädicat, welches vielleicht dem obigen Ammſamyn beigelegt werben 
fol, deffen Vaterland dur den AS als Hadhramaut bezeichnet wird. 

Nun folgt ein Wort, von dem nur das 1 am Anfange und das 
enkiitiiche pron. demonstr., 77, am Ende ſich erhalten Haben und 
derauf deutlich 

37 | op | „Es Hat fie (d. h. obige Männer) vereinigt oder 
verbunden Obne“. „73 (unzit) mit dem Suffig der III. pers. 
pluralis und 39 nad) Ofiander der Name des Fundortes der Infchrift, 
nach Wrede Obne gefchrieben, aber in ältefter Zeit vielleicht "Obnay. 

ymnprz | ap> | > |... 

= ift wahrſcheinlich za zu vocalificen und als dſchezmirter 

Ser (Erp. fut. apocopatum) mit Yuffivbedeutung von 385 (aorist 


2%) aufzufaffen. Dieſes heißt unter Anderm aud) impedivit, inhi- 


350 Zweiter Anhang. 


buit oder bildlich „ſchwer zugänglich machen“. ap» ift das oben 
ihon mehrmals vorgefommene Wort, weldies wir als „Schuß“, 
„Scutwehr‘"oder „Schutzwacht“ überjett haben. 

NDR... von LS, wohrſcheinlich das arabiſche KLrs, 
welches in gewöhnlichen Sinne ‚„Hospitalitas, convivium‘‘ heißt, 
aber aud) bildlich, für „Wohnort“ ftehen Tann. m ift das befannte 
Pron. enc. Mit dem vorhergehenden „AS y*29 hätten wir alfo 
hier vielleicht fo zu überfeßen: „und die Schutzwacht verhindere den 
Zugang dieſes Wohnortes“. 

yansı | 1321... und die Söhne, d.h. „die Bewohner dieſer 
Gärten”. 22 st. constr. von 93 plur. von 73, Sohn. wa oben 
Zeile 2 ſchon als „Gärten“ überfet. 

Pro . . . Diefer Wortſtamm ift ſchon in der Form eines 
nom. abstract. nor» (administratio) bei Fresnel (LV und LIND) 
vorgefommen. Die Pluralendung 1 und der Mangel des die Abstracta 
meift Fennzeichnenden n am Schluffe laffen Hier auf cin nom. 
appellativum fließen, deffen Form die eines adj. verb. der II. Eonj. 
Asus fein und deffen Bedeutung dem befannten arabifchen ul 
(minister) entfprechen dürfte. Wir können alfo hier wohl „die Be 
amten“ oder vielmehr (wegen des enflitifchen Pron. demonstr.) „md 
deife Beamten” überfeken. 

ana | 387 | offenbar zwei Aoriftformen eines und befjelben 
Stammes, die erfte in der J., die andere in der VIII Conj. Was 
aber diefer Stamın fei, ift fehr dunkel. Daß das > am Schluffe richt 
zum Stamm gehöre, ift höchſt wahrſcheinlich, da die himyariſche Aoriſt⸗ 
form mit ſchließendem Nun von Ewald und Oſiander (Z. D. M.G, 
XX, ©. 216) erfannt wurde. Als Radicalen würden ung alfo nut 


B- 
x5 übrig bleiben. Aber die arabifchen Wurzeln ‚sIÖ (propulit ex 
melos), ‚std (ad summam mollitiem coxit) wollen ebenfo wenig 


hierher paffen, wie die mit „Id (wovon ein Pflanzenname und ein 
das Sammeln diefer Pflanze bezeichnendes Verbum) gebildeten Wörter. 








Himyariſche Inſchrift von Obne. 351 


Es bleibt uns daher Nichts übrig, als hier den dem Dſal zunächſt 
verwandten Buchſtaben, das Zayn anzunehmen; eine Annahme, zu der 
ung die Eigenthümlichkeit der Wrede'ſchen Inſchrift, welche Fein eigenes 
Zeichen für Zayn befitt, indem das gewöhnliche Symbol deffelben vom 
Tha (>) fo zu jagen ufurpirt wurde, gewiß berechtigen dürfte. Im 


Arabiſchen haben wir nun eine Wurzel h, von der ſich freilich in der 
ausgebildeten Sprache nur ein vierbuchſtabiges, die Wurzel ver- 


doppelndes Verbum 1, erhalten hat. Aber da alle diefe verdoppelten 
Berba (devem Form dem hebräiſchen Pilpel und aramäifchen Palpel 
entfpricht) gewiß im älteften Arabiſch einfach waren, fo hindert ums 
Rihts, bei einer fo alten Sprache, wie dem Himyariſchen, ein cin- 
faches Verbum mit den ſtarken Radicalen ) und » anzunehmen, befjen 
volfftändige triliterale Form entweder eh; (ein concaves, am Schluffe 
hamzirtes Verbum oder »») (ein doppelt hamzirtes Verbum) war, 
dem für die Pilpelformen gültigen Grundfag zu Folge, daß der erfte 
md letzte Radical verdoppelt, der mittlere, ſchwache ausgeftoßen wird. 


Die Bedeutung von Ih, „Schrecken oder Furcht einflößen“, paßt 
enfo gut hier für die I. Conj., wie der Sinn der VIII. (als Re- 
Mexiv oder, was hier faft denfelden Sinn ergiebt, als Paffiv), „ſich 
fürchten‘ oder „von Furcht ergriffen werden“, ganz dem Zwecke unferer 
Erklärung entfpricht. Freilich müßten die beiden Verbalformen ol 
und „ya, wenn fie ſich auf das vorhergehende S040 beziehen 
ſellen, im Plural ftehen, alfo ein 9 oder zwei „ am Schluffe haben 
(1.3. D. M. ©., XX, 217); aber die Fälle kommen doch auch 
vor, wo leßtere zwei ..; in ein einziges (verjtärktes) zufammengezogen 
eriheinen, ja felbft folche, wo fie alfe beide wegfallen, wie Ofiander 
deren mehrere angiebt (a. a. O. XX, 216). Der Modus diefer 


Verbalformen ol und Ber ift gewiß der dichezmirte Norift mit 
Juſſivbedeutung, ähnlich wie beim vorhergehenden * und die dieſem 
Modus im Arabiſchen eigenthümliche Verkürzung der Endungsform 
Uante auch als Erklärung dienen, warum hier die zwei .y, welche 
in Himparifchen als. Endung der III. Berfon Plur. im Aoriſt ftchen 


352 Zweitet Anhang, 


müffen, zu einem einzigen verkürzt erfcheinen, ahnlich wie beim obig 
ar das im Singular fteht, alfo ein haben folkte, dies dm; 
fehlt. Das wäre alfo in unfern beiden Verbalformen 
das Zeichen des Plurals, umd wir fönnten vielleicht ben 
aufftelfen, daß der dſchezmirte Aorift im Himyariſchen das Er 
gewöhnlichen Aorift abwarf. Die Ueberfegung von ed 
wäre alfo „fie follen Furcht einflößen und ſich fürchten“, d. 
Beamten, (gäste, was wohl fo viel fagen will, ale „fe fell 
duch heilfame Furcht alle Eindringlinge und Beſchädiger von da 
Feſtung abhalten, und fich felbft vor den Oberhäuptern fürd 
„damit dieſe nicht Grund Haben, fie der Nachläffigfeit im Died 
zu zeihen“. 

| 3299n3 | 39° | ymobrnn Erſteres Wort, arabiſch le (mu 
cessor fuit alicujus), äthiopifd "Ad. (transiit de loco in locum) 
wird hier vielleicht im Sinne von „abwechſeln, abldſen“ gebramdt mi 
zwar al8 nom. act. ber Forın As. Im 75° Haben wir das ara 
VE (dfegmirter Yorift), das athiopiſche Ei-Fn, d. h. „en fü,a 
finde Statt“ und 319m ift ganz deutlich das arabifche ie (Ach 
Sonnenuntergang), wobei uns ber Umftand, daß 9 hier but | 
wiedergegeben wird, nicht ftören dürfte, denn belanntlich find U 





x 


Himyarifche Infehrift von "Ohne. 353 


Bedentung dürfte wohl hierher paffen, alfo „die Bewäſſerung“, 
da vielleicht bei Errichtung der Mauer von Obne außer bem 
Feſtumgszweck noch ein anderer, auf Irrigation der Felder abzielenber 
beabfihtigt war. Im ori haben wir bdiefelbe Form bes nom. 
act., jedoch ohne daß der ſchwache Sclußradical verkürzt wire. 
Der Stamm iſt sy, nom. act. Sy und der Umstand, daß in 
diefem nom. act. der Schlußradical das Tanwyn hat, während im 
vorhergehenden ER das Tanwyn ſchon auf dem Mittelradical ruht 
und der legte Radical ſtumm ift, dürfte erklären, warum sro im 
Himyariſchen vor der Mimation das ya beibehält, während sd 
8 verliert. Ey heißt die „Zuflucht“ und bie „nächtliche Einkehr“. 
Bahrfcheinkich enthielt das folgende Wort (am Anfange der 5. Zeile), 
welhes auf der Inſchrift durch Verlegung unleferlih geworben 
ft, eine nähere Bezeichnung über das „Wie“ oder „Wann‘ der 
„Bewäſſerung“ und der „nächtlichen Einkehr“ in Bezug auf bie 
deftungsmaner von Obne, etwa folgenden Sinnes: „die Bewäfferung 
md die nächtliche Einkehr gehe ordnungsmäßig vor ſich“. 


Fünfte Zeile. 

| msa | manı | Zwei fehr dunkle Wörter. Das erfte erinnert 
al, ein unregelmäßiger Plural von * (fromme Handlung). Das 
am Schluſſe wäre in dieſem Falle die Endung des st. constr.; doch 
Möchte ich eher hier dem äthiopifchen NLP: (alternatio, alterna vices) 
den Borzug geben und etwa eine Elativform oder einen unregelmäßigen 
Brral deſſelben ANLPs annehmen, um fo mehr als die Bedeutung 
des von derfelben Wurzel gebildeten ANZT: (tempus functionis 
su administrationis cujusvis ofhicii) trefflid) auf die kurz vorher 
genannten (säsı“ paßt. Ja, da die IV. äthiop. Conj. deffelben 
Berbums Ahtnde: die Bedeutung „ablöfen” hat, fo dürften wir 
wohl auch hier an einen ähnlichen Sinn, wie beim obigen ik, 

u. u. Wrede’s Reife in Habhpramant, 23 


354 | Zweiter Anhang. 


denfen. Nur fragt es fi, ob wir ein -Intenfivadjectiv in der Elativ- 
form („der Ablöſende“) oder einen Plural der einfachften Form des 
Nomens ma annehmen follen? Lieber möchte ich jedoch hier an eine 
Abftractbedeutung, etwa im Sinne von ‚die Ablöfung‘ denken und 
zwar an einen jener durch äußern Vorſatz gebildeten NHamensftämme, 
wie fie im Arabifchen zwar urjprünglic von Elativadjectiven gebildet 
wurden, im Laufe der Zeiten aber die abjectivifche Bedeutung ver- 


_.s 
foren und fi) der von Abſtracten genähert haben, z. B. yll 
- 99 - ı® 
(ratio, modus) *), (error), &risl (res optata) u. |. w. 


Man vergleiche hiermit das äthiopiihe AFnd: (Thräne), 
Aüd.C: **) (Leberkrankheit) und andere. Das » am Schluffe des 
Wortes wäre alfo hier Radical. 

Was follen wir aber aus 102 maden? Ein Stamm ni 
eriftirt weder im Arabifchen, nod im Nethiopifchen. ***) Dfiander 
glaubt, das Wort fünne für wam2 (filius eorum) oder vielleicht gar 
für ma (filii eorum) ftehen. ‘Da jedoch zu einer foldhen Voraus⸗ 
fegung bis jest (meines Wiffens) nur ein einziges Beiſpiel berechtigt }), 
in welchem noch dazu der Fall nicht ganz derjelbe ift, indem dort 
zwei ı nebeneinander zu ftehen famen und in ein einziges zuſammen⸗ 
gefchrieben wurden, fo fheint e8 mir gerechtfertigt, für das 1m fee 
pronominale Bedeutung anzunehmen. 1 allein ift aber auch fein 
himyariſches Pronominalfuffiz. Es ift als angehängte Schlußſilbe 
überhaupt nur im Plural des Perfectum und im Nominativ einiger 
Nomina mit äußerm Plural, wie 192, im Gebrauche. Dies wirde 
aber eine Wurzel n33 vorausfegen. Da nun eine folche nicht eriftirt, 
müffen wir das 7 am Schluffe als zur Wurzel felbft gehörig und viel- 
leicht 3 als Präpofition anfehen. Der Stamm 15 mit dem nom. act 


*) Silvestre de Sacy, Grammaire arabe, I, $. 519, S. 193, 
**) Dillmanı, Aetbiopifche Grammatif, $. 113, ©. 191. 
“er, Das “is im Dämus wird nur als ein Sprachfehler anfgeführt und 
deutlich gefagt, daß das Mim zu viel fei. 
d Dflander in 3. D. M. G., Bd. XIX, ©. 240. 





x . 
—— 


Himyarifche Inſchrift von Obne. 355 


* findet fih im Dämus.*) Von den verſchiedenen Bedeutungen 
deſſelben, welche der Dämus unter der Rubrik 95 bringt, 1) cre- 
vit, 2) saturata fuit rubore etc., 3) retulit dietum ad aliquem, 
will feine einzige recht hierher paffen. Da jedod) der Gedanke nahe 
liegt, daß 5* mit „+3 verwechfelt werden konnte, fo fönnen wir 
vielleicht auch die Bedeutungen, weld)e der Dämus uns unter Tekterer 
Rubrik giebt, zu Hülfe nehmen. Gleich die erfte derfelben ift: ignem 
elevavit et saturavit ardoreın ejus. Hierin haben wir wohl die Be- 
jeihnung von „Feuerſignalen“, welche fi) auf die Ablöfung der 
deftungswächter beziehen Iaffen dürften. Halten wir diefe Bedeutung 
feft und nehmen wir als Verbun das obige 712° hinzu, das keines⸗ 
wege wiederholt zu werden brauchte, fo würde fich der freilich Teines- 
wege mit Gewißheit feftzuftellende Sim: „und die Ablöfung gefchehe 
durch Feuerſignale“, ergeben. 
| 992 | onpö | ev | oaan |... 

In B22N ein nom. propr. anzunchmen, wie Dfiander will, 

würde hier durchaus dem Sinne widerfpredhen. Das Einfachfte fcheint 


Mir, es als den Plural (Op)) vor o) (der Herr) anzufehen, denn 
das, ift Hier lediglich Profungationsbuchftabe und wurde im Himya⸗ 
riſchen in folhen Fällen ebenfo wenig gefchrieben, wie das Alif pro- 
lungationis. Da das Tanwyn der Mimation entſpricht, ſo iſt das 


arabiſche C buchſtäblich identiſch mit Da=n. 

dap | "79 | findet ſich bei Fresnel, LV, 2. und pnpo | > | 
Fresnel, LVI, 4. So gewagt es nun auch ſcheinen mag, bei einer 
ſo alten Sprache, wie dem Himyariſchen, bereits die Verwechſelung 
don 'Ayn und Hamza anzunehmen, fo ift doch hier die Aehnlichkeit 
zu groß und wir müffen wohl Oſiander's Bemerkung, daß unfer 
Nö | TR | ganz daffelbe fei, wie das obige Fresnel'ſche prpö| >|... 
und daß das » ſich zu dem nächſtverwandten ſchwächern Kehllaut, 
Hamza, in dialectiſcher Verderbtheit abgeſchwächt habe, als vollkommen 


— —— 


*) Dämus von Caleutta, S. 1957. 







356 Zweiter Anhang. 


begründet anerkennen. *) Die Bedeutung diefes 77 hat Ofiander i hu 
Sinne einer Präpofition „bis zu“ (ſowohl in örtlicher als zei 
Richtung gebraucht) feftgeftellt. 

Das nun folgende dapð ift jedenfalls dunkel. Keine der gei 
wöhnlihen Bedeutungen von ze (colorem rubrum habuit, me! 
titus fuit etc.) will paffen. Vielleicht, daß Hier die Wedentung kt 
abfteacten Subftantivs „ÄS (res faotu necessaria) einiges Ciht ge 
fönnte. Bon biefem ließe ſich ein Abjectio „IzäS denlen, das rm 
die Bedeutung „nothwendig“ oder auf Perfonen angewendet, „er 
zwungen“ haben würde. Diejes „gezwungen“ ließe ſich bildlich ca 
„gehorchend“ auffaſſen und könnte etwa im Sinne von „der Unter 
gebene“ ſtehen. fee 73 bildet feinen Plural In, welches, 4 
das lange U im Himyariſchen nicht geſchrieben wird, und das Tanımya da 
Mimation gleichkommt, der Form nad) genau unferm pıp& entſprich 
Wenn wir bebenfen, baf wir aber in „42, wahrfcheinlich einen Plural vor 
I) der Here), im Pulral Sy), haben und zwiſchen beiden ee’ 
Prapoſition, welche „bis zu“ bedeutet, fo drängt fi) uns von ſelin 
der Sinn: „von den Herm bis zu den Untergebenen“ auf. Wor⸗ 


Himyarifche Infchrift von “Obne. 357 


Britiſchen Mufeums vorkommt. *) 77 von Ls;, welches gleich Leo, 
„glänzen’, „herrlich fein“, „prunken“, ‚Stolz fein‘, wahrjcheinlich ein 
Abjectiv von der Form ua, weshalb das 1 beibehalten ift, ausnahms⸗ 
weile jedenfalle, da fonft das lange I (i) nicht geichriceben wurde. ‘Das 
Wort erinnert fehr an das äthiopiihe Ochs, „Sonne, Sonnen: 
glanz“, das zwar zunächſt ſich an das arabiſche anlehnt, aber 
doch verwandten Klanges und verwandter Bedeutung iſt. 

tarıınd kann ich nur für einen Eigennamen halten und zwar 
deſſelben Urfprung wie das naöbe, womit die IV. Infchrift von 
Sresnel beginnt. In beiden Fällen würde der Name „Deus amplıa- 
vit“ bedeuten. 

o77r7 | „der Herr der Mächtigen ober der Kraft”, 7 das be- 
fannte arabifche „9. BTTF entweder für * (Kraft) oder was wahr⸗ 
ſheinlicher iſt, ſtatt —* Plural von * der Mächtige. 


Alſo „dem Sohne der Sonne, der Glänzenden, Scharahel, der 
dert der Mächtigen”. Da diefer Scharahel früher nie genannt wurde, 
alfo nicht unter den directen Gründern der Mauer von "Dbne erfcheint, 
md da er es doch ift, der die Schlufmwidmung der Inſchrift aus: 
ſpricht, fo liegt es wohl am nächften, anzunchmen, daß er der Ober- 
herr jener unmittelbaren Sründer war, dem die Ehre zufam, am 
Shluffe als Widmer des Werkes an die Gottheit genannt zu werden, 
eme Verinuthung, die durch das Prädicat „der Herr der Mächtigen‘ 
an Dahricheinlichkeit gewinnt. Vielleicht war jener Scharahel identiſch 
mit dem Elſcharach der LV. Inſchrift von Fresnel und beide mög: 
licherweiſe mit einem der drei Aliſchrah, welche in Cauſſin de Per- 
cebal's Genealogie der Könige von Yemen vorkommen. Kiner der 
drei Aliſchrah bei Cauſſin de Perceval hieß mit dem Hauptnamen 
Scorahbyl. Nun wurde aber letzterer nach dem Damus (S. 1475) 





) Man fehe die Abhandfung über den Gott Schams bei Dfiander, 3. D. 
R.Q., XX, ©. 284. 


358 Zweiter Anhang. 


auch mit Scharaͤhhl, , verwechſelt, was offenbar derſelbe 
Name iſt, wie unſer A, denn der Gottname dx wurde bon ben 


Arabern hol gefchrieben und in Zufammenfegungen fiel das Alif weg. 
Wenn Scharahel ein König von Yemen war, fo erklärt fich zugleich 
der Titel „Herr der Mächtigen”, indem er als Oberlehnsherr über 
bie Fürften von Hadhramaut (die obengenannten Haythi el; Daus u. ſ. w.) 
gebieten mochte und andererfeits auch, warum ihm die bejondere Ehre 
zu Theil wird, als Widmer am Schluffe der Infchrift genannt zu 
werden. Wer aber ift der „Sohn der glänzenden Sonne‘? Gewiß 
fein Menfch, da eine ſolche Anfchauung dem arabifchen Götterdienfte 
fern lag. Wahrjcheinlid) nichts Anderes, als der vergötterte Typus 
einer befondern Phafe des Sonnenlaufes, etwa die Sonne bein 
Sonnenaufgang, gleihfam die junge, neugeborene Sonne, ähnlich wie 
bei den Aegyptern Horus und Harpofrates Götter der aufgehenden 
Sonne, jugendlihe Sonnengötter und zugleih Söhne des Sonnen: 
gottes DOfiris waren. Im Bolfscultus mochte diefer „„Sonnenfohn“ 
bon dem „Sonnengott“ ſelbſt kaum unterjchieden werden. 
| man | möya | or | nnbo | gen |] 

Diefer allerdeutlidhite Theil der Infchrift, der das Datum ent= 
hält, wurde zum größten Theil Schon von Ofiander erklärt. vn it 
gewiß Orbinalzahl, das arabifche „U oder 5, Mit dem enfli- 
tifhen Deimonftrativpronomen 771 verbunden, ergiebt fi der Sim 
„dieſen zweiten‘ (wohl den zweiten Tag). nabö, neben uund 
nbn, auf andern Infchriften (namentlicd) den FresnePfchen) vorfommerd, 
ift Hier vielleicht auch Ordinalzahl in der Fenininform KU, „der 
dritte”, ober das n am Schluffe ift Zeichen des st. constr., indem 
das folgende brimr fi dem Zahlworte im Genitiv unterorbnel. 


Dramas ift genau das äthiopifche MB-.72, Plural von @LY, Mond, 
Monat. mör wahrfcheinlid) das arabische er is, „der zwanzigſte“ 


welches im st. constr. im Himyariſchen 55, lauten mußte. m& 
die urſprünglich arabifche Form für „hundert“, weLe, aus der dei 





Himyarifhe Iufchrift ven Obne. 359 


jpätere Sul entftand. Alfo „den zweiten des dritten Monats im 
bundertundzwanzigften (Jahre)“. 

b7a3 DToR | Hier, wo wir ein Wort für „Jahre“ erwarten, 
finden wir dieſen auffallenden Ausdruck. Er befteht offenbar aus 
zwei Hauptwörtern, jedes durch die Mimation abgefchloffen, und das 
zweite von der Präpofition = regiert. 

Das erfte ift Tom. Nehmen wir es in feiner einfachiten, ver- 


breitetften Bedeutung als u, der Löwe, fo frheint zwar auf den 
erſten Blick diefe Ueberſetzung nicht zu pafien, dürfte aber doch aus 
dem Folgenden ſich als weniger parador herausftellen. on halte 
ih für daffelbe, wie das arabifche „m und das äthiopifche N7R ı 
Die wefprüngliche femitifche Wurzel diefes Wortes hatte möglicherweife 
in Sam Schluffe, wie das hebräifche ao (altus fuit), von dem dopðᷣ 
übgefeitet ift, anzudeuten fcheint. Der Umftand, daß es in den andern 
ſemitiſchen Sprachen jetzt durd) » erfeßt ift, braucht ung nicht abzuhalten, 
e8 einer fo alten Sprache, wie dem Himyariſchen, zu vindiciren. Außer⸗ 
dem ſagt der Damus (S. 1825) ausdrücklich ——* — x und 
I ift da8 nom. act. von Leu, welches ganz diefelbe Bedeutung 


Bat, wie das hebräifche a. Beide Wörter por und on ftchen 
bier wahrjcheinlich im Genitiv mit der dem Tanwyn ent|prechenden 


Mimation und würden im Arabifchen al und * geſchrieben 
Worden fein. Da die Mimation genau dem Tanwyn entſpricht, fo 
Kommt fie, wie Ofiander bewiefen hat, ebenfo gut im casus obliquus, 
Wie im casus rectus vor. Der erfte Genitiv würde von man oder 
dielmehr von der ganzen vorhergehenden Datumsbezeichnung, der zweite 
Don der Bräpofition 2 regiert. Daraus erhalten wir die Ueberſetzung 
»,des Löwen im Himmel‘. 

Der „Löwe im Himmel” war ohne Zweifel das Sternbild des 
Löwen und eines der zwölf Himmelszeichen, fchon den älteften Völkern 
befannt. Bielleicht geben uns diefe Worte den Schlüffel zu einer 
Aera des himyariſchen Volles. Wenn eine folhe Aera in Ver⸗ 





Himyariſche Infchrift wen Obne. 861 


im Jahre 490 nad) Chr. Deshalb bleibt Nichts übrig, als den 
Anfeng der Aera furz vor oder binnen diefer Periode zu fuchen, und 
hier möchte ic) cin Ausfunftsmittel vorfchlagen, welches allein die 
Schwierigkeit Löfen kann. Wie wenn wir als den Anfang der Acra 
nicht den Cintritt der Sonne in den Löwen, fondern den Stand in 
der Mitte dieſes Himmelszeichens zur Zeit des Sommerſolſtitiums 
vorausſetzten? Dies würde ung auf das Fahr 160 nad) Chr. führen. 
Das 120. Jahr einer folhen Acra wäre alfo ungefähr das Jahr 280 
nad Chr., d. h. bald nad) der Zeit des "Abd Kolaͤl, des 44. Könige 
von Yemen nad) Cauſſin de Perceval und des 46. nad) der Wrcde’- 
ſchen Liſte, etwa die Zeit des Tobba” ben Hafan und des Härith und 
Marthad. Freilich muß Alles dies nur eine fehr gewagte Hypotheſe 
bleiben, bis einmal untrüglichere Wahrzeichen uns die Chronologie 
der Himyaren enthüllen foliten. 


Ucberfeßung. 
Aufſchrift. 
Eine wohlthätige Stiftung zu Gunſten der Bewohner der Hoch— 
thäler haben ſich vorgenommen .................. Sohn des 
Abhaiht, des Fürſten von Hadhramaut, ..... ihr Häuptling und 


ihre Stammesgenoſſen. 

Zweite Zeile. 
Hahthrel, Alhan, Sohn des Benel und Daus ............. 
(Haben errichtet?) diefe Schutzwacht der Thäler und diefen Schuß von 
Hadſchar, dieſe Zufluchtsſtätte fir den Bewohner dieſes Landes, 
eine mächtige Zufluchtsſtätte ... 

Dritte Zeile. 
. und eine Ausrufsſtätte und eine hohe Warte für die Gärten der 
Thaler und mit dieſer Schutzwacht .... haben ſie Furcht eingeflößt 
in Himyar. Und der Tobba‘ Haythtel und Daus und Amm Samin, 
der Sohn des Abhatay von Hadhramaut und der Bundesgenoffe in 


Regiſter. 


A. Afryqys 304. 
Ahl el Hayik 321. 
chmar 293. Ahqaf (el) 3. 22. 241 fg. 201. 
2. Aitäthiopiſch 31—38. 
:he Habbän. Alyſchrah 304. 
h Ahmeb 53. Alyy ibn Hoffayn 72. 
) Bi Sfudän 98. Alyy ibn Nacr 48. 
amut 253. Amba 61. 
iſys ibn Mohffin 73. Amd 214 fg. 241 fg. 285. 
ud 18. 47. Amhaͤriſch 32—36. 
tanäh 284. “Amir 299. 
Lüdir 98. Amr 312. 
Bühab 26. Amr ben el Moltit 301. 
vähid 19. “Anır ben Tobba‘ 306. 
Jaghuth 285. Amru ben dfu "Ans 301. 
tahmän Bü Dorra 102. Amudy 30. 102. 
306. Andaͤl 227. 
it 306. Anik 204. 
amfj 276. 300, “Ans 301. 
03. 306. Anville (d’) 24. 
idaͤ 39. 277. Aqaba el Mahniye 67. 
it 305. Agaybere 50. 55 fg. 277. 320. 
ryr 44. 275. Aqnaͤb 230. 290. 
9. Araͤba 290. 
2. Araͤk 61. 
94. Aréa 66. 
Ariba 33. 
‚19. 43. Aridha 230. 290. 
22. Arnaud 3. 7. 20. 41. 
| Arr 105. 207. 
4 3185. Arſch 278, 


304. Arſſame 88. 


364 


Aryb 299. 

Aſawire 321. 
Aſchrah 304. 

Aſd 283. 

Aimä 299. 

Aſſnaͤr 300. 

Aſſwyraͤ 86. 

Athl 53. 62. 

Awra 95. 96. 283. 
Ayman 298. 313. 
Ayn Ahwayry 160. 
Ayn bi Mi'bet 160. 


Ayn beny Mi' yin 180. 
Ayn el Shaffäny 52. 278. 
Ayn er Rüff ed Dyn 270. 


Azd 283. 


B. 


Baͤ Amr 204. 319. 
Bib el Mandeb 18. 
Pi Caura 178. 

Ri Dhobayz 316. 
Bi Dorus 316. 

Ba Dſchaͤh 75. 280. 
Bi Dſchahym 316. 
Bi Dſchanaf 317. 
Bi Dſchenaͤn 246. 
Bi Dſchiçaç 97. 288. 


Bi Dihohayın 316. 322. 


Ai Dſchonboq 320. 
Pi Dſibyaͤn 316. 
Baͤ Dyaͤk 318. 

Ba el Haff 170 fo. 
Ri Elyas 322, 

Bi Faqas 316. 
Bagla 46. 275. 
Baͤ Hüfir 178. 316. 
Bä Hallibyn 318. 
Bahaäm 20. 

Bi Hanin 322. 
Bi Haun 302. 
Bahrayn 29. 


Bahr eſſ Sfafy 3. 241 fg. 


34 Karyb 322. 


Regiſter. 


Baͤ Kaſchwyn 315. 
Balhut 287. 288. 

Bi Mardagha 121. 185. 320. 
Bi Maur 316. 

Bander 291.' 

Bi Nomän 317. 

Ba Nogayg 169. 

Bi Omm Sfabuff 115. 322. 
Ba Darrayn 59. 278. 

Ai Dodha’y 318. 

Bi Dorra 108. 

Barahut 287. 288. 

Bi Raſchyd 318. 

Bi Sa'd 315. 

Ba Salib 318. 

Ba Schaybe 185. 192. 815. 
Baͤ Schogayr 228. 316. 
Bi Sohra 108. 

Bi Somwaydan 322. 

Bi Sſa'd 13. 

Ba Sfudan 118. 

Bathaͤ 282. 

Bauwaͤq 52. 278. 

Bi Waddaͤ 317. 
Bawwaͤq, fiche Bauwaͤq. 
Baydhä (1.) 27. 170. 278. 
Bahdhaͤ (IL) 21. 52. 
Baydra 236. 2W. 

Baͤyha 278. 

Ba Yomin 322. 

Bayt Aghraf 322. 

Bayt "Alyy 322. 

Bayt Bü Galih 323, 
Bayt Bi Waky' 323. 
Bayt Gobhy 323. 

Bayt el Ahmediye 323. 
Bayt el Dſchomaymy 322. 
Bayt Ghoraͤb 322. 

Bayt Hakam 323. 

Bayt Horr 323, 

Bayt Tarife 323. 

Bi Zor'a 316. 

Bedaͤ 253. 

Beled BenyYfi 21.2. 3. 101.18 
Beled el Dſchauf 21. 


Regifter. 365 


Hadſchar 21. 23. 101. 132. | Churyan Muryän 40. 


mum 22. 27. Cruttenden 16. 35. 161. 
91. 
hal 138. 164. c 
chadſyma 318. 
ſſan 44. 49. 320. Gabah 307. 
3ahit 317. Gabahän 307. 
ih 134. 178. 815. Gadifiten 29. 
(dfhyy 182. Gafra 206. 
toman 48. Sahah 277. 
Hamlan 224. 227. 318. Gahwa 24. 241 fg. 291. 
ıhir 233. 318. Gälih 113. 283, 
Dr. P.) 289. Gaumahänyn 320. 
304. 305. Gawar 300. 
yy 161. Gidära 281. 
rahut, fiehe B. Borhut. Sily 76. 281. 
Raͤye 52. Gobayh 260. 
rhut 228. 287 fg. Sobdayre 178. 
Haſſy 200 fg. Gughra 20. 
hyh 284. Syra 44. 
277. 288. 
I. 290. D. 
25. 4548. 275. 
4. Dadayl 53 fg. 278. 
op. v.) 2. Dahme 91. 
dt 11. Dahſſ 46. 275. 
Dau’an 283. 
C Daͤuw 46. 275. 
® Daw'an 283. 
ıporium 24. Dayın 186. 
24. Delaͤ 203. 
e Perceval 298 fg. Dhabi 284. 
04. 286. Dhayſſ 280. 
226. Dhyq edh Dhyag 63. 270. 279. 
(Stamm) 52. 102. 121. 185. | Dirys 39. 
Diyn 119. 
24. Do’an 283. 
ıwotiter 24. Dochn 62. 
252. Dompalme 53. 62. 
dh 254. Doqum el Ayffür 92. 260. 
283. Doreni 24. 25. 
277. Doveni 25. 
24. 97 fg. 207. 281. Drummond Hay 8. 
yr 231. 290. Dſchabbaͤr 299. 
7. 110. 281. Dſchahaͤdeme 203. 


366 Regifter. 


Regifker. 367 


€. El Roffufe 254. 
Et Mi 73. 253. 

: Hub. EI Mahfus 226 fg. 319. 
300. CI Mies 313. 

n 121. El Medfarre 224. 
186. Ei Modayne 52. 278. 
275. CI Moghtafir 318. 

yn 321. El Moltamis 313. 

—36. Et Moltat 301. 

9. El Monayayra 231. 

3 169. 317. El Mota ammid 313. 

2. EI Obayd 69. 

9317. EI Ocamen 313. 

241 fg. 391. El Oſchr 62. 

y 313. Eı Oflayf 260. 

134. Ei Ofiyutg 276 fg. 
319. El Da’da 76. 

8. & Dalgäl 282. 

fiehe "Art. Ei Dira 52. 81. 278. 

ie 88. 254. & Darr 75. 

» 231. 319. El Däyime 136. 284. 

: 282. El Dirbe 118. 278. 

313. Entat el Hamum 270. 

übe 321. Er Rädige 246. 

88. Er Rahiſch 308. 

da 214. 318. Cr Rihäb 254. 

vayre 158. 162. Es Sälemy 317. 

121 fg. 284. Es Sucul 224. 

x 280. 276. 

5 299. 300. Eſch Scha'be 230. 

mm 230. 288. Eſch Sca'amla' 323. 

f 230. 288. Eid Sqhaff 282. 

‚2. Ei Scharq 95. 97. 102. 106. 283. 

m 269. 322. Eſch Scherta 204. 

, 308. Eſch Scheryn 205. 286. 
9. Eſch Schilät 203. 204. 
302. Eſſ Sfabal 282. 

elyn 204. Ef Sfaimy 169. 

214. 287. Ef Sfayf 231. 

183 fg. Ef Sfayid 169. 

» 304. Ci Sfay't 27. 

60. ET Sfitt 60. 

ve 279. Eſſ Sfolaymäny 158. 


368 Regiſter. 


Regiſter. 


4. 

1bd 204. 

[ Haft 161. 

„mm Sfedufl 204. 
Zfolaymän 179. 

ra 204. 230. 290. 
Dighäl 113. 136. 183. 
Dommin 180. 

obaͤyh 183. 

howayr 91. 280. 

tifne 145. 

bne 149 fg. 

.iyime 136. 183. 
awyle 140 fg. 

üb 24. 28. 

ayre 267. 

AT. 

3. 276. 298. 
Goghayr 303. 

‚ 31—36. 

n 24. 

4. 287. 

tg. 

4. 

4. 
und Hodſchayny 94. 194.219. 
i Sohra 102. 


3. 


ta 39. 276. 

nd 287. 

t 289. 

5. 

38. 

6. 

Asistique 304. 

t el "Amub 285. 

t el Iſſnaͤd 151. 286. 


8. 


sehe’8 Reife in Habbramaut. 


Kafira 260. 

Kahlaͤn 298. 

Karana 25. 

Karn, fiehe Darrayı. 
Kaſchwyn 132. 185. 
Kaufebin 289. 
Kaydaͤm 204. 

Kelbub 52. 

Keffady (Stamm) 48. 
Kiepert 2. 

Kinditen 29. 

Kofayge 164. 

Kohl 59. 

Krapf 2. 33. 

Kulang 52. 

Kura 89. 


L. 


Lachme 280 fg. 
Lähidſch 19. 

Lawi 313. 

Laylebät 66. 

Lobb el Lobaͤb 276 fg. 
Lohde 75. 

Lohun 214. 222, 
Loqmaͤn 301. 


M. 


Madhidſch 164. 
Ma'diy Karib 307. 
Ma'dudy 230. 2%. 
Maer 313. 

Mahafja 280. 
Mahfus 225 fg. 
Mahniye 279. 
Mahra 2640. 
Makalla 18—24. 53 fg. 
Makaͤrim 319. 
Maälit 298. 

Mandh 164. 313. 
Mancura 169. 
Mannert 24. 
Maqryzy 289. 29. 


24 


369 


370 


Regiſter. 


. 278. 
ha 284. 
äſil 97. 110. 


95. 252. 278. 


ı 75. 
ſchyd 254. 
ın 231. 
)rayb 299. 


03. 


'. 278 fg. 
25. 


‚e 52. 87. 278. 


18. 
gn 158 fg. 


283 o 


Regiſter. 


Oofahce 164. 
Oobhtaͤn 319. 
Dolayle 282. 
Dolie 283. 

Dorayf 260. 
Qorayſchi 102. 
Dorra 287. 

Doru 282. 
Dotham 321. 
Qothaͤm 202. 319. 


Rabadh 206. 

Rabadh ba Kaubal 226. 
Rabbaͤt 182. 

Rabiet 182. 

Raby a 312. 

Raͤchiye 290. 

Radun 164. 

Raͤfidhy 43. 275. 
Raſchyd 96. 252. 283. 
Riff Borum 45. 132. 275. 
Räff el Ahmar 45. 50. 132. 
Raſſ el Hadd 18. 

Raͤſſ el Ogayde 161. 
Raͤſſ Hardſcha 161. 
Raube 124. 

Rayat 280. 

Rayde 286. 

Raym 311. 

Rayyſſ 275. 

Rhayde 204. 286. 
Rhobaba 119. 217. 283. 
Rıam 303. 310. 

Ribat 97. 110. 118. 
Rim 303. 310. 

Riſche 69. 

Nitter (Carl) 2. 20. 38. 
Rochç 281. 


S. 


Saba 304. 
Sabä el Albar 298. 


24 * 


371 


E dia 


372 Regifter. 


Regiſter. 





25. 
302. 306. 
el Mofut 231. 290. 
21. 95. 170. 
24. 38. 39. 





49. 276. 
"Ab, fiehe Af. 
"ap 87. 


Amd 22—26. 205. 214 fg. 


“Arir 149. 153. 161. 
Anfiär 260 fg. 

ı Bi Auda 92. 

‚ Bi Dienän 214 fg. 

ı Bi Darrayn 53. 59. 278, 
Bã Rayyara 92. 

ı Bü Tarıq 205. 

ı Boyut 134. 

Bu Dalayt 89, 

Butrach 87. 

Ga ar 124. 128. 

ı Safrä 135. 183. 204. 206. 
1 Sahäh 50. 278. 

1 Garhyr 139. 188. 

» Sidira 76. 

7 Chadhära 9. 

+ Shamfa 246 fg. 

Chamuda 110. 


373 


j BWidin Ehärit II. 280 fg. 
Bidiy Chinile N. WO fg. 
Bidin Chilafat 82. 

Bädin Ehomyr 50. 278. 
Bidin Dabıne %. 

Bidin Dahſſ 46. 

Bädin Dhauff 69. 75. 280. 
Bidig Do’in 25. W. 

Bidiy is 
Bädin 169. 
Bidiy Dſcharre 50. 278. 
Bidiy Dſchilwe 120. 

Wädin Dichiswel 23. 189. 145. 
Bidiy Ex Gafri 1. 

Bidiy EI "X 87. 89. 

Bidin CL Ahliye 72. 

Badiy EI Ayflär 88. 92. 259. 
Wäaͤdiy El Auſſiry 87. 

Widin EI Boyut 134. 

Wadin EI Ebna 121 fg. 
BWidiy El Forayſch 80. 

Wadiy EI Ghowayte 134. 
Bidin Ei Hadſchar 132. 135 ig. 178 ig. 
Wadin CI Padfharun 229 fg. 
Widin EI Idme 67. 

Bidiy El Maüdin 132. 
Waͤdiy El Mi Ghorabe 89. 
Widin EI ‘Chne 149 fg. 
Widiy Er Nebyy 110. 

BWädiy Er Raͤchiye, ſiehe Raͤchiye. 
Widiy Er Raube, ſiehe Raube. 
Waͤdiy Eh Schaff 9. 

Wädig Eſch Scherebbe 50. 
Bidin Eſſ Sfabal 05. 

Widiy EM Sſyrabbe 92. 
Widiy Farte 182. 









Waͤdiy Ghaͤdun 113. 
Waͤdiy Gharhaͤn 118. 120. 
Wadiy Ghaura 204. 

Wadiy Ghaybun 101. 231 fg. 
Wädiy Ghowayr 92. 

Wädiy Ghowayte 134. 
Waͤdiy Hararhayan 89. 


374 Regiſter. 


b 11—35. 161. 
a 278. 
feld 299 fg. 


9. 
2022. 170. 
37 ig. 


, 276. 298. 313. 


n 312. 
ſchob 276. 298. 
305 


21. 140. 169. 


Kegifter. 375 


Yemen 19 fg. 277. 
Yon im 298. 

“Ya el Amud, fiehe "Pfr. 
“Yihybum 21. 170. 

“Hd el "Amub 30. 312. 


3. 
Zabrän 303. 
Zayd 802. 
Zayd el Aqra' 305. 
Zobayr 299. 
Zor 'a 307. 
N v I 














—|— un. 


Reife 


nad 


üidaradbien 


und 
Geographifhe Forfhungen 


im und über den 


füdweftlichften Theil Irabiens. 


Reiſe 


ädarabien 


Geographiſche Forſchungen 


im und über den 


ädweſtlichſten Theil Nrabiens 


heinrich Freiherrn von Maltzan. 


Mit einer Karte. 


Braunfhmeig, 
Druck und Berlag von Friedrid,) Viemeg und Sohn. 
1873. 


Die Herausgabe einer Urberfegung in franpöfifger und engliſcher Gpradk, 
ſowie in anderen modernen Eprachen wird vorbefalten. 








Bormwort. 


Faſt unglaublich feheint es, daß in unferm, ben gengra- 
phifchen Entdedungen fo günftigen Zeitalter, dem wir eine fo be- 
deutende Erweiterung unferer Kenntniß von Afrifa, von Gentral- 
afien, von Auftralien und der arftifchen Zonen verdanken, und 
deffen ftet? reger Forſchungstrieb und Unternehmungögeift und 
täglih neue Errungenfchaften in fichere Ausficht ftellt, gerade ein 
geihichtlih und culturhiftoriich fo überaus moichtiged Land, wie 
Arabien, die Wiege ded Islam, noch zum großen Theil terra in- 
cognita geblieben ift. Mit Genauigkeit kennen wir von Arabien 
wenig mehr als die Küften. Den Grund hievon bildet Hauptfächli) 
die Unzugänglichkeit des Innern für den forjchenden und mit dem. 
nöthigen wiffenfhaftlihen Apparat verfehenen Neifenden; denn der 
Forſcher gilt ald Spion, der mit Inftrumenten Beobacdhtende gar 
für einen Zauberer, und ſchwebt beftändig in der größten Lebens— 
gefahr. Daneben die großen, faft unüberfteiglichen Hinderniffe, 
welche der religiöfe Fanatismus dem Anderdgläubigen in Arabien 
entgegenfeßt. Giebt e8 doc) ganze Provinzen, die für »heilig« 
gelten und die folglich fein Nicht -Mohammedaner betreten darf; 
und zwar nicht allein das fogenannte heilige Gebiet (Mekka und 


Vorwort. vii 


eiſegebiet unſers Landsmannes, von Wrede, auf. Dies Gebiet 
t Hadbramaut, deſſen (freilich gleichfalls nicht exact⸗ wiſſenſchaft⸗ 
de) Erforſchung wir dieſem kühnen Pionier verdanken. Aber 
chts und links von dieſem Gebiet ſchwebte noch Alles im Nebel. 
n der Abſicht, zur Verſcheuchung dieſes Nebels beizutragen, habe 
h die Reife unternommen, deren Verlauf und Ergebniffe das 
orliegende Buch fchildert. 

Diefed Buch zerfällt in zmei, mefentlich verfchiedene Theile. 
ver eine ift, wenn man will, vormiegend touriftifch, der andere 
eographiſch. Letzterer, der zmeite Theil, enthält die Ergebniſſe 
noohl meiner eigenen Reifen im tiefften Süden Nrabiene, als 
er Erfundigungen, welche ich über dieſes Tändergebiet eingezogen . 
abe. Diefe Erkundigungen find nicht ohne ein mohlüberlegtes 
Suftem und nicht ohne eingehende Kritit gemacht worden, wie der 
eier aud dem Erften Capitel des zweiten Theiled dieſes Buches 
©. 193 u. ff.) erfehen dürfte. Sind diefe Erkundigungen und 
Ye nach ihnen entworfene Karte auch nur annähernd richtig, fo 
wird durch fie über einen beträchtlichen Theil Arabiend (etwa fo 
groß wie das Königreich Bayern) Licht verbreitet, über ein Land, 
welhes früher für und tabula rasa war. Der erfte Theil des 
Huches dagegen enthält die Neife nach (nicht in) Südarabien, 
die Küftenfahrten längft des rothen Meeres, einen Aufenthalt in 
Dſchedda, in Aden, Nachrichten über Handel, Schifffahrt u. f. w. 

Während ich hoffe, daß der Freund der Erforſchung Ara: 
bins erfennen wird, daß der geographifche Theil diefes Werkes 
demfelben einen dauernden Werth fichert, fehmeichele ich mir zu 
gleicher Zeit, daß der Kiebhaber touriftifcher Lectüre im erften fo- 
wohl Unterhaltung als auch manches Wiſſenswürdige finden 
werde. Vor allen Dingen aber möchte ich durch dieſes Buch an— 


vi Vorwort. 


regend wirken, damit die kleine Gemeinde der Freunde Arabiens 
ſich vergroͤßere, der Forſchungstrieb gleichfalls für dieſes Land ge- 
weckt werde und unter den Forſchungseifrigen ſich auch Einer oder 
der Andere finden möge, der jelbft fein Theil zur Cntfchleierung 
diefes umhüllten Landes beitragen wird *). | 


Den 1. Juni 1873. 


Heinrih von Malgan. 


*) Für den Arabiften die Bemerkung, daß alle Namen nad Aufzeichnungen von 
Arabern arabifch gefchrieben und von mir nah dem Syſtem ber Deutfchen Morgen: 
ländifchen Gefellfhaft transferibirt wurben, doch ſtets mit Berüudfihtigung ver Aus 
ſprache. So die Diphtongen ai und au meift als langes e und ale langes o, bie 
furzen Bocale, wenn ſchwach, als kurzes e. Dſchim ift durchweg „g“ gefchrieben, 
ghain zuweilen „ch, das Schluß-y im Relativ als einfaches „i“, tha einige Male 
als „3“, Ha faft innmer „dh“ (dhad): Alles der fünarabifchen vialeftifchen Ausſprache 
gemäß. Typographifche Schwierigfeiten haben in den legten zehn Gapiteln zuweilen 
zur Weglaflung der Punkte und Stride unter d, t, z u. f. w. genöthigt, doch if 
Eorge getragen, daß in den Itinerarien ftets die volle Form genau wiedergegeben 
murbe. 


Inhalt. 





Erſter Theil. 
Neiſe nach Südarabien. 


Aegypien. 
Erſtes Capitel. Neue Geſtalt von Alexandrien und Cairo. 


berfahrt. — Europäifche und levantiniſche Clemente. — Wahre und falſche Millio⸗ 
näre. — Das modernſte Aegypten. — Paßplackereien. — Hotels. — Alexandrien. — 
Ein Schauderproceß. — Menſchenhandel. — Theater von Cairo. — Neubauten. — 
Die geusmanifirung Gairos. — Eine feltfame Straße. — Erpropriirte Stäbter. — 
Die eme der Cultur. — Das alte Baito. . - 2 2 2000. ©.1—6. 


Zweites Sapitel. Die Eultur, die alle Welt beledt. 


Geiämadlofigkeit moderner Häufer. — Drei Reformperioven. — Aegypten zu Nie: 
bare Zeit. — Guropäertfum. — Der Kröfus von Cairo. — Falſche Millio: 
naͤte. — Bin Lieferant. — Seltſame Begriffe von Fachkenntniß. — Guropäif 
erzogene Aegypter. — Die goldene Jugend. — Offenbach's Terte arabiih. — Ne: 
Kanasfäulen. — Unwiflenbeit. — Die Effendi⸗Claſſe. — Arabiſche Gelehr: 

urn, — Mangel guter Volksſchulen. — Hospital. — Irrenhaus. S „Zum: 


Drittes Capitel. Ein Beſuch beim Khedive. 
Keichthum bes Khedive. — Uebertriebene Lobhudeleien. — Finanzmaßregel. — Ber: 
iß zum Sultan. — Das Kanzelgebei. — Zugänglichkeit des Vicekoͤnigs. — 
Lorjimmer. — Der Zeitungsbeamte. — Schwinden des Präftigium Sranfreihe.— 
Anden. — Geſpraͤch über Landeultur. — Bin komiſcher Mißgriff. — Nachah— 
mung von Paris. — Fürſtliche Familie. — Dienerſchaft. — Der Erbprinz. — Ber: 
nunftige Anſichten. — Andere Mitglieder der Familie. — Die Mutter des Khe⸗ 
dive. Die Wittwe Said Balhad. - © 2 2 2 22020. © 15 —19. 


Südarabifces in Negypten. 


Vierte Capitel. Eine Colonie von Hadrami in Cairo. 

bandel Cairos mit Arabien. — Die Hadrami. — Vorurtheile gegen fie. — Gin 

arabifcher Kroſus. — Ginfluß der Europäifirung. — Seltfames Mißverftändniß. — 

et todte und ber lebende Eheh. — Gin Moslem als Freimaurer. — Euro⸗ 

Pätfche Schurferei. — Der Chi ber Hadrami. — Das Wirthehaus ber Do: 

ne. — Phyftognomien der Sübaraber. — Ihre Lebhaftigkeit. — Eonderbarer 

* ang. — Dan hält mich für Wrede. — Abd el Hub. — Mittheilſamkeit der 

‚agen Dö‘aner. — Beftätigung der MWreve’fchen Berichte. — Seltfane Steuer: 
Anreihung. . . . ©. 


2 
En 
‘ ® oe. 0. 8 re 8 a“ oe 8 9 - 8 0 8 9 [} 


x Inhalt. 


" Reiſe nach Xrabien. 
Fünftes Capitel. Von Cairo nach Dſchedda. 


Vorbereitungen zur arabiſchen Reife. — Utenfilien. — Diener. — Trefflichkeit ber 
nubiſchen Dienftboten. — Unehrlickeit der Aegyter. — Berforgungsweife mit 
Geld. — Ein Mißgriff. — Der räuberifhe Diener. — Liſt, um einen Wiberweär: 
tigen zu entfernen. — Gifenbahn von Gairo nad) Suez. — Hotels in Sug. — 
Bergnügungen in Suez. — Das Kaffeehaus. — Die Spielbanf. — Driginelle 
Weile, Kunden herbeizuziehen. — Wirklide und angeblide Griechen. — Eine 
Spitzbubenbande. — Schwindel mit Steuer, Quarantäne und Telegrapf. — 
Die Dampfſchiffsgeſellſchaft. — Sonderbare Matrofen. — Der Commandar. — 
Zurückgeſetzte Dfficiere. — Umſtaͤndlichkeiten beim Billetverfauf. — Paßplacke⸗ 
reien. — Ungerechte Behandlung der Gingebornen. . - » .. ©. 26 — 32. 


Sechſtes Capitel. Ein Pilgerſchiff. 

Pilgerreiſe vor dem Ramadan. — Türfifhe Pilger. — Enge Verpackung der Pil⸗ 
ger. — Die Metuafin. — Die Lebemänner des Orients — Der Zemzemi. — 
Brodneid der Pilgerführer. — Schulmeifterei alter Türken durch knabenhafte 
Führer. — Das religtöfe „Geſchäft“. — Unmwifienheit der Pilger. — Borur: 
theilsfreiheit der Metuafin. — Sie wollen deutſche Unterthanen werden. — Be: 
fehrungsverfuche. — Der alte Bekehrer. — Langweilige Predigt. — Gründe für 
Befehrung zum Islam. — Die Javanefen. — Ihr Schmutz. — Ihr Reichthum. — 
Metteifer ver Metuafin um die Savanefen. — Todesfälle auf dem Bilgert if. — 
Sonderbare Beltattung. — Ankunft in Vambo. — Unficherheit der Gegend. — 
Der hohe türkifhe Beamte und fein unverfchänter Beſchützer. — Gin entarteler 
Beduine. — Beſuch in Dambo. — Der Statthalter. — Der Bafar. — Bilger: 
einkleivung auf der Weiterfahrt. — Die Beichtväter des Islam. — Ihre interel: 
firte Nachficht. — Ankunft in Dſchedda. — Baulheit der Zollbeamten. — Leiten 
ber Pilger. 0 0 0 0 0 00 nern ©. 383 — 85. 


Siebentes Gapitel. Dichedda. 


Bortheilhafte Veränderung der Stadt. — Die Choleracommiſſion. — Das Hütten: 
emirre. — Die Proftitution und ihr Biertel. — Die Hüttendörfer. — Stein: 
äufer. — Schöne Bauart. — Aecht arabifche Hauseintheilung. — Einwohner: 
zahl. — Ihre Beltandtheile. — Die Doö’aner aus Hadramaut. — Die Handels 
genies Arabien. — Fanatismus und Mißtrauen gegen Reiſende. — Gigenthüm: 
iche Namen. — Die griechiſche Colonie. — Gin Hotel in Dſchedda. — Brannt 
weineinfuhr und Weinverbot. — Die Gonfulate. — Der Paſcha von Dſchedda. — 
Sin grober alter Türke. — Lächerliche Lobhudelei. — Der „Veihuger der Armen“. — 
Waſſermangel in Dſchedda. — Sogenannte Regenzeit. — Wohlthätige Stif 

tungen. — Speculationen der Waflerverfäufer. — Die zerftörte Wafferleitung. 
©. 46 — 6 


Achtes Capitel. Der wahre Herr von Hegäz. 

Irrthümer in Bezug auf die türfifche Madt in Hegüz. — Wahre Stellung ber tür 
kiihen Beamten. — Der Großſcherif. — Sein politifcher Einfluß. — Sein Reid: 
thum. — Sein Beantenftab. — Ohnmacht des Paſchas in einem Erbidafts 

pie. — Nusflug eines Franzoſen nah Tayef. — Dur den Großfcherif aus 

Gefahr errettet. — Schattenautorität des Sultans. — Der „Diener der heiligen 

Städte”. — Borurtheilslofigkeit des Großſcherifs. — Sein Verhalten gegen Gum: 

paͤer. — Sein edles Benehmen. - - 2 2 2 0 2 ren ©. 57—68. 


Neuntes Sapitel. Der Ramadan in Arabien. 


wihtigfeit bes Ramadan. — Beitimmung feines Anfangs. — Der Bote von Mekla. — 
ächtliche Gefchäftigfeit. — Lebhaftigfeit des Markts. — Der Sklavenmarft. — 
Negerikflaven. — Äbeſſinier. — Wohlfeilheit ver Sklaven. — Die Tagesqualen 





Inhalt. xI 


der Faſtenden. — Ihre Streitfugt. — Gerichtsſtillſftand. — Der Diwan beim 
Paſcha. — Eine Comoͤdie. — Der gefangene Roh. — Ein witziger Verbredier. — 
Beilegung eines fomifhen Conflicts. — Gin orientalifher Diplomat. — Ber: 
gnügungen im Ramadin. — Das Hüttendorf. — Fanatismus Teichtfertiger 

rauen. — Monotonie des Mamaban in Dfchebda. . - » - . - » S. 641 — 74. 


Zehntes Capitel. Das Grab der Eva. 


Neue Beftalt des Grabes. — Grabcapelle. — Kuppel über den heiligen Nabel. — 
Gewaltfame Bettelei. — Die geheimnißvolle Nifche. — Flucht vor den Bettlern. — 
Verfolgung durch Bettlerſchaaren. — Der geftrafle Diener. — Größenverhält- 
nifle des Grabes. — Willfürliche Veränderung verfelben. — Troftlofigfeit ver 
Umgegend von Dihedda.. - 2 2 2 2 00 nern e. . .S. 


Elftes Capitel. Der Handel von Dſchedda. 

Handelsfrage. — Segelſchifffahrt von Europa nah Dſchedda. — Dampfſchifffahrt. — 
Art der Einfuhr europaͤiſcher Waare. — Ihr TER in Dſchedda. — Bortheile 
der einheimifchen Handelsweiſe. — Curopaäiſcher Import. — Oſtindiſcher Int: 
port. — Megnptilher Import. — Import der Griechen. — Ginheimifher See: 
handel. — ttlere Srequenz des Hafens von Dſchedda. — Handelsſaiſon. — 
Gabotage. — Provenienz einheimifcher Waaren in Dſchedda. — Erport. — Dſchedda 


als Bermittlungshafen. — Kaffeehandel von Hodaita. — Borzüge der einhei- 
miſchen Kaufleute. — Hadranıi. — Inbifhe Kaufleute. — Ihre Beherrfchung 
des Marktes. — Aneignung des einheimifchen Handelsverfahrens durch Euro: 
päer. — Bortheilhafte Gefchäfte eines Marfeiller Haufes. — Die Hauptbebingung 


des Handelserfolgs in Arabien. — NAusfichten für Abſatz deutſcher Fabrikate. — 
Maaren, die der Concurrenz erliegen. — Kaffeepreife in Jahre 1870. — Abga— 
ben von Waaren. — Preife für Waarentransport. — Geldwährungen & dern. 

. 173 — 87 


Oflafrikanifhe Küſte. 
Zwölftes Gapitel. Sualin. 


Berfehlte Reifepläne. — Sprachliche Näthfel. — Lächerlihe Auskunftsgeber. — Ab: 
fahrt von Dſchedda. — Das Schiff Suafin. — Der Eonmandar. — Seine 
Nautif. — Feltfiten. — Sein Dienſtbuch. — Die fauren Nepfel. — Streidhe 
eines Italieners. — Der angeführte aut — Nachtheile und Vorzüge einheimticher 
Schiffe. — Einfahrt in Suafin. — Die falfchen Heiligengräber. — Pas Land 
der Schmarzen. — Typus und Ahnfiognomien. — Die Frauen. — Tabackkauen. — 
Arabifhe Zahnfteher. — Beſuch bei Montaz Paſcha. — Ein gebilvdeter Moslem. — 
Larheit der Vornehmen im Glauben. — Der falſche Telegraph. — Engliſche In: 
genieure. — Der Sanitätsagent. — Europäiſches Elend in Suafin. — Gang 
dur die Stadt. — Gummihandel. — Suafin, das Eldorado der Schwarzen. — 
Die Schwarzen Mädchen. — Ihre moralifhen Vorzüge. — Die Haartoilette. — 
Ramadan= Jubel. — Montaz Paſchas Bulturpläne . -. .»..... ©. 88— 98. 


Dreizehntes Capitel. Maſſauwa. 
Fahrt von Suakin nah Maſſauwa. — Des Commandäars Proben der Nautik. — 


Inſelarchipel. — Einfahrt. — Kriegeriſche Gerüchte. — Angebliche engliſche 
Truppenlandung. — Die Baſchi-Bozuks. — Der Sendſchak. — Die Straf: 
garniſon. — Die Inſel Maſſauwa. — Elende Bauten. — Schwierigkeit des 


Unterkommens. — Ein deutſcher Kaufmann. — Fanatiſche Hausbeſitzer. — Conſul 
Munzinger. — Ein geborener Reiſender. — Branzöfifches Conſulat. — Munzin⸗ 
ger's Fuͤhrung der engliſchen Erpedition. — Undank der Regierung. — Hiller 
näre. — Die Schweren in Maflauwa. — Erfolge der Katholifen. — Gin Ge: 
fangener Theodor’. — Merfwürdige Jagdabenteuer eines Deutſchen. — Ginhei: 
mifche Bevölferung. — Abneigung gegen Europäer. — Die Hadrami. — Die 
Banianen. — Ihre commercielle Stellung. — Der Gouverneur. — Seine Ber: 
befferungen. — Sartencultur, — Waflermangel. — Bautenreform. — Strenge 


xii Inhalt. 


Orthodorie der Cinheimiſchen. — Das Sikr. — Muſik. — Proſtitution. — 
Schlimme geſundheitliche Folgen. — Uebermaͤßige Haarſalbung der Frauen. — 
Garniſon. — Die Veteranen aus Mexico. — Eine Landſchaft. — Türkifches 
Kort. — Klima. — Fieber. — Meteorologiihed.. - » . . .. S. 9 —112. 


Vierzehntes Kapitel. Handel von Maſſauwa. 


Maſſauwas Hinterländer. — Commerzielle Bebeutung des Plapes. — Uebertriebene 
Anpreifung derfelben. — Import in Maffauwa im erften Halbjahr 1864. — 
Provenienz des Importe. — Vertheilung des Imports. — Erport. — Abnahme 
des Erporis von Abeffinien. — Berfchwinden des abeffiniichen Kaffees. — Sklaven: 
ausfuhr. — Zunahme des Mofhus. — Karawanenbetrieb. — Hafen von Maf- 
fauwa. — Einnahme des Zollamts. — Preife für Waarentransport. — Gewichte. — 
Maaße. — Münzee.. ne ©. 113 — 121. 


Fünfzehntes Capitel. Abeſſiniſches in Maſſauwa. 


Zuſtaͤnde in Habeſch nach Theodor's Fall. — Theodor's Größe und Bedeutung. — 
Sein Wahnfinn. — Die jegigen Machthaber. — Ihre Ohnmacht und Zeriplit: 
terung. — Aba Kaiſt. — Maͤdchenraub. — Ein „Rebell“ in Habeſch. — Me 
fonen von Hamaflen. — Gefangene Fürften. — in abeffinifher Gefandter. — 
Mißbrauch der Gaſtfreundſchaft. — Trunffuht der Abeſſinier. — Taͤdſch 
Honigbier) und ſeine Pereitung. — Mbeffiniihe Frauen. — Ihre Vorzüge — 

he zwifchen Deutihen und Mbeffiniern. — Der intentionelle Mörder Munzin⸗ 
ers. — Seine Mitfhulvigen. — Seine Freilaſſung. — Ein Verbrecher als 
hiloſoph. — Nothwendigfeit der Bewaffnung in Habe. — Unficherheit des Lan⸗ 

chimper. — Die Briehen in Adua. 


des. — Ein Franzoſe am Hofe Kaſſa's. — 
. 122 — 132. 


Rothes und Xrabifdes Wer. 
Sechszehntes Capitel. Segelfahrt von Maſſauwa nach Aden. 


Engliihes Segelihiff. — Kohlenverfhwendung.. — Der Capitän des „Weſtward 
90". — Der Dragenan. — Ein Handelsgenie. — Ueberfluß an Schiffsjungen.— 
Engliihe Matroſen. — Die Officiere. — Contraſt der verjchierenen Schiffstheile. — 
Der Pilot. — Seine fchwindelhafte Nautif. — Der Lehrling des Lootſen. — 
Palftonen eines arabiihen Seemannes. — Berhältniffe des, Pilotenthums. — Der 
Archipel ven Dahlaf. — Windverhältniffe. — Die Infel Zugur. — Kreuzfahrten. — 
Das Umſchlagen des Monfuns. — Kurze Kreusungen. — Schech Said. — Gin 
Monfunhafen. — Infel Berim. — Bab el Mandeb. — Windſtille. — Rad 
“Ara. — Gebel Qaü. — Die „Efelsohren“. — infahrt in den Buſen ven 
Aden. — Der oitindifhe Pilot. — Beſuche. — Parfi. — Banianen. — Die 
Heinen Geſchaͤfte des Capitänss.. e nen ©. 133 — 141. 


Hidarabien. 


Siebenzehntes Capitel. Leben in Aden. 


Stadt und Hafen. — Steiler Landweg. — Gaithöfe anı Hafen. — Der Parfi. — 
Ein ehrliher Photograph. — Unterfonmmen in der Stadt. — Europäifche Kauf: 
leute. — Ein jugendliher Schuldenmader. — Häufer in Aden. — Klimatifches. — 
Krankheiten. — Keuchhuſten. — Sonnenftid. — Scorpion. — Heilung 
Stichs. — Ausftattung der Häufer. — Wohnung im arabifhen Viertel. — Wehl⸗ 
feilheit des Lebens. — Lebensmittel. — Engländer in Aden. — Lebensweiſe ker 
Officiere. — Lurus der Vernehnen. — Punkahs. — Engliſche Kirche. — Der 
Padre. — Gefülfchte Inſchriften. — Seltfane Trauung. — Damengefellfchaft in 
0 11) 2 S. 142 — 132. 


Achtzehntes Capitel. Adens öffentliche Werke, Gebäude. 


Die Eifternen. — Regenverhaͤltniſſe. — Neltefte Eifternen. — Ihre Reftauration. — 
Ihre Aufnahmefähigfeit. — Teffentliher Garten. — Feſtungswerke. — Aven alt 
Seefeftung. — Die Iſthmusfeſtung. — Die Infel Sira. — Einheimiſche Stadt. — 





Inhalt. xım 


Der Hauptmarkt. — Berfchiedene Quartiere. — Mofcheen. — Mangel an Alter: 
thümern. — Das Grab des “Aiderüs. — Das Todtenhaus der Parfi. — Leichen: 
vögel. — Barbariſche Eitte. — Tempel der Banianen. — Symagzge. — Ratho: 
liche Bapelle 2 00 00 0 en . 153 — 158. 


Neunzehntes Capitel. Adens Bewohner. 


Geringe Einwanderung den Engländern erwünſcht. — Unmöglichfeit, die Ginwan- 


derer fern zu halten. — Zunahme der Bevölferung. — Ginwohnerlifte. — of: 
indiſche Ehriften. — Oftindifhe Moslens. — Schiten. — Araber. — Schafei 
und Zaidi. — Dobayel und Raye. — Schriftgelehrte. — Der Dädi von Aden. — 
Ein Aftrologe. — Der Dragoman der Regierung. — Seine Widtigfeit. — So: 
mäli. — Eeltfamer Haarpug. — Somälifrauen. — Bagabundenthun. — Perfer. — 
Der Kröfus von Aden. — Gin fanatifher Schiite. — Banianen. — Ihre Liebe 
für Thiere. — Oftindifhe Parias. — Neger. — Zingi und Sudäni. — Parfl. — 
Handels: und Krämergeifl. - - - 2200000 eo... © 159— 172. 


Zwanzigſtes Capite. Die Juden. 


Falſche Begriffe über Verbreitung der Juden. — Juden in Eentralarabien. — Süb- 


arabien von Alters her den Juden günftig. — Toleranz der Zäidi. — Intoleranz 
ber Hadrami. — Vermiſchung mit arabiſchem Blut. — Phyfiognomiſches. — Keine 
Sectirer in Sübarabien. — Die Synagoge. — Der Oberrabbiner. — Ausſprache 
des Hebräifhen. — Gewerbe der Juden. — VBortheilhafte Ausnahmesftellung 
der Juden. — Schuß der Gejege und der Sitten. — Demüthigungen. — Fana— 
tismus der Araber. — Hoffnung auf befiere Zuftände. — Aufihwung der Adener 
Judenſchaft. — Beginnende Eulturerneuerung. . . » - 2.0. S. 173 — 181. 


Einundzwanzigftes Capitel. Die jüdarabifchen Pariakaſten. 
Eigenthümlichkeit des ſüdarabiſchen Pariaweiens. — Religion der Parias. — Parias 
in Gentralarabien. — Strenge Standesbegriffe der älteren Südaraber. — Ar: 
naud's Viertheilung der Parias. — Achdäm. — Abgefondertes Wohnen. — Stam: 
mesſtolz der Beduinen. — Die tieffte Paria-Kaſte. — Schumr. — Ihr Ge 
werbe. — Mofcheeverbot. — Kupplerinnen. — Bine Paria : Sängerin. — Phys 
ante. — Gin füdarabifches Schönbeitsregifer in Derfen. — Dialekt der 
arias. — Ahr Urfprung. — Falſche Anfichten. — Unmöglichkeit, ihren Ur: 
fprung zu befimmen. — Üntftehung ber Achdäm-Kaſte. — Verſchiedene Be: 
eihnungen für dieſe Kaſte. — Die Ahl Häyek. — Freiheit von Steuern. — Die 
—*& nd feine Staͤmme.... ne ©. 181 — 192. 


Zweiter Theil. 


Geographifche Forfhungen im und über den füdwelt- 
lichen Theil Arabiens. 


Erſtes Capite. Allgemeines. 

1. Zwed und Natur der Borfchungen. — U. Meine Informanten. — IH. Buftandes 
fomnıen der Karte. — IV. Stinerarien. — V. Orographie.e — VI. Waͤdis. — 
vn. Klima und Bodenerzeugnifle. — VIII. Typus der Bevölferung. — IX. Ab: 
ftanımung der Volker. — X. Soriale Eintheilung der Sübaraber. — XI. Be: 
fätigung meiner Erfundigungen durch arabifche Geographen. — XL. Ueber den 
Inhalt des befchreibenden Theile. - - - 20000. ©. 193 — 220. 





Inhalt. xv 


gericht, — NR. ee — A. Stämme. — B. Städte und Drtihaften. — 
C. Politiſches chichtliches. — XI. Sitten, Religion c. — Sprad: 
liche ——— — XII. Phyfiognomiſches. ... —* 283 — 300. 


Neuntes Capitel. Rezaz. 


I. Name. — TI. Geographiſche Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Waͤdis. — VI. Klina und Bodenerzeugniſſe. — VIL Mineralquelle. — 
VIoIL Stämme. — IX. Städte und Ortſchaften. — X. Politifhes. — XI. Juftiz. — 
XD. Blutrache. — XIH. Sitten, Religion u. |. w. — XIV. Parias. S. 301 — 309. 


Zehntes Gapitel. Gezab. 


I. Rame. — D. Geograpbiiäe tage. — I. Drenen. — W. nn - 
V. Waͤdis. — VI Flußſyſteme. — VO. Klima und Bobenerzengnife 
VII. Stämme — IX. Ortſchaften. — X. Politiſches. . . - 3l0 — "818, 


Elftes Capitel. "Agäreb. 


I. Rame. — II. Geographifhe Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Waͤdis. — VL Klima und Bodenerzeugniſſe. — VII. Ortſchaften. — VILL Der 
Sultan ver “Agareb und fein Hof. — IX. Regierung. — X. Juſtiz. — XI Sit: 
ten, Religion u. |. w. — XD. Gelhiätlihes. -. . » ..... . 314 — 328. 


Zwölftes Capitel. "Abdeli = Land oder Laheg. 
I. Name. — II. Geographifche Lage. — TI. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 


V. Waͤdis. — VI. Klima und Bobenerze zeugnifle. — VI. Stänmne. — VID. Städte 
und Ortſchaften. — Sultan, on ie und Ye — X. Regierung. — 
XI. Finanzen. — XI. Münze. — ilitär. — XIV. Juſtiz. — XV. Aus⸗ 


wärtige Politif. — XVI. Oherhopeit üb über fremde Stänme. — XVIL. Geſchicht⸗ 
liches — XVIII. Religion. — XIX. Sitten und lin XX. Gaſtfreund⸗ 
Ihaft. — XXI. Europäer in Laheg. — XXH. Verrüdte Heilige. — XXI. Ju⸗ 
den und Parias.... 5. ©. 324 — 849. 


Dreizehntes Capitel. Haufchebi = Land. 


I. Name. — IL ®eographifche Lage. — TIL Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Waͤdis. — VI. Klima und Bodenerzeugniffe. — VII. Bewohner. — VII. Ort: 
fhaften. — IX. Bolitifches. -. - - 2 2 2 2 rn en. ©. 350 — 352. 


Vierzehntes Capitel. Amir - Xand. 


1. Name. — I. Geogeaphiiähe Lage. — II. Gren ne en. — IV. Befchaffenheit des 
Landes. — V. dis. — VI. Berge. — VI. Stäͤmme. — VII. Städte und 
Ortſchaften. — 54 Politifches. — x Alterthümer. — XI. Gambanis gingaben 
über diefes Land. . ». ..° » ern. S. 353 — 360. 


Yünfzehntes Capitel. Schaheri - Land. 


I. Name. — II. age. — LI. Beichaffenheit ves Landes. — IV. Stänme — 
V. Srtfeaften. — VI. Religion. — VII Bolitifhes.. . . . . ©. 361 — 363. 


Sechözehntes Capitel. Kleine Stammesgebiete zwifchen Dhala‘ und Yerim 
und Dhala und Reda‘. 


I. Allgemeines. — II. Haqi. — IH. Fegra. — IV. Gehaf. — V. Da’teba. — 
A. Ausdehnung des Landes. — B. Beichaffenheit des Landes. — C. Waͤdis. — 
D. Stämme. — E. Stadt. — F. Regierung. — G. Stellung der Juden. — 
H. Parias. — J. Sitten und Gebräuche. — VI. Merrais. — VI. Ahmedi oder 
Auwas. — VII. Haſcha. — IX. ah Abahela oder Mauya. — X. Adareb. — 
XI. ‘Amar. — XI Sayadi. — XIII. Schaif. — XIV. Hobab. — XV. Da: 
zidi. — XVI. Talab. — XVII Hobefchi. — XVIUH. Red. — XRX. &fe. — 
XX. Schlußbemerfung. - - - » 2 0 entre ©. 364 — 375. 


xvi Inhalt. 


Siebenzehntes Capitel. Sobehi » Land. 
I. Rame. — II. Geographifche Lage. — IIL Grenzen. — IV. Dobenerbebung. 


V. Waͤdis. — VI. Klima und Bopenerzeugniffe. — VII. Stimme. — 
fhaften. — IX. Politifhes. — X. Belhichtlihee. — XI. Religion. — 
XD. Kleidung. - 2-02 ern. . ©. 876 — 383. 


Achtzehntes Capitel. Hakmi und Meſchalcha. 
Lage dieſer beiden Küſtengebiete. — Hafen von Schech Said. — Verkauf an eine 
franzoͤſiſche Compagnie. — Schlechte Bel affenheit des Hafens. — Faulheit des 
Rechtstitels. — Anſprüche der Pforte. — Vexation des Handels. ©. 384 — 885. 


Neunzehntes Capitel. Mogteri - Land. 


I. Rome. — II. Ausvehnung des Landes. — III. Beichaffenheit des Landes. — 
IV. Wädis. — V. Stämme — VI. Ortſchaften und Schlöffer. — VII. Poli: 
tiſches. — VIII. Sitten und Gebräuche. ©. 386 — 389. 


Zwanzigſtes Capitel. Hogriya. 

I. Name. — TI. Geographiſche Lage. — III. Grenzen. — IV. Eintheilung. — 
V. Beichaffenheit des Landes. — VI. Wapis. — VII. Mineralquelle. — VID. ®e 
birge. — IX. Stämme — X. Städte und Ortichaften. — XI. Märkte. — 
xnN. Schlöſſer. — XIU. Religion. — XIV. Politiſches — XV. Sitten und 
Gebraͤucher. 6 S. 390 


Einundzwanzigſtes Capitel. Kleine ſtädtiſche Gebiete bei Ta’izz 
oder Ta izziya. 

I. Nanıe. — U. Geographifche Lage. — III. Grenzen. — IV. Zwed der Mitthei- 
lungen über die Ta izziya. — V. Beichaffenheit des Landes. — VI. Gharafter 
dieſes Gebiets in joctaler Beziehung. — VII. Bewohner. — VID. Politiſche 
Eintheilung der Taizziya. — IX. Städte und flädtifche Gebiete. S. 398 — 403. 

Smeiundzmwanzigites Capite. Dhu Mohammed und Dhu Hofain. 
rärje haftee über dieſe Völfer. — Bekanntſchaften mit Dhu Mohammed. — Gin 
Heh der Dhu Hofain. — Eroberung der Ungegend von Marib. — Wichtigkeit 
der Dhu Mohammed. — Ihre auegebehnten Eroberungen. — Stellung der beiden 
Stänıme. — Ihre Wehrkraft. — Urfprung der Dhu Mohammed. — Die Hafhiv 


und Beil. — Söldnerftänme der Imame von Sara. — Vorfahren ver beiven 
Stämme. 02 00 mr .n ©. 404 — 407. 


Erſter Theil, 


— — — — 


Reiſe nad Hüdaradien. 





Kegnpten. 





Erſtes Sapitel. 
Neue Seftalt von Alerandrien und Cairo, 





Ueberfahrt. — Europäifhe und Ievantinifhe Elemente. — Wahre und faljche 

Millionäre. — Das modernfte Uegypten. — Paßplackereien. — Hotels. — Alexan— 

drien. — Ein Schauderprocet. — Menſchenhandel. — Theater von Cairo. — Neu: 

bauten. — Die Hausmanifirung Cairo's. — Eine feltfame Straße. — Erpropriirte 
Städter. — Die Ertreme der Eultur. — Das alte Cairo. 


Mer die Ueberfahrt von Trieſt nach Alerandrien im Herbft macht, wird 
fi) gewöhnlich ſchon auf dem Schiff in ägyptischen Kreifen finden, gebildet 
aus Europäern, Griechen, Xevantinern, die im Nilland wohnen, der Som- 
merhitze entflohen waren und nun zum Winter zurüdfehren. Das Schiff 
„Apollo“, da8 mich trug, führte jogar auch ein Stüd „ägyptischen Hoflebens“ 
heim. Die gruppirte fih um einen Heinen Prinzen, zweiten Sohn des 
Khedive. Es war ein nievliches geſchniegeltes Püppchen, mit Pariſer Ele- 
ganz gekleidet, daS Heine Fes kokett auf dem Ohr und einen „Zwicker“ im 
Auge. Als ih das letzte Mal Aegypten bejucht hatte, jahen die Prinzen 
anders aus. Damals wär's auch ohne einen Mamlukentroß nicht abge- 
gangen. Seht war von dem feine Rede, jondern zwei franzöfiiche Mentors 
und ein Kammerdiener (auch Franzoſe, wie ed denn jet für vornehme 
Moslems der höchſte gute Ton ift, Europäer zu Dienern zu haben) beglei- 
teten die jugendliche Hoheit. Dieſe ſprach auch faft immer franzöſiſch und 
verrieth im Geſpräch jehr den Summer, von Paris, aus dem fie der Krieg 
vertrieben batte, getrennt zu ſein. 

Den Hauptftod der Gejellichaft bildeten aber griechijche und levanti⸗ 


nische Kröſuſſe. Diefe Leute reifen oft mit fo viel Zamiliengliedern, DR 
Malpan, Reife nah Südarabien. 1 


2 Ankunft in Alerandrien. 


fie ein Schiff Halb füllen. Ein reicher Grieche hatte mit Find und Kegel 
20 Berfonen, ein anderer auch über ein Dußend, mehrere an die acht Mit- 
glieder. Sie famen vom Sommeraufenthalt in öftreihifchen Bädern, wohin 
viele reiche Alexandriner jährlich gehen. Geld jparen fie nicht. Ich Tannte 
einen, der bloß für Zimmer in Trieft 100 Gulden täglich ausgab. Dabei 
find e3 liebenswürdige Leute, d. h. auf der Reife. Zu Haufe gelten fie 
zu viel, um nicht ein wenig den Kröſusſtolz zu verrathen. Tiefe Leute find 
meift ganz franzöfirt, fchleppen auch immer einen franzöſiſchen Hauslehrer, 
Gouvernante und Bonne mit fih. Griechiſch ſprechen fie nur mit den 
Dienftboten, fonft ſtets franzöſiſch. 

Auch einige in Aegypten jeßhafte Europäer mit wahren Millionär- 
manieren befanden fi) unter und. Ich erfundigte mich nach diefen Herren 
und Damen und erfuhr allerlei Seltjames. Darin waren alle Befragten 
einig, daß daS Vermögen diejer Perſonen noch zu machen jei. Über fie 
hatten gelernt, daß im Orient derjenige, welcher reich werden will, damit 
anfangen muß, ſich reich zu ftellen. 

An bejcheideneren Eriftenzen fehlte e8 auch nicht. Da war der unver- 
meidliche italienische Doctor, der griechiſche Advocat, der engliſche Telegra- 
philt, die böhmischen Mufifanten und Harfenmädchen. Auch eine ganze 
Miffionsanitalt Hatte ſich eingefunden, die predigte und Lieder fang. Ne— 
benbei unreinere Elemente, beftehend aus gewiſſen Walladhinnen, die, weil 
fie meift deutſch können, leider im Orient für „Deutſche“ gelten. 

Faſt alle diefe Leute faınten Aegypten, d. 5. das modernfte. Ich 
fannte das etwas ältere und fand mid in ihren Beichreibungen gar nicht 
zurecht. Aegypten mußte fich gewaltig verändert haben, wenn es diefen 
Beichreibungen entſprach. In der That fand ich es jo. Die Städte, die 
ich vrientalifch verlafjen, fand ich europäifirt wieder. Alexandrien bat ſich, 
wie es heißt, ſehr verſchönert, d. h. es ſieht aus, wie eine europäifche 
Stadt. Das Orientalifche war freilich hier nicht werth, confervirt zu wer⸗ 
den, denn es mar modern, geſchmacklos. Anders mit Cairo; doch davon 
ſpäter. 

Gar nicht europäiſch iſt aber die Landung in Alexandrien. Dieſe iſt 
noch mit allen Paß⸗ und Mauthplackereien verknüpft, wie fie die finſter⸗ 
ſten Zeiten nicht ſchlimmer kannten. Unter einer Stunde konnte man nicht 
durch und ins Hotel, und giebt wenigſtens 5 Thlr. aus, für Boot, Dra⸗ 
goman, Wagen, Beftehungen u. |. mw. 

Auch die Hoteld haben ich modernifirt; ebenjo ihre Preife. Lebtere 





Hoteld, Kaffeehäufer u. f. w. 3 


find übrigen? in Alerandrien durchſchnittlich noch 25 Proc. billiger, als in 
Cairo und dabei ift Alles beſſer. Dennoch find auch fie das Doppelte 
von dem, was jie 1854 waren. Damals zahlte ich Alles einbegriffen täg- 
ih 2 Thlr. 20 Gr., jebt foftet Wohnung und Koft allein 4 Thlr., und 
Wein, Thee, Lichter ſchwellen die Rechnung auf 6 Thlr. Dies in den 
billigeren Hotels. Für ein ſolches galt das von mir erwählte Hotel Labat. 
Der Wirth, ehemaliger franzöfifcher Koch, wirthichaftete mit Luxus. Alles 
war trefflich. Freilich ſollte ich ihn 6 Monate jpäter im fchönften Banterott 
finden. Seine Gläubiger ließen ihn übrigens als Gefchäftsführer, und 
das war human, für ihn und die Reifenden, denn man lebte gut dort. 

Wenn man vom heutigen Alerandrien jagt, daß es etwa ausfieht, 
wie eine ſchlechte Copie von Marjeille oder Trieft, mit malerifch zerlump- 
ten ägpptifchen Bettlern als Staffage, jo hat man es befchrieben. Auf 
dem Schiff war viel von europäifchen Vergnügungen die Rede. Ich fand 
aber, daß dieje fih zur Zeit auf ein Cafe chantant bejchränften, wo ein 
Lied gegen „les Prussiens“ gejungen wurde. Die Staffeehäufer find alle 
gemein. Sehr bejucht find die öftreichifchen Bierſtuben und gefucht deren 
Perfonal. Eine Biermamfell hatte vor Kurzem zu einem Schauderproceß - 
Anlaß gegeben. Ein reicher, aber perjönlich ſehr abjchredender Türke 
ftellte ihr nad. Da aber die Hebe ihm widerſtand, jo miethete er einige 
Bravo, ließ fie rauben und gab ihr erft in einem halbtodten Zuftand die 
Freiheit wieder. Yebt fit er auf der Galeere, d. h. was man hier fo 
nennt, denn für Reiche kann im Orient felbft das Zuchthaus erträglich, 
ja zu einem Schauplag der Wolluft gemacht werden. Mein Diener kannte 
diefen Türken und bejuchte ihn in feiner Einfperrung, wo es nad) ihm 
gar nicht an den Huris des Paradiejes fehlte. 

Der Menfchenhandel mit deutſchen, namentlich öſtreichiſchen Mädchen 
wird übrigens auch hier auf empörende Weife getrieben. Alljährlich reifen 
„ehrwürdige” Matronen, Vorfteherinnen gewiſſer Anftalten, von hier nad) 
Wien oder Pefth und kündigen an, daß fie Dienſtmädchen miethen wollen. 
Sie kehren dann gewöhnlich mit einem ganzen Serail zurüd, und Die 
Mädchen Haben oft feine Ahnung ihrer Beſtimmung. Mehrere junge 
Alerandriner erzählten mir merkwürdige Dinge über die Art und Weife, 
wie diefe armen betrogenen Perfonen zu Fall gebracht werden. Bor zwei 
Jahren fprang eine, die fi der „Hausregel” nicht fügen wollte, aus dem 
Fenſter und töbtete fih. Es hieß natürlich, fie ſei mahnfinnig geweſen. 
Nach jo etwas kräht fein Hahn! Wenn es aber gilt, einen Neger, Ver 

\* 


4 Neueſte Geftalt Cairo's. 


es bei feinem Herrn gut bat, zu befreien, dann rühren ſich die europäi- 
ſchen Menfchenfreunde. 

Auf dem Eifenbahnzug zwiſchen Alerandrien und Cairo Tonnte id 
mich in Italien glauben. Wo ich hinſah, erblidte ich Italiener. Es wa- 
ten die Opern, Ballet- und Circus-Truppen, die der Khedive für den 
Winter verjchrieben hatte Nur die Comödie war durch Yranzofen ver 
treten. Cairo verdankt diefem Yürften vier Theater, von denen mwenigften? 
drei jeden Winter fpielen. Es ift dies der neuefte Verſuch, das Land zu 
civiliſiren. Die Europäer in Cairo freuen ſich natürlich Über dieſe Manie, 
die nur ihrem Vergnügen fteuert. Die Sänger und Sängerinnen, mit de- 
nen ich zufammen reifte, ſchwammen in Seligkeit, denn hier wurden ihnen 
Preiſe gezahlt, wie fie fih’8 nie geträumt Hatten. Dan fagte mir, die erſte 
Sängerin befomme 200 Pfund Sterling für jedes Auftreten. Alle ande 
ren im Verhältniß. Sie hatten ein Eldorado gefunden. Alles dies zahlt 
ber Khedive (man jagte einige Millionen jährlih). Dur Billetverfauf 
geht wenig ein und jelbit dies wird noch oft verſchenkt. So ift es nid 
felten, daß der Vicekönig einem feiner europäijchen Günftlinge die Brutto- 
- einnahme von drei Theaterabenden fchenkt, die fie felbft controliren bürfen. 
Nur der Circus foll, wie mir der Khedive ſelbſt fagte, einen heil der 
Koften wieder einbringen. Man ſprach viel von einer neuen Oper Berbi’s, 
„Aida“ betitelt. Der Khedive Hatte von Verdi das Recht, fie zuerft auffüh- 
ren zu lafjen, theuer erfauft. Die Aufführung kam aber nicht zu Stande, 
da die beitellten Decorationen in dem damals belagerten Paris waren. 
Sm Winter 1871—1872 Holte man das Berfäumte nad). 

Wie verändert fand ich die alte Ehalifenjtadt, Cairo! Hier narmte 
man es „verſchönert“. Mir famen die Veränderungen ſowohl unſchön 
al3 unzweckmäßig vor. Leßteres mweil die großen europäifchen „Mieth: 
faften” für Orientalen faum zu bewohnen find, deren Gewohnheiten es 
zumiberläuft, mehrere Yamilien unter einem Dach zu vereinigen. Ganz 
orientalijhe Stadttheile waren verſchwunden, und was erhob ſich an ihrer 
Stelle? Große cajernenartige Paläfte, Hotels, Minifterien, fünfftödige 
europäiſche Miethshäufer, jo nüchtern und gejchmadlos, wie möglich. Tas 
orientalijche Viertel, das früher beim Pla der Esbekiye begann, ift nm 
um die ganze Straßenlänge der Musti zurüdgebrängt. Diefe Musi, font 
eine orientaliſche Baſarſtraße, ift jeßt dicht mit europäifchen Läden, Fr 
jeurbuden, Wein und Branntweinkneipen bejeßt. Die Esbekiye jelbft, ihrer 
ſchonen Bäume beraubt, umgeben neue folofjale Monftrebauten , bei denm 





Haudmanifirung. 5 


man fi Alles, was Europa Nüchternftes hat, zum Modell genommen zu 
Haben fcheint. Die eine Seite ift mit Theaterbauten ausgefüllt. Auf einer 
andern erhebt ſich ein Monftrehotel, halb Zellengefängnig, halb Waaren> 
magazin. Unter den neuen Baläften des Khedive, feinen Minifterien u. |. w. 
in fein einziger Bau, der geſchmackvoll wäre. 

In den Seitenftraßen, wo die „Europäiſirung“ erft im Werk iſt, 
ſieht es noch ſchauriger aus. Dort hat die „Hausmaniſirung“, für welche 
der Khedive ſich in Paris enthuſiasmirt hat, den gewohnten Vandalis— 
mus bethätigt. Hier ging ſie noch rückſichtsloſer zu Werk, als anderswo. 
Man zog auf dem Stadtplan von einem Ende zum andern eine gerade 
Linie, die eine neue Straße werden ſollte. Alles, was auf dieſer Linie 
ſtand, wurde niedergeriſſen, die Häuſer oft in der Mitte durchſchnitten, 
Gärten, Brunnen, Moſcheen, Kunſtbauten zerſtört. So iſt es mit der 
neueſten Straße, die mitten aus der Stadt nach dem Bahnhofe führt. 
Dieſe ſehr breite „Straße“ glich einſtweilen noch einem ſandigen Wüſten⸗ 
weg, d. h. was ihren Boden betraf. Umgeben war ſie rechts und links 
von in der Hälfte, im Drittheil, im Viertheil durchſchnittenen Häuſern, 
die nun als künſtliche Halbruinen ſich ſeltſam und unſchön ausnahmen. 
Da ſah man ein halbes tapeziertes Zimmer, eine halbe Küche, einen halben 
Stall. Viele Zimmer hatten ein noch ſo bewohntes Anſehen, daß es war, 
als blicke man in die Geheimniſſe dieſer gewaltſam aufgedeckten Häuslich- 
keiten hinein. Natürlich liegt es in der Abſicht, hier ganze Reihen europäi⸗ 
ſcher Häufer zu errichten. Aber mit ſolchen Neubauten geht’3, wenn nicht 
der Khedive felbft fie zahlt, ſehr langſam. Europäiſche ‘Privatleute und 
bornehme europäifirte Moslems, die bauluftig find, giebt es nicht genug. 
‚Die früheren Infaffen, meift Moslems aus dem Mittelitand, haben weder 
Luft noch Geld, europäifch zu bauen, was hier immer jehr koſtſpielig. Die 
erhaltene Entſchädigung ift ein Spottgeld, kaum 30 Proc. vom Werth und 
dieſes foll oft noch als Steuerquote berechnet werden. Die Leute find durch 
diefe Gewaltmaßregel aus der Stadt verbannt. Ich war neugierig zu er= 
fahren, was aus ihnen wird? Nicht ohne Mühe gelang mir's. Yragt man 
ägpyptifche Beamte, fo wollen ſie's nicht wiſſen (denn alle Unterthanen find 
ja officiel „glüdlih”), und den hiefigen Europäern ift es zu gleichgültig. 
Ich entdedte es jo zu jagen ſelbſt. Einft ftieß ich in der Nähe der Abbaj- 
fiye, 1 Stunde von Cairo, auf ein neues Hüttendorf, von Nilſchlamm und 
Reiſern erbaut. Einzelne Palmhütten waren noch im Bau. ch jprach mit 
den Leuten und erfuhr, daß fie ein Theil der erproprürten Stühter \Arn. 


6 Das alte arabijche Cairo. 


Die anderen lebten in ähnlichen Schuppen in anderen Dörfern. So fördert 
die Regierung zu gleicher Zeit zwei Extreme der Eultur. Sie europäifirt 
einen Theil der Stadt. Ein großer Theil der Bewohner aber wird gezwun⸗ 
gen, zu einer Art von Naturzuftand zurüdzufehren und aus Städtern be 
fißlofe Landbewohner zu werden, elender als die Fellahs, die wenigſtens 
Bauern oder Pächter find. 

Dan fragt fi, welche Gejhmadsverirrung fi der Regierung be= 
mächtigt Hat? Doc davon rede man ja in Cairo nidt. Alles gilt für 
„Verſchönerung“, für „civilifirt” und felbft die hiefigen Europäer loben &. 
Ahnen und den vomehmen Moslems gilt das ältere Cairo für geſchmacklos, 
barbariih. Und dennod mie ſchön ift es, wie zweckmäßig für Dies Klima 
und die Gewohnheiten der Moslems gebaut! Gehen wir in diefen vom 
Vandalismus noch unberührten Stadttheil, jehen wir die ſchönen kunſt⸗ 
vollen Mofcheen mit ihren luftigen Terraffen und fchlanten Minarets, mit- 
unter vom ehrwürdigſten Alter, die Gänge, Bogen, Säulen, und oft im 
beträchtlicher Höhe gleichſam ſchwebenden Balkone, die vielen Sebils (öffent: 
liche Trinkbrunnen) mit ihren vergoldeten Gittern, die kunſtvoll gejchnigten 
Tenfter und Holzerker an den oberen Stockwerken aller arabiſchen Privat- 
häufer, die fäulenumgebenen Okaͤle (remdenhäufer), fo haben wir einen 
Begriff von dem Berluft, den Cairo durd) Zerftörung vieler ähnlichen Baus 
ten ſchon erlitten hat. Freilich ift im alten Stadttheil Vieles verfallen. 
Aber mit dem Zehntheil der Koſten jener europäifchen Neubauten hätte 
man Cairo als „arabiſche“ Stadt reftauriren und als eine „Perle de 
Orients“ erhalten fünnen, während, wenn das fo fortgeht, es bald ausſehen 
wird, wie eine Arbeitervorftadt in einem induftriellen Centrum Europas. 
Waren Neubauten nöthig, ſo fehlte es wahrhaftig nicht an unbenuptem 
Boden. 





Kegnpten. 


— Ji— S — 


Zweites Capitel. 
Die Cultur, die alle Welt beleckt. 


Geſchmackloſigkeit moderner Häuſer. — Drei Reformperioden. — Aegypten zu Nie 
buhr's Zeit. — Europäerthum. — Der Kröſus von Cairo. — Falſche Millionäre. — 
Ein Lieferant. — Seltſame Begriffe von Fachkenntniß. — Europäiſch erzogene 
Aegypter. — Die goldene Jugend. — Offenbach's Texte arabiſch. — Regierungs⸗ 
ſchulen. — Unwiſſenheit. — Die Effendi-Claſſe. — Arabiſche Gelehrſamkeit. — 
Mangel guter Volksſchulen. — Hospital. — Irrenhaus. — Immoralität. 


Wie mit der Stadt, ſo iſt's mit dem Innern der Häuſer. Auch hier 
iſt Alles „verſchönert“ und „civiliſirt“. Die orientaliſchen Wandverzierun- 
gen von Stuckatur und kunſtvoller Schnitzerei werden als barbariſch mit 
europäifhen Tapeten überkleiſtert. Falſche Blumenſträuße unter Glasglocken 
vertreten die Stelle einheimiſcher Kunſtgegenſtände. Die einfache orien— 
taliſche Zimmerausſtattung, die der Lebensweiſe der Leute allein entſpricht, 
wird verbannt. An Stelle der türkiſchen und perſiſchen Teppiche mit 
ihren harmoniſch gedämpften Farben kommen europäiſche Machwerke mit 
den intenſivſten, ſchreiendſten Farbentönen, wie Zinnober, künſtliches Ultra— 
marin, Chromgelb u. ſ. w., die in Europa für „orientaliich“ gelten, wäh— 
rend der Drient zur Blütezeit gar fein einziges, nach unſeren Begriffen 
„brillantes”, d. 5. intenfive® und ungebrochenes Yarbenpigment beſaß. 
Schmwerfällige Möbel der jchlechteiten Sorte fommen an die Stelle der 
Divane, der Heinen Perlmuttertiſchchen und kunſtvoll eingelegten Schreine. 
Alles dies ift den Leuten fchredlih unbequem, aber es ift „avilifirt”, und 
die Parole ift von oben herab gegeben, daß die Aegypter fich civilifiren 
müflen. 

Schon dreimal murde diefe Parole von oben herab gegeben, unter 
Mehemeb Ali, unter Said und in neuefter Zeit unter Jamal. Eimer „Ars 


8 Europäer in Cairo, fonft und jekt. 


form“ wurde auf die andere gepfropft und mas ift das Rejultat? Nun ja, 
ein Rejultat läßt fich nicht leugnen. Der Yanatismus ift verfiummt, wenn 
auch nicht verſchwunden. Leſen mir frühere Berichte aus Aegypten, z. 2. 
Niebuhr's: „Die Europäer, felbft die Confuln, durften nur auf Efeln reiten 
und mußten abfteigen, wenn ein vornehmer Moslem ihnen begegnete. 
Diefem Tief ein Diener mit einem Knüppel voraus, der die Säumigen 
prügelte. in franzöfiicher Kaufmann wurde kurz dor unjerer Ankunft 
zum Krüppel gefejlagen, meil er nicht fchnell genug abftieg. Bei 24 Ge- 
richtshäufern, bei den Gafernen und einzelnen Mofcheen durfte ein Euro- 
päer nicht vorbeireiten. Ins Quartier el Sarafe, in die Nähe von Bäb 
Nacr, in die von Sitt Zainäb durfte er gar nicht kommen.“ 

Das Hat fich freilich gewaltig verändert. Jetzt ift eigentlich der Eu- 
topder der Herr der Straßen Cairos. Selbſt des Khedive Vorläufer 
können nicht wagen, ihn unjanft auf die Seite zu ſchieben, während fie 
dad Bolt prügeln. Lebteres kann auch der Europäer ungeftraft wagen 
und einzelne rohe Naturen treiben viel Mißbrauch damit. Selbſt die Mo- 
ſcheen können mit Erlaubniß bejucht werden, was weder in Tunis noch 
Marokko möglich ift. 

Cairo ift jetzt im Winter wie ein Weltbad geworden und bietet viel- 
fache VBergnügungen, Theater, Spielbanken, in griechiſchen Staffeehäujern ges 
halten, Cafe chantants u. |. w. Wenn der Khedive Bälle giebt, koftet ein Wa⸗ 
gen oft 100 Francs, und doch finden fi Europäer, die e3 zahlen. Denn 
alle dieje Freuden find faft nur für fie. Ihr Hauptipaß find die Corſo— 
fahrten in der Schubra-Alle. Man ift erftaunt, die Menge eleganter 
Equipagen, gepußter Herren und Tamen zu fehen. Unter leßteren find 
auch viele Variferinnen, die hier mitunter ganz ähnliche Yortunen machen, 
wie im Quartier Breda, und als reihe Damen Cairo verlafjen. 

Die Europäer jpielen in Cairo nicht diefelbe Rolle, wie in Aleran« 
drien. In legterer Stadt ftehen fie meift auf eignen Füßen, in Cairo 
find fie alle, mit wenigen Ausnahmen, vom Sthedive abhängig. Großer 
Reichtum findet ſich nur bei fehr wenigen. Der Kröſus von Cairo if, 
wie ich hörte, deutfchen Urfprungs. Dieſes Glüdsfind fam in wenig Jah 
ten zu jeinem Vermögen und zwar nicht durd) Handel, fondern durch 
eine großartige Pachtung fürftlicher Güter. Der Vorgang ift bezeichnend 
für ägpptifche Verhältniffee Der Sohn und Erbe Abbas Paſcha's fürchtete 
Confiscation feiner Güter durch Said, den ihm feindlichen Nachfolger fer 
nes Baters. Davor konnte er fi nur ſchützen, wenn er dieje einem Ew 


Wahre und falfche Millionäre. 9 


⁊ verpachtete. Er lebte in Conftantinopel und verbraudte dort jähr- 
Deit mehr als feine Einkünfte. Daher zahlreiche Vorſchüſſe von Seiten 
Zächters, die fich, als der Prinz farb, auf mehrere Millionen beliefen. 
Erbe fiel zum Theil dem Staat anheim. Said Paſcha meigerte fich 
anfangs, die Schulden zu bezahlen und befchuldigte den Gläubiger 
Betrug. Diefer aber wuſch fi glänzend rein. Er beſaß nämlich 
Menge Blanco-Anmweifungen, vom Prinzen fignirt, die er unausgefüllt 
en hatte. Said Paſcha jah darin einen Beweis großer Redlichkeit, 
alle Schulden und fchenkte dem Dann fein Vertrauen. 
Die Mehrzahl der für reich geltenden Europäer Cairo’ iſt es jedoch 
Sie verdienen viel, aber jie leben ſehr koſtſpielig. Wer nicht ein 
md montirted Haus, zahlreiche Dienerjchaft, elegante Wagen und Pferde, 
toge in der Oper bat und überhaupt nicht Luxus macht, der gilt nicht 
jehr, als ein Heiner Krämer. 
Alles dies koſtet hier ungefähr das Vierfache, wie in Europa. Nicht 
b das Leben jelbft theuer wäre. Es ift im Gegentheil billiger, ala 
uropa. Aber alles Europäifche, jeder Qurusartifel wird mit Gold 
mogen. Ein Beweis: man verlangt für zwei möblirte Zimmer oft 
Zhlr. monatlid, und dabei find fie elend möblirt. Im arabiichen 
tier dagegen befommt man für 14 Thlr. ein ganzes Haus. Diener 
zuriöfen Häufern verlangen 40 Thlr. Monatslohn. Ein arabifcher 
er zahlt höchſtens 7 Thlr. Aber Luxus, das ift die Parole, und 
Ausgaben geben hier eine Stellung. 
„Reich ſcheinen“ ift deshalb eine Bedingung des Erfolges. Tiefer 
t hier meift auf Gelbgefchäften mit dem Staat oder der Daira (dem 
tbefib des Khedive) und auf Lieferungen. Xebtere erlangt man nicht 
durch jolide Eigenichaften, fondern durch Beftändigfeit im Anticham⸗ 
, eine gewiſſe liebenswürdige Zubdringlichkeit, Viele auch dadurch, daß 
b bei Hofe „hänfeln“ laſſen. „Zen Hanswurſt bei Hof Spielen, das 
ich eine Stellung in Cairo,” ſagte mir ein langjähriger Beſucher 
Hofes. Es jchmeichelt dem Moslem, daß ein „civilifirter” Europäer 
azu hergiebt, Zieljcheibe feines Witzes zu fein, der Übrigens ftet3 gut 
nt if. Einem ſolchen wendet er auch im gegebenen alle große 
eile zu. j 
Mitımter tommen allerlei Seltfamtleiten bei ſolchen Lieferungen vor. 
enügt nicht, daß der Staat fie verliehen hat. Dan muß auch gute 
we Haben, die fie anbringen. Dieſe Vorficht hatte ein großer YButter« 


10 Gaftfreundfchaft des Vicekoͤnigs. 


lieferant vergeflen und fand ſich dadurch in der unangenehmen Lage, daß 
ein „Ehemiler”, der die Butter probiren follte, dieje für gefäljcht erklärte. 
In feiner Herzensangft lief er zu einem Freunde, von dem er wußte, daß 
er mit dem Chemiker gut ftand. Diefer fchlug ihm ein Compagniegefchäft 
vor und präfentirte nun die Butter unter feinem Namen. Und fiehe da, 
die vorher für gefälicht erklärte wurde nun trefflich gefunden und die ägyp- 
tiſchen Soldaten befamen fie zu eflen. Manche diefer Lieferanten machen 
jährlih nur ein Baar Geſchäfte, aber große, die jo viel abwerfen, daß fie 
mit Luxus leben. Aber zu eigentlihem Reichthum bringen ſie's nicht. 

Merkwürdig einträgliche Gefchäfte machen auch die erſten Hotels, bes 
fonders feit der Khedive angefangen hat, Europäer dort frei zu halten. 
Für jeden ſolchen „Saft“ zahlt er 60 Francs (16 Thlr.) täglich. Die Bes 
wirthung ift natürlich Iururiös. Jeder Gaft hat das Recht, täglich fo und 
fo viel Flaſchen feiner Rothmweine, Champagner u. |. w. zu trinken, wovon 
freilih die Damen, jungen Mädchen, denn oft find ganze Yamilien zu 
Saft, wenig Gebrauh machen. Die Wirthe fehen diefe Gäſte ſehr gern. 
Zur Zeit der Canaleröffnung mar in den meilten Hotel3 von Cairo für 
ſelbſt zahlende Gäfte nicht unterzufommen, da der Khedive fie alle in Be 
ſchlag genommen hatte. Es war übrigens leicht eine Einladungsfarte zu 
befommen. Dan erzählte mir bon einem deutfchen Handmwerksburfchen, 
der ganz „abgebrannt” nad Cairo kam und in großer Sorge mar, wie 
leben. Da gab ihm Jemand den Rath, fih eine ſolche Karte zu verjchaf- 
fen, was er auch that und 14 Tage herrlih und in Freuden Iebte. Er 
galt natürlich für einen „Schriftiteller”. 

Es ift bedauernswerth, manche Europäer der befjern Art hier oft 
viel tiefer geftellt zu jehen, al3 andere. Der Orient ift eben ein Land, 
wo glänzende äußere Eigenfchaften mehr gelten, als folide. Bon Fachkenni⸗ 
niffen namentlih hat man hier die jeltfamften Begriffe. Der Europäer 
muß Alles verftehen, denkt man, und fo ernennt man einen Chemile 
zum Vorfteher einer Montirungscommiffion, einen Architekten zum Schul 
lehrer u. f. m. „Hier übt Jedermann eine andere Profeſſion, als die, welche 
er erlernt hat,” fagte mir ein Kenner. 

Ganz fo geht e8 mit den Wegyptern, welche die verſchiedenen Vic 
fönige in Europa ftudiren ließen. Einer diefer, den ich kannte, kam aß 
geſchickter Geometer von Paris zurüd, und welches Amt erhielt er hier! 
Er wurde Vorfteher einer Strumpffabrit fürs Militär. Im Ganzen 
gelten bie, welche folide Kenntnifle errungen haben, weniger, als diejenige Ür 








Europäifirte Aegypter. 11 


welche mehr im Aeußern „von der Cultur beledt“ find, fertig franzöfifch 
parliren, fi) elegant Heiden und fleißig im Antichambriren find. Lebtere 
bilden die „goldene Jugend“. Sie finden meilt ihre Verwendung bei 
Hofe, bei den europäifirten Großen oder im fogenannten „auswärtigen 
Amt“, welches, da Aegypten ala Bafallenftaat ftrenggenommen keine äußere 
Politik treiben darf, blutwenig zu thun bat. Im Jahr der Ganaleröffe 
nung hatte man jedoch eine ihrer mürdige Beichäftigung gefunden. Damals 
war die Pariſer Leichtfertigleit ganz beſonders hier im Steigen und man 
empfand das Bedürfniß, Offenbach'ſche Operetten aufzuführen. Damit 
aber ja die wenigen Fellahs, die ſich ins Theater verloren, etwas davon 
verfländen, jo ließ man die Terte durch die „goldene Jugend“ ind Ara⸗ 
bifche überſetzen. Es murde ein gräßliches Kauderwelſch zu Tage gefür- 
dert. Dieſe Literatur fand aber wenig Anklang. Die Aegypter empfan- 
den danach fein „tiefgefühltes Bedürfniß“. 

Es fam mir vor, als ftelle man die in England und Deutichland Er- 
zogenen weit den in Paris Gebildeten nad. Bon erfteren, meift Inge— 
-nieuren, kannte ich mehrere, welche, obgleich durchaus tüchtig und im 
Tienft ergraut, es zu nichts brachten. Die in Deutſchland Gebildeten 
find größtentheil Aerzte. Auch unter ihnen hatte ich Belannte, die wahre 
Verbannungspoften, wie in Sualin, Dſchedda, im Sudan einnahmen. Sie 
haben eben nicht den Schliff und der gilt hier Alles. 

Die in den ägyptiſchen Negierungsfchulen Erzogenen haben in ber 
Regel faſt nichts gelernt, ſich auch nur jehr oberflächlich „europäifirt”, ob⸗ 
gleich fie natürlich, wie Alles, mas nicht Fellah, Mollah oder Krämer ift, 
europäijch gefleidet find. Sie find fehr zahlreich, denn e3 giebt eine Menge 
Regierungsjchulen, eine „ecole primaire“, eine „ecole des arts et me- 
tiere“, eine &cole de droit“ u. ſ. m. Ich lernte viele der Bürfchchen 
fennen, die bier ihre Erziehung genofjen. Die Schulen find nämlich) zu— 
gleich Penfionate. In einigen Zweigen wird der Unterricht engliſch, in 
anderen franzöfiich ertheilt. Die lebtere Sprache war von einigen Weni« 
gen wirklich erlernt worden. Die fogenannten „Engländer“ dagegen ver- 
ſtanden kaum ein Paar Worte der Sprache. Die Jungen nannten fid 
nämlich untereinander „Engländer“ oder „Franzoſen“. Ich kam einmal 
auf einer Eſelsparihie unter eine ganze Geſellſchaft ſolcher Heiner „Englän« 
der“. Um ihre Kenniniß zu prüfen begann ich ein englifches Geſpräch. 
Die Jungen antworteten aber nur mit „Ja“ und „Nein“ und zwar ganz 
derlehrt, jagten mir aber auf Arabisch, fie hätten alle ion 5 Yate eraih 





Armenanftalten, Irrenhaus. 13 


die Grammatik zwar auswendig gelernt hatten, fragte man fie aber nad) 
dieſer oder jener Yorm, jo waren fie verblüfft. Sie mußten dann anfan- 
gen, das ganze Regifter abzuleiern. Die arabifchen Werte über Gram- 
matik find auch meift jo bänderreih und verwidelt, daß es wirklich eine 
Wohlthat wäre, wenn man eine3 unferer furzen rationellen arabijchen 
Lehrbücher überjeten würde. 

Auch bei anderen öffentlichen Anftalten gejchieht mehr Oberflächliches, 
al3 Zweckmäßiges. Man ſprach mir viel von der Trefflichleit des ara⸗ 
biſchen Spital. Ich fand aber, daß fich Alles dort auf einige Parade- 
zimmer bejchränfte, die unter europäifchen Aerzten fiehen, und den Frem— 
den gezeigt werden. Daher jo viele optimiftiiche Begriffe, welche Scrift- 
ftellee verbreiteten, die von Aegypten nur die officielle Seite fahen und 
nicht mit dem Volk umgingen. Geht man aber unter dieſes, fo kann 
man jenen Optimismus nicht theilen. Betrachten wir z. B. die Armen- 
anftalt in der Gemä Zulun. Dort liegt in einem balbverfallenen Ge— 
bäude Alles durcheinander auf ſchmutzigen Strohmatten, Arme, Kränkliche, 
Halbverrüdte u. |. m. Es ift ein Bild des Jammers und des Elends. 
Beſuchen wir die Jrrenanftalt in Bulaq, fo jehen wir Schauderhaftes. 
Ich fand dort in einem ſchmutzigen Hof, in dem eine übelriechende Pfüße 
Hagnirte, einige zwanzig Verrüdte, alle nadt, von Schmuß und Ungeziefer 
ftrogend. Dies maren noch die weniger Gefährlihen. Die Tobjüchtigen 
wurden wie wilde Thiere behandelt. Ein Arzt ſoll gar nicht in diefe An- 
ftalt kommen. 

In Bezug auf Moralität hat die „Europäiſirung“ viel gejchadet. 
Die alten orientalifchen Lafter jind keineswegs auägerottet, nur durch allen 
Unflatb Europa vermehrt. Im europäifchen Biertel wimmelt es von 
Kneipen, die nur Aushängefchilder für Stätten des Laſters find. Dort 
treiben die „Wallachinnen“ ihr Welen. Für die Vornehmeren fehlt es 
nicht an „Hochſtaplerinnen“. Unter den Moslems ift die Zahl der Leicht- 
fertigen Legion geworden. Auch viele freigelafjene Circaſſierinnen haben 
fich jeßt diefem einträglichen Gewerbe Hingegeben. Sie find fehr beliebt, 
denn fie gelten für Prachtſtücke, die man früher nur durch Kauf erwarb, 
jebt aber „miethen“ kann. Don jenem Borurtheil gegen Europäer, das 
man noch in Tunis und Dſchedda findet, find dieje aufgellärten Damen 
gänzlich frei. Sie kennen nur die Religion des Beutels. Auch giebt es 
eine Menge alter Weiber, die fich zu jeder Art von Vermittlungsgeſchäft 
hergeben, jelbft zu ſehr heterogenen. Daneben blüht die Sitte der 





Kegnpten. 


Drittes Capitel. 
Ein Beſuch beim Khedive. 


— — — 


Neichthum des ſthedive. — Uebertriebene Lobhudeleien. — Finanzmaßregel. — Ver⸗ 

hältniß zum Sultan. — Das Kanzelgebet. — Zugänglichkeit des Viceldnigs. — 

Vorzimmer. — Der Zeitungsbeamte. — Schwinden des Präftigium Frankreichs. — 

Audienz. — Geſpräch über Landcultur. — Ein komiſcher Mißgriff. — Nachahmung 

von Paris. — Fürſtliche Familie. — Dienerſchaft. — Der Erbprinz. — Bernünf: 

tige Anfichten. — Andere Mitglieder der Familie. — Die Mutter des Khedive. — 
Die Wittwe Said Paſcha's. 


Wenn die perſönlichen und Hofausgaben eines Fürſten den Maßſtab 
für ſeine Wichtigkeit geben, ſo iſt der Khedive der wichtigſte der Welt. 
Seine Ausgaben überſteigen die des ehemaligen franzöſiſchen Kaiſerhofs, 
die doch in Europa für exorbitant galten. Freilich hat Aegypten in den 
letzten zehn Jahren ſeinen ohnehin ſchon großen Reichthum noch der Art 
vermehrt, daß ſelbſt jene Ausgaben möglich wären, ohne das Land zu ver⸗ 
Schulden, wenn Ordnung exiſtirte. Bon einer ſolchen ift aber nicht bie 
Rede und jo häuft man Schulden auf Schulden. Nur die Daira, der 
Privatbefig des Khedive, der jehr bedeutend ift, joll wenig verſchuldet fein 
und täglich anwachſen. Böfe Zungen wollen behaupten, der Fürſt ver- 
ſchulde abfichtlih das Land und vermehre die Daira, da er troß jenes 
Vertrags mit dem Sultan, welcher die Nachfolge feinem Sohne fichert, 
nicht an dieſe glaube. 

Sedenfall3 ift der Khedive, von dem ja zur Zeit der Ganaleröffnung 
jo viel die Rede war, geeignet, die Neugierde des Reifenden zu erregen, ſei 
es auch nur, um die übertriebenen Lobhudeleien der Canalbejucher durch 
eigne Anjhauung aufs richtige Maß zurüdzuführen. Denn ein folder 
Ausbund aller Vortrefflichleiten , wie ihn feine Gäfte ſchildern, ift er denn 
doch nicht. Er ift aber auch nicht das Gegentheil davon. Der Khedive ift 


16 Verhaältniß des Khedive zum Sultan. 


nicht beifer und nicht Schlechter, al3 ein anderer orientalifcher Fürſt. Daß 
er mehr für Europäer, unter denen viele Abenteurer, tut, als für fein 
Bolt, und daß diefes Volk ärger wie je ausgeſogen wird, ift Thatfache, aber 
er macht es nur, wie alle modernen orientaliihen Fürften. Natürlich weiß 
er felbft nicht viel vom Elend feines Volkes. Wer follte es ihm fagen? 
Während ich in Cairo war, wurde eine Mafregel ind Werl gejekt, wo— 
durch viele hundert Beamtenfamilien theils durch Entlafjung, theils durch 
Herabjegung der Gehalte in ſchwere Bedrängniß famen. Ein Belannter von 
mir berechnete die Summe, welche dadurch erfpart wurde, und ein Paar Tage 
ipäter wurde bekannt, eine Pariferin habe eben ein Gefchent von ungefähr 
derjelben Werthjumme erhalten. Auf der einen Seite herzzerreißendes 
Elend, auf der andern finnloje Verſchwendung. Das ift Voll und Yürf 
im Orient. 

Sonderbar ift das Verhältniß zum Oberlehnsherrn, dem Sultan. 
Alle Paar Monate ein Conflict, den der Khedive durch Beftechung ber 
Minifter beilegen muß. Uber kaum ift er beigelegt, fo taucht ein neu 
auf. Es ift freilich faum anders möglich. Denn ftet3 kommen Handlungen 
der ägyptiſchen Regierung vor, die auf Unabhängigfeitsbeitrebung gedeutet 
werden können. Die Zeitungen haben uns über die meiften diefer Hand- 
lungen berichtet. Aber noch nie hat eine von dem geſprochen, was vie: 
leiht in Stambul am meiften böjes Blut mat. Ich erfuhr es ganz zu⸗ 
fällig und eben auch nur dur) meinen Umgang mit den Einheimiſchen. 
Der Khedive hat nämlich das Kanzelgebet für den Sultan abgeändert. In 
der ganzen ſunnitiſchen Welt, ſelbſt da, wo der Sultan nur geiſtliche Au— 
torität hat, betet man: „Gott erhalte unjern Sultan Abdulaziz.“ So lau 
tete audy in Cairo noch vor wenig Jahren da3 Gebet. Jetzt Hat man 
den Namen geftrihen und betet nur: „Gott erhalte unjern Sultan.“ 
Diefer Befehl wurde den Geiftlichen durch die Polizei gegeben, jo wenig 
Umftände macht man mit ihnen. Der Wegfall des Namens wird natürlid 
jo gedeutet, daß man das Volk vorbereiten will, für „Sultan Ismail 
zu beten. Hinc illae irae! ®Diefer Umftand wurmt immer nod u 
Stambul und läßt fi) durch feine Beſtechung vertufchen. Umfonft betheuet 
der Sthedive jeine Unſchuld. Man antwortet ibm: Warum wird dei 
Kanzelgebet nicht wieder hergeſtellt? Geiſtliche und Volt ſehen biet 
Aenderung jehr ungern. Ich hörte fie fogar als gottlos bezeichnen. AL 
Sumniten hängen eben an der geiftlichen Autorität des Sultans, wen # 
auch jeine weltliche oft keineswegs lieben. 





Palaft des Khedive bei Bulaq. 17 


Den Khedive in der Nähe zu fehen, ift nicht ſchwer. Er ift fich zu 
ſehr bewußt, daß er perfönlich einen guten Eindrud macht, um Audienzen 
zu vermeiden. Auch ich Tam zu einer folden. Der Hof befand ſich im 
Nilſchloß bei Bulaq, einem großen und nad) dem, was ich ſah, geſchmackloſen 
Balaft. Dan fuhr big dicht vor die innere Thür. Dort empfing mid) der 
freundliche Heine Sekki-Paſcha, der Kammerherr, Ceremonienmeifter, das 
Hoffactotum de3 Sthedive. Er führte mi in ein Vorzimmer, um nun 
die Treuden des Antichambrirens zu genießen. Sie waren glüdlicher Weife 
nicht von langer Dauer, gaben mir aber doch Zeit zu allerlei Beobadhtun- 
gen. Diejer Hof befigt Alles, jogar einen Verbreiter von Zeitungsnad)- 
richten, einem Beamten der „Agence Havas“. Diefer, natürli ein Fran— 
zoſe, verkündete eben im Vorzimmer, wo er ſich mit ſehr viel Selbftbe- 
wußtſein bewegte, einige kühne Unmahrheiten über den gerade ſchwebenden 
Krieg. Aber die ägpptifchen Minifter, die um ihn herum jaßen, Hatten 
offenbar den frühern tiefen Refpect vor Frankreich verloren und einige 
ironifche Bemerkungen verriethen, daß der Glaube fehle. Man fah, e8 war 
auch bier eine Herrſchaft im Schwinden. Frankreich hatte in Aegypten 
lange den Ton angegeben. In Beziehung auf Moden, Sprade, Künfte wird 
e3 ihn wohl auch behalten. Aber mit dem politischen Preftigium iſt's vorbei. 

Als ich eingelaffen wurde, fand ich den Khedive ganz allein in einem 
Saal, der & l’Empire mit einer Menge fteifer Sefjel und gerader Sophas 
möblirt war. Der Khedive hat mehr den iſcherkeſſiſchen, als den türkiſchen 
Typus, was durch die Abftammung feiner Mutter erflärt wird. Nur feine 
übergroße Wohlbeleibtheit verräth den Türken. Sonft ift fein Gefiht fait 
regelmäßig, nicht häßlich, nicht ausdrudslos, feine Hautfarbe licht. Ein hell- 
brauner, etwas röthlicher, furzgefchnittener Vollbart umgiebt das Gefiht. So 
lange er fteht, macht er einen guten Eindrud. Diejer wird vermindert, wenn 
er ſich jest, indem feine Corpulenz ihn dann zwingt, die Beine etwas 
frumm zu balten. 

Er Spricht geläufig franzöſiſch. ‚Sein Lieblingsgejpräh mit Unbe- 
kannten ift über die Bodencultur. Er kennt jehr genau die Beichaffenheit, 
die Producte, den Ertrag feiner Ländereien. Auch mit technijchen Ver— 
beflerungen hat er fich befchäftigt. Manchmal hält er eine wahre Vorle— 
fung über die Agricultur Aegyptens, und viele Europäer, die ſich nie mit 
diefem Gegenftand befaßten, Haben ſchon von ihm gelernt. Ein Conful 
fagte mir, daß er feine Hauptkenntniß des Landes dem Khedive verdanke. 
Er ift übrigens fein Schwäßer, und vermeidet Weitläufigfeiten. Er hat 


v. Maltz an, Reiſe nah Südurabien. 9 





Die ägyptifchen Prinzen. 19 


feiten ſein. Dan rühmt ihm nad), er habe die lächerliche Civilifations- 
tomödie, wie fie jet in Aegypten in Scene gejebt wird, durch recht tref- 
fen Ironie gegeißelt. So foll er einmal feinem Vater gejagt haben: 
„Man ſcheint Hier zu glauben, die Civilifation beitehe in Glacéehandſchu— 
ben und Pariſer Moden, ftatt in Volksbildung.“ Er ift ein ſchöner junger 
Dann mit feingefchnittenen Zügen, fieht aber etwas blaß und angegriffen 
aus. Dieſe Prinzen werden eben, kaum den Kinderſchuhen entwachſen, 
ſchon mit Guar-bid (weißen Sklavinnen) allzureich bedacht. Man fcheint 
erotifhe Uebertreibung förmlich zur Bildung eines orientalifchen Jünglings 
für nöthig zu halten. 

Der zweite Sohn, braun von Haut und unregelmäßig von Zügen, 
aber im Aeußern ſehr gefchniegelt, ift feiner geiftigen Natur nach) paſſiv, 
ſehr zu materiellen Genüffen neigend. Der dritte Sohn foll der befte von 
allen fein. Vielleicht ift dies auch ein Vorurtheil, das der Hof deshalb 
theilt, weil feine Mutter eine Prinzeffin war, während die anderen Söhne 
von Sklavinnen find. Er war zur Zeit in England. Der vierte Sohn ift 
noch ein Knabe, ein Heiner Tleifchllumpen, den man mandmal, von Eunu- 
hen umgeben, ſpazieren fahren fieht. 

Sonft find von männlichen Gliedern der Fürftenfamilie nur noch zwei 
in Uegypten, nämlich der Sohn Said Paſcha's, der ziemlich ſchlecht behan- 
delt wird, und ein Mulatte, Sohn des Gründer der Dynaftie und einer 
Negerin. Dieſer gilt faum für ebenbürtig und ift ganz auf die Seite ge- 
ſchoben, obwohl er firenggenommen diejelben Rechte hat, wie alle Prinzen. 
Muftapha, der Bruder, und Halim, der Vetter des Khedive, die ihm, als 
fünftige Nebenbuhler feiner Söhne, bejonders verhapt find (denn nad) dem 
alten Geſetz gebührt einem von ihnen der Thron), zogen fi wohlweislich 
nad) Conftantinopel zurüd, und der Khedive kaufte ihnen ihre Güter ab, 
damit fie ja nichts mehr bier zu thun hätten. 

Zahlreih find die weiblichen Mitglieder der Yamilie. Unter diejen 
it auch die Mutter des Khedive, die noch ſehr lebenäluftig fein joll. 
Man erzählt ſich allerlei Intriguen von ihr. Die Wittwe Said Paſcha's 
joll von großer Schönheit fein. Man jagt, der Sthedive habe ihr oft die 
Ehe angeboten, aber umſonſt. Diefe Dame ift jehr reih. Sie wirft 
mandmal Geld unter daS Volt und zwar mwerthuolleres, als der Khedive 
felbft, der dies auch zweimal jährlich thut. 


2* 


Südarabiſches in Kegnpten. 


Viertes Capitel. 


Eine Colonie von Dadrami in Cairo. 


Handel Cairo’ mit Arabien. — Die Hadrami. — PVorurtheile gegen fie. — Ein 
arabiſcher Kröfus. — Einfluß der Europäifirung. — Seltſames Mißverſtänd 
niß. — Der todte und der lebende Scheh. — Ein Moslem ald Freimaurer. — 
Europäifde Schurkerei. — Der Scheh der Hadrami. — Das Wirthshaus der 
Ddaner. — Phyfiognomien der Südaraber. — Ihre Lebhaftigkeit. — Sonderbart 
Empfang. — Man hält mid für Wrede. — "Abd el Hüd. — Mittheilfamteit der 
biefigen Do aner. — Beftätigung der Wrede'ſchen Berichte. — Seltfame Staa: 
eintreibung. 


Es ift beachtenswerth, melde Rolle Cairo, obgleich e& Durch ben 
Suezcanal zu einer dom großen Welthandelsweg unberührten Sadgafit 
geworden ift, dennoch fortfährt, bei Arabern zu ſpielen, namentlich bei den 
ächten, d. h. den Bewohnern der arabijchen Halbinjel. Yür fie gelten 
Alerandrien und der Suezcanal einftweilen noch nichts. Cairo if nad 
wie vor ihr Emporium und eigentlich auch der nördlichſte Punkt, wo fid 
eine Golonie ächter Araber findet. Namentlich iſt es Hadramaut (im wei 
tern Sinne) welches feine handelsbefliſſenen Söhne hierher fendet. Tie 
Hadrami find die Phönicier Arabiens, die Handelstalente. Man findet fi 
überall. Sie wifjen Geld auch ohne Capital zu machen. Großer Fleiß 
Ausdauer, Speculationstalent machen felbft einen Armen mit der Zeit zum 
Kaufherrn. In ihrem Vaterland ift Geld nicht zu Haufe. Arm kommen 
jie nach Dichedda, von wo viele nach Cairo gehen. Aber immer haben fi 
in Dichedda einige Jahre gemeilt, ehe fie fommen. Sie halten fid fi! 
zu einander und gruppiren ſich um einen ihrer wohlhabenderen Landsleute. 
Die anderen Araber wollen meift nicht3 von ihnen wiſſen. Es befteht ge 
gen jie ein Vorurtheil, etiwa wie es in Europa unter chriftlichen Kauf 





Gin lebender und ein verftorbener Schedh. 21 


leuten früher gegen Juden beſtand, d. h. fie find den Leuten zu klug. 
Nicht als ob fie unehrlid wären. Da man aber fieht, daß fie mit nichts 
anfangen und mohlhabend werden, jo denkt der Gairiner Kaufmann, daß 
diefe Wohlhabenheit aus feiner Taſche ftammt, natürlich oft mit Unrecht, 
denn der Handel erzeugt ja neue Werthe und ift nicht wie eine Spielbant, 
wo der Eine nur durch den PVerluft des Andern veich wird. 

Selten fommt e3 vor, daß ein nicht aus ihrem Lande flammender 
Kaufmann den Mittelpuntt einer Colonie von Hadrami bildet. Dies war aber 
dennoch der Fall bei meinem Belannten, Schech 'Abd el Kerim el Käbeli, 
der, wie der Name jagt, aus Kabul ftammte, aber mit den Hadrami durd) 
Verfehmägerung verbunden war und jet als zu ihnen gehörig angejehen 
wurde. Er mar jehr reich und hatte fein Vermögen in fürzefter Zeit ge- 
macht durch eine maghaljige Speculation, mie fie font Moslems felten 
unternehmen. Cr hatte nämlich jämmtlide Zransportartifel einer großen 
Karawane in Arabien angefauft und märe ruinirt gemefen, ohne die Baum- 
wollkriſis in Wegypten, die plöglich alle Preife auf eine früher nicht ge⸗ 
ahnte Höhe Hinaufjchnellte Er brachte feine Waaren nad Cairo, wo er 
die fabelhafteften Preife dafür erhielt. So fand er plöglih als Krö— 
jus da. 

Ich Hatte ihn früher in Dichedda gefannt, als er noch eine befcheidene 
Eriftenz führte. Neugierig, zu jehen, melche” Veränderung der Reichthum 
bei ihm erzeugt habe, befahl ich einem der in Cairo unvermeidlichen Ejelö- 
jungen, mic zu Schech "Abd el Kerim zu führen. Dies gab zu einem 
komiſchen Mißverftändnig Anlaß. Statt in das Waarenhaus, brachte man 
mi) vor eine Heiligencapelle. Nichts vom Mißverſtändniß ahnend, dachte 
ich, mein Belannter fei vielleicht dort im Gebet begriffen, und wartete, bis er 
heraustommen würde. Nach langem Warten ungeduldig, bat ich einen 
eben Herauslommenden, er möge dem innen teilenden ‘Abd el Kerim ja- 
gen, ich erwarte ihn bier. Aber da kam ich ſchön an. Der Araber ſah 
mich verblüfft an. Dann, wie vom heiligen Zorn über meine gottlofe 
Zumuthung ergriffen, rief er: „Schech "Abd el Kerim feht nicht aus feinem 
Grabe auf, um zu einem &hriftenhund zu kommen.” Alfo mein Belannter 
war verftorben? So dachte ic) anfangs. Bald aber löfte mir ein vor- 
übergehender Hadrami das Räthjel, der ftehen blieb, um dem Standal, 
der im Nu Volksmaſſen um mich gefammelt Hatte, zuzufchauen. Er Tannte 
den lebenden Scheh "Abd el Serim und führte mich zu ihm. Das Miß- 
verfländniß rührte daher, weil man in Cairo vorzugsweiſe Heilige, lebende 


22 Ein arabifcher Freimaurer. 


oder die Grabcapellen Verftorbener, nicht aber Kaufleute „Schech“ nennt, 
wie in Dſchedda und Hadramaut. Ich mar am die Grabcapelle eines 
ſolchen Längftverftorbenen gerathen, der auch Schech "Abd el Kerim hieß. 

Mein Bekannter war in feinen Manieren noch immer der alte, freund⸗ 
liche, bejcheidene Mann. Aber fein Aeußeres war ſehr verändert. Er ſah 
jest aus wie ein Engländer, nahm fogar im Haufe das Fes ab, was der 
Moslem fonft verabfcheuungswürdig finde. Dies erllärte er dadurd, 
er ſei jegt englijcher Untertban und fogar Frammaſon (Tyreimaurer) getvor: 
den. Erſteres nahm ihm Niemand übel, denn ein Moslem muß Unte- 
than einer europäifchen Macht werden, wenn er feinen Befit vor der Raub: 
jucht der einheimiſchen Behörden (die Regierung erhebt von reichen Unter: 
thanen Zwangsdarlehen, die oft deren ganze Habe ausmachen) ſchützen will 
Das Freimaurerthum aber gilt für eine große Ketzerei. Von einem Frei⸗ 
maurer kann man ſich Alles, felbft des gottlojen Hutabnehmens verſehen 

“Abd el Kerim, der Millionär, hatte übrigens eine wahre Spelunt 
zum Bureau. Dort verbrachte er feine Tage und nur die Nächte in einem 
prachtvollen Haus, wo feine Gattin, eine Gircaffierin, wohnte. Er war he 
vorurtheilsfos, daß er auf Reifen in Europa diefe Gattin mitnahm und je 
europäifch Hleidete, alfo aud) ohne Gefichtöverhüllung. Dennoch verfan 
er fein Wort einer europäifchen Sprade. Dadurch kam er oft in Gefaht, 
beftohlen zu werden. So hatte er zur Kriegszeit franzöſiſche Rente gelauft 
aber, mit der ächt arabischen Vertrauenzfeligkeit, ji von feinem europit 
ſchen Agenten feine Cuittung geben lafjen. Diefer Schurke läugnete nm 
den Empfang der Summe und der Schech beſaß fein Rechtsmittel gega 
ihn. Dadurch verlor er etwa Hunderttaufend Thaler und noch viel me, 
wenn man den jet höhern ‘Preis der Rente veranſchlug. Im Hand 
der Araber geht eben Alles auf Treu und Wort. Betrug ift faft unbe 
fannt. Darum muß jeder Moslem ſchweres Lehrgeld zahlen, wenn er m 
Europäern Gefchäfte zu machen beginnt. 

"Abd el Kerim bildete den Anziehungspunft für eine Heine Schmaropt 
jhaar, Hein aber gewählt, die nur aus den angejeheniten Hadrami beflın 
Unter diefen glänzte ein altes |pindeldürres Männchen, mit einem Ipärlide 
weißen Ziegenbart, fehr markirten ſemitiſchen Zügen und von einer |pw 
delnden Lebhaftigkeit, die alle meine Erfahrungen überſtieg. Gr übe 
haspelte ſich förmlid im Geſpräch und diefes wollte nie enden, wurde de 
in Andacht angehört, denn der Alte war eine locale Größe, nämlid M 
Sched aller hier lebenden Südaraber. Er richtete fie, adminiftrirte ſ 





Das Wirthshaus der Hadrami. 23 


zog ihre Steuern ein, prügelte fie, Alles theils mit, theils ohne Erlaubniß 
der Regigrung. Ich fragte ihn nad) feiner Heimath und erfuhr die in- 
tereffante Thatjache, dag ſowohl er wie alle feine bier lebenden Landsleute 
aus einer und derjelben, engbegränzten Landſchaft, nämlid aus dem 
Widi Dõ an in Bilaͤd Beni "ca feien, dem Reifegebiet Wrede's, das mich 
jo vielfady intereflirte. 

Man kann fi denken, daß id) die Bekanntſchaft mit Schech Cälah 
(jo hieß er) cultivirte, um fo mehr, als fie mir die Ausficht, eröffnete, noch 
andere Mitglieder der hieſigen Doaner-Colonie kennen zu lernen, von 
denen viele ihre Heimath erft vor Kurzem verlaſſen hatten. Ich verabredete 
deshalb eine fpätere Zufammenkunft,. bei der er mich mitten in den Kreis 
feiner Schußbefohlenen einführen jollte. Nach üblicher arabifcher Gewohn- 
heit fand der Schech fi nun allerdings nicht zur anberaumten Zeit ein. 
Die Zeit hat feinen Werth für den gläubigen Moslem, und genaue Stun- 
den einzuhalten ift ihm etwas ganz Unbefanntes. Aber als ich fchon dar- 
auf verzichtet hatte, jemals wieder etwas vom Sched) Gälah zu hören, er- 
ſchien einige Zage ſpäter plößlich fein von ihm abgejandter Neffe, um 
mid abzuholen und in den veriprochenen Kreis einzuführen. Ich fund die 
Leute in einem Okaͤle (Wirthshaus), gleichfalls im Quartier der Gemaliya. 
&3 waren lauter merkwürdig charakteriftiiche und durchaus edle Geltalten, 
das ächte Blut Arabiens, ſehr verſchieden ebenjowohl vom Xegypter, 
wie von dem mir jo wohlbefannten Maghrebiner. Haben die Aegypter 
einen groblnochigen Körperbau, breite, runde Gefichter, kurze ſtumpfe Na- 
fen, große Augen, dide Lippen, großen Mund, breiten Bruftlorb, ftarken 
Bau, ziemlich große Hände und Füße, röthlich-braune Gefichtsfarbe , fo 
zeichneten fich Dagegen diefe ächten Araber durch eine ganz auffallende, aber 
keineswegs unmännliche Zierlichleit aller ihrer Gliedmaßen, durch längliche, 
aber im Ganzen eher Heine Gefichter, durch feingebogene Adlernaſen, mitt- 
lerc, aber außerordentlich lebhafte und feurige Augen, feine, dünne Lippen, 
einen Heinen, zierlihen Mund, einen durchaus muskelkräftigen, ſehr mohl- 
gebildeten, aber nicht im Geringften zur Yettbildung neigenden Körper, Heine, 
oft auffallend niedlihe Hände und Füße, endlich dur eine ins Oliven- 
braune jpielende, jehr ſchöne Gefichtäfarbe aus. Der Bart war bei Allen fehr 
jpärlid, aber ihr ganzes Weſen war jo kräftig, fehnig und energievoll, daß 
jie trotz dieſes Mangels einen jehr männlichen Eindrud machten. Den 
größten Gontraft gegen die Aegypter bildete ihre überfprudelnde Lebhaftig- 
teil. Beim Sprechen funtelten, ja blißten gleichſam ihre Augen. Alle 


24 Verwechslung mit Wrede. 


Worte wurden mit feltener Energie bervorgeftoßen. Die Unruhe ihres 
ganzen Weſens, diejer ächt beduinifche Zug, gab fich befonders dadurch 
fund, daß fie feine Viertelftunde ruhig dafiken konnten, während fonft die 
Moslems im geduldigen Dafiten da3 Unglaubliche leiften. 

Mein Empfang war anfangs ein fonderbarer und beruhte auf einem 
tomifchen Mißverftändnig. Ich hatte nämlich jo viel Belanntfchaft mit 
ihrem Vaterland verrathen, welche ich dem Werke Wrede's verdankte, daß 
die Doaner nicht anders glaubten, als ich müffe ihr Land bereift haben, 
und, da fein Europäer außer Wrede je dort war, ich müfle ſelbſt diefer 
Wrede fein. Die meiften der Anmwefenden waren zu jung, um Wrede, der 
vor 27 Jahren reifte, gefannt zu haben, und der Schech felbft mar damala 
ihon in Aegypten gewejen. Da nun Niemand fie eines Beſſern belehrte 
(denn meine Proteftationen wurden einfach nicht geglaubt), jo blieben fie 
dabei, mich "Abd el Hub (der angenommene Name Wrede’3) zu nennen, 
und zwar fo lange, bis ein anderer von ihren Zandäleuten, ein Dann 
von etwa 50 Jahren, hereintrat, der gleich an der Thür ſchon rief: „Wo 
ift diefer ‘Abd el Hub? Ich Habe ihn in Hadramaut gut gefannt.” Ws 
man nun mich bezeichnete, nahm er mic) ſcharf ins Auge, und ſagte dam: 
„Das kann vielleicht ein Sohn von "Abd el Hub fein, aber dieſer ſelbſt, 
wenn er noch lebte, müßte ja jet im Greifenalter ftehen.” Dadurch war 
ich auf einmal in den Augen der Dö aner fo zu fagen rehabilitirt, denn 
da Wrede als Moslem reifte, ohne MoSlem zu fein, da er ihr jedem An- 
derägläubigen ftreng verſchloſſenes Land in Folge eines im Grunde heroi- 
chen, aber bei diefen Fanatikern als gottesläfterlic) verdammten Wagftüdes 
betrat, jo waren fie anfangs keineswegs übertrieben freundlic) gegen den 
gejinnt, welchen fie für Wrede hielten. 

Jetzt wurden fie alle ſehr freundlih. Sie freuten ſich ſichtlich, daß 
ih Intereffe an ihrem Lande nahm, munderten fi) zwar immer wieder 
von Neuem, fo oft ich eine gewiſſe Kenntniß deſſelben verrieth (und dies 
tar mir eine jehr werthvolle Beitätigung der Wahrhaftigteit Wrede’s), wa: 
ren aber doch zugleich gern bereit, diefe meine Kenntniß noch zu vermeh— 
ren. Gewöhnlich find die Araber mißtrauifh, wenn man fie über ihr 
Land ausfragt. Died war jedoch bei diefen Doanern gar nicht der Fall. 
Im Gegentheil, viele derfelben forderten mich geradezu auf, die Namen ihrer 
heimathlichen Ortſchaften aufzufchreiben, ja einigemale nahmen fie mir 
fogar das Notizbud aus der Hand und fehrieben ſelbſt diefe Namen ein. 
Auf diefe Weise erfuhr ich wirklich Mancherlei, mas ſich jelbft im Wrede'- 





Der Sultan von Chorebe. 25 


ſchen Werte nicht findet, 3. B. die Namen und aud) ziemlich genau die 
Zage einiger Heinerer Ortichaften, die unjer Landsmann nicht erwähnt, 
aber im Ganzen wurde mir Alles beinahe haarklein betätigt, mas Wrede 
ausfagt. Seine früher mehrmals beanftandete Glaubwürdigfeit*) fteht jebt 
außer allem Zweifel. Selbft einige abenteuerlich Hingende Gefchichten und 
Sittenerzählungen, die ſich bei ihm finden, find nur die getreue Wieder- 
gabe der Wahrheit. So berichtet er von der von Zeit zu Zeit ftattfinden- 
den Beſchießung der Stadt Chorebe durch deren eigenen Sultan, der auf 
dieſe Weife die Steuern zu erprefien pflegt. Die meiften diefer Do aner 
waren aus Ghorebe felbft, der bedeutendften Stadt des Wädi Doan, 
und beftätigten, daß ihre Vaterſtadt faft allmonatlich eine ſolche Beſchie— 
Kung von Seiten ihre gütigen Landesherrn zu erdulden habe. Ein an- 
deres Mittel, die Steuern einzutreiben, fei gar niemals im Gebrauch ge- 
weſen. Dan fei an dieje Yüfilladen, denen immer Menſchen zum Opfer 
fielen, fhon jo gemöhnt, daß man fie gar nicht mehr beadhte, und erft, 
iwenn einige Zeichen das Rejultat bildeten, and Steuerzahlen denke. Diefer 
Sultan ift in allerneuefter Zeit vom Negib von Makalla befiegt, gefangen 
und Chorebe erobert worden. Die Dö aner verglichen ihn ſcherzweiſe mit 
Napoleon III, der damals auch Gefangener war. Sie fangen ein politi- 
{ches Liedchen zu Ehren des Sieger, das fie ihre „Marfeillaife” nannten. 
Mertwürdiger Weile wußten fie viel von europäifcher Politik. 


*) Man bat in neuefter Zeit au aus dem Umftand, daß Wrede behauptet, den 
Ramen Abd el Huͤd“ geführt zu haben, einen Grund zum Bmeifel an feiner Glaub: 
würdigkeit abgeleitet. Diejer Name ift nun freilid ſowohl grammatikaliſch (denn es 
müßte “Abd Hüd, ohne Artikel, heißen) als auch dem Sinne nad) unridhtig, denn 
man fegt nur den Namen Gottes dem „Abd“ nah. Das beweift jedoch nur, daß 
Wrede kein geichulter Arabift war. Heut zu Tage find aber aud) die meiften Araber 
jo ungebildet, daß fie ſich nicht an diefen Fehler ftoßen, denn Viele hörte ich diejen 
Ramen ganz unbefangen wiederholen. Sie daten aber dabei nicht an den Prophe- 
ten „Huͤd“, fondern hielten „el Hud“ für eines jener vielen Prädicate der Gottheit, 
welche die wenigften Araber alle gehört haben. 


Reife nah Xrabien. 


Fünftes Capitel. 
Bon. Cairo nah Dſchedda. 


Vorbereitungen zur arabijhen Reife. — Utenfilien. — Diener. — Xrefflichteit der 
nubiſchen Dienftboten. — Unehrlichleit der Aegypter. — Verſorgungsweiſe mit Gelb. 
— Ein Mißgriff. — Der räuberifhe Diener. — Lift, um einen Wiberwärtigen zu 
entfernen. — Eijenbahn von Cairo nah Suez. — Hotels in Sue. — Bergnügun: 
gen in Suez. — Das Kaffeehaus. — Die Spielbant. — Driginelle Weife, Kunden 
berbeizuziehen. — Wirkliche und angeblide Griechen. — Eine Spikbubenbande. — 
Schwindel mit Steuer, Quarantäne und Telegrahh. — Die Dampfſchiffsgeſelljchaft. 
— Sonderbare Matrojen. — Der Commandaͤr. — Zurüdgefegte Officiere. — Um: 
ftändlichleiten beim Billetvertauf. — Papßpladereien. — Ungerechte Behandlung der 
Eingebornen. 


Es ift möglich, daß diefes Buch auch einmal in die Hände eine 
Mannes geräth, der eine ähnliche Reife vorhat. Darum will ich voraus: 
ihiden, was Alles zu einer ſolchen nöthig if. Ein vollftändiger Koch— 
apparat, Tiſchzeug, ein Reijebett, ein Moskitonetz, zwei Reifeftühle, vor 
Allem aber ein Reiſetiſch, denn ohne Tiſch wird ſich der jchreibjelige Euro: 
päer bald unglüdlich fühlen, und in Arabien ift ein Tiſch etwas Unbe⸗ 
kanntes. Will man Wein trinken, jo nehme man feinen ſämmtlichen Be 
darf mit, denn am ganzen Rothen Meer (außer Sue) bekommt man 
nichts als fpiritusartigen Branntwein oder ein fchändliches “Präparat, 
das „griechiſcher Wein“ betitelt, aber von den Branntweinhändlern in 
Dſchedda oder Maſſauwa fabricirt und dann mit dem Namen irgend eine 
griehiichen Infel, wie Samos oder Cypern, getauft wird. Meiftens beit 
er „Commandaͤri“, ift e8 aber nicht, denn der wirklihe Commandaͤri if 
ein guter, malaga=artiger Wein. Das gefälichte Getränk ift miderlid 
jüg, ſehr ſtark uud erregt oft ſchon nach dem erften Glafe Uebelleiten. 


Aegyptifche und nubifche Diener. 27 


Außerdem fehe man fich nad einem guten Diener „für Alles” um. 
muß kochen, Zelt auffchlagen, Bett machen, paden, Zimmer reinigen u. |. w. 
nm. Dean nehme nur nicht mehrere, denn unfehlbar wird der eine 
Hammer“, der andere „Amboß“ fein und letzterer dann doch allen Dienft 
Für den andern thun müſſen, der ſchließlich bloß noch „zur Zierde“ da fein 
Wird, Ich meine das natürlich für ſolche, die nicht mit „Staat“ reifen 
Wollen. Denn wer lebteres will, der fchleppe fo viele Yaullenzer mit fich, 
ala er Luft bat, erwarte aber auch von ihnen nichts, als daß fie ihm durch 
ihre glänzende Erſcheinung „Ehre“ machen. Die Regel ift im Orient, daß 
wenn man viele Diener hat, diefe alle zuſammen nicht jo viel thun, als 
ein einziger, der tüchtig if. Einen tüchtigen Diener findet man in 
Aeghpten faſt nur unter den Nubiern (vulgo Berberiner), Sie find in- 
klligent, rührig, gejchidt im Kochen und in allen Hantierungen und da— 
bei reipectvoll. Alles dies ift der ächte Aegypter in viel geringerm Grade. 
Lezterer hat fogar eine große Neigung, unverfchämt zu werden, und man 
muß ihn befländig an feine Stelle verweilen. Der Nubier dagegen zwingt 
feinen Heren faft nie zum Tadel. Meine Erfahrung im Orient ift nicht 
gering. Ich babe e3 mit Leuten von verichiedenften Gonfeffionen, Stäm- 
men und Hauftfarben verfucht, aber erft eine „Perle“ von einem Diener 
gefunden, als ich einen Nubier in meinen Dienft nahm. Der Lohn, den 
die Sairiner Diener vom Europäer beanfpruchen, ift nicht gering. ber 
man feiliche hierbei nit. Ein gefchidter Diener wird jelten für wenig 
mitgeben und, wenn er es thut, fich durch Betrug entichädigen. Zahlt 
man aber den Nubier gut, jo wird er nicht betrügen (der Aegypter wird 
es flet3), und der hohe Lohn wird ſchließlich noch al3 eine kluge Yinanz- 
maßregel erſcheinen. In allen Hafenorten des Rothen Meeres findet man 
freilich für viel geringern Lohn Diener, als in Aegypten, oft für ein 
wahres Spotigeld. Aber fie find nur für den brauchbar, der ſich auf's 
„Abrichten” verlegen will. Wem die Geduld fehlt, den Pagenmeifter zu 
fpielen, der hüte fih vor ihnen. 

Endlich, Wichtigftes von Allem, nehme man recht viel banres Geld 
mit, und zwar in Maria⸗Thereſia⸗Thalern. Creditbriefe helfen gar nichts, 
denn in den meiften Tällen find die Handelshäufer, an die fie gerichtet 
find, fo unbedeutend, daß fie nicht zahlen können. Sehr oft wird man 
finden, daß fie dem Banlerott nahe find, denn alle diefe Häufer find 
epbemere Erſcheinungen. Reiche Europäer giebt es am Rothen Meere nicht. 
Ein Bantbillet Hilft auch nichts. Will man es gewechjelt haben, jo muß 





Eifenbahn von Cairo nad Suez. 29 


ſich dann einfach verftedt, bis das Schiff nad Sue; abgegangen wäre. 
Ich hätte confularifche Hülfe, Cawaſſen und Gott weiß weldde Gemaltmittel 
nod anwenden müfjen, um ihn fiher auf's Schiff-zu bringen. Außerdem 
ift in dem fanatifchen Dſchedda jeder Conflict eines: Europäer mit einem 
Moslem (auf den Stand des legtern kommt es dabei gar nicht an) miß- 
(ih und muß vermieden werden. Wurde doch einer meiner Belannten bei- 
nabe todtgefchlagen, weil er einen Streit mit feinem Thürhüter hatte: Leg- 
terer war freilih ein Said. Uber auch Hamed war jchredlicd Fromm, 
faftete ſtreng und veradhtete, ja ſchimpfte beftändig den Nubier, weil diefer 
vom Privilegium, auf Reifen nicht zu faften, Gebrauch machte. Die 
„frommen“ Leute find ftet3 die gefährlicäften. Nur durch Lift konnte ich 
mid) feiner entledigen. ine trefflihe gab mir mein Hausherr an die 
Hand. | Ä 

„Haben Sie nicht einen Koffer in Suez ftehen laſſen?“ 

„Gewiß, jogar zmei,“ antwortete ich. | 

„Run, fo jhiden Sie Hamed dorthin, um ihn zu holen.“ 

Hamed big wirklich auf diefen Zopf an. Es verfteht ſich von jelbit, 
daß ich ihm einen Brief an den norddeutichen Conſul mitgab, in dem ich 
diefen bat, dem Kerl feine Entlaffung aus meinem Dienft anzuzeigen. 
Diefe Lift gelang vollkommen und Hamed nahm fie mir nicht einmal übel, 
denn ala ich ihn jpäter in Suez wiederſah, meinte er, es ſei nicht gut, 
einem „liftigen”“ Herrn zu dienen, lachte aber dabei. 

Jedoch zurüd zur Reiſe. Bon Cairo nad) Suez fährt man recht 
ſchlecht und recht langjam auf der viceföniglichen Eifenbahn, deren Wagen 
ſämmtlich jchadhaft, oft Halb zerbrochen, ftaubig und jehr ſchmutzig find, 
denn auch hier macht ſich der orientaliihe Schlendrian geltend. Der Orien- 
tale giebt viel Geld für Neues, gar keines aber für Reparaturen aus, und 
jo ruinirt er bald Allee. Halbwegs befommt man für 2 Thaler ein ſoge⸗ 
nannte Yrühftüd, allen denen zu empfehlen, die jih gern Zähne ausbei— 
Ben. Seit der Sanaleröffnung hat man die directe Bahn zwiſchen Cairo 
und Suez aufgegeben, auf der man in 4 Stunden den Weg zurüdlegte. 
Jet mup man eigentlich halbwegs bis Alerandrien zurüd fahren, und 
Schnellgüge giebt e8 nur von Alerandrien, nicht von Cairo nad) Suez, und 
zwar au nur einen wöchentlich. So währt die Yahıt jebt Über das 
Doppelte ihrer frühern Dauer. Das ift auch eine Errungenſchaft der 
Civilifation und des Suezcanals! 

In Suez empfehle ich allen denen, die gern recht fchlecht und recht 


30 Spielbanten in Aegypten. 


theuer wohnen und denen zum Diner Kohlſuppe, ausgekochtes Fleiſch m 
Kaſe genügt, das franzöſiſche Hotel, in dem ich die erfle Nacht abflieg, weil 
das engliſche überfüllt war. Wer aber, ehe er überhaupt von Gafhikm 


Abſchier nimmt, wie ich e& bald thun follte, noch eim wenig Comfen ge ' 


nießen will, der gehe in letzteres, das freilich auch nicht billig (5"/, Ak. 
täglich ohne Wein), aber doch nad} hiefigem, für Europäer im Orient gi 
tigen Maßſtab verhältnigmäßig preiswürdig iſt. 

Für Vergnügungen iſt vielfach in Suez geſorgt. Sie find allerdings 
nicht ſehr unſchuldiger Natur, aber ganz dem europäifchen, eiwas vage 
bundenartigen und nicht ſehr gewiſſenhaften Publicum entſprechend, da 
fi) in diefem verworfenen Nefte herumtreibt. Den Hauptanziehungapmit 
bildet da8 „Cafe chantant“ eines Griechen, defien Heldinnen Franzöfe 
nen find, meift etwas abgelebte aber jehr herausgepugte Damen, die fin 
anderswo viel Glück gehabt oder verjcherzt Haben mögen. Jedoch dire 
bildet eigentlich nur das Aushängeſchild. Der wahre Anziehungspumit ber 
findet fi Hinter einem tothen Vorhang, den wir lüften, um in ein $e- 
bengemad zu gelangen, wo wir mit — der Spielbank Belanntfäelt 
machen. Diefe wird von einem Griechen gehalten, der dadurch gute Ge 
ſchäfte macht, und, wie man mir fagte, „ſehr ehrlich" fein folL Be 
Spieler ſchienen mir freilich zu verlieren. Aber wo wäre die Spielbarl, 
wo das nicht gejhähe? Früher, als noch am Canal gebaut wurde ud 
mehr Europäer Bier waren, machte ihm eine zweite Bank Concurrẽm. Ca 
edler Wetttampf entjpann ſich zwiſchen beiden, ſich gegenfeitig die Kunden 





Dampfſchiffsgeſellſchaft Aziziye. 31 


einmal vorzugsweiſe alle Spitzbuben im Orient ſo und thut der Nation 
ſehr Unrecht, unter deren Angehörigen ich viele ſehr anſtändige und ehrliche 
Leute gekannt habe. In Suez ſcheinen dieſe Kosmopoliten beſonders große 
Virtuoſität zu entwickeln. So hatte vor einigen Jahren eine Bande der⸗ 
jelben während längerer Zeit mit Erfolg fich dem vicelöniglichen Steueramt 
Jubftituirt. Einige von ihnen befuchten nämlich alle neuantommenden Waaren- 
Ihiffe, gaben fich für Steuerbeamte aus, ſprachen von ſchwerer Befteuerung 
der oder jener Waaren, die nun das Schiff gerade führte, oder auch gar 
von einem abfoluten Einfuhrverbot, gaben aber auch gleich dem erfchredten 
Gapitän da3 Mittel an, Alles die zu umgehen, und zogen mit einer 
Ihönen Beftehungsjumme ab. Die Quarantäne lieferte der Bande Anlap 
zu einem ähnlichen Schwindel. Oft, wenn eine ſolche gar nicht beftand, 
fam ein angeblicher Sanitätsbeamter an Bord, drohte der Schiffsmann- 
ſchaft mit Quarantäne und ließ fich endlich für ein Trinkgeld herbei, fie 
derjelben zu entheben. Auch von Ableitung von Zelegraphendrähten durch 
diefelbe ſchöne Gejellichaft hörte ich. Erſt nachdem fie ſchon lange ihr ein- 
trägliches Geſchäft betrieben, wurde ihr das Handwerk gelegt. 

Wenn man von Suez nad) Dichedda reifen will, jo muß man ſich 
der ägpptifchen Dampfſchiffe, der fogenannten Compagnie „Aziziye”, bedie- 
nen, eine Geſellſchaft, die eigentlich nur aus dem Picelönig befteht. Ihre 
Schiffe waren theils urjprünglich jehr ſchön und gut, einige freilich auch 
abgediente europäiſche, die irgend ein Berkaufsfünftler dem Khedive für 
Schweres Geld anzuhängen mußte. Alle find jedoch über die Maßen ver- 
nadläffigt, die Sabinen fehen ruinenhaft aus, die Inſtrumente, Spiegel, 
Möbel meift zerbrochen, die Betten jo zerfegt, beihmußt und „bevölkert“, 
daß es geratben ift, fich feines eigenen mitgebradhten zu bedienen. Eſſen 
ift felbft für theures Geld nicht zu befommen. Man muß feinen eigenen 
Koch und Proviant mitnehmen. Da die Mafchiniften Europäer find, jo 
werden die Maſchinen leidlih gehalten. Die Mafchiniften führen euro- 
päifche Küche, und ſolche Reiſende, die ſelbſt nicht darauf eingerichtet find, 
können fi” manchmal bei ihnen in Koſt geben. Doc reine man hierauf 
nicht beftimmt, denn oft reicht ihr Proviant nicht aus. Diefe Leute find 
nur duch hohen Lohn Hier feitzuhalten. Der erfte Mafchinift befommt 
etwa 25, der zweite 20 Pfund Sterling monatlich, während 3. B. der 
öftreichifche Lloyd oft nur 8 zahlt. Alles übrige Perſonal ift ägyptifch und 
bon einer rührenden Ignoranz in Bezug auf Nautil. Wäre nicht der 
Pilot, jo würden die Schiffe noch viel öfter auf den SKorallenritten & 












32 Aegyptiſche Schiffemannfchaft. 


rothen Meeres feftiigen. Auch fo geichieht es oft genug. Die 
diejer „Sompagnie“ jind eigentfid gar feine Seeleute, ſondem 
ten, viele von ihnen auch Sträflinge, denn dieſer Dienft (id) mem 
lich nit den auf den Kriegsſchiffen) wird als Verbannung nd 
angeſehen. Obgleich feine Kriegsſchiffe, ſo werden doch die 
militäriſch befehligt. Es ſind gewöhnlich 4 Officiere vorhanden Da rl. 
wird vulgo „Gommandär“ (ein europäiſches Wort mit arabiſqhet kch j 
genannt, der zweite heißt der „Unter--Commandär“, der dritte Cabin 
pitän), der vierte Molajem (Lieutenant). Yon Anciennität if bein Wer 
cement nur in jo fern die Rede, als der Commandaͤr geimöhufid de m 
toifjendfte, altmodiſchſte Stodtürke ift, der je zur See fuhr. Die anderen Cfiier 
find entweder Jünglinge, die noch Carriere machen wollen, oder alte bee 
dirte Cfficiere derjelben Compagnie oder der Landarmee, die mu f 
Strafe hierher verjckt. So war auf dem Suakin, mit dem id) nach N 
ſauwa fuhr, der vierte Officier ein uralter Greis, der früher Gommaik 
geweſen, aber degradirt worden war, weil er niemals anzugeben mt 
wieviel Mannſchaft er Habe, wieviel auf der Reiſe geftorben waren, w 
die Sanitätsagenten in Suez Klage über ihn geführt Hatten. Au a 
fogenannter „Arzt“ ift auf jedem diefer Schiffe vorhanden, nicht jedod M 
folder, der Medicin ftudirt hätte, wie man deren mandmal unter da 
Mostems in Cairo. findet. Gewöhnlich Hat ein folcher Arzt eine uf 
Flaſche mit Eſſig, womit er alle Krankheiten heilt. Dr. Sangtado me 
ein großer Gelehrter im Vergleidy mit ihm. Die meiften Officiere und da 








Pappladereien in Aegypten. 33 


giebt, Alles noch einmal zu prüfen, und man ift zu Ende, d. h. wenn man 
feine Diener hat. In lebterm Yalle aber wird man vor Abend nicht fertig, 
denn deren Paß läßt gewöhnlich zu wünfchen übrig; man wird zum Gou⸗ 
berneur und von dieſem zu einem Dutzend Unterbehörden geſchickt, die alle 
behaupten, heute feine Zeit zu haben, man folle morgen wieder fom- 
men u. f. w., bis man endlich die Geduld verliert, zum Gonful geht und 
ihn bittet, dieſen gordiſchen Knoten durchzuhauen. Dieſe Pappladereien 
find für die Unterthanen des Vicekönigs unendbar und ein wahrer Ruin. 
Ein armer arabiſcher Diener muß oft den Gehalt eines Monats hingeben, 
um nur abreijen zu können. Auch Hilft es ihm gar nicht3, bereit3 allen 
Anforderungen in Cairo genügt und dort die Verficherung erhalten zu ba= 
ben, damit ſei nun für die Staaten des Vicekönigs Alles abgemadt. Une 
barmberzig wird er in Suez wieder denſelben Pladereien unterworfen, fieht 
fih einer doppelten Ausgabe und Zeitverluft gegenüber und muß froh fein, 
wenn er nicht jchlieplich unter irgend einem Yormfehler-VBorwand nad) 
Cairo zurüdgejchidt wird, wie es meinem armen nubijchen Diener Ab— 
duldmedſchid ging, der einen zmweimonatlihen Gehalt zwifchen Cairo und 
Suez ausgeben mußte, ehe e& ihm gelang, polizeigemäß dazuftehen. 

Alle diefe Freuden blühen dem Reifenden nur in Suez, weil diejes 
eben auf der Höhe der „Civiliſation“ ſteht. Hat er aber einmal diejen 
Ort Hinter ſich, jo ift Alles wie abgefchnitten. In feinem einzigen andern 
Hafen des Rothen Meeres wird er mehr beläftigt, außer allenfall3 des Ge— 
päds wegen, aber ein gutangebrachter Bakſchiſch verfehlt hier feine Wir- 
fung nie. 


v. Maltzan, Weile nah Südarabien. 8 





Die Pilgerführer und ihr Gefchäft. 85 


Stadt felbft, religiöjen Fremdenführern, Metuafin genannt, die die „todte 
Saifon“ in Conftantinopel zubringen und dort auf recht „fette“ Pilger Jagd 
maden, welche fie dann als menſchliche Bädeder nad) Mekka begleiten. 

Dieſes Publicum mar an 700 Köpfe ftarl und nur durch Härings- 
verpadung unterzubringen gewejen. Stein Fleck des Deds oder des Zwi— 
ſchendecks war frei. Ueberall fromme Pilger, die fih mit ihren Matragen 
oder Zeppichen da inftallirt Hatten und nicht vom Plage wichen. Da 
aßen, ſchliefen, beteten fie, rafirten, wuſchen fie fi, die meiften glüdlicher- 
weife im Freien. Zweihundert befanden ſich freilich im Gepädtaum, und 
bort war die Atmojphäre natürlich entjprechend verpeftet. Die große erfte 
Gajüte dagegen war, außer mir, ganz leer. Alle 36 Kojen fanden zu 
meiner Verfügung. Türken und Xraber reifen nämlich ſtets nur in dritter 
Claſſe. Bon diefer giebt es übrigens hier verjchiedene Kategorien, je nad 
der Stelle im Schiff, mo man einen Dedplag befommt. 

Schon am erjten Tage wurde ih mit vielen Pilgern befannt. Na- 
mentlich die Metuafin zeigten fich leicht zugänglich, was mich fehr in Er- 
ftaunen feßte, denn als ich meine Pilgerfahrt machte, hatte ich fie als fehr 
fanatiſch kennen gelernt. Freilich ſpielte ich damals jelbft den Moslem und 
dem Pilger gegenüber mußten fie die religiöfe Seite heraushängen. Heute 
lernte ich jie don ihrer weltlichen Seite fennen und diefe war, meiner 
Treu, gar nicht unangenehm. Dieſe hochgeachteten religiöfen Berfonen, 
denen die unwiflenden Pilger immer mit dem tiefiten Refpect, wie Heiligen, 
entgegenfommen und deren „Geſchäft“ die Religion ift, find eigentlich Die 
wahren Lebemänner und Weltleute de8 Orientt. Sie fommen mit fo 
vielen und fo vielerlei Menfchen in nähere Berührung, fie reifen jelbft jo 
viel, um ihre guten Kunden aufzujpüren, daß ſich, wie bei den meiften 
Vielgereiften, Borurtheile und Kinfeitigfeiten bei ihnen abjchleifen. Der 
Fanatismus bleibt nur no ein Amiskleid, das gelegentlich angezogen 
werden muß, um den Hunden zu imponiren. Iſt das nicht nöthig, fo find 
fie die liebenswürdigften Menſchen, namentlid) die älteren und routinir- 
teren, denn unter den jungen findet man noch „ungejchliffene Diamanten“. 

So war auch unter diefer Heinen Schaar ern brauner Jüngling von 
den Zemzemiya, d. h. den Wächtern des heiligen Brunnen Zemzem. hr 
Beruf ift erblich und jie gehören ſomit zu einer Art von religiöfem Adel, 
jedod von untergeordneter Claſſe. Demgemäß bilden auch fie einen 
Gegenftand der Verehrung. Dieſem Umftand verdankte unjer brauner 
Zemzemi, dab ihn die Metuafin duldeten, obgleich fie, fowie er deu 

2» 


36 Religiöfe Schwindeleien. 


Rüden wandte, fich bitter über ihn beflagten, daß er ihnen ind Handwerk 
pfufche, wozu er gar Teine Berechtigung habe. Der junge Zemzemi war 
nämlich vorigen Sommer auf eigene Yauft nad Stambul gereift, hatte 
dort den Metuafin zwei reiche alte Türken weggefiicht, die er nun al 
Glaubenslehrer und Führer begleitete. Es war ſehr komiſch anzufehen, 
mit welchem Refpect die zwei weißbärtigen reife und ihr zahlreicher Troß 
von weißen und ſchwarzen Sklaven dem halben Knaben zuhörten, wem er 
ihnen die Pflichten der Pilgerfahrt auseinanderfeßte, ihnen vorbetete, das 
Coſtüm ertlärte u. |. w. Er war ihr Delgöge, wurde gehätjchelt und ge» 
füttert und dabei wie ein Heiliger „verehrt“. Sein geiftlicher Hochmuth 
war denn auch nicht gering. Mich würdigte er feiner Anrede und nahm 
es ſehr übel, wenn ich zuſah, wie er einen alten Türken jchulmeifterte, ihn 
ih aus- und anziehen, wajchen oder den Kopf rafiren ließ, gerade wie 
wenn er ein Kind gewejen wäre. Meinem ungläubigen Auge gönnte er 
nicht den Anblid diefer heiligen Berrichtungen. 

Meine Bekannten, die Metuafin, waren das gerade Gegentheil von 
diefem jugendlichen Fanatiker. Oft, wenn wir in der köſtlichen Abendluft 
auf dem Ded beifammen jaßen, tauchten, Kaffee tranfen und plauberten, 
fam e3 dor, daß irgend ein frommer ‘Pilger fie unterbrach, um fich „geifl- 
lichen Rath“ zu Holen. Das „Geſchäft“ verlangte, daß fie fi) ihm wid 
meten. Dies geſchah auch jehr geſchäftsmäßig und wurde raſch abgemadtt, 
dem Pilger eine Ermahnung gehalten und ihm fchnell etwas vorgebetet, 
was diejer oft ganz faljch wiederholte. Ich bemerkte dies, aber die Metuafin 
lachten nur dazu, und verſicherten mit, e3 fei zu viel verlangt, werm fie 
den Pilgern da3 richtige Nachſprechen beibringen follten. Die gute Abſicht 
müfje das Mangelbafte der Worte entjchuldigen. Einer geftand mir fogar 
ganz offen, e3 fei gar nicht gut für fie, wenn die Pilger das ganz richtig 
lernten. Sie könnten ſonſt leicht ihren Verwandten die Detuafin entbehrlich 
machen. Die Pilgergebete find nämlich) andere, als die gewöhnlichen, und 
nur den Mekkanern oder ſehr erfahrenen und gelehrten Pilgern, die fon 
einmal in Mekka waren, befannt. Die Ungelehrten lernen fie nie richtig 
und bedürfen immer und immer wieder eines geiftlichen Führers. Die 
madt da3 Amt der Metuafin unentbehrlich und einträglich. 

Diefe guten Leute waren anfangs jehr erftaunt über meine Kennmiß 
der Gebräuche der Pilgerfahrt. Ich hütete mich natürlich) ihnen zu jagen, 
daß ich fie mir an Ort und Stelle geholt hatte. Jedoch waren fie weit 
entfernt, Verdacht zu ſchöpfen, und fanden es ganz erklärlich, als ich ſagte, 





Dohammedanifche Belehrungsverfuche 87 


ich verdante meine Kenntniß ganz ähnlichen Geſprächen, wie dem, das id) 
eben mit ihnen führte. Sie ſprachen nämlich ganz ungenirt mit mir von 
. allen Heiligthümern und nahmen kein Blatt vor den Mund. 

Wie weit ihre Vorurtheilsloſigkeit ging, zeigt der Umftand, daß zwei 
Metuafin mich einmal bei Seite nahmen und mich hoch und theuer baten, 
ih möchte ihnen doch das Protectorat unſers Conſulats verjchaffen. Sie 
wollten nicht mehr türkiſche Unterthanen fein, lieber die eines europäiſchen 
Herrſchers. Bei dieſen allein fei Gerechtigkeit zu finden. O Schatten des 
Propheten! drehe did) im Grabe um, wenn deine Heiligen eine folche 
Sprache führen! Leider mußte ich ihmen geftehen, mir Deutſchen feien 
zivar nicht mehr ganz diejelben politifchen Afchenbrödel, wie früher, aber 
bis nad) Mekla reiche Doch unfer Arm noch nicht. Sie follten e8 lieber 
mit England verfuchen, der einzigen Macht, die in Arabien reſpectirt iſt. 

In der kurzen Zeit unſers Beiſammenſeins entſpann ſich wirklich ein 
ganz freundfchaftliches Verhältniß. Der beite Beweis davon war, daß fie einige 
unſchuldige Belehrungsverjuche anitellten. Der Moslem ift heut zu Tage 
fein Profelytenmadher. Da er aber feinen Glauben für eine Wohlthat 
anfieht, jo fucht er dieje feinen Freunden zu verſchaffen. Darum ift ein 
Bekehrungsverſuch vor Allem ein Beweis von Freundſchaft. Nebenmotive, 
wie das, mir als Metuaf zu dienen und dadurch viel zu verdienen, mochten 
natürlih meine Bekannten auch mitbeftimmen. 

Zu dem Zweck wurde ein uralter Metuaf, der jonft ſchweigſam abjeit3 
jaß, mit ins Geſpräch gezogen. Dieſer hatte nämlich ſchon einmal, mie es 
hieß, einen Chriften und zwar einen polniſchen General nebft Frau befehrt 
und wurde vulgo „der Bekehrer“ genannt. Aber damit hatte man da3 
unrichtige Mittel gewählt. Denn diefer alte Stodmoslem begann nun eine 
fo langweilige Predigt, daß ſämmtliche Metuafin bald laut ſchnarchten und 
ih mir die Miene gab, gleichfalls zu ſchlummern, bis dies zur Wirklichkeit 
wurde. Lange tönte der Singfang des Predigers in die Nacht hinein. 
Kein Menſch hörte ihm zu. Aber fein eigenes gläubiges Gemüth mochte 
diefe Gelegenheit, fi) auszusprechen, nach Herzensluſt genießen. 

Die Gründe, welche mir diefe Metuafin für meine Belehrung em- 
pfahlen, waren übrigens keineswegs afcetifche, nicht einmal religiöje, fon- 
dern, wie fie jelbft, durchaus weltmänniſch. „Du kannft dann Delta und 
Medina jehen, was gewiß interefjant ift, au) ganz Arabien bereifen, wo 
es noch viel Unbelanntes giebt; kannft alle Genüffe der Mohammedaner 
mit denen der Ehriften vereinigen, nebenbei auch europätiäen Sky, nal, 





Todesfaͤlle unter den Pilgern. 39 


und jo zwei Pilgerfahrten mitmachen, und fehren dann mit doppeltem Hei⸗ 
ligenſchein nad) Java zurüd. 

Da dieſe Javaneſen noch nicht in „feften Händen” waren, fo hatten 
die Metuafin gewonnenes Spiel. Aber au) hier fpielte ihnen der braune 
Zemzemi, der feiner Hautfarbe wegen (er mußte Negerblut in fi haben) 
den Javaneſen gefiel, den Streich, ihnen einen beſonders widerlichen, aber 
„auf Gold ſchlafenden“ Kröſus wegzufiſchen. Der Junge hatte entfchie- 
denes Glüd. Er brachte e3 ſogar dahin, daß der Javaneſe ſich mufch, 
was allgemein für ein Wunder galt. 

Trotz der im Ganzen günftigen hygieniſchen Bedingungen der Reife, 
denn die Meiften lebten in freier Luft und die Temperatur war gemäßigt 
warm (Nacht etwa 18° R.), kamen doch einzelne Todesfälle vor. Kein 
Wunder, denn manche ‘Pilger verlaffen krank, oft todffranf, ihre Heimath. 
Seligkeit für fie, wenn fie auf der Wallfahrt fterben! Der erfte Fall betraf 
einen reihen alten Kaufmann aus Pemen, reich, wie man nad) feinem 
Tode entdedte, denn gekleidet war er wie ein Bettler, lebte auch jo. Aber 
er trug in einem um den Leib gefchnallten Ledergürtel 500 Pfund Ster- 
ling in Gold, und in einer alten Bretterlade, feinem Reifeloffer, befand ſich 
ein großer Sad voll Thaler. Dies ſämmtliche Geld wurde „aufgehoben“, 
d. h. in Dichedda dem Paſcha überliefert, der die Verwandten des Ver— 
ftorbenen zu ermitteln verſprach. Dieſe erfahren natürlich in diefem und 
ähnlichen Yällen ſpäter etwas von der Sadıe, aber alle ihre Reclamationen 
bleiben umſonſt. Was in die Hände eines Paſchas geräth, ift unmieder- 
bringlich verloren. So farb auch während meines Aufenthalts in Dichedda 
eine alte Ticherkeflin, die man für eine ganz arme Yrau gehalten Hatte. 
Aber fie war einft die Sklavin eines reihen Mannes geweſen und hatte viel 
Schmuck verftedt. Nach ihrem Tode fand man bei ihr in alten Zumpen 
etwa 100 Gewichtpfund Goldſachen, die natürlich) auch wieder die Beute 
des Paſcha wurden. Bon einem Fiscus ift nur auf dem Papier Die 
Rede. Der wirkliche Yiscus ift der Paſcha, wenn's aufs Einnehmen an- 
fommt. 

Am zweiten Morgen ftarb ein Heiner Knabe, der zu viel unreifes 
Obſt gegefien Hatte. Unreifes Obft, das ift die Paffion aller Türken und 
Araber. Beide Leichen wurden fogleich eingejenkt, die Körper in Leintücher 
gewidelt, das Yatiha von allen Pilgern gebetet; eine regelmäßige 
Beerdigungsproceſſion fand ftatt bis an den Schiffgkiel, wo einige Matrofen 
die Leichen auf einer Stridleiter hinab biß an die Meeresflühe trugen, 


un 





Der Statthalter von Yambo. 41 


Civilbeamten werden von den Triegerifchen Bebuinen natürlich ſehr tief ges 
ſtellt. War es fchon jo auf dem Dampfichiff, mie mochte es erft in der 
Wüſte werden, wo der Bednuine auf feinem Grund und Boden war. Auch 
ſah ich fpäter den Effendi mit ſehr faurem Geficht feine Stameelreife an- 
treten, während fein „Beſchützer“ die ganze Geſellſchaft commanbirte und 
al3 „Berpadung” behandelte. Uebrigens war diefer Menich in keinem ein- 
zigen Stüd mehr ein unverfälfchter Beduine. Einem folchen klebt immer 
etwas Nitterliches an, hier aber war dad „Nitterliche” in Unverſchämtheit 
und unerträgliche Selbftüberhebung ausgeartet, die, je jünger der fie zur 
Schau Tragende ift, defto mehr verlegen muß. 

Yambo ift jehr im Verruf; wie mir fcheint, übertriebener Weife. 
Man rieth mir allgemein davon ab, and Land zu fteigen. Ein Europäer 
fönne dort gar nicht mit Sicherheit herumgehen, hieß es. Ich ſchickte jedoch 
zum Mohaͤfiz (Statthalter) und ließ anfragen. Die Antwort war eine 
Einladung. Der Mobafiz ift ein türkischer Beamter, deilen Macht fich übrigens 
nicht über die Stadtmauern hinaus erftredt und auch innerhalb diefer oft 
problematiſch if. Da er aber eine albanefifche Leibwache hat, jo kann er 
einen Fremden mwenigftens in den Bafarftraßen der Stadt ſchützen. 

Ich wurde im Negierungshaus jehr gut empfangen. Neben dem 
Mohafiz ſaßen einige Häuptlinge der Sehaina-Beduinen, die zwiſchen 
Yambo und Medina (au in Yambo en Nachl) wohnen. Sie waren 
gleichfalls des Effendi wegen da und follen ihn ſpäter ſchrecklich aus: 
geplündert haben. Es maren fehr ftattliche Geftalten in reichen Coftümen. 
Welch ein Unterjchied, diefes reiche Coftüm gegen die ſprichwörtliche Ein- 
fachheit der meiften Nomaden! Aber dergleidhen findet man nur in der 
Gegend von Mekka und Medina, denn in feinen anderen Städten mird 
ein folder Coſtümluxus getrieben, wie in den heiligen. In Mekka gilt es 
für höchſt unanftändig, mit denjelben Kleidern herumzugehen, die man auf 
der Reije trug, und feien leßtere noch jo werthvoll. Diefer Luxus hat auch 
die Beduinen angeftedt, natürlich nur die Häuptlinge und ihre Sippfchaft, 
die allein Geld haben. 

Der Mohäfiz ließ mich darauf von feinen Mbanefen in Yambo her» 
umführen. Die Stadt ift wie ein einziger großer Laden, wo man Alles 
haben Tann, was zur Landreife nad Medina nöthig if. ch ſah eine 
ganze lange Straße, mo ein Laden fi) an den andern drängte, in denen 
nur Kameelftride, Sättel, Tragkörbe, Stöde, Trintgefäße, verfauft wurden. 
Einige Läden boten eine ſeltſame Waare. Es waren dies Muiheln von 





Die Einfleidung mit dem Pilgergewant. 43 


fluß der nordarabiſchen Zandtemperatur und ihren gemaltig wechjelnden 
Ertremen. Dancer arme Pilger fror entfeblich in feinem dünnen Anzug 
und freute fich, den jüdlicheren Regionen zu nahen. 

Zwiſchen Yambo und Dſchedda war das wichtigſte Geſchäft die Ein- 
Heidung der Pilger. Diefe findet auf der Höhe von Rabegh ftatt. Das 
Waſchen der vielen keineswegs fehr reinen Haggäg machte freilich das Ded 
für einen halben Tag unbemwohnbar, fo daß ih mich in die ſchwüle Cajüte 
zurüdziehen mußte. Als ich wieder herauslam, war eine gewaltige Meta= 
morphofe vor fi) gegangen. Sämmiliche Haggaͤg (Pilger) hatten ſich in 
ſchneeweiße Tücher gehüllt, eines als Lendentuch, eines als Ueberwurf, 
(der befannte Ihram), Kopf und Füße waren nadt, alle waren gewaſchen, 
rafirt und ſahen ganz reinlih aus. Dies am erfien Tage. Schon am 
zweiten Hatten manche Ihrams die Yarbe der Kohlen des Dampfichiffes 
entlehnt. Jetzt nahm da3 Beten fein Ende mehr, jo daß es fogar den 
Metuafin langweilig wurde. 

Den Türken war die Pilgertracht mitunter ſehr läftig, ja gejundbeits- 
gefährlich, da fie meift an da3 Tragen vieler und dider Kleider gewöhnt 
find. Manche waren jo gewillenhaft, auch des Nachts fich mit feinem 
Mantel zu bededen, was vielfadhe Crlältungen zur Folge Hatte Auch 
Sonnenſtiche famen vor. Doch mas find folche Leiden für den gläubigen 
Moslem, dem dad Paradies winkt, wenn er auf der Wallfahrt ftirbt? 

Ich ſah übrigene, wie manche weniger bigotte Pilger fich allerlei 
Verſtöße erlaubten. Freilich confultirten fie immer vorher die Metuafin, 
die jo zu jagen jebt Beichtväter geworden waren. Aber ed waren jehr 
nachſichtige Beichtväter, die immer eine Entſchuldigung für den Verſtoß 
fanden, den fich ihr Beichttind erlauben wollte. Namentli in einem Punkt 
wich die Mehrzahl der Türken von der ftrengen Regel ab. Sie trugen 
nämlich faft alle fehr breite lederne Geldgürtel, die zugleich den Dienft von 
Schatzbeuteln und Leibbinden verfahen und faft den ganzen Bauch dedten, 
ſowohl hygieniſch wie finanziell empfehlenswerth, aber eigentlich durchaus 
regelwidrig. Jedoch die Metuafin erlaubten es, empfahlen nur, den Ihram 
über das Leder zu ziehen, fo daß man dieſes nicht fähe. 

„Die Leute,” fagte mir ein Metuaf,. „müflen freilich für diefen Verftoß 
ein jeder ein Schaf opfern,” und machte dabei eine ledere Miene, denn 
dadurch bot ſich ihm die Ausficht auf eine unendliche Reihe unentgeldlicher 
Schmäufe. 

Wahrhaft komiſch war ein junger Alexandriner, der oe Buaiiin 


44 Schlechte Behandlung der Pilger. 


zu meinem beften Belannten unter den Metuafin kam, ganz offen mit 
der Anrede: | 
„Ich möchte mir gern einen Verftoß erlauben. Darf id das? 
Gewöhnlich handelte e8 fi dann um ein Baar Strümpfe, Schube, 
einen Sonnenfhirm oder fonftige dem frommen Hägg verbotene Gegen- 
fände, die der verweichlichte Städter ungern entbehrt. Aber der Metuaf 
mar milde, wie Honig, und gab faſt immer die Erlaubniß zu dem „Ver⸗ 
ftoß”. In Folge diefer vielen „Verſtöße“ ſah der Alerandriner zulebt gar 
nicht mehr aus, wie ein eingelleideter Pilger. 
In Dichedda erwarten den frommen Pilger allerlei officielle lagen, 
worunter die des Zollamts ſich bejonderd unangenehm fühlbar machen. 
‚Was ich felbft einft, auf meiner Wallfahrt, dadurch gelitten, habe ich ander: 
waͤrts bejchrieben. Aber jet ward ich Zeuge davon, daß für die Dampf: 
fhiffpaflagiere diefe Torturen noch complicirter find. Die Dampfidiffe 
müffen nämlich des feichten Uferwaſſers wegen fo weit von der Stadt 
halten, daß man oft anderthalb, felbft zwei Stunden braudt, um von 
ihnen nad Dichedda zu kommen. Fährt ein Pilger des Nachmittags ans 
Land, fo riskirt er in den meiften Fällen, dad Zollhaus überfüllt oder 
ſchon geihloffen zu finden, und doch kann er nicht wieder an Bord, wie 
bei einem Segelſchiff, da die Dampfſchiffgeſellſchaft dies nicht geftattet. In 
die Stadt kann er aber auch nicht, fondern muß draußen im Freien, zwi⸗ 
Shen Meeresfirand und Stadtthor, übernachten. Sp ging es unferer 
ſämmtlichen Geſellſchaft, die obgleich ſchon um 3 Uhr Nachmittags beim 
3ollamt angefommen, dennoch von den faulen Beamten auf morgen ver- 
wieſen wurde. Dieſe moslemiſchen Stoifer fügten ſich freilich ohne Murten 
in ihr Schidjal und ließen ji auf dem Storallenftrande für die nächften 
16 Stunden mwohnlih nieder. Mir war indeß dieſer Stoiciämus nicht 
eigen. Zum Glüd Hatte ih auf dem Schiff einen Trieftiner, einen der 
wenigen in Dſchedda lebenden Europäer, Tennen gelernt, der die Beamten 
fannte, und mir vorſchlug, mich fogleih durch das Zollamt und in fein 
gaftliches Haus zu befördern. Ich nahm diefen Vorſchlag mit Dank an, 
und während Herr Rolph, mein neuer Belannter, mit den Beamten, die 
in vollem Diwan, einige zwanzig Köpfe ftark, jehr pomphaft dafaßen und 
trotz der vielen Gefchäfte, denen fie ſich eigentlich hätten widmen follen, 
„dolce far niente“ trieben, Kaffee trant und unfere Zollangelegenheit be= 
ſprach, führte ich auf feinen Wunfch feine Frau durch die Straßen von 
Dicebda nad ihrer am andern Ende der Stadt gelegenen Wohnung. 


—- 





Guropäifhe Damen in Dichebda. 45 


Eine europäifche Dame ift in Dſchedda immer noch eine großes Auf- 
feben erregende Erſcheinung. Madame Rolph, obgleich ſeit einigen Sahren 
bier wohnhaft, geht doch faft nie aus, und. außer ihr gab es zur Zeit nur 
noch eine andere Dame, die Yrau des franzöfiihen Conſuls. Deshalb 
wurden wir ganz gehörig angeftarrt, al3 wir mitten am Nachmittag durch 
den vielbelebten Baſar jchritten. Uber der Fanatismus hat doch auch hier 
Ihon etwas nachgelafien, und es blieb bei gemurmelten Verwünſchungen 
und kam nidht zu offener Beichimpfung, worauf man fi” auch gefaßt 
halten mußte. So gelangten wir ohne Unfall in das ſchöne Haus meines 
freundliden Wirthes, wo fich orientaliihe Zimmereinrihtung mit euro- 
päifhem Comfort in hoͤchſt Harmonifcher Weile gepaart fand. 





Hygieniſche Reinigung der Stadt Dſchedda. 47 


dorthin kann, ſo wird dieſe Giftquelle wohl ſo bald nicht mit Stumpf 
und Stiel auszurotten ſein. Aber Dſchedda iſt Jedem zugänglich. Hier 
waren ſogar eine Zeit lang europäiſche Agenten anweſend. Der Ehrgeiz 
der einheimiſchen Behörden wurde dadurch angeſpornt. Um den Europäern 
zu zeigen, daß man fie eigentlich gar nicht nöthig habe, thaten fie nun 
faft Alles allein. 

Das ganze efelhafte Hüttengemwirre wurde hinmeggefegt, die Bewohner 
in verſchiedenen Hüttendörfern in ziemlicher Entfernung von der Stadt an- 
gefiedelt. Die hier überaus ſtark vertretene Proftitution, jener Heerd phy⸗ 
ſiſcher und moralifcher Seuche, erhielt ihr Hauptquartier in einem derfelben, 
etwa 20 Minuten von der Stadt entfernten, angewiefen. Dicht vor den 
Thoren ließ man nur den unentbehrlihen großen Pilgerbafar auf der 
Mekkaſtraße beftehen, aber man baute ihn neu, und zwar recht gefällig; 
er fieht jebt reinlich und Iuftig aus, 

Der Hygienifche Vortheil, den die Entfernung der Hüttendörfer mit 
ich bringt, macht fi) in jeder Beziehung fühlbar. Nicht der geringfte ift 
ber, daß nun die meilten Pilger kürzere Zeit in Dſchedda bleiben, mäh- 
rend fie früher in den Straßenhütten wohlfeile Herberge und lüfterne Ver- 
lodungen fanden, die fie oft fefthielten. Aber nach den entfernten Hütten- 
börfern geht fein Menſch. Nur das Proftitutionsviertel (das einen unnenn- 
baren Namen führt) wird befucht, aber doch ſehr viel ſchwächer als damals, 
da ed noch in der Stadt war. In diefer Beziehung günftig ift der Um— 
ftand, daß wegen des Thorſchluſſes der nächtliche Beſuch ſehr erſchwert if, 
und die Erfahrung Hat gezeigt, daß diefe Pandämonia hauptſächlich auf 
das Nachtleben angemwiefen find. Dieſes Viertel friftet denn auch jet nur 
dürftig fein Dafein. Die glänzenden Tage feiner Inſaſſen find vorbei. 

So befteht denn Dſchedda jet fait nur aus Steinhäufern von dem 
bier überall häufigen Korallenfels. Diefe Häufer find hoch, meift dreis oder 
vierftödig und von gefälliger Bauart. Ihre Glanzjeite bilden die kunftvoll 
gefchnitten großen Holzfenfter, die alle erferartig hervorſpringen und in 
deren Niſchen die Dimane angebradht find. So viel Yenfter, jo viel Di- 
wane. Alle diefe Fenfter find, der Sonne wegen, ſchließbar und zwar durch 
gitterartig geſchnitzte Holzläden. Luxuriöſe Leute haben doppelte Läden, 
von innen und von außen. Glasfenfter find gänzlich unbelannt und jelbft 
die Conſuln entbehren fie, obgleich der nächtliche jähe Temperaturwechſel 
fie doch manchmal wünfchenswerth erjcheinen läßt. 

Im Innern find die Häufer gleichfalls ſehr gejhmadvoll. Alle haben 


48 Die Bewohner von Dſchedda. 


im Erdgeſchoß eine geräumige, gegen den Hof zu offene Empfangshalk, 
oft rei mit Stud und Schnigwerk verziert. Die oberen Stodwerfe find 
in fogenannte Megles (Medfchles) eingetheilt, jedes aus einem Saal und 
drei oder vier Zimmern beftehend und befonders verjchließbar, auch meiſt 
mit einer eignen, ausfchließlich zu ihm führenden Seitentreppe. 

Seit Entfernung der Hüttenbewohner dürfte Dſcheddas Einwohner: 
zahl fiebzehn- bis achtzehntaufend kaum erreichen. Vielleicht ift auch die 
noch zu hoch gegriffen. Eine Zählung findet natürlich nicht flatt. Die 
flottirende Bevölkerung ift aber deito größer, am größten natürlich in den 
Monaten vor und nad der Wallfahrt, doch auch zu anderen Zeiten bringt 
der Handel bier ftet3 ein lebbaftes Treiben mit ſich. 

Eingeborene angeftammte Dſcheddauwi giebt es jehr wenig. Ein Drittel 
der Bevölkerung ftammt aus Yemen, ein andere Drittel aus Hegaz d. h. 
den wenigen Städten, die diefe Provinz hat (denn Beduinen giebt es nicht 
in Dichedda), aus Aegypten, Syrien, der Türkei und der Reit befteht aus 
indifhen Moslems und Arabern aus Hadramaut. Lezztere beiden Claſſen 
tepräfentiren den Großhandelsftand, den mwichtigften der Stadt. Namentlid 
die Hadrami jpielen eine bedeutende Rolle. Sie find übrigens nicht aus 
der eigentlich im engern Sinne diefen Namen führenden Landſchaft, ſon⸗ 
bern, ſoviel ich erfuhr (und ich lernte fehr viele fennen) ausnahmslos au: 
dem Wädi Ddan im Bilaͤd beni Iſaͤ, ebenfo wie die ſüdarabiſche Colonie 
in Cairo. In ihrem Lande nennen fie ſich gar nit Hadrami, fondern 
behalten diefen Namen den Bewohnern der Wadi Kesr, Amd und Ro 
chiha vor. Aber in Gentralarabien verſteht man unter Hadramaut ſiets 
einen fehr weiten Begriff, und die hier lebenden Doaner find fo gewohnt, 
ih Hadrami nennen zu hören, daß fie oft jelbft dieſen Ausdruck von fid 
gebrauchen, jedoch niemals unter einander, ſondern nur Fremden gegenüber. 

Sie find die Handelsgenieg Arabiend, und das iſt um jo merkwür⸗ 
diger, ald es in ihrem Vaterland gar keinen Großhandel giebt. Ber 
MWädi Doan ift ein an Naturproducten, die jedoch im Lande bleiben, zwar 
reilhes, aber an baarem Geld jehr armes Gebiet. Hundert Thaler bilden 
dort fon ein Vermögen. Darum kommen auch alle Doaner, die für 
eine Zeit lang auswandern, fo zu fagen als Bettler nad) Dichebda, werden 
aber dort rei. Es ift fprichwörtlich, daß ein Dö aner bei feiner Ankunft 
nichts fein nennt, als das Yutta (Lendentuch), momit er einen Theil feines 
zu drei Viertheilen nadten Körpers dedt, und daB er nach 10 oder 20 
Sahren als Hausbeliger, Schiffseigenthümer und nach hiefigen Begriffen 





Kaufleute aus Hadramant. 49 


als fehr reicher Mann dafteht. Sie find eben ein durchaus genligfames 
Boll, da3 jede Entbehrung erträgt und feinen, felbft nicht den niedrigften 
Dienft verfhmäht. So findet man zum Beifpiel im Haufe der reichen 
Do aner in Dſchedda, daß fämmtliche Diener, ja oft Laftträger die nächften 
Verwandten des reihen Kaufmanns find, die ihm aus der Heimath nach⸗ 
geihidt wurden, damit er für fie ſorge. Dies thut er, aber er läßt fie 
nicht müßig gehen, fondern tüchtig arbeiten. Dafür wendet er ihnen aber 
Bortheile zu und erleichtert ihr ſpäteres Etabliſſement. Doc ift beim 
Reichwerden der Dö aner nur fehr felten gewagte Speculation, die mand)- 
mal fchneller zum Ziele führt, im Spiel. Nein, diefer Reichthum ift ein 
langſam und mühevoll, aber auf fiherm Grund errichtetes Gebäude. 


Iſt ein Döaner reich geworben, fo ift fein einziger Ehrgeiz ein 
Ihönes Haus. Uber er zieht fich felten vom Handel zurüd. Diejenigen, 
die in ihr Vaterland zurüdtehren, find faft nie reich, jondern haben ſich 
gewöhnlih nur ein mäßiges Sümmchen er|part, auch meift nur kurze Zeit 
im Ausland geweill. Ein Döaner Kröſus weiß, daß die Zuftände in 
feiner Heimath zu unficher für ihn und feine Habe find. Er behält feine 
Heimath im Herzen, aber er ſucht fie nicht auf. Uebrigens lebt er ja aud) 
in Dſchedda ganz in heimiſchen Kreiſen und geht faft nur mit feinen Lands⸗ 
leuten um. Bon Allem, was in feiner Heimath vorgeht, ift er ſtets genau 
unterrichtet und verliert nie ein reges Intereſſe an ihr. 


Die Ddaner in Dſchedda haben noch ungefchmälert den heimischen 
Fanatismus bewahrt. Während ich mit ihren Landäleuten in Cairo ganz 
unbefangen von ihrer Heimath reden Tonnte, gab hier ſchon die einfachfte 
Nachfrage danach Anſtoß. Herr Rolph, der, wie die meiften Europäer, 
nichts von jener geheiligten Unzugänglichkeit des Biläd beni 'Iſa mußte, 
beging einmal den Berftoß, geradezu zu erzählen, ich hätte ein Buch dar» 
über herausgegeben und beabfichtige felbft, dorthin zu gehen. Das gab 
lange Gefichter! Für mich mar dies freilich gleichgiltig, derm ich hatte bald 
gemerkt, daß aus den Doanern von Dſchedda auch nicht ein Sterbens- 
wörtchen herauszubringen war. Aber ich bevauerte e8 meines Gaftfreunbes 
wegen. Denn feine ganz unfchuldige Bemerkung wurde wie eine ſchwere 
Beleidigung, ja Läfterung des Heiligen aufgefaßt, und ihm war ein gutes 
Einvernehmen mit den Leuten erwünscht, da er Geſchäfte mit ihnen hatte. 
Ih ſuchte nun zu beſchwichtigen und gab vor, mein Freund habe mich 
falſch verfianden. Aber man glaubte mir nicht. Die Geftchter wurten 


v. Maltzan, Hefe nah Güdarabien. 4 


50 Induſtrie der Bürgerfrauen von Dſchedda. 
immer länger! Eiſige Kälte brachte das Gejpräd zum Stoden un wir 
fanden es gerathen, aufzubrechen. 

Ich bat nun Herrn Rolph, bei allen ben „Bi“, die wir noch zu ke 
fuchen Hätten, lieber nur vom Kaffee, jenem unerſchöpflichen Kante 
geſprächsgegenſtand, zu reden, aber ja nicht mehr von der Heimath dire 
„Bü“, fo nannten wir ſcherzhaft die Ddaner, weil alle ihre Familien 
namen (Sonia) mit Baͤ (für ebnä) anfangen. Unfere weiteren Beide 
bei den verjchiedenen Baͤharun, Bäyageba, Baͤſudaͤn u. f. w. gingen dem 
aud ganz gut ab, waren aber etwas langweilig, da inzwiſchen der de 
madän angefangen Hatte und diefe firengen Moslems felbft am Abe 
nur ernfte Gejpräche führten oder, was fie uns gegenüber am liebſen 
thaten, bewiejen, daß „Schweigen Gold ift“. 

Durch Frau Rolph, welche viel ip arabiſche Yamilien kam, erfuhr ih 
don einer Jnduftrie, von der ich bisher feine Ahnung Hatte, da ihre Pre 
ducte eben nicht auf den Markt gelangen. Es find dies wunderſchon 
Stidereien in Gold, Silber und Seide, auf Betten- und Möbelfiofien, 
welche die Vürgerfrauen, ſelbſt die reichen, arbeiten. Diefe rauen find 
außerordentlich fleikig, nähen und ftiden ben ganzen Tag. Steine, ſelbſ 
die reichfte, verſchmäht übrigens den Lohn ihrer Arbeit, jede nimmt and 
Veftellungen an. Frau Rolph erkundigte ſich einmal bei einer reichen Art 
berin, wo fie arbeiten lajjen könne, und dieſe wies fie ohne Weiteres an 
ihre eigenen Töchter, die ji au) dafür zahlen liegen. Die Arbeitspreiſe 
find freifih mäßig. Sonft beftellen nur Moslems diefe Arbeiten, wofür 


Damengefellfehaft. Griechen in Dfihedda. 51 


undesgemäß. If die Dame recht vornehm, fo müſſen in jeder Laterne 

Kerzen brennen. Papier- oder ägyptifche durchſichtige Zeuglaternen, ſowie 
Lampen gelten für jehr gemein. Dadurch würde eine Dame bei den 
cherinnen des „ſtränzchens“ ihre jociale „Stellung“ einbügen. Frau 
5 erzählte mir, als fie das erſte Mal ein Kränzchen befuchte, habe jie 
> gar nichts von diefen Standesregeln gewußt und fei mit einem ein- 
m Laternenträger gelommen. Ihr Unglüd wollte noch dazu, daß in 

Laterne auch nur ein Oellicht brannte. Beim Hingang hatte fie Nie- 
zb geſehen. Als fie aber nachher mit einigen Damen zugleich fortging, 
hie das geringe Gefolge und der ſchwache Laternenglanz einen fo ſchlim— 
t Eindrud, dab Alle die Nafe rümpften und fie über die Achjel an- 
en. Ihre „Stellung“ war ernftlich bedroht, aber ihr Mann meinte: 

„Rum wart‘, wir wollen die „Stellung“ im Sturm wieder erobern 
d fie Soll fogar höher werden, als die irgend einer Frau in Dichedda.“ 

So gab er ihr denn das nächſte Mal vier Laternenträger, in jeder 
Kerne drei Wachzlichter, mit. Dies erregte in Dichedda ein jolches Auf- 
ben, dab man ſich zuraunte, Die Frau des Großſcherifs fei angekommen. 
a Damen des Kränzchens imponirte es dergeitalt, daß die jo reichlich) 
kleuhtete von nun an für die erſte „Schecha” galt. Eine Curopäerin, 
e ſolche Gefellichaften in Dſchedda befucht, Heidet ſich dann auch meift 
imtalifch oder verjchleiert ſich wenigſtens auf der Strafe ganz mwie eine 
faberin. Nöthig ift es nicht, man fieht aber das Gegentheil ſehr ungern. 

Bon wirkliden und angebliden Europäern leben in Dichedda, die 
wi Sonfuln, einen franzöjiihen Kaufmann und Herrn Rolph abge- 
hnet, nur Levantiner und Griechen und zwar Menfchen der unterften 
lände, und von etwas zmeifelhafter Moralität. Diefe find: 

Zwei griechiſche Bäder mit einem Badofen. 

Neun griechiſche Händler, die zufammen drei Läden mit Spirituojen 
d Lebensmitteln bejigen. 

Zwei griechiſche Viehhändler und Branntmweinverkäufer. 

Zwei levantiniſche Tabadshändler en gros und en detail. 

Ein levantiniſcher Apothefer. 

Außerdem lebt noch ein Maltejer Hier, der Gerant des „Hotel Gas— 
vo“, eines vom verflorbenen Ga3paroli, einem Staliener, gegründeten 
Mbofes, der mühſam jein Dafein friftet und hauptſächlich von den 
irlen der geifligen Getränke wegen bejucht wird. Natürlich ift das Eta- 
Mement beicheiden. Sch hörte jedoch nichts Schlechtes von ihm und halte 

4» 


52 Europäifche Confuln und ihre Schuhbefohlenen. . ° 


es jebenfall8 für einen großen Fortichritt, daß überhaupt ein Gafthaus in 
Dſchedda eriftirt. 

Wie man fieht, handeln die meiften diefer Leute mit Spirituofen und 
Branntwein. Dies ift überhaupt die Specialität der Griechen am Rothen 
Meer. Das Seltjamfte bei der Sache ift, daß die Einfuhr aller geifligen 
Getränke in Dichedda, weil es im meitern Sinne zum „heiligen Gebiet“ 
gehört, ftreng verboten if. Da aber die türfifchen Beamten und die Gar- 
nijon den Schnaps nicht entbehren können, fo fieht man durch Die Finger 
und läßt fo viel einſchmuggeln, als e8 den Griechen beliebt. Gegen Wein 
dagegen hält man das Geſetz in feiner vollen Strenge aufrecht, denn biefer 
ift den Türken, die nur des Raufches wegen trinken, zu ſchwach. Es iſt 
übrigens ein fürchterlich hitziges Getränk, welches dieſe Griechen feilbieten. 
Sch konnte die eine Sorte von dem von den Türken getrunfenen Brannt 
wein ganz gut als Spiritus für die Theemaſchine verwenden. 

Es gab zur Zeit meiner diegmaligen Anmwefenheit in Dſchedda (Ende 
1870) dort nur zwei Vertretungen europäiſcher Mächte, nämlich don Eng: 
land und Frankreich. Letzteres hat nur einen PBiceconful (mit 10,000 
Francs Gehalt), der zugleich Arzt und Sanitätsagent der internationalen 
Commiſſion if. Sein Kanzler und erfter Dragoman war früher ein Le 
bantiner, ein gewifjer Nicola, der feines Wohlitandes wegen bier eine grö- 
Bere Rolle jpielte, al der Conſul ſelbſt. In neuefter Zeit hat man jedoch 
diejes Amt einem Franzoſen, einem jehr gebildeten Manne, der aber nut 
algieriſches Arabifch ſpricht, übertragen. Nicola Spielt aber nach wie vor 
die erfte Rolle unter den franzöſiſchen Schußbefohlenen, zu denen bier au 
ſämmtliche Griechen gehören. Die franzöfifhen Conſuln im Orient haben 
nämlid von jeher ihre Protection mit großer Leichtigkeit anderen Cure 
päern gewährt, während die englischen dies faft nie thun. Außerdem hat 
der franzöſiſche Conſul ſämmtliche Algierer, deren zur Pilgerzeit ſtets viele 
fommen, unter feinem Schutz. Der engliſche Conſul (mit 600 Pfd. Et 
Gehalt und etwa 200 Pfd. St. Eafualien) befißt jedoch eine noch viel 
ausgedehntere Glientel, indem alle die zahlreihen Indier und auch vice 
andere Oſtaſiaten feinem Schuß empfohlen find. Er war zur Zeit ſchon 
über ein Jahr abmwejend und das Conſulat in Händen eine armeniſchen 
Dragomans, eines ſehr zuverläfligen und Hugen Mannes. Außerdem lebt 
bier noch ein perſiſcher Conſul, der den Titel „Bey“ führt und ein regel: 
mäßiges confularifcheg Bureau mit Dragoman, Secretär u. |. w. bat. 

Die Verwaltung ift in Händen des Pafchas von Dſchedda, der wieder 





Der Paſcha von Dſchedda und feine Lobhudler. 53 


unter dem von Hegäz fteht. Erfterer war zur Zeit Nuri (für Nür ed 
Din) Paſcha. Er ift ein alter Arnaute und Stockmoslem, der nur türkifch 
und ſchlecht arabiſch jpricht, obgleich er ſchon feit 20 Jahren hier lebt. Die 
Sitte befteht, daß faſt alle Europäer jowie die Honoratioren unter den 
Moslems ihn oft befuhen und ſogar den Abend bei ihm zubringen, eine 
etwas negative Unterhaltung. Man ſitzt in einem großen von Diwans 
umgebenen Kiosk, auf allen Seiten dem Winde offen, in deſſen Mitte eine 
Laterne fleht, trinkt Kaffee, führt langweilige Gefpräche und hört, wenn 
der Paſcha guter Laune ift, den Klängen einer Spieluhr zu, die einige 
italienische Gaffenhauer ableiert. Der Paſcha hat übrigens die bei mo- 
dernen Türken ſonſt jelten gewordene Eigenjchaft, grob zu fein. Iſt ein 
Europäer nicht jehr gut an ihn empfohlen, jo kann er ſich gefaßt machen, 
daß der Paſcha bei feinem Beſuch kaum Notiz von ihm nimmt. Macht 
man ihm gar incognito Viſite, wie es zwei bochgeftellte Italiener (der eine 
ift jetzt Marineminifter) vor zwei Jahren thaten, fo thut er, als exiftire 
man gar nicht, erwidert feinen Gruß und läßt fogar nicht einmal den 
üblichen Kaffee, dieſes Minimum officieller Höflichkeit, reichen. 


Ich wurde etwas beffer empfangen, da ich ein officielled Gmpfehlungs- 
Schreiben brachte. Aber von eigentlicher Höflichkeit war nicht die Rede. 
Eines Abends fand ich jedoch den Paſcha in fehr rofiger Laune. ch ent- 
dedte bald deren Grund. Bor ihm lag ein Stoß von Zeitungen, alle 
Exemplare einer und derjelben Nummer eines in Alexandrien erfcheinenden 
Journals, worin ein Grieche fein, des Paſchas, Lob gefungen hatte. Und 
weswegen murde er belobt? Wegen einer Sache, von der Jedermann in 
Dſchedda wußte, dag fie ſich ganz anders verhielt, als es das Blatt ſchilderte, 
nämlich die Entdedung mehrerer alter Eifternen, deren Waller Nuri Paſcha, 
wie da3 Blatt fagte, den Spitälern und den Armen unentgeldli) zumende. 
Dbgleih nun jeder der Anmejenden mußte, daß Alles, was der Artikel 
fagte, nicht3 als Tügnerifche Lobhudelei war, fo hörte man doch mit Ge- 
duld die Vorlefung und Ueberjegung ins Arabijche an, gab ſich die Miene, 
e3 zu glauben, und machte dem Paſcha Somplimente. 


Auf der Straße brach man nachher freilih in ein homeriſches Ge- 
lächter über eine folche, ſelbſt im Orient faft beifpiellofe Comödie aus. 
Beim Nachhaufegehen nahm mich ein alter Araber, defjen Lippen ſoeben 
noch vom Lobe des Paſchas übergeflofien waren, bei Seite und 
fagte mir: 


54 Ausgrabung von Bifternen. Baffermangel. 


„Willſt Du die Armen fehen, für die der Paſcha forgt, jo komme 
morgen mit mir.” 

Da ſah ich allerdingd ein ganz anderes Bild, als e& der Artikel 
Schilderte. Eine Menge Unglüdlicher, in Eifen gefchloffen, mußte die Auf: 
grabung einer der neuentdedten Gifternen bewerfftelligen. Ich Dachte na— 
türlich, es ſeien ſchwere Verbrecher, aber mein Begleiter belehrte mich eines 
Andern: 

„Alle diefe Menjchen,” fagte er, „haben nur Slleinigleiten verbrochen 
oder find mit den Steuern im Rückſtande. Uber der Paſcha benugt ihre 
Haft, um fie zum Yrohnden zu zwingen und fo unentgeldlich Arbeiter zu 
haben, die er nicht einmal ernährt. So hat er allerdings ſchon einige 
Gifternen aufgraben laffen. Was mir aber geftern gehört haben, ift Lüge, 
deng von allen diejen Ciſternen hat noch feine einen Tropfen Wafler ge 
liefert, da e& feit ihrer Aufgrabung noch gar nicht regnete. Uebrigens 
find diefe Cifternen für die nächſte Regenjaifon ſchon verpadhtet und wer- 
den den Beutel des Pajcha, nicht aber den lechzenden Mund der Armen 
füllen. Das ift die Weiſe, wie er für die Armen forgt. Er fchließt fie 
in Eifen und läßt fie frohnden und diefen Gefangenen giebt er nicht ein- 
mal Wailer, denn fie müfjen fih Eſſen und Trinken von den Ihrigen 
kommen lafjen.“ 

Man mwundere fih nicht, daß auf dad Waller bier ein fo großer 
Merth gelegt wird, denn in Dſchedda iſt's damit fchlechter beftellt, ala 
vielleicht in irgend einer andern Stadt. Es ift lediglich auf die Eifternen 
angewiefen, deren es allerdings viele hat. Yaft unter jedem Haufe find 
deren und vor der Stadt in der Nähe des Evagrabes findet ſich ein ganzes 
Eyftem derfelben. Aber was Helfen noch fo viele Cilternen in einem fall 
regenlojen Klima? 

Man kann in Dſchedda faum von einer eigentliden Regenzeit 
ſprechen. Das, was man bier die Regenfaifon nennt, daS heißt die Mo: 
nate November und December, verdient nicht jenen Namen. Es ift zwar 
die Zeit, in der allein e3 regnet, aber diefer Regen kehrt in ihr keineswegs 
regelmäßig wieder. Oft bleibt er Jahre lang aus. Im Durchſchnitt Tann 
man annehmen, daß auf drei Jahre eine wirkliche Regenzeit fommt. Im 
November 1870, als ih in Dſchedda weilte, hatten wir zwar täglich) Ge 
mwitter, der Himmel war fehr oft ummöllt, der Straßenboden durch den 
gefallenen Regen fogar in Koth verwandelt, aber troß alledem war die 
Menge des gefallenen Regens eine ſo außerordentlich geringe, daß mir bie 





Regenmangel. Speculation mit Trinkwaſſer. 55 


Araber fagten, „wir bekommen höchftens den Straßentoth, nicht aber 
Waller in unjere Cifternen.” Der December fteht gewöhnlich, was die 
Menge des in ihm fallenden Regens betrifft, weit Hinter dem November 
zurüd. AS ich Anfangs December Dſchedda verließ, waren bie meiften 
Leute ſchon refignirt, dies Jahr als ein Mißjahr für.die Eiflernen anzu= 
jehen. Im November war faftı nichts in dieſe gekommen, und im De- 
cember erwartete man jet auch nicht3 mehr. 

Uebrigens fann man felbft in günftigen Jahren faum mehr ala eine 
mittlere Yüllung der Ciſternen erwarten. in Ueberfteigen dieſes Maßes 
pflegt nur bei Woltenbrüchen einzutreten. Solche fommen allerding3 vor, 
jedoch im Durchſchnitt nur etwa alle 10 oder 15 Jahre einmal. Die 
mittlere Füllung verfieht aber die Stadt genügend nur für 7 bis 8 Mo- 
nate. Im Sommer ift ihre Inhalt zum größten Theil erſchöpft. Das 
Menige, was dann übrig bleibt, wird außerordentlich theuer verkauft. Der 
Bertreter des engliſchen Confuls, der ſchon viele Jahre in Dſchedda Iebt, 
berficherte mir, daß man im Sommer für den täglihen Waflerbedarf de3 
Conſuls oft 5 Franken ausgebe. So viel koſtet nämlich dann die Kameel- 
lat, und die Armen würden bei ſolchen unerſchwinglichen Waſſerpreiſen 
verſchmachten, beftänden. nicht Hier, wie in jeder mohammedanischen Stadt, 
fromme Stiftungen, damit die Leute umfonft trinken können. Hier geht 
die Wohlthätigleit jogar noch weiter, al3 in anderen Städten, mo man ſich 
begnügt, öffentliche Sebil3 (Trinkhrunnen) zu errichten; die hiefigen Stif- 
tungen ſchicken vielmehr ihre Waflerträger in den Straßen herum, welche 
die Durftigen umfonft trinken laffen. Man nennt diefe dann aud) „Se= 
bil”, gleihlam „wandelnde Trinkbrunnen“. Indeß haben dieje Stiftungen 
nicht immer einen großen Vorrath, können auch nicht für den Hausbedarf 
forgen, und deshalb wäre e3 gut gemefen, wenn man die neuentdedten Ci- 
fernen nicht bloß auf dem Papier jenes Journal den Armen zugewandt 
hätte. 

Leider ift da Wafler hier ein Gegenftand unerlaubter Speculation 
und faft monopolifirt von den Gifternenbefigern, die mit der Behörde im 
Bunde ftehen und diefe oft zu den gemeinfchädlichften Mapregeln beftim- 
men. So verweigerte man vor Kurzem einem Hadrami die Srlaubniß, 
deftillirteg Meerwaſſer, das er mit vielen Koften herſtellte, zu verkaufen, 
weil man ein Sinten der Preife fürchtete. Auch fieht man es jehr ungern, 
wenn Jemand neue Gifternen errichtet. 

Berfiegen alle Eifternen, mas aud oft genug wortommt, \o N tr 





Hegär 





Achtes Capitel. 


Der wahre Herr von Begäz. 


Irrthümer in Bezug auf die türkiſche Macht in Hesaz. — Wahre Stellung der tür: 

fiihen Beamten. — Der Großjherif. — Sein politiier Einfluß. — Sein Reich⸗ 

thum. — Sein Beamtenftab. — Ohnmacht des Paſchas in einem Erbſchaftsconflict. — 

Ausflug eines Franzoſen nach Täyef. — Durch den Broßfcherif aus Gefahr errettet. — 

Schattenautorität de Sultans. — Der „Diener der heiligen Städte". — Vorur⸗ 

theilsloſigkeit des Großfcherifs. — Sein Berhalten gegen Europäer. — Sein edles 
Benehmen. 


Glaubt man unferen geographiſchen Handbüchern oder den officiellen 
Berichten europäifcher Gejandten in Eonftantinopel, jo iſt der Herr von 
Hegöz feine Majeftät Abdulaziz Chan, der Herrliche, der Siegreiche (wie's 
auf den Münzen fteht). Der Fremde, der nach Hegäz reift, verſchafft ſich 
deshalb Empfehlungäbriefe an die Vertreter und Beamten des Sultans. 
Dieſe eriftiren nun allerdings. Ihre Perfon ift feine Fabel, wohl aber 
ihre Macht. Auch ich beſaß ſolche Briefe. Sie hätten aber eben fo gut ' 
an die hier ruhende Mutter Eva gerichtet fein können. Die Würdenträger 
nahmen zwar die Briefe, verehrten das Siegel des Sultans, verfprachen, 
Alles für mi zu thun — und thaten gar nichts, um mein Verlangen, 
ins Innere nad) den Städten zu reifen, welche nicht im Hebüd el Haraͤm 
(dem heiligen Gebiet) liegen und die der Europäer beſuchen darf, zu unter⸗ 
fügen. Ein Anderer würde fich geärgert haben. Ich erfannte jedoch bald, 
daß diefe Herren bier ebenio wenig zu Haufe und ebenjo ohnmächtig feien, 
wie ich ſelbſt. 


58 Ohnmacht der Türken in Arabien. 


Dſchedda allein ift unterworfen und Hat einen Walde, der a1 
ſpotiſch beherrſcht. Diefer iſt der Untergebene eines andern, der ben m 
haften Titel „General-Gouverneur von Hehaz“ führt und abmeiicab 
Metta und Täyef vefibirt. Uber dieſer Paſcha ift lediglich eine fh 
Größe, was in Hehäz eine „Null bedeutet. Er Hat einen vol 
Beamtenſtab, aber alle dieſe Beamten find wo möglich noch wid m 
„Null“, als er. Der wahre Gouverneur ift Niemand anders, di | 
Großſcherif von Meta. Diefer ift officiell mit gar feiner politiſchen 9a 
betraut. Um ihm zu ſchmeicheln, hat ihm zwar die Pforte alleli h 
Titel, wie Paſcha erſten Ranges, Hohe Orden zc,, gegeben, aber nad ju 
ftifchen Begriffen ift er eigentlich ein Privatmann. Er befikt frei € 
geiftliche Autorität, als Oberhaupt des theokratiſchen Adels der la 
Scherife, der ächten und unzweifelhaften Nachtommen des Propheten. : 
Meta glaubt man nämlid) wenig an die Aechtheit der anderen mitt | 
lebenden Scherife. Jedoch auch diefer religiöfe Rang exiſtirt mehr m 
als mit Willen der Pforte. Sie erkennt ihn nur an, weil fie miß 

Diefer mit einem religiöfen Rang belleidete Privatmann iR oe 
Wirklichteit Alles in Allem, höchſte Juſtiz-, Finanz und Mominikee 
behörde in Hehaz⸗ nebenbei der Schiedsrichter in den Redjtähänden d 
großen Theuͤs von Arabien, ja jelbft von Oftafrita, außerdem der ui 
ja faft der allbefigende Grundherr von Delta, Täyef, Dſchedda x. E 
ſchiedsrichterliche Autorität reicht viel weiter, als die des Cult, 





Wichtigkeit der Autorität des Großfcherife. 59 


bloß weltliche Autorität verjpotten fie, befonders die türkifche, die ſich hier 
im lebten Jahrhundert ſtets ohnmächtig gezeigt hat. 

Der Großicherif hat nebenbei die zahlreichſte directe und indirecte 
Glientel. Die directe beſteht aus den Beamten und Bermwaltern ſowohl 
feines ausgedehnten Beligftandes, wie der vielen frommen Stiftungen, 
deren Erbuorftand er ift; die indirecte aus ſämmtlichen mohammedanifchen 
Geiftliden, deren Zahl Legion ift, und deren feiner ſich trauen würde, 
einem Wink des Großſcherifs nicht wie einem Befehle zu gehorchen. So 
find in jeder Stadt von Hegäz mehr Beamte des Großfcherifs als des 
Sultans. Officiell haben dieſe gar feine Autorität, aber wie fih die Sa⸗ 
chen in der Praxis geftalten, jo vermögen fie in Juſtiz⸗ und Verwaltungs⸗ 
angelegenbeiten viel mehr, al3 die officiellen Beamten. Man fieht, es be= 
ftehen aljo in Hegäz zwei Regierungen, jede mit einem vollftändigen 
Benmtenftab, die eine, die officielle, welche aber ein Kinderſpott if, die an- 
dere, welche juriſtiſch Feinerlei Autorität hat, aber in Wirklichkeit alle recht- 
lihen Befugniſſe ausübt. 

Die Confuln werden durch diefen Dualismus oft in DVerlegenheit ge— 
ſetzt. Sie find nur bei den türkiſchen Behörden beglaubigt, aber von 
diefen können fie nichts erlangen, nichts hoffen. Zum Großjcherif dagegen 
haben fie durchaus feine amtliche Beziehung. Aber fie merken bald, daß 
fie ohne ihn gar nichts erreichen können. Sie müſſen alfo zu dem Aus- 
weg greifen, alle wichtigeren Angelegenheiten jo zu jagen auf dem Privat- 
wege abzumadhen, da ja der Großfcherif, der ihnen allein zum Recht vet- 
bilft, amtlich für fie nichts ift, al3 ein Privatmann. 

Diefe jeltfamen Widerſprüche, die Ohnmacht der officiellen Behörde, 
die factiſche Autorität des Großſcherifs, wurden u. a. recht deutlich durch 
einen Fall an den Tag gelegt, welcher ſich vor Kurzem ereignete. Beim 
Tod eines reihen indischen Kaufmannes, der in Dſchedda gelebt hatte, 
war e3 dem Dadi (dem veligiöfen Richter) eingefallen, deſſen Erbſchaft 
ganz fo zu behandeln, al3 ob der Verftorbene ein Dſcheddaner, d. h. tür- 
fischer Unterthan, gewefen wäre, und folglich die Siegel auf deffen Nachlaß 
zu legen. Dies konnte der englifche Conful, unter deſſen Schuß alle Oft- 
indier ftehen, nicht dulden. In einer meniger fanatiſchen Provinz ber 
Türkei hätte es gar feine Schwierigkeit gemacht, diefe Siegel, die den Ver- 
trägen zuwider aufgelegt waren, ablöfen zu lafien. Aber in dem fana- 
tiſchen Hegaͤz konnte Niemand fo etwas wagen; denn ein Dadi iſt eine 
religiöfe Refpectöperfon, deſſen Würbe non allen Oxxhodoxxea yeliq Fartlun 


Der Paſcha muß die Hülfe des Scherif8 anrufen. 61 


Ber Paſcha, die eigene Ohnmacht befennend, flehentlich feine Hülfe anrufen 
kaufte, um ihn aus einer Verlegenheit zu befreien, aus welcher er ſich ohne 
&hn nicht hätte retten lönmen. Jener Franzoſe war mit türkishem Ferman 
umb Eöcorte nach Zäyef, der Sommerrefidenz von Paſcha und Scherif, 
gereift, um diefe beiden Würdenträger zu befuchen. Da er Hegäz nicht 
Eannte, fo beging er einen erften Verftoß, indem er dem Pascha viel mehr 
Aufmerkſamkeit fchentte, al8 dem Scherif. Hatte er dadurch ſchon alle 
Araber gegen ſich eimgenommen, jo erregte ein zweiter, gröberer Ver- 
ſtoß, der aber ächt franzöfifch war, noch viel ernftlihere Mipftimmung, 
md führte zu den bedrohlichiten Vorfällen. Der Seeofficier befand jich 
nämlich zufällig am 15. Auguft, dem fogenannten Napoleonstag, in Täapef 
und beging die Ungeſchicklichkeit, in diefer fanatiſchen Stadt, in welcher nie 
ein europäijche3 Banner erblidt worden mar, zur Yeier jenes Tages die 
franzöfiiche Flagge aufzupflanzen. Nun muß man die faft abergläubijche 
Buccht, welche alle Araber ſchon feit Jahren vor europäifcher, namentlich 
franzöfifcher Befigergreifung haben, und das Miptrauen kennen, mit dem 
fie jedes europäiſche Kriegsfchiff in ihre Häfen einlaufen jehen, um zu be- 
greifen, daß alle obwaltenden Umftände, die Landung des Franzoſen auf 
einem Kriegsſchiff in Dichedda, feine Reife nach dem faft nie von Euro- 
päern bejuchten Zäyef und nun vollends das Aufpflanzen der franzöſiſchen 
Flagge im Herzen von Hegäz allgemeine Ueberrafhung, Miftrauen und 
Entrüftung hervorrufen mußten, die bald ein bedrohliches Zuſammenrotten 
bewaffneter Bollshaufen (alle ächten Araber find bewaffnet) zur Yolge 
batten. Im Nu war eine der zwar ziemlich ftarken, aber in diejem Fall 
ohnmächtigen Escorte weit überlegene bewaffnete Schaar um das Haus 
des Franzoſen verfanmelt, drohte dieſes zu ftürmen und dem verhaßten 
Fremden den Garaus zu machen. Der Paſcha verlor fein ABE in diefer 
gefährlichen Angelegenheit. Einestheild mußte er, daß, wenn dem Yranzojen 
ein Leid gejchähe, feine Stelle, ja vielleicht fein Kopf auf dem Spiele 
fände. Anderntheils war er überzeugt, daß der geringite Widerftand 
bon Seiten feiner Truppen, welche die EScorte des Franzoſen bildeten, 
ihm und ihnen das Leben koften würde. In diefer feiner Noth blieb ihm 
nichts übrig ald feinen deus ex machina, den Großſcherif, anzurufen, 
der zwar, um feine Macht recht deutlich an den Tag zu legen, ich lange 
bitten, aber ſchließlich doch erweichen ließ. Dem Scherif gelang es mit 
Leichtigkeit, die wüthenden Gläubigen zu beruhigen, und er genoß aljo 
den doppelten Triumph: den Paſcha offen jeine Ohnmacht eingeftehen, 


62 Der Sultan ald »Diener ber heiligen Gtäbte«. 


und den Franzofen, der ihn anfangs nicht mit dem gehörigen Reiped ber 
handelt Hatte, feinen Irrthum ertennen zu fehen. Niemandem außer dem 
Scherif hätte aber jo etwas gelingen können. 

Er ift in der That der wirkliche Herr des Landes. Der Sultan fehl 
zwar feine nominelle Oberhoheit in Mekla anerfannt, aber er erreiht anf 
dies nur durch die Geſchenle und Hohen Gehalte, die er dem Scherif, feiner 
Familie und allen religiöjen Beamten in Delta und Medina giebt Ju 
Wirklichkeit ift feine Autorität in dem Heiligen Gebiete mehr geduldet ds 


anerkannt. Wollte er es verjuchen, auch nur einen Piafter Steuer Kir? 


zu erheben, jo wäre es um feine Oberherrlichfeit gefchehen. Gelb Die 
Oberhoheit muß ſich officiell in das Gewand der religiöfen Demuth Neid 
Der Sultan führt nämlich nicht etwa den Titel „Herr des heiligen Ge 
bietes“, fondern einen folden, wie er dem „Stnecht der Knechte Gottel‘, 
der Päpfte, entjpricht, nämlich denjenigen: „Diener der heiligen Etädtr. 
Ein Mektaner, den ich fragte, ob der Eultan Steuergelver aus Welta ke 
siehe, antwortete mir entrüftet: „Wie foll er Steuern aus einer Stadt br 
ziehen, deren Diener er fi nennt?" Aus einem ähnlichen Grund une 
läßt es auch wohl der Großherr, zahlreihe Truppen Hierher zu jhiden 
und das Land definitiv zu erobern, was ihm freilich die Beduinen ſcht 
ſchwer, wenn nicht unmöglich machen dürften. Er würde durch einen fo: 
Ken Schritt allen religiöjen Nimbus einbüßen, der ihn ala Oberhaupt des 
Islam umgiebt, und als Entſchädigung felbft im glüdlichften Falle ſcht 
wenig weltlichen Vortheil erzielen; denn Hedäz ift eine arme Provinz, und 


Der Großſcherif in Verlegenheit. 63 


e ſetzte ihn alſo in nicht geringe Verlegenheit. „Er darf ſie ja gar 
anſehen,“ ſagte mir ein Metuaf. Der Scherif blickte deshalb auf den 
n, obgleich die Dame lange blieb und ſehr lebhaft war. In Stam— 
vätte ihn eine ſolche Viſite wahrſcheinlich amüfirt. Hier aber mußte 
chſt vorfichtig fein und durchaus jeden Ausdruck des Wohlgefallens - 
kefem Beruch vermeiden, denn das hätte feinem Anfehen ſehr gejchadet. 
Gefolge war übrigens außer ſich über die Dame und ihre Zudring- 
kt, wie man’s nannte. Dan bejchuldigte fie geradezu, daS Herz des 
rifs erobern zu wollen. Sie kam dadurch foörmlich in Verruf in 
edda. 
Der Großſcherif iſt ſehr freigiebig mit Geſchenken und Einladungen. 
ſchenkt er den Conſuln, die doch gar nicht bei ihm beglaubigt find, oft 
Boolle Pferde, während die wirklichen officiellen Größen, an die fie von 
Regierung gewielen find, ihnen kein Glas Waller geben. Wenn er 
ichedda ift, giebt er Diners, wozu au Europäer fommen, eine große 
enheit bei vornehmen Arabern. Da man hier mit Europäern nidt 
leriſch iſt und, wie überhaupt im Orient, einen für jo gut oder fo 
ht wie den andern hält, ifo kommen aud oft jehr zweifelhafte Indi— 
en zur Ehre der Einladung. Einer derfelben, ein Grieche, vergalt fo- 
die Gaſtfreundſchaft durch Aneignung verjchiedener vergoldeter Cou— 
. As der Großſcherif es erfuhr, benahm er fich ſehr nobel. Er fagte: 
mn der Dann vergoldete Couverte aus meinem Haufe davontrug, jo 
ıe man daraus den Beweis, daß ich fie ihm gejchenkt habe. In mein 
3 fommt fein Dieb, am Wenigften an meinen Tiih.” Stein Wunder, 
die Araber die Europäer verachten, denn ähnliche Dinge jind leider 
Seltenheit! 


Hegdz. 


Neuntes Capitel. 


Der Namadan in Arabien. 





Wichtigkeit des Ramadan. — Beitimmung feines Anfangs. — Der Bote von Melle. — 
Nächtliche Geſchäftigkeit. — Lebhaftigteit des Markts. — Der Sklavenmarkt. — Re 
gerſtlaven. — Abeifinier. — Wohlfeilpeit der Sklaven. — Die Tagesqualen der Fe 
ftienden. — Ihre Streitſucht. — Gerichtsftillftand. — Der Divan beim Pajſcha. — 
Eine Eomödie. — Der gefangene Koh. — Ein mwitiger Verbrecher. — Beilegumg 
eines komiſchen Eonflicts. — Ein orientaliiher Diplomat. — Bergnügungen im Re 
madan. — Das Hüttendorf. — Fanatismus leichtfertiger Frauen. — Monotonit 
des Ramadan in Dſchedda. 


Wer am Leben der Morgenländer Intereffe nimmt, der wird es vor- 
züglih im Ramadan beobachten. Zu feiner andern Zeit offenbart fich die 
ſes Leben charakteriſtiſcher. Der oberflächliche Reifende wird freilich be: 
baupten, daß, wer den Ramadäan in einer mo3lemijhen Stadt gefehen, ihn 
in allen gejehen hat. Wer aber eingehend beobachtet, wird finden, def, 
wie in anderen Sittenzügen, fo auch in diefem, interefjante Iocale Unterſchiede 
walten; und diefe geben der Sittenfchilderung ihre Würze. Jedes Land dei 
Orients bat feine eigene Phyfiognomie auch hierin. In jedem meine 
früheren Reiſewerke habe ich darum dem Ramadan (bald in Tunis, bald 
in Algerien 2c.) ein Gapitel gewidmet. So will ih es auch hier thum 
Es wird aber kürzer werden, al3 feine Vettern, denn im heiligen Hedi 
ift der Ramadan auch zu heilig, um viel Unterhaltungäftoff zu bieten. 

Diefer Monat, in welchem dem Moslem da3 bejchwerliche Faſten be 
porfteht, wird dennoch von ihm herbeigejehnt; je heiliger man if, def 





Frühmarkt im Ramadän. 65 


fehnlicher, in dem fanatifchen Hegdz alfo mit verdoppelter Inbrunſt. Da 
die aftronomifche Beſtimmung nicht gemügt, fondern der Neumond von 
glaubwürdigen Schohud (Zeugen) gejehen morden fein muß, und er im 
Jahre 1870 in Dſchedda in die Regenzeit fiel, jo war man dort im Un- 
Haren, wann die Yaften beginnen. Am Abend de 23. November ftand 
Neumond im Kalender. Man vernahm aber nicht den Kanonenſchuß des 
Sonnenuntergangd, welcher den Ramadan ankündigt. Alles bereitete ſich 
vor, den nächſten Tag noch zum Scha ban-Monat zu rechnen. 

Da plötzlich wedte in jpäter Nachtftunde ein Kanonenſchuß die Diched- 
daner. Der Mond mar in Melta gefehen worden und ein Reiter hatte 
in 5 Stunden den Weg hierher, zu dem Pilger anderthalb Tage brauchen, 
zurüdgelegt, um die Nachricht zu bringen. Da Mekka Autorität bildet, jo 
war die Frage entjchieden. Es hält freilich jchmer, den Moslem zu einer 
jo jchnellen That zu bewegen. Uber der Anfang de Ramadaͤn ift eine 
jo wichtige Sache, Wohl und Wehe jcheint jo ganz von ihm abzuhängen, 
daß jelbft ein mohammedaniicher Bote fähig wird, in 5 Stunden von 
Mekka zu kommen. BDiefer Bote wird ftet3 reich belohnt, und ift für den _ 
ganzen Monat der Gaft des Gouverneurs. 

Nun war aber ganz Dſchedda in Berlegenheit geſetzt. Viele Hatten 
ihre Einkäufe auf morgen verſchoben. Das Schlimmfte war, daß es den 
Meiften am Frühmahl fehlte, wa3 im Ramadän vor der Morgendämme- 
rung genofien wird. Daher entftand mitten in der Nacht ein geichäftiges 
Treiben und Hin- und Herlaufen. Jeder juchte von jeinem Nachbar zu 
borgen, da die Läden gejchloflen waren. Biel kam nicht dabei heraus, 
denn die Moslems find fchlechte Vorrathsſammler, und jo begannen die 
meiften den Tag wirklich nüchtern. “ Das war ein hartes Faſten, die vollen 
12 Stunden ohne Morgenprovifion. 

Dadurh kam es, dap am erften Ramadan-Morgen die Jahr der 
Markt noch bejonders lebhaft war, während er fonft in diefem Monat fich 
erft um Mittag belebt. Die Läden öffneten fih früh; Karavanen durch— 
zogen lärmend die Straßen; überall liefen gravitätifche Moslems mit Kör- 
ben umher; der Fiſchmarkt war im vollen Glanz und Leben. Selbft die 
balbwilden Bebuinen, mit dem krummen Dolch im Gürtel, dem vergoldeten 
Kopfwulft und dem blauen Hemd machten einen lebten Ueberfall über 
Stadt und Markt: friedlich nach ihrer Auffaflung, aber von jehr räube- 
riſchem Augfehen. 

Mich litt es nicht zu Haufe. Ich mußte das bunte Teen mit te 


v. Maltzan, Beife nah Südarabien. 8 





Abeffinifche Sklaven und Neger. 67 


Lachen andeuten dürfte, ihr Loos gar nicht fo ſchwer zu empfinden fchei- 
nen. Unter den Abejfiniern dagegen ſah ich feinen einzigen lächeln. Stumme 
Refignation, file Schwermuth lag auf allen Gefichtern. Sole Menfchen 
fo roh behandelt zu fehen, kam mir empörend vor. Die Araber dagegen 
ſcheinen gar keinen Unterſchied zwiſchen den Abeſſiniern und den echten 
Negern, die doch jo tief unter jenen ftehen, zu maden. Im Gegentheil, 
fie fcheimen jogar mehr Sympathie mit Lebteren zu begen. Der echte 
Neger, der jo gut wie feine Religion bejaß, ehe er Sklave wurde, ift dem 
gewöhnlichen Moslem auch deshalb willlommen, weil bei ihm alle Eultus- 
begriffe tabula rasa find, auf der mit Leichtigkeit das dürftige Gebäude 
von Aberglauben, die ſpärliche Doſis religiöfer Ertenntniß, die der Araber 
dem gewöhnlichen Sklaven zu Theil werden läßt, eingegraben werden kann. Der 
Abejfinier Dagegen war in den meiſten Fällen Chrift, ehe er in Sklaverei fort- 
geſchleppt wurde; ſchon aus dieſem Grunde ift er oft dem Moslem ver- 
haßt; dann genügt ihm ſelten eine fo niedere Stufe von Eultusbegriffen, 
wie die, mit der die Neger abgefunden werden. Auch diefer Gegenjah der 
Confeſſionen des Sklaven und de3 künftigen Herrn ift geeignet, tiefes Mit- 
gefühl mit den Abejfiniern zu erregen. Wie ſchwach aud immer ihre 
eigene Erkenntniß fein mag, jo muß ihnen doch der Yanatismus der Mos⸗ 
lems im höchſten Grade drüdend erfcheinen, der Alles, was man fie in 
ihrer Jugend gelehrt, verdammt. Dieſes Mitgefühl zu fleigern, trägt 
gleichfalls die örtliche Nähe ihres Baterlandes bei. Wenn man bedentt, da 
dieſes Baterland nur wenige Tagereiſen von bier entfernt ift, jo wird der 
Contraſt zwiſchen der Yreiheit, die fie dort genoffen und dem jämmerlichen 
Stande, mweldher hier ihr Loos if, und beſonders nahe gelegt. 

Man Hat viel von der guten Behandlung der Sklaven von Seiten 
der Moslems gefprodhen. Im Ganzen hat e3 damit auch jeine Richtigkeit. 
Doch giebt es Ausnahmen. Die Beduinen zum Beifpiel behandeln ihre 
Sklaven nicht viel befjer, als das liebe Vieh. Außerdem können die Herren 
oft mit dem beiten Willen dem Sklaven fein erträgliches Loos bereiten, 
da fie jelbft faum das tägliche Brod haben. Hier hat nämlid Jedermann 
Sklaven, Reiche wie Arme. Der Anlauf koftet zwiſchen 30 und 80 Thaler, 
und dafür hat man alfo umfonft einen Diener, defjen Bekleidung und 
Unterhalt auch feine großen Auslagen erfordert. Man giebt ihm ein 
Lendentuch und täglich ein Stüd trockenes Brod; mehr befommen die aller- 
wenigften Sklaven. Die Arbeit, die man von ihnen fordert, ift freilich 
auch nicht groß, aber immer noch groß für die mangelhafte Ernährung. 

8* 


68 Brachliegen der Gefchäfte im Ramadaͤn. 


In den Schiffen gar gehören die Sklaven jo zu fagen zum Impentar. 
Oft ſah ih in Dichedda Neger, die Tag und Nat in einem Kahn zu- 
brachten. Ihr Herr mar ein armer Bootsmann, der aber trogdem Sklaven 
getauft hatte, weil fie ihm fehr nützlich waren. 

Diefer erfte Tag war übrigens auch der lebte in diefen Monat, an 
dem Sklaven verlauft wurden. Wie alle Geichäfte, fo ruht auch dieſes 
im heiligen Monat. Der ganze Handel beſchränkt fi) auf den täglichen 
Conſum. Die Kaufleute und wohlhabenderen Männer bleiben über Tags 
zu Haufe und die Straßen find hauptſächlich dem zahlreichen bettelarmen 
Volt überlafien, an dem jede moslemiſche Stadt Ueberfluß befigt. Die 
Kaffeehäuſer, die zwar jo zu fagen gejchlofien find, bieten diefem Bolt 
dennoch infofern ein Aſyl, ald vor jedem zahlreiche Bänte auf der Straße 
ftehen und natürlich nicht Hineingenommen werden; das wäre eine hier 
zu Lande ganz unerhörte Vorſicht. Da fiten fie gelangweilt und im 
Halbichlaf die Zeit vergähnend. Die gewohnte Cigarette oder Wafler- 
pfeife, die hier jelbft der Aermfte raucht, entbehren fie ſchwer. Ihre Zaun 
ift gewöhnlich über Tags eine fehr fchlechte. Auch iſt es ſprichwörtliqh 
geroorden, daß der Ramadan ein Monat des Zanks und Streits ifl. Fall 
täglich ſieht man Scenen von Raufereien und Prügeleien in dieſem heiligen 
Monat. Ya, man behauptet fogar von manchen Leuten, die der derbern 
Claſſe ded Volks angehören, daß fie feinen Abend die Yaften brechen, ohne 
vorher ihr kleines Streitchen, das oft ein großes wird, „genoſſen“ zu haben. 
Ein ſolches gemüthliches „Streitchen“ ift für diefe Leute ein nothwendiges 
RamadansVergnügen, etwa wie rohen Nordeuropäern der „Sonntagaraufd“. 

Die vornehmere Claſſe der hiefigen Bevölkerung läßt fi im Ramadaͤn 
nicht viel bliden. Bei Tage ſchlafen diefe Herren, ftehen höchſtens gegen 
2 Uhr Nachmittags auf; dann find noch drei Stunden biß zum Bruch ber 
Faften und diefe werden gemüthlic) verdämmert. An Gejchäfte denkt Nie 
mand; die ganze Regierung fcheint zu jchlummern. Es iſt förmlich em 
Sprichwort: „Im Ramadan giebt’ feine Regierung und fein Gericht“ 
Sicher it, daß kein Richter in diefem Monat Recht ſpricht. Kein Schuldner 
fann zum Bezahlen angehalten werden; furz es ift ein wahrer Schlaraffen 
Monat. Nur die VPräventivgefangenen, welche oft ganz unfchuldig in Un 
terfuchungshaft famen, verwünfchen diefen Monat; denn da es in ihm 
feine Gerichtöfigungen giebt, jo bleiben fie ruhig im Gefängnig, gleichviel, 
ob ſchuldig oder unfchuldig. 

Selbft die Europäer fünnen in diefem Monat nit zu ihrem Ned 





Abendbefuche im heiligen Monat. 49 


fommen. ch kannte einen, welchem zivei Tage vor dem Ramadän eine 
Summe Geldes geftohlen worden war und deſſen, vom Conſul unterftüßte 
Klage man nicht einmal anhören wollte, weil „es Ramadan ei”. Nach dem 
Heiligen Monat wird natürli der Dieb das Geld verzehrt und der Euro- 
päer das Nachjehen haben. Dies Alles gilt freilich in bevorzugtem Grade 
nur bon hier, vom heiligen Gebiet von Mekka und Medina, wo der alte 
Islam mit al’ feinen guten und ſchlechten Seiten noch in feiner unge- 
ſchwächten Kraft fortbefteht. Dies mag im Ganzen recht viel Nachtheile 
mit fich bringen; aber, ich weiß nicht, ob ich diefem Weſen nicht am Ende 
noch den Vorzug vor dem elenden Zwitterzuftand von Givilifationscomödie 
und balber Cultur, die von Europa nur die Lafter entlehnt, wie Aegypten 
und ein Beilpiel liefert, geben joll. 

Diefer Monat ift mehr als ein anderer die Zeit der großen Staats» 
pifiten bei Palcha und Vornehmen. Jeden Abend figen dieſe Perfönlich- 
teiten, rauchend und Kaffee teinkend, in ihrem „Megles“ oder „Divan“ 
und erwarten die Beſuche. Nur in den erften Tagen ift e8 nicht Sitte, 
folhe zu maden. Dann bleibt gewöhnlich jede Yamilie für ih. Hier in 
bem heiligen Gebiet ift man fo fromm, dieje erften Abende mit Abfingen 
des Doran zuzubringen. Selbft die Kaufleute thun dies. ines Abends 
wollte ich einen bejuchen, vernahm aber auf feiner Thürfchwelle ſchon den 
näfelnden Singfang, mit dem der Ooraͤn abgeleiert wird, und hütete mid) 
alſo wohl, die fromme Uebung zu unterbrehen. Sind aber die erften 
Abende vorbei, dann gehen die Beſuche an. Der erite gilt gemöhnlich dem 
Paſcha. Dort findet man die erſten Beamten, die reicheren Kaufleute, die 
den Abend in ziemlich langweiligen Gejprächen, oder mit Schweigen, das 
nach dem arabischen Sprichwort befanntlid „Gold“ ift, zubringen. 

Dort war's aud, wo fi in einer Ramadaͤn-Nacht eine Comödie ab- 
jpielte, in der ich felbft Halb Statift, Halb Mitjpieler wurde. Herr Rolph, 
bei dem ich wohnte, hatte nämlich plöglich den Verluft feines Kochs zu 
beflagen. Wir blieben ohne Eflen, aber wo blieb der Koh? Es hieß er 
fei auf Befehl der franzöfiichen Conſulin arretirt worden. Sicher war, daß 
er jaß, aber auch, daß fein Vergehen fein ſchweres. Worin es beitand, 
erfuhr ich nicht mit Beftimmtheit. Es wird in Dichedda fo viel geklatjcht, 
daß man nichts glauben kann. Er jollte aber die Conſulin „beleidigt“ 
haben, wenn e3 eine Beleidigung war, daß er ihren Dienft verließ, um 
den von Herrn Rolph anzunehmen. 


70 Bine Gerichtscomödie. 


Mir Eonnten dies natürlich nicht dulden. Da es in Dichedda nur 
zwei Gonfuln giebt, jo wandten wir und an den englifchen, an weldhen ih 
empfohlen war, zur Zeit durch einen Bertreter, einen Armenier, reprä- 
fentirt, und zogen mit diefem zum Paſcha; denn nur er konnte Helfen. Er 
wollte aber gar nicht dran. „Man muß der Yranzöfin das Heine Ver⸗ 
gnügen gönnen. Was liegt denn an einem Koch?” meinte er. Uns lag 
natürlich daran, denn in Dichedda findet man feinen, jondern muß folde 
Diener aus Suez kommen laflen. Sehr generös offerirte zwar der Paſcha 
feine eigene Küche. Aber Gott weiß was wir dann zu eflen befommen 
haben würden! Ich kenne türkifche Kühe! Nur der Pilaff ift. genießbar. 
Diefer fehlt aber bei den Vornehmen oft, da er ein plebejiiches Gericht 
it. Die Großen ergöben ſich ftatt deflen an fchredlich fetten Ragouts mit 
Knoblauch, Zwiebeln und ranziger Butter, ſowie öligen Süßipeifen. 

In einer einzigen Ramadaͤnnacht folgten fich die drei Acte Diele 
Luſtſpiels. Im erſten zogen wir erfolglos ab, ließen aber die Drohung 
zurüd, die Sache nad) Stambul zu melden. Der Armenier jagte „Peli‘ 
(jehr wohl), al3 der Paſcha fich weigerte, der Paſcha „Peki“, als der Ar 
menier drohte. Der Türke jagt immer „Peki“, auch wenn die Sache ihm 
nicht gefällt. Aber trogdem bedadhte er fih doch. Schnell wurde aus 
den Ramadäan-Gäften ein Megles (Gerichtshof) impropifirt, in welchem auch 
zwei griechiſche Branntweinhändler ihre Stimmen abgaben. Türken haben 
eben über Europäer eine jo niederträdhtige Meinung, daß fie gar fem 
Bildungd- oder Moralitätöftufen unter ihnen anertennen. Als fie nd 
nah Willfür ſchalteten, waren alle Europäer gleicherweiſe „kelb ibn telb‘ 
(Hund, Sohn des Hunds). Jetzt, da fie Europäer rejpectiren müffen, rächen 
fie fi dadurd, daß fie auch die anrüchigſten den anftändigften gleich bed 
ftellen. Wäre ein Conſul beim Megles anweſend geweſen, man hätte ihn 
feine höhere Ehre erweilen können, als die, welche jest den Branntweir 
händlern (meiftens notorifhen Schurken, Bravos u. |. w.) widerfuht 
Man beſchloß den Koch zu citiren. Als dieſer kam, ſchnaubte ihn ia 
Paſcha an: 

„Alſo wegen einem Hund, wie Du bift, muß ich ſolche Unanner- 
(ichleiten Haben? Was madteft Du bei der Confulin?“ 

„sch mar ihr Koch;“ hieß es. 

„Warum haft Du fie verlaſſen?“ 

„Weil fie mich ſchlug.“ 

„Das wollen wir nicht hören. Sag) einen andern Grund,“ brumm 


Sin ſchalkhafter Koch vor dem Pafcha. 71 


der Paſcha, der natürlich nichts Veleidigendes über die Conſulin gejagt 
wifjen wollte. 

„Weil fie einen andern Koch hat und mein alter Herr zurückkam.“ 

„So? Wieviel Diener hat die Conſulin?“ 

„Sie hat einen Koch, einen Küchenjungen, einen Kammerdiener, einen 
Kawaß, einen Laufburſchen, einen Portier u. |. w.“ 

Jetzt glaubte der Paſcha einen Anknüpfungspunkt gefunden zu haben, 
um von der Confulin gütlichen Vergleich zu erbitten. Er ließ ihr höflich 
fagen, da fie doch jo viele Diener habe, könne e3 ihr ja auf einen mehr 
nicht anfommen. Sie mwifle vielleicht nicht, daß im Haufe, wo der Koch 
jegt diene, nur wenige Diener feien, er alfo dort viel unentbehrlicher fei, 
al3 in ihrem dienerreihen Haushalt. Der Verbrecher bitte fie übrigens 
um Berzeihung, und fie möge ihn daher gütigft freigeben. Zugleich ließ er 
uns melden, wir möchten kommen, um den Kod abzuholen. 

Wir fanden und aljo im zweiten Act der Comödie ein. Hier ging's 
fogar pofienhaft zu. Die Sonfulin ließ nämlich berichten, fie verftehe gar 
nicht, was der Pafcha mit den „vielen Dienern“ fagen wolle. Sie habe 
ja nur Einen für Alles und eigentlih gar feinen Koch. Der Paſcha 
fchnaubte von Neuem den Koch an: 

„Haſt Du nicht gejagt, die Conſulin Habe ſechs Diener?“ 

Der Koch machte ein ſchlaues Geſicht: 

„Nein, Herrlichkeit, das fagte ich nicht, fondern fie habe einen Koch, 
einen Küchenjungen u. |. mw.“ 

„Run, und find das nicht ſechs Diener?” 

„Rein! wenn Em. Herrlichkeit mich hätten ausreden laſſen, jo würde 
ic) hinzugeſetzt haben, daß der Koch „Smail” Heißt... . .“ 

„So? und wie heißt der Portier?“ 

„Auch Smail.” 

„Und der Küchenjunge?“ 

„&benjo.“ 

Der Paſcha fluchte faft, als er dies vernahm. 

„Wie viel Smails giebt ed denn?” fragte er. 

„Herrlichleit! Es giebt nur einen.” 

„Und dieſer eine ift?“ 

„Zugleich Koch, Küchenjunge, Portier u. |. w.“ 

Am Ramadaͤn⸗Abend, nah guter Mahlzeit, kann ſelbſt ein ſonſt grim- 
miger Paſcha Spaß verftehen, und fo verftand auch diefer, daß der Koch, 


72 Kleinliche Diplomatie vor Gericht. 


troß all’ jeiner Unterwürfigleit ein Witzbold war, und nahm es mic üik: 
Da er lachte, jo nahm die ganze Megles die für eine Erlaubnik, ua 
homeriſches Gelächter auszubrechen. Der Abend befam eine ſeht tige 
Wendung. 

Uns tar freilich, nicht geholfen. Denn der Paſcha wollte jet wide 
den Koch zurüdbehalten, da die Conſulin ihn nicht freigab. Ex ſah m 
feits die Drohung Englands, andererſeits das beleißigte Frankreich; und da 
Alles um einen Koh! Eine Genugtfuung wollte er ums jedoch geben 
Diefe beftand zuerft darin, daß er über die Conſulin ſchimpfte. Et name‘ 
fie eine ..... Doc das verſchweige ich beffer. Das Schippfen übe 
Europäer fommt dem Türken fo natürlih, daß wir es dem Paſcha nich 
als Verdienft anrechnen konnten, wenn es auch heute uns zu Gefallen gr 
ſchah. Morgen wußten wir, werde er der Conſulin ganz ähnlide Stüg 
teiten über uns jagen. 

Dir beftanden alfo auf einer mehr reellen Genugihuung. Rad) fm 
denlangem Discutiren wurde er jo weit mürbe, daß er verſprach, den Kodı 
nur eine Nacht zurüdzubehalten. Eine Satisfaction müfle Frankreich doh 
haben. Wir tonnten aud das nicht zugeben und zogen abermals mit 
Drohung und gegenfeitigem „Peli” ab. 

Der dritte Act der Comödie war der längfte und wäre nicht zu einem 
befriedigenden Schluß gefommen, ohne Intervention einer dritten Oro 
macht. Tiefe Macht war Perfien, vertreten durch feinen Conſul, den man 
ſchlechtweg den Bey nannte, einen fehr ſchlauen Diplomaten, der mit töbt- 


Vergnügungen im Ramadaͤn. 73 


Sache nie vom Mann der Conſulin die Rede. Er galt für einen Pan— 
toffelhelden und wurde als „Null“ betrachtet. 

Sonſt iſt der Ramadaͤn hier nicht kurzweilig. Von Vergnügungen, 
wie ſie in Cairo und Tunis vorkommen, iſt keine Rede. Höchſtens regt 
fi) eine einſame Darbuka (thönerne Trommel) oder ein klimpriger Kanun 
(eine Art Guitarre) in einem Kaffeehaus, wozu manchmal die Stimme 
eines näſelnden Sängers ſich hören läßt. Ein Karagus (Polichinell) ſoll 
zuweilen zu Stande kommen. Heuer war dies nicht der Fall. Die Tänze— 
rinnen und Tänzerknaben werden bier durch alte Araber aus Yemen mit 
langen, weißen Bärten erfebt, deren vor Alter fleife Glieder eben feine 
graziöſen Bewegungen zur Schau tragen. Aber alle diefe VBergnügungen 
find nur im allermäßigften Grade vorhanden. Selbft in Mekka fteht es 
damit nicht viel befler. 

Nur in dem von gewiflen Perjonen bewohnten Biertel oder Hütten- 
dorf ſoll es in diefen Nächten Iuftiger hergeben. Wer aber die dortigen 
Freuden genießen will, muß ſich für die ganze Nacht aus der Stadt 
verbannen, da das Hüttendorf außerhalb der bei Nacht gejchlofienen 
Thore liegt. 

Diefe bei Tag zu befuchen, ift für einen Europäer ſchon gefährlich, 
bei Nacht geradezu unmöglich, denn jenes Gewerbe in Brod zu fegen, wird 
von den Moslems fo zu jagen als ein „Slaubensinonopol” angefehen. 
Wehe dem Chriften, der es wagen wollte, einer diefer vom Yanatismus 
aller Dſcheddaner gleichſam gehüteten Perjonen eine Erklärung zu machen. 
Den Moslems allein ift es geftattet, hier die Ramadan-Bergnügungen, die 
immer bei Nacht ftattfinden, mitzumachen. Da ich diesmal nicht verffeidet 
weite, jo kann ich alfo nicht als Augenzeuge von jenen Luſtbarkeiten be- 
wichten. Nach der Ausfage meiner arabijhen Diener follen fie aber groß 
ein und es dort fehr hoch hergeben. Nach dem freilich, was ich bei einem 
«Sang, den ich bei Tage durch jenes Viertel machte, von feinen Bewoh—⸗ 
zzıerinnen ſah, boten fie des Berführerifchen jehr wenig und aljo mögen 

m hre Tänze und Gefänge eines Hauptreizes entbehren. Es find meift fehr 
HMäßliche Negerinnen; hier und da nur fieht man eine Weiße, die aber mit 
I enen an abfchredenden Eigenſchaften metteifert. Eine einzige jah ich aus 
Xper Entfernung, die erträglih ausjah. Uber diefe Dame mar eine fo 
Fanatiſche Yüngerin Mohammed’3, daß fie bei meinem Anblid laut auf- 
- Vehrie und in Verwünfchungen gegen alle Europäer im Allgemeinen und 
rx rich im Beſondern ausbrach, dabei ſehr energiſch mit der Hand fortwinkte. 


74 Das Proftitutiond-Biertel. 


Es ift mander ſeltſame Widerfpruh im mohammedanifchen Vollsleben. 
So ſollen diefelben Frauen, die doc ein jelbft nad) arabifchen Begriffen 
verbotened und vom Dorän verbammtes Gewerbe ausüben, die firengfien 
Beobachterinnen der Falten im Ramadän fein. Dean fliege übrigens 
hieraus nicht auf eine allgemeine Corruption der Bewohner Arabiens 
Dſchedda, Mekka, Medina find Fremdenſtädte. Nur in foldden kommt die 
Proftitution vor. Sonft ift fie faft unbelannt. 

Natürlich befuchen die verftändigeren Moslems jenes Viertel niemals, 
genießen alfo feine feiner lärmenden Ramadan=Bergnügungen. Für fie 
müßte diefer Monat gewiß entſchieden langweilig fein, wenn diefes ſtoiſche 
Bolt überhaupt die Langeweile Tennte. Aber jo ift einmal der Moslem 
Selbft der Städter aus Stambul oder Cairo, den fein Unftern hierher 
führt, klagt nicht über die Monotonie von Dſchedda, obgleich er zu Haufe 
doch der nach arabijchen Begriffen Löftlichften Vergnügungen die Hülle und 
Gülle beſaß. 





Hegäz 


Zehntes Capitel. 
Das Grab der Eva. 


Neue Geſtalt des Grabes. — Grabcapelle. — Kuppel über dem heiligen Nabel. — 

Gewaltjame Bettelei. — Die geheimnikvolle Niſche. — Flucht vor den Bettlern. — 

Verfolgung durch Bettlerſchaaren. — Der geftrafte Diener. — Größenverhältnifie des 

Grabe. — Willlürlihe Veränderung derſelben. — Trofllofigkeit der Umgegend 
von Dſchedda. 


Dies kleine Capitel könnte füglich „Unterricht im Betten” über- 
fchrieben werden, denn nirgend3 ward diefe edle Kunſt wirkſamer ausge- 
bildet, al3 am Grabe der Ur- und Stammmutter des Menfchengefchlechts. 
Daflelbe befindet ji vor dem Medina-Thore nur ein Paar Schritte vor 
der Stadt. Da ich ed von früher kannte, fo mar ich nicht wenig erftaunt, 
es in feiner neuen Geftalt wieder zu fehen. Auch Hier hat die Sanität3- 
commifjion wirkſam gehauft und da3 Grab der Stammmutter von jenem 
Hüttengemwirre befreit, in dem es früher wie ein Schmetterling in feiner 
Puppe verhüllt dalag. Aber auch das Grab felhft hat ſich verwandelt. 
Die Mauer, weldhe den Umkreis um die heiligen Gebeine befchreibt, fieht 
niegelnagelneu aus, und die Gapelle über dem heiligen Nabel ift neuerbaut. 
Grüher befand ſich Hier nur eine ganz Heine Kuppel; jest ſteht dieſe 
unter Dad). Ä 

Zu meinem Erftaunen machte man gar feine Schwierigkeit, mid) in 
die Gapelle hineinzulafien, obgleich ich ganz offen als Europäer auftrat. 
Aber das hatte feine Gründe. 


76 Unverfhämte Bettelei. ' 


Dan ließ mich zuerſt nieberfnien, um durch ein Loch im ber Hemm 
Suppel auf den über dem Nabel errichteten Stein hinabzuſchauen, den ih 
übrigens, des Dunkels wegen, faum fehen konnte. Als ich nun aber wieder 
aufflehen wollte, fühlte ich mich durch einen Drud auf meine Schalen 
feftgehalten, und als ich mich umblidte, ſah ich Die ganze Gapelle wi 
Figuren in langen Talaren gefüllt, die fämmtlid zur Sippſchaft der Grahe- 
wächter gehörten und deren Geldanfprüdje erft befriebigt werden join, 
ehe man mir erlauben wollte, aufzufiehen. Trotßdem gelang es mir, mid 
auch ohne vorher gezahlt zu Haben, was mir denn doch zu demütfigab 
ſchien, durch einen kräftigen Rud auf die Füße zu heben. 

Um mit den Leuten abzufchließen, gab ich nun fogleich freiwillig em 
Zrintgeld, wollte eben der Bettlerfchaar entrinnen und das Grab verlafe. 
Diefe aber Hatte dafür geforgt, meiner Neugier einen neuen Köder Kanu 
werfen und zu ihren Zwecken außzubeuten. An einer Wand der Gapelı 
befand ſich nämlich eine Niſche, die auffallender Weife durch einen roten 
Vorhang verdedt war. Darauf wurde bedeutungsvoll, als auf eine groß 
Rarität, hingewieſen. Ich vermuthete natürlich die Nifche (die mir, wie 
die ganze Capelle überhaupt, gänzlich neu war) berge irgend eine neuen 
dedte oder neuerfundene Reliquie unferer Aeltermutter, und wurde jeht gr 
fpannt, das Geheimniß des Vorhangs zu enthüllen. Man machte anf 
gar feine Schwierigkeit, mid) Hinter den Vorhang zu laffen. Dort merlu 
ich num bald, daß das Ganze lediglich eine Attrape war. Die Riſche war 
ganz einfach die der Dible, der Meltarichtung, wie ſich eine ſolche im jeder 





Die Wähler und Diener des Evagrabes. 17 


„She jeid fünf,“ meinte ich, „es Scheint mir eher, ihr ſeid fünfund- 
zwanzig, denn draußen jchreien ja noch viel mehr nach Trinkgeld.“ 

„O da3 find nur die Diener des Heiligthums,“ hieß es, „diefe werben 
fi mit ein Paar Thalern zufriedengeben, wir aber Innen nicht weniger 
als einen Bentu (51/, Thaler) ammehmen.“ 

Dad war denn doch zu did aufgetragen. Als nun die Männer bon 
den Bitten gar zu Drohungen fchritten und Miene machten, mich mit Ge- 
walt in der Niiche feftzuhalten, brach meine Geduld, und ich fiel wie ein 
Keil unter fie und bahnte mir meinen Weg durch Rippenſtöße aus der 
Nifche in die Kapelle, wo dieſer plößliche Gewalteinbruch einen nicht ge= 
ringen Standal erregte. Dort war es indeflen nicht gut, lange zu weilen, 
denn die „Diener des Grabes“ fchidten fih eben an, da8 Manöver der 
„Wächter“ im potenzirter Weile in Scene zu feben. Eilig verließ ich 
deshalb das Heiligthum, nicht ohne mandyen frommen Bettler unfanft auf 
die Seite gefchoben zu haben. So fam ich allerdings faft ungerupft, aber. 
unter den lauten Verwünſchungen der „Wächter und Diener des Evagrabes“ 
wieder ind Freie. Dorthin magten jie nicht mir bettelnd zu folgen, da 
ihr Präftigium, als religiöje RefpectSperfonen, die in der Außenwelt ſtets 
würdevoll erjcheinen jollen, zu jehr darunter gelitten hätte. Aber fie hatten 
dafür gejorgt, daß das Bettelgejchäft auch Hier wirkſam fortgejeßt werben 
follte, und zwar durch ihre zahlreiche Nachkommenſchaft, ein wahres Heer 
von fleinen Mädchen (die Knaben waren gerade in der Schule). Diele 
tleinen Bettelgenied verfolgten mich, mit ihren hellen Silberſtimmchen laut- 
fchreiend, biß in die Stadt. Bon Zeit zu Zeit warf ih ein Kupferſtück 
recht weit von mir, um fie zu entfernen. Uber das half wenig. Der 
Bettlerfnäuel verdichtete und vermehrte fi np von Zeit zu Zeit durch 
einige Straßenkinder, und ehe ich da3 Haus erreichte, hatte ich die halbe 
Jugend von Dſchedda hinter mir. 

Das Komiſchſte bei der Sache war, daß mein nichtänußiger Diener 
Hamed, den ich damals noch nicht fortgefehidt und der mich zum Evagrabe 
begleitet hatte, dort zurüdgeblieben war und zwar jehr wider feinen Willen. 
Als Fromm fein mwollender Moslem wagte er nicht, die „heiligen“ Grabes- 
mwächter und Diener unfanft von fi) zu ftoßen und mußte ganz ſchrecklich 
bluten. Ein guter Theil des mir geftohlenen Geldes mochte jo dem Eva- 
grabe zu Gute gelommen fein. Hamed kam erft nad) einer Stunde mit 
troftlofer Miene zurüd und klagte laut über die Habfucht jener „heiligen“ 
Perjonen. 


Hegaz 


Elftes Capitel. 
Der Handel von Dſchedda. 


Handelsfrage. — Segelſchifffahrt von Europa nah Dſchedda. — Dampfſfchifffahrt. — 
Art der Einfuhr europäiſcher Waare. — Ihr Abſatz in Dſchedda. — Vortheile der 
einheimiſchen Handelsweiſe. — Europäilder Import. — Oſtindiſcher Import. — 
Aegyptiſcher Import. — Import der Griechen. — Einheimiſcher Seehandel. — 
Mittlere Frequenz des Hafens von Dſchedda. — Handelsſaiſon. — Cabotage. — 
Provenienz einheimiſcher Waaren in Dſchedda. — Export. — Dſchedda als Ver⸗ 
mittlungshafen. — Kaffeehandel von Hodaida. — Vorzüge der einheimiſchen Kauf⸗ 
leute. — Hadrami. — Indiſche Kaufleute. — Ihre Beherrſchung des Marktes. — 
Aneignung des einheimiſchen Handelsverfahrens durch Europäer. — Vortheilhafte 
Geſchäfte eines Marſeiller Hauſes. — Die Hauptbedingung des Handelserfolgs in 
Arabien. — Ausfichten für Abſatz deutſcher Fabrikate. — Waaren, die der Con⸗ 
currenz erliegen. — Kaffeepreiſe im Jahre 1870. — Abgaben von Waaren. — Preiſe 
für Waarentransport. — Geldwahrungen in Dſchedda. 


Seit Eröffnung des Suezcanals iſt öfters die Frage aufgetaucht, ob 
nicht jetzt eine Vermehrung des directen Handels zwiſchen Europa und den 
Hafenorten des rothen Meeres zu erwarten ſei? Bis jetzt Hat eine ſolche 
nicht ſtattgefunden, aus Gründen, die im Folgenden beſprochen werden 
ſollen. 

Es unterliegt übrigens keinem Zweifel, daß der Hafen von Dſchedda 
zur Zeit der wichtigſte im rothen Meere iſt (Suez natürlich ausgenommen). 
Dadurch nämlich, daß Hodaida nur wenig direct, ſondern meiſt über 
Dſchedda exportirt, wird dieſes zum Kaffee-Emporium und kann ſogar mit 
Aden wetteifern. Der Kaffeehandel iſt hier ja Alles. 

Die Segelſchifffahrt von Europa nach Dſchedda kann auf dem Hinweg 


80 Handeldmeife der Eingeborenen. 


faft zu jeder Jahreszeit auf günftige Winde rechnen, da im rothen Meere 
bon Suez bis zu diefem Breitegrad Nordwinde vorherrſchen. Die Rückreiſe 
wird dagegen äußerſt langſam von Statten gehen. Dampfſfchiffe find frei: 
lich immer vorzuziehen, vorausgejegt natürlich, daß fie ihre Rechnung dabei 
finden. Indeß dürfte dies einftweilen noch nicht der Fall fein, denn bei 
den Ummegen, weldhe Hier noch die Einfuhr nimmt, wird man mit Aus 
nahme folcher Frachten, die von der Regierung beftellt find (mie im vorigen 
Jahre Korn aus Odeſſa), faft nicht? hier zu verladen haben. Auf eine 
Rückfracht kann man freilich faft immer rechnen; aber auch bier hat man 
gegen die fehr lebhafte Concurrenz der Orientalen anzufämpfen, welche die 
einheimiſche Segelſchifffahrt nach Suez vorziehen und ihre Waaren n 
Aegypten verkaufen, von wo fie erft indirect nah Europa kommen. 

Was die Einfuhr europätfcher Waaren betrifft, jo ift diefelbe durchaus 
nicht unbedeutend; fie ift aber bis jet nur zum geringfien Theil Direkt, 
fondern wird durch einheimifche Häufer in Ronftantinopel und Cairo ver- 
mittelt. Trotz dieſer Verfaufsweile aus dritter Hand bleiben die Preiſe 
jehr mäßig. Die Europäer in Dichedda verlicherten mir, fie vermöchten, jelbft 
wenn fie die Waaren direct bezögen, kaum die Preiſe jo mäßig zu ftellen, 
wenn fie von ihrem Handel leben und etwas zurüdlegen wollten, denn 
ohne die Hoffnung dies thun zu können, wird kein Europäer ſich Hierher 
verbannen. Die Einheimifchen dagegen find bei ihrer einfachen Lebens⸗ 
weile im Stande, fi” mit geringerm Profit zu begnügen. Hiergegen 
fönnte der Europäer nur durch großes Capital anfämpfen, das ihm die 
Möglichkeit verliehe, durch langes Ereditgeben die Käufer zu verpflichten. 
Nicht anders erzielen die Einheimischen ihre Handelserfolge. Auf dem 
Greditgeben beruht hier mehr als anderswo jede gute Handelsfpeculation. 
Baares Geld ift außerordentlich felten und wer nur gegen folches, augen 
blidlich gezahlt, verlaufen kann, wird ftet3 die allererbärmlichften Geſchäfte 
maden. Einheimiſche Schuldner find im Ganzen jehr zuverläffig, viel 
mehr als Europäer; und wer warten fan, erhält immer fein Geld mit 
Zinfen zurüd. Nicht mit Zinfen in baarer Münze (denn im heiligen Hegäs 
find folche verboten), fondern in anderer Weile, indem 3. B. ſehr oft der 
Schuldner irgend eine Waare liefern kann, die fein Gläubiger dann unter 
ausnahmsweiſe günftigen Bedingungen erhält. 

Herr Rolph, der die hieſigen commerciellen Berhältniffe genau tennt, 
hatte die Güte, mir eine von ihm für das öfterreichiiche Handelsminifterium 
verfaßte Arbeit mitzutheilen, aus der ich folgende Ziffern entnehme: 


In Dſchedda eingeführte Handelsartikel. 81 


Europaͤiſcher Import in Dſchedda. 
In Durchſchnittsjahren: 

Etwa 2300 bis 2800 Ballen ordinäre Baumwollſtoffe, Greycloths, 
tufjelin, Schaß, Wollenzeuge, Barfati (blauer Baummollftoff für Beduinen— 
mden) aus England und der Schweiz, zuſammen etwa im Werthe von 
200,000 Franken. 

1500 biß 2000 Ballen Tuch, meift aus England und Frankreich. 

Ouincaglierieen mittlerer und ordinärer Qualität, etwa 1000 Gajjen 
ine Kifte von beftimmtem Verhältniß, im Handel wohlbefannt), meift aus 
öhmen. 

Porcellan (ordinäres), etwa 1800 italienifhe Pachi. Leber Trieft. 

Mehl aus Rußland und Defterreich, etwa 500 Säde. 

Bapier für Bureaur und zum Einwideln, etwa 150,000 Rieß. (Trieſt.) 

Böhmische Glaswaaren, etwa 450 bis 700 Gaflen. (Trieft.) 

Venetianiſche Glaswaaren im Werthe von circa 30,000 Franten. (Trieſt.) 

Nägel, 500 Fäſſer. 

Altes Kupfer, für circa 50,000 Yranten. 

Blei, 2000 bis 3000 Pade. 

Eifen in Stangen, 150 bis 200 Tonnen. 

Waffen, etwa 200 Caſſen. 

Victualien, trodene Früchte für circa 20,000 Franken. 

Gearbeitete Korallen, für circa 25,000 Franken. 

Gearbeiteter Bernftein, für circa 15,000 Franten. 

Zündhölzchen aus Oefterreih, 500 Caſſen. 

Im Ganzen beträgt der Werth des Imports über Zrieft etwa 
350,000 Franken. 


Dftindifcher Import in Dſchedda. 
In Durchſchnittsjahren: 
Reis, 500,000 bis 600,000 Säcke. 
Dfeffer von Singapore, 10,000 Ballen. 
Zimmet, 350 bi3 500 Caſſen. 
Gemwürznägel, 1500 Caſſen. 
Thee, 1000 Eaflen. 
Manufacturen (meilt Seide), 800 bis 1000 Ballen. 
Holz aus Singapore, 400,000 Bretter. 
Indaco (?) 200 Caſſen. 


v. Ralgan, Reiſe nah Südarabien. 8 


82 Artikel des Küftenhandels in Dſchedda. 


Aegyptiſcher Import in Dſchedda. 


Gerealien, Gemüfe, Tabad, im Werthe von durchſchnittlich 3,122,000 
Franken jährlich. 

Der Import der Griechen (meift Branntwein, Victualien) entzieht ſich 
jeder Controle, da er zum großen heil eingejhmuggelt wird. Er if 
übrigens nicht unbedeutend. 

Der einheimifche Seehandel, ſowohl der entferntere wie die Cabotage, 
wird fast ausſchließlich durch Sayas (Schiffe mit lateinischen Segeln von 
circa 20 bis 100 Tonnen Gehalt) betrieben. Bon diefen, rechnet man 
jährlich etwa 900 im Hafen von Dichedda. In den Pilgerfaifons von 
1867 biß 1870 befanden fich auf der Rhede von Dſchedda im Mittel 75 
größere Segelichiffe (jährlih), meift aus Oftindien, Singapore zc. Alle 
8 Tage langte ein Dampfichiff der Compagnie Azizige (von circa 1200 
Tonnen) an. In denſelben Jahren fanden fich hier jährlih 4 bis 5 eng 
liſche Handelsdampfer (von 400 bi3 1000 Tonnen). 

Der Handel in Dichedda ift am lebhafteften von October bis Mai. 
Während diefer Saifon könnte (nah Herrn Rolph) jede europäifche 
Dampfergejellichaft Hier auf 2000 Tonnen Waaren vierzehntäglich rechnen, 
welche die einheimifchen Häufer zu liefern im Stande wären. Die meiften 
diefer Waaren find jedoch nicht aus der Provinz Hegäz, fondern werden 
durch die Cabotage von den anderen arabijchen Häfen oder aus Oſtafrika 
hierher übergeführt. 

Folgende Liſte giebt einen ungefähren Begriff der Provenienz ein- 
heimischer Waaren in Dichedda. 

1. Bon Malalla (Südarabien) fommt Tombeki, Berlmutter, Weib: 
rauch (leßterer aus dem Somäli-Lande*), als Product der Boswellia 
Carterüi II. und B. Bhau Dajana). 

2. Von Mafjauwa (Oftafrita) kommt Sejamöl, Kaffee (in letzteret 
Zeit jehr wenig), Butter, Moſchus, Häute, Wachs. 

3. Bon Hodaida (Yemen): Kaffee (davon fieben verjchiedene Arten), 
Mais, Hirfe, Berlmutter, Seſamöl, Häute von Ochfen, Ziegen und Schafen. 








*) Der arabiſche Weihrauch aus Mahra (gleichfalls von Boswellia Carterii (L) 
aber eine Seitenfpecie8 der gleichgenannten afrikanischen) geht ausnahmslos direct nad 
Eftindien. Er kommt fait nie nad) Europa. 





-Raffeehandel mit Hodaida. 83 


4. Bon Suakin (Oftafrifa): Sefamöl, Butter, Häute, Wachs, Gummi, 
letzterer vorherrſchend. 

5. Bon Oocèr (Aegypten): Weizen, Mais, Hirſe, Sejamöl, Linſen, 
Bohnen. 

6. Bon Bacra (Meſopotamien): gepreßte Datteln, Weizen, Tombeki, 
Gewebe und Stoffe für arabifche Kleider. 

7. Bon Gomfude (Yemen): Butter, Honig, Cerealien, Baumwolle, 
Gummi von den Arten genannt fachmi und sits. 

8 Bon Abu Schehr (Perfiicher Golf): Teppiche und perſiſche Stoffe. 

9. Bon Maskat (Omän): Stoffe, Datteln. 

Biele diefer Waaren bleiben im Lande. Für Kaffee und Gummi ift 
Dſchedda der Bermittlungshafen, da Europäer faft nie nad) dem großen 
Kaffeeemporium, Hodaida, felbjt gehen. Dies zu thun, hat fich bis jeßt 
immer als eine fehr ſchlechte Speculation erwiefen. So wie nämlich ein 
europäiſcher Kaufmann in Hodaida landete, ftiegen gleich die Kaffeepreife 
dergeftalt, daß an ein Saufen nicht mehr zu denken war. Ein Yranzofe, 
der in Dſchedda etablirt war, verjuchte es vor zwei Jahren, hielt jich ſechs 
Monate in Hodaida auf in der Hoffnung, die anfängliche, durch fein 
Kommen verurjahte Hauffe weichen zu jehen, aber die Araber wollten 
niemal3 von ihren hohen Preifen hinabgehen und er ruinirte ganz unnüß 
feine Gefundheit; denn Hodaida ift feiner Fieber wegen berüchtigt. Natürlich 
waren ebenfowohl die Hadrami als die Indier, die alle untereinander 
ſolidariſch find und große Gapitalien vertreten, gegen den Eindringling im 
Bunde und verhinderten die Kaffeeverfäufer, ihm beflere Bedingungen zu 
ftellen. 

Was ſollen auch die zwei europäiſchen Saufleute (die griechifchen 
Branntweinhändler wird man doch nicht Kaufleute nennen) in Dſchedda, 
welche noch dazu auf ſich felbft angewiefen find und feine Großhandels- 
häuſer in Europa als Rüdhalt haben, gegen die wohlorganiſirte, einheit- 
liche Handelsmacht der Einheimischen unternehmen? Die arabiſchen Groß- 
händler in Dſchedda, etwa 200 an der Zahl, wovon 150 Hadrami, find 
immer bereit, jic) gegen den Europäer zu verbünden. Die dortigen indiſchen 
Kaufleute gar (etwa 250 an der Zahl) ſtehen einer für den andern ein, 
unterſtützen ſich mit Credit, und dieſer ihr Credit ſteht auf ſehr feſten Füßen; 
auch haben ſie meiſt Rückhalt an großen Handelshäuſern in Oſtindien; ja 
viele, die hier als ſelbſtändige Kaufleute erſcheinen, ſind in der That nur 
die Mandatäre großer indiſcher Häuſer, was ihnen natürlich noch mehr 

—8 


84 Beberrichung des Markts durch die Cingeborenen. 


Solidität giebt. Da in Dſchedda nämlich die Banianen (indiſche Kauf: 
mannäfafte) ihres Heidenthums wegen nicht wohnen dürfen, fo vertrauen 
viele ihr hieſiges Comptoir den Händen eines indifhen Moslem an, für 
deſſen Moralität fie genügende Bürgſchaft haben. 

Die großen Capitalien, über welche dieſe Kaufleute verfligen, geben 
ihnen bei geſchickter Benugung einen ſolchen Vorrang, daß fie den Marti 
vollfommen beherrſchen. Wie beim Verlauf das lange Ereditgeben, fo 
find beim Kauf in diefem Lande die Darleihen die einzige Bedingung des 
Erfolgs. Die einheimischen Kaufleute wiſſen es deshalb jo einzurichten, 
daß faſt alle Producenten oder Verkäufer erfter Hand ihnen verjchuldet find. 
Dadurch haben fie alle diefe Leute in der Hand. Kommt mm ein Euro: 
päer und will, mit Umgehung de3 üblichen Handelswegs, direct in Hobdaide 
einlaufen, jo genügt em Wink von ihnen und er findet nun die una- 
nehmbarften Bedingungen. 

Man braucht übrigens durchaus kein Einheimijcher zu fein, um die 
jelben Bortheile zu genießen, denn von religiöjen oder nationalen Bor- 
urtheilen ift hier im Handel nicht die Rede. Das Einzige, was bazu ge: 
hört, ift, ein großes Capital auf den Markt werfen zu können. Ich habe 
bis jebt im Arabien nur. einen einzigen Europäer gefannt, der, meil er 
über großes Capital verfügte, den Einheimischen wirkſame Concurtenz 
machte, einen Spanier, der in Aden lebte und Mandatär eines ſehr reichen 
Haufes in Marjeille war. Diefer betrieb das Geſchäft ganz auf einhei— 
miſche Weile. Er Hatte oft eine Million Franken an Darleihen außen 
ftehen und war durchaus nicht ſchwierig im Verlängern der Zahlung: 
friften. Denn in diefem Lande ift ein Darleihen nie verloren, obgleid) 
nichts Schriftliches darüber exiſtirt. Es trägt flets im Handel feine guten 
Zinſen. Der Spanier erzielte ganz ausnahmsweiſe Erfolge und Hat fid 
jegt als höchſt wohlhabender Mann zurüdgezogen, obgleih er nur eine 
Commiſſion von feinen Geſchäften bezog und der Hauptgewinn natürlid 
dem Marjeiller Haus zufie. Dieſes Haus hat feitdem aufgehört zu 
eriftiren, da der Chef ftarb und die Erben jebt von Renten leben. Darin 
auch, in diefem vom Europäer ftet3 erjehnten Sichzurüdziehen vom Handel, 
ift er im entſchiedenen Nachtheil gegen den einheimischen Kaufmann. Ter 
Hadrami oder Indier betrachtet nicht den Handel als ein Mittel, fchnell 
reich zu werden, um ſich dann dem Müßiggang und Wohlleben ergeben zu 
können, ſondern als einen dauernden Beruf für ſein und ſeiner Nachkommen⸗ 
ſchaft Leben ad infinitum. Nur eine Kataſtrophe, die ihn ruinirt, kann 


Abſatz für Waaren aus Deutichland. 85 


ihn vom Handel abbringen, Dadurch gewinnt eben fein Gredit eine ganz 
andere Teftigleit, ald der eine8 Mannes, der den Handel nur zehn oder 
zwanzig Jahre betreibt. 

Aus Obigem wird man nun zur Genüge erfannt haben, warum ber 
europäifhe Handel in Dſchedda bis jeßt nicht blühte und nicht blühen 
fann, wenn man ji) nicht entſchließt, die Wege der Einheimischen zu 
gehen. Es ift hier nicht mie in den Südſeeinſeln, Auftralien oder ein- 
zelnen Gegenden Amerikas, wo im Handel jelbft das Heine Capital Erfolge. 
erzielt. Der Heine Capitalift wird ſich Hier ruiniren, der große allein Er- 
folge erringen. 

Was befonders den Handel mit Deutfchland betrifft, jo zweifle ich 
nicht, daß hier die geblümten oder geftreiften Baumwoll- und Halbjeide- 
ftoffe der thüringifchen und fächfifchen Fabriken, welche orientalifche Mufter 
ſehr täufchend nachahmen und die auch meift arabifche Namen, wie Gar- 
maſut, Aladſcha, Homfi, Mifnas, führen, den Markt jehr zugänglich fänden. 
Diefe Stoffe werden, indirect (über Konftantinopel) eingeführt, zum Theil 
ſchon bier getragen. In anderen Gegenden des Orients, z. B. an ber 
ganzen Küfte Nordafritas, hat ihre Einfuhr in den legten Jahren ums 
Zehnfache zugenommen, feit fie direct ftattfindet. Hier würde die directe 
Einfuhr gewiß gleihen Aufſchwung nad) fich ziehen. Indeſſen müßte man 
ih Hier auf ein längeres Creditgeben gefaßt halten, als in Nordafrika, 
wo die Unterhändler Juden find, die meiftentheils fich fchneller baares Geld 
zu verſchaffen willen, al die Bewohner des daran jo armen Dſchedda. 
Sch glaube jedoh, daß derjenigen Fabrik, welche ein langes Ausſtehen 
ihrer Gelder nicht fcheut, Hier große Erfolge bevorftänden. 

Mit den engliſchen ordinären Baummollftoffen (vulgo American do- 
mestics) fann dagegen Niemand concurriren, ſelbſt die Schweizer Häufer 
nicht, die fie vielleicht billiger, aber viel weniger ſchön Herftellen, und der 
Araber läßt fi) durch die Glanzfeite des „appret“ gern blenden. 

Europäiſche Seidenzeuge werden wohl jobald nit in Dichedda Ein- 
gang finden, da hier der Geſchmack ausſchließlich den indiſchen Fabrikaten 
zugewandt ift, die der orientalifchen Auffaffung mehr entſprechen. Weber: 
haupt muß ſich der europäiſche Yabritant, der etwa Waaren auf den 
Markt von Dichedda werfen mollte, ftet3 vergegenwärtigen, daß er es bier 
mit der meift fiegreihen Concurrenz Oftindiend zu thun bat, und diejenigen 
Waaren vermeiden, welche man fi) gewöhnt bat, von dort zu beziehen, 
wenn er fie nicht im einer dem Orient homogenen Bele dertkellen tum. 





Zahlungsmittel in Dſchedda. | 87 


den Napoleon 77, auf ein Pfund Sterling 971/,, auf ein ägyptiſches 
Pfund 100, auf ein türkifches Pfund 873/,. Die beiden ägyptiſchen 
Burrent-Währungen (Bronze und ſchlechtes Silber) fommen hier nicht vor. 

Das ägyptiſche Bronzegeld wird felbft nicht mit Verluſt genommen. 
Das Berhältnig von Kupfer zu Silber ift hier umgelehrt als in Aegypten 
dad bon Bronze zu Silber (denn ächtes Kupfer giebt es in Aegypten 
nicht). Das türkische Kupfer ift verhältnigmäßig theurer als Silber, 

Beim Geldwechfeln wird man übrigens in Dſchedda die obengenannten 
Wechſelwerthe nicht erhalten, da kleines Geld immer jehr gefucht ift. Will 
man kleines Silber haben, jo muß man auf den Thaler faft immer 
1 Piafter, bei dem fehr gejuchten Kupfer gar oft 2 Piafter oder noch mehr 
zugeben. Gold ift felten und geht nur in Dichebda jelbfl. Im Innern 
nimmt man bloß Silber oder das treffliche türkische Kupfer. Am häu— 
figften fieht man den Rial Abuter (Maria-Therefia-Thaler), den Rial 
Cinco (5 Frantenthaler) und als Kleine Münze einzelne türkifche Piaſter, 
5-Piaſterſtücke oder Baſchliks ſehr ſelten. 


Ofafrikanifde Küſte. 


Zmwölftes Gapitel. 
Sualin. 


Verfehlte Reifepläne. — Sprachliche Räthfel. — Lagerliche Austunftsgeder. — u 
fahrt von Diebe. — Das Schiff Sualin. — Der Commandär. — Seine Raztil. — 
BSeftfigen. — Sein Dienſibuch — Die fauren Aepfel — Streidje eines Ytalienert. — 
Der angeführte Arzt. — Rogtheile und Vorzuge einheimiſcher Schiffe. — Einfeht 
in Suafin, — Die falfepen Heiligengräber. — Das Land der Schwarzen. — Tweb 
und Phpfiognomien. — Die Frauen. — Zabadtauen Arabiſche Zahnfloder. — 
Veſuch bei Montes Paſcha — Ein gebildeter Moslem. — Larheit der Bornchmm 
im Glauben. — Der falihe Telegraph. — Englifche Ingenieure. — Der Eanittik: 





Das Dampfſchiff „Suakin“. 89 
Sprache redeten, aber dies gewährte uns höchſtens einige unterhaltende 
Stimden, feine Belehrung, indem wir mit einer Menge feltjamer Käuze 
befannt wurden, von denen die meiften anfangs viel von Mahra zu 
wifien behaupteten, aber nach genauer Prüfung nur etwas davon hatten 
„läuten hören”. Einer Hatte einen Mahri in Bombay gejehen; ein 
anderer war am Lande vorbeigejegelt; die meiften vermechjelten den Ort 
mit einem ganz andern. Ein großer Sprachlenner dictirte mir eine Reihe 
von vermeintlihen Mahra-Wörtern, die, wie fi ſpäter heraußftellte, 
abeſſiniſch waren. Großes Vergnügen gewährte ung ein ſchwarzer Sciffs- 
capitän, den der Agent für einen tiefen Kenner Südarabiend audgab. 
Diefen Ruf hatte er fih durch fein flandhaft beliebtes Stillichweigen er= 
worben und verlor ihn auch bei und nicht, denn wir erfuhren wenigftens 
nichts Falſches von ihm. Er beſuchte und alle Tage, aber er öffnete den 
Mund nur zum Kaffeetrinlen und Rauchen. 

Sp entichloß ich mich denn bald nach Aden aufzubrechen und zwar, 
jo meit e8 mit Dampfſchiff ging, d. h. bis Maſſauwa, dieje zu benußen, 
und mich dann aufs gute Glück fürs Weiterkommen zu verlaflen. Denn 
der einzige Weg, auf dem ich der Dampffahrt bis Aden ficher war, hätte 
mi zur Rückkehr nad) Suez genöthigt. Die Aziziye-Dampfer gehen alle 
vierzehn Zage von Dſchedda über Sualin nah Maſſauwa. Mein Loos 
war es, gerade das ſchlechteſte Schiff der Compagnie benußen zu müſſen. 
Dies war der Sualin, ein Ungethüm, das in Yolge feiner ungejchidten 
Bauart felbit in ruhiger See rolltee Es mar urſprünglich eines jener 
englilchen Stohlentransportichiffe, die gewöhnlich mit Segel gehen, und die 
Dampftraft nur zur Aushülfe benußen. Jetzt hatte irgend ein europäiſches 
Handelögenie es dem Vicekönig für viel Geld als „Dampfſchiff“ verkauft 
und. es figurirte als ſolches in der Compagnie. Flügel Hatte es freilich 
dadurch nicht befommen, aber mit großer Kohlenverſchwendung mar e3 
möglid, mit ihm 3 bis 4 Seemeilen ftündlich zurüdzulegen, d. h. die 
Hälfte oder ein Drittel vom Lauf anderer Dampfer. 

Das Berfonal auf dem Suakin beftand erſtens aus einem alten 
Stodtürken, dem Commandär, der, wenn er nicht fchlief, was meiftens ber 
Tall, alle feine Untergebenen im polternden Bramarbaston auszuſchimpfen 
pflegte. Er bildete ſich ein, nautiſche Kenntniſſe zu bejigen und das war 
fein Unglüd. Er glaubte nämlich) dem Pilggen zumweilen widerſprechen zu 
müflen. So erklärte er einmal eine von dieſem fignalifirtte Sandbank 
für offenes Beer, fuhr darauf zu und blieb ſitzen. Dos (alte Kun 


90 Dffiziere und Mafchiniften des »Sunlin«. 


Monat fpäter gefchehen. Wahrſcheinlich wurde er degradirt, wie es bei 
diefer Compagnie Sitte ift. Von foldhen alten degradirten Seehelden hatten 
wir auch zwei an Bord, den Gabtän und den Molaſem (dritten und 
vierten Officier). Vielleicht rettete ihn aber auch ein jeltfames Schrift: 
ſtück, das er fich angelegt Hatte, eine Art von Dienſtbuch, man kann & 
nicht ander& nennen, in welchem er fi) von allen Europäern, die mit ihm 
fuhren, ein Conduitenzeugniß augftellen ließ. Um ein ſolches auch von 
mir zu erhalten, war er fehr freundlich” gegen mid. Bei der den Eure . 
päern [chmeichelnden ägyptifchen Regierung konnte ihm fein „Dienftbuch“ mehr 
nüßen, al3 irgend melche Kenntniſſe. Hoffentlich war dies der Fall. Ein 
beflerer hätte ihn doch nicht erfeßt. Der zweite Commandaͤr war nämlid) ein 
Süngling, der ſich in der Uniform, die nur er trug (die anderen waren flet3 
im Schlafrod), recht hübſch ausnahm, aber vom Schiffscommando natürlid 
nicht den entfernteften Begriff beſaß. Diefer ſchien mir beſonders wohl 
geneigt, wenigſtens jchloß ich da3 daraus, dag er mir alle Tage etwas 
ſchenkte und zwar — einen ſauren Apfel, den ich ohne ſchwere Beleidigung 
nicht zurüdweifen, noch) einem Andern geben durfte. Es blieb nichts übrig, 
ala ihn in einem unbewadhten Moment ins Meer zu werfen. 

Unter den Maſchiniſten war ein Trieftiner, der fein Verhältniß zu 
den Moslems von der jcherzhaften Seite auffaßt. Seine Erzählungen von 
dem, was an Bord vorging, waren zum Todtlachen. Seine Haupt: 
vergnügen ſchien, den alten Officieren, namentlih dem Commandaͤr, 
Streiche zu jpielen. So Hatte er ihn einmal im Bade, ein anderes Mal 
in einem noch geheimern Gemach eingefchloffen, und den Schlüffel ins 
Meer geworfen, ohne daß feine Thäterſchaft entdedt wurde. Seine Be 
Ihreibung der Scenen, welche dann jedesmal erfolgten, war unbezahlbar. 
Auch der Arzt hatte von ihm zu leiden. Einmal hatte er im Geheim die 
Eifigflafche, aus melcdher alle Krankheiten geheilt wurden, ausgegoſſen und 
mit Theerwaſſer gefüllt. 

„Slauben Sie,” meinte er, „daB der Arzt es gemerkt hätte? Er curirte 
mit dem Theerwaſſer gerade jo drauf los, wie früher mit dem Eſſig und 
die Leute blieben gefunder, als vorher.” 

63 mar Ramadan (Anfang December 1870). Obgleich) auf der 
Reife nicht dazu verpflichtet, fo fafteten doch diefe bigotten Moslems, Cffi- 
ciere wie Matrojen. Sie waren jo zu nichts zu gebrauchen, fchliefen den 
ganzen Tag und überliegen das Schiff dem Piloten: da3 Befte übrigens, 
was jie thun konnten. Der Sualin glich fomit einem Schiff,der Todten 


Ankunft in Suakin. 91 


5 Hatte das Ded fo zu fagen für mich, konnte mein Lager aufichlagen, 
jo ich wollte, eflen, wo es mir beliebte. Die Küche ftand bei Tage zu 
ausſchließlichen Verfügung. Da in diefem einftigen Kohlenſchiff 
eine erſte Gajüte war und ich doch (in Folge einer Schmwindelei der Dſched⸗ 

Billetausgeber) erfte Claſſe bezahlte (was fo lange der Suakin eriftirt 

einmal einer mir vorgemacht hatte), fo ließ mir der Gommandar die 

3 — welchen Officier ich aus ſeiner Cabine hinauswerfen wollte. Ich 

Wer jedoch nicht jo grauſam, ſondern begnügte mich mit einem leeren 
— das dem zweiten Commandaͤr ſonſt als Vorrathskammer ſeiner ſauren 
Wepfel diente. Ueberhaupt läßt es ſich nicht läugnen, daß ſich der Euro- 

he je Die, wenn er ſich einmal mit Kochheerd (einen tragbaren Kanun muß 

i. ‚man immer mit ſich führen), Bett, Diener, Proviant eingerichtet Hat, auf 

5. den moßlemifchen Schiffen beſſer und viel ungenirter befindet, als auf 

copdiſchen. Alle haben die größten Rüdfichten für ihn und lafjen ihn, 

bi aufs Schiffanfteden, fo ziemlich Alles thun, was ihm beliebt. Mandj- 

mal wird man ſogar noch gefragt, wann man abzureilen, ob man irgendwo 

einen Tag länger zu bleiben wünfche; denn auf die Zeit kommt's den 
Leuten ja nicht an. 

So glitten wir bei völlig ruhiger See, herrlichem Wetter, ſehr ange⸗ 
nehmer Temperatur (bei Tag ſelten über 20 Grad R.) ſanft dahin und 
nach drei Tagen (der Suakin war kein Schnellfahrer) kamen wir glücklich 
in das Labyrinth von Klippen und Untiefen, welches der Stadt Sualin 
vorliegt. Die Einfahrt ift eine überaus mühſame, d. 5. große Vorficht 
erheiichende, aber für ein Dampfſchiff nicht gefährlich. Die ſchlimmſten 
Untiefen find durch Heine fuppelartig gededte Steinhaufen verdeutlicht, fo 
daß man fie bei Tage erfennt. An eine Einfahrt bei Nacht denkt natürlich 
Niemand. Da diefe Kuppeln an moSlemifche Heiligengräber erinnerten, fo 
war es ein Hauptipaß der Mannſchaft, einige fromme Paflagiere damit 
anzuführen. inzelne biffen wirklich auf diefen Zopf an und fingen an, 
ihre Gebete abzuleiern, bis ein allgemeines Gelächter fie aus ihrem Irrthum 
riß. Die Einfahrt dauerte bei der Langſamkeit des Suafin über vier 
Stunden, jo daß wir erft um Sonnenuntergang anlangten. 

Suakin iſt eine ächte Stadt des Subän, d.h. des Lands der Schwarzen. 

e hieſigen Schwarzen find übrigens keineswegs Neger, fondern Sub- 
von den angenehmften Yormen und mitunter ſehr ſchönen Phyfiog- 
Geich nach unferer Ankunft war das Bord mit den dunklen 

‚ Sudan bededt. Sie kamen in eigenthümligen Kühnen, Sr 






2 — 





Ein Europäer-freundlicher Paſcha. | 93 


Alle hatten eimen Heinen Kamm oder ein langes Holz im vollen Haar 
fteden, mit dem fie diefes von Zeit zu Zeit aufpufften, um ja nicht allzu 
geglättet zu erjcheinen. Auch führt ein Jeder das befannte arabifche Zahn- 
Holz, Meſuak genannt (Zweig der Pavetta longifolia), welche mit feinen 
feinen, aber doch feften, taufendfachen Faſern zugleich Zahnftocher und eine 
viel beffere, weniger die Zahnglafur angreifende Zahnbürfte bildet, al3 unſer 
Borftenproducd. Sowohl Araber wie Schwarze Haben dies faft beftändig 
im Munde und machen aus dem Zahnpugen eine Unterhaltung. Die blen- 
dende Weiße ihrer Zähne ift aljo mit aud) eine Folge der großen Reinlichkeit. 

Am nächſten Morgen meldete mir der Commandär, dat Montäz 
Paſcha, Gouverneur de3 ägyptiſchen Oftafrifa, mich zu kennen wünſche. 
Dieſer Paſcha, der damals abwechjelnd*) Hier und in Maſſauwa refidirte, ift ein 
großer ‚Europäerfreund. Obgleich er nie in Europa war, auch fein Wort 
von deflen Sprachen fennt, fo zeigt er doch viel Intereffe an eutopäifcher 
Wiffenfhaft, namentlich Geographie. Er befißt alle von Petermann und 
Kiepert herausgegebenen Karten afritanifcher Zändertheile und meiß bie 
Orte, deren Namen er doch nicht leſen kann, richtig darauf anzudeuten. 
Da dies ihn viel Mühe gekoftet haben muß, fo zeigt e8 von wahrer Wiß- 
begierde und zeichnet ihn vortheilhaft vor den anderen Reformtürfen aus 
(er ift nämlich Türke), deren Europätfirung doch meiftentheild nur Parade ift. 

Montäz Paſcha wohnt auf der Anfel von Suakin, welches aus zwei 
Orten, dem infulariihen und dem feitländischen, befteht. Sein Balaft, 
ein großes, karavanſeraiähnliches Gebäude, liegt dit am Hafen und bat 
im erften Stod eine fchöne, große, nad dem Meer offene Veranda: den 
gewöhnlichen Empfangsjaal, von mo man eine entzüdende Ausſicht geniekt. 
Hier empfing er auch mich, lud mid) ein, den ganzen Tag bei ihm zuzu- 
bringen, erzählte mir von Baker, Schweinfurth und anderen Reijenden, die 
er alle kannte. Er lud mich auch zum Eſſen ein und hätte wahrſcheinlich 
mit mir bei Tiſch Plab genommen, hätte ich jelbft nicht durch eine ganz 
unschuldig gemeinte Aeußerung dies verhindert. Bis jet mar mir nämlid) 
noch fein anftändiger Moslem vorgelommen, der den Ramadan nicht hielt. 
Deshalb glaubte ih, al3 die Rede aufs Eſſen kam, bemerfen zu müſſen, 
man fönne einen Moslem im Ramadan nicht zumutben, bei Tage Jemand 
eine Mahlzeit vorzufeßen. Da ich ihm fo das Verdienft des Faſtens zu- 
ichrieb, fo ſchämte er fich, in meinen Augen al ein jchlechter Moslem zu 


*) Jetzt (1872) ift er Gouverneur Chartums und Munzinger an feine Stelle in 
Sualin und Maſſauwa getreten. 





Guropäer in Sualin. 95 


von ſechs Mann, die Sanitätswächter. ALS ich ihm Briefe aus Dichedda 
überbrachte, Hagte er mir fein Loos. Daß das Fleiſch jehr zäh, das Brod 
faum eßbar, daß Gemüfe fehlten, das Alles hatte ich ſchon durch die Ein- 
käufe meines Diener3 erfahren. Wie e3 mit den Unterhaltungen ausſah, 
wollte er mich durch Augenschein kennen lernen laſſen. Wir gingen aljo 
zufammen nad) einer Bude, die er in feinem Galgenhumor fein „Cafe de 
Paris“ nannte. 

Sch muß geftehen, ich habe nie die europäifche Mifere im Orient ab- 
Ichredender gejehen. Dieſes fogenannte Kaffeehaus mar die Bude eines 
Armenier3 und zweier Griechen, die dort in Compagnie aßen, bandelten, 
Ichliefen, Alles in einem fehr engen Raum, einer Rohrhütte Der Haupt- 
artifel war natürlich Branntwein und die au die „Erfrifhung“, die 
man und anbot. Da dies mit jener wenigſtens anjcheinenden Herzlichkeit 
geſchah, welche faft immer in fernentlegenen Orten da3 Zujammentommen 
von Europäern fennzeichnet, jo fonnte ich nicht abjichlagen und gab mir 
Mühe, etwas von dem fehlverbrennenden griechiſchen Spiritus hinunterzu= 
würgen. Der „Graf“ hatte ſich ſchon an dies Getränk gewöhnt, und ich 
war erjtaunt, ihn ſowohl an mehreren Tafjen defjelben, wie an dem gelind 
ausgedrüdt ſehr ungebildeten Geſpräch der Händler Geſchmack finden zu 
jehen. Zu welcher traurigen Aushülfe kann ein Ort wie Suakin felbft 
gebildete Menfchen (und das mar der „Graf“ und taufendmal beffer, als 
manche Kröſuſſe, die in Cairo einherfahren) zu greifen zwingen, wenn fie nicht 
ganz als Einfiedler leben wollen, und das wird dem lebhaften Italiener ſchwer. 

Wir gingen darauf in den beiden Ortfchaften, ſowohl auf der Inſel 
wie am Feſtland, welche ein breiter Canal trennt, herum. Die meiften 
Wohnungen find nur Hütten von Rohr oder Zweigen der Dompalme. 
Auf dem Feitland waren ziemlich viele Steinhäufer, doch mehr Waaren⸗ 
magazine al3 Wohnungen. &3 muß bier übrigens ein bedeutender Handel 
mit Gummi getrieben werden (Ziffern konnte ic) darüber nicht ſammeln), 
denn ich ſah wohl Hundert zeltartige Kegel, durch Palmſtrohmatten jehr 
jorgfältig verdedt, welche mir als Aufbewahrungsorte dieſes Artikel be— 
zeichnet wurden. Die Händler find Hadrami: zwei biß drei felbftitändige 
Staufleute, die anderen Vertreter Dſcheddaner Häuſer. 

Suakin hat, als Haupthafen des ägyptiſchen Sudaͤn, immerhin eine 
gewiſſe Wichtigkeit und möglicherweiſe eine glänzendere Zukunft. Mun— 
zinger ſtellt ſeine Handelsbedentung ſogar höher, als die von Maſſauwa, 
mit dem es den Export des obern, amhariſchen Abeſſiniens theilt. Die 


96 Sudänefiihe Frauen. 


Stadt hat ſchon in den legten zehn Jahren bedentend zugenommen. 
Schöner ift fie freilich. nicht geworden. Gegen Dichedda macht fie einen 
ganz erbärmlichen Eindrud. Für den Europäer läßt ſich diefer Eindruf 
nur in dem Wort „Mifere” zufammenfafen. Yür den arabifchen Kauf: 
mann ift Sualin eine vortheilhafte Verbannung, die er nach errungenem 
Handelerfolg mit Dſchedda vertaufht. Für die einfachen Kinder des 
Sudan mit ihren geringen Bedürfniffen ift dagegen Suakin ein Eldorado, 
wo fie Alles finden, was ihr Herz begehrt: volle Fleiſchbuden, ihre beliebten 
dem Europäer freilich ungenießbaren Durrabrode, jaure Milch, recht viel 
hier für ausgezeichnet geltende, nad) unferen Begriffen aber ranzige Butter, 
und vor Allem ganze Budenreihen mit dem beliebten Hammelsfett, daß fie 
ih in die Haare fchmieren; daneben Ruftbarkeiten aller Art, dralle ſchwarze 
Dirnen, die nicht ſchwer zu erobern find, Negermufit, Tamburingetrommel 
und YFlötengeztoitfcher, wozu fie felbft den Gefang liefern. Herz mas ber: 
langft Du mehr? 

Man folgere übrigens nicht aus dem über die Mädchen Gefagten, 
daß bier eine eigentliche Proftitution blühe. Dieſes häßliche Wort past 
durchaus nit auf die Zuftände unter den fogenannten Naturvöllem. 
Die geſchlechtlichen Verhältniffe find bei den Schwarzen andere, ala bei 
Kaufafiern und Semiten. Nur die verheirathete Frau hat relative Keufd: 
heitspflichten. Das Mädchen ift, außer bei einzelnen Stämmen, frei. Die 
Jungfräulichkeit wird gefhäßt, aber mehr weil fie den Genuß erhöht, als 
weil fie für eine Ehre gilt. Ihr Verluſt verhindert nicht die Ausficht au 
Verheirathung. Alles dies liegt im Blut, in der Race. Die Religion if 
dabei faſt ohne Einfluß geblieben. Der ftrenge Mohammedanismus hat 
nicht vermocht, den erotifch freien Schwarzen des Sudan feine Ketten anzu: 
legen, ebenſowenig wie in Abeffinien das Chriftentfum. Die Sudäneferin 
fintt aber deshalb keineswegs (einzelne feltene Fälle abgerechnet) leicht zur 
Broftitution hinab. Die Mädchen, die auf dem Lande bei ihren Eltern 
wohnen, behalten fogar in den meiften Fällen ihre Jungfräulichkeit bi 
zur Hochzeit. Anders ift es in der Stadt. Hier jind der Verlodungen 
zu viele. Schmeichelimorte, Gefchenfe, eine imponirende oder gefallende 
Männlichkeit verfehlen bei diefen leicht empfängliden Wejen jelten ihr: 
Wirkung. Aber faft nie wird eine Schwarze ji des bloßen Mammons 
wegen bingeben. Es ift beinahe immer eine Art von Liebesverhältnik 
im Spiele. Einem ſolchen pflegen fie aud die Treue jo lange zu be 
wahren, al$ der Mann dies thut. So hatte 3.2. der Trieftiner Mafchinift 





Haartoilette der Sudaͤneſer. 97 


in jedem oſtafrikaniſchen Hafen eine Geliebte, die er nur alle ſechs Wochen 
jah, über deren Betragen während feiner Abweſenheit jedoch nur Gutes 
verlautete. Diefe Mädchen find außerordentlich anhänglic und fähig für 
ben Geliebten ins Feuer zu gehen. 

Die Haartoilette fpielt bei den Schwarzen von Suafin eine fo wich— 
tige Rolle, daß eine ganze Budenſtraße ihren Hilfsmitteln gemidmet ift. 
Hier jah ich einige zwölf Läden, in welchen nur die eiförmigen Kugeln 
bon Hammelfett, der beliebteften Haarfpeilung, verfauft wurden. Daneben 
vielleicht ebenfoviel Buden mit den verjchiedenen mineraliihen Haarpulvern 
bon allen Yarben des Regenbogend, welche der Yettunterlage aufgeftreut 
werden und für ſehr reizend gelten. Hier befand fi auch ein halbes 
Dubend Zelte, einheimifche Frifeurläden, in denen die Geheimnifle der 
Hoartoilette vollendet werden. Sehr appetitlih ift es nicht, diefem Ver— 
ſchönerungsvorgang beizumohnen. Es ift übrigens nur das männliche Ge- 
ſchlecht, das von diefen Zelten Gebrauh macht. Die Frauen beforgen 
ihre noch reichlichere Tettbegiegung (denn bei ihnen trieft Alles, während 
bei den Männern das Fett ftarrt) zu Haufe. 

Nah dem Gang durd) die Stadt kehrte ich zu Montaz Paſcha zurüd, 
wo inzwijchen der abendliche Ramadan -Jubel begonnen hatte. Schwarze 
Mufilanten und Tänzerinnen zeigten ihre Künfte. Der Paſcha felbjt war 
zu gebildet, um daran Gefhmad zu finden. Dies Schaufpiel follte nur 
feine Bejucher, die vielen höheren und niederen ägyptiihen Beamten, get= 
freuen, damit er felbjt weniger von ihrer ungebildeten Converſation leide. 
Als ih kam, nahm er mich bei Seite und fagte: „Laſſen Sie uns ein 
wenig plaudern, damit ich einen Augenblid daS Volk vergefle, unter dem 
ich lebe.” Nun begann er mir von feinen „Plänen“ zu ſprechen. Jeder 
gebildetere Moslem Hat nämlich „Pläne“, wie er das Land verbefjere, dic 
Menſchen bumanifire ꝛc.: Alles recht wohl gemeint, aber jelten fruchtbar, 
da ein Mann keine Eultur Schafft. Ein Plan des Paſchas ſchien übrigens 
der Erfüllung nahe. Cr Hatte nämlich einen Theil des Innern mit 
Baummolle*) bepflanzen laffen und hoffte dort einen mit dem Nilthal 
rivalifirenden Erfolg. Auch an Ausdehnung und Befeltigung des ägyp- 


*) Am November 1871 ſchrieb man mir, dag Munzinger, jegt Gouverneur von: 
Maſſauwa, diefen Plan Montäz Paſcha's weiter verfolge und bereitß eine Strede 
mit Baumwolle bepflanzt habe. Cotton is the great eivilisator of our age, Watt 
mir ein Engländer aus Aden in Bezug auf Obiges. 

Malgan, Meiſe nah Sũdarablen. 7 


98 Aegyptiſches Reich in Oſtafrika. 


tiſchen Reichs in Oſtafrika dachte er viel. Die Erwerbung Ahſabi 
Italien machte ihm Kummer. Jeht dachte er daran, die äghptiſche 
haft bis über Baͤb el Mandeb auszubehnen. In ber That macht e 
Jahre Reifen nad) Berbera im Somäli-ande; aber weiter, als | 
einem Auffteden der äghptiſchen Fahne iſt e8 noch nicht gelommen. 
zu Lande, gegen Bogos*), Keren zu hoffte er Gebietserweiterung. 
Leute, wie er, fönnten ohne Zweifel der ägyptifchen Regierung viel 
Aber fie werden ſelten verftanden und noch weniger unterftüßt. 


*) Der Man, Bogos durch aghptiſche Truppen zu beſetzen, iſt belanntl 
(1872) verwirklicht worden. 





Ofafrikanifde Küſte. 


Dreizehntes Capitel. 
Maſſauwa. 


Fahrt von Suakin nah Maſſauwa. — Des Commandäaͤrs Proben der Nautik. — 
Inſelarchipel. — Einfahrt. — Kriegeriſche Gerüchte. — Angebliche engliſche Truppen: 
landung. — Die Baſchi-Bozuks. — Der Sendſchak. — Die Strafgarniſon. — Die 
Inſel Maſſauwa. — Elende Bauten. — Schwierigkeit des Unterkommens. — Ein 
deutſcher Kaufmann. — Fanatiſche Hausbeſitzer. — Conſul Munzinger. — Ein ge— 
borener Reiſender. — Franzöſiſches Conſulat. — Munzinger's Führung der engliſchen 
Expedition. — Undank der Regierung. — Miſſionäre. — Die Schweden in Maſſauwa. — 
Erfolge der Katholiken. — Ein Gefangener Theodor's. — Merkwürdige Jagdaben⸗ 
teuer eines Deutſchen. — Einheimiſche Bevölkerung. — Abneigung gegen Europäer. — 
Die Hadrami. — Die Banianen. — Ihre commercielle Stellung. — Der Gouver⸗ 
neur. — Seine Berbefierungen. — Sartencultur. — Wafjermangel. — Bauten: 
reform. — Strenge Orthodorie der Einheimiſchen. — Das Sikr. — Mufil. — Pro: 
ftitution. — Schlimme gejundheitlihde Folgen. — Uebermäßige Haarjalbung der 
rauen. — Garnijon. — Die Beteranen aus Mexico. — Schöne Landſchaft. — 
Türkiiches Fort. — Klima. — Fieber. — Meteorologiſches. 


Unfere Yahrt von Sualin nah Maſſauwa dauerte fünf Tage und 
dies wurde als ein Herenftüd von Schnelligkeit für dey Sualin ange: 
jehen, obgleih ein gutes Schiff bloß zwei nöthig hat. Diefe ganze Küfte 
ift überfäet mit Klippen und Untiefen, große Vorficht deshalb von Nöthen. 
Da man fih auf den Piloten allein verlafien konnte und dieſem Rube 
nöthig war, fo ging der Commandär darauf ein, jede Nacht zu ankern, 
wofür ich ihm meinen Dank ausdrüdte Dies koſtete ihn wohl Ueber- 
windung, denn er gab gar zu gern Proben feiner Nautil. Im offenen 

—* 


100 Gefahroolle Schifffahrt im Inſelarchipel. 


Meer war folhes gefahrlos. Aber Hier, in dem Slippenlabyrinth, mupte 
man ihn ſtets ftreng hüten, fonft rannte er das Schiff im Handumdrehen 
auf eine Korallenbank. Gleih am erften Tage, während der Pilot zu 
Mittag ab, gab er ein Pröbchen feiner Kunſt. Ich jah plötzlich zu meinem 
Schreck ein Korallenungetfüm vor uns, welches freilich einige Seegräjer 
dedten, und deshalb vom Commandar für „blühendes Meer“ erflärt 
wurde. Schnell Schidte ich meinen Nubier zum Piloten, der auch gleid 
herbeifanm und nad) einem Streit mit dem Commandär, welcher es natürlid 
beſſer wiſſen wollte, die Ablenkung des Schiffs durchſetzte. Aehnliche Scenen 
ereigneten fich fait täglich und es hielt oft jehr jchmwer, den Commandar 
zur Nachgiebigfeit zu bringen. Die Officiere ftanden natürlich auf feiner 
Seite. Die Mannſchaft lachte ih ins Fäuſtchen über die Irrungen ihre 
Chefs. Nur den Ballagieren, etwa 20 Moslems, einigen Griechen und 
mir, ſowie dem Piloten ſchien daran zu liegen, daß wir nicht auflapen. 

Die Einfahrt in den Injel-Archipel vor Dahlaf, der Maſſauwa vor: 
liegt, nahm die ganze Kunſt des Piloten in Anſpruch. Da der Com: 
mandär fchlief, fo ging fie glüdlic) von Statten. Seltfame Gerüchte liefen : 
auf dem Schiff über dag, was wir in Mafjaumwa finden würden. In 
Suafin, in Tichedda, überall war eine unfinnige Fabel verbreitet. ©: 
hieß nämlich, engliiche Zruppen feien in Maſſauwa gelandet, und mollten 
Theodor’s Sohn mit Waffengewalt wieder in Habejch einſetzen. Der Im: 
ftand, daß dieſer Knabe von den Engländern mitgenommen wurde, be 
Ichäftigt immer noch die Gemüther und giebt zu allerlei Märchen Anlaß 
So wenig ih aud an dieſes neueſte glaubte, jo ſchien doch der Anblid, 
den Küſte und Hafen ung bei der Einfahrt boten, e3 beftätigen zu wollen. 
Ein großer englijcher Dreimafter ruhte majejtätisch im Hafen und auf dem 
Land tauchten auf allen Seiten die weisen Spigen reinliher Militär: 
zelte auf: 

An Bord war jegt nur eine Stimme. Das waren die Zelte englifcher 
Truppen; dort lag das Kriegsſchiff, das fie gebraddt hatte. Aber bei de 
Ankunft entpuppte ſich letzteres als ein friedliher Hauffahrer, und was die 
Truppen betraf, jo überjchwenmten fie bald unjer Bord. Es waren 
türkiſche Baſchi-Bozuks, im ägyptiſchen Dienſte, die der Suakin abholen 
ſollte, um ſie nach einem nur dem Paſcha bekannten Beſtimmungsort zu 
bringen. Dieſe Baſchi-Bozuks ſind in neueſter Zeit eine Verlegenheit für 
die ägyptiſche Regierung geworden. Sie find ein ganz unbändiges Nölfchen, 
meist ans zwar vecht ſchönen und männlichen, aber auch ſehr rohen XAr- 





Die Baſchi⸗Bozuks im ägyptiſchen Dienft. 101 


nauten beftehend. Seine Difeiplin, fein Gefeg rejpectiren fie. Durch ein 
Nichts zum Zorn gereizt, find fie glei mit dem Dolch bei der Hand. 
Ihr eigner Oberft fürchtet fi) vor ihnen. Diefer erzählte mir unter An— 
derm: Neulich habe ein Arnaut einen Kaffeehausknaben erftochen, bloß meil 
der von ihm gereichte Kaffee nicht mehr ganz warm geweſen fei. Aber 
an ein Strafen könne er nicht denken. Ihn und alle Officiere todtzu- 
Ichlagen und vielleiht noch) Maffauma zu plündern und dann anzuzünden, 
defien mären fie fähig und brauchten nur die geringfte Herausforderung 
dazu. Sie ftänden alle einer für den andern ein und die dem Einen auf- 
erlegte Strafe würde als Schimpf für Alle aufgefaßt und von Allen gerächt. 

Diefer alte Sendſchak (Oberft) war ein treffliher Mann, in Maſſauwa 
allgemein beliebt und refpectirt, nur nicht von feinen unbändigen Unter: 
gebenen. Er klagte mir fein 2008. Namentlich die vielen Verjeßungen 
waren ihm ſchrecklich. Noch vor zwei Jahren lag fein Regiment in Aleran- 
drien, two e& den Polizeis und Gensdarmeriedienft verfah. Aber da war 
der Wolf zum Schäfer beftellt worden. Da die Baſchi-Bozuks Europäer 
faum mehr refpectiren, als Fellahs oder die einheimifch ägyptiſchen Sol- 
Daten (leßtere werden von ihnen wie Heloten behandelt), jo Tamen jo 
viele Klagen der Conſuln vor, daß man fie verfegte und zwar nad) 
Maſſauwa, das für eine fehr unangenehne Garnifon gilt. Da aber diefe 
Strafgarifon fie nicht gebeflert hatte, jo mar jet ihre Verfegung nad 
einem zwar noch nicht befannten, aber jedenfall3 noch unangenehmern 
Ort im Werl. 

„Wohin wird man uns bringen?“ feufzte der alte Oberſt. „Wahr: 
Icheinlic) in eine Gegend am weißen Nil oder nach Kafjala, wo die Meiften 
nach drei Monaten am Yieber fterben.” 

Der Commandär, die Officiere, die Mafchiniften des Suafin zitterten 
in ihren Schuhen, als fie ihre neuen Bafjagiere tommen ſahen. Und mit 
Denjelben oder vielmehr unter deren Joch follten fie nun fünf Tage bis 
zur Rückkunft in Suakin bleiben! Es war eine keineswegs tröftliche 
Ausſicht. 

Die Inſel, auf der Maſſauwa liegt, iſt jetzt zum großen Theil mit 
Bauten oder Hütten bedeckt. Sie wird im Norden durch den Hafen, im 
Weſten durch ſeichtere Canäle vom Feſtland getrennt. Es wäre ſehr leicht, 
auf der ſeichteſten Stelle einen Stadt und Feſtland verbindenden Damm 
zu errichten. Dieſer Vorſchlag, den Munzinger dem hieſigen Gouverneur 
gemacht, welchen letzterer aber zurüdgetwiefen hatte, dirite mögligerweie 


102 Bauten in Maſſauwa. 


jegt zur Ausführung kommen*), feit der berühmte Reifende felbft bie Bou- 
verneurftelle bekleidet. Der Hafen gleicht einer Ylukmündung. Bon ihm 
nimmt ſich die Stadt nicht häßlich aus, da man von bier nur die Stein- 
häuſer, worunter der weißangeftrichene Palaft des Gouverneurs, gut unter 
icheidet und das Gemwirre ſchmutziger Hütten, da3 die Mehrzahl der Ein- 
wohner beherbergt, kaum gewahrt. Iſt man aber in der Stadt, fo ſchwindet 
jede Täufhung, und man muß fi) jagen, daß auch hier der Eindrud nur 
durch dad Wort „Elend“ wiederzugeben ift. Ein bischen befler iſt's al: 
in Sualin, aber menig genug. 

Eigentlih hat Maffauwa nur zwei nad) arabiſchen Begriffen ftädtiſche 
Häufer, die Kaufleuten aus Hadramaut gehören und genau wie die Häuier 
von Dichedda gebaut find. Das Regierungshaus ift eine unförmige Caſerne. 
Das katholiſche Miffionshaus, auf einem einfamen öftlichen Theil der 
Inſel, ift nicht häßlich und berühmt durch feine treffliden Cifternen. Die 
anderen Käufer, einige achtzig oder hundert an der Zahl, find Hein, niedrig, 
unſchön, meift ſehr unzweckmäßig gebaut. 

Das Schwierigſte iſt in Maſſauwa ein Unterkommen zu finden. Zum 
Glück war ich an den einzigen europäiſchen Kaufmann, der hier lebt, 
Herrn Haſſen, einen Deutſch-Ungarn, empfohlen. Dieſer außerordentlid 
gefällige Mann führte mich gleich in ſein Haus und bot mir daſſelbe an. 
Aber die Wohnungsnoth iſt hier jo groß, daß mein freundlicher Wirid 
faum für fich ſelbſt genügenden Platz beſaß und ich Bedenken empfand. 
feine beſchränkte Räumlichfeit durch meine Gegenwart noch unzureichende 
zu machen. Seine Wohnung beftand nämlid aus einem cinzigen ver 
Stein erbauten Zimmer, allerdings groß und luftig. Für feine Familit 
hatte er ein mit Palmmatten verhängtes Rohrhaus, eine Art Gartenlauk:. 
angebaut, da3 erfte Bauwerk diefer Art, das mir wirklich hübſch eridie. 
und mir bewies, mas guter Geſchmack, Ordnung und Neinlichkeit jet 
aus diefem unfcheinbaren ardhiteltonischen Eleinent machen fünnen. Luftig 
vom Winde durchftrichen (bei der hieſigen fteten Hite die größte Wohlthat), 
vor der Sonne durch dide Matten geſchützt, war Dieje Heine Rohrgebilde 
wirklich allerliebft und angenehm zu bewohnen. Außerdem lag Herrn Hatten? 
Wohnung an einem der fühliten Orte der Inſel, auf einem Landvorjprung 
von drei Seiten vom Meer beipült. Wir fiichten aus den Yenftern, ja wit 
erlegten mit Schrotihüffen eine Menge großer und ſchmackhafter Fiſche. 


*) Diefer Plan ift jet (187%) ausgekühtt worden, 


Conſul Munzinger. 103 


In der Stadt ftanden einige Häufer leer, deren Herren auf dem Lande 
waren. Dan ließ bei ihnen anfragen, da befannt war, daß fie diejelben 
gelegentlich vermietheten. Aber ihr moslemifcher Fanatismus firäubte ſich 
Dagegen, einen Europäer, wenn auch für theures Geld, aufzunehmen. Gleichſam 
als Entſchuldigung führte man mir an, ein biefiger Moslem habe neulich 
an einen Europäer ein Haus vermiethet und diejer (ein Miffionär) den 
Mißbrauch ſoweit getrieben, Gottesdienft darin zu halten. Ungläubiger 
Gottesdienft in einem moslemiſchen Haufe! Und die Wände waren nicht 
eingeftürzt! Eines ſolchen Verbrechens ſchien man auch mich fähig zu 
halten, und fo ſchwand die Hoffnung auf Miethung. 

Herr Haſſen verfah in Abmwejenheit Munzinger’3 deſſen Confulatäge- 
ſchäfte. Der berühmte Reifende wohnte zur Zeit in Mofullo, zwei Stun- 
den von hier, kam jedoch an Pofttagen in die Stadt. Bei einer folchen 
Gelegenheit wurde ich mitdiefem merkwürdigen und liebenswürdigen Manne 
befannt, deilen Freundlichkeit gleich beim erſten Zufammentreffen mit einem 
ihm bisher Unbelannten ſoweit ging, mich durch Anerbieten feines Stadt- 
hauſes aller Wohnungsnoth zu entheben. 

Munzinger ift eine außerordentlich glücklich organifirte, gleihfam zum 
Reiſenden gefchaffene Natur. Bon einer durch Himatifcehe Einflüfle faft 
unberührten, ausnahmsweiſe kräftigen Gefundheit, der man anmerft, daß 
lie aus dem Alpenlande, Schweiz, ftammt, von einem unvermüftlichen 
Humor, weiß er Hunger, Durft, Hibe, Kälte, das Härtefte Lager gleichgut 
zu ertragen. Oft muß er erit von Anderen an feine leiblihen Bedürfnijje 
erinnert werden. Ja zwei feiner Freunde, deren einer in Habeſch, der 
andere in Südarabien mit ihm reiften, verjicherten mir, er bringe feine 
Gefährten manchmal förmlich in Perlegenheit, ihre Bedürfniſſe einzuge- 
ftehen, weil man fich ſchäme, ſoweit Hinter feiner Bedürfnißloſigkeit zurüd- 
zubleiben. Was er feiner Natur bieten kann, bemeilt, daß er einft bei 
8000 Fuß Höhe ohne Dede und im dünnen Sommeranzug, den er bei 
30 Grad R. nicht leichter tragen konnte, unter freiem Himmel übernachtete 
und ſich nicht erfältete. Ebenſowenig greift ihn die glühende Tropenfonne 
an, der er ſich ſchadlos in einem Lande ausfeßt, mo wenig Europäer dem 
Sonnenftich entgehen. Fieber hat er, glaube ich, nur ein einziges Mal ge= 
habt, nämlich im ungefundeften Theil von Kordofän. Aus jener Zeit 
ftammt fein Widertillen gegen da3 Schwitzen. „Nur nit ſchwitzen,“ 
heißt es bei ihm, und inder That, in einem Schwißlande, wie Mafjauma, 
ſchätzt man ſich glüdlih, mern man diefe Vorfchrift befolgen Tann. Er 


104 Gonfulariihe Vertretung in Maſſauwa. 


ſchläft, wie alle Eingeborenen, ſtets bei offenen Fenſtern und Zhüren, ub 
zwar hat man Hier faft immer auf allen vier Seiten des Zimmers Ye. 
Eine ſtarke Natur kann dies jedoch allem aushalten. Schwächere were 
das Fenſterſchließen und felbft das gelegentliche Schwigen als Wehlthei 
empfinden. 

Munzinger's Hauptfach ift das linguiſtiſche, obwohl er auch anderm 
Tifeiplinen fein Studium gewidmet hat. Aber in erfterm leiſtet er Bon 
zügliches und fann als Autorität für die modernen Sprachen von Rord- 
und Süd-Tigrö*), Amhar und Agau gelten. Von Iegterm giebt es bi 
Zweige, deren einer, bisher ſo gut mie unbefannt, eben den Forjcher ber 
ſchäftigte. Sein Wörterbuch) des Maſſauwa-Dialekts (Nord-Tigre), fern 
„oſtafrikaniſchen Studien“, fein „Recht der Bogos“ haben ihm unter dm 
Drientaliften einen hervorragenden Rang gefihert. Leider halten ihn jeine 
confularifchen Geſchäfte vielfach von wiſſenſchaftlichen Arbeiten ab. 

Officiell war er zur Zeit zwar nur franzöſiſcher Conſul; da ſich aber 
außer ihm gar kein Conful Hier befand, fo wendeten fi) alle hieher ver 
ſchlagenen europäifchen Schutzbefohlenen an ihn. Unter diefen iſt oft viel 
Gefindel (Griechen, Levantiner), die ihm nicht wenig zu ſchaffen maden. 
Es iſt befannt, daß er früher auch das englifche Conſulat bekleidete und 
als Führer der abeſſiniſchen Erpedition beiwohnte, wofür ihm nur mit 
Undant gelohnt wurde. Seiner Thätigfeit bei jener Expedition verdanlen 
die Engländer einen Theil ihres Erfolgs. Es ift nur eine Stimme darüber 
und ſelbſt viele englische Cfficiere Haben mir gejagt, daß ohne Munzingers 
Localfenntnifje der Feldzug fi) in die Regenfaijon verſchleppt hätte. Wer 





Miffionäre in Oftaftika. 105 


zum home -government ſcheint wenig davon gedrungen zu fein. Erftere 
hätte letzteres freilih um eine paffendere Belohnung für ihn angehen 
müffen. Bei ihrem fchwerfälligen Gefchäftsgang wurde dies wahrſcheinlich 
auf die lange Bank verſchoben; man vergaß es, und, ſpäter daran erinnert, 
ſchämte man fi) durch nachträgliches Gutmachen feine Verſäumniß einzu« 
geftehen, zumal da inzwiſchen die für die Anderen vorgejchlagenen Ent- 
\hädigungen ſchon zuerlannt waren. Nur fo erklärt fich dieſer Verſtoß, 
denn die Engländer find fonft nicht undankbar. Beſtände noch die oft- 
indiſche Compagnie, die in jolden Dingen nicht daS home-government 
zu fragen brauchte, Munzinger hätte gewiß Alles erhalten, wozu ihn feine 
Verdienſte berechtigten. 

Sonft leben von Europäern in Maflauma noch einige ſchwediſche 
Miffionäre, ein alter franzöfiiher Soldat und eine ganze Colonie von 
griechiſchen Spiritushändlern und Weinfabrilanten. Letztere haben |pelunten- 
artige Buden, der in Sualin jehr ähnlich. 

Die Milfionäre Hatten hier kein Glüd. Früher im Innern, hinter 
Bogos, bei einem noch heidniſchen Volke thätig, wurden fie von Dort ver- 
trieben, ziwei der Ihrigen fogar zugleihd mit dem Engländer Powell ge⸗ 
tödtet. In Maffauma Hatten fie nur proviſoriſch Aufenthalt genommen. 
An ein Belehren der Hiefigen ift gar nicht zu denfen. Um aber auf bie 
vielfach hierher kommenden Abeflinier zu wirken, muß man es anders 
machen, al3 fie. Ein Millionär, der wirken will, muß den Europäer foviel 
wie möglich ausziehen. Er muß viel, ja ausjchlieglih mit Cingeborenen 
verfehren, ihre Sprachen Tennen, auf ihre Ideen eingehen. Alles das ver- 
ftanden die guten Schweden nit. ES waren brave Leute, die es ehrlich 
meinten, aber hölzerne Naturen. 

Ganz ander gehen die katholiſchen Miffionäre zu Werk, die in 
Maſſauwa au eine Station haben, melde ihnen aber nur als Rüdhalt 
dient und gegenwärtig bloß von jungen Dienern, fogenannten Milfions- 
zöglingen, bewohnt war. Allerdings finden fie auch das Terrain günftiger. 
Das monophufitiihe Dogma, welches die abeſſiniſch-koptiſche Confeſſion von 
der fatholifchen trennt, ift dem Volke, ja vielen Prieftern unbefannt. Der 
Ritus ift fein Hindernig, denn die katholifche Kirche duldet jeden orientalifch- 
chriſtlichen Ritus. Es Handelt ſich alſo faft nur um Anerkennung des 
Papfted. Dazu finden fi) die Laien, ja felbft einzelne Prieſter gern bereit, 
und jo haben die fatholifchen Miffionäre ſchon ganze Dörfer, namentlid) 
in der Provinz Kolukuſſai bekehrt. Was ihnen aber fchadet und oft re 


106 Ein europäifcher Jaͤger. Bevölkerung. 


Erfolge vernichtet, ift ihre Einmiſchung in PBolitil. Das könmen fie nie 
laſſen. Daher auch ihre neuelten Kämpfe mit Kaſſa, dem Fürſten von 
Tigre, der fie jogar ſchließlich alle auswies. 

Einen nur zeittveife hier lebenden Europäer, Herrn Rösler, lernte ih 
bei Heren Haſſen kennen, deifen Landsmann er iſt. Diejer noch jehr jung 
ausfehende Mann Hatte jchon viel durchgemacht. Als zoologifcher Sammler 
war er vor einigen zehn Jahren nach Abeſſinien gefommen, hatte es in 
allen Richtungen jagend, ſammelnd und ausftopfend durchfireift, bis Theo- 
dor’3 Laune feinem Reifen ein Ende machte. Er blieb zwei bis drei Jahre 
deſſen Gefangener und wurde erft durch die englifche Expedition befreit. Wie 
alle ächten Reifenden verjchmähte er es, viel von feinen Erlebniſſen zu er- 
zählen. Nur dur Herrn Hafen, der vertraut mit ihm war, erfuhr id 
Einiges von den höchſt merkwürdigen Jagdabenteuern dieſes Mannes. 
Manche derjelben reisten zum Lachen, wie die von ihm erfundene jeh 
originelle Art des Affenfangs, andere waren tragiſch, wie die fürchterlichen 
von ihm oft mitangefehenen Berheerungen, welde der Leopard ba 
Menschen und Thieren anrichtet. Die Sitten der Rhinocerofje und Ele 
phanten ſchien er befonders ſcharf beobachtet zu haben. Ich fchlug ihm 
vor, feine Abenteuer zu veröffentlihen. „Wozu? man würde mir nmidt 
glauben!” fagte er, „die Welt glaubt oft den größten Lügnern, aber gerade 
die wahren Abenteuer Hält fie meiſt für Schwindel, wenn fie ungemöhnlid 
ind.” Er Hatte nicht Unrecht. 

Die einheimische Bevölkerung ift von abeſſiniſch-ſemitiſchem Stamm 
und im Typus ganz der don Tigre ähnlih. Es ift ein ſchöner Menſchen— 
Ichlag, von edlen regelmäßigen Zügen und ebenmäßigem Körperbau. Ti 
Hautfarbe ijt faſt ſchwarz, doch nicht ganz fo dunkel, wie die der Sud 
nefen. Das Haar wächſt lang, iſt aber mwollig, nicht lodig gefräufelt, mie 
mals auch nur annähernd ſchlicht. Bon den Küftenjtämmen, vulgo %e 
duinen genannt, die alle Mohammedaner find, wird es nach moslemiſchet 
Sitte entweder ganz oder theilweije abrafirt, da8 Haupt bei der Jugend 
meift entblöft getragen. Im chriſtlichen Tigré tragen die jungen Männer 
vielfach ihr Haar verfchiedenfältig abgetheilt und über fünf bis acht lang: 
liche Wülſte (Heine Chignons) gemwidelt, was jeltjam, aber nicht gerad 
häßlich ausſieht. 

Die hieſigen „Beduinen“ find den Europäern ſehr abgeneigt. sh 
moslemiſcher Fanatismus könnte dies erklären. Aber bei den chriſtlichen 
Tigré⸗-Völkern iſt es nicht beſſer. Dagegen finden ſich die amhariſchen 


Kaufleute in Maffauma. ° 107 


Abeſſinier des Innern mit großer Leichtigkeit in den Umgang mit Euro— 
Pünm und Haben entjchieden Gefchmad daran. Ich halte deshalb Mun— 
Bünger’3 Bemerkung für fehr richtig, daß jene Abneigung im ſemitiſchen 
Blut liege. Sehen wir nicht Aehnliches auch bei nordfemitiichen Chriften, 
1. 9. den ſyriſchen? Natürlich weicht diefe Abneigung der Bildung. Unſere 
Juden find ja auch Semiten, aber von Abneigung gegen Kautafier ift gewiß 
Dei den gebildeten nicht die Rede. Ebenfo fand ich einzelne gebildete Se— 
miten aus Tigré, die jene Abneigung nicht kannten. Die Amharen, ob- 
gleich ihre Sprache viel vom Nethiopiichen annahm, aljo femitifirt wurde, 
Yind nicht Semiten, fondern urfprünglich wohl Agau Völker, mit den Sudaͤ— 
neſen, Nubiern, Somäli verwandt, die alle feine angeftanımte Abneigung 
gegen Europäer haben. Ber Umgang mit ihnen geftaltet ſich jo natürlich 
Bomogen, daß mir’ oft vorfam, als fei ich unter Landsleuten. Dailelbe 
gilt von den Nubiern, die, obgleih Moslems, ſich doch viel leichter zum 
Europäer finden, als Semiten, felbft wenn fie Chriften find. 

Araber leben nur wenige bier, fommen aber oft in gewiſſer Anzahl 
bon Yemen, namentlich Hodaida. Ein Paar reihe Kaufleute aus Hadra= 
maut vertreten unter den Moslems den Großhandel. Aber da3 eigentliche 
Handelsreich der Hadrami hat hier ſchon aufgehört, da die indiiche Stauf- 
mannztafte, die Banianen, durch mehrere bedeutende Häufer vertreten ift, 
gegen welche die Hadrami zurüdtreten müljen. Mit diefer fönnen fie nicht 
concurriren. Die Hadrami blühen nur da, mo (mie in Mekka und Dichedda) 
die Banianen, ihres Heidenthums wegen, nicht dauernd wohnen dürfen. Wo 
e3 indeſſen viele Banianen giebt, dafomnıen die Hadrami auf feinen grünen 
Zweig, fo 3. B. in Aden, das doch ihrer Heimath viel näher liegt, wo 
aber der einzige gefchäftstreibende Hadrami ein arıner Makler ijt, mein 
Belannter, ein gemifjer Auwad bel Gher, der den Banianen Race ſchwört. 

Die Banianen repräfentiren in Eüdarabien und Litafrifa das Capital. 
Sie allein haben Geld und erzielen ihre Handelöerfolge durd) diefelben 
Mittel, wie in Dſchedda die Hadrami und oſtindiſchen Moslems, d. h. fie 
willen e3 fo einzurichten, daß alle Verkäufer und Producenten ihnen ver- 
Ichufdet find. Ihr Ruf im Handel ift ein unantaftbarer. Ihre Ehrlichkeit 
und Zuverläſſigkeit find ſprichwörtlich. Will ein Bewohner non Maſſauwa 
verreifen, jo vertraut er alle feine Werthe den Banianen an. Nichts 
Schriftliche wird darüber ausgeftellt, aber eine Veruntreuung ift abjolut 
beifpiellos, ja nad) hiefigen Begriffen undenkbar. 

Die Geldmacht der Banianen liegt eben darin, dag hier P "|" 


108 Banianen. Abeffinier. Der Gouverneur. 


viduum zurücktritt, daß Alles Affociation if. Man hat es nicht mit im 
zelnen Kaufleuten, man hat e3 gleichjam mit dem fleiſchgewordenen Saw 
delögeift zu thun. Die Vorftände der banianiſchen Geſchäfte in Dichetda 
find nämlich keineswegs die Kaufherren, ſondern nur die Beamten groje 
oftindifcher Häufer, die vielleicht an 50 Orten ihre Comptoire haben uid 
über viele Millionen verfügen. Deshalb können fie auch jeder Ilm 
Handelstrijis trogen. Die Zahl diefer in Maſſauwa lebenden Banianm 
dürfte zwanzig nicht überfteigen und dennoch beherrſchen fie den Markt 
faſt ausſchließlich. Affe diefe Leute, durch deren Hände die anjehnlichften 
Summen gehen und die gewiß auch perfönlich jehr guten Verdienſt haben, 
leben außerordentlich einfach, find oft faft ärmlich gefleidet, treten beſcheiden 
auf und feinen faft die Diener derjenigen, welche fie durch Handelsda 
pflichtungen dod) ganz in Händen haben. Jeder oftjpielige Genuß ſchein 
ihnen unbefannt. 

Eine größere Anzahl abeſſiniſcher Chriften lebt gleichfalls Hier. Tod 
fpielen fie feine Rolle. Ihr Handel beſchränkt ſich auf Meine, unbeeu 
tende Gefhäfte. Die flottirende abeſſiniſche Bevöllerung ift jedoch bee 
bedeutender, da chen Maſſauwa der einzige Hafen von Zigre if. Fat ale 
ihre Producte gelangen in die Hände der Banianen. Ein Gottesdiert 
ihrer Gonfeffion befteht nicht. Aber viele beſuchen den katholiſchen, zu⸗ 
teilen nad) koptiſchem Ritus gehaltenen, d. 5. wenn ſich ein einheimiſchet 
belehrter Priejter findet. 

Die Verwaltung war im Abweſenheit von Montäz Paſcha, dei 





Verbefferungöpläne des Gouverneurs. 109 


die mit unendlicher Mühe und ewigem Begießen fo weit gebracht worden 
waren, daß fie einen Heinen grünen Teppich darboten. Es war freilich 
die einzige grüne Dafe in ganz Maſſauwa. Er ſprach mir von einem 
größeren Garten, den er halbwegs Mofullo auf dem Yeftland angelegt 
hatte und den ich natürlich gleichfalls anjehen mußte. 

Diefe Merkwürdigfeit war eine vergrößerte Auflage des Heinen Gar- 
tens. Hier wuchſen aud) noch einige Gemüfe, fogar Saubohnen, worauf 
er beſonders ſtolz war. 

Ein anderer Herzenswunjdh des Bey waren befjere Häufer und Hüt- 
ten, worin ich vollflommen mit ihm übereinftimmte Die Rohrhütten wa— 
ren ihm ein Dorn im Auge. In der That erhalten dieſe bei der Nadh- 
läffigfeit der Einheimijchen bald ein jo zerfeßtes und ruinenhaftes Aus- 
jeben, daß fie Efel erregen. Könnte man die Leute dahin bringen, ihre 
Rohrhäuſer jo niedlich zu Halten, wie Herr Haſſen das feinige, jo würden 
fie Maſſauwa verfchönern. Wie fie aber find, bilden fie einen Schandfled 
für den Ort. Auch die Dompalmmatten, womit diefe Hütten gededt und 
behangen, aus denen oft die Thüren gemacht find, ſehen meift dergeftalt 
zerrifjen und abgenugt aus, dag man fie für uralt hält. Dennoch ift dies 
nit der Fall. Aber die Einheimischen befigen ein ſolches Talent, Dinge 
Ichnell abzunugen, daß dauerhafteres Material dazu gehört, umihrem Hang 
zum Ruiniren zu troßen. Alles die empfand der Oberft und ſprach es 
aus. Er ging ernftli mit dem Plan um, Häufer von Luftziegeln, oder 
wenigſtens von Lehm mit gehadtem Stroh und Kleinen Steinden ver- 
miſcht (einer Art pise), wie in Oberägypten, zu errichten. Das dazu gute 
Material findet fich jedoch nicht nahe, fondern muß ſehr meithergeholt werden, 
und jo fürchte ich, wird dieſe Baureform ein frommer Wunfch bleiben. 

Der „Bey“ ſchien zwar fein ftrenger Moslem, aber er machte es doch 
noch nicht wie der Paſcha, daß er den Ramadan brach. Dazu war er noch 
nicht vornehm genug. Er wäre auch hierin in Maſſauwa zu vereinzelt 
geweſen. Denn die hiefigen Moslems find mie alle Spätbelehrten (der 
hiefige Islam ift kaum ſechs Jahrhunderte alt) ganz jchredlich ortho— 
dor. Da fie fich bei Nacht durch Lärm entichädigen, fo ift Maſſauwa in 
diefem Monat eben nicht angenehm zu bewohnen. In der erften Nacht 
glaubte ich ein millionenfadhes röfchegequafe zu vernehmen. Es war da3 
„Site“, die heilige Verzüdung, bier zwar nicht durch dermwifchartiges Ge— 
heule (mas nebenbei gejagt gar nicht ſtrengorthodox ift) vertreten, Jondern 
nur dur) das von vielen hundert Stimmen im Tact ausgeftoßene Slauhent- 





Lage und Klima von Maffauma. 111 


übrigens gar nicht des Menſchenhandels bewußt, den man mit ihnen ge- 
trieben. Sie geftanden jogar, daß fie e3 in einiger Beziehung dort beſſer 
gehabt, als hier, wo fie in der lebten Zeit die Heloten der Baſchi-Bozuks, 
die Alles, was nicht Türke ift, tief verachten, gemwefen waren. Sie wurden 
jest nicht beffer bezahlt, al3 die zu Soldaten ausgehobenen ägyptischen 
Fellahs, d. h. jo gut wie gar nicht, erhielten nur am Fefttag Reis, fonft 
bloß Durra, denn die Tage Said Paſcha's find vorbei, der die Truppen 
ſtehts jehr gut hielt. Die Baſchi-Bozuks fo zu behandeln, wie fie ober 
die Fellahs, darf Aegypten nicht wagen. Dieſe erhalten ftet3 guten Sold 
und Lebensmittel. Der Unverfehämte fommt immer am beften in der 
Welt fort. 

Merkwürdigkeiten befitt Maſſauwa nit. Die Mofcheen find unbe- 
beutend. Die katholiſche Capelle ift Hübjch, aber jo, wie man Taufende in 
Europa ſieht. Wer eine jchöne Ausficht genießen will und auf einen 
Hlaggenmaft nicht zu Hettern ſcheut, der kann dies im jogenamnten türki- 
ſchen Fort. Es iſt ein großer, vierediger, von Mauern umgebener Raum 
mit einer Heinen Batterie auf der Oftjeite, am Meere, und angebauent 
Wachthäuſern im Welten. Bon einem mitten aus diejer kleinen Wüfte 
aufragenden Maftbaum ift der Blid auf das Yeltland ein überrafchend 
Ihöner. Die mächtigen Berge (einige 8000 Fuß hoch), auf denen das 
abeſſiniſche Plateau liegt, das flache Tiefland mit feiner durchſichtig dun- 
ftigen Atmojphäre, die in der Mittagsgluth zu zittern fcheint, das Meer 
mit feinen vielen Inſeln, die einheimifchen Schiffe mit ihren malerischen 
lateinifchen Segeln: es ift ein Bild, würdig von einem Malerpinfel gefej- 
jelt zu merden. 

Das Klima von Maffaumwa ift zwar faſt zu allen Zeiten jehr heiß, 
aber doch nicht entfchieden ungefund. Es regnet hier mehr als in Suakin 
und Dichedda, meist in den Monaten December, Januar und folgenden. 
Iſt der Regen reichlih, was jedoch nicht alljährlih vorlommt, fo bilden 
fi wohl Fiebermiagmen und dann find die Anfangsmonate de3 Jahres 
ungefund. Jedoch find dieje Fieber felten gefährlid. Die heiken Monate 
find gleichfall8 Hier, wie am ganzen rothen Meere, und wie auch in Aden, 
die geſundeſten. Wer die Hitze ſcheut, für den iſt Maſſauwa gegen Ende 
des Jahres am bewohnbarſten. Ich war 3 Wochen im December da und 
fand die Wärme im Schatten felten höher ala 26° R. Die Abende waren 
mild und angenehm, faft immer bei 200 R. Nur nad) Regengüfjen be- 
merkte id) am frühen Morgen eine Abkühlung bi4 zu 16%. Nas Aneren 


112 Meteorologiiches. 


ſoll zumeilen eine noch größere ftattfinden. In Munzinger’3 Haufe, das 
ich bewohnte, ſank die Zimmertemperatur, jelbft bei ſtetem Durchzug, nie 
unter 25° R. Bei 189 R. frieren die Leute hier Schon und nad einem 
ftarten Regenguß börte ich die Einheimischen über bittere Kälte Hagen 
Die Sonne ift zu allen Zeiten ſehr ftehend und ohne die bekannten eng- 
ich =oftindifhen Hüte wird ein Nordländer jchwerlih dem Sonnenſtich 
entgehen. 

Sonnenſchirme find fehr rathjam. Selbſt die Einheimiſchen tragen 
fie, freilich oft mehr zum „Staat“. Die Abeffinier gar haben folche von 
fteifem Leder, die fie jelbft im Schatten, gleichjam als Standeszeichen, über 
ſich halten. 

Jedenfalls ift Maſſauwa einer der heißelten Orte der Welt. Id 
glaube jedoch nicht, daß jener große Unterjhied der mittlern Temperatur 
zwifchen hier und Aden (Maſſauwa 31,0°, Aden 26,8% Celfius), den Hum- 
boldt's Tabellen geben, von praktiſcher Bedeutung ift, obgleid er wahr: 
icheinlich beobachtet wurde. Aber in Aden ift das Obfervatorium auf 
einem erhöhten Punkt allen fühlen Winden ausgelegt. In Maffauma wäre 
es ſchwer, einen jo ausgeſetzten Punkt zu finden. Die Hige in der Stadt 
Aden ift nicht viel geringer, al3 in Maſſauwa. Deshalb laſſen fich beide 
Beobachtungen faum mit einander vergleichen. 





Ofkafrikanifde Küfe 


Vierzehntes Kapitel 


Dandel von Maſſauwa. 





Maſſauwa's Hinterländer. — Kommerzielle Bedeutung des Plages. — Uebertriebene 

Anpreifung derjelben. — Import in Maſſauwa im erften Halbjahr 1864. — Bro: 

venienz des Imports. — Vertheilung des Imports. — Export. — Abnahme des 

Erport3 von Abeifinien. — Verſchwinden des abeſſiniſchen Kaffees. — Sklaven: 

ausfuhr. — Zunahme des Mojhus. — Karamanenbetrieb. — Hafen von Maſſauwa. 

— Einnahmen des Zollamts. — Preiſe für Waarentransport. — Gewichte. — 
Maße. — Münze. 


Maflauwa hat durch feine Hinterländer eine gewiſſe, freilich oft über- 
ſchätzte Wichtigkeit für den Handel. Es ift das einzige Emporium von 
Tigre. Mit Sualin theilt e& den Handel des Amhariſchen Abeſ— 
finiens, welcher über Metamma*) geht. 3 ift der nächſte Vermittlungs- 
hafen zwiſchen Oftindien und dem innern (ägyptiſchen und unabhängigen) 
Sudän (Metamma, Kaſſala u. |. w.). Die Route über Suafin wäre für 
oftindische Waaren ein Umweg. 3 vermittelt den Austauſch der Pro- 
ducte der Hirtenvölfer, die nördlid von Abeſſinien wohnen. Yemen 
ift auf Maſſauwa für feinen YButterbedarf angemwiefen. Es bildet den 
Markt für die Seeproducte des Ardipel von Dahlat (wie Perlen, Perl- 
mutter, Schildpatt u. |. mw.) 

Dennod darf man fi) nicht der Täuſchung Hingeben, al3 könne Maf- 
fauma mit Häfen wie Dſchedda, Hodaida, wetteifern. Munzinger, der die 





*) Gegenwärtig bietet die Route von Metamma nah Sualin mehr Sicherheit, 


als die nah Maſſauwa. 
v. Malyan, Beife nah Südarabien. 8 


114 Einfuhr von Waaren in Maffauwa. 


Berhältnifie gut lennt, behauptet fogar, daß Suakin als Handel 
mehr Wichtigkeit Babe und daß feibft Lohaiha ihm nicht viel nad. 
falſch ift alſo Lejeun’3 Behauptung, Maſſauwa ſei der erfie Handel 
des rothen Meeres. Dies könnte es vielleicht einmal werden, wer 
Abefjinien geregelte Zuftände herrſchten. Aber einftweilen iR vie ! 
faft todt für den Handel. 


Import. 


Herr Munzinger war fo freundlich, mir folgende Ziffern über J 
und Erport in Maſſauwa mitzutheilen, dieeinem von ihm für das h 
ſiſche Minifterium beftimmten Bericht entlehnt find. 


Import in Maffauwa im erften Halbjahr von 1864. 
1) Ueber Dſchedda wurde importirt: 


Reis 1159 Güde. . . . . . Werth 39,406 $r. 
Datteln 11 Bade... . . . ” 374 „ 
Rofinen 1 Ballen... ... „ 100 „ 
Zuder 3 Ballen . . 2... ” 510, 
Taback 3 Ballın . ». 2... „ 504. 
ſchwarzer Pfeffer *) 39 Ballen . . P 3,900 „ 


Tib (ein Parfum) 3... . „ 4816. 





Einfuhr von Waaren in Maſſauwa. 115 
Zaflen 2 Eafien . -. » » » . Werth 1,600 Fr. 


Kupfer 54 Bade . . . .. . „ 21,168 „ 

Zint 17 Bade...» 2... ’ 1,700 „ 

Beh 1 Pad . . 2.2... 1 180 „ 
2) Bon Hodaida wurde importitt: 

Reis 456 Ede . -. » .» . . Werth 15,504 Fr. 

Datteln 186 Bade . . . . . n 6,224 „ 

Zuder 5 Bade . . 2.2... „ 530 „ 


3) Ueber Aden wurde importirt: 


Reis 1440 Säde . . . .» . Werth 48,960 Fr. 
Datteln 150 Bade . . n 5,100 „ 


Taback 347 Ballen . „145,740 „ 


Zuder 10 Boln . .... „ 1,100 „ 
Sandelholz 25 Ballen . . . . ’ 3,750 „ 
Neltenöl 10 Fäßden . . . n 560 „ 


Indische Manufacturen 84 Ballen „ 394,800 „ 


Der Gefammtwertd dieſer importirten Artikel würde alfo etiva 
922,500 Franken betragen haben. Darunter ift der Import über Aden 
durch faft 2/; (etwa 600,000 %r.), der über Dichedda durch nicht ganz 1), 
(300,000 Fr.,) der über Hodaida nur durch 22,500 Fr. repräfentirt. Die 
hervorragende Wichtigkeit des oſtindiſchen Imports (denn Aden vermittelt 
nur) ſpringt alfo in die Augen. 


Da übrigens auf obiger Lifte einige Smportartifel, wie 3. B. Kaffee, 
Branntwein, fehlen, weil fie mwahrjcheinlihd in dem genannten Halbjahre 
weniger vorkamen, andere ausnahmsweiſe ſchwach vertreten find, fo Tann 
uns dies nur al3 Weberficht der Brovenienz, nicht als Werthmaapftab dienen. 
Munzinger berechnet den Import indischer Manufacturen allein auf durdh- 
ſchnittlich 1°/, Million Br. im Jahr, den von öſtreich. Glaswaaren auf 
300,000, von Kupfer auf 100,000, von engliſcher Leinwand und anderen 
Stoffen auf 240,000. Zujammen Tann man den Import wohl nicht 
niedriger al3 auf drei bis vier Millionen Franken ſchätzen. 


Die Maſſe dieſes Imports vertheilt fi) in Maſſauwa etwa folgender- 
maßen: 
ar 


116 Abſatz der importirten Waaren. Crport. 


1) In Maſſauwa bleibt Kaffee, Zuder (in Hüten), Nägel, Zinn, 
Blech, Del, Stride, zufammen für etwa 390,000 Fr. Außerdem etwa 
folgende Bruchtheile der Gejammteinfuhr: 110 Tabad; Y, Teppiche, Mehl, 
Zuder; Y/, Pfeffer, Parfums, Papier; 7/; Branntwein; 1, Manufacturen, 
1/;, Glaswaaren; 1’. Leinwand, Stoffe; 2’, Zint. 

2) Die Beduinen und Anfeba beziehen vom Import in Maſſauwa 
1’, Zabad; 15 Pfeffer; 17, Parfums, Gewürze, 3/, Stoffe; 1/, Glas⸗ 
waaren. Zuſammen für etwa 200,000 Franfen. 

3) Nah Abeſſinien geht ausschlieglih von den obengenannten Waa- 
ren: blaues Seidengam; Baummolle; rothes Yadengarn; Kupfer; Maro- 
quin-Leder; Schießgewehre. Außerdem folgende Bruchtheile des Gefammt- 
imports: 2’, Zuder; !/, Pfeffer; 3, Barfums; 5/, Glaswaaren; 2/5, Lein- 
wand, Stoffe; 7, Manufacturen. 

4) Nah dem innern Sudan (Kaſſala, Gadaref, Metamma) geht: 
1/s Pfeffer; 2/; Parfums; 2/0 Glaswaaren; 1/,, Leinwand, Stoffe; ?;; 
Manufacturen. 

sm Allgemeinen kann man annehmen, dak vom Import 25 Proc. in 
Maſſauwa bleiben, 50 Proc. nah Abelfinien, 10 Proc. zu den Beduinen 
und 15 Proc. nach dem Sudan gehen. 


Erpyort. 
Munzinger ſchlägt den jährlichen Erport etwa folgendermaßen an: 
1) Nah Tichedda werden erportirt: 


Häute für . . 2 2 202020202 400,000 Fr. 
Wachs für - > 2.2.2.2 2022.100,000 „ 
Butter für . . 2 2020202 02020%.140,000 „5 
Modus für . 2 2 2 0202 600,000, 

Berlmutter für. . . . . 30,000 „ 


Alle diefe Artikel, die Butter ausgenommen, gehen nad Europa. 


2) Nach Aden werden erportirt: 


Elfenbein fr . 2 2 2.2.2.2.2.0%250,000 Fr. 
Berlen für . . 2 2 ... . . 100,000, 
Goldftaub für . . .  .....100,000 „, 


Alle diefe Artifel gehen nad) Oftindien. 





Provenienz der erportirten Artikel. 117 


3) Nach Demen wird erportirt: 
Butter für © © > 2 2 2 2022. 800,000 Fr. 


Brovenienz der erportirten Artikel. 
1) Die Dahlak-Inſeln liefern alle Meer-Erzeugnilje, wie Perkmutter, 
Perlen zc. 
2) Samhar (Küftenland) liefert Federn, Senne, Gummi, Ziegenhäute, 
Ochſen, 1/, der Butter, ebenfoviel der Ochſenhäute des Geſammterporis. 
Zufammen für circa 140,000 Franken. 


3) Barka und Anſeba liefern Tamarinden, geflochtene Dlatten, 1; 
Honig, Y’, Häute, %; Butter. Zuſammen für circa 400,000 Franken. 


4) Der Sudan liefert: 


Y, Elfenbein für . . . . 2 .2..2...125,000 Fr. 
1’, Wachs aus Metamma für. . . . 30,000 „ 
1/0 Goldſtaub für . -» 2 2 22.210000 „ 
5) Abeſſinien liefert: 

1%, Elfenbein für . . . 2 2.2.2... 125,000 Fr. 
90 Boldftaub . » © 2 2 2 .2.2.290,000 „ 
3, Honig - » 2 2 22202020. 15,000 „ 
17, Subbäute © > 2 2 2 22... 175,000 „ 
2, Wa . .» 2 2 2020202020. 60,000 „ 
Moihus . > 2 22222. 60,000 „ \ 
Verſchiedene Pflanzen. . . . . .. . 40,000 „ 


Die teten Wirren, welde in Abelfinien berrichen, haben deſſen Export 
auf die obigen unbedeutenden Ziffern reducitt. Die meilten Artikel find 
jegt jehr viel ſchwächer vertreten, al3 in früheren Jahren. inige find 
ſogar beinahe gänzlih aus dem Handel verjchwunden, jo 3. B. der abeſ— 
ſiniſche Kaffee, welcher nach Anficht mancher Stenner jeden Kaffee der 
Melt, ſogar den arabiihen an Güte übertrifft (Abeifinien gilt vielfach für 
die Heimath des Kaffeeſtrauches). Noch vor 20 Jahren, al3 ih nad 
Aegypten kam, trank man dort abefjinifchen Kaffee. Jetzt wird fogar in 
Maſſauwa arabiſcher importirt! in anderer Exportzweig entzieht fich 
jeder Controle, nämlich der von Sklaven, welcher verheimlicht wird. Mun- 
zinger bat es durchgeſetzt, daß jet in Maſſauwa feine Sklaven mehr 
verfauft werden. Dennoch bemweilen die Sklavenmärkte in Dſchedda, 
Mekka zc., die alle mit Abejliniern und Gallas angefült ind, Vak, Teer 


118 &rport. Hafen. Zollamt. 


Erport ftattfindet. Der Hauptmarkt ift jegt Mbereni, ein Ort 3 Stunden 
im Innern von Maſſauwa. Von dort werden bie armen Schwarzen ge 
bunden und aneinandergelettet an einfame SKüftenorte gebracht, wo fie in 
Heinen arabifhen Booten bei ruhiger See eingefhifft werden können. Auch 
Eunuchen fommen unter diefen Sklaven vor. 

Ein einziger Exportzweig Hat in den lebten Fahren zugenommen, 
nämlich Moſchus. 

Der Handel von Kaſſala iſt in Händen der Bewohner von Arkilo, 
derjenige de3 übrigen Sudans wird von den Banianen vermittelt. Der 
Handel von Barka geht über Keren (5 bis 6 Tage von Mafjauma), von 
two die Beni Amr die Weiterbeförderung übernehmen. Bon Barka kommt: 
Honig, Elfenbein, Häute, Butter. Die Karamanen aus dem Ambarifchen 
Habeih kommen nur in einer Jahreszeit, nämlid im September und 
October, an. Die Schoho beziehen Getreide von Maſſauwa. Die Habat, 


Anjeba, Bogos, Menſa verlaufen dort Tamarind und Honig, die Beni 
Amer Palmmatten. Die Küftenftämme verhandeln Gummi, Senne, Straußen 


federn, Elfenbein. 
Hafen von Maſſauwa. 


Ale 14 Tage kommt ein Dampfſchiff der Compagnie Aziziye aus 
Suakin (Dſchedda, Suez), welches nach zwei Tagen zurüdfehrt. Größere 
Segelſchiffe äußert jelten, nur wenn vom Vizefönig beftellt, um Kohlen 
zu liefern. Gemöhnliche Verbindung mit Aden und Dſchedda durch Zuya: 
(Schiffe mit lateinischen Segeln von 20 bis 100 Tonnen). Davon kamen 
im Jahre 1864: aus Dſchedda 68, aus Lohaiya 16, aus Hodaida 11, 
aus Aden 21, aus Suakin 5. 


Einnahmen bes Zollamts. 


1) Für Jmport von Üben, 8 Broc. Steuer . . etwa 160,000 Fr. 
2) Import vom Innern, 8 Proc. Steuer. . -. „40,000 . 
3) Erport nah Aden, 5 Proc. Steuer . . » » „20,000 „ 


4) Erport nad türkiſchen Häfen, 8 Proc. Steuer. „ 42,000 „ 
Summe der Einnahmen etiva 262,000 Fr. 


Der Import von Dſchedda, Suafin, Yemen kommt bereit3 verfteuert an. 


Die Steuer auf den Import vom Innern trifft nur einzelne Artild, 
wie Butter, Honig, Kaffee, von denen man (jehr willlürlih) annimmt, 








Preife für Maarentrandport. Gerichte Maße. 119 


daß fie alle in Maſſauwa verzehrt werden. Alle dnderen Waaren können 
frei nad) Maſſauwa importirt werden, zahlen aber, wenn von dort auäge- 
führt, die Erport-Steuer. Aegypten behandelt nämlich Abeffinien nicht als 
Ausland. 


Preiſe für Waarentransport. 


1) Nah Dſchedda koſtet ein Sad Reis 1/0 Thaler*), ein Pad Stroh- 
matten 1/; Thaler, ein Pad Häute, Wachs, Butter, Perlmutter, Kaffee 
1 Thaler. Andere Waaren von 15i8 11/, Thlr. das Gepäditüd, gleichviel 
ob groß oder Hein. 

2) Nah Hodaida koftet ein Sad Reis !/,, Thle., ein großer Krug 
Butter !/, Thlr., ein $torb Durra 1/, Thlr., andere Waaren 1/,bis !/, Thlr. 

3) nad) Aden: wie na Dichedda. 

4) Nah Sualin: ein Bad Tuh, Zeuge, Stoffe 1 Thlr. andere 
Waaren °/, big ?/, Thlr. 


Gewidte. 


Gemöhnliches Gewicht: Rotl (Pfund) miegt 17 Maria - Therefien- 
Thaler. Der Maria-Therefien-Thaler wird jo zur Pfundeintheilung, gleich- 
ſam zum Doppelloth, der Unze, nur daß 17 ftatt 16 auf ein Pfund 
gehen. Ä 


Die Okka beträgt . - : . 2 20. 2°/, Rotl. 

Der Santar beträgt . - - » -» »..10 , 

Der Cantar-Cadafbeträgt . . . . . 125 „ 

Die Farasla bettädtt . » 2... 20 ’ 

Die Mine betr . - 2. 2... 3 „ 

Der Bahan beträgt -. . - > =. ..360 „ 
Maße. 


I. Zängenmaße ; von diejen giebt e3 drei: 
1) das gewöhnliche Dra oder 50 Gentimeter, 
2) da3 fogenannte Eifen-Dra oder 55 Centimeter, 
3) die Middet glei 11 Dra. 


*) Hier find innmer Maria » Therefien- Thaler, uriprünglih a 2 Fl. 24 Xr., jetzt 
aber a 2 Fl. 34 Xr. rheiniih oder 1 Thlr. 8%, Sgr. gerehnet. Der Curs diejer 
Thaler ift nämlich hier etwa 10 Xr. rheiniſch, 2%, Sgr., höher, ala ihr Münzwerth. 


120 Maße. Münzforten. 


II. Slüffigfeitsmaße : 
Die Koba glei 2 Flaſchen von etwa 3/, Liter. 
Acht Koba find eine Meihann.. 
Eine Koba Butter muß 23/, Rotl wiegen. 


III. Getreidemaße: 
Die Rubit gleich ı/, türkische Kele. 
110 Rubit gleich ein ägypt. Ardeb. 
120 Rubit find eine Quffa oder Zambil, 
4 Zambil bilden ein Hamal. 
Der Hamal ift die einheimishe Tonne. 


Münze. 


Diefe ift die ägyptiſche, welche bekanntlich drei Währungen von Piafter 
bat, nämlich Tarif, Current -Silber und Current- Bronze, arabiſch Säch, 
Scherüf und Chorda. ALS ich Aegypten (1871) verließ, ftanden dieje drei 
Währungen in folgendem Verhältniß zu einander : 


Current⸗ 

Tarif. Silber. Bronze. 
Fünf Franken galten.... 191(Piaſter) 381/, 44 
Ein Maria-Therefien-Thaler galt 201, ’ 42 50 
Ein Napoleon galt. . . 2.7760 „ 15412/,, 175 
Ein Pfund Sterling in God . 97% „ 195 220 
Ein ägyptifches Pfund . . . . 100 „ 200 230 
Ein türkiſches Pfund . . . . 87% , 1751, 195? 


In Maſſauwa kommt Tarif bei Poft, Telegraph, Mauth und Dampf- 
Ihiffen vor. Current-Silber ift faft unbekannt. 


Bronze ift die allgemeine Kleine Münze. In diefer Währung, wie 
überhaupt, haben hier jedoch nur Silberthaler Curs. Gold kommt nit 
bor und nur bei öffentlichen Kaſſen nimmt man von Amtswegen die 
ägpptifchen Pfunde. Der Maria» Therefien- Thaler, der zur Zeit etwas 
niedriger al3 in Aegypten, nämlich nur 471,, Piafter Bronze, ftatt 50, 
wie in Cairo, fand, ift die allgemeine Silbermünze. In diefen Thale 
lafjen fich die Kaufleute ihr Geld, Beamte, wenn fie fönnen, ihren Gehalt 
fommen. Im Innern geht nichts anderes. Das ägpptifche Bronze: Geld 


Maria-Therefien-Thaler. 121 


uud ſchon zwei Stunden von Maflauwa nicht mehr genommen. Wit 
a Maria = Therefien Thalern muß man fih in Acht nehmen. Es giebt 
& dem abeſſiniſchen Feldzug viele nicht vollwidhtige darunter. Die Ein- 
"Wiihen nehmen als Kriterium die Perlen der Krone. Wenn diefe 
ht die volle Zahl, wie auf den alten, haben, werden die Thaler für 
Ich erklärt. 


Oſtafrikaniſche Küſte. 


Fünfzehntes Capitel. 
Abeſſiniſches in Maſſauwa. 


Zuſtände in Habeſch nach Theodors Fall. — Theodors Größe und Bedeutung. — 
Sein Wahnfinn. — Die jetzigen Machthaber. — Ihre Ohnmacht und Zerſplitierung. 
— Aba Kaifi. — Mädchenraub. — Ein „Rebell“ in Habeſch. — Mekonen von 
Hamaſien. — Gefangene Fürſten. — Ein abeſſiniſcher Geſandter. — Mißbrauch der 
Gaſtfreundſchaft. — Trunkſucht der Abeſſinier. — Der Tädſch (Honigbier) und feine 
Bereitung. — Abeſſiniſche Frauen. — Ihre Vorzüge. — Che zwiſchen Deutſchen und 
Abeſſiniern. — Der intentionelle Mörder Munzingers. — Seine Mitſchuldigen. — 
Seine Freilaſſung. — Ein Verbrecher als Philoſoph. — Nothwendigkeit der Bewafl. 
nung in Habeſch. — Unſicherheit des Landes. — Ein Franzoſe am Hofe Kafſa's. — 
Schimper. — Die Griechen in Adua. — 


Ein Paar Ausflüge in der Umgegend von Maſſauwa nach Orten, 
die Andere beſchrieben haben, halte ich kaum für werth, hier geſchildert zu 
werden. Lieber will ich des Intereſſanteſten erwähnen, was Maſſauwa, 
meiner Anſicht nach, jedem Freund der Völkerbeſchreibung bietet, nämlich 
die vielen Berührungen mit abeſſiniſchem Leben und Treiben, die, da ſie 
meist mit den neueſten Zeitverhältniſſen zuſammenhängen, nicht „abgedro- 
chen“ fein können. 


Ich ſetze die Kenntniß der abejjinischen Völker voraus. Weniger kann 
ich dies von ihrer Sruppirung feit Theodor Fall. Diejer für Abeſſinien 
„große” Mann hatte die alte Reichgeinheit wiederhergeftellt, eine neue Aera 
eröffnet und verſucht, Habeſch in die Reihen der Gulturftaaten einzuführen. 


Kaiſer Theodor’ Höhe und Sturz. 123 


BE war anders beflimmt. Theodors Kampf und Ende erinnert mi an 
Se ſpaniſches Stiergefeht. Wie dort der Stier erſt Durch die Chulos 
gemedt, die Piccadores geftochen, die Banderilleros gereizt und durch Alle 
mediithend gemacht wird, che der Espada ihm den Todesſtoß verjeßt, jo 
beityidte auch Europa feine Conſuln, Miffionäre, Kaufleute, Abenteurer aus, 
weuzı den Löniglihen Stier zu neden, zu quälen, zu beſchimpfen, zu ärgern, 
BE er endlich in Wahnfinn geriet.‘ Dann kam der Hauptverfolger, Eng- 
Eaamd, und machte ihm den Garaus. Mancher andere wäre bei jolcher 
Sechandlung auch verrüdt geworden. ine Tages kommt ein Europäer, 
tre voller Uniform, aber zugleich aud im Raufch, zu ihm, nennt ihn einen 
lurty nigger (ſchmutzigen Neger) und verlangt ſchließlich noch zehntaufend 
haler von ihm. Ein andermal hört er, man habe ein Buch über ihn 
wefärieben, läßt fih daraus überjeßen und findet, daß ein von ihm ftet3 
gut behandelter Europäer die Geheimniffe feines Stammbaums verdffent- 
Vicht Hat, die größte Beleidigung für ihn, denn dieſer ift eben nicht ſehr 
Dornehm und er kennt nicht den Demokratenſtolz, „Sohn feiner eigenen 
Bere” zu fein, fondern feine Politik will, daß man ihn für den Entel 
Solomons Halte. Das find nur zwei Beifpiele unter Hunderten. Daneben 
Be teligiöfen Nergeleien, da3 Verdammen der Faſten und anderer von ihm 
Hochgeachteter Glaubensartikel durch die Miffionäre. Diefe ewigen dogma⸗ 
tiſchen Streitigkeiten haben vielleicht neben der rüdficht3lofen Behandlung 
Bon Seiten europäiicher Regierungen am meiften dazu beigetragen, Theodor, 
Der ein tiefreligiöfesg Gemüth Hatte, verrüct zu machen. Er war feiner 
_ bon. jenen fervilen Yürften, die vor Europa’ Macht kriechen, ſondern er 
wollte als Gleicher mit Gleichen unterhandeln. Er Hatte übrigens hohe 
Meinung von Europäern, glaubte an fie, und diefe enttäufchten und belei= 
digten ihn, indem fie ihn ganz wie einen menſchenfreſſ enden Negerfürſten 
behandelten. Von ihm konnte man ſagen: 
What a noble mind is here o’erthrown. 

Wie groß die Kraft feines Geiftes, wurde erft nad) feinem Sturz recht 
deutlich. Abeſſinien fiel der Anardie anheim, aus der nur er vermodt 
batte, es herauszureißen. In diefem Lande findet fi) jet feiner, der auch 

. mr einen Funken von Theodors Geift hätte. Was ift Gobafye von 

aber, der ſich durch den viel ſchwächeren Kaſſa von Tigré fangen läßt, 

> wa# iſt Lebterer, der kurz vorher noch vor Gobaſye zitterte? Was 

nelet von Schon, der als Theodors Gefangener den unterthänigen 
Iielte, und mas bie alte Meftiate, die Sollafüntin! Wie Y 





Abeſſiniſche Große ald Gefangene. Ein Gefandter. 125 


Anhang hatte und die Provinz feines Vater mit Gewalt behielt. Ob: 
gleich Hamaſien in Tigré Tiegt, jo mählte er doch den ſehr entfernten 
Gobafye zu feinem Lehnsheren. Als ih in Maſſauwa mar, trafen grade 
feine Geſchenke an die dortigen Autoritäten, meift Kühe, ein. Es ift 
nämlich üblich, beim Regierungsantritt die Oberhäupter der Nachbarländer 
zu beichenten. 

Bei alledem blieb Mekonens Vater Gefangener Kaſſa's. Gelegentlich 
Gefangener zu fein, gehört fo zu fagen zum Lebenslauf eines Dädſchadſch. 
Es haben fich fogar beftimmte Gebräuche in Berbindnng mit dieſem Zu⸗ 
ftand gebildet. Wird ein VBornehmer auß dem Gefängnik befreit, ſo muß er 
pomphaft auftreten. Nurdann gelangt er wieder zu Anjehen und Anhang; 
fonft geht er unter. Zu ſolchem Auftreten gehört eine prächtige Kleidung. 
Herr Hafjen befam, während ich ihn befuchte, einen Brief von einem noch 
gefangenen Dädſchadſch, der um einen goldgeftidten Burnus (in Habeſch 
Mantel der Bornehmen) bat, um ihn bei feiner Entlaffung aus bem 
Kerker zu tragen. Ohne diefen hätte er „Ichlechte Figur“ gemacht. 

Auch ein abefjinifcher Gefandter fand ſich öfter bei uns ein, natürlich). 
ein „Allaka“. Dies Wort kann Minifter, Staatsjecretär u. |. w. bedeuten, 
aber auch ein leerer Titel, wie etwa unſer „Geheimerath“ fein. Er war 
nebenbei „Papas“ (Priefter), auch wie ein koptiſcher Geiftlicher gekleidet, 
aber nicht von fehr geiftlihen Manieren. Ohne Raufch verging felten ein 
Tag bei ihm. Seine Geſandtſchaft Hatte zwar ein Ende, aber an die Heim- 
fehr zu Gobafye, feinem Fürften, war einftweilen nicht zu denen, da Kaſſa 
ihn nicht durch Tigre gelaffen Hätte. Auf dem Wege von Suakin nad) 
Metamma hätte er freilich ungehindert reifen können. Jedoch diejer ſchlaue 
Diplomat hatte grade den einzigen Heimweg gewählt, der eben verftellt 
war, den über Maſſauwa, und zwar wahrſcheinlich, weil ihm der Auf- 
enthalt gefiel und nichts Koftete, denn er und fein Troß von 10 Mann 
febten auf ägyptiſche Staatsfoften. Der Gouverneur von Maflauma 
Hagte mir zwar über die Unbefcheidenheit des Gefandten, fi) jo lange 
füttern zu laffen, aber er meinte zugleich, das könne noch ein Jahr jo 
fortdauern, ohne offiziell beanftandet zu werden. 

Für den Allaka mar das Leben in Maſſauwa alfo eitel Gewinn. 
Ein abeſſiniſcher Geſandter befommt weder Gehalt, noch Diäten, jondern 
ift auf Gaftfreundfchaft angewieſen. Findet er nun einefoldhe, wie die des 
Sthedive, fo ift daS gegen die Wermlichkeit, der er zu Haufe entgegengeht, 
üppige Wobhlleben. 


Abeſſiniſche rauen. 127 


BR: Herr Haflen war ganz auf abeſſiniſche Weiſe eingerichtet. Die Küche 
J * gepfeffert. Er Hatte ſich aber daran gewöhnt; mir war fie anfangs 
enießbar. Fleiſchſpeiſen bilden faft die einzige Kofl. Er fowohl wie 
mzinger und noch ein anderer hiefiger Europäer, waren mit Abeffinierinnen 
Icheirathet. Diele Yrauen find dem Europäer flets ſympathiſch, von janften 
— Sitten, vielem natürlichem und beſcheidenem Anſtand. Der 
ut ihrer großen Schönheit ſcheint mir nicht gerechtfertigt, ebenſowenig 

ich entichieden Häßliche ſah. Der Reiz liegt mehr in ihrem ganzen 
Iefen; das ſich fo gut zum europäifchen findet. Dies gilt übrigens mehr 
Kite den amhariſchen, als den Zigre-frauen. Herrn Hafens Frau mar 
di wechſelvoll find hier die Schidjale) die Tochter Ubié's, der einft den 
Veeſten- ja den Königstitel geführt hatte. Seit ihres Vaters Fall war 
Me verfolgt, verjagt, mit ihrer Mutter nad) Maflauma gelommen. Sie 
mer nicht mehr jehr jung, hatte aber etwas fehr Gewinnendes in ihrem 
Allen beicheibenen Weſen. 

Wie groß die Anziehungskraft abeifinifcher Frauen, beweift unter Anderm 
ber Umftand, daß ein junger Engländer, einft Theodor’3 Gefangener, jebt 
Arxeiwillig zu feiner ſchwarzen Frau nad Amhar zurüdgelehrt if. Man 
Wat viel von ihrem loderen Leben gejprohen. Daß folhes oft geführt 
‚wird, iſt unzweifelhaft, aber lediglich Schuld derjenigen Männer, welche 
Wie rauen nur als Unterhaltung anſehen. Behandelt der Mann fie 

weicht als Spielball der Luft, fondern ala Ehefrau, fo wird die Abejlinierin 
Fich diefer Stellung ftet3 würdig zeigen. Sie beſitzt durchaus natürlichen 
Zact und Ehrgefühl. 

Die Ehen zwiſchen Deutſchen und Abeſſinierinnen find oft glüdlich 
und finderrid. Schimper in Adua hat eine blühende Familie von großen 
und Heinen Kindern, bis zu dem jüngften Zwillinggpaar, das ihm in 
feinem (glaube ich) 75. Lebensjahre geboren wurde. Auch der veritorbene 
Zander hinterließ eine Nachkommenſchaft, die jet in Maſſauwa lebt. Yrau 
Zander war eine noch jehr jung ausfehende Schwarze, obgleich fie ſchon 
eine verheirathete Tochter hatte. Letztere ſah merkwürdig aus. Ihre 
Haut war ziwar immer noch dunkel genug, ihr Haar aber fchlicht, ein 
unfehlbores Zeichen europäifchen Blut. Dabei war fie jo außerordentlid 
zobufl, framm und für ihre Jugend mohlbeleibt, wie ich es nie bei einer 
echten Abeſſinierin ſah. Ihr ſchwarzer Mann warein Schatten neben ihr. Sie 
qali Für eine Schönheit, wohl mehr nach türkifchem Geſchmack. Der kleine 
Jauber, ber grade Maſſauwa verließ, um mit der im vom rung vun 

















Das Attentat auf Munzinger und feine Folgen. 129 


zu zweifeln. Er hatte gerade vorher in Maſſauwa Pulver und Blei kaufen 
laſſen, mit Johannes conferirt und war dann nad Barka ins Innere ge- 
reift, um für feine Berfon ein Alıbi zu haben. Als er vom Miplingen 
erfuhr, wagte er nicht nach Seren zurüdzufehren, fondern hielt fi in 
Schotell. Von dort ſchrieb er an Munzinger, er möge nicht an feine 
Schuld glauben. Und er war noch gar nicht angellagt. Emmnetu und 
Sohannes murden von Kaſſa ausgeliefert, blieben erft im ägpptifchen, dann 
im confularifhen Gewahrfam. Emmnetu flarb im Gefängniß. Johannes 
lebte noch, war aber frank und befand fih, als ih nah Maſſauwa kam, 
in Munzinger’3 Erdgeſchoß ganz unbeläftigt, ohne Ketten, von dem gefüt- 
tert, deilen Tod er beabfichtigt hatte. Munzinger war geneigt, ihn frei- 
zulaſſen. Rachegefühle waren ihm fern, und Johannes fchien mehr Werf- 
zeug als Urheber. Da traf zum Ueberfluß noch ein ſeltſamer Bejcheid der 
franzöfiichen Regierung ein. Man legte an abeſſiniſche Berhältnifie den 
europäiſchen Mapftab an und verwies Johannes an das Tribunal feines 
eigenen Landesherrn, d. h. Kaſſa's. Nach Tigre follte er alſo ausgeliefert 
werden, wo er natürlich taufend Gelegenheiten zu entfchlüpfen Hatte. Diejer 
Spruch Hang wie Ironie. Munzinger entließ ihn übrigens ſogleich, auf 
die Auälieferung verzichtend, die doch nur illuſoriſch geweſen wäre. Der 
elende Menſch mollte aber gar nicht fort. Er konnte, vom Scorbut zer- 
freffen, nicht gehen, und hatte es im Gefängniß befler, als in der Freiheit, 
beſonders da er mittello8 war, denn die 30 Thaler, die man ihm für die 
Blutthat verfprocdhen, Hatte er nie befommen. 

Diejer Böſewicht war ein ganz umgänglicher und gar nicht ungebil- 
deter Menſch. Er kannte die amhariſche Schriftſprache und vermochte über 
die beiden Tigre » Dialefte gute Auskunft zu geben. Er philofophirte 
manchmal über fein Berbreden. Er unterfchied fein zwifchen den Motiven 
des Mords. Ein Mord aus Rache oder Haß ſchien ihm ein großes Ber- - 
bredhen. Seine That dagegen behandelte er als ein Geſchäft. Er hatte 
für den Schuß contractirt und mußte ihn leiften. Ein guter Gejchäfts- 
mann erfüllt feine Verbindlichkeiten. Hätte er’3 nicht übernommen, fo 
hätte man den Berdienft einem Andern zugemendet, und er, als Schwager, 
hatte doch die nächften Anſprüche. Sich ſelbſt hielt er nur für ein „Opfer 
der Berhältnifle”. 

Es ift intereffant, von einem Manne, der dem Tod fo nah ins An⸗ 
gefiht Jah, die Eindrüde zu hören, die er dabei Hatte. Munzinger fagte 
mir, er babe anfangs gar nicht3 gefühlt, und doc hatte ex vrei Vuunuen 

v. Malyan, Beife nah Eüdarablen. J 





Europäer in Abeſſinien. Griechen. 131 


Ich lernte in Maſſauwa einen Franzofen kennen, der in Adua ſeßhaft 
war. Er war ein jehr gejchidter Büchſenmacher und als foldhen hatte ihn 
Kafla kommen laſſen, ihm goldne Berge verſprochen, zahlte ihn aber nicht. 
Außer ihm leben von Europäern dort noch Schimper, zwei deutfche Miffio- 
näre (flille Leute, die fih mehr auf das Verbreiten von Schriften befchrän- 
fen) und ein engliſcher „Oberft“, den Kaſſa in feinen Dienft genommen 
bat. Diejer war in England nur Unteroffizier geweſen, hatte aber ſpäter 
im chineſiſchen Dienfte höhere Chargen erlangt und führte jebt in Adua 
ein ſehr langweilige Leben. Auch er wurde nicht bezahlt, jondern nur 
mit Tädſch und Victualien abgefunden. Kaſſa gewann aber durch das 
bloße Gerücht, daß ein englifcher „Oberft“ bei ihm fei, an Präftigium. 


Er ift übrigen? durchaus nicht im Auftrag der englifchen Regierung 
dort; dieſe warnt vielmehr alle ihre Unterthanen, nach Abeifinien zu gehen 
und erklärt ihnen, fie müßten dort ganz auf ihren Schub verzichten. Sie 
will fein zweites Magdala mehr. 


Bon Schimper’3 Leben machte der Yranzofe eine interefjante Bejchrei- 
bung. Obgleich er aus Europa faft nichts bezieht, fo ift er dennoch ganz 
europäiſch eingerichtet, da er es verfteht, fich die meiften Utenfilien und 
Möbel felbft zu machen. Trotz feines hohen Alter arbeitet er den 
ganzen Tag und vermweift alle Bejuche auf den Abend. Dann foll er aber 
defto unterhaltender fein. Zu Kaſſa hat er faft keine Beziehungen. Er 
bat ſchon vor vielen Jahren die Kartoffelcultur im Lande eingeführt, und 
die dankbaren Bauern bringen ihm alljährlich viele Säde davon, in dem 
gemüfelofen Lande keine geringe Annehmlichkeit. Bor Kurzem hatte ihm 
Jemand einen ſchlimmen Streich gefpielt, nämlich eine Glocke, die Schimper 
für fein Geld in Europa beftellt Hatte, in Empfang genommen und an 
Kafſa geſchenkt. Das war allerdings auch Schimper’3 Abſicht geweſen. 
Aber nun machte ſich ein Anderer mit ſeinem Geſchenk Freunde. 


Die große Klage war über die Griechen. Dieſe haben Adua ſchon 
ganz unſicher gemacht. Früher hörte man dort ſelten von Diebſtählen, jetzt 
ſind ſie das tägliche Brod. Dieſe Leute ſchaden auch dem Handel ſehr. 
Kaſſa geſtattet nämlich Eurbpäern zollfreie Einfuhr. Nun laſſen ſich die 
Griechen für Geld herbei, Waaren der Einheimiſchen am Zollhaus für 
die ihren auszugeben. Kaſſa verliert dadurch viel und das Ende wird 
ſein, daß er jene Steuerfreiheit aufhebt und alle Europäer darunter leiden. 
Jetzt hat Allaka Buru, Kaſſa's Geſandter, aus Aegypten noch eine weue 

g* 


132 Gin Eunuche. Theodor und der Abtına. 


Ladung Griehen (man ſpricht von Hundert) mitgebracht. Gott weiß 
welche Zuftände dieje herbeiführen werden! Dieſe Leute fommen alle in der 
Meinung her, Abeffinien fei ein reiches Land. Baar Geld ift indeß entjek 
ih rar. Sie haben freilich keine Scrupel es ſich auch widerrechtlich zu 
verichaffen. Uber trotzdem ift noch feiner dort rei) geworden. Es if 
eben nicht3 zu holen. 

Eine andere abefjinifche Bekanntſchaft war die eines Eunuchen, der 
früher Sklave des Abuna Saläma, des abeſſiniſchen Biſchofs, geweſen 
war. Er bot eine eigenthümliche Erſcheinung. Die Natur Hatte ihn 
offenbar zu einem der größten und kräftigften Männer beftimmt. Sem 
Knochenbau war koloſſal. Aber auf diefem riefigen Körper ſaß ein Finder: 
gefiht. Das Eunuchenthum giebt nämlich, jo lange der Menſch noch jung 
it, ein faft Inabenhaftes Ausfehen. Weibiſch war er gar nicht, wie fon 
viele Eunuchen. Bon feinem verftorhenen Herrn ſprach er mit großet 
Verehrung. Dann fagte er nie Abuna (unfer Vater), fondern Abim 
(mein Vater), was einen ganz andern Sinn giebt. Das erfte ift Titel 
das zweite findlicher Gefühlsausdrud. Er hatte Theodor’3 letzte Wahnſim⸗ 
periode an defien Hofe erlebt und erzählte mir Schauderhaftes von den 
Verftümmelungen, Hinrichtungen, welche diefer unglüdlide Fürft in femme 
Tobſucht (man kann es kaum anderd nennen) befahl. Am tiefften abe 
hatte fich feinem Gemüth eine andere Scene eingeprägt. Er war nümlid 
Zeuge, wie Theodor den Abuͤna zu Boden marf und auf ihm Herumtre 
Dies nahm er ihm am meiften übel. Uebrigens fprach er fonft nid 
ſchlecht von Theodor. Ueberhaupt Habe ich feinen Abeſſinier gefunden, da 
dies that. Seine Graufamleiten waren Thatſachen, die Niemand leugnek, 
jedoch man fchrieb fie dem Wahnfinn zu. Sonft aber waren Alle ohr 
Ausnahme feines Lobes voll. Auch Engländer, einft ſeine Öefangenen, hört 
ih jagen, es ei nicht zu leugnen, daß Theodor für fein Land „ein grofe 
Mann“ getvefen jei. 





Rothes und Axabiſches Meer. 


Sechszehntes Capitel. 
Segelfahrt von Maſſauwa nad Aden. 


Englisches Segelſchiff. — Koblenverfäwendung. — Der Eapitän des „Weſtward Ho’. — 
Der Dragoman. — Ein Handelögenie. — Ueberfiuß an Schiffsjungen. — Engliſche 
Matrofen. — Die Officiere.e — Contraſt der verjchiedenen Schiffstheile. — Ber 
Pilot. — Seine ſchwindelhafte Nautit. — Der Lehrling des Lootſen. — Paffionen 
eines arabijhen Seemannes. — Berhältnifie des Pilotenthums. — Der Ardipel von 
Dahlat. — Windverhältniffe. — Die Inſel Zugur. — Rreuzfahrten. — Das Um: 
ſchlagen des Monſuns. — Kurze Kreuzungen. — Sheh Said. — Ein Monfun- 


hafen. — Inſel Berim. — Bäb el Mandeb. — Windftille. — Ras "Ara. — Gebel 
Da’d.— Die „Ejelsohren”. — Einfahrt in den Bufen von Aden. — Der oftindifche 
Pilot. — Beſuche. — Barfl. — Banianen. — Die kleinen Geſchäfte des Capitäns. 


Der „Weltward Ho” mar ein ſchönes großes englisches Segelichiff 
von 600 Regiltertonnen, konnte aber über 1000 tragen. Er war in 
Folge einer ungeſchickten Verwaltungsmaßregel der „Compagnie Aziziye“, 
die belanntlih nur aus dem Khedive befteht, nad) Maſſauwa gekommen. 
Man hatte nämlich Kohlen für das Hielige Depot beftellt, ohne zu fragen, 
ob e3 nicht ſchon zu viele habe. Der „Weitward Ho“ führte ihm nun fo 
- viele zu, daß bei der jchlechten Beichaffenheit des Verwahrungsorts min- 
deſtens einem Drittel ficherer Schaden prophezeit werden konnte. Doc 
da3 kümmerte weder die ägyptifche Regierung, die gewohnt ift, ihr Geld 
zum Fenſter hinauszumerfen, noch natürlich den „Weftward Ho”, der nur 
einen Auftrag erledigte. 

Da an Rückfracht in Mafjauma nicht zu denten, \o any Vor SHN 


134 Unterkommen auf einem englifhen Segelichiffe. 


im Ballafi nad Oftindien, fie dort zu holen. Ih fand alſo eine Gele 
genheit nach Aden zu kommen, ficher, wenn aud) langfam, denn der Wind 
dahin ift im Winter ftetS conträr. Aber bald wäre fie mir entſchlüpft. 
Der Capitän mollte nämlich gar nicht recht daran. Es war eine ädte 
Theerjade, die Pafjagiere bekanntlich nicht liebt. Schließlich meinte er, 
wenn er doch einmal jo ein Landgewächs mitnehmen folle, jo müſſe aud 
etwas dabei herausſchauen. Er verlangte alſo etwa das Dreifache eines Dampf 
ſchifftarifs. Munzinger war jo gütig, mit ihm zu handeln, und fo ging 
er endlich von feinen 20 Pfund auf 16 mit, und 10 ohne Soft herab. 
Ih zog lesteres vor, da Abdulmedſchid kochte, der Proviant, Hauptjädhlid 
aus lebenden Thieren, d.h. Lammern und Geflügel beftehend, in Maffauma 
billig war und ich nicht auf Salzfleifch angemwiejen fein wollte. — Die 
Koſt auf ſolchen Segelſchiffen ift uneßbar. Lieber arabifches Brod um 
Datteln, als diefes ewige „Gſellige“. Dazu der Schiffszwiebad mit dem 
omindfen Beigefhmad und dem „muffigen“ Gerud). 

Ich bemohnte während der 20 Tage diefer langjamen Fahrt m 
ſchöne große Cajüte, zufammen mit einem Malteſer Jüngling, der ing 
etwas, aber nichts Nüsgliches auf dem Schiffe mar. Man nannte if 
Dragoman. Dies Amt konnte er natürlich nur in Hafenorten vermalten 
denn auf dem Schiffe ſprach Alles eine und diejelbe Sprade. Er mar eir 
Handelägenie, hatte in Maſſauwa eine Unzahl unbequemer Waffen gefauft, die 
ftet8 umher rofften, mein Leben gefährdend; außerdem auch noch eine An: 
henne, die er einmal fpäter in Aegypten theuer zu verkaufen Hoffe, M 
dort nur das künſtliche Brutſyſtem befannt if. Ihre 20 Küchlein wurde 
natürlih Schon in der erſten Nacht von den Ratten gefreſſen. Denn Wut 
ten bat jedes Segelſchiff. Das Umherrollen war überhaupt unfere einzig 
Unterhaltung. In unferer Gajüte war nämlich nichts nagelfeſt. Alk 
rollte, Betten, Tiſche, Stühle, Koffer, jogar ein fürchterlich großes Rum 
ſaß. Dies drohte mir oft den Garaus zu machen. Je ftürmifcher dr 
Nacht, deito öfter rollte e& auf mich, oder ich fammt meinem Bett rollt 
zu ihm und e3 fiel dann über mid). 

Ih befam Hier einen ganz eigenen Blid in die Perjonalverhältnit 
auf modernen englifchen Seglern. Ich mar anfangs fehr erflaunt, dur 
das Berfonal vorwiegend aus „Boys“ (Schiffejungen) beftand. Dear Ca— 
pitän erklärte mir dies. 

„Unfere Yirma,” fagte er, ‚if jehr für die „Boys“, ich aber gut 
nicht. Sie willen nichts, tennen Whk Vie Nomen der Taue, man mi 





Die Bemannung eined engliſchen Kauffahrers. 135 


fie jedesmal inſtruiren, jo oft das Schiff „umgedreht“ wird. Aber für 
die Yirma ift es ein gutes Geſchäft. Die Matrofen verlangen Gehalt, 
die „Boys“ aber zahlen no. Ich Habe neun Stüd hier, die jeder 60 
Pfund Sterling Lehrgeld zahlen; ein zehnter fogar, der als erfter Claß⸗ 
paflagier behandelt wird und am Capitänstiih ißt, Bat 140 Pfund 
gezahlt.“ 

sch erinnerte den Capitän an die Parlamentsacte, wonach jeder See⸗ 
mann, felbft der Cajütenjunge Gehalt befommen muß. 

„D was das betrifft,” jagte der Capitän, „jo find mir bolllommen 
in der Regel. Jeder von unferen zehn Boys bekommt feinen Schilling 
(10 Sgr.) monatlid).” 

Diefen „Boys“ ſah man allerdings nicht an, daß fie mohlhabender 
Leute Kinder waren. Nichts ift fchauderhafter, al3 die Alltagserſcheinung 
eines SKauffahrermatrofen und die der „Boys“ war nicht beſſer. Aber 
jeder befaß für Feſtanläſſe eine Uniform, worin er wie ein Seecadett in 
Gala erſchien, die indeß nur in den feltenen Fällen hervorkam, wenn der 
Capitän einen Ausgang geitattete, was er ſehr ungern that. Meift fam 
dann die ganze Gefellihaft, jelbft die zmölfjährigen Jungen, elend krank 
bon Branntwein und anderen Genüffen auf3 Schiff zurüd und mar einige 
Tage nicht zu brauchen. 

Noch ärger waren freilich) die erwachſenen Matrofen, deren wir jedoch 
außer dem Zimmermann nur fünf hatten. Von der ſprichwörtlichen eng= 
liſchen Nettigkeit, Reinlichkeit, Yeinheit, ja oft jelbft von der Moralität 
(mande Matrojen „annectiren” gern) muß man bei gemeinen Seeleuten 
ganz abjehen. | 

Ein intereffantes Exemplar war der „Doctor“, jo nennt man den 
Koch auf englifhen Schiffen. Er verftand fih gut auf Rumpuddinge, 
nod) beijer auf den Rum jelbf. Am Rumfaß, das „meine Träume be= 
Ihüßte”, hatte er ganz unten ein geheime Ertra-Spundlod) angebradtt, 
an dem ich ihn oft in nächtlicher Stille, wenn ih aus dem Schlaf er- 
wachte, faugend fand. ch verrieth ihn natürlich nicht, freute mich ſogar, 
daß das Ungeheuer von Rumfaß leichter wurde. 

Die Officiere hatten diefelben Stufen durchgemacht, ſich aber in jeder 
Beziehung emporgearbeitet, und fogar eine gewiſſe Bildung errungen. 
Der Gapitän, der, wie er mir felbft jagte, feine Garriere als Küchen- und 
Cajütenjunge begonnen, jebte mi manchmal durch feine Belefenheit in 
Erflaunen, die fi nicht auf die Senfationdromane des Lok vAhKINEE. 


136 Der arabifche pilot. 


Es waren Leute, mit denen ſich's gut verlehrte, immer zum Spaß age 
legt. Namentlich der Malieſer mußte oft als Jielſcheibe ihres Eden 
dienen. 

Wie das Perfonal, fo boten aud die Schiffätheile ihren Gosuf 
dar. Des Gapitäns und unfere Seite mar reinlich und net gehalten, ie 
Reft ein Schweinſtall im buchſtäblichen Sinne, denn der Gapitän eyog hie. 
eine Heine Heerde, die er als Epanferkel von England mitgenonmmee hei 
und die bei den Küchenabfällen jehr gebieh, aber natürlich den Säfte 
dertheil unbewohnbar machte. 

Eine wichtige Perfon war der Pilot, ein Araber aus Didedda, de 
aber, tie es fi auf der Fahrt Herausftellte, die Küſten weniger funk, 
als den Mittelweg von Aden nad) Suez. Seinen Mangel an Kemiı 
erfeßte er durch Angft. Gefahr litt man nicht mit ihm, denn er jah übel 
Klippen, auch wo feine waren, und warnte vor ihnen. Um fid) eine Am 
nermiene zu geben, flieg er oft auf den Maſtbaum und verkündee ei 
Untiefe oder Klippe, die er zu fehen vorgab. Anfangs biß der Gopitär 
auf diefen Zopf an. Aber der Pilot verrieth fi, indem er dod cin Bi 
Ken zu did auftrug. Einmal behauptete er nämlich, vier Meilen vor ud 
eine Infel zu jehen, fagte aud) ihren Namen. Als man die Karte beitugk, 
fand ſich, daß diefer Name einer Eandbant, die allerdings hier vorhanden 
mar, gehörte, die aber fünf Faden unter Waſſer lag! Und dieje hatte 
der Pilot „von fern geſehen!“ Seitdem war's mit feiner Autorität vorbei 

Der Gapitän unterließ deshalb Hinfort das nächtliche Antern, wo 


Pilotenthum im Rothen Meer. 137 


Eigenthümlich waren die Familienverhältniſſe des Piloten, die er oft 
Stolz auseinanderſetzte. Er hatte an drei verjchiedenen Orten Harems, 
ichts von einander wußten. Die Zahl jeiner rauen übertraf weit 
er. Doch da3 war nur für die Bauptitationen. In Nebenhäfen, 
Suakin, Maſſauwa, beſaß er nur „Geliebte“, von denen er mit Ent- 
ſprach. Ecine Einnahmen, obgleih ſehr Hoch für einen Araber, 
item nicht bei dieſem Weiberreichthum. In jedem Hafen erwartete 
nr Heer von Gläubigern, fo daß er zwar froh war, anzufommen, um 
Frauen zu fehen, aber mit Freuden ſich bald wieder verdang, um 
Släubigern zu entfliehen. Viefe ließen ihn nie fort, one fein Lootſen— 
das im Voraus gezahlt wird, empfangen zu haben. So war er ftets 
Geld, aber doch ſtets guter Laune. 

Das Pilotenthum ift Hier einträglih. Die Poftdampfer haben meift 
en im Monatlohn zu acht bis zwölf Pfund Sterling. Beſſere Ge— 
e machen jedoch die Yootjen, die ſich nur für eine Reife verdingen. 
: Bilot befam 25 Pfund Sterling für die Fahrt von Sucz nad 
. Bis jebt fand man fat nur Araber für diefen Tienft. In neuejter 
aber Haben auch Engländer ſich damit befaßt. Ich kannte einen, der 
den Suez und Aden fuhr, aber ftets nur „Für die Tour“, nicht auf 
shn, und auf feine 20 Pfund Sterling per Monat bei guter Verpfle— 
itechnen fonnte. Cr kannte das Rothe Meer ungleich beijer, als die 
en Araber. Daß ein gejdidter Gapitän mit guten Narten allenfalls 
Lootſen entbehren kann, beweilt unſer Fall, denn der unerige richtete 
Berwirrung an. Ter Capitän wußte das Richtige jtets ohne ihn und 
oft gab der Pilot das Falſche an. 

Wir kamen jehr langjam vom led. Im Archipel von Tahlat war 
ft windftil. Nachts mußte Hier ſtets geankert werden, oft auch bei 
‚wenn Windftille bei ungünftiger Strömung eintrat. Kam dann ein 
iger Wind, jo hatte er ſich gewöhnlich Jchon wieder gelegt, wenn man 
Unkerlichten fertig war, denn dies dauerte oft anderthalb Stunden. 
t der kleinſte Anker nahm bei der Geringzähligkeit des Perjonals cine 
de in Anſpruch. 

Nah vier Tagen waren wir noch nicht über die Inſel Tahlat Hin: 
fommen. Sie iſt jo flach), day; man fie faum gewahrt und erinnerte 
an Dicherbe in der Heinen Syrte. Die anderen Inſeln, wie Ajüler, 
til, Omm Saharig find meilt feljig und bieten in Folge einer opti— 
Täufhung von fern das Bild riejiger Pilze oder Schirme. Die 


138 Windverhältniffe im Rothen Meer. 


„Boys“ erklärten fie für „Bäume“ und viele der Klippen fahen auch 
wirklich oft täufchend jo aus. 

Kaum aus dem Archipel heraus, fanden wir den in diefer Jahreszeit 
beftändigen Gegenwind, denn der aus dem Indiſchen Ocean kommende 
Nordoft:Monfun bricht fi) bei Bab el Mandeb und dringt als Süd bi 
über die Breite von Maſſauwa. Er trat jo heftig auf, daß wir die Di 
beren Segel nicht aufjpannen fonnten. Gegen diefen Wind, der gewöhn⸗ 
lich nah Mitternacht am jtärkften, oft al wahrer Sturm wüthete, und 
nur um Sonnenuntergang etwas ſchwächer wurde, mußten wir nun zehn 
Tage lang anfreuzen, bis Bab el Mandeb erreiht wurde. Stets ging's 
von der afrifaniichen Seite auf die arabifche und wieder zurüd. Anfang: 
dauerte eine Schwenktung zehn Stunden; morgen? fahen wir die weißen 
Häufer von Hodaida ganz deutlich vor ung, Abends wieder die Berge Of: 
afrikas. Wir fegelten jehr geſchwind, oft 7 Meilen in der Stunde, aber 
wir kamen höchſtens 1 Meile wirklich vorwärts. 

In der Gegend von Zugur hatten wir eine Weberrafhung Ter 
Südwind legte fi und ein bisher von uns noch nicht erfahrener Land 
wind trieb uns günftig weiter. Aber dieſe Freude dauerte faum eme 
Stunde Dann wieder Windftille und darauf von Neuem die Windabraut 
aus Süd. Diele Injel und den Gebel Harniſch konnten wir vier Tage 
nicht aus dem Geſicht verlieren. Wir kamen ihnen ſehr nahe und konnten 
genau die Pflanzen unterſcheiden. Die Inſeln ſind unbewohnt, aber nicht 
unbeſucht, wie einige arabiſche Boote, die dort hielten, zeigten. 

Alles rieth dem Capitän in Mocha einzulaufen, um den temporären 
Umſchlag des Monſun abzuwarten, der bevorſtehen ſollte. Der Südwind 
wird nämlich oft um die Zeit des Mondwechſels vom Nordwind abgelöf. 
der dann einige Tage anhält. Aber die alte Theerjade wollte nicht. Ale 
Gapitäne vermeiden, joviel fie können, die Häfen. Diesmal gab ihm 
übrigens der Wind Recht, der trotz des Mondwechſels nicht umſchlug, jon- 
derm nody gerade fo heftig gegen uns fegte, wie vorher. Ich erfuhr ſpäter 
in den, daß beim folgenden Wechſel der Umschlag deſto Heftiger erfolgt 
fei, und im jogenannten Hafen von Schech Sa ıd große Vermüftung an- 
gerichtet habe. 

Je näher wir Büb el Mandeb kamen, deito heftiger wurde zwar der 
Wind, aber die Bewegung des Meeres war, nicht mehr die frühere, ſon⸗ 
dern auf diejem bejchräntten Raume nur die eines aufgeregten Landjees. 
Wir athmeten auf und genolen viele legten Kreuzfahrten jehr. Run wurd 





Schecch Said. Infel PBerim. 139 


das Schiff jede Stunde, zuleßt jede halbe Stunde „umgedreht“. Wohl 
zwanzig Mal trieb und unſer Kreuzweg in die nächſte Nähe von Schech 
Said, jener franzöfifchen Niederlaffung am Keinen Canal von Bäb el 
Mandeb, der Infel Perim gegenüber. Einige abgetakelte Kauffahrer lagen 
davor, die als Magazine dienten. Andere Schiffe fehlten. Erxftere follten 
einen Monat jpäter im fogenannten Hafen*) Schiffbruch leiden und deſſen 
Präftigium gänzlich zerftören. Es ift eben nur ein Monfunhafen; d. 5. 
die Schiffe können bald rechts, bald links vor der ſchützenden Landfpige dem 
jedes Mal herrſchenden Winde trogen. Tritt aber der Umfchlag plöglich 
ein, fo find fie verloren. . 

Bei Scheh Said fieht der Heine Canal (zwiſchen Arabien und Berım) 
recht ftattlih aus. Er ift aber nur 5 bis 6 Seemeilen breit, für Kreuz. 
fahrten zu wenig. Die Infel Perim bietet ein troftlofes Bild. Sie hat 
einen Leuchtthurm und einige Baraden, in denen ein Officier mit 40 Se— 
poy3 lebt. Kein Baum, fein genießbares Kraut wächſt hier. Die Meer⸗ 
enge ift viel breiter, al3 ihr ippenfreier Raum. Die fogenannten „Brü« 
der”, eine Menge Felſen und Infeln, unter denen acht größere, verengen 
jehr denſelben. Es war nicht leicht Hinauszulapiren. Wohl ſechs Mal 
jeßten wir von der afrikaniſchen Seite aus an, aber kamen ſtets nur bis 
zur Nordfpige von Perim. Dann nochmal3 zurüd bis an die tafelför- 
migen Berge Oſtafrikas. Erft al um 41/, Uhr Nachmittag die bier 
periodisch mwechjelnde Strömung uns günftig wurde, fuhren mir von Nord- 
weit nah Südoft, in einem Zug (ohne meitere Kreuzung) dur) die 
Meerenge. 

In dem nun erreichten Golf von Aden waren die Windverhältniffe 
ganz andere. Der Südmwind flug in Südoft um, mit dem wir anfangs 
gut vorankamen. Bald aber trat Windftille ein und der „Weſtward Ho“ 
ruhte nun 24 Stunden wie ein „gemaltes Schiff auf gemaltem Meer”. 
Dann Schwacher conträrer Wind, unter dem aufgelreuzt wurde, wieder bon 
Alien nah Afrika und zurüd. 

Am dritten Tag nach Bäb el Mandeb erreichten wir Räs "Ara, den 
jüdlichften Punkt Arabien. Dies Cap ift ganz flach, alfo fein Borgebirge, 
im Innern eine zadige Felſenmaſſe. Dann das große Gebirge Gebel 
Charaz und der fattelförmige Gebel Od. Hier ſchienen wir abermals 


*) Bon Schoch Said iſt bei Erwähnung des hier wohnenden Stammes,. ber 
Hakmi, ausführlicher die Rede. 


140 Ginfahrt in den Hafen von Abden. 


wie. feitgebannt, denn mohl drei Tage lang fahen wir dieſen ſeltſamen 
Bafaltberg, deſſen Rüden jchwarz, deſſen Abhänge aber ganz mit vom 
Winde aufgepeitfchten Meeresſand bededt find. Die lange flache Küſten⸗ 
ſtrecke, welche ihm folgte, behielten wir nicht lange in Sicht. Der Wind 
wurde günftig und wir waren bald zwiſchen Gebel Haſan und Gebel 
Schamſcham, den zwei Thorpfeilern des Bufens von Aden. Ein heil 
vom Gebel Hafan heißt „Ejelsohren“, nämlich zwei von den zahlloſen 
Felsſpitzen, deren Form an ſolche erinnert. Aber die „Eſelsohren“ ſind 
kein Gebirge, nicht einmal einzelne Berge, wie ich das ſchon geleſen habe, 
ſondern eben nur Felsſpitzen des Gebel Haſan. 

Vor der Einfahrt in die Rhede kam uns ein alter Indier entgegen, 
der Pilot des Hafens, der nun die Leitung des Schiffes übernahm. Er 
war ein volllommener Seemann, engliſch geſchult, und commandirte da3 
Schiff gerade wie jein eigenes, zur Weberrafchung des Capitäns, der ſich 
auf einmal ſehr Hein fühlte und das einem „Native *) (Eingeborenen) 
gegenüber. Um feine Autorität zu behaupten, blieb ihm nicht? übrig, als 
alle Commandoworte des Indiers noch lauter zu wiederholen. So wurde 
der Schein gerettet, daß die Matrofen ihm gehorchten. Unfer Pilot mar 
plöglich zu einer „Null“ geworden. 

Wir befamen gleich fehr viel Beſuch und zwar charafteriftifchen, der 
und recht nahe legte, daß den politifch zum engliſchen Sftindien gehört. 
Bor Allen ein NRaubvogelgefiht, der nie fehlende Parſi. Sein charak— 
teriſtiſches Gefchleht ift unten näher zu ſchildern. Diefer war Schiffs— 
makler, ſprach geläufig engliſch und fing gleich mit dem Gapitän ein Ge 
ſpräch über Talg an. Unjer Gapitän biß aber nicht an. Die Preije des 
Parſi waren denn doch zu raubvogelartig. Dann kamen die Banianen 
(indiſche Kaufmannskaſte), die Kohlen kaufen mollten. Zu meinem Er: 
ftaunen erfuhr ih nun, daß der Capitän in Maſſauwa nur die Hälfte 
feiner Fracht gelajjen hatte. Die dortigen Autoritäten hatten nämlid) 
einen Theil der zu liefernden Kohlen wieder an den Gapitän (verfteht ſich 
billiger) verkauft. Alle Theile gewannen hierbei, der Gapitän, wie die 
Autoritäten, die natürlih das Geld einftedten, und felbft die Regierung, 
die Schließlich Alles zahlte, verlor nicht, denn die Kohlen wären in Ma}: 


*) Die Engländer nennen oft jehr unlogifh alle Orientalen ſchlechtweg „Ra: 
tive“, gleichviel wo fie getroffen werden, 3 B. einen Indier in Wrabien, einen 
Araber in Zanzibar u. |. w. 


Der englifche Capitän. 141 


ch zu Grunde gegangen, da das Depöt zu ſchlecht war. Solche 
häfte machen die Capitäne oft. Nur dadurch Haben fie Erfah 
Plage mit der Inftruction der allzuvielen ‚Boys“, welche die hab- 
Firma ihnen aufbürdet, denn ihr Gehalt ift fehr gering. Der 
zekam nur 10 Pfund Sterling monatlich). 





Stadt und Hafen von Aden. Hötele. 143 


des Tyahrgeldes der Landungsbarken und Droſchken. Tarife exiſtiren wohl, 
die Leute fordern aber eigentlich, waS fie wollen. Der Tarif ift übrigens 
an und für fich Schon ſehr hoch. Die Drofchlenfahrt vom Hafen nach der 
Stadt ift zu 3 Rupien (2 Thlr.) feftgejegt. Sie dauert etwa eine Stunde. 
Halbwegs kommt man dur ein Yeljenthor, das Nachts geſchloſſen wird. 
Ohne ſpecielle Exrlaubniß dom Gouverneur kann man nad) Sonnenunter- 
gang nicht mehr in die Stadt. Kaufleute, die oft ſpät noch am Hafen 
zu thun haben, find jo gezwungen, auch dort ein Quartier zu befigen. 

Mer gar nidht3 zu thun hat, der thut befier in „Point“ zu bleiben, 
wo die Luft Fühler ift und ein Hötel eriflirt. Dies wird von einem 
Barfi, der zugleid Kaufmann und Photograph ift, gehalten und ift gar 
nicht ſchlecht. Aber die Preife find jo phantaftiich, daß man für's Halbe 
Geld Haus halten kann. Nebenan liegt ein Heiner franzöficher Gafthof, 
gleihfalld don einem Photographen gehalten. Er ift auch nicht jchlecht, 
aber beichräntt. Wer jedoch, wie ich, mit den Eingeborenen zu thun bat, 
der kann nur in der Stadt wohnen. In „Boint” fieht er feine Araber, 
fondern könnte fi) dort in England wähnen, wäre die Hitze nicht. Aehn— 
lich ift’3 mit dem Kaufmann. Wer nur mit Seehandel zu thun hat, Tann 
die Wohnung in der Stadt fparen. Wer von Eingeborenen lauft und an 
fie verfauft, der muß fein Hauptquartier im „Camp“, ein Abfteigequartier 
aber in „Point“ haben. Ohne zwei Wohnungen wird er’3 kaum machen 
tönnen, denn beim Parſi einzufehren ift eine angenehme Ausficht. 

Ih nannte feine Preiſe „phantaftiich”, d. h. jeder Regel ſpottend. 
Man kann zwar auch mit ihm accordiren und dann fcheint er billig. Aber 
er jcheint nur fo. Der Parſi Hat keine Augen für den, der wenig zahlt. 
Er Sieht ihn nicht, er ift ein „Nichts“ für ihn, wird nicht bedient und 
muß jedes Mal eine Stunde lang fluden, von der Küche zum Wirth und 
vom Wirth zur Küche laufen, wenn er das accordirte Mittageſſen befom- 
men will. Zahlung findet im Voraus ftatt und der Parſi ift gededt. 
Mer aber nicht accordirt, befommt Yuculliihe Mahlzeiten. Die Diener 
wachſen dann wie Pilze aus der Erbe. Er wird bedient wie ein König. 
Der Barfi mat auch Converfation mit ihm, was er ftet3 nur für Geld 
thut. Aber die Rechnung kennt dann auch feine Grenzen. 

Sch lernte den Parſi mehr in feiner Eigenſchaft als Photograph Ten: 
nen. Der Singular begreift übrigens hier einige zwölf Parſi, die in 
dieſen beiden Geſchäften gemeinfam arbeiten, einer wie der andere, phyſiſch 
wie moraliſch, wie ein Thaler dem andern gleicht. Ich accordirte mit ihm 


144 Zeben in der Stadt den. Gaftfreundfchaft. 


für mehrere Aufnahmen von Gegenden, Arabern, Coſtümen 2. Da id 
aber nicht wußte, daß mit einem Parfi Alles ſchriftlich und gerichtlich ab- 
gemacht werden muß, jo verlangte er doch das Vierfahe. Ich mußte es 
auf einen Proceß ankommen laflen, den ich freilih gewann: Aber von 
nun an war der Parfi mein Feind umd das war fehr unangenehm, de 
er nebenbei einen Allerweltsladen befaß, wo man Alles (Kleider, Wein, 
Victualien, Hausgeräth, Bücher, Inftrumente) kaufen Tonnte. 

Er rächte fi, indem er mir immer nur Artifel von der fchlechteften 
Qualität verfaufte, die ich gleichwohl nehmen mußte, da nur er fie Hatte. 

Ein Hötel giebt e3 in der Stadt Aden nidt. Wer übrigens nur 
einigermaßen empfohlen ift, der braucht fich gar Feine Sorge für fein Unter: 
fommen zu machen. Die Gaftfreundfhaft wird dort fehr liberal ausge 
übt. Auch mir wurden Einladungen zu Theil. Ich Hatte gleich die erfte 
angenommen. Mein freundlicher Wirth war ein Yranzofe aus Marfeille, 
bei dem ich gleih am erften Abend fämmtliche hier lebende Europäer, die 
nicht Engländer waren, fennen lernte. Die hiefige engliſche Gejellichaft ift 
militäriſch und nad den in Oftindien geltenden Klafjenunterfchieden ge 
regelt, welche eine Scheidewand zwiſchen officiellen Perfonen und Kauf 
leuten aufreht halten. Die Yolge ift, daß letztere fich defto enger anein- 
ander anſchließen. Sie find nicht zahlreich, etwa ein halbes Dutzend, dar: 
unter Franzojen, Sefterreiher aus Trieſt, Staliener, Schweizer. Ei 
Deutſcher war nidht dabei. Trotz der DVerfchiedenheit der Nationalitäten 
und troß des damals ſchwebenden Krieges harmonirte man fehr gut. Nie 
waren Junggefellen, meift erft ein Paar Jahre hier und hofften Aden bald 
zu verlaffen. Eich eine bleibende Heimath Hier zu gründen, daran denft 
fein Europäer. 

Für einen unferer Tiſchgenoſſen war fogar Aden ein Strafaufenthalt. 
Es mar dies ein mohlhabender blutjunger Franzofe, der noch nirgend: 
hatte „gut thun“ wollen und den fein Vormund, welcher bier ein Gomp- 
toir bejaß, nah Aden verbannt Hatte, in der Hoffnung, daß er weniger 
Gelegenheit zum Verſchwenden finden werde. Trotzdem hatte es der Jüng- 
ling veritanden, auch Hier anfehnlihe Schulden zu machen. Tabei waren 
ihm natürlich die Parfi von großer Hülfe. Diefe Menichenfreunde lie 
ferten ihm fchredlich theuren Champagner und lieben ihm felbft baar Geld, 
etwa zu 500 Procent. Einmal Hatte ihn der Vormund fogar nach Laheq, 
einer ganz arabiſchen Stadt, verbannt. Aber auch dorthin reichte der 
Arm der menjchenfreundlichen Barfi. Sie wußten, daß der junge Mam 





Häufer von Aden. Rohrgeflechte. Klima. 145 


bald mündig murde. Ich erfuhr wirklich jpäter, daß fie ſämmtlich ihr 
Geld bekommen hätten und doch war wohl nie welches jo fehlecht verdient. 

Er amüfirte uns fehr, beſonders wenn er uns aus feinem „Reifewert 
über Laheg“ vorlas. Ein folches hatte er nämlich verfaßt, aber geglaubt, 
hier Alles von Sagdgräueln und anderen Abenteuern anhäufen zu müſſen, 
weldhe die geſammte reifende Menfchheit je beftanden hat. Er Hoffte es 
zum Drud zu bringen. Es wird jedenfall3 Senfation madyen. Er beſaß 
übrigend ein jchönes Seichentalent und das Tann dem Buche Werth 
gebert. 

Herr Tian, mein Gaftfreund, hatte ein fehr großes Haus mit meiten 
[uftigen Räumen, in beiden Stodwerlen von den bier nie fehlenden Be- 
randas umgeben. Die Wände diefer Veranda find von hübſchem, ehr 
dichten Flechtwerk von Rohr und Binjen, melde die Zugluft, nicht aber 
die Sonne einlafen. Ohne diefe luftigen Ballone wäre bier nicht zu 
leben, ſowohl der Hite, ald der Stehmüden wegen, die einem im Zimmer 
feine Ruhe laſſen. Nur Zug kann fie verſcheuchen. Wer nicht im Yreien 
ſchläft, muß ein Muskitoneg haben. Alle anderen vorgefchlagenen Mittel 
gegen Mustitos helfen nichts, weder die Räucherung mit perfifchem In— 
fectenpulver, die auf den Umſchlägen dieſes Artikels empfohlen wird, noch 
auch die mit ächtem Weihrauch, welche der englifche Botaniker Birdwood 
anräth. Wiederholten Proben mit beiden Rauchwerfen verbante ich dieje 
Erfahrung. 

Diele Häufer Adens, namentlid die der Engländer, haben gar feine 
gemauerten Wände, jondern nur ſolche von Flechtwerk, jo daß man auch 
im Zimmer ftet3 im Zug if. Dies können indeß nur ſtarke Naturen 
aushalten. Das viele Schwigen macht ein Zurüdziehen in meniger luft- 
bewegte Räume doch zumeilen wünſchenswerth, bejonder3 da Erkältungen 
feineöwegs felten vorkommen. 

Das Klima Adens ift im Winter jehr angenehm, felten über 200 R. 
im Freien, und 22° R. im Zimmer. Der Nordoft, der von November 
bis Ende April weht, wird oft jehr fühl, und da die Sonne heiß, fo ift 
dies die Periode der Erkältungen. Sanitätiih fand ich ganz Houlton’s 
Bemerkungen beftätigt. Das plötliche Zurüdtreten des Schweißes hat oft 
Rheumatismus, heftige Katarche, Dysenterie und Wechfelfieber im Gefolge. 

Während meines Aufenthalts herrſchten Keuchhuſten vor, die jehr an- 
fteddend waren und leicht in chronischen convulfiven Huften außarteten, der 
noch lange, oft viele Monate anhielt, nachdem der fieberhafte acute Zuktenk 


v. Maltzan, Weile nah Südarabien. 19 


146 Krankheiten. Gefunde Jahreszeit. Sonnenftich. 


längft überwunden war. Hauptſächlich kamen fie unter den ſchwächlichen 
Oftindiern vor. Ich zog fpäter ins Haus einer Yamilie, die damit behaftet 
war, was ich leider erft merkte, al3 auch ich einen wahrhaft knochenerſchüt⸗ 
ternden Huften befommen Hatte, um ihn ſechs Monate zu behalten und 
noch mit nad) Deutfchland zu nehmen. Ganz ebenfo ging’3 meinem Ru 
bier. Wir führten Eräftige Huftduette auf, befanden und aber jonft wohl 

Indeß find alle hiefigen Krankheiten mehr läftig, als gefährlich. Eine 
ftarte Natur, die nicht zu Erkältungen neigt, wird ihnen wohl ganz ent: 
gehen. Das beite ift immer: kräftige Nahrung, viel Bewegung, kalte 
Bäder im Haufe (im Freien gelten fie für gefährlih) und vor Allem ein 
Vermeiden der Eingeborenen, bei denen oft anftedende Krankheiten curfiren. 
Mir war lebteres natürlich nicht möglich. Ä 

Die Europäer in Aden find meift gefund. Ihre Kinder gedeihen 
bier viel befjer al3 in Oftindien und brauchen nicht nah Europa geididt 
zu werden. Nur für ganz Heine Kinder ſoll hier die Zahnperiode ſchwer 
zu überjtehen jein. 

Die gejundefte Jahreszeit ift der Sommer troß feiner jehr großen 
Hitze. Dieſe wird jedoh von Ende Mai bis Anfang October durch den 
oft heftig auftretenden Südweſtwind mejentli gemildet. Im Sommer 
ſchläft Alles im Freien und ohne Gefahr, da hier feine Miasmen herrſchen 
Unerträglid) heiß find nur die beiden mwindftillen Monate Mai und Schober, 
welde die Monfunperioden trennen. 

Die Gefahr des Sonnenftihs ift im Sommer fo groß, daß man die 
Soldaten von I Uhr Morgens bi3 5 Uhr Nachmittags in den Caſernen 
halten muß. Die Fälle find nicht jelten, daß ein Mann beim bloßen 
Verſuch, durch einen Hof zu gehen, todt niederfällt. Voriges Jahr ver: 
ſuchten drei englijche Seeleute in „Point“ um Mittag vom Boot in dat 
einige Schritt entfernte Hötel zu gehen und jeden erreichte der Tod, not 
ehe er halbwegs war. Beidiefem Sonnenbrand helfen auch weder Schirme 
noch Filzhelme; man muß ebenzu Haufe bleiben. Natürlich widerſteht der 
Eine der Gefahr bejjer als der Andere, und ich fannte Engländer, welde 
ji rühmten, au in der Sommermittagshige unbededten Hauptes im 
Freien herumgegangen zu jein. Alles fommt auf Dispofition an. Abe 
wer fennt die Bedingungen derjelben? Man ſagt Vollblütige litten mehr 
von der Sonne. Meine Erfahrung Ichrt mich, daß dies richtig iſt, denn 
gerade die Fräftigften Menjchen jah ich diefer Gefahr am fchnellften unter: 
liegen. ber nicht alle Schwachblütige find ficher dagegen. Ich imm 


Scorpione. Einrichtung der Häufer. 147 


deutliche Beiſpiele des Gegentheils. Auch das Acclimatifirtfein [hügt nicht. 
Ich Tannte alte Oftindier, die dem Sonnenſtich erlagen, und junge friſch 
bergefchneite Engländer, die ihm trotzten. 

Eine andere Gefahr, die man jebod durch Wachjamteit vermeiden 
tann, bilden die Scorpione. Diefe find hier beſonders groß. Ich hörte 
jedoch von feinem tödtlichen Stich, wohl aber von ſchmerzhafter Krankheit. 
Die Erdgeſchoſſe aller Adener Häufer wimmeln davon. Selbft auf die 
Zerrafjen im erften Stod kommen fie. Ich töbtete auf der meinigen all« 
abendlich einen oder mehrere. Man heilt die Stiche hier durch kochenden 
Theer, in die Wunde gleich nach dem Biß gegoſſen. Diefer ſoll das Gift 
zerflören und man hat dann nur die Brandwunde zu curiten. Ich glaube 
jedoch, daß bloß heißer Theer genügen würde. 

Die Einrihtung der wohlhabenden Häufer in Aden ift ſehr praktiſch 
und wenn man will lururiös. Aber es if ein ſehr folider Lurus. Die 
Möbel, alle aus Oftindien, find nämlich nicht geleimt, fondern meift aus 
einem Stüd. Ich ſah koloſſale Eptifche, Platte und Fuß alles aus einem 
Stüd. Diefe Möbel find zwar theuer, erhalten ſich aber fo gut, daß man 
fie faft um das Antaufsgeld wieder losſchlägt. Jeder englifche Beamte, 
der hierher verfeßt wird, kauft ſich oſtindiſche Möbel. Da er felten lange 
bleibt, jo verfauft er fie jeinem Nachfolger und meift faft ohne Verluſt. 
Diefe Möbel Halten Generationen aus. Das Holz ift dabei jehr ſchön, 
dunfelbraum oder ſchwarz, mit einem natürlichen Glanz und weit jedem 
unferer Hölzer vorzuziehen. Europaiſche Möbel gehen im Biefigen Klima 
in fürzefter Zeit zu Grunde. Sie entleimen fi, das Holz wird zerfreflen, 
die Hitze verzieht und verborrt fie, jo daß fie beim geringften Anftoß 
brechen. 

AS ih zum Zweck meiner Erkundigungen täglich viele Araber zu 
empfangen anfing, nahm ich, aus Rüdjicht für meinen Gaftfreund, eine 
eigene Wohnung. Wer hier ungeftört leben will, muß ein ganzes Haus 
miethen, wa3 alle Engländer thun. Ein folches ftand jedoch nicht Teer und 
fo mußte ich's machen, wie die Araber, und mit einem Stodwerk vorlieb 
nehmen. Leider findet ſich dergleichen nur im einheimiſchen Viertel und 
dies ift über die Maßen lärmend. Ich mußte mid) an das Klopfen einiger 
zwölf Tüncher unter mir, ein haarſträubendes Concert, gewöhnen und dieſer 
Larm erfchwerte natürlich ſehr meine Converfation mit den Arabern. Da bei 
der winfeligen Bauart alle Wohnungen jo zu jagen ineinander geſchachtelt, uk, 
nur durch Bretterwände getrennt find, jo wohnte ich ala Zuhrer ven Ta 

10° 


148 Ginheimifches Viertel. Wohnung Markt. 


milienereigniffen einiger 50 Nachbarn, ihrer rauen und Stinder, bei. 
Unter diefen herrichten viele Krankheiten, nicht ſchwere, aber Geräuſch ver- 
urſachende. Ein ewige Huften, Stöhnen und gelegentliches Erbrechen 
mußte ich täglid mit anhören. Das Unangenehmfte im einheimilchen 
Viertel ift jedoch der Geruch, namentlich) der durch die Yeuerung mit Ka— 
meelmift erzeugte. Obgleich ich eine Heine Terraſſe im Freien Hatte, jo 
fonnte ich dieſem ftinfenden Rauch doch nicht entfliehen. Er drang aus 
hundert Kanuns (tragbaren Kochherden) zu mir. 

Ein großer Uebelftand im einheimischen Viertel ift, daß man die Dad 
terraije nicht benugen fann. Dan kommt fonft in die Gefahr, unver: 
jchleierte Mohammedanerinnen zu ſehen, was ein jchredlihes Verbrechen ifl. 
Ich verſuchte es einmal. Beinahe hätte ich aber eine Revolution verur: 
ſacht, denn aus allen Häufern ftürzten wüthende Moslems, die mid be 
Ihuldigten, ihre Harems zu entweihen. Dies ift die Sitte aller arabijchen 
Städte und, da hier im arabiſchen Viertel fonft feine Europäer wohnen, fo 
bat fie fih für Ddiejes erhalten. Es blieb mir alfo nur meine Terraſſe 
im erſten Stod, die ummauert, nur oben offen war. 

Eine Veranda fehlte und fo mußte ich bei Tage mid) im Zimmer den 
Muskitos ausfegen. Die Nächte auf der Terrafle im erften Stod waren ſehr 
willfommen. Dann fhliefen die Nachbarn, der Rauch war vorbei, die Tem: 
peratur jehr angenehm, etwa 209 R., aber bei beivegter Luft. Billig war 
die Wohnung. Sie foftete nur 10 Rupien (6?/; Thlr.) monatlid. Mö- 
blirt hatte ich fie mir felber, denn ich jchleppte das Nothdürftige mit mir. 
Mein Nubier beforgte Einkäufe und Küche, Alles jehr billig. Meine und 
feine Nahrung Eoftete mic) faum 20 gr. täglich und dennoch lebte id 
gut, wenn auch einfach. 

Der Markt von Aden fteht an Küchenbedarf felbft dem dürftigften in 
Europa nad, aber gegen Dſchedda, Suakin, Mafjauma bietet er Ueberfluß 
Aden tft der einzige Ort in Arabien, wo man Kartoffeln, einige Gemüſe 
(Kohl, Rüben, Bamia) ſowie Früchte findet (in Dſchedda gab es nur hier 
und da Bananen). Ein Huhn koſtete 8 Silbergrojhen (in Maſſauwa nur 
4). Die einheimische Butter (Semen) ift Europäern faft ungenichbat. 
Man mup mit Hammteläfett fochen, dies aber von feinem eigenen Koch 
flüffig herſtellen laſſen. Hammelfleiſch ift gut und billig, aber fehr jet. 
Ochfenfleiich ift nicht immer zu haben. Es ift theurer, aber aud gut. 
Ein gutes Defjert für unverwöhnte Menjchen bilden die geprekten Bacrı- | 
Datteln. Sie find auch dem \ntedleib wiirägfih, 





Wein. Branntweinpächter. ngländer in Aden. 149 


Wein if en detail nur zu den übertriebenften Preiſen zu haben. 
En gros verlaufte nur Herr Tian Bordeaur- und leichte Weine, trefflich 
und fehr billig. Die Kaufleute dürfen übrigens geiftige Getränfe nur an 
Europäer abjegen. Für den Verlauf an Eingeborene exiſtirt nur ein ein- 
ziger Laden, vom Branntweinpächter, einem Barfi, gehalten, der 8000 Ru- 
pien (5340 The.) Baht zahlt. Dort ift der Verſammlungsort alles 
ſchlechten Gefindels. Auch die Proftitution hat dajelbft ihr Hauptquartier. 
Sie recrutirt fih nur aus Einheimischen oder Schwarzen. Eine Euro» 
päerin darf fie nicht ausüben. Vor zwei Jahren wurde eine leichtfertige 
Franzöſin hierher verjchlagen, aber jchnell von der Polizei weiter |pedirt. 

Die Engländer in Aden find außer dem Padre (Geiftlichen) alle Mi- 
litärs, welche hier auch die Givilvermaltung und Juſtiz in Händen haben. 
Es lag zur Zeit ein durchaus englifches Regiment bier. Die anderen 
waren Sepoy3 mit engliihen Dfficieren. Die bei einem Regimente ftehen- 
den ledigen Officiere führen mie in England gemeinfam Haushalt, die 
verheiratheten und die al3 Beamte fungirenden bewohnen jeder ein Haus 
für fi, mit vollftändiger, oft jehr complicirter Einrichtung. Die Haus— 
haltung, Dienerichaft, Küche ift Alles auf demfelben Fuß, wie in Oftindien. 
Dort, hört man wohl zuweilen, foll daS Leben fehr theuer fein. Dies ift 
aber durchaus nicht wahr. Das Leben, das ein Officter gewöhnlich führt, 
fommt freilih hoch. Wollte er aber in Europa ebenjo leben, das Bier- 
fache würde nicht ausreichen. Für 3000 Thlr. jährlih hat Hier ein eng- 
liſcher Officier ein eigenes gut möblirtes Haus, einen vollftändigen Haus— 
halt mit trefflicher Küche, mit guten Weinen, Bieren, Cognac, giebt Diners 
und Gefellfchaften, zahlt und ernährt einige acht oder zehn Diener, hat drei 
oder bier Pferde im Stall ftehen, Kühe zur Milchgewinnung reſp. Butter- 
bereitung und läßt ich feinen Bedarf an Kleidern, Wäfche, Büchern, ſowie an 
Jagdwaffen aus England kommen: dies die theuerften Poſten. Ein guter 
Haushälter würde jogar in Aden ganz daflelbe für zwei Drittel oder gar 
die Hälfte jenes Geldes fich zu verfchaffen wiſſen. Doch die englifchen Of- 
ficiere rechnen nit. „Leben und leben laſſen“ heißt's da, und ihre oſt— 
indifchen Diener beftehlen fie jo viel fie wollen. 

In England aber würden diefelben Annehmlichkeiten mindeſtens 2000 
Pfund koſten. Auch gegen Aegypten ift der Gegenfaß auffallend. Für 
denfelben Lohn, den mein Nubier erhielt, konnte ich bier vier Diener be= 
fommen, die freilich alle vier zufammen nicht feine Arbeit verrichtet und 
obendrein geftohlen hätten. Im Cairo giebt es Leute, die 100,000 Franu⸗ 





Südaradien. 





Achtzehntes Gapitel. 
Adens öffentlihe Werke, Gebäude, 


Die Eifternen. — Negenverhältnifie. — Aelteſte Eifternen. — Ihre Reftauration. — 

Ihre Aufnahmsfähigkeit. — Deffentliher Garten. — Feſtungswerke. — Aden als 

Seefeftung. — Die Yfthmusfeftung. — Die Inſel Sira. — Einheimiſche Stadt. — 

Der Hauptmarkt. — Verſchiedene Quartiere. — Moſcheen. — Mangel an Wlter: 

thlimern. — Das Grab des “Aiderüs. — Das Todtenhaus der Parfi. — Leichen: 

vögel. — Barbariihe Sitte. — Tempel der Banianen. — Synagoge. — Katho⸗ 
liſche Gapelle. 


Das Intereflantefte in Aden find ohne Zweifel die Gifternen. Die 
Brunnen und die Waflerleitung von Schech "Otmän liefern kein trinkhares 
Waſſer. Aden war alfo von jeher auf Regenwaſſer angemwiejen. Obgleich 
in den Tropen, fo empfängt Aden feltfamer Weile doch nicht die tropi- 
chen Regen, wie das Innere des Landes. Es regnet hier nur in einigen 
Wintermonaten, aber durchaus nicht regelmäßig. In einem Jahr fommen 
die Regen fo reichlich, dag Waflerüberfluß eintritt. Aber oft vergeben 
drei oder vier Jahre faft ohne Niederſchlag. Deshalb beitand Hier von 
jeher da3 Bedürfnig nad) ungewöhnlich großen Waflerbehältern, um ja die 
ganze Regenfülle eines ausnahmsweiſen Jahres aufnehmen und bewahren 
zu konnen. 

Im Altertfum, als Aden eine blühende Handelsſtadt war, befaß es 
Heberfluß an Ciſternen, und auch alle modernen find nur die wieder auf- 
gededten alten. Aber vielleicht nicht der vierte Theil der alten ift wieder 
aufgegraben. Die niederträchtige Wirthichaft der Sultane von Laheg hatte 
alle Eifternen verfallen laſſen. Erſt der engliichen Regierung blieb e8 bor- 
behalten einen Theil diefer großartigen Werke wieder herzuftellen. „Werte“ 


154 Gifternen. Schleuſenſyſtem. Garten. 


iit kaum dad Wort, denn die Natur hat hier das Meifte gethan, dem 
Menſchen blieb nur die Nachhüffe. 

Die größte der bis jetzt aufgededten Ciſternenreihen liegt in einer 
Schlucht jüdweltlih von der Stadt am Fuß des Gebel Schamſcham, oder 
vielmehr diefe Schlucht ſelbſt bildet die Cifternen. Ihr Boden, ihre Wände 
find durchweg aus feftem Geftein, da3 nur mit einem Mörtel bededt zu 
werden brauchte, um da3 Waller aufbewahren zu können, nachdem Schleujen 
errichtet worden. Der Mörtel ift noch der alte. Die Schleufen, welde 
die Schlucht und ihre Seitenfchluchten in einige zehn Abtheilungen fcheiden, 
ebenjo die Treppen, um bon einer Abtheilung zur andern zu gelangen 
(denn die Schludt ift fteil), find daS Werl der Engländer. Aber man 
fand bier die Reſte älterer Mauern. An jeder Ciſterne ift das Maß 
ihrer Aufnahmsfähigkeit in engliſchen Gallons verzeichnet. Diefes Map 
ift fehr anjehnlid und das bedeutendfte Syitem (von 10 Eifternen) liefert 
allein, wenn voll, 8,984,892 Gallond. Bon diefen zehn Eifternen find 
nur zwei inwendig ausgemauert, die anderen alle natürliche Felsgruben, 
durch Schleuſen geſchloſſen. Die oberſte empfängt den Regenabfluß des 
Gebel Schamſcham. Die nächſtfolgenden acht erhalten ihr Waſſer je eine 
von der andern, einzelne außerdem noch von kleineren Seitenſchluchten, 
die zehnte, am tiefſten gelegene, von einem größern Nebenthal, ſteht aber 
ebenfalls in Verbindung mit der obern Reihe, ſo daß ſie, im ſeltenen 
Fall eines Ueberſtrömens derſelben, auch von ihr Waſſer aufnimmt, um 
es, wenn fie ſelbſt überfließt (was gewiß dann auch bald eintreten wird), 
in einen gemauerten Canal zu entladen, der ins Meer mündet. Dieſer 
Canal ſoll in 50 Jahren nur vier Mal gefloſſen ſein. Keine der Ciſternen 
iſt gedeckt. 


Die Engländer haben die Umgebung dieſer Ciſternen in einen Garten 
verwandelt, den einzigen in dem ſonſt pflanzenloſen Aden. Hier findet 
man manche intereſſante Pflanze, wie die Boswellia Carterii und Bos- 
wellia Bhau Dajana, die beiden ächten Weihrauchbäume, dieſe erſt in 
neuefter Zeit durch Carter und Birdwood“) bekannt gemachten Species. 
Sie ſcheinen hier zu gedeihen, wenn ſie auch nicht die Höhe erreichen, wie 


*) Man vergleiche die intereſſante Monographie Birdwood's: The genus Bos- 
wellia, description of a new species of Frankincense. London, Taylor and Fran- 
cis 1870. 





Beihrauhbäume. Feſtungswerke. Iſthmusfeſtung. 155 
in Mahra und im Somälilande, den einzigen Ländern, wo ädhter Weihrauch 


wächſt *).. 

Manchmal werden vom Gouverneur an dieſen Ciſternen nächtliche 
Feſte gehalten, wo dann glänzende Erleuchtung ihnen und dem Garten 
einen magiſchen Schimmer leiht. Einmal ſoll ſogar in der größten Ciſterne 
getanzt worden ſein. Als ich ſie ſah (Anfang 1871), hätte man dies faſt 
in allen thun können, denn nur die höchſte und die aus dem Seitenthal 
geſpeiſte zehnte hatten Waſſer. Aden war zur Zeit zum Theil auf deftil- 
lirtes Meerwaſſer angewieſen, das hier mafjenhaft hergeftellt wird. Trotz⸗ 
dem war dad Waſſer viel billiger, al3 in Maflauma und Dichedda. Mein 
zmweitägiger Verbrauch koſtete 11/, Sgr., Trägerlohn inbegriffen. 

Die Feſtungswerke find gleichfalls ſehenswerth. Ich hörte zwar Ur- 
theile competenter Engländer, welche diefelben gegen einen Seeangriff un- 
zureichend nannten. Die Möglichkeit eines folchen fcheint man früher 
weniger ins Auge gefaßt zu haben. Erſt in neuefter Zeit hat man diefem 
Gegenftande größere Aufmerkfamfeit gewidmet und eine Vervollftändigung 
der Werke dürfte wohl bald erfolgen. 

Gegen See» und Landangriffe der Ginheimifchen ift übrigens Aden 
zur Genüge gefhügt. Die Feſtungswerke auf der Landſeite find von im- 
ponirender Großartigkeit. Alle Berghöhen find hier mit Mauern, Schieß- 
ſcharten und hier und da Batterien verjehen. Das größte Werk ift jedoch 
die Iſthmusfeſtung, arabiſch Gebel Hadıd (Eifenberg). Man denke ſich 
eine Art von Srater, auf drei Seiten von vulcaniſchen Felsmaſſen um- 
geben und durch ſie ſo unzugänglich gemacht, daß man Tunnels brechen 
mußte, um im Oſten zum Hafen, im Weſten nach der Stadt zu gelangen; 
nur auf der vierten, wo die Senkung an den ganz flachen Iſthmus ſtößt, 
urſprünglich offen. Dieſe offene Seite wurde durch eine dreifache Reihe 
von Gräben, Mauern, Batterien ebenſo geſchloſſen, wie es die drei anderen 
durch die Natur ſind. Auf dieſe Weiſe wird in der Halbinſel Aden ein 
völlig iſolirbarer Fleck Erde geſchaffen, der Abends, wenn die Tunnels ge— 
ſchloſſen, Niemandem mehr zugänglich iſt. Dieſe „Inſel im Lande” trägt 
nur ein Caſernendorf. Fährt man vom Hafen nach der Stadt, ſo iſt es 
ein lohnender Umweg durch die zwei langen Tunnels und über das Iſth— 


*) Die fogenannte Bosw. thurifera, aud) serrata genannt, und bie B. glabra, in- 
diſche Pflanzen, geben nur ein ſchlechtes Surrogat für Weihraud. Noch vor Carter 
glaubte man aber, ihr Product fei der ächte Weihrauch. 






154 Gifternen. Schleuſenſyſtem. Garten. 


ir kaum das Wort, denn die Natur Hat Hier das Meiſte geifen, vn 
Menichen blieb nur die Rachhülfe. 


Die größte der bis jept aufgededten Gifternenreihen Tiegt in ame 
Schlucht jünmwetlich von der Stadt am Fuß des Gebel Schamfhen, de 
vielmebr dieie Schlucht jelbft bildet die Eifternen. Ihr Boden, ihre Wäre 
find durchweg aus feftem Geftein, das nur mit einem Mörtel bedeit za 
werden brauchte. um das Waſſer aufbewahren zu können, nachdem Säleien 
errichtet werden. Der Mörtel ift noch der alte. Die Schleufen, weile ; 
die Schutt umd ihre Seitenihluchten in einige zehn Abtheilungen ſcheden 
ebenio die Treppen, um von einer Abteilung zur andern zu gelangen 
(denn die Schlucht if fleil), find das Werk der Engländer. Aber man 
fand bier die Reſte älterer Mauern. An jeder Gifterne if das Mh 
ibrer Aufnabmsfabigteit in engliichen Gallons verzeichnet. Dieſes Re 
ift jehr anſehnlich und dus bedeutendfte Syftem (von 10 Gijternen) life 
allein, wenn voll, 8,984,892 Gallons. Von dieſen zehn Gifternen ſud 
nur zwei immendig ausgemauert, die anderen alle natürliche Felegruben 
dur Schleuſen geſchloſſen. Die oberfte empfängt den Regenabfluß id . 
Gebel Schamſcham. Die nächſtfolgenden acht erhalten ihr Waſſer je ei 
von der andern, einzelne außerdem noch von kleineren Seitenjchluhtn | 
die zehnte, am tiefften gelegene, von einem größern Nebenthaf, fReht ober 
ebenfallg in Verbindung mit der obern Reihe, jo daß jie, im jeltenm 
Fall eines Ueberſtrömens derjelben, aud) von ihr Waſſer aufnimmt, un 
es, wenn fie jelbjt überfließt (mas gewiß dann auch bald eintreten wird), 





Reihrauhbäume. Feñungswerke. Athmusfetuna. 155 


Dahra und im Zomälilande, den einzigen Yandern, wo abi Werdrzu? 
Hr*). 

Manchmal werden vom Gouverneur en Dein Kineren 
ke gehalten, wo dann glänzende Grleubtung ihnen und dem Waren 
nn magiihen Schimmer leibt. Einmal jeä sogar in Dir grorien (itterze 
ınzt worden jein. Als ich tie 1ah «Anfang 15715. bene mem Nie toi 
allen thun können, denn nur die bocbite und Die aus dem Scitenthal 
veifte zehnte Hatten Matter. Aden mar zur Zeit sum Ihe ec 
3 Meerwatier angewieien, das bier martenbatt hergeitelit wird. Troß-— 
; war das Mailer viel billiger, als in Matauma und Dichedde. Mein 
tägiger Verbrauch koſtete 1, Sgr.. Tragerlohn inbegriñen. 

Die Feſtungswerke ſind gleichialls Ichenzwertb. Ich horte zwar Ur— 
le competenter Engländer, welche dieſelben gegen einen Secangriñ un— 
ichend nannten. Die Möglichkeit eines ſolchen ſcheint man früher 
iger ins Auge gefaßt zu haben. Grit in neueſter Zeit bat man dieſem 
enftande größere Aufmerkſamkeit gemidmet und eine Nervollitandigung 
Werle dürfte wohl bald erfolgen. 

Gegen See⸗ und Landangriffe der Einheimiſchen it übrigens Aden 
Genüge geihübt. Tie Feſtungswerte auf der Yandjeite find von im: 
irender Großartigkeit. Alle Berghöhen find hier mit Mauern, Schieß-— 
rten und bier und da Batterien verjehen. Tas größte Merk it jedoch 
Iſthmusfeſtung, arabiſch Gebel Hadid (Cijenberg),. Man dente ſich 

Art von Krater, auf drei Seiten von vulcaniſchen Felsmaſſen um: 
n und durch fie jo unzugänglich gemacht, daß man Tunnels brechen 
zte, um im Oſten zum Hafen, im Weſten nach der Stadt zu gelangen; 

auf der vierten, mo die Senkung an den ganz flachen Iſthmus ſtoßt, 
rünglich offen. Tieje offene Seite wurde durch eine dreifache Reihe 
Gräben, Mauern, Batterien ebenſo geſchloſſen, wie es die drei anderen 
H die Natur Jind. Auf dieſe Weile wird in der Halbinſel Aden ein 
ig ijolirbarer led Erde geichaffen, der Abends, wenn die Tunnels ges 
en, Niemandem mehr zugänglich ift. Tiefe „Anfel im Yande” tragt 

ein Gajernendorf. Fährt man vom Hafen nad) der Stadt, jo iſt es 
tohnender Umweg durch die zwei fangen Tunnels und über das Iſth— 


„uhe'ch. 
urilohbea 86 vr20 “ 


— er m — — — — 


*) Die ſogenannte Bosw. thurifera, auch serrata genannt, und die B. glabra, in- 
e Pflanzen, geben nur ein ſchlechtes Surrogat für Weihraud. Noch vor Carter 
ibte man aber, ihr Product jei der ächte Weihraud. 


158 Beerdigungsweiſe der Parfi. Synagoge Gapelle. 


hen legt. Der innere Cirkel dient für Kinder⸗, der mittlere für Frauen-, 
der äußere für Männerleichen. 

Die Raubvögel der ganzen Umgegend werden natürlich dadurch an- 
gezogen. Die Yolge ift eine feineswegs angenehme Alle Yeljen der Um- 
gebung des Todtenhaufes find mit den weißen Ercrementen diefer Thiere 
bedeckt, welche, da e3 jelten regnet, ſich ungebührlich anhäufen. Es wurde 
mir erzählt, daß vor etwa zehn Jahren ein englifcher Landwirt dieſen 
edlen, jo unzweifelhaft aus verdautem Menſchenfleiſch gebildeten Guano 
außbeuten wollte, da er demjelben ganz ausnahmsweiſe Vorzüge als Düng- 
mittel zufchrieb. Aber die Parfi hätten Alles, jelbft Geld angewandt, um 
es zu verhindern. Man braucht nicht jentimental zu fein, um dies zu be 
greifen. Iſt doch die Transformation ihrer Verftorbenen in Guano hier 
nur zu bandgreiflich deutlih. Unbegreiflich ſcheint mir aber, daß die Hugen, 
fonft jo wenig bigotten und civilifationsfähigen Parfis einem fo barba- 
riſchen Gebrauch noch nicht entfagt haben. Welche Krankheiten würden 
erzeugt, wollte man in dichtbewohnten Ländern diefe Sitte aufrecht halten? 
Dichtbewohnt find aber alle civilifirten Länder. Folglich paßt der Parfi- 
Brauch nicht zur Civiliſation und dennoch wollen fie die porgejchrittenften 
von allen Miaten fein. 

Die oftindiijhen Banianen (Kaufmannskaſte) haben einen Saal, der 
ihnen als Tempel dient und to einige ziemlich geſchmackloſe Götterfiguren 
aufgeftellt find. 

Die Synagoge ift durchaus einfach, fieht aber an Feſtabenden bei 
der nächtlichen Beleuchtung glänzend aus. Außer ihr giebt es noch zwei 
ganz fleine israelitiſche Bethäufer. 

Eine katholiſche Kirche befindet fich gleichfalls Hier, von italienifchen 
Miſſionsmönchen bedient. Das Gebäude ift durchaus unbedeutend. Vie 
Gemeinde ift ziemlich ftarf, da hier viele oftindiishe Mifchlinge von Portu: 
giefen und Indiern leben, die alle fatholifhe Ehrijten find. Damit in 
Berbindung fteht ein Miflionspenfionat, in welchem junge Abejfinier au: 
Schoa erzogen erden. 





Südaradbien. 


— — en 


Neunzehntes Capitel. 
Adens Bewohner. 


Geringe Einwanderung den Engländern erwünſcht. — Unmöglichkeit die Einwanderer 
fern zu halten. — Zunahme der Bevölkerung. — Einwohnerliſte. — Oſtindiſche 
Chriſten. — Oſtindiſche Moslems. — Schiiten. — Araber. — Schäfe i und Zäidi. — 
Oobayel und Raye. — Schriftgelehrte. — Der Dadi von Aden. — Ein Aftrologe. — 
Der Dragoman der Regierung. — Seine Wichtigkeit. — Somäli. — Seltſamer 
Haarputz. — Somalifrauen. — Vagabundenthum. — Perſer. — Der Kröfus von 
Aden. — Ein fanatiſcher Schiite. — Banianen. — Ihre Liebe zu Thieren. — Oft: 
indiſche Parias. — Neger. — Zingi und Sudäni. — Barfi. — Handels- und 
Krämergeiſt. 


Der Umſtand, daß Aden Waſſermangel leidet, daß in dieſer ganzen 
britiſchen Beſitzung nichts Genießbares wächſt und alſo auch kein Vieh 
beſtehen kann, hat mit die engliſche Politik in Bezug auf die Einwanderung 
geleitet. Eine ſolche iſt den Engländern durchaus nicht willkommen. Sie 
ſprechen es offen als Grundſatz aus, daß Aden klein bleiben müſſe. Eine 
große Einwohnerzahl würde im Fall einer Belagerung nur Verlegenheit 
bereiten. Aden iſt ja für alle feine Bedürfniſſe auf die Nachbarſtaaten 
angemiejen. 

Aber gerade diefer Umftand, der die Engländer beftimmt, die Fremden 
fern zu halten, bringt es mit fi), daß man ihr Kommen und oft ihr län— 
geres Bleiben nicht Hindern fann. Man kann es den Arabern, den Haupt- 
verforgern de3 Markts, den Somäli, auf deren treffliches Kleinvieh die 
Fleiſchconſumenten zum Theil angemwiejen find, den oſtindiſchen Kaufleuten, 
die gleichfall3 zur Verpropiantirung beitragen, unmöglich verwwehten, \N 


160 Zunahme der Volkszahl unter englifcher Herrſchaft. 


zeitweife bier niederzulaffen, Agenten zu beftallen, Lüden zu errichten, in 
denen ihre Landsleute das ihnen Nothwendige finden. Sein Mitglied 
diefer Völker würde auf die Dauer Aden zum Ziel feiner Handelsreiſen 
wählen, fände es nicht dafelbft eine Kleine Colonie feiner Landsleute. 

Es zeigt ſich alfo als unausführbar, eine Stadt Hein Halten zu 
wollen, die große Bedürfniffe hat. Diefe großen Bebürfniffe beftanden 
aber glei nad) der engliihen Belignahme, denn ein einziger Engländer 
conjumirt mehr an Waarenwerth, als zwanzig Einheimiſche. Die Vergrö- 
Berung der Stadt war dadurd) von vornherein bedingt. 

AS England Befi von Aden nahm, war dieſes jo zu jagen im 
Agonie begriffen. Seine Bevölkerung war bis auf 600 Seelen zujam- 
mengeſchmolzen. Kein Wunder, denn ber Beherrjcher, der Sultan von 
Laheg, bevrüdte und fog es auf alle Weife aut. Ja einmal verkaufte 
diefer Landesvater ſogar an feine Exbfeinde, die Yodli von Schughra, für 
30,000 Maria-Therefia- Thaler das Recht, Aden, feine einzige Handelsftadt, die 
„Perle feines Reiches”, ausplündern zu dürfen. Aber kaum brachte die 
engliſche Befignahme Sicherheit und geregelte Zuftände, jo firömten neue 
Einwohner der verlafienen Stadt zu. Schon im erflen Jahre nad) der 
Belibergreifung (1840) war ihre Zahl auf 2900 geftiegen. Seitdem mar 
diefes Steigen beftändig. Anfang 1871 ſchätzte man die Einwohnerzahl 
auf 29,730. Diefe beftand aus folgenden Elementen: 


Europäer und oftindifche Ehriften (darunter Garnijon) 2000 
Oftindijche Mehemmedaner Cerunter ur .. 4000 


Araber..... ... 6000 
Somaͤli.. ... nee 5600 
Andere Mohammedaner ... 100 
Banianen und andere heidniſche Oftindier (darunter viele 
SH) - > 2 2 2 rennen. 8000 
Bali 2 > 2 2 Eee nee. 180 
Juden. 12939900 
Verſchiedeennn. 2000 





Oſtindiſche Bewohner von Aben. 161 


Oſtindiſche Chriſten. 


Die oſtindiſchen Chriſten ſind meiſt ſogenannte Portugieſen, aber alle 
haben mehr indiſches, als portugieſiſches Blut. Sie ſind die Miſchlinge 
der einſtigen Herren Oſtindiens, der Portugieſen und ihrer indiſchen Unter⸗ 
thanen. Wie bei allen Miſchlingsvölkern, ſo bietet ihre Hautfarbe und 
Geſichtsbildung mannichfache Abſtufungen, bald große Annäherung an den 
europäiſchen Typus, bald große Abweichung davon, meiſt natürlich das 
Mittel zwiſchen dieſen beiden Extremen. Sie kleiden und gebärden ſich 
europäifch, haben aber ein gewiſſes Etwas in ihrem ganzen Weſen, mas 
den Europäer abftößt, einen Mangel an Würde, eine moralifche und phy⸗ 
ſiſche Verkommenheit, die defto mehr in die Augen fällt, als ihr Aeußeres 
europäiſch iſt. Sie find meift (einige anglikaniſche Profelyten ausgenom- 
men) fatholiihe Chriften, übrigens unwiſſend und bigott. Die meiften 
ſprechen nicht einmal mehr portugiefiih. Da fie mehr Verſtändniß euro- 
päiſcher Sitten haben, jo nehmen fie die Engländer gern als Diener. 
Namentlich die erften Dienerftellen in engliihen Häufern find mit ihnen 
bejeßt. Einzelne treten auch bei den Sepoys ein. Yamilien leben wenig 
bier, faft nur einzelne junge Männer. Ich fah kein einziges Kind. Zum 
Handel fehlen ihnen meift die Mitte. Wohlftand herrſcht nicht bei ihnen. 


Oſtindiſche Moslems. 


Die offindiihen Moslems find hier in ihrem Clement. Yür fie ift 
Arabien die heilige Erde, die viele nur ihres Glaubens megen auffuchen. 
Ih kannte mehrere alte Moslems, die in Indien, wo fie unter Heiden 
lebten, niemals Gelegenheit gefunden hatten, fi in ihrem Glauben ge- 
nauer zu unterrichten und nun bier das Verſäumte nachholten. Mehrere 
diefer Leute lernten noch im hohen Alter den Dorän lefen. Ihre fociale 
Stellung ift hier meift mehr als befcheiden. Indiſche Moslems find die 
gewöhnlichen Dienftboten in engliichen Häufern. Die Sepoys beftehen faft 
zur Hälfte aus ihnen. Die anderen find Kleinhändler, Handwerker, na⸗ 
mentlich Schneider, Tüncher, Wäſcher ꝛc. Sie haben faft alle arabische 
Bornamen, die fie in der fehriftgemäßen Weile ausſprechen, was den ächten 
Arabern, bei denen diefe Namen in Fleiſch und Blut übergegangen find 
und dialektiſch gefprochen werben, jehr komiſch Klingt. Für „MACK 
fagenfie „ Abdullahi“, für „"AbdelDäder“ hört man „Aion DE. 


v. Malyan, Meiſe nad Eübdarabien. 2 


Religiöſe Secten in Aden. Schriftgelehrte. 163 


a ihrer Secte. Man kann fie faft nur an der Gebetsftellung erkennen, 
em jie bei dem Oiyaͤm (dem Aufrechtſtehen) nicht, wie die Schaͤfe i, die 
nde über dem Bauch kreuzen, jondern gerade hinab hängen laflen. Ihr 
andiwerf verräth fie zwar aud. Sie lajlen’s ſich gar nicht nehmen, fo 
fie könuen, über den Schäfeismus zu fchimpfen. Alle Zäidi find ftolz 
» oft übermüthig, denn fie fönnen darauf pochen, daß ihre Secte in 
nen die verbreitetfte und an den meiften Orten die herrſchende ift. 

Angehörige der Dobayel (freien Stämme) des Innern leben nicht 
c. Eelbft das jo nahe Yafi a liefert feine Einwanderer. Die Verach— 
g der Oobahel gegen jede bürgerliche Exiſtenz erklärt dies. Dagegen 
sen ſich in Aden vielfah Raye (Unterthanen) jener freien Stämme, na- 
atlich Bewohner der von ihnen despotiſch unterdrüdten Handelsſtätte 

Innern niedergelaffen. Unter diefen liefern Bedaͤ, im Lande der Rezaͤz, 
> Tateba, füdöftlich von Yerim, die meiften Einwanderer: gänzlich fried- 
e Leute, die den fleineren Detailhandel mit Landesproducten (Tabad, 
tteln, Gijcher zc.) betreiben. Einen Mann aus Beda fannte ich, der 
ar ein öffentliches Aemtchen, ala Marttmefjer, bekommen hatte. 

Da der tieffte Süden Arabiens meilt von Feinden einer civililirten 
egerlichen Eriftenz betvohnt wird, jo mug man die Schriftgelehrten, deren 
n doch einige nöthig hat, au3 dem mittleren Yemen verjchreiben md 
ar tommen diefe vorzugsmweife aus Zebid, Naima, Hodeda, wo es nicht 
mniten giebt, als aus Can a, wo nur Zäidi (eben. Ein würdiger Re— 
ifentant diefer Claſſe ift der Tadi von 'Aden, ein durdaus achtbarer 
ann, an dem die türfiichen und ägyptiſchen Rechtsverkäufer ſich ein Bei— 
el nehmen follten. Ich habe noch nie einen Qädi gefunden, der jo ge- 
ſſenhaft alle die verwidelten Regeln der Sunna beobachtete. Sogar die 
herliche Regel, daß ein Dadi perfönlich nichts kaufen darf*), befolgte er. 
aft, als ich mit ihm ſpazieren ging, blieben wir vor einem Laden ftehen. 
) faufte etwas und dem Gadi gelüftete nach derjelben Waare. Cr 
rfte fie aber nicht felbft kaufen, fondern mußte erft Jemand ſchicken, was 
doch nicht gleich konnte. Es Half nichts, daß ich ihm anbot, ihm 
inen Anlauf zu jchenfen. Ein Däpdi darf feine Gefchente nehmen. 
Bären wir in einem moslemiſchen Lande, meinte er, jo wären Sie traf: 
.“ Denn man darf den Gäpdi feine Gejchente bieten. Weld eine 
tie von einem Dädi! 


2) Tornaum, dad moslemiſche Recht. (Neipzig, Dut. 1855.) Zeite 195. 
I: 


164 Der Dädi von Aden. Ein Aftrologe. 


Cr hatte viel zu thun: nicht nur die 18,000 Moslems don Aden zu 
richten, ſondern auch noch die Entſcheidung Heiner Rechtsfälle zwiſchen 
andersgläubigen Einwohnern. Der ganze Tag verging in Amtsangelegen 
heiten, denn er hatte feine Beifiker. 

Er war übrigens ein großer Gelehrter, in der arabijchen Literakr 
trefflich zu Haufe, nahm Intereffe an allen Forſchungen, ſelbſt ſolchen, de 
bigotte Moslems verabſcheuen, wie himyariſche (alfo heidniſche) Alter 
thümer, und folchen, welche arabijche Gelehrte fonft gänzlich ihrer umwürdis 
halten, wie bialectiiche Studien. Die kufiſchen Injchriften las er me 
A. 2. C., eine Kenntniß, die bei modernen Arabern jehr jelten geworden 
In ganz Algerien kannte ich keinen einzigen, der tufifch lefen Tonnte. Et 
war ein lebendes Lexikon. Weber jede ſprachliche Frage wußte er Auskunft 

Der gute Dädi befaß natürlich, wie jeder Menſch, auch eine Schwad- 
heit, aber die feinige war gelehrter Natur. Er mar nämlich ein Yünge 
der Aftrologie. Die Doranvorfchrift, in der Nacht aufzuftehen, um zu beim, 
erfüllte er, aber er machte e& kurz mit dem Gebet. Schnell kam der Alte 
lab hervor und die geliebten Sterne wurden befragt. Anfangs wundern 
fich die nächtlichen Straßenbummler, deren e8 in Men viele giebt, übe 
die lange weiße Geftalt mit dem weißen Spitbart, die auf dem Balken 
des Richterhaufes Stunden lang herumlief und die Sterne mit einem Jr 
ftrument zu bedrohen ſchien. Als man aber über Perſon und Zwecd auf 
geflärt war, wuchs die Verehrung für den Oädi ſehr. Ein Sterndeuta 
ift in Arabien immer noch eine geheimnifvolle Macht. „Der Qädi weih 
Alles, aud) das Verborgene. Die Sterne ſagen's ihm“ hörte ich oft. 

Der Dädi hatte auch feinen Nachäffer. Das mar ein gewiljer „Eid 
Abd el Beri“, ein fehr unmiffender, aber den Gelehrten jpielender Scherif 
feines Amts Schreiber bei der Regierung. Der Siid befragte aud dir 
Sterne, aber es kam Alles „krumm“ heraus, wie die Araber fagten. Em 
mal prophezeite er einer Frau, fie würde einen Knaben gebären, und fe 
fam mit Zwillingsmädchen (ein einziges Mädchen ift dem Araber fchon zu 
viel) nieder. Seitdem war's mit feinem Ruf vorbei. Der Dädi tar birl 
zu Hug, um von den Sternen ſolche Einzelnheiten zu verlangen. Er fragte, 
fie nur um Allgemeinheiten ımd die Antworten waren auch ganz allgemein 
gehalten, jo daß man fie immer al3 eingetroffen darthun konnte Wenn 
er zum Beifpiel die Sterne fragte: „Wird das Neid der Tugend bald 
anbrechen ?” und diefe antworten: „Ia, wenn die Menfchen die Wege dei 
Laſters verlaifen“, jo war das ebenjo wahr, wie hochfittlich. 


Der volitiſche Dragoman. Somhli in Aden. 165 


tige Perfönlichteit unter den Arabern, ja die amtlich 
der Dragoman. Diefen beſcheidenen Titel führte er, 
ie Titel in englifchen Eolonieen durch ihre Beſchei-⸗ 
. &o betitelt man hier den Gouverneur „Politiſcher 
ichſten Beamten einfach „Affiftenten“; und in Oftindien 
ter einer großen Provinz (wie 3. B. Sind) nur 
war in Wirktichleit der Stellvertreter de3 englifchen 
Einheimiſchen, und beherrſchte dieſe wie ein Heiner 
perſiſcher Abſtammung, aber ganz arabifirt, auch ein 
er Mann bildete eine wahre Errungenſchaft für die 

Er leitete die oft ziemlich verwidelten Fäden der 
achbarfürſten. Mit allen diefen war er gut Freund, 
iſammen ſah, „ein Herz und eine Seele“, aber er 
gierung treu und wußte ſtets beren Intereflen aufs 
Ich glaube, er war manchmal den Araberfürften nur 
ch es diefen auch gar nicht an Staatäffugheit fehlte. 
der liebenswürdigften Orientalen, die ich je kennen 
tudien nahm er große Intereſſe und förderte fie auf 
That wären fie one ihn in ein „Nichts“ verfloffen, 
Amtadiener hatten die Gabe, mir die Araber „zus 


Somätli. 


m erwähnt die Einwohnerlifte die Somäli, Einge- 

taniſchen Seite des Golfs. Ihr Präfenzftand ift je— 

Seelen, da fie hauptſachlich Hier die flottirende Be⸗ 

jene Zahl nur die feßhafte nennt. Im Ganzen kann 

ihreszeit, d. 5. im Winter, auf 10,000 Somäli rede 

mmen fie jeltener, da dann die Somäfihäfen durch 
unzugänglic gemacht werben. Sie find eine ber 

die ſchönſte ſchwarze Race, die es giebt. Weber der 

5ubänefe kann gegen fie auflommen. Regelmäßiger 
Mefiästszüge, volles reiches Haar, blendend weiße Zähne, eine 
des Wuchſes und Elafticität des Ganges, wie fie jonft nur der 
„ find ihre Vorzüge. Ihre Haut iſt faft negerſchwarz, ſchwärzer 
beffinier und Nubier. Aber im jeber anderen Bexeime 


166 Haartoilette der Somdli. Ihre Frauen. 


ftehen fie hoch über dem Neger. Selbſt die Araber ertennen fie gewi 
maßen als ebenbürtig an, indem fie jagen, „bie Somäli find Qobäget ( 
Stämme)“, eine Ehre, die fie fonft feinem fremben, geſchweige dem ei 
anderen ſchwarzen Volle erweilen. 

Das Erfte, was uns an den Somäft auffällt, ift ihre jeltfeme, 
gar nicht unſchöne Haartoilette. Wie kommen dieſe ſchwarzen Jüng 
zu den langen, bald goldblonden, bald wie lichte Golbbronge gläne 
Soden? Diefe Farbe ift nicht etwa die eineB aufgelegten darber 
jondern vielmehr das Ergebniß einer Entfärbung, indem Kalt in um 
volltommen gelöſchtem Zuftande dem Haar aufgelegt wird, ber nad du 
Tagen diefe „Verſchönerung“ zur Folge hat. So lange freilich die ! 
ſchen mit dem befaltten Haupte herumgehen, jehen fie gräßlic am. 
Stußer zeigen fi in diefem Zuftand nidt. Aber nachher entpuppt 
der Adonis defto effectvoller. Diefer lange goldene Lodenmantel, der 
die Schultern finkt, fieht wirklich ganz hübſch aus, befonders wenn a 
Tanze, zu dem die Somäli befländig aufgelegt find, ſich in gragiöfer 
ordnung entfefjet. 

Die jungen Somäli haben oft ganz außerordentlich, feine Züge 
unftreitig Intelligenz verrathen. Schade, daß -der Islam bieem ! 
feinen fortſchrittsfeindlichen Stempel aufgedrüdt hat. Darum finden 
auch bei ihm daſſelbe, was wir bei den meiften arabijchen Gtäbtern | 
achten, nämlich, daß die Intelligenz der Kindheit und Jugend mid 


Lebensweiſe der Somaͤli in Aden. 167 


zu jagen. Einige führen Schafe ein; andere jind Bootsleute, wohl auch 
Fiſcher; noch andere verrichten temporäre, meift leichte Dienſte; die cinhei- 
miſche Polizei beichäftigt einen Heinen Theil, da ja das Cberhaupt der 
ganzen Adener Polizei ſelbſt ein Somäli if, ein tüchtiger Beamter, der 
einffige Dragoman Burtons auf feiner berühmten Entdedungsreile nad) 
Harar, der fih in der großfprecheriichen Somäliart zu rühmen pflegt, er 
babe Burton auf diejer Reife nicht etwa blos begleitet, fondern er habe 
ihn dahin gefchleppt, etwa wie man einen verbotenen Gegenjtand durch— 
ſchmuggelt, al3 willenlojes Werkzeug in der Hand des Somaͤli. 

Aber, trog jener Beichäftigungen eines Theils der Adener Somaͤli, 
it doch ihr Hauptitod unbeichäftigt, Yebt ein Bagabundenleben, von der 
Hand in den Mund. Ihre Bedürfniffe find jedoch auch fehr gering. Ge— 
wöhnlich fiten jie in und vor den Staffeehäufern, in deren Unzahl man 
beiläufig gejagt nicht Kaffee, jondern Giſcher (Abjud der Hülſen) trinft 
von dem eine Taſſe eine Beza (2 Pfennige) koſtet. So oft ich dort vorbei 
fam, wurde ich von einer Schaar arbeitsluftiger Jünglinge überfallen und 
ihr Dienft mir angeboten. Aber fie verftehen eben nichts, al3 Zeller zer— 
brechen. 

Cie mahen der Adener Juſtiz viel zu ſchaffen, namentlid die große 
Menge ganz Heiner Somälifnaben, die fich bier herumtreibt, und deren 
Aeltern, Gott weiß wo, nur nicht in Aden find. Den eltern durchzu— 
brennen, gilt bei den Somäli für ganz in der Ordnung. Alle Tage fan 
man im Adener Gerichtshaus Somäli fehen, die wegen „Entmwendung und 
Landftreicherei” beftraft werden. Eie ftehlen jelten Werthvolles, aber „ent- 
wenden” Stleinigleiten, um leben zu können. Ihr Mundwerk leiſtet auch 
trefflihe Tienfte. Ein Somäli wird nie die Antwort jchuldig bleiben. 
Ihn einzujhüchtern, gelingt jelbft dem Richter nicht. 

Die Negierung hat öfters verfucht, fi) der überzähligen Somaͤli zu 
entledigen. Einmal hatte man ſchon angekündigt, 2000 follten eingejchifft 
und nad Haufe transportirt werden. ber dies Volk ift jo ſolidariſch, 
daß dadurd) aud) die beffere Claſſe jich getroffen fühlte, umd eine gemein— 
fame Drohung an die Regierung gelangte, fie würden alle auswandern 
und den Marft von den nicht mehr verjorgen. Da fie für dieſen nöthig 
find, fo gab man nad), obgleid) die Somali wohl ſchwerlich die Trohung 
ausgeführt hätten, da fie ja hier viel gewinnen. 


168 Der Kröfus von den. Oftindifche Kaufleute. 


Andere Mobammedaner. 


Diefe auf nur 100 Köpfe geſchätzte Rubrik der Einwohnerliſte begreift 
Perſer, Kabulen, einige wenige Afghanen u. |. wm. Davon fpielt nur ein 
einziger Dann eine Rolle, aber eine große, nämlich der Millionär Hafan 
Ali, ein Perſer. Er ift der einzige Kröfus unter den hieſigen Moslems, 
was diefe nicht wenig demüthigt, denn er ift natürlich ein Schi ite, der 
Mehrzahl der Adener ein Gräuel. Er ift ganz plöblich reich geworden, 
nämlich durch glüdliche Speculationen zur Zeit des abeſſiniſchen Feldzugs 
von 1867. Seit er reich ift, bat ſich eine jo zahlreiche Sippſchaft bei ihm 
eingefunden, die er füttert, daß man falt jeden mohlgelleideten hieſigen 
Moslem für einen Vetter von ihm Halten Tann. Auch die Sunniten fom- 
men viel in fein Haus und ſchmeicheln ihm. Er ift freigiebig, wohlthätig; 
am Freitag und Feſten fpeift er viele Hunderte. Seines Glaubens hat 
er gar fein Hehl und läßt feine Gelegenheit vorbeigehen, den Sunnitismus 
zu verſpotten. Ex treibt dies jo weit, daß er die Schafe des Opferfeftes 
nad) den drei erften Imämen (Abu Belt, "Omär, "Ctmän), die vom Sun- 
niten hochverehrt, dem Schi iten ein Gräuel find, benennt. Kommt der 
Opfertag, jo ruft er feinen Knechten: „bringt Omaͤr (oder Abu Bekr :c.), 
daß id) ihm den Hals abjchneide”; und Abends erzählt er im Freundes⸗ 
kreis: „Heute haben wir Omaͤr geſchlachtet und morgen eſſen wir ihn.“ 
Wenn das ein orthodorer Sunnite mit anhört, fo freut fih Hafan. In Aden 
fann er da3 magen. Wären aber die Engländer nicht bier, ſeines Lebens 
würde feine Stunde fein. Gegen Europäer iſt er ſehr tolerant und ge 
fällig. Sein Landhaus in Schech Otmän kann fo zu jagen ala Cajino 
betrachtet werden, denn jeder Europäer fteigt dort ab und genießt feine 
Gaſtfreundſchaft. Oft bleiben Jagdgefellihaften Wochen lang da. 


Bantanen. 


Diefe Angehörigen der oftindifhen Kaufmannäfafte bilden den com⸗ 
merciell wichtigften Theil der Adener Bevölkerung. Aller Großhandel, alle 
Bank- und Werhjelgefchäfte find in ihren Händen. Wie überall, mo Ba— 
nianen leben, beherrſchen fie den Markt durch ihren Affociationsgeift und 
ihre großen Gapitalien. Sein Europäer kann gegen fie auflommen. Sie 
find jet hier auch die Grundbefiger geworden. Die Mehrzahl der Adener 


Indifche Kaufmannskaſte. Neger in Aden. 169 


aler ift ihr Eigenthum. Im Uebrigen gelten von ihnen alle Vorzüge, 
che bei Beiprehung der Banianen in Maflauma erwähnt murben. 
A mag über ihr Heidenthum, über ihren Abſcheu vor Fleiſchgenuß 
en kann einen Banianen dur ein borgehaltenese Stüd Fleiſch in die 
ht jagen) und manches andere Seltſame fpotten, aber jeder fühlende 
sich kann nicht anders, al3 Sympathie für fie empfinden. Tenn wel- 

fühlende Menſch wäre nicht auch ein Thierfreund? und das find bie 
zionen im höchften Grade. Dir war e3 immer rührend, wenn ic) jah, 

mein Hausherr, ein Baniane, die alten Kühe und Ochſen, die dem 
Hächter oder gar dem Schinder übergeben werden follten, anfaufte und 
en in feinem Stall bei gutem Futter eine glüdliche letzte Lebenszeit be- 
ete. Pferde giebt es nicht viele in Aden. Aber die wenigen alters» 
sachen, die vorkamen, wurden von Banianen gelauft, die ihnen das 
adenbrod gaben. Dabei war nun gar nicht Religion im Spiele, denn 

Dferd gilt ihnen nicht für Heilig, wie die Kuh, ſondern lediglich mit- 
Spolle Gefinnung und Herzensgüte. 

Der Name „Banianen” wird in Aden mißbräuchlich aud anderen 
miſchen Hindus, die nicht zur Kaufmannskaſte gehören, beigelegt. Dar- 
er find viele, die zu einer der Pariaclaflen gehören. Cine Claſſe, die 
te, ift faft ausfchlieglich mit Grubenausleerung beſchäftigt. Die Adener 
3rte haben nämlich in den guten Häufern meiſt feine Ganäle, da folde 
dem Waflermangel leicht ftoden, fondern der Unrath fällt in Körbe, 
he die indiſchen Parias täglich ausleeren und ihren Inhalt abführen. 


Neger®). 


Unter der „Verſchiedene“ benannten Rubrik find die Neger am zahl- 
bften vertreten. Sklaven giebt es natürlich in Aden nicht, wohl aber 
>» Menge Neger, die von engliichen Kriegsichiffen aus der Sklaverei be: 
t wurden. Dan nennt fie gewöhnlich fcherzhaft „seedy boys“. Died 
rt drüdt etwa das aus, was vulgo im Deutſchen „auf dem Hund“ 
3t, denn dieſen Cindrud machen die armen Neger, wenn fie von den 
lavenſchiffen kommen. Hier ift nicht mehr die Rede von ſchönem ſchwar— 

(jubäthiopiihem) Menſchenſchlag, edlen Zügen und Yormen. Es if 


Die Juden und die arabiihen Pariad werben in den folgenden Gapiteln im 
ammenbang mit ihren Geſchlechtsgenoſſen in ganz Südarabien beſprochen. 


172 Kleinlicher Handelögeift der Parfi. Ihr Aeußeres. 


„D ich wollte es nur wifjen, weil ich hier ein Paar Flaſchen Eham- 
dagner kaufen und einem Freund aufs Schiff ſchicken will.“ 

„Dazu haben Sie Zeit. Das Schiff geht erfi um halb vier,“ fagte 
der Parſi, der auf einmal Alles verftand und Alles wußte. 

Uebrigend ift der Parfi feig Er wird nie wegen einer Obrfeige 
Hagen, wie der gemeinfte Somali, ja wieder Neger es thut. Warum auf? 
Das Strafgeld bleibt ja der Regierung und ift folglich fein Schmerzen 
geld. Im Gegentheil, er küßt die Hand, die ihn gejchlagen, wenn dieſe 
ih zu Ankäufen öffnet. 

Ihre Namen enden alle auf „dſchi“ und nehmen filh engliſch (jee) 
geſchrieben komiſch genug aus. Jeder hat zwei jo endende Namen. So 
lieft man die Yirmen: „Eduljee Sorabjee“, „Cowerjee Bostanjee“ ıc. 

Ihre Tracht ift ſeltſam, namentlih der Hut, eine Art orientalijcher 
Biſchofsmütze, welche jelbft die beibehalten, die ſich fonft europäifch Heiden. 
Die Kinder werden jehr bunt herausgeputzt. Aber fie haben von Kindern 
nichts, al3 das Alter. Sonft fehen fie gerade fo verjchmigt und krämer⸗ 
haft aus, wie die Alten. Schöne Kinder babe ich unter ihnen nicht ge 
fehen, fondern nur Heine altkluge Geſichter. Parſifrauen giebt es bier 
wenig. Selbft dieje jehen übrigens wie die Fleiſch gewordene Speculation 
aus. Auch die Männer find meift häßlich, im Alter übermäßig fett. De 
bei das Raubvogelgefiht. Doc fieht man bier und da einen fchöneren 
Parſi. Solche nehmen ſich bei ihrer hellen Haut, ſchwarzem Bart und 
Auge ganz wie Südeuropäer aus. Man könnte einzelne derſelben für 
Staliener halten, wäre die Tracht nicht. 





Die Parſi in Aden und ihr Handel. 171 


Parſi. 


Obgleich ſehr geringzählig, ſpielen die Parfi in Aden doch eine wich— 
tige Rolle. Sie ſind die Allerweltslieferanten. Ohne ſie würde es den 
Europäern faſt an Allem mangeln. Außerdem iſt der Parſi bemerkens⸗ 
werth, als derjenige unter allen Aſiaten, der am Leichteſten europäiſche 
Sitten und Cultur annimmt. Alle Parſi in Aden ſprechen engliſch, viele 
leſen und ſchreiben es. Religiöſe Vorurtheile ſcheinen ſie wenig zu haben. 
Ihre einzige tadelnswerthe Bigotterie beſteht darin, daß fie non ihrer un- 
finnigen Begräbnißmeife nicht laffen wollen, welche, wie ſchon oben gefchil- 
dert, das Land mit einem Heerd von Srankheiten bedroht. Sonft find fie 
die „vernünftigften” aller Orientalen. Sie haben viel Handelögeift. Aber 
es ift mehr ein engherziger, der Geift eines SKrämerd und Wucherers, als 
der eine3 großen Kaufherrn. Deshalb ift auch al’ ihr Handel (hier in 
Aden) mehr oder weniger Detailgejchäft, das ſich nur bei einigen zum grö- 
ßeren Lieferungsgeſchäft aufſchwingt. Der eigentliche Großhandel, wie ihn 
die Banianen betreiben, die Bank- und Wechſelgeſchäfte find nit in 
Händen der Parji. Ein Parfi wird nämlich nie mit Darleihen freigiebig 
fein, wie der Baniane: die einzige Bedingung des großen Handels im 
Orient. Er will fein Geld ftet3 zu Wucherzinjen anlegen, während der 
Baniane oft gar keine Zinfen in Geld nimmt, fondern feinen Vorteil aus 
der fpäter, oft erſt viel fpäter zu liefernden Waare zieht. 

Die Engberzigkeit der Parfi giebt ſich oft auf eine lächerliche Weile 
fund. Der Parſi ift zwar freundlich, gefällig, oft kriechend höflich, aber 
das Alles nur, wenn unmittelbarer Vortheil bevorfteht. Jemand, der nichts 
von ihm laufen will, exiftirt für ihn nit. Oft fommt es nun vor, daß 
ein Europäer Auskunft vom Parſi verlangt, da diefe Leute Alles willen, 
was im Hafen und auf dem Markt. vorgeht. Solche Auskunft giebt er 
aber nur einem Käufer. Ich ſelbſt ftellte einmal eine Probe an, die fol- 
gendes komiſche Nejultat hatte. Ich fragte einen Beſitzer eines jener 
Allermeltsläden am Hafen, die zugleich Kaffeehaus find, wann das Dampf- 
Ihiff abginge? Steine Antwort. ch fragte jo oft, bis endlich der Parfi 
nicht mehr vorſchützen konnte, mich nicht zu hören. Nie habe ich ein Ge- 
ficht gefehen, welches jchlagender blafirte Gleichgültigkeit ausdrüdtee Mit 
der unſchuldigſten Miene von der Welt jagte mir der Parſi, aber faum 
hörbar, „das wifle er nicht.” Die Scene änderte fi) aber ſehr, a G 
nun fagte: " 


174 Zoleranz der Zaͤidi gegen die Juden. 


arabien nie, ſondern bier berrichte ſtets das Hirten-, Nomaden- und 
Räuberleben vor. Die Juden fanden fi alfo nur in oafenartig verein- 
zelten ſtädtiſchen Mittelpunkten, wie Yathrib, Chaibar zc., und waren nidt, 
wie in Vemen, im ganzen Lande zerftreut. 

Ganz anders war es in Südarabien. Dies Land war eben ſchon im 
Altertfum civilifir. Die Nomaden waren bewältigt und regelmäßige 
ſtaatliche Einrichtungen, bürgerliche Verhältniffe gegründet worden. Handel 
und Wandel blühten und zogen die Juden an. Diefelebten dort ganz ähnlich 
wie in Europa, in größeren oder Heineren Gruppen, oft familienweife zer- 
ftreut, in manchem Dorf nur ein paar Familien, je nachdem es Erwerb 
gab. Das Land mar aljo fiher. Die Gründung des Islam freilich be 
drohte die Juden, namentlich thaten dies defien orthodore Secten. Als 
aber die tolerantere Secte der Zaidi in Yemen die Oberhand behielt, famen 
wieder beſſere Tage für die Juden. So lange die Imaͤme herrjchten, konnten 
„fie fich über das ganze Land ausbreiten. Seit deren Yall find fie zwar 
mehr angefeindet, befonder® in den von Schäfei bewohnten Gegenden, 
aber an Boden haben fie wenig verloren. Nur das von Schäfe i bewohnte, 
bürgerlihen Zuftänden abgeneigte Yäfi a hat fie ausgeftoßen. Im eigent- 
lihen Hadramaut waren fie niemals geduldet worden. Der dort hen: 
jchende Stamm, die Kinda, früher in Gentralarabien anſäſſig, ſcheint auch 
die härteren Anſchauungen aller Centralaraber in Bezug auf Fremde hier: 
ber gebradjt und durch die Annahme des Islam noch mit Fanatismus 
verſchwiſtert und ſomit verftärkft zu haben. Ueberall aber fonft in Süd 
arabien finden wir nad) wie vor Juden durch's ganze Land zerftreut, grade 
wie in civilifirten Ländern, nicht allein in compacten Gruppen, wie m 

anderen fanatifchen Staaten. 

Es ift bekannt, daß das Judenthum in Yemen unter Du Nomäs*) 
zur ftaatlichen Herrfchaft gelangt und ganze Araberftänme zu ihm überge: 
treten waren. Mit der Einführung des Islam fielen dieje größtentheilg wieder 
ab. Ihr Moſaismus war wohl ftet3 nur ein oberflächlicher. Es ift wenig: 
ftens unzweifelhaft, daß die heutigen Juden Südarabiens größtentheils rein 
i8raelitifchen Urfprungs find. Vielleicht, daß die Rechabiten, jener nach dem 


*) D. h. der Inhaber der Ringelloden. Diefe Loden find gewiß die jüdiſchen 
Pais gemejen, welche noch heute bei den Juden Yemens jehr zierlid) getragen wer- 
den und wohl bei dem „Ihönen“ Dü Nowäs als Yierde gepriejen werden konnten. 


PRO N) 111}; der füdarabifchen Juden. 175 


in Norden Yemens lebende jüdifche Bebuinenftamm theil- 
Urſprungs find. Aber die ſeßhafte Bevölkerung weit 
: Spuren arabifcher Elemente auf. 

amnomie, Hautfarbe, jelbft ihr Gliederbau, find jo grund- 
” dem der übrigen Südaraber, daß an eine innigere Ver— 
"m denten if. Ich ſah Juden aus allen Theilen Süd— 
“oe zeigten denjelben Typus. Die Südaraber find flein, 
or umter, oft über Mittelgröße. Erſtere find mehr gedrungen, 
Die Hautfarbe der Einen ift duntel, oft faft ſchwarz, die 
nets weiß, oft weißer, als die mancher Eüdeuropäer. Die 
eu ſind gedehnt, regelmäßig, die der Südaraber Hein, zierlich. 
. zzübaraber ift jehr fraus, daS der Juden leichtgelodt, oft 
" jo dab die Pais, die befannten Hängeloden, welche hier 
„ jein, aber lang getragen werden, nur wenige lodige Win- 
Ein Südaraber würde gar nicht im Stande jein, ſolche 
. die das Geficht einrahmen; fie würden ſich bei ihm als 
rn die Schläfen ballen. Im Ganzen find die füdarabischen 
‘höner Menſchenſchlag, der an Schönheit nur den jpani- 
+titeht, aber die polnifchen meit übertrifft. Namentlich die 
ft allerliebite Gefichter. Die Erwachſenen jehen in Folge 
wy: Arbeit, die fie verrichten, oft vor der Zeit vermwittert aus. 
»u dann leicht etwas allzu Gedehntes an, was durd) die 
naoch vermehrt wird. Der BartreichthHum der Juden 
— angenfäliges Unterſcheidungs⸗Merkmal vom jüdara- 
it bartlog iſt. Nur eines haben die Juden mit den 
»ı5 It die Magerkeit. Hierin unterjcheiden fie ſich 
uden der ſpaniſchen (jephardiichen) Unterabtheilung, 
; an In Tunis angefiedelten) eine außerordentliche 
{it vorhanden if. In Südarabien dagegen habe 
Hlbeleibtes Individuum gejehen; die Männer 

„ar oft eine auffallende Magerfeit. 
:hren, ob es unter der ſüdarabiſchen Juden- 
aintlich ſollen die erften jüdiſchen Anfiedler 
ud) der Name anzudeuten ſcheint, dieſer 
ne Nachfragen erhielten eine entſchieden 
tätige wird, was ſchon Niebuhr ?* 

at. In Aden, mo die anjdi 


176 Synagogen in den. Beſuch beim Oberrabbiner. 


Schaft nur eine einzige große Synagoge befitt, beftehen zwar noch zwei 
Heine Gotteshäufer, die nicht von den Adener Israeliten, fondern nur von 
fremden, aus dem Innern gelommenen beſucht werden. Aber ein Unte- 


ſchied im Bekenntniß findet doch bier nicht ftatt, wie mir der Oberrabbine 


von Aden verficherte ; er jagte, die Leute aus dem Innern fühlten fi) dırd 
die Nähe der meift reicheren und civilifirteren Adener gewiſſermaßen gede⸗ 
müthigt, und das ſei der einzige Grund, warum fie fi) abjonderten. Rad 
Anderen befteht jedoch in der Abendgebetsftunde ‚ein Unterſchied, welche bei 
den Einen feft auf 6 Uhr firirt märe, was jedoch nicht viel auf ſich hat, 
denn in Aden geht die Sonne faft immer um 6 Uhr Abends unter, da & 
nur 12° nördlih von der Linie liegt. Uebrigens bietet die große Syna⸗ 
goge faum Pla für die Fremden, denn die Adener Judenſchaft zählt an 
2000 Köpfe, jo daß an jedem Feſttag fich immer viele Hunderte dort 
einfinden. 

Als ih an einem Yreitag Abend die Synagoge befuchte, fand ich fie 
dicht mit Menfchen gefüllt, Alle jehr wohl gekleidet, die Sfnaben mitunter 
prachtvoll und mit filbernen Zierrathen behangen. Der Boden war mit 


Ihönen Teppichen bededt, eine Unzahl Lampen angezündet; der Schrein, 


in welchem die Thora aufbewahrt wird, war kunſtvoll geſchnitzt und reih 
verziert. Während des Gottesdienftes führte man mich nicht herum, mie 
dies in Cairo bei den Karaiten gejchehen war, fondern wartete das End 
ab, um mir die Thora zu zeigen. Diefe war auf langen LZederrollen ge 
Ichrieben, und ich erfuhr, daß in Südarabien jede Synagoge foldhe Lede:- 
rollen befite. Auch außerdem find eine Menge folcher Rollen vorhanden 
und nicht Schwer zu erwerben. Deren follen noch jet beichrieben werden. 
aber nur im Innern; in Aden ſelbſt giebt es keine Schreiber, welche diele 
Arbeit ausführen. 

Am folgenden Sabbath machte ih dem Oberrabbiner einen Beſuch 
Diefer führt den Titel „Meri" (a) und das foll überhaupt die Be- 
zeihnung aller höheren Rabbiner Südarabiens fein. Es ift mohl de 
haldäifche Mare (Herr), das auch im Syrifchen in der Form „Mar“ eine 
jo große Rolle fpielt. (In Can ä foll man nad Wolf Möre ausſprechen 
Sein Name ift Menahem ben Mefcheh, fo nämlich wird hier der Nam 
Möfcheh ausgeſprochen. Der Meri war ein ehrwürdiger Greis, Hochbetagt 
und ſchon vom Alter gebüdt, nebenbei auch ſehr kränklich, jo daß er mid 
auf dem Ruhebett liegend empfing. Seine Gelehrfamleit ſoll groß fen: 
er ift übrigens der einzige hier anfällige Jude, der bedeutende Kennmiſſe 


Ausiprache des Hebräifchen bei den Adener Juden. 177 


4. Die Bücher, deren er fi) bediente, waren meift europäiſche Drude; 
ea jedoch auch Handichriften auf Leder. Er Hagte mir, daß feiner 
per Söhne ſich der Gelehrſamkeit gewidmet habe. Aden ei tberhaupt 
ſqlechtes Terrain für diefe; man fände hier zu leicht anderweitige und 
Mrögfidjere Beichäftigungen. Nach feinem Tode müffe man mohl einen 
Beben Lommen lafien, um einen gelehrten Meri zu haben. Ich wurde 
> trefflihen weißen, fait ternlofen Rofinen (den berühmten aus Can'd) 
BB englifchem Liqueur tractitt. Das gebrannte Waſſer gilt immer für er- 
tt, während bloß gegohrene Getränte von Juden zubereitet fein müſſen. 


>  Spnterefiant war mir, was mir der Meri über die landesübliche Aus- 
Inpche des Hebräifchen ſagte. Dämez wird wie ö ausgeſprochen, ebenfo 
3 chatuph, nur kürzer. Zere ift €, Segol aber a und von Patach 
Mexı unterjchieden. Ehölem lautet auch wie €, fo daß man Meicheh, Neief 
R |. w. jagt, doc) ift diefes € nicht ganz fo lang, wie Bere. Das Beth 
‚Vier flets hart, nie aspirirt, nie bh, felbft wenn es ohne Dageſch fteht. 
Zaͤde Hingt fehr weich, faft mie englijches z und deutiches ſchwaches 8. 
Doph wird in Aden felbft mie Q, in Can ä dagegen foll es wie G 
a Gott, gut) ausgeſprochen werben. Dieſe EigentHümlichkeit ift wohl dem 
bes Dinlelts von Yemen zuzujchreiben, in welchem das arabiſche 
auch wie G Eingt. Daleth und Thau ohne Dageſch aspirirt, wie bei 
hen ſpaniſchen Juden, lauten etwa wie das engliſche th in the (ftarf) und 
Beir (ſchwach). 
VDie Stammestraditionen haben ſich in Bezug auf die Leviten und 
Su ohenim treu erhalten und werden in den Zunamen der Betreffenden zur 
Geltung gebracht. In Aden zählt man zur Zeit 30 Perfonen vom Ge- 
ſchlecht der Kohenim, dagegen nur 10 Leviim; man legt nämlich den er- 
Beren, obgleih auch vom Stamme Levi, doch im gewöhnlichen Leben nie- 
mals den Ramen Leviim bei, ja die Unmifienderen halten die Kohenim für 
einen eigenen Stamm. Alle übrigen Juden nennen ſich zum Unterſchiede 
vwon biefen beiden: Israeli“. Die Leviim befonders genießen faft größeres 
ME ggnichen, als die Priefterjöhne, was vielleicht daher kommt, weil die Sohe- 
” ie bier unverhälmißmäßig zahlreich find. 
Die Adener Juden find zum größten Theil Handwerker, Waffen- 
nede, Silberſchmiede, Mebger, Maurer, zu jeder Handarbeit gejciet. 
eheir-treiben fie eiwas Handel und Kleinere Wechjelgejchäfte. Der 
"mb die Bankgeſchäfte find hier nicht in ihren Händen, jondern 
12 


in, Belie nah Büdarabien. 






















Sicherung des Lebens der arabifchen Juden. 179 - 


Mörder eines Juden mit dem Tode zu firafen, da der Mord eben meiſt 
duch die Blutrache gefühnt wird: ein Recht, das jedoh nur dem Araber, 
nicht dem Juden zufteht. Die Juden würden alſo vogelfrei fein, hätte die 
ſüdarabiſche Völkerfitte Hier ſeit uralter Zeit nicht einen andern Ausweg 
ergriffen. Dieſer ift, daß man es für Schande erklärt, einen Juden zu 
tödten, was vollkommen den ritterlichen Begriffen von Ehre entipricht, da 
die Juden unbewaffnet find, und ein Unbewaffneter im kriegeriſchen Sinne 
nicht für emen Mann gilt. Deshalb hört man oft Araber jagen: „die 
Juden jind wie die Frauen; ines diefer beiden zu tödten, ſchändet den 
Dann.” Dies ift freilih nur dur Tradition, nirgends durch beftimmte 
Geſetze, welche überhaupt in vielen Gebieten von Südarabien fehlen, feft- 
gejeßt; aber die Traditionen ermweifen ſich bei diefen Völkern wirkfamer, 
als die Gefete, jedenfall3 wirkſamer, als das des Doräng, welches bier nie 
jo recht Fuß fallen fonnte, d. h. was feinen juriftifchen Theil betrifft. 
Sind fo Leben und Gut der Juden im Innern von Südarabien ge- 
ſichert, ſo ift doch ihre Stellung in jeder andern Beziehung keineswegs eine 
beneidenswerthe. Sie find einer Menge von Demüthigungen ausgejeßt. 
Wie in Marokko, dürfen fie feine Pferde, jondern nur Efel reiten.*) Be— 
gegnet ein jo berittener Nude einem Araber, jo muß er vom Thiere ab- 
eigen, e8 am Halfter führen und zur linken Seite ausweichen, während 
die Araber dies ſonſt zur rechten thun. In dem gezwungenen Ausweichen 
jur Linken liegt ein Schimpf. Bei Begrüßungen, die freilich zwiſchen 
einem Araber und Juden feltener vorfommen, ftredt jener diefem feine Hand 
mit meitausgeredtem Arm zum Kufie entgegen, ftreng die gehörige Diſtanz 
beobachtend, um nicht durch die Nähe des verachteten Juden berunteinigt 
ju werden. Der Araber hütet fich jedoch gemöhnlich vor jeder Berührung 
mit Suden. Beifpiele von einer Yamilien » Verbindung zwiſchen Arabern 
und Juden fommen gar nicht vor und die bloße Nachfrage danach ſchien 
meine arabifchen Belannten aus dem Innern zu jtandalifiren. Alle diefe 
Araber ſprachen ſich höchſt fanatiſch und verädhtlich Über die Juden aus, 
denen fie freilich nichts nachjagen konnten, als daß fie eben einem von ihnen 
verachteten Glauben angehörten. Das genügt aber in den Augen des 


*) Dies find dieſelben Demüthigungen, denen zu Niebuhr'3 Zeit in Aegypten 
alle Richtmoslems, jogar die Eonjuln europäiſcher Mächte außgejegt waren, weshalb 
legtere damals lieber zu Fuße gingen, als vom Privilegium, auf Ejeln zu reiten, 
Gebrauch machten. 

. 12* 


Zulunft der füdarabifchen, Juden. 181 


che nicht nöthig zu haben) und diefes Streben ift ſchon allein ein 
it. So könmen wir denm ohne Uebertreibung jagen, daß die 
von Men und lUmgegend ſich emporzuarbeiten beginnen. In 
Generationen werden fie wahrfcheinlih den Europäern nicht viel 
en. Die Rückwirkung wird fi) dann aud auf die Juden de3 
bemerkbar machen. 


Südarabien. 


Einundzwanzigſtes Capitel. 
Die ſüdarabiſchen Pariakaſten. 


Eigenthumlichkeit des ſüdarabiſchen Pariaweſens. — Religion der Parias. — Paria 
in Centralarabien. — Strenge Standesbegriffe der älteren Südaraber. — Arnauds 
Viertheilung der Parias. — Achdaͤm. — Abgeſondertes Wohnen. — Stammesſiol; 
der Beduinen. — Die tieffte Paria-ſtaſte — Schumr. — Ihr Gewerbe. — Moſchee⸗ 
verbot. — Kupplerinnen. — Eine Paria Sängerin. — Phyſiognomiſches. — Ein 
ſüdarabiſches Schönheitsregiſter in Verſen. — Dialekt der Parias. — Ihr Urſprung 
— Falſche Anſichten. — Unmöglichkeit ihren Urſprung zu beſtimmen. — Entftehung 
der Achdaͤm-Kaſte. — Verſchiedene Bezeichnungen für dieſe Kaſte. — Die Ahl Hayil. 
— Freiheit von Steuern. — Die Parias ſind keine Stämme. 


Es iſt eine höchſt merkwürdige Erſcheinung, daß in einem arabiſchen 
Lande, in dem ſonſt der Freiheitsſinn und Stammesſtolz der Bemohne 
auf's höchfte ausgebildet ift, neben diejen freien Stämmen zwei Menſchen⸗ 
claffen eriftiren, welche, obgleich fich nicht zu anderm Glauben befennend, 
dennocd eben fo jehr in den Bann gethan find, als wären fie die ärgiten 
Ketzer. Ueberall jonft, wo es Parias giebt, find fie dur das Belenntnif 
oder wenigſtens durch ein ſectenartiges Abweichen von der herrſchenden 
Religion unterſchieden. In Südarabien iſt dieſes nicht der Fall, und biete 
Thatſache macht die dortigen Parias zu einer Merkwürdigkeit, wie fie jelbi 
Oftindien nicht aufmeif. Der Umftand, daß der. befreiende und ſociale 
Gleichheit für alle „Rechtgläubigen“ predigende Mohammedanismus in 
Siüdarabien nicht ſo weit zur Geltung fam, um jene Kaſten zu emand- 





Ohnmacht des Islam in Bezug auf Emancipation x. 183 


piren, zeigt uns dieſes Land in einem ganz andern Lichte als Central- 
arabien. Es war eben ein uraltes eigenartige @ulturland, das felbft in 
feinem Verfall noch dem centralarabiichen Element Widerftand Ieiftete, und 
wenn es auch im Großen und Ganzen diefem allmählich unterliegen und 
feine Eigenheiten mehr oder weniger einbüßen mußte, ihm doch im Beibe- 
halten einzelner tiefgemurzelter Eigenthümlichkeiten trotzte. Zu letzteren ge= 
hörte auch das Beftehen der Paria-Kaſten. Die Parias glaubten vielleicht 
durch Annahme des Islams fi) zu emancipiren. Aber fie irrten fich. 
Das angeftammte Element der Kaſtenſcheidung erwies jich Fräftiger als der 
befreiende Einfluß des Mohammedanigmus. Weit entfernt, fie zur Gleich- 
heit zu führen, gab die jüdarabifche Auffaffung des Islam noch Gelegen- 
* heit, eine neue Sceidemand zwiſchen ihnen und der berrichenden Claſſe 
aufzurichten, indem legtere eine dieſer Kaſten ſogar vom Beſuch der Mofcheeen 
ausſchloß. Ein unerhörte und eigentlid) ganz „unarabiſches“ Verfahren, 
denn nur Seterodorie foll nad ächt mohammedaniſchen Begriffen von 
diefem Beſuch ausschließen, und diefe war bier nicht vorhanden. Aber 
alle unfere Begriffe von dem mas „arabiſch“ oder „unarabiſch“ ift, find 
eben ausjchließlih aus centralarabifchen Quellen entlehnt. Der Geift der 
alten ſüdarabiſchen Cultur fängt erft an fi uns zu offenbaren, feit die 
Inſchriften der alten Sabäertempel (vulgo himyiariſche genannt) in größerer 
Menge auftauden und mit vermehrter, wenn auch immer noch jehr mangel- 
after Deutlichkeit entziffert zu werden beginnen. Dieſer ſüdarabiſche Geift 
war ein anderer, als der des freien Beduinenthums, das jo recht eigentlich 
Gentralarabien kennzeichnet. 

Lesteres kannte zwar auch und kennt noch heute eine Art von Varia; 
doc) find dies herabgefommene Beduinen-Stämme*), die durch eine Kata— 
ftrophe (Krieg, Raub) ihr Gut verloren haben, aber doch meift noch als 
Gruppen ſtammesweiſe zufammenteben, nicht, wie die ſüdarabiſchen Parias, 
feßhafte Bewohner, die unter fih nur Schwache Beziehungen haben und 
durch's ganze Land zerftreut find. 

Auch ift es unerhört, daß in Gentralarabien Jemand wegen feines 
Standes, und fei er auch anrüdig (denn etwas anderes iſt die Kaſte in 
Yemen nit), vom Beſuch der Moſcheeen ausgejchloffen würde. 


*), Herren Profefior Sprenger verbante ih folgende Notiz: Es ſcheint, daß zu 
Mohammed's Zeit die Banuͤ Lihb, ſüdlich von Mekka, Paria waren. In der ſyriſchen 
Wuſte find jetzt noch die Beni FEleb (Folaib) der geächtete Stamm. Sie haben nur Eſel 
und fommen nad) Damascus, um Trüffeln zu verlaufen, woran die Wirte \ehr reiht. 





Die Achdaͤm oder erite Pariakaſte. 185 


Name Schafuli ift dort unbelannt. Bon den Achdaͤm gilt das, was Ar- 
naud von den zwei erften, von den Schumr da3, was er bon den zwei 
legtern feiner vier Claſſen jagt. 

Der Name Ahdam (im Singular Chädem) bedeutet „Diener,“ und 
dies Wort bezeichnet genau ihr Verhältniß zu der herrichenden Race. Eine 
Menge von Gewerben ift bei den folgen Bebuinen verachtet, und diefe 
verrichten die Achdam. Sie find Gerber, Wäfcher, Töpfer, Schlächter und 
gelten für befudelt durch diefe mehr oder weniger unreinen Gewerbe, aber 
doch nicht in dem Grade für unrein, um auch den aus ihren Händen her⸗ 
vorgehenden Gegenftänden ihre Unreinheit mitzutheilen. Letzteres foll bei den 
Schumr der Fallfein. Die Achdaͤmkommen, wie erwähnt,in Mofcheeen, aber nicht 
in die Häujer der Araber. Sie wohnen ſtets abſeits, gemöhnlich außerhalb 
der Städte und Ortichaften. Sogar in Aden, wo doch die Kaftenbegriffe 
durchaus feine officielle Geltung haben, lieben es die Achdaͤm, ſich abzu- 
ſondern und bewohnen ihr eigenes Viertel. ch befuchte diefen Stadttheil 
ofters, aber nie gelang es mir, von den dortigen Achdam über ihre Kafte 
Aufſchluß zu erhalten. Der Uebelftand ift, daß der Name diefer Kaſte ein 
Schimpfwort geworden ift, und daß man alfo durch die Yrage danadı, 
ſchon von vornherein Anftoß giebt. Alle nichtarabiichen Einwohner Adens 
d. 5. die Mehrzahl, wiſſen auch nicht zwiſchen Achdaͤm und anderen armen 
Arabern zu unterfheiden, und fo fühlen fich die Ahdam hier von dem Bann 
erlöft, der im Innern auf ihnen laftet. 

Wie ein Sträfling, den man in der Strafanftalt ſelbſt antrifft, feine 
Eigenſchaft nicht verleugnen kann, fo müſſen auch die Achdaͤm im Innern 
des Landes, wo die Kaftenbegriffe Geltung haben, eingeftehen, zu welcher 
Claſſe fie gehören. So fonnte ich mir denn auch in der Hauptftadt des 
"Abädel-Sultanats, Labeg, viel beſſer Auffchluß über fie verichaffen. Na⸗ 
türlich geftehen fie auch dort ungern, daß fie zu den Pariad gehören. 
ragt man einen der Achdam, ohne daß ein anderer Araber dabei ift, mas 
er Sei, jo wird er fich für einen Bebuinen ausgeben. In Gegenwart eines 
Beduinen aber kann er dies nicht wagen. Schimpf und “Prügel würden 
dann fein Loos fein; denn der Bebuine ift unbändig im Stammegftolz. Aber 
auch die Ahdam Haben ihre Art von Stammesſtolz. Dean Tann ihnen 
feine größere Beleidigung anthun, als wenn man fie fragt, ob fie nicht 
eiwa zu der Claſſe der Schumr gehörten? Bon diefer Beihuldigung rei- 
nigen fie ſich mit den heiligften Eiden, und nichts ift ihnen fchredlicher, als 
jo etwa8 hören zu müfjen. Sie können freilih dem eemden ver dem 


Antagonigmus der beiden Parinkaften. 187 


. sch ermweift fich der Kaſtengeiſt jo mächtig, daß ein Schimri, und treibe er 
weh ex wolle, fich nicht über jeinen tiefen Stand zu erheben vermag. Er 
hört ihm durch die Geburt, nicht durch ein Gewerbe an. 


Daß ein Schimri ed nicht wage, eine Mofchee zu betreten, dafür for- 
‚gen die Achdaäͤm, denn überall, mo es Schumr giebt, giebt es auch jene. 
SEurch den Moſcheebeſuch würde ſich ein Schimri zum Chädem auffchtwingen, 
Mas freilich den übrigen Arabern gleichgültig ift, mas aber die Achdam 
el die größte Schande für fich anfehen würden. Ich glaube deshalb, daß 
jenes Verbot weniger von ben Urabern, als von den Achdaͤm, ausgeht, 
Sefonders da es nur traditionell, nicht aufgezeichnet iſt. Da die Achdäm 
fat überall numeriſch ſtärker ſind, als die Schumr, ſo können ſie es auf— 
recht erhalten. 
Da in Yemen die Achdaͤm die meiſten derjenigen Gewerbe ausüben, 
welche die anderen Araber verſchmähen, ſo bleiben den Schumr nur wenige. 
Dazu gehoͤrt allerdings auch das der Abdecker. 


Daß die Schumr fo meiſtens in großer Armuth ſchmachten, iſt er- 
Hari. Daß auch ihre Moralität nicht immer die befte ift, läßt fich ver= 
muthen, obgleich die Araber gewiß in ihren Beichuldigungen übertreiben- 
So ſcheint e3 ganz miderfinnig, die Schumm = Weiber des YFeilbietens ihrer 
Reize zu bejchuldigen, denn wem ſollen fie dieje feilbieten? Wenn man die 
Araber danach fragt, willen fie feine Antwort, denn ein Araber würde fich 
mie mit einer Paria einlafjen, und befäße fie auch die Reize einer Cleopatra. 
Aſo vielleicht den Achdam? Diefe aber find noch mehr von Vorurtheilen 
gegen die Schumt erfüllt. In Aden freilih ertappt man die herumzie— 
benden Sängerinnen von der Schumr⸗Kaſte zuweilen auf Kuppelei. Aber, 
recht bezeichnend, fie verluppeln nicht ihre Etammesangehörigen, jondern 
Fremde. Diejelbe Schumr-Frau, welche die Kupplerin fpielt, wird, wenn 
fie jelbft zu Männern in's Haus beftellt wird, um dort zu fingen, fid) 
von ihrem Ehemann begleiten laſſen. 


Alle Schumr, welche ich fennen lernte, namentlich aber die Frauen, 
waren von einer ganz bejondern Lebhaftigfeit. Gewöhnlich treiben fie ihr 
Weſen auf der Straße. Dort muficiren fie, fingen, und find dabei in be- 
Händiger, aufgeregter Bewegung. Da die Araber fie nie in’s Haus fommen 
laſſen, jo ift ihnen das Singen bei ruhendem Körper ganz ungewohnt. Ich 
ließ einmal eine ſolche Sängerin zu mir führen, um die Worte ihr Uns 
aufzujchreiben. Sie lam aber begleitet von zwei Männern, rem um 





Dialekt der Schumr-Pariad. Ihr Typus. 189 


Hüte di vor den Schenkeln! Er ſprach, die Schenkel find zwei 
Blätter des Kadibaums *). 

Hüte did) vor den Beinen! Er ſprach, die Beine find zwei Leuchter. 

Hüte did vor den Füßen! Er ſprach, die Füße find zwei Panther. (!) 

Endlich rief er aus: das ift ja eine Fülle der fchönften Gemälde! 


Diefes, ſowie alles, was ih von den Schumt hörte, war ganz im 
Dialett von Yemen gehalten. Weberhaupt Habe ich durchaus feine Spur 
bon einer eigenen Sprade der Schumr entdeden fünnen. Dergleichen 
wird wohl zuweilen behauptet, aber es hat ſich mir immer als unftichhaltig 
erwiefen. Aehnlich verhält es fich mit den Phyfiognomien. Auch in ihnen 
will man etwas Fremdländiſches entdedt Haben. Sie follen fi dem 
Negertypus nähern. Ihre Hautfarbe ſoll dunkler fein, als die der anderen 
Araber. Alles dies konnte ih nit finden. Ich ſah zwar auch recht 
dunfelhäutige Schumr, aber fie waren es nicht mehr, als die Araber, unter 
denen fie lebten; denn auch die Bewohner des tiefften Südens von Arabien 
find faft ſchwarz. Die Schumr aus den nördlichen Gegenden aber zeigten 
eine ebenjo belle Haut, wie die dortigen Araberftämme Zumeilen ſieht 
man wohl etwas gröbere Phyfiognomien unter den Schumr, als unter den 
Arabern ; aber biß zum Negertypus ift es Doch noch weit. - 

Sprache und Aeußeres können und deshalb nicht leiten, um den Ur- 
ſprung der Schumr zu entdeden. Die Tradition der Südaraber, daß 
fie von befreiten Negern ſtammen, jcheint mir durchaus merthlos. 
Andere halten fie für Ablömmlinge der Abeffinier, die im zweiten Jahr- 
Hundert vor Mohammed in Yemen herrſchten. Arnaud gar glaubt in ihnen 
die Ueberbleibfel der nad ihm faft untergegangenen Himyaren zu erbliden, 
wa3 ganz faljch ift; denn die himyariſchen Stämme erden und bon Ham- 
dani genannt und find nod Beute in Sübdarabien fehr wohl unter den 
von ihm angegebenen Namen zu traciren. Sie find keineswegs unter- 
gegangen, fondern bewohnen noch jetzt ihr altes Gebiet, den tiefften Süd- 
weiten Arabiens. 

Bon allen diefen Theorien läpt ſich feine einzige bemweifen.. Das 
Klügfte ſcheint mir, offen einzugeftehen, daß uns ihr Urfprung gänzlich un= 
befannt if. Daß fie die Refte eines eigenartigen, nun als Nation unter: 


*) Die Kadiblätter find ihres Wohlgeruchs und ihrer jchönen vorm wegen bes 
liebt. Letztere ift genau die eines wohlgebildeten Schentelß. 


190 Urfprung und Name der Achdaͤm. 


gegangenen Boltes find, ſcheint mir annehmbar, obgleich e& ſich and mät 
beweiſen und noch viel weniger beftimmen läßt, was biefes Vell wer‘ 
Sie find in Sübarabien ungefähr das, mas einft die Heloten in Epark‘ 
maren. Nun denfe man ſich die Geſchichte Sparta's wäre nicht acht 
ſchrieben, fo würden wir in den Heloten ein’ ganz ahnliches eifnslogifäe 
Rathſel haben, wie jegt in den Schumr. 

Der Urfprung derAchdäm dagegen ſcheint mir eim anderer, und nid | 
auf eine ethnologiſche Quelle zurüdzufüßten. Es kommt nämlich ud’ 
heutzutage, wenn auch felten, vor, daß ein Araber, meift immer ans ie 
unterften Claſſe der Städtebewohner, zum Berhältniß eines Chäberh hinch 
fintt. Die befreiten Neger werben aud oft in bieje Kaſte eingereift. 
Schimri dagegen wird man nur buch die Geburt. Der Stand der A 
dam knüpft fi an Gewerbe, die freilich meift auch erblich find, bie ober 
auch zuweilen von Leuten in die Hand genommen werden, denen fie mid 
angeerbt waren. So erzählte mir ein Bewohner des Wädi Di’en, bei 
dort ein Menſch, Namens Bahadur, ſich dem Töpferhandwerk ergeben hake; 
da dies für unrein gilt, jo ſank er in ein Paria-Verhältniß hinab, und fm 
Name „Bahadür“ wurde die Bezeihnung für eine Claſſe von Auswirk 
lingen, welche dafjelbe Gewerbe betrieben, obgleich fie feine gemenlogiice 
Einheit bildeten. Aber dies Verhältniß war von der milderen Art, niht 
von jener fttengeren Erclufivität, deren Opfer bie Schumr find. Lepiee 
giebt es überhaupt in Hadramaut nicht. 

Der Name Achdäm ift gleichfalls außerhalb Yemens nicht in demid- 





Abgabenfreiheit der Parias. Ihre Zukunft. 191 


Städte von dieſen „Ahl Hähik“ bewohnt, 3. B. die Stadt Rauda zwijchen 
Höta und Habbän. In Habramaut dagegen find es die Mebger, deren 
Gewerbe den Namen für die Bariad abgeben mußte. Sie heißen dort 
3abih (für Däabih), d. h. Schlächter. 

Die Pariad genießen übrigens infofern eine Entſchädigung für den 
focialen Unglimpf, den fie erleiden, als fie gänzlich frei von Abgaben find. 
In einzelnen Gegenden von Yemen follen fie zwar nach Arnaud zur Leis 
flung von Yrohnden genöthigt werden. Nach allem, was mir befannt 
wurde, find fie jedoch aller Zaften ledig. Man hält es für Schande, wenn 
ein Sultän oder Schech etwas von den Achdaͤm erhebt. Im Gegentheil, 
e3 gilt für jehr ehrenvoll, dieſelben reichlich zu beſchenken, beſonders wenn 
fie jemand zu Ehren muficirt haben. Bei feitfichen Gelegenheiten Tieben 
es die Araber, prahleriiche Geſchenke zu machen, und diefer Brauch kommt 
den Mufitanten jehr zu ftatten. Namentlih die Hochzeiter werden in 
Gontribution gejett. Ein Mann aus Bea erzählte mir, er habe gejehen, 
wie ein Chädem einem Hochzeiter Alles bis auf3 Hemd abbettelte, und 
diefer ſich ſchämte, ihm etwas abzufchlagen. 

Was ift die Zukunft diefer Parias? Sollte es möglich fein, dak 
PBariagruppen in Yolge neuer, dur Zuwächſe entitandener Vergrößerung 
ſich fiegreich vertheidigten, wohl gar die Offenfive ergriffen, jo Selbſtach— 
tung wieder gemönnen und ſich Anſehen verfchafften? Dieſe Yrage wurde 
mir öfter geſtellt. Was die ſüdarabiſchen Parias betrifft, muß ich fie ver— 
neinen. Hätten wir e3 hier mit „Stämmen“ zu thun, wie in Gentralarabien, 
jo wäre es denkbar, denn ein Stamm kann ſich erneuern, wie Beijpiele 
zeigen. Dort giebt esnämlich wirkliche Stämme von Pariad. Die jüdarabijchen 
Baria dagegen haben jede genealogijche Tradition verloren. Sie ind über- 
haupt nicht direct aus Stämmen hervorgegangen, jondern treten nur in 
Verbindung mit ftädtiichem, bürgerlihem Weſen auf. Sie find gewiß ſchon 
in hohem Alterthum als Auswürflinge aus der veracdhtetiten Schicht der 
Städter hervorgegangen, nicht der freien, ritterlichen, jondern der in Arabien 
verachteten getverbebefliljenen Städter, die jelbft ſchon als ohne Stammeg- 
einheit und als Unterthanen der Dobäyel (freien Stämme) jehr tief ftehen. 
Nun bat man aber kein Beifpiel, daß ſolche Städter ſich ermannt und den 
Dobäyel, ihren Zmwingherren, Widerftand geleiftet hätten. Wie viel weniger 
alfo diefe Ausmürflinge jener Städte. Die Oobähel ſchimpfen die Städter 
Yeiglinge, und lebtere nennen wieder die Parias Yeiglinge, und da dieſe 
ſich's gefallen laſſen, fo find fie doppelte Feiglinge, aljo jeden Aufſchwungs 


Zweiter Theil, 


eographiſche Forſchungen im und über den ſüd— 
weſtlichſten Theil Xrabiens. 


— — — 


Erſtes Capitel. 
Allgemeines. 


Zweck und Natur der Forſchungen. — II. Meine Informanten. — III. Zuftande: 

men der Karte. — IV. Itinerarien. — V. Orographie. — VI. Wädis. — 

- Klima und Bodenerzeugnifie. — VIII Typus der Bevölkerung. — IX. Ab: 

Twmung der Bölfer. — X. Sociale Cintheilung der Südaraber. — XI. Beſtäti— 

g meiner Erfundigungen dur arabiihe Geographen. — XII. Ueber den Inhalt 
des beichreibenden Theile. 


L 3Zwed und Natur der Forfhungen. 


Zu den zahlreichen Lüden, welche die Stunde Arabiens noch aufweiſt, 
ört aud die, deren Ausfüllung durch diefe Forſchungen angejtrebt 
xde. Durch Wrede's wichtige Entdedungsreife ift ung zwar ein Theil 
' ans Arabiſche Meer (Indiichen Ocean) grenzenden Südarabiens be= 
nt und jo eine Ausdehnung von etwa 2 Längengraden und eben}o viel 
eitengraden aus der Maſſe des Unbekannten gerettet worden. Un 
orſcht*) blieben dagegen (bis auf die unmittelbare Hüfte) die Länder 





*) Die Reife Seetzens durch einen kleinen Theil diefes Gebiets, nämlich das 

von Aden bis Mocha, hat ein jo überaus dürftiges Material geliefert, 
wir wohl den Ausdrud „unerforjcht” feithalten können und in Botn& or- 
Ingsgebiet reiht das unjerige nicht mehr hinein, ſondern berigtt wur DEREN 
X 


>» Malpan eiſe nad Südarabien. \% 


194 Geographifche Erfundigungen bei Arabern. 


öftlih und meftlih von diefem Neifegebiet. Hier Haben wir es mit dem 
weftlich davon gelegenen zu thun, d. h. mit dem Theil Sübarabiens, ber 
fih am Xrabifhen Meer von Bab el Mandeb bi etwa zu 489 öftlicer 
Länge von Greenwich Hinftredt und im Norden als fernſten Punli 
15° nördl. Breite erreicht. in Eleiner Theil dieſes Gebiets, nämlich der 
zwifchen 46° 40’ und 489 öſtl. Länge von Greenwi und 130 30 
und 14° 40’ nördl, Breite gelegene wurde im Juli 1870 durch Mun- 
zinger und Miles bereif. hr Neifegebiet ſchloß fi im Welten an 
das Wrede'ſche an. 

Ih war in der Abjicht nach Aden gelommen, durch eine größer 


Reife ind Innere Licht über diefen Theil Arabiens zu verbreiten. Ber 


hinderungen verſchiedener Art beichränften jedoch meine eigenen Reihen 
auf die Aden zunächſt gelegenen Sultanate. Mit diefem Rejultat nidt zw 
frieden, warf ich mich auf ein anderes Forſchungsmittel, nämlich auf bie 
Erfundigungen bei Eingeborenen. Man glaubt mit Unrecht, daß bie 
Araber nur falſche Vorftellungen über ihr Land verbreiten können. Hör 
man freilih nur einen oder zwei Berichterftatter, jo mag das Refultat oft 
jehr irre führen. Zieht man aber gewilfenhaft bei einer großen Anzahl 
Erkundigungen ein, vergleiht und prüft man dieje, jo ift e3 faft unmög 
lid, daß man ein durchaus falfches Bild vom Lande befommt. Gin 
Beweis Hiervon hat in einem andern arabiſchen Lande ſchon der franz 
fifche General Daumas geliefert. Es ift befannt, daß er, zu einer Ja 
al3 nur ein Theil Algerien unterworfen war, vermittelft eines förmlif 
von ihm organifirten „Bureau de recherches“, welches von allen nad 
Algier verjchlagenen Eingeborenen der noch nicht untermorfenen Länder 
theile ausführliche Berichte über ihre Heimath einfammelte, das danlen* 


— ⸗ 
— —— 


werthe Reſultat erzielte, ſehr detaillirte und, wie ſich ſpäter herausfelt, 


im Ganzen auch überraſchend getreue Beſchreibungen der großen Kabyli, 
der algieriſchen Sahara und anderer damals den Europäern noch une 
fannter Diftricte liefern zu können. 

Es fam mir ſeltſam und bebauerlich vor, daß dergleichen nod mit 
von einem Europäer in Aden verfucdht worden war. Boch es war vr 
ſucht worden, aber von einem Araber, meinem Belannten “Abd el Bi 
dem Amtsfchreiber und Aftrologen. Freilich nur für einen Heinen Thel 
meines Yorjhungsgebiet3, nämlid Südyemen, und leider ſehr unvolllom 
men, denn der gute Aftrologe hatte fih begnügt, auf die Ausfagen va 
zwei Beduinen Hin eine Karte u verislen. Die Karte war natirli ! 


x 





Ein einheimifcher Kartograph. Informanten. 195 


faljd, aber dennoch Hat fie mir genügt, denn ich fand in ihr ein großes 
Material an Ortsnamen, die ich vielleicht fonft nicht erfahren hätte. Dieſe 
Ramen dienten mir als Baſis zu weiteren Nachfragen, und fomit bin ich 
dem Aftrologen für die Erforfhung Südyemens zu Dank verpflichtet. 


Größern Dank ſchulde ich den Organen der englifchen Regierumg, 
dem politifchen Agenten, General Tremendhere, und feinen Affiftenten, Cap- 
tains Prideaur ımd Miles. Diefe intereffirten ſich lebhaft für mein Stu- 
dium und verjchafften mir das Mittel zum Gelingen, indem fie anorbneten, 
daß alle bei der Adener Polizei gemeldeten Araber aus heilen des In⸗ 
nern, die mich intereffirten, mir vorgeführt werden follten. Dadurch allein 
gelang mir, was fonft nie geglüdt wäre, nämlich eine große Anzahl von 
Arabern befragen zu können. Denn von felbft, auch für Geld, ftehen bie 
Araber dem Europäer nicht Rede. Meine Informanten waren aber alle 
Leute, welche mit der Regierung zu thun, von ihr etwas zu verlangen, zu 
hoffen hatten, und bejaßen fo ein Interefje, mich zu befriedigen, weil fie 
dachten, dadurch bei der Regierung einen Stein im Brett zu haben. 


IL Meine Iuformanten. 


Ich empfing nun während dreier Monate täglich eine gewille Anzahl 
bon Urabern des Innern. Darunter waren Leute aller Art von den ge= 
meinften Bebuinen, zumeilen felbft Verbrecher, biß zu den Stammeshäup- 
tern, ja bis zu Sultanen Heiner Duodezitaaten. Waren die Leute gar zu 
vornehm, wie der Sultan von Laheg und der von Schughra, jo transpor- 
tirte ich) mein improvifirtes Nachfragebureau ind Regierung3haus, wo dieſe 
Herren die englifche Gaftfreundichaft genoſſen. Im Ganzen fam ich mit 
nahe an hundert Arabern in nähere Berührung. Der Werth ihrer Aus- 
fagen war ein fehr verſchiedener. Merkwürdigerweiſe fand ich, daß gerade 
Diejenigen die befte Auskunft gaben, die wenig gereift waren. Sie kannten 
nur ihr engeres Vaterland und gaben über dieſes genaue Berichte, wäh— 
rend die Vielgereiſten gewöhnlich Alles durcheinander warfen. Ich mollte 
eben von jedem nur fein Land kennen lernen, denn faft für jedes jelbft noch 
fo Heine Stammesgebiet fand ſich ein eingeborener Informant. | 


So habe ich dem von den eigentlichen Bebuinen und den gemeinen 


Soldaten einzelner Sultane am Meiften gelernt. Die wichtigften Nachrichten 
19° 





Erſter Entwurf der Karte. 197 


lektiſch undeutliches Arabijch redeten. Auch mein treuer Nubier, Abdul« 
medſchid, bewährte jich Hierbei wirkſam, indem er ftet3 Kaffee und Delica- 
teflen bereit hatte, um die Durchbrennenden feftzuhalten und auch manche 
nügliche Frage mit drein that. So ift e& oft der „petit monde“, der 
und die mwichtigften Dienfte leiftet, und wir in unferm Dünkel erfennen e3 
nicht an. 


OL Zuftandefommen ber Karte. 


Mein Erſtes war, eine Anzahl von Itinerarien zu fammeln, mir fo 
genau, wie möglich, die Zahl der Wegeitunden von einem Ort zum andern 
fagen zu laflen. Dieſe war viel leichter zu erfunden al3 die Richtung. 
Doch aud für fie gab es Anhaltspunkte. Alle Araber willen nämlich, two 
die Dible (die Richtung nad) Mekka) liegt. ragt man 3. B., welcher Ort 
fiegt von Laheg zunächſt in der Richtung der Dible, fo antworten fie un« 
fehlbar „Räha“. Für die Küftenorte war dur Haines' treffliche Karte 
eine gute Orientirung gegeben. Die nordiveftliche Grenze meines Forſchungs⸗ 
gebiet3, d. h. die Städte Taizz, Damar und Yerim, find durd) Berghaus 
annähernd beftimmt. Den Gebel Cabr hat Botta befucht. Für Südyemen 
alfo waren die beiten Anhaltspunkte vorhanden, für die anderen Länder 
blieb die Hüfte Nur für den äußerſten Often konnte mir Miles’ Tagebuch 
von Nuben fein. Alles andere mußte aus den Berichten der Eingeborenen 
conftruirt werden. ft waren diefe freilich widerſprechend. In foldhen 
Fällen ruhte ich nicht eher, al3 bis eine übertwiegende Majorität von Aus— 
fagen eine als die richtige erwiejen hatte. Leicht war's, Jtinerarien zu 
erhalten, die von Aden aus gegen Nord, Nordoft, Nordiweft liefen, ſchwerer, 
verbindende Wege zwiſchen den entfernteren Stationen diejer Straßen zu 
finden, und doch war dies nöthig, um nicht in Bezug auf geographijche 
Länge auffallend zu irren. | 

So kam denn auf der Baſis der Stinerarien eine Conjecturallarte zu 
Stande, an der die Berichte der Araber viel feilten und mobdelten, bis fie 
zu meiner leidlichen Zufriedenheit daftand. Ich fage „leidlich“, denn etwas 
Bolllommenes wird kein vernünftiger Meni vom Refultat bloßer Erfun- 
digungen verlangen. Denkt man aber daran, daß bier noch ganz jung- 
fräulicher, auf unferen beften Karten blank gebliebener, auf meniger guten 
durch ein Chaos ausgefüllter Boden ift, fo wird man ſelbſ dieier Torier- 


198 Itinerarien. 


turalkarte, die auf mwohlgeprüften Berichten beruht, nicht ihr beſcheidenes 
Verdienſt abſprechen. 


WV. Itinerarien. 


Dieſe enthalten das Material für die Karte, jedoch nicht Alles. Emm 
Theil deſſelben findet fi zerftreut bei den einzelnen Ortsbefchreibungen, 
+ B. da, mo die etwaige Entfernung Heiner Ortſchaften vom Hauptort ge 
geben wird, ein anderer ift unter den Rubriken Bodenbeſchaffenheit, Grenzen, 
Gebirge, Waͤdis u. ſ. w. der einzelnen Abfchnitte des befchreibenden Theils 
zu ſuchen. | | 


Gegend norböfllih von Aden. 


Hin. L Bon Men nah el Ghoder, vulgo Löber, 7 Zagereifen, 3 im 
der Ebene zu etwa 10 Stunden, 4 im Gebirge zu 6 Stunden*) (Iekter 
jogenannte "Acrreifen nur bis zum Nachmittag). 


1. Tag Aden nad Bir Nobto 

2. „ Bir Nobto nad "Acala ? Ebene, Richtung befamnt. 
3. „ Acala nad) Schughra 

4. „ Schughra zum Fuß des G. Nachai. N.O. 

5. „ Bub des G. Nadai nah Ard ed Dian. N-D. 

6. „ Ard ed Tian nad Omm Chodere (in Datina). N-D. 
7. „ Omm Chodere nad) el Ghoder. N. 


tin. I. Men nad Gible in Datma, 6 Tagereifen in der Ebene zu 10 
Stunden, 3 im Gebirge zu 8 Stunden (Iebtere volle Tagereifen). 


1. Tag Wen nad) Sebad). 

2. „ Sebach nad 'Acala. 

3. „ ala nad. Schughra. 

4 „ Schughra auf den Abhang des G. Nachai. N-D., etwas mehr. 
5. „ Abhang des G. Nachai nah Haneſch. N.O. 

6. „ Haneſch nad) Gible der Hasni in Datına. N-D. 


| 
*) Die Gehftunde, von der hier die Rede, und die Rameelgehſtunde können nick | 
größer als zu Y, deutige Meile gerechnet werden (2 geographical Miles à 60 to | 


the degree). 
| 


Itinerarien. 199 


Richtungen von Gible. | Rihtungen von Ghoder. 


Bid Kolaite, Döla. Südlich Omm Chobere. 
Morbdoſtlich Halm Sa’idi. Oeſtlich Halm Saidi. 
Dble ( Melktarichtung) Ghoder. Oeſtlich etwas nach Süd Häfa. 
Weſtlich Omm Chodere. Oible (Mekkarichtung) Bedaͤ. 
MEsguhweftfid Haneſch Wefllich Beni Sliman. 


“et. II. ben nach Beda über el Ghoder, 8 Tagereiſen, 3 in der Ebene 
zu 10 Stunden, 5 im Gebirge zu 8 Stunden. 


1. Tag Men nad) Gauwela bei Koͤd nörblid) von Bir Nobto. 


2. „ Gaumela nad "Acala. 

3. „ "Acala nad) Schughra. 

1. „ * zum Abhang des G. Nachai. N. O. 

S. „ G. Nachai nach der Grenze von Datina vor Omm Chodere. N. O. 
&. „ Grenze von Datina nad el Ghoder. NO. 

7. „ el Ghoder Über Tere nad) Daher, Diblerichtung. 

8. „ Daher nad) Bea, Diblerihtung. 


Richtungen von Beda. 
Dible-Richtung nad) Omer. 
Weſtlich nah Hamelan, Hat, Merfat bis Yafi a. 
Nördlich nad; Behän. 
Norböftlich mehr - Nord nad Mesware. 
Nordöflih mehr Of nad Mara, Yelhbum, Habbän. 


Yin. IV. Aden nad Dära (Unter-Yäfi'a), 8 Tagereifen von verjchiedener 
Länge. 

1. Tag Aden nad Bir Nobto. 

„ Bir Nobto nad Acala. 

„Acala nad) Wäbi Jcäg 6 Stunden. N. Bon hieran Gebirge. 

» 3. Icaq nad) Hatab 6 Stunden. R. 

„ tab nad Gedära 3 bis 4 Stunden. N. 

„ Gedära nad) Rauhwa 3 bis 4 Stunden. N. 

” 


nıapp»>p»> 


Raubma nad Serär 4 Stunden. N. 
- Gere nad Qaͤra 5 Stunden. N. 


200 Stinerarien. 


Itin. V. Diefelbe Straße nad dem Bericht eines beritienen Eowim i 
4 Tagen. 

1. Tag Aden nach Chamfer jollen 20 Gehftunden fein. R. eines O. 

2. „ Chamfer nah Hatab „ 9 Pi „RR 

3. „ Hatab nad Set „ 12 " 2 

4 „ Serär nad) Dära „5 ” „RR 


Jin. VI. Aden nad) Dära durch das Tiefland von Yäfi'a, 9 Zogeref 
von verſchiedener Länge. 

1. Tag Aden nad Sebach. 

2. „ Sebach nad) "Acala. 

3. „ Agala nad) Dergäg 6 Stunden, Oible-Richtung 

4. „ Dergäg nad) Ma'r 4 Stunden. N. 

5. „ Marnad Naſab 4 Stunden. N. 

6. und 7. Tag Naab durch die Wüfte der Mefchelgi nach Schewuha 
Stunden. N. etwas D. 

8. Tag Schẽwuha über Mirza nad Tore 6 bis 7 Stunden. ®. 

9. „ Tozze nad) Dära nur 1 Tag, aber ftetes Steigen. W. 


Richtungen von Qära. Entfernungen don Oät 
Dibfe-Rihtung nah Gẽfe. Dära nach Chulle 1 Tag 
Nördlich nach ‘Atära, Ober-Yäfi’a. „n Schab 1 Tg 





Itinerarien. 201 


Itin. VII. el Ghoder nad) Dära durch das Hochland, 4 Tage. 


Tag el Ghoder über Beni Stiman nad Ber Däni 6 bis 7 Ston. W. 
„ Ber Däni nad) Ahl ben Nahgi (obere) 6 Stunden. N.-W. 
„ AHl ben Nahgi nad) Scha' bel Yahıd 6 bis 7 Stunden. W. 
„Scha'b el Yahuͤd nach Dära 4 bis 5 Stunden, , Tag W. 


tin. X.*). Beèdä nah Dära über Medinet Telez, 3 Tage. 


Tag Bedä über Hamelan nah Hat 5 Stunden. W. 
„ Hat über Merfat nah Medinet Telez 7 bis 8 Stunden. W. 
„ Medinet Telez nad) Dära 5 bis 6 Stunden. S.«W. 


m SD D m 


u 


Gegend weiter öſtlich bon Aden bis 480 30” öftl. Länge von Greenwid). 


Stin. X. Men nad Habbän, 10 Tage. 
Tag Aden nah Sebad). 
„Sebach nad "Xcala. 
„“Agala nad) Schughra. 
„Schughra nad) Seriya**) 9 Stunden, Richtung der Küſte O.⸗N. O. 
foft O. 
und 6. Tag Seriya nad) Hauwar 22 Stunden, Richtung der Küſte O 
Tag Hauwar nad Oulliye 9 Stunden. N.O. 
Oulliye nad Mahfed(z) 7 bis 8 Stunden NO. 
„Mahfed(z) nad) Chabr 6 Stunden. NO. 
0. „ Chabr nad Habbaͤn 9 bis 10 Stunden, Dible-Richtung faſt N. 


m’ ID m 


ri 38 


tin. XL Wen nad) Habbän mit Benutzung bes Seeweges. Zuerft Aden 
nad Bir “Ali, etwa 80 geographical Miles. N.O. zur See. Dann 
Landweg von Bir "Ali nad Habbän, 5 Tage. 


1. Tag Bir "Ai über ‘Yin nad Sohail 10 Stunden. NW. 
2. „ Sohail nad Nagb el Hagr 10 Stunden. N.W. 
3. „ Nagb el Hagr nad) Höta 5 Stunden. N. 


*) Die Rezaͤz von Bedaà haben mehr mit Medinet Telez zu thun, als mit Dära 
deshalb nehmen fie ftetS diefen Ummeg, die directe Straße würde gleih von Beda 
ſüdweſtlich gehen. 

**) Seriya bei Haine's ohne Namen, al® „Village in the mountains“ ange: 
geben. Lage aber genau. S. Haines Chart ıc. 


202 Itinerarien. 


4. Tag Höta nad) Roöda 3 Stunden. W. 
> Röda nad) Redcha 3 bis 4 Stunden. W. eiwas S. 
5. „ Rebeha nad) Lahi 2 Stunden W. eimas R. 
Lahi nad Habbaͤn 6 Stunden W 
NB. Diefe beiden Straßen nicht nad Bericht der Wraber, fonbern nah je 


ſchriftlichen Notizen von Gapitain Miles und Munzinger, bie beide Wege Jali U 
zurudlegten. 


Richtungen von Habbän. Richtungen von Chabt 
©. nad) Chabr. ©. nad) Ebene el Monqu. 
S. etwas W. nad) Hauwar. SD. nad Haura (Gegend ofen 
S-D. etwas ©. nad Haura. Haura). 
SD. nad) Nagb el Dagr. SD. nad Hauer. 
©. nad) Höta. N.W. nach Yeihbim. 


Oible nach Londra. 

N-D. nach Nicäb. 

W. etwas ©. nad) Yeſchbum. 
S.O. nah G. Nemt 

SB. nad G. Kör } ſeht nahe. 


Verbindungstege der Endpunkte der Straßen J. (el Ghober), IIE (® 
mit denen der Straßen X. und XL (Habbän). 


in. XIL Bövä nad) Habbän, dire, 4 Tage. 


tinerarien. 203 


Hin. XV. Bäedäa nad) Behän el Gezäb, 4 Tage. 
A. Tag Bedaͤ nad Mesware 9 Stunden. N. etwas O. 
¶ Der Weg ift anfangs derfelbe wie von Bedä nach Marcha (XII.), dann N.-W.) 
2. Tag Mesware nad) Behän ed Dola 6 Stunden. Dible-Richtung. 
3. md 4. Tag Behän ed Doͤla nad) Behän el Gezäb 2 ZTagereifen, etwa 
14 Stunden. N. 


Nördliche Straße zur Verbindung von Beda mit Inner-Pemen. 


tin. XVI. Bäedaͤ nah Redä, 5 Tage. 


RN. Tag Beda über Omr nad Taft 7 bis 8 Stunden Dible-Richtung. 

2. „ Toft über Melägem nah Blad es Suad 7 Stunden. N.W., 
mehr W. 

3. „ Bad es Suab über Mancur nad Bladel Hofain 6 bis 7 Stun- 
den. N.-W,, faſt W. 

» Blad el Hofain über Bäzir nad) Gefe 8 Stunden W., etwas ©. 

5. „ Gifte nah Redä“ 1, Tag, 4 Stunden. &.-W. mehr W. 


r 


Richtungen von Meläfem. 


N. nad) Behän el Gezab. 
N.O. nad) Behän ed Dila. 
O. nad Mesware. 

S.O. nad Bedä. 

©. nad) Hat. 

O. etwas ©. nad) Ataͤra. 


Mege in der Richtung von Aden nad Can ä. 
tin. XVII. Aden nad) Yerim, 5 Tage. 
Tag Aben nad) Laheg (Hanta) 11 Stunden. Dible-Richtung. 
„Laheq (Haute) nad) Raͤha 10 Stunden. N. 
„Raͤha über Coheb nad Dale’ 101/, Stunden. N.N.-W. 
" Dala nach 'Adaͤreb 9 Stunden. N.-W. 
„ Adaͤreb nach Yerim 9 Stunden. N. 


Stin. XVII Men nad Redä (XVL) in 8 Heinen Tagereifen. 
1. Tag Aden nad) Labeg. 
2, „ Labed nad; Ramla (Wüfte) 6 Stunden. R. 


J. 
2. 
3, 
4 
5 


204 Itinerarien. 

3. Tag Ramla nad) Coheb 6 Stunden. R. 

- Gobeb nad Hafer 8 Stunden. R. 

. Hagier nad) Schaheri (obere) 7 Stunden. R. 

„ Schaheri (obere) nad Merrai 5 bis 6 Stunden. R. 

„ Merrais nach Hobeſchi 5 bis 6 Stunden. RD. mehr R 
= Hobeidhi nad) Redd‘ 5 bis 6 Stunden. R. 


eapp» 


Sim. XIX. Aden nad) Redä‘ mit anderen Stationen, 8 Top. 
Tag Aden nah Laheg. 

Lahe nad) Bir ‘Abd Ach 7 Stunden. N. 

Bir "Abd Allah zu den 'Alluwi 7 Stunden. N. 

„ Alumi zu den Schaheri (mittlere) 8 Stunden. R. 

„ Schaheri nad Ochteba 6 Stunden. N., etwas W. 

„ olteba nad) Yazidi 4 Stunden. N. 

» Yazidi nad Talab 51/, Stunden N, etwas O. 
„Talab nah Reda 6 Stunden. N.O. 


ePnpnPrpnr 


Hin. XX. Wen nad) Ochteba, 5’ Tage, mit anderen Stationen ald 
1. Tag Aden nad) Laheg. 
2. „ Laheg nad Raͤha 10 Stunden. N. 
3. „ Nähe nad) Hadfer 9%,, Stunden. R. 
4. „ Hagfer nad Tala‘ 31, Stunden. WN.-M. 
Dala nad) Gehäf 31/, Stunden. NW. 





tinerarien. 205 


Don Möfeta nad "Atära follen 2 Stunden fein. Diftanzen in Ober- 
Yafı'a fonft nicht genau zu ermitteln. 


Straßen mweftlih von Aden. 


Der Ausgangspunkt ift hier immer Bir Ahmed, Aden gegenüber im 
MWeften der Rhede. 


Sin. XXIII. Bir Ahmed nad) "Ara, 4 Tage. Küſtenweg. 
1. Tag Bir Ahmed nah Magher 10 Stunden. 
2. „ Mader nad) 'Atfi 3 bis 4 Stunden. 
3. „ Mfi nah Zuran 6 bis 7 Stunden. 
4. „ Turan nad "Ara*) 10 Stunden. 


Itin. XXIV. Bir Ahmed nad "Ara, 4 Tage. „Weg durchs Innere, 
1. Tag Bir Ahmed nad) Mohanneg 5 Stunden. ®. 
Mohanneg nad Fegerra 5 Stunden. W., etwas N. 
2. , Fegerra nach Gharrihe 4 Stunden. W., etwas ©. 
3. „ Gharriye nach Kedere I Stunden. W., etwas ©. 
4 „ Redere nad Ara 7 Stunden. S.-W., mehr W. 


Richtung der Küſte. 


Richtungen von Fegerra. Entfernungen von Fegerra. 
©. nad Maäper. Hegãz 3 Stunden. 
S.W. nach 'Atfi. Rega' 3 Stunden. 
MW. nad) “Amuri, Ma'mai. | Magher 31/, Stunden. 
W.-N.-W. nad Hegäz, dicht bei Amuri, Atfi 6 Stunden. 
Haggät. "Anteriye 6 Stunden. 
NW. nad) Ferſcha. Menäcera 7 Stunden. 


NND nah Regä. 
DO. nad Mohanneq. 


Itin. XXV. Bir Ahmed nad) Taſizz durch das Land ber Hogriya, 5 Tage. 
1. Tag Bir Ahmed nad) Regä'‘ 9 Stunden. W., etwas N. 

„ Regä‘ nad Mircad 9 Stunden. W., etwas N. 

„ Dircad nad) 'Aturi 4 Stunden. N., etwas W. 

„  Aturi nad) Beni Yufef 9 Stunden. N.W. 

„ Beni Yufef nad Taizz 7 Stunden. N., etwas W. 


D 


a 


*) Rage von "Ara betannt, liegt am Ras ‘Ara, nur 2 Stunden vom Meer. 


206 Stinerarien. 


Min, XVI. Bir Ahmed nah Mochä durch das Land der Hof 
“ 6 Zage. 
1. Tag Bir Ahmed nad) Retä' 9 Stunden. W. eimas R. 
2. „ Regä‘ nad) Ma'beg 10 Stunden. W. 
„ Mabeg nah Zazai 3 Stunden. W. 
Zaydi nah Dafet Mogteri 2 Stunden. W. 
„ Dafet Mogteri nad) Bobhän 4, Stunden. R-B. 
Dobfän nad) Beni Hammäd 4 Stunden. RB, ewes B. 
» Beni Hammäd nad) Schebe 6 Stunden. W. 
Schebe nad) Kedeha 4 Stunden. W. 
6. „ Kedeha nah Moda 9 Stunden. N.-W., mehr W. 


ober mit folgender Modification: 
2. Tag Regä‘ nach Mircad 9 Stunden. W. etwas N. 
3. „ Mirgad nah Kähela 3 Stunden. NW. 
Kähela nad Dogga 3 Stunden. W. 
„ Dogga nach Dobhän 3 Stunden. W. etwas N. 
Dobhän nad Beni Hammäd 4 Stunden. N.-W., eines ®. 


* 


4. 


Richtungen von Qal at Entfernungen von Dafı 
Mogteri. Mogteri. 


©. nad) Chör Amrän. Atüri 7 Stunden. 





Itinerarien. 
4. Tag "Abus nach Heruwa 4 Stunden. N., etwas O. 


5. 


207 


Heruwa na Dimena 4 Stunden. RW. 


6. „ Dimena nah Däida 7 Stunden. N., etwas W. 
7. „ DMAida nad) Medinet Asfäl 21, Stunden. N., etwas W. 
Medinet Asfäl nah Ibb 51/, Stunden. 


Richtungen von "Abus. 
©. Mofälis. 
S.⸗W. Atüri nach Kähela, Mogteri. 
MW. Dogga nad) Acäbeh, Dobhän. 


W.⸗N.W. Hatum*) nad) Hagim, B. 


Yufe. 
NM. Hakuͤm Zabeiri. 
N. Dimena nach bb. 
NND. Heruma nad) ec Celu. 
O. Dobeti. 


Richtungen von Dimena. 
©. Aruͤq nad) "Abus. 
S.W. Zobeiri nah Dobhän. 


W.S.-W. B. Yuſef nad 3. Hammäb. 


WN-W. Hogaiba nad) Taiiza. 
NW. Sahabän nad) Haime. 
NND, Diida nad) bb. 

N. Nahlän nah) Chadra. 
N.⸗W. Haͤſcha nad "Aumäs. 
DO. Raͤha. 

S. O. Laheg nad) 'Aden. 


Entfernungen von Abus. 
Mofalis 2 bis 3 Stunden. 
Hakum 2 bis 3 Stunden. 
Dobeti 2 bis 3 Stunden. 
Heruma 4 Stunden. 

Hagum 4 Stunden. 

Yufefi 4 bis 5 Stunden. 
Doqqa 7 bis 8 Stunden. 
Dimena 7 bis 8 Stunden 
Ferſcha 7 bis 8 Stunden. 


Entfernungen von Dimena. 
Horn Schermän 2 Stunden. 

Beduͤ 2 Stunden. 

ec Gelü 3 Stunden. 

Cahabän 3 Stimden. 

Hogaiba 4 Stunden. 

Bobeiri 4 Stunden. 

Däida 6 bis 7 Stunden. 
Haküm 6 bis 7 Stunden. 
Nachlaͤn 6 bis 7 Stunden. 

Taſizz 10 bis 12 Stunden. 
Stähela 10 bis 12 Stunden. 
Mofalis 10 bis 12 Stunden. 
Nequl Semära 10 bis 12 Stunden. 


Berbindungdtwege zwiſchen bb, Heren, und zwiſchen Dala, Databa, 
Auwãs. 


in. XXVIII. Qa teba (XX) nad Yerim, 2 Tage. 


1. Tag ODateba nach Aud 3 Stunden. W. 
Aud nad) "Amdr 2%, Stunden. W. 


*) Das Gebiet der Hakuͤm if ausgedehnt. 


208 Itinerarien. 


2. Zag Amar nach Hobäl 5 Stunden. R-R-B. 
Hobäl nad) Yerim 21, Stunden. R. 


Richtungen von “Amär. Entfernungen von "Ami 


E. "Aumäs. Doteba 1 Tag. 

SB. Mauya. Yerim 1 Tag. 

W. 3b. Red 1, Tag j 
NV. Menzil Adareb 2 bis 3 Gtunden. 
R. Hobäl 

RT. Cola. 

ON-T. Caiteba. 

O. Sherd. 


SL. Dale. 
Min. XXX. Dald nach Ibb, 3 Tage. 


1. Zug Tale nach Häſcha 6 Stunden. W. 
2. „ Haͤicha nach Mauya 4 Stunden. N.-W. 
3. „ Mauna nach Ibb 5 Stunden. W. 
Itin. XXX. Dald nad) Ibb über ‘Aumwds, 3 Tage. 
Tag Tald nad ‘Aumäs 8 Stunden. S.W. 
„ Aumäs nad Chadra 8 Stunden. N-W. 
„ Chadra nah Ibb 5 Stunden. N-W. 





ser 


Südarabifihe Hochgebirge. 209 


Ober-Yäfia feine höchften Gipfel erreiht. Das Land der Rezäz 
t den nördlichen Abfall diefer Berge. 

3) Der Gebel Kor, im Often der Hauptmafje der Yäfi'-Berge, doc) 
8 jüdlicher als diefe, jo daß er im Welten noch das Tiefland von 
a beherrſcht. Er zieht ſich als längliche Hochgebirgämafje von Süd— 
nach Nordoft durch das ganze Land der Audeli: diefelbe Richtung tie 
es Gebel Cabr. Seine Ausdehnung ift verhältnigmäßig gering. 
: nördlicher Abfall bildet da3 Thal des Wädi Metanet von Bedä nad) 
m. Die Wafjerfcheide ift hier viel füdlicher als in Yäfi’a. 

4) Der Gebel Dern, im Nordoft diejes Gebiet begrenzend, liegt unter 
elben Längengrad wie der Gebel Kör, von ihm durch Hochebenen von 
20 deutichen Meilen Breite getrennt. 

5) Die "Aufagi-Berge und Hocebenen, welche zufammen früher den 
en Sarw Mabhig führten. Sie nehmen (mit Ausnahme des Küſten— 
es) den ganzen Often unferes Yorjchungsgebiet3 ein. Der Sarw 
'hig bildet in feinem weftlichen Theil vorzugsweiſe Hochebenen, wor- 
t die drei von Mara, Nicab und Chabt (Salzbergwerte), die fich 
ben dem W. Haumär und dem Gebel Dern von Süd nad Nord fol- 
eine immer etwas höher al3 die andere. An fie jchliept ſich im Oſten 
Hochebene von Habbän (nad) Munzinger 3000 Fuß Hoch) an. Im 
yen bon Habbän bilden Berge von etwa 5= bis 6000 Fuß Höhe die 
ſerſcheide zwiſchen den Wädis Mefat (Süden) und Gerbän (Norden). 
find Ausläufer der "Aulagi-Berge. Andere, wahrſcheinlich noch höhere 
läufer befinden fi) aber ſchon im Norden der Wafjerfcheide und des 
Gerdän. 

Tas Mittelgebirge erftredt fih faft durch den ganzen weltlichen Theil 
Innern. Aus ihm ragen direct im Norden von 'Aden (etwa 8 fleine 
reifen nördlich) die iſolirten Bergmafjen von Gehäf und Merrais 
Ir. 

Im Küftenland -finden ſich einzelne ijolirte vulcaniſche Bergmaſſen, 
der Gebel Schamſcham in der Halbinfel "Aden, der Gebel Haſan 
den „Ässes ears“) faft eine Wiederholung des erfteren, von ihm nur 
) den Hafen von Aden getrennt, ferner Gebel Charaz, eine längliche 
te Felsmaſſe, an der Hüfte zwiſchen Bäb el Mandeb und den, und 
iattelförmige Bafaltberg Gebel Da u, im Oſten vom vorigen, nur durd) 
ı jchmalen Streif fandiger Ebene von ihm getrennt. Dieje gehören 


zum „Syſtem“ der jüdarabifchen Gebirge, \ondern nd wur Nplıie 
„Malpan, Aeliſe nah Bübarabien. \& 





Klimatifched und Producte. 211 


wird nur der W. Haumar nicht zur Bewäſſerung benutzt. Alle anderen 
leiften treffliche Dienfte. 


vo. Rlima und Bodenerzeugniffe. 


Das Klima diefes Gebiets ift eins der gefegnetften der Erde. Im 
Tiefland ift die Hitze allerdings groß. Indeß da3 Ziefland bildet doch nur 
einen Heinen Theil des Ganzen. Die mittlere Bergesregion, welche den 
größeren Ylächenraum einnimmt, ift durchaus gemäßigt. In der höheren 
find jähe Temperaturwechſel, aber auch fie ift jedem organischen Leben 
günftig. Die Temperaturverhältmifje find jo, daß duch Hitze oder Kälte 
allein fein einziger Fleck dieſes Gebiet3 unwirthbar oder vegetationslos 
gemacht wird. Eine eigentliche Wüfte findet fich in dem von uns behan- 
delten Theil Südarabiens nit. Die vulcanischen Felsmaſſen, die ijolirt 
längs der Küfte auftreten, find allerdings auf ihren Höhen und dem 
Sturm ausgeſetzten Stellen nadt und kahl, weil dort feine Pflanzenerde 
haften farm. Aber auch auf vulcaniſchem Boden bildet fih an geſchützten 
Stellen fruchtbares Erdreich, deſſen Ertragsfähigkeit überall da zur Gel- 
tung fommt, wo es nicht an Wailer fehlt. 

Trodenheit und relative Yeuchtigkeit, das find die Yartoren, welche 
auf Thier- und Pflanzenleben dieſes Gebiet3 einen ungleich größeren Ein- 
fluß üben, als Hitze und Kälte. Alles hängt von der Reichhaltigfeit der 
Niederfchläge ab. Reichhaltige Niederjchläge bieten aber Hier nur die 
regelmäßigen tropiſchen Sommerregen. Die unregelmäßigen Winterregen 
tönnen wir als auß der gemäßigten Zone hierher verirrt anjehen. Sie 
haben hier ganz denfelben Charakter, wie an der afrikaniſchen Küſte des 
Mittelmeers, wie 3. B. in Nordägppten, d. h. fie find eben äußerſt un- 
regelmäßig, treten in manchen Jahren reichlich auf; oft vergehen aber auch 
ganze Jahre ohne namhafte Niederjchläge. 

Nah Analogie anderer tropifcher Gegenden würde fein Theil diejes 
Gebiets (da3 zwiſchen dem 139 und 15° nördl. Breite liegt) den tropifchen 
Sommerregen entbehren. Locale Einflüjle bewirken jedod für das ganze 
Füfenland eine Ausnahmsſtellung. in Streifen von 5 bis 8 deutjchen 
Meilen Breite, ſowohl am Nothen, wie am Arabifchen Meer leidet unter 
diefer Ausnahmsſtellung. Er befommt nicht die tropischen Sommerregen 
und ift auf die jehr unregelmäßigen Niederjchläge de Winters allein an⸗ 
gewiejen. Die Yolge davon ift, daß das SKüftenland im Allgemeinen un- 

11* 





Klimatologifche Eintheilung. Bevölkerung. 213 


fungen am W. Warezän und W. Nura (Zuflüfle des W. Tobbän, an 
dieſem felbft nicht) am obern Theil des W. Bonna, an dem W. Solub und 
Nerämed, dies der öftlichfte Kaffeediftrict Arabiend. In der Regel fann man 
annehmen, daß Kaffee erft 8 deutfche Meilen von der Küfte*) vorkommt. 

Die mehr ſandigen Tiefländer im Norden der Waſſerſcheide, wie 
Behaͤn el Gezäb und Behän ed Döla find durch ihren Reichthum an Dat- 
telpalmen "berühmt. Die Qualität der Früchte ift jedoch nicht befonders. 

2) Das Mittelgebirge. Auch bier wählt noch Kaffee, wenn auch 
nicht jo viel, wie im Tiefland. Sonft gedeihen Hier alle Obftbäume, an 
denen da3 Innere bejonders reich ift, ſowie alle Gerealien, Tabad,. Baum- 
wolle, Indigo. 

3) Die Hocebenen. Sie find die Kornfammern Südarabiens, na- 
mentlich die Plateaus von Raͤha (im Norden von Laheg) Mara, Nicäb, 
Ehabt im Lande der Aulaqi. Auch Hier wird viel Indigo, Tabad, Baum: 
wolle erzeugt, Datteln wenige und ſchlechte. Kin großer Theil dieſes 
fruchtbaren Erdreichs bleibt jedoch unbebaut und ift natürliches, üppiges 
MWeideland. Die Bevölkerung ift dünn, große Cultur aljo fein Bedürfniß. 

4) Die Hochgebirge. Auch Hier gedeihen noch Gerealien, namentlid) 
folche nörblicherer Länder, wie Hafer, Gerfte, und auf den bewaldeten 
Höhen die nüglihe Caatpflanze, deren Blätter gefaut und jehr theuer ver- 
lauft werden. Der Caat wächſt nicht öftlih vom W. Bonna. 


VII Zypus der Bevölkerung. 


Die Bewohner dieſes Theiles von Suarabien unterfcheiden ſich viel- 
fach von den übrigen ſüdarabiſchen Völferfchaften, den Central-Yamani, den 
Hadrami, Mahri u. ſ. m. Xebtere find alle mehr hellfarbig, von größerem 
ſchlankerem Knochenbau, ſchlichtern Haar. Die Völker des tiefften Südens 
dagegen find fehr dunfelhäutig, oft dunkler, als viele Abeſſinier, ein, zier= 
id; die Gefichter fehr feingefchnitten, oft aber rundlich; der Körper jehnig, 
mager, graziös, beweglich, aber nicht „Inodjigftark”; das Haar ſehr kraus. 
Ich möchte fie ala eine Uebergangsſtufe zwischen dem Südaraber und dem 


) Der Name Mochä's, einer Küftenftadt, welchen man einer Kaffeejorte gegeben, 

. iR irreführend. In Moda ift niemals Kaffee gewachſen. Der Name wurde nut 

deshalb auf den Kaffee Übertragen, weil Mochä viele Yahrhunderte der Haupiplatz 

fur Kaffeehandel war. Jetzt ift Moda zerftört und der Handel hat andere Wear 
‚ genommen. Der Name Modä-FKaffee war Übrigens fett nur bei Euxaytern W 


214 Abitammung der Südaraber. 


jemitifchen Schwarzen (Tigre-Stamm) bezeihnen. Ausnahme von diefem 
dunklen, faft jubäthiopifchen Typus bilden nur die aus dem Norden (Can, 
auch ſchon Damar) oder aus Hadramaut flammenden und viele Scherife. 
Ein Theil der Aulaqi nähert fi auch) dem nördlichern Typus. 


IX. Abftammung der BVoͤlker. 


Der arabifhe Geograph Ibn el Hayek el Hamdäni nennt uns viele 
der dies Gebiet noch Heute bemohnenden Stämme. Danach zu ſchließen 
muß die Mehrzahl derfelben Himyaren fein. Unzweifelhaft ift dieje Ab 
ftammung bei den Abdeli, Fodli, Rezäz, Diebi, Yafii und Gobehi Die 
Qumuſch (Oomäiſchi), Audeli und Hogriya fchreiben fi in ihren Trodi- 
tionen denfelben Ursprung zu. Die Gada nennt zwar Hamdaͤni nur all 
einen bon den Yäfi i adoptirten Stamm, nicht jelbft himyariſch, aber fie 
jind jo vielfady mit jenen vermiſcht, daß ſie Himyaren geworden. Wahr- 
ſcheinlich iſt ein Theil der Aulaqi (die jetzt noch den Sarw Madhig be⸗ 
wohnen) vom Madhegiſtamm, hat ſich aber auch mit Himyaren (Audel 
Diebi, Qumuſch) vermengt. Die Yazidi im Norden dieſes Gebiets dürften 
Kinda jein. Die Bewohner der Umgegend von Redä und Gefe werden im 
Volksmund als Beni Ans bezeichnet. Das große Anſitiſche Gebiet begim 
in der That nördlid vom Lande der Rezäz. 

Nach den Genealogen gab es 3 Himyar, einer vom andern ftammen 
und jeder einem himyariſchen Geſchlecht im meitern, engern und engiter 
Einne den Namen gebend. er allgemeine Stammvater war Himhar') 
ben Sabä. Der zweite Himyar war Sohn des Sabä el Acghar ben Ir 
ha ben Himyar ben Eaba. Nach 8 Generationen fam dann Himyar ben 
el Ghaut ben Sad. Seine Nachkommen allein ſollen die eigentliche himp 
ariihe Sprache geredet haben. Der vernünftige Ethnograph wird die 
Mühe ſparen, zu unterfudhen, von wem diefer 3 Himyar obige Bölk 
itammen. Er wird alle diefe Stammväter lediglich ald Symbole auffaſſen 
Das Symbol, weldhes dem Namen Himyar zu Grunde lag, hat möglicder 
weile folgende Bedeutung. Das Wort ftammt von einer Wurzel, melde 
den Begriff von „roth fein“ in fich fchließt. „Roth“ nennt man auf 
heute noch in Südarabien, ebenjo wie in Abefjinien, jene dunkle tiefbraum. 
manchmal aber einen fuchfigröthlichen Reflex zeigende Hautfarbe ſowohl 


· — — — — — — 


*) Jacüt ed Wuſtenſeld ad vocem Kimyar um ad vorem Acbah. 





Sociale Unterichiede in Südarabien. 215 


der jebigen Himhyaren, wie der Völfer von Tigre. Möglich alfo, daB der 
Name von einer Hautfarbe kommt. Gab es wirklich einen Stammvater 
Himyar, jo Hatte auch er wohl jeinen Namen von der Hautfarbe. 

Man denke bei diefer Hautfarbe nur nicht an eine Vermiſchung mit 
Negerblut. Eine ſolche wird bei den freien Stämmen (und das find die 
meiſten Himyaren diejes Gebiet8) ftreng vermieden und gilt für entwürdi« 
gend. Auch ift das Colorit durchaus nicht das mulattifche. Ich brauche 
wohl faum zu jagen, daß da3 Klima bei diejer Farbe ohne Einfluß ift. 
Die Völker von Yäfia, die ein kühles Bergland bewohnen, find eben jo 
dunkel, oft dunkler, als die tiefländifchen. Sie find eben unzweifelhaft 
reine Himyaren. Vermiſchung mit Negerblut Tann in Städten vorfom- 
men. In unferm Forſchungsgebiet haben wir es nur mit einer einzigen 
ftädtereichen Landichaft, der Gegend um Zaizz zu thun, deren Bewohner 
zwar au Himyaren, aber mit fremdem Blut vielfach vermischt find, wie 
es die Ioderen Stammesbande der Stäßter mit ſich bringen. 


X. Sociale Eintheilung der Südaraber. 


Die Sentralaraber werden gewöhnlich in focialer Beziehung in zwei 
Haupiclaſſen getheilt, nämlid) „Beduinen“ und „Städter”. Erſtere jind 
Nomaden, letztere ſeßhaft; erftere frei, Eriegerifch, bewaffnet und faſt ohne 
alle Regierung, leßtere Unterthanen eines Yürften, oft unkriegeriſch; erftere 
halten ftreng auf Stammestraditionen, leßtere haben fie gröftentheil3 ver- 
loren oder bejigen nur Yamilienftammbäume. 

sn Südarabien ift diefe Benennung für die zwei jocialen Haupt: 
claſſen nicht ftatthaft. Die freien Stämme find hier nur zum allerfleinften 
Theile Nomaden. Sie find meift auf dem Lande, oft aber auch in Städten 
ſeßhaft. Die Lebensweiſe Haben jie alfo nicht mit den centralarabijchen 
Beduinen gemeinſam, wohl aber die friegerifchen Eigenfchaften, die Freiheit 
und die Stammesreinheit. Sie felbft nennen ſich Dobayel*), ein Wort, 
das urjprünglic zwar nur der Golleciv von Dabila (Stamm) ift, aber 
eine viel umfaflendere Bedeutung erlangt Hat, als jein Nomen unitatis, 


— —— — me — — 


*) Nach dieſem Wort wurde in Algerien, ſchon ſeit der erſten Eroberung durch 
Araber, die berberiſche Bevölkerung benannt, die als freie Stämme lebte. Die freien 
Araber, die im 11. Jahrhundert kamen, nahmen deshalb einen andern Namen für 
„Stämme“ an. Sie nannten die Stämme Oruſch (Thron, Wohnfitz) um nicht 
für Berber zu gelten. 













2in ‚freie Stämme und Unterthanen. 


meltes leptere man fajt nur von den Gelehrten hört. Oobaͤhel ag 
gleih „Areie Stamme“ und „Republit“. Ich hörte es fat i immer in —2* 

a gekrausen. Es tann aber auch, vermöge der m 
alter Collertivbegrifte eine „Qundesgenofjenfdaft“ etwa „Eibgensfen 
deuten. Die Risba „Cobaili“ ift Hier nicht üblich. Der einzelne bey 
füh entweder als „einer von den Cobäyel“ oder er erlaubt fid die gum 
matitaliiche Licenz und nennt ji) ſelbſt geradezu „Dobägel*. Da Cobigd 
uriprunglih einfah „Stämme“ heißt, jo könnte man benten, dei Wi 
Wert auh auf ſolche Stammeseinheiten angenendet wurde, welie ie 
Freiheit eingebußt haben. Logiſch und lexitaliſch vofltommen ridtig de 
Vollsmund braucht es aber niemals fo. Oobaͤhel ſchließt ftets den Bey 
von „frei“ und „Eriegeriich“ in fi. Unterthanen eines Fürſten find ie 
Cobägel und bildeten jie aud die reinfte, edelfte Stammeseinheil. Ra 
gebraucht in jolhen Fällen andere Wörter, wie Aſchuͤra (grofer Etua) 
und Fachida (kleiner Stamm), die'nicht nothwendig den Begriff .Freiher 
in ſich ichließen. 

Tie Beduinen in Südarabien find nur ein Bruchtheil der Cobäyd. 
Einen jocialen Unterjchied bezeichnet dies Wort hier nicht. Sie bilden ie 
ärmeren Stämme der Tobäyel, die duch die Dürftigkeit ihres Veden 
zum Nomadenleben gezwungen werden. Sie wandern übrigens Reis mn 
auf jehr beichränftem Raum. Sie jind meift roher, wilder, aud Mi 
chlechter bewaffnet als die anderen Oobähel, jonft aber diejen vollkommen 
ebenbürtig, ebenſo frei, ebenſo kriegeriſch. 











Bevorzugte Stände und Parias. 217 


xthanen des erobernden Stammes werden. Der militärische Stamm 
Du Mohammed übt jeine Herrihaft durch gemeine Soldaten aus, 
ven jedem Dorf einige, oft nur einen läßt, welcher der abjolute 

der DBevölferung it. Kommen Stameraden von ihm, jo theilen fie 
ihm die Herrihaft. Hier iſt aljo die Herrichaft der einen Race über 
andere, eine Art von SHelotenthum. 

Anders ift das Rayeverhältnig in Städten mit einer Givilbevölferung, 
Ge im Gebiet der Oobaͤyel liegen. Deren Bervohner bilden feine 
ammegeinheit, jondern jind oft Fremde, Arbeiter, Handwerker, die ſich 
willig unter den Schuß der Cobäyel geftellt Haben. Sie werden milder 
Bandelt, ala die befiegten, ftehen aber focial womöglich noch tiefer, da fie 
en niemals Krieger geweſen jind, auch gar nit mit Waffen umzugehen 
fen. Jeder kleine Knabe der Tobäyel fieht ſich ala den geborenen 
rm ſolcher Etädter an. 

Außer diejen zwei jocialen Haupiclaſſen giebt es noch Kleinere jociafe 
ıctionen, die tiefer, al die Raye fichen, d. h. mehr verachtet werden, 
dohl ſie rechtlich faum tiefer ftehen können, denn der Raye ift den Co- 
rel gegenüber ja jchon rechtlos. Diefe find die Juden und die beiden 
ria⸗Kaſten, Ahdam und Schumr. Bon diefen 3 Claſſen mar ſchon 
n ausführlich die Rede *). 

Es giebt aber auch zwei bevorzugte Fractionen, welche in der öffent- 
en Meinung jogar höher ftehen, al3 die Oobaͤhyel, obgleich fie nicht krie— 
Ich iind. Dies find die Scherife, die angeblihen Nachkommen des Pro— 
ten, und die Mejchaich, die Nachlommen von Heiligen. Bon legteren 
t es ganze Stämme, die zwar unbewaffnet find, aber doc) nicht belä- 
t werden. Von Scherifen giebt es auch ganze Dörfer. Ich fand jedod), 

die Cobäyel von den Mefchaich oft mit Geringihägung ſprachen, wäh— 
d fie vor den Scherifen ftet3 die größte Ehrfurcht an den Tag legten. 

Im Ganzen kann man behaupten, daß in wenig Pändern der Erde 

focialen Abftufungen ſchärfer geichieden find, ald in Züdarabien. 
nmen Südaraber zujammen, jo find ftet3 die Ehrenpläße ſcharf marfirt. 
: allgemeine Gintheilung ift dann ungefähr folgende: 

1) Scherif, rein religiöfer hochgeachteter Erbrang ohne Madıt. 

2) Der Scheh oder Sultan, der militäriiche Chef der Toobäyel, als 
rtreter von deren Machtſtellung. 


*) Eiche oben Erfter Theil, Capitel 20— 21 Seite 173 bis 192, 





Aufklärung entitellter Namensangaben. 219 


felben Stellen erwähnt, wo fie mir meine Informanten genannt hatten. 
Selbft die Stämme haben in dieſer langen Zeit ihre Wohnfige faft gar 
nicht verändert. Manche Haben andere Namen angenommen, aber die Tra- 
dition hat doch nebenbei oft auch die alten im Gedächtniß bewahrt. Im 
bejchreibenden heil, ebenfo im Namentegifter am Schluß, wird bei jedem 
Namen, den auch Hamdäni anführt, deilen Schreibart beigefügt. 


Es ward mir in diefer Beziehung jogar eine merkwürdige Ueberra- 
hung. Bekanntlich hat Seegen, auf feiner Reife durch das Cobehiland, 
dort weder einen Wädi, noch ein Dorf, noch einen Unterflamm notirt. 
Nah meinen Informanten waren aber im Lande eine Menge namentlid) 
bezeichneter Dertlichkeiten. Sollte diefer Ueberfluß von Namensbezeich- 
nungen nicht auf Schwindel beruhen, bejonder3 da der einzige Europäer, 
der feit Zodovico de Barthema diefen KHüftenftrich durchreift Hatte und noch 
dazu ein fonft ſehr tüchtiger Yorfcher, dort gar fein nennenswerthes Ma- 
terial fand? So klangen meine Zweifel. Aber mit Unrecht, denn wie 
ich meinen Hamdäni aufſchlug, fand ich genau die von meinen Informanten 
im Eobehiland angegebenen Dertlichkeiten unter genau denjelben Namen. 
Die Namen im Hamdäni hatten freilich oft Copiſten entftellt, aber das 
Richtige war ſtets leicht zu entdeden, da die Yehler fih nur auf Berftel- 
fung der diakritiichen Punkte gründeten. So ftand z. B. im Manufcript 
ein Ort Mohayeg, ein anderer Mahdaha, ein dritter Hegär. An eben 
derfelben Stelle aber nannten mir meine Informanten Mohanneg, Meg- 
daha und Hegäz. Bei allen drei handelte es fi nur um Falfche Punk⸗ 
tirung, wie jeder Arabiſt erkennen muß. Aehnlich ſteht in beiden Manu- 
ſcripten ein W. Berämes, während hier nur ein W. Yerämes bekannt iſt. 
Und ſo in unzähligen Beiſpielen, die an Ort und Stelle zu citiren. 


Ich kann nicht genug die guten Dienſte rühmen, welche mir Ham— 
daͤni's „Geziret el “Arab” leiſtete. Es diente mir nicht allein zur Controle 
des Schon errungenen, fondern gleichfall3 zur Erlangung neuen Materials. 
Ich fand nämlich darin auch manche Namen von Dertlichkeiten, von denen 
meine Informanten noch nichts gejagt hatten. In ſolchen Fällen frug ic) 
fie nach denjelben, hütete mich aber wohl, ihnen die von Hamdäni ange- 
gebene Lage zu jagen. Dieje Lage wollte ih von ihnen erfahren. Und 
fiehe da! faft immer nannten fie mir genau die in der Handſchrift bezeich- 
nete Lage der Dertlichkeit. 


Zweites Qapitel. 


MWahidi-Länder. 


I. Rome. — II. Geographiihe Lage. — III. Das Land der Unteren Waͤhidi. — 
A. Sränzen. — B. Seehäfen. — C. Gebirge. — D. Waͤdis. — E. Klima und 
VBodenerzeugnifie.e — F. Bewohner. — G. Städte und Ortſchaften. — H. Alter: 
tHümer. — 1. Große zehnzeilige Inſchrift von Ghoraͤb. — Ueberjegung. — 2. Zweite 
Inſchrift. — 3. Dritte Inſchrift. — J. Politiſches — IV. Tas Land der Cberen 
Wähidi. — A. Brenzen. — B. Gebirge. — C. Waͤdis. — D. Klima und Boden: 
erzeugnifſe. — E. Bewohner. — F. Städte und Drtichaften. — Preije der Lebens: 
mittel in Habbän. — G. Alterthüumer. — Inſchrift von Ragb el Hagr. — lieber: 
jegung. — H. Politiſches. — J. Sociale Zuftände der Wahibi. 


IL. Name. 


Der Name Wäphidi ift urfprünglich nicht der eines Stamme. Man 
kann auch jetzt faum von Wähidi-Tribus reden, mie Wellfted *) gethan hat. 
Wrede bat ſchon auf diefen Irrthum aufmerkſam gemadt**). Dennoch 
gebt Wrede zu meit, wenn er ihn ausjchlieglih auf die Dynaftie ange= 
wendet willen till. Der Name ift freilih urſprünglich nur dynaſtiſch, 


— 


) Bei Ritter, Erdkunde XII, S. 624. 


») Wrede’s Reife in Hadhramaut, ©. 161. Hier jagt auch Wrede, Wellfted 
führe einen Stamm Beni Ghoräb an. Dies märe allerdings eine komiſche Ober: 
Rädylichleit, denn Ghoräb ift nur der Name eines Schlofieß, und nach einem folchen 
wird fih wohl faum ein Stamm, am wenigſten mit Beni davor, nenuen. 


222 Die beiden Wähidi-Staaten. 


ähnlich) wie die Bezeichnungen vieler anderer Völlergruppen, wie Aulaqi, 
Fodli, Nezäz, Amir, 'Abdeli u. |. w. Alles dies find Namen von Dyna- 
ftien, die oft mit dem Volle, daS fie beherrſchen, gar nicht ſtammesverwandi 
find, aber fie find einmal gang und gebe geworden, um damit eine Ge 
ſammtheit fleinerer, oft genealogijch keineswegs zufammengehöriger Stämme 
zur bezeichnen, deren Herrſchergeſchlecht jenen Namen führt *). 


II. Geographifche Lage. 


Die Wähidi- Länder bilden mehr zwei Gruppen, als ein homogene 
Ganze, dad nur durch Grenzen in zwei getheilt wäre. Sie grenzen nur 
nominell aneinander, denn zwiſchen beiden wohnt ein Theil des unruhigen 
Diebi-Stammes, über den die Sultane mohl die Autorität beanſpruchen, 
aber nicht ausüben. 


1) Die Gruppe der Unteren Wähidi wohnt am Meer vom 48° bis 
48030’ **) öſtl. 2. v. Gr. unter 14° nördl. Br. Dies Gebiet reicht nörd- 
ih von der Hauptftadt faum zwei Stunden ind Innere. Dann kommen 
ihon unabhängige Stämme. Am untern Lauf des Waͤdi Mefat find 
zwar die Dörfer dem Sultan unterworfen, das Land aber ijt frei. 


2) Die Gruppe der Oberen Wähidi***) Won 479 bis 47 940’ öfll. 
2. v. Gr. und don 14020’ bis 14958’ nördl. Br. 


— 


) Dies ift nicht bei allen ſüdarabiſchen Völkergruppen der Yall, ſondern nur 
bei jolden, die in Staaten, meift neuerer Entftehung, vereinigt find, welche der ur: 
alten Stammeszujammengehörigteit nit mehr entjprehen. Völker, wie die Yafli, 
Audeli, "Agrabi, Eobehi, Haufchebi, Hakmi, Yazidi, haben ihre alten Namen behalten. 
Ihre Herrſcher find au uralt angeſtammt. 


**) Ich muß darauf aufmerfjam maden, daß alle diefe Gradbeſtimmungen unge: 
fähr find. Die Erlundigungen gaben feine abjoluten Angaben. 


***5) Munzinger und Miles haben durch genaue Wegmeljungen bewiejen, dat 
Wellfted Nagb el Hagr viel zu weit von der Küſte und viel zu nördlich angejett 
hatte. Daher der Irrthum unjerer bisherigen Karten (Kiepert, Wrede), wonah 
Habbaͤn und das ganze obere Waͤhidi-Land zu weit nördlih und auch zu ſehr dflih 
angegeben wurden. Wrede jagt nämlich nichtS davon, daß dag Wahidi-Land fid je 
weit nach Weiten erftrede, wie es nah Munzinger der Fall ift, und dag Habbaͤn 
jelbjt ganz im Weften liegt. 


IS 
104) 
.. 
wo 


Das Land der linteren Waͤhidi. 


II. Das Land der Unteren Waͤhidi. 





i Me A. Grenzen. 
F Ara da3 Meer, im Weſten und Nordweſten die Diebi, im 
Tften das Biläd el Hagr (unabhängige Dobäyel). 


B. Seebäfen. 
mi einzige Bai von etwa zehn Seemeilen Länge und zwei Breite 
5 inter Anferpfägen, Bir Ali, mır im Sommer, und Megdäha, nur im 
Ra B N; Sie bilden zufammen einen jogenannten Monfunbafen, 
- in \ Sie müfjen je nach dem Winde den Ankerplatz wechſeln und 
* en Schutz, bald des öſtlichen, bald des weſtlichen Vorgebirgs be— 
far Gefährlich find die plötzlichen Umſchläge des Windes, jedod mehr 
Von oh Schiffe mit ſchweren Ankern. Die arabifchen Saya’s fönnen 
R U Anter lichten und die Stelle wechſeln. Vir Mi beſiht eine ettons 
Bucht, die aber doch beim Wintermonfun nicht ficher genug. ift. 


C. Gebirge. 


Diefer Heine Küftenftaat hat feine namhaften Berge, fondern nur 
ofen bulcanische Felſen und Tyelsgruppen, wie den Fels, auf welchem 
FM Ghoraͤb Liegt. Sie jind ifolirt und ftehen mit den Bergen des In— 
en nicht im Zufammenhang. Der Gebel Hamrä, weitlih vom W. Mef at, 
Vogt ſchon außerhalb diejes Gebiete. 


D. Badis, 


Außer dem Waͤdi Mifat, der aber Schon an der Grenze ganz im 
liegt, ift bier kein Fluß. Much diefer meftliche Waͤdi ift nicht 
Derennirend, doch gelingt es, durch Aufftauungen das Waſſer eineg großen 
Zeil des Jahres feftzuhalten. Er reiht in jeinem oberen Theil ins Ge- 
biet der tropifchen Sommerregen, gehört aljo zu den befruchtenden Waͤdis. 
Der andere Waͤdi Mefat*), im Oſten, liegt ſchon außerhalb der Grenzen 
rt.) Gabe nicht ergrlinden fönnen, ob es wirfli richtig ıft, daß dieſe beiden 
Wädis, die ſich jo nahe liegen, aber jo grundverfdieden find, denielben Namen füh— 
ren, wie Wrede jagt, und wie auch im Damüs ftehen joll. (Ich fand die Stelle 
nicht.) Der dftliche Heißt Übrigens auch nah Wrede nur in feinem ZTieflauf jo, im 
Oberlauf heißt er W. Hagr. Miles ſagte mir, man ſchreibe den Namen jegt nicht 
mehr mit "Yin, diefer Buchftabe jei auch in der Ausſprache gar nicht zu entdecken. 
Klo. bloß Mifat, nit Mef'at oder Maifa’a, wie er früher jedenfalls hieß. 


224 Das Land der Unteren Waͤhidi. 


diefes Heinen Staates, aber nicht meit davon. Er joll das ganze Jahr 
Waſſer haben. Wrede Hält ihn für den Prion des Ptolemäod. Ich glaube 
mit Recht. 

In diefem Gebiet befindet fih auch ein Binnenjee *), unweit der 
Küfte, aber durch vulcanifche Yeljen von ihr getrennt. Er ift von Man: 
grove-Waldungen umgeben und foll jehr tief fein. 


E. Klima und Bodenerzeugnijfe. 


Das Klima ift ganz daffelbe, wie das von Aden. Das Land ift un- 
fruchtbar, da es eben ein Küftenland und als ſolches nicht Die allem 
hier Fruchtbarkeit Spendenden Sommerregen hat. Steppengewächſe, Tom: 
palmen, wenig Datteln. Eine Ausnahme bildet da3 Thal von Mefat, 
welches aber nur indirect hierher gerechnet werden kann. Der W. Hagr 
im Innern gegen Nordoften, aber außerhalb dieſes Gebiets, ift reich an 
Datteln. 


F. Bewohner. 


Die Diebi, der mächtigſte Stamm diejer Gegend, find dem Sultan 
nicht unterworfen. Ahr Hauptftod hat zwar fein unabhängiges Land, wei 
ih vom weftlihen Wädi Mefat, aber fie überfluthen ftet3 das Wäpibi- 
Gebiet. Außer ihnen wohnen in der Gegend von Megdaha noch die Bü 
Dobez und Ba Dibiän, doch aud fie find dem Sultan faum unterworfen. 

Diefe Stämme fann man nicht Wähidi nennen. Diejer Name ge 
bührt hier nur der directen Unterthanenjchaft des Sultan, d. h. den Ztab: 
tern und Dorfbewohnern. 


G. Städte und Ortſchaften. 


Bar Ali und Megdäha, beides Hauptftädte und zugleich die einzi- 
gen Städte de3 Sultanat3, das eritere im Welten, da3 andere im Oſten 
der Bai gelegen und etwa zehn Seemeilen don einander entfernt. Te 


*) Es ift mir nicht recht Har, wo diejer See liegt. Haines (bei Ritter XII, 62) 
beſchreibt ihn ſchon, giebt ihm aber die Lage bei Hisn Ghorab, während meine In 
formanten ihn in die Nähe von Megdaha verjegten. Einer diefer Informanten war 
ein Engländer, Dr. Millingen, Arzt in türkifchen Dienften, der mit der türfiiden 
Miſſion 1870 Megdaͤha beſuchte und den Eee dort in der Nähe gejehen haben 
wollte. Auch hatten Munzinger und Miles, die in Hisn Ghoräb waren, dort gat 
nichts von einem See in der Nähe gehört. Ob es nicht vielleicht zwei Seen giebt? 





AltertHümer in Hin Ghoraͤb. 225 


Umftand, dag Bir Alt im Sommer, Megdaha im Winter der fichere Hafen 
ift, hat auf daS ganze Dafein der Bevölkerung eingewirkt und beide Städte, 
troß ihrer örtlichen Entfernung, eigentlich zu einer einzigen gemadt. Denn 
der größte Theil der Bewohner, ebenjo der Sultan und die Regierung, 
leben im Sommer in Bir Ali, im Winter in Megdaha. In der ihm un« 
günftigen Jahreszeit ift jedesmal das eine Hafenftädtchen verlafien. Ein— 
wohnerzahl beider Städte zujammen: höchſtens 400. Frequenz des Hafens: 
monatlih etwa drei Saya's (Schiffe von 20 bis 100 Tonnen mit latei- 
nifhen Segeln). Außerdem befißt der Sultan eine Saya. Einziger Er- 
portartifel: Datteln aus dem Wädi Hagr, meift für Rechnung des Sultan, 
der ſelbſt Handel treibt. 

Die Ortſchaften im W. Mefat erwähnt Wrede. (a. a. O. S. 159 u. f.) 


H. Wlterthümer. 


Bei Bir Ali auf einem Felſen altes himyariſches Schloß, Hien 
Ghorab*), (gewöhnlich „Rabenſchloß“ überjegt, richtiger „das ſchwarze 
Schloß”, denn Ghoräb heißt im Dialect „ſchwarz“), wahrſcheinlich das alte 
„Cane emporium“, größter Hafen zur Zeit de himyariſchen Reichs. Hier 
finden ſich vier him. Inschriften, die große zehnzeilige und drei Kleinere, 
deren eine deutli den Namen „Cane* nennt. Die große zehnzeilige In- 
ſchrift ſteht auf einem Felsftüd ganz dit am Boden und ift ziemlich) 
ſchwer zu finden. Dr. Millingen, der kurz vor Munzinger dafelbft war, 
konnte fie gar nicht entdeden. Munzinger und Miles haben 1870 die erften 
guten Copieen der vier Injchriften gemacht, die älteren von Hulton und 
Smith waren fehlerhaft.**) Sie find bis jetzt (Anfang 1873) noch nicht 
veröffentlicht ***). Ich Habe ſowohl Miles’, als Munzinger's Eopieen 
verglichen und danach überfebe ich. 


*) be Mogäwer (Sprenger'3 Poft: und Reiferouten S. 145) giebt die Küften- 
orte von Oft nah Weit an, nennt aber fehlerhafter Weile Hign el Ghorab vor 
Megdaba. Er nennt erfteres das Schloß des Juden Samuel ben Adiya! 


**) Aber doch noch lange nicht jo reich an Fehlern, wie die Wellſted' ſche Copie 
der Inſchrift von Nagb el Hagr. Profeſſor Rö diger hat die Lesart von Hulton und 
Smith in feiner Ausgabe von Wellfted’s Reiſen wiedergegeben und danach über: 
ſetzt. (Rödiger in Wellſted's Neife Theil II, S. 355, 359.) Dieſe Ueberjegung 
bat Ritter abgedruckt (Erdkunde XII, ©. 319). 

***) Sie wurden der Deutſchen Morgen!. Gejellichaft mitgetheilt und Würkten im 
Laufe des Jahres 1873 erfheinen, d. b. im verjpäteten Jahrgang der Zeitigritt Tür IST? 
v. Malßan, Reiſe nah Eiüdarabien. \5 


226 Große Infehrift von Hin Ghoräb. 


Erfte große zehnzeilige Inſchrift: 


Zeile 1. Samila und Aſchwa und feine Söhne Sarahbel Aikmol 
und Ma dikarib Ja kor, Sohn der Belhayat. 


Zeile 2. Die Göttin begnadige Kolan und Di Yatan und Laden und 
Sargan und Hab und Yat on 


Zeile 3. und Yeſchar und Yarz und Makrab und 'Aqhat und Be 
zäyan und Yalaled und Ghaiman und Yasb 


Zeile 4. und Labh und Gadäyan und Kazzan und Rachit um 
Zardan und Dablan und Scharlay und die Söhne des Malh, 


Zeile 5. ſowie ihre Stämme und Hacat und Alhan und Selfan umd 
Dayfatan und Riah und Rokban und Motlefan 


Zeile 6. und Säflan und Zograt und die Steppen, wie die Weide 
pläße der Schaiban. Diefe ganze Reihe (von Männern) ſchrieb ſich auf 
diefer Tafel ein 

Zeile 7. Zum Andenken an ihren Sieg und die glüdliche Rückleht 
zu ihrer Heimath (eigentli) zu ihren Gärten), ihre Heimkehr und ih 
Wanderung, 


Zeile 8. meil fie von ihr (der Gottheit) Hülfe erhielten, als fr 
zogen ind Land Habeſch und machten die Habeſchi zu Sklaven 

Zeile 9. im Lande der Himyaren, al3 im Kampf überfielen Hm 
ar's König und feine Fürften die Schwarzen”). 

Zeile 10. Und die Zeit (da3 Datum) war der Sommermond de 
Sahres 642. 


Offenbar Handelt es fich bier um einen Feldzug der bei „Cane’ 
wohnenden Himyaren nach Abeffinien, worunter wir jedoch nicht einfeitg 
das heutige Habeſch, jondern auch die Somali-Länder zu verftehen hab. 
die im Altertum mit in Habejch inbegriffen waren. Der Golf von Aa 
vermittelt noch heute vielfache Verbindungen zwiſchen diefer Hüfte und den 
Somäli-Qande. | 


— — 


) d. h. die Abeſſinier. Wörtlich ſteht zwar „die Rothen“ (Ahmaraͤn) abet 
alg „roth” wird noch heute und wurde ftets die Hautfarbe der Abeſſinier bezeiget, 
weil jie eben nicht ganz ſchwarz, \ondern duntelstaun mit röthlichem Neflez iR. 





Regierung der Unteren Waͤhidi. 237 
Zweite Inſchrift (vier ganz kurze Zeilen) : 
Marthad, Sohn des Aus, ſchrieb feinen Namen ein (folgen undeutliche 
Zeichen, wahrjcheinli Jahreszahl). 
Dritte Inſchrift (21/, Zeilen): 
Zeile 1. Said Abrad, Sohn des Malſchan, am Berge, 


Zeile 2. der beim Auffteig von Cane liegt, ſchrieb ſich ein 
Zeile 3. zum Gedächtniß des Siege. 


Die vierte Inſchrift enthält nur zwei Namen. Man fieht, e8 handelt 
fih Hier um Einjchreibung von Eigennamen an einem wahrſcheinlich ge- 
beiligten Orte, ähnlich wie die Infchriften am Sinai und in Abu-Simbel, 
und wie fie noch heute bei Orientalen Sitte find. So fieht man 5. 2. 
in der Gema "Tulun in Cairo die ganze Wand mit Heinen arabifchen In- 
ſchriften bededt, welche nichts meiter ausfagen, als „N. N. Sohn des 
N. N. verrichtete Hier jeine Andacht.“ 


J. Politiſches. 


Sultan Hädi, b. "Abd Allah, el Wähidi, Beherrſcher der Unteren 
Waͤhidi, Vetter des Sultans der Oberen Wähidi, in defien Lande er übri- 
gens auch eine gewiſſe officielle Stellung, etwa die eine Prinzen von Ge- 
blüt hat. Dieſe kommt natürlih nur dann zur Geltung, wenn er ſich in 
Habbän oder Hota befindet, wo er ein Haus befikt. Er findet ſich aber 
nur ſehr jelten dort ein, wohl nur bei Thronwechſeln, um mit der zahl- 
reihen Sippſchaft die Nachfolge zu berathen. Er ijt jehr arm und madt- 
los. Sein einziges Einfommen bildet die Erportgebühr (für Datteln) und 
der von ihm felbjt betriebene Handel. 


Sp unbedeutend feine Herrichaft, jo übt er doch die Befugniffe der 
höchften Souveränität, indem er auch das Stanzelgebet auf feinen Namen 
fagen läßt, wie ein volltommener „Beherricher der Gläubigen.” Er und 
alle Unterthanen find übrigens Schäfei. Zäidi im Lande gänzlich unbe- 
fannt. 

Am Jahre 1870 war Sultan Hädi nahe daran, feine Häfen (Bir 
“Ali und Megdaha) an die Türken abzutreten. Es fand fi) nämlich eine 
türkiſche Expedition ein, welche angeblich Ouarantäne-Anftalten errich- 
ten follte und ihr Auge auf Bir Ali geworfen Hatte. Sie beſaß Em— 
pfehlungen des Großſcherifs von Meta, die von den unabhängigen Arater- 

YH* 


228 Das Land der Oberen Waͤhidi. 


fürften (d. h. nur von Sumniten) ſtets ſehr hochgehalten werden da 
Sultan Hädi wurde geſchmeichelt, ihm große Geſchenke, Orenn | m 
verſprochen, wenn er feine Häfen zur türkiſchen Ouarantäneftation heryhen 
wolle. Seine Souveränctät, jo hieß es, folle unangetaftet bleiben. ur 
teres war natürlich eine leere Flosfel, denn, waren einmal türkiſche Truppen 
hier, fo war's vorbei mit Sultan Hädi's Macht. Der beihörte Mar Yale 
ſich wirllich beſchwatzen laſſen. Zum Glüd fir ihn konnten die Engländer 
diefe türliſche Machterweiterung nicht dulden. Sie machten ihm nod pr 
techten Zeit Vorftellungen, und jo wurde er von dieſem Schritt abgebtudl, 
der ihm vielleicht den Nifchän eingetragen, ſicher aber fein Sultanat geruit 
hätte. Er foll übrigens jegt die geiftliche Autorität des Großſultans amt 
tannt haben. 


IV. Das Land der Oberen Wähibi. 


A. Grenzen*). 


Durchaus Binnenland, grenzt im Süden und Südoften an dieTih, 
im Eüdweften an die Unteren, im Weften an die Mittleren und im Rote 
weiten und Norden an die Cheren “Aulagi, im Often an freie Stamme 
gebiete, die Bü No maͤn und das Biläd el Hagr. 


B. Gebirge 
Im unteren Theil des Landes, und zwar nur in der öftlichen Hälfte, 


Das Land der Oberen Waͤhidi. 229 


0. Waͤdis. 


Im Süden der Wafjerfcheide, welche die Berge nördlich von Habbän 
den, und dem arabiichen Meer zufliehend, der Wädi Miöfat. Er kommt 
u der Gegend füblih von Habbän, fließt öftlih bis Roda, wo er ben 
Rp Rorden fommenden W. Salmän aufnimmt, dann ſüdöſtlich an Höta 
Ecckhei nach Nagb el Hagr, wo er fi) mit dem Heinen W. “Ecän vereinigt 
u dann ſüdlich ind Meer. 

Nördlich von der Wailerfcheide und dem Gebel Tüil der W. Herdän 
Fließt nordöftlich gegen Hadramaut zu, das er aber nicht erreichen, jondern 
Jich vorher im Sande verlieren fol. 


D. Klima und Bodenerzeugnijfe. 


Der füdöftliche Theil dieſes Gebiets, um Naqb el Hagr umd Hoöta 
gehört Himatiich noch dem Küftenlande an. Hier ift alles, was nicht durch 
den W. Mefat und ſeine Seitenflüßchen bewäſſert wird, Wüſte. Die ſehr 
engen, von jähen Kalkſteinfelſen umgebenen Flußthäler tragen meiſt Dattel— 
palmen (in großer Menge, Qualität mittelmäßig) und Cerealien. 

Der mehr binnenländiſche gebirgige Theil des kleinen Staats iſt frucht— 
bar, weil er die tropiſchen Sommerregen hat. Producte: Durra, Dochn, 
Weizen, Taback, Indigo, Baumwolle, wenig Datteln. Guter Viehſtand: 
Ziegen, Schafe, Kameele, Hornvieh in geringer Zahl, aber doch viel 
mehr, als im Tiefland, wo es faſt ganz fehlt. Viel Butterbereitung. 


F. Bewohner. 


Um Nagb el Hagr, Egaͤn und bis nad) Hoͤta hinauf nomadijiren noch 
Diebi. Oeſtlich von Höta die Pi No min. "Die anderen Stämme ſollen 
urſprünglich Madhig fein, werden aber jeßt unter dem gemeinichaftlichen 
Namen Waͤhidi begriffen. Außer den Städtern, Juden und Parias find 
alle Bewohner Oobaͤyel (freie Stämme). Die Pariaklaſte heißt Hier Ahl 
Hayek (Webervolk) und wohnt in eigenen Städten und Dörfern, in denen 
es font feine Wraber giebt. 


230 Hauptftadt der Oberen Waͤhidi. 
F. Städte und Ortſchaften. 


Habbän, Hauptftadt, nah Miles*) mit etwa 4000 Einwohnem, 
fiegt in weiter, hügelig gewellter Hochebene mit Gebirgen im Süden und 
Norden. Sechs Mofcheen. Seine Stabtmauern. Zwei große Wacht⸗ 
thürme an beiden Enden der Stadt, jeder mit fünf Mann Garniſon. 
Jedes Haus ift Yeltung-, Thurm= und Citadellenartig, oft fünfftödig, im 
unteren Theil ohne Yenfter, welche erit in der Höhe von zehn bis zwölf 
Fuß vom Boden beginnen. Jedes Stodwerk hat feinen bejonderen Ramen: 
Parterre Sid, erfter Stod Bet, zweiter Stod Fadli, dritter Stod Ginne, 
vierter Stod Mechaddem, fünfter Stod und Dachterraſſe Rem. Auf dem 
Rem Zinnen und Schießſcharten. Der zweite Stod, Fadli, ift in vornehmen 
Häufern Empfangaort. Der Harem in die höchften Stockwerke verbannt. In 
Habbän leben viele Juden, die ein eigenes Viertel bewohnen, auf taufend 
Seelen geſchätzt. Nahe bei Habbän, in einem Yelsthal, find eine Menge 
hebräifcher Infchriften, alle nur Namen enthaltend, wie „Möſchech, Sohn 
des Izchak“ u. ſ. w., vielleicht Andenken an einen ehemals Hier gelegenm 
Friedhof. 

Preiſe der Lebensmittel in Habbän. 


Für einen Maria-Thereſien-Thaler kauft man nad) Miles in Habbän: 
10 Hühner, 31%, Kela Weizen, 4 Sela Durra, 10 Eir Butter, 16 ir 
Kaffee. Der Sir ift ein nach ſchwerer Silbermünze bemeſſenes Gewicht*). 
In Habbän wiegt er nur dreizehn Maria-Therefien-Thaler, während ir 
Adener Sir gleich ſechzehn Maria-Therefien-Thaler if. Vieh ift ſelten und 
theuer. 

Höta, zweite Hauptitadt und Sit der meiften Mitglieder der fürfli- 
hen Yamilie, am Vereinigungspunft zweier engen Thäler, am Fuße ter: 
raſſenförmiger Kaltjteinfeljen auf beſchränktem Raum gelegen. Miles giebt 
ihm 6000 Einwohner. Keine Mauern. Aber alle Häufer Feftungen, dar: 
unter ein Schloß Sultan Hädi’s von Bir "Ali. 


*) Ich theile nur ſolche Notizen aus Miles’ Tagebuch mit, welche er nicht ver: 
öffentliht Hat. Nur diejenigen Notizen, bei welchen europäiſche &ewährsmänne 
ausdrädlic genannt find, ftammen von foldhen. Die anderen von Arabern. Tui 
Meifte über das Wähidiland ſtammt aus den Berichten von Arabern aus Hadramaut 

**) Man vergleiche das oben (Exfter Theil, Vierzehntes Gapitel, Handel von 
Maſſauwa Gewichte, Seite 119) Über dar otakrtaniike Sul Seinate. 


Städte, Alterthümer der Oberen Wahidi. 231 


Gerdan, am Wuaͤdi gleichen Namens, zwei Tagereiſen nordöftlih von 
Habbän. Soll eine große Stadt fein. Von hier aus Verbindungen mit 
dem eigentlichen Hadramaut über W. "Amd und Haura. 

Röda, Stadt am W. Salman zwiſchen Habbän und Hota, ganz don 
Ahl Hayek (Pariafafte) bewohnt. Außer ihnen find hier nur nod) 5 Me: 
Ihaichfamilien (Nachkommen von Heiligen). 

Amagin foll eine große Stadt im Norden des Landes in der Gegend 
von Gerdän fein. Nur Araber mußten etwas von ihr. 

Nedeha ) Heine Dörfer zwiſchen Roda und Habban in fruchtbarer 

Lahi | Gegend. 

Londra, Heine Städtchen im Nordweſten von Habbän in gebirgiger 
Gegend (nad Munzinger und Miles). 

Ecan, Ortſchaft im gleichnamigen Wädi bei Nagb el Hagr. 


G. Alterthümer. 


Nagb el Hagr am W. Meifat, altes himyariſches Gaftell, von 
grogen, ſehr foliden und kunſtreich bearbeiteten Werkfteinen gebaut. Auf 
einer der höchſten Stellen der Schlopmauer befindet jich die berühmte In— 
Ichrift, mit ſchuhlangen Buchſtaben *) geichrieben, die Wellited”*) zuerit, 
aber faft unlejerlich copirte.e Miles erzählte mir etwas Bemerlkenswerthes 
in Bezug auf die Inſchrift. Er fand nämlich in der Nähe des Schloſſes 
mehrere zerftreiut liegende, große Werkiteine, auf welchen einzehte Wort— 
folgen oder ganze Wörterreihen, die ſich auch in der Hauptinſchrift finden 
und genau von demjelben Maß und derjelben Form, eingegraben waren, 
nur daß der lebte Buchſtabe jedes Mal entweder ganz falſch war over 
doch einen Eculpturfehler enthielt. Er jchlo deshalb mit Recht, daß dies 
verunglüdte Inſchriftverſuche ***) ſeien. Man jcheint aljo die Steine erſt 


*) Tie Sculptur ift nah Miles viel funjtvoller, als die dur Inſchrijt von 
Hien Ghoräb. 

**) Wellſted foll furzfichtig gewejen fein, wie mir Gapitän Miles jagte, und, 
da die Inſchrift jehr hoch vom Erdboden ift, jo erflärt dies wohl die großen Mängel 
feiner Copie. 

***) Aehnliches findet fih auch in Bezug auf himyariſche Bronzeinichriften. Zo 
erhielt Paſtor Kirk in Aden jüngft 2 Bronzetafeln, deren eine genau die 2 erjtın 
Zeilen der andern Szeiligen wiedergab und fonft blank war. Aber der fette Buch— 
Rabe war falſch. Man Hatte die Inſchrift deshalb nit ausgeſchrieben, aber doch 
forgfältig auch daS fehlerhafte Fragment verwahrt. 


232 Inſchrift von Nagb el Hagı. 


beſchrieben zu haben, ehe man fie dem Bau einfügte. Mechvindig if, 
daß diefe Steine Hier in näcjfter Nähe des Schlofjes, wo fie fa den Big 
verfperren, jo viele Jahrhunderte jo ganz unverſehrt Liegen blieben. Ih 
tann mir das nur durch einen Aberglauben erklären, der allem Ge» 
ſchriebenen eine geheimnigvolle Bedeutung beilegt. Zalismanel 
Dieſer Glaube lebt noch heute in Arabien. 

Miles und Munzinger haben mir beide recht ſchoͤne und deutliche 
Copieen dieſer Inſchrift gegeben, die gleichfalls (wie jene von Hien Ghexih) 
nod) ihrer Veröffentlichung entgegen fehen. Wellfted’s Gopie war Io 
grundfalſch, daß feine danach gemachte Ueberſetzung einen Begriff vom Ja 
halt giebt. Ich wage mic) nad Miles Copie an folgende. 


Inſchrift von Nagb el Hagr. 


Zeile 1. Ibſal, Sohn des Schagb, hat errichtet die Baute im Wini*) 
Mefat und einmeifeln laſſen die Eteine; als ein mächtiges Werl, eine 
heilige Schutzwehr, hat er diefe Baute, diejes Haus Hingeftellt. 

Zeile 2. Und er hat eingetheift (d. h. in Bewäſſerungsdiſtricke) dien 
Wädi von jeinen fruchtbaren Pflanzungen bis zu den fpärlicheren, und hat 
ernannt zum Statthalter des Wädi (feinen Sohn Tadqaydi'). 

Die Beziehung auf den W. Meffat, die übrigens auch ſchon Ri- 
diger erfannt hat, ift jedenfalls unzweifelhaft, was auch fonft in der 
Neberfegung gefehlt fein mag. Wie wir in der 3. Inſchrift von Hien 
Ghoräb das Wort „Cane“, fo finden wir auch hier nach abertaufend Jah 





Der Sultan der Oberen Waͤhidi. 233 


tiger und dabei faſt beitelarmer Häuptling. Die Dobäyel (freien Stämme), 
weldhe den bei Weitem größten Theil der Bevölferung ausmachen, erfennen 
in ihm nur für den Kriegsfall ihr militärisches Oberhaupt, vor dem fie 
übrigens ſehr wenig Reſpect haben, denn er ift ja nicht ſelbſt aus den 
Dobäyel hervorgegangen, fondern ein Yürft mehr nad) bürgerlich-ftaatlichen 
Begriffen, was die Dobäyel immer gering ſchätzen. Nebenbei ift er ein 
Städter und als ſolchen trifft ihn doppelt die Verachtung der Dobäpel. 
Er kann fie weder richten, noch befteuern. Er muß fie vielmehr noch durch 
Gefchente ködern, damit fie ihn wenigftens in den Städten herrichen laſſen. 
Sein ganzes Einkommen geht fo auf. Von den Raye (ftädtifchen Unter: 
thanen), den Juden und Ahl Häyek (diefe Pariakaſte ift hier ausnahms⸗ 
weile befteuert) erhebt er zwar 1/, Maria⸗Thereſia⸗Thaler für jedes Ka— 
meel, !/, für jede Kuh, Y/,s für jeden Ejel jährli, außerdem bon den 
Juden ein Kopfgeld, ſowie deren Branntweinfteuer, ferner noch die Markt⸗ 
gebühren, die auf 500 Maria-Therefia- Thaler jährlih geſchätzt werden, 
aber auch dies Geld muß er noch mit der Megles theilen, einer Notablen- 
Berfammlung, aus den Scherifen, den zahlreichen Prinzen und den Häupt- 
fingen der Dobäyel beftchend, ohne deren Einmifhung und Billigung er 
jelbft über feine Raye (Unterthanen) nicht die Herrſchaft ausüben Tann. 
Bon feiner Armuth erhielt Miles einen draftiihen Beleg, indem er zu⸗ 
ah, wie der Sultan jelbft am Brunnen Waller fchöpfte, weil er Teinen 
männlichen Dienftboten Hatte Als Munzinger und Miles in Hab— 
ban waren (Juli 1870), mußten fie ihm wiederholt Trinfgelder geben, meil 
er fie fonft nicht bewirthen konnte. Der Sultan bettelte übrigens nicht 
geradezu, wie manche andere Heine Sultane. Auch behandelte er fie gut 
und fchüßte fie gegen den Yanatismus der Städter. Sie hatten nicht 
genug Geld bei fi, um ihn fo zu belohnen, wie fie es gewünſcht hätten, 
und Iuden ihn deshalb ein, nad) Aden zu kommen, um fid) den Neft zu 
holen. Dies that er wirklich, machte zu Fuß die für fein Alter doch be— 
ſchwerliche Reiſe, um 50 Mearia-Therefia- Thaler in Empfang zu nehmen, 
wenig nach unferen Begriffen, aber für ihn ein Capital! 

Troß dieſer factiſchen Machtlofigfeit des Sultans, wird doch die Yic- 
tion, als fei er „Beherricher der Gläubigen“, aufrecht erhalten, mie das 
Kanzelgebet, dieſes Symbol der höchſten politiſchen wie religiöfen Autorität, 
zeigt, welches Hier auf den Namen von Sultan Ahmed gehalten wird, 


234 GSefellfchaftliche Rangftufen. 


I. Sociale Eintheilungen der Wähibdi. 


Mie überall in Südarabien, fo find auch bier die Rangftufen der 
verſchiedenen focialen Claſſen Scharf geſchieden. Der Sultan ſteht nicht auf 
der höchften, fondern die Scherife oder Siid (beides hier ganz gleichbedeu- 
tend*), Nachkommen de3 Propheten). Er muß vor einem Scherif auf 
ftehen und fein Geficht mit deſſen Händen in Berührung bringen, nicht 
zum Kuß, der bei Scherifen nicht nöthig, fondern zu dem abergläubifcen 
„Beriechen der Hände“, weil diefe einen „Geruch **) der Heiligfeit“ au 
duften. Die Scherife haben auch überall den Ehrenplag vor dem Sulten 
Folgendes find die Rangftufen, wobei man fi) immer vergegenwärtigen 
muß, daß e3 ſich hier nie um „perjönlichen” Rang handelt. Ein folder 
kann nur die erfte Stellung innerhalb ber eigenen Claſſe geben, aber mt 
über eine höhere Claſſe emporheben: 

1) Scherife oder Stid. 

2) Der Sultan und die Prinzen. 

3) Meſchaich**) (Nachkommen von Heiligen). 

4) Die vornehmeren Kaufleute. 

5) Die Dobäpel, wozu hier auch alle Soldaten gehören. 

6) Die Städter und Aderbau treibenden Landleute, hier Tomwen ge 
nannt (dafjelbe was in Aegypten Yellah Heikt). 

7) Die Ahl Hayek (Pariakafte, die andere Pariakaſte, die Schumt. 
eriftiren bier nicht). Sie dürfen in Mofcheen, nicht aber in die Häuſet 
der anderen Araber fommen. 

8) Die Juden. 


+) Jene Bemertung Wrede's, daß man einen Unterfchied zwiſchen Sderi 

und Siid made, daß erfteres die Nachkommen Haſan's, letzteres die Hoſains bezeichnt 
fand ich nicht beſtätigt. Wrede nennt auch einmal einen Scherif „Dabib“ und bill 
dies für einen Eigennamen. „Habib* (Freund) ift aber Titel und ganz gleichbeder 
tend mit Scherif und Siid. 

**) Auch von Wrede in Ehorebe erwähnt. Wrede’ 3 Reiſe in Hadhraman, 
Note 90, Seite 283. j 

“er, Auch Deramiich (Derwiſch) genannt. Es ift genau das, was man hate 
tage in Nordafrifa Morabitin (Marabut) nennt. Der Urfprung ift freilich ein ander, 
denn legtere find die Nachkommen der erften Verbreiter und Kämpfer des Islam ia Ä 
Gränzländern. 


| 


Drittes Capitel. 


4 


Diebiland. 


I. Rame. — II. Geographiſche Lage. — III. Grenzen. — IV. Seehafen. — V. Ge: 

Birge. — VI. Wadis. — VII. Klima und Bodenerzeugniffe. — VIII. Stämme. — 

Wrede'5 Angaben über die Stämme. — Die fieben eigentlihen Tiebiftänme. — 

IX. Ortſchaften. — X. Politiſches. — XI. Sprachliche Eigenthümlichkeiten. — 
XII. Abftammung. 


1 Rame. 


Der Name „Diebi“ bezeichnet nicht wie der Name „Waͤhidi“ eine 
ſtaatliche Gruppirung verjchiedener Stämme, fondern eine alte uriprüng- 
lihe Stammeseinheit, die ihren ererbten Namen beibehalten hat. Unter 
„Diebiland“ wird hier nur das Stammesland im engern Sinne ver= 
fanden, d. H. die ausfchlieglih von Diebi bemohnte und beherrichte Ge— 
gend, nicht jene Gebiete, wo die Diebi nur das Flachland bemohnen und 
die Städte den Wähidi gehören, wie die Gegenden zwifchen den Ctaaten 
der Unteren und Oberen Wähibi. 


II. Geographifche Lage. 


Das Diebiland im engern Sinne erftredt fi von 47° 30’ bis 48° 
öfl. Länge von Gr. und von der Küſte, etwa 139 40’ bis 149 15’ nördl. 
Breite. 


236 Diebiland. 


OI Grenzen. 


Am Süden das Nrabifche Meer. Im Weften die Qumüſch, welche no⸗ 
minell unter den Unteren Aulaqi ftehen. Im Norden das Land der 
Oberen Wähidi. Im Often der Wädi Mefat, wo die Städte den Un 
teren Wähidi, das Land aber größtentheils auch zerſtreuten Stämmen ber 
Diebi gehören, 


IV. Seehafen. 


Die Heine Stadt Haura hat nur eine berjandete Rhede, auf melde 
jehr jelten, vielleicht jährlich ein Dutzend Mal, Schiffe (arabiſche Saya's) 
antommen und Datteln einjchiffen. 


V. Gebirge. 


Im Oſten durchzieht das ganze Gebiet von Süd nach Nord der 
Gebel Hamraͤ, der rechts vom W. Mäẽf'“ at liegt. Höhe etwa 4000 Yuk 
Der mittlere und weſtliche Theil des Gebiets iſt theils Hügelland, theil⸗ 
Hochebene. 


VI. Wadis. 


Der W. Mäf'at kann nicht mehr zum engern Diebiland gerechnet 
werden. Dieſes beſitzt keinen einzigen nennenswerthen Wädi. Bon Haute 
in nordöſtlicher Richtung ſoll ſich zwar bis nad) Chabr ein offenes Thal 
hinziehen, das wahrſcheinlich einen Gießbach enthält, der aber nur ſelten 
Waſſer führen kann, da er ſchon ganz im Süden der Zone der tropiſchen 
Regen liegt. Ueber feinen Namen konnten Munzinger und Miles, als 
fie in Chabr waren, nichts erfahren. 


VII. Klima und Bodenerzeugniffe. 


Durchaus Küftenklima, nur auf die prefären Winterregen angewicſen. 
Die unmittelbare Küftengegend ift großen Theils ſandig. Bier machen 
Dattelpalmen, Früchte mittelmäßig. Faſt das ganze Gebiet iſt fteppen: 
artiges Weideland, nur für Kameelzucht geeignet, welche Hier trefflich ge 
deiht. Wenig Cerealien, Durra, Dochn, Mſiweli (rother Dochn), die aber 
nur nad ausnahmsweiſen Winterregen eine Ermr geben, 





Stämme der Diebi. 237 


vol &tamme. 


Das ganze Land ift von einer compacten Stammeögruppe bewohnt, 
alle Diebi. Bon anderen Bewohnern, bürgerlichen Städtern, Parias u. ſ. w. 
hörte ich nichts. 

Die Diebi zerfallen in folgende Unterftämme, welche mir einer ihrer 
Häuptlinge aufjchrieb, und deren Namen ich bier mit Wrede’3 Notizen 
über diejen Stamm vergleichend zufanmenftelle. 

1) Azemi (bei Wr. "Ademi). 

2) Solemäni (ebenfo bei Wr.). 

3) Alluwi oder Ahl "Ali (bei Wr. nicht genannt). 

4) "Agäri (bei Wr. nicht genannt). 

5) Bü Sauda (bei Wr. nicht genannt). 

6) Ba Hamedi (bei Wr. el Ahmedi). 

7) Bä Auci (wohl nicht Wrede's Bä Wada?). 

8) Temẽſcht (fehlt bei Wr.). 

9) Hazchuͤri (fehlt bei Wr.). 

10) Sabchaͤni (fehlt bei Wr.). 

Wrede führt außerdem nody einen Stamm „Salemi” an. Er kennt 
Übrigens im Ganzen nur 5 Stämme und da deren von ihm angegebene 
MWohnfige ſämmtlich augerhalb*) des engern Diebilandes gelegen find, fo 
ift anzunehmen, daß er von legteren nichts erfahren hat. Die Stämme, 
welche Wrede nennt, gehören aljo ſtreng genommen nicht hierher. Es 
find vom Hauptftod abgetrennte Glieder. Ziehen wir fie von der obigen 
Stämmezahl ab, fo bleiben nur 7 Stämme und das ftimmt genau zu den 
Angaben der Mehrzahl meiner Informanten, welche ausfagten, daß das 
eigentliche Diebiland nur fieben Stämme habe. Die Bü Auci wohnen 
bei Haura, find alfo wohl ſchwerlich eine Stammes mit Wrede's BA 
Wada, die er bei Meßdaha nennt. 


IX, DOrtfäaften. 


Haura, Heines Fiſcherdorf und Hafenörtchen, ber einzige nambafte 
Ort im Lande. Es foll auch wenig Schlöffer geben. Die meiften Diebi 


*) Nämlicdy Ademi bei Nagb el Hagr, Solemäni bei Ba el Haff, pm A 
untern, Sälemi im obern W. Mat, Bi Wada gar bei Mesdaha. (Wrebe’s 


Reife in 9. ©. 817). 


238 Diebiland. 


wohnen in Rohr= oder Dattelpalmhütten. Unter ihnen giebt es mehr Be- 
duinen (d. 5. Nomaden) ala in irgend einem andern Theil des von mir 
beſchriebenen Südarabiens. 


X. Politiſches. 


Die Diebi haben feinen Sultan, und überhaupt keinen gemeinschaft: 
lichen Häuptling. Jeder der 7 Stämme bat feinen Schedh, der den pa— 
triarchalifchen Titel „Abu“ (Vater) führt. Sie find alle Dobayel (freie 
Stämme) und erfennen im Abu nur den Kriegsführer. Steine Steuern, 
feine Juftiz, feine Soldtruppen. Mord wird nach den Regeln der Blut: 
rache gefühnt. Gemeinſame Angelegenheiten werden durch die Stämme: 
verfammlung, die einmal jährlich ftattfindet, geregelt. 


XI Sprachliche Eigenthümlickeiten. 


In der Sprache der Diebi hat fi manches Eigenthümliche erhalten, 
3. B. das ſüdarabiſch-äthiopiſche Verbalſuffix „ka“ flatt „ta“ für diel. 
und 2. Berjon des Perfect. Jedoch bildet ihre Sprache jetzt nur nod 
einen mit Idiotismen gemifchten arabiſchen Dialect, nicht eine Spradk 
sui generis, wie dad Mehri und Grauwi (Halili). 


xD. Abftammung. 


Die Diebi jelbft Halten ſich für ſtammesverwandt mit den Dumujd, 
im Untern Anlagilande und den Audeli auf dem Gebel Kor. Ihr Dialect 
ift faft derfelbe. Da letztere Stämme höchſt wahrſcheinlich Himyaren fin, 
jo dürften fie eg auch fein. Sie wären dann die am meilten nad Often 
vorgefhobenen Himyaren. Außerdem jcheint aud ihre Hautfarbe fie als 
folche zu Fennzeichnen, denn fie find faft ſchwarz, wie die Yafı i und & 
behi (beides unzmweifelhafte Himyaren) und nicht hellhäutig, wie die Voiler 
öſtlich vom W. Mäẽf'at und wie die Hadrami. 





Viertes Capitel. 


Aulagiländer. 


I. Rame. — Irrthümer in Bezug auf den Namen. — II. Geographiſche Lage. — 
III. Grenzen. — IV. Eintheilung. — V. Das Land der Unteren “Aumälig. — 
A. Berge und Hochebenen. — B. Waͤdis. — C. Klima und Bodenerzeugniffe. — 
D. Stämme. — Irrthum in Bezug auf einen Stamm. — E. Städte und Ort⸗ 
Ihaften. — Irrthum in Bezug auf einen Städbtenamen.. — F. Politiſches. — 
VI. Das Land der Mittleren Auwaliq. — A. Beichaffenheit de8 Landes. — 
B. Stämme. — C. Städte und Ortſchaften. — D. Politiſches. — VII. Das Land 
der Oberen “Auwälig. — A. Gebirge und Hocebenen. — B. Wadis. — C. Klima 
und Bodenerzeugniffe.e — D. Salinen. — E. Stämme — F. Städte und Ort⸗ 
ſchaften. — G. Seßhafte und Nomaden. — H. Dobäyel und Raye. — I. Auswan⸗ 
derung. — K. Politiſches. — L. Juſtiz. — M. Sklaverei. 


L Name. 


Aulagi, häufiger in der Colletivform Auwäliq gebraudt, ift 
gleichfalls, wie Wähidi und andere, ein dynaſtiſcher Name, der von einer 
Gruppe von Stämmen geführt wird, denen die genealogiiche Einheit fehlt. 
Er ift jedoch viel älter, alS der Name Wähidi, und als Volksbezeichnung 
mehr in Fleiſch und Blut übergegangen. Bon den Beduinen hört man 
den Namen „Maulegi” und im Plural „Maumeleg“ oder „Mauleq“ ſpre⸗ 
hen. Dies ift dialectifch für „el Aulaqi“ u. |. w. denn der ſüdyemenſche 
mundartige Artikel ift nicht das arabiſche „el“, jondern „em” oder „m“, 
dem Wort vorn innig angejchloffen. Das Ain verjchwindet dann. 


240 YAulagiländer. 


Srerthümer in Bezug auf den Namen. 


Haines ſchrieb in feiner „Chart of the South East Coast of 
Arabia“ diefen Namen fäljchlih Urladji, und da man nebenbei doch aud 
den richtigen Namen hörte, jo beging man den Irrthum, hier zwei Völfer 
anzunehmen, die Urladji und die 'Aulaqi, die man 'Olqi fchrieb. Diejer 
Irrthum ift in mehrere gute Karten, 3.3. auch die Kiepert'ſche über: 
gegangen, findet ſich ebenfalls bei Ritter *) | 


I. Geographiſche Lage. 


Diefe ausgedehntefte ſüdarabiſche Gruppe bewohnt da3 Land von | 
46° 20' biß 47° 30’ öftl. Länge v. Gr. und von 130 20’ bis etwa 15° | 
nördl. Breite. Nördlihe Ausdehnung übrigens ungewiß. 


II. Grenzen. 


Sm Süden dad Arabiſche Meer. Im Welten, im füdlichften Thei 
Datina, im mittleren das Audeliland, im nördlicheren das Land der Kai 
Im Nordiveit Gezäb. Im Norden unbekannt. Im Nordoft und COſten 
(im obern Theil) das Land der Oberen Wähidi. Im Often (im nietem 
ſüdlichern Theil) das Land der Diebi. 


IV. Eintheilung. 


Die "Aumälig zerfallen in Untere und Obere, erftere von der Küft 
bis zu etwa 14° 20’ nördl. Breite wohnend. Da aber die Oberen Wr 
wälig ihrerfeit3 wieder in 2 Gruppen zerfallen, welche wir die eigentlid 
Oberen und die Mittleren nennen wollen, jo müſſen mir folgende 3 Theile 
unterfcheiden: 

1) Das Land der Unteren "Aumälig mit der Hauptftadt Hauwar. 

2) Das Land der Mittleren 'Auwäaͤliq mit der Hauptftadt Yeſchbuͤm 


*) Haines’ Irrthum ift, bis auf das ganz überflülfige „x“, erflärlih. Dj 
und Taf werden bier nämlih ganz gleid), wie g in Gott, ausgejproden. Haineß 
hörte „g“ und fchrieb dies nach viel verbreiteter Methode „dj”. Auf der Chart 
the Golf of Aden, d. 5. der englifchzarabijchen Ausgabe hat Rafjam die ara 
ſchen Namen ganz richtig gegeben, aber die falſchen engliſchen ſtehen gelaſſen. 








Das Rand der Unteren Auwaͤliq. 241 


3) Das Land der Oberen "Aumälig, auch Mobhäger genannt, mit der 
Hauptftadt Nicäb. 

Letzteres ift dad bei Weitem größte, das Dlittlere das kleinſte. Es 
bildet nur gleichfam eine ſüdöſtliche Edle des Landes der Oberen "Aumwälig, 
zu dem es im Volksmund gerechnet wird, obgleich es unter eignem Tyür- 
ften fteht. Alle drei Staaten bilden übrigen? dem Ausland gegenüber 
eine Einheit; die Yürften find von einer und derjelben Dynaftie, nur die 
Oberen Aumälig find mächtiger und führen die anderen, jo zu jagen, im 
Schleppthau. 


V. Das Rand der Unteren Auwäaliq. 


A. Berge und Hocdebenen. 


Dies Land hat Leine höheren Berge, welche hier erft an feiner Nord⸗ 
grenze anfangen, ſondern Hügelland im mittleren, eine große nad‘ Miles 
40 engl. Meilen lange Hochebene, Monga genannt, im weftlihen und 
fandiges Tiefland im ſüdöſtlichen Theil. 


B. Wäpis. 


Ein einziger größerer Wädi, der W. Haumwar. Cr durchzieht den 
Norden und Often des Landes, fommt aus den Bergen im Süden von 
Habbän, fließt dann erft weſtlich, darauf jüdlih, und mündet zwiſchen Ma- 
taten und der Stadt Haumar ind Meer. Er hat faft nie Waſſer. Seine 
Mündung ift fogar faum zu entdeden, da fie die größte Zeit des Jahres 
niit von der Sandebene an der Küfte unterfchieden werden fann. Süd— 
ih von Oullige nimmt der W. Haumar rechts den von Datina fommen- 
den W. Nefnafa, lints den aus Monga‘ fließenden W. Keläfi auf. Der 
W. Achdar, links vom Tieflauf des Hauptfluffes, ift nur eine ſchwache Regen- 
rinne. 


C, Klima und Bodenerzeugnifjfe. 


Ein unfruchtbares Küftenland ohne tropiſche Sommerregen. Da der 
W. Haumar gleichfalld faft in feinem ganzen Lauf außerhalb der Zone 
diefer Regen liegt, jo fpendet er feine Fruchtbarkeit. Der weftlihe Theil ift 
ſehr arm, trägt jpärliche Cerealien, viele Dompalmen, aus deren Frucht 
die am W. Hauwar wohnenden Bü Käzim ein berauſchendes Getränt be 


reiten, deflen Verkauf an die Karawanen faft ihren einzigen Erwerb inet. 
v. Maltzan, Meile nah Endarabien. 18 





Städte der Unteren Auwaäliq. 243 


auf den Gedanken kommen, diefer jei hier gefunden. Im ber engliſch-ara⸗ 
biichen Ausgabe der Hain es'ſchen Karte Hat aber Rafjam diefen Irr⸗ 
thum berichtigt, freilich nur in feiner ſtillſchweigenden Weife, indem er das 
richtige arabiſche Wort neben das falſche engliſche ſetzte. Erfteres ift ganz 
einfach „Beduͤr d. 5. „Bebuinen“, wie es überhaupt in Südarabien oft 
borlommt, daß ein Stamm vorzugäweife nur „die Beduinen“ genannt 
wird. Einen ſolchen werde ih im Lande der Hofriya anführen. 


E. Städte und Ortſchaften. 


Haumar*), Hauptjtadt, 3 engl. Meilen vom Meer und 1 Meile Iints 
vom ®. Haumar, in jandiger Gegend. Einige 40 cajtellartige Gebäude. 
Etwa 300 Einwohner, darunter 30 bis 40 Juden. In der Nähe Dattel- 
pflanzungen, Früchte mittelmäßig. 

Matäten kebir und Makaͤten cerhir, zwei Heine Fifcherbörfchen, eins 
eine halbe Stunde vom anderen entfernt, nahe der Mündung des W. 
Haumar. Sandige Rhede. Sehr wenig Schifffahrt. Alle Monat etwa 
ein Schiff. 

Mahfed**), auh Mahfez geſprochen, am oberen Lauf des W. Hau- 
war und zugleich nörblichiter Punkt der Ebene el Monga', weshalb es auch 
den Namen Kebs el Monga führt. Ein dritter Name ſoll Höta fein, 
Doc) ift dies Hier mehr eine Bezeichnung für „Stadt“ im Allgemeinen, wie 
ja aud Haumar oft Hota genannt werden fol. Es giebt freilid Städte, 
die ausschließlich Hota ‚heißen. Wird don etwa 300 Leuten vom Schema i— 
ſtamm der Bä Käzim bewohnt. 

Chabr, äuperft nördliche Ortjchaft, nahe der Quelle des W. Hau⸗ 
war, den Qumuͤſch gehörig. 

Sohêb, Heiner Ort am W. Hauwar. 


*) Die Shhreibart bei Hamdani und Ibn Mogäwer ift Ahwar, die Ausſprache 
Hauwar oder auch wohl Hauar. 

*#) Mahfed, Kebs el Monga und Höta, dieſe 3 Namen wurden Miles im 
Ort jelbft aufgeſchrieben und deren Bedeutung ift fo, daß fie jehr gut alle 3 einer 
und derjelben Dertlihteit angehören können: Mahfed, ein Stammesname; Kebs el 
onga, d. h. das Haus der Ebene Monga'; und Höta, d. h. ein umfriebigter 
Baum, wobei wir aber nit an Stadimauern zu denken haben. Munzinger da: 
wegen hat Monga als den Ramen der Stadt, Mahfen als den ber Hochebene be- 
zeihnet. Miles hat jedoch diefem jpeciellen Gegenftand größere Aufmerklamkeit 


244 Die Unteren und Mittleren Auwaͤliq. 


Qulliya, Stäbten der Bü Käzim am W. Hauwar zwiſchen Hau- 
war und Mahfed. 


Irrthum in Bezug auf einen Städtenamen. 


In Ritter’3*), Erdfunde ift nah Haines eine Stabt Hawaiyah 
genannt. Dies kann nur ein Irrthum für Hauwar fein, der aber deſto 
mehr auffällt, als Haines den Namen ein andermal richtig, englifch Howhr, 
orthographirt. Ein Name Hawaiyah ift hier ganz unbelamt. 


F. Ppolitiſches. 


Sultan Bu Bekr, ben "Abd Allah, Vetter der Sultane der Oberen 
und Mittleren "Aumälig, wohnt in Hauwar. Seine Macht über den 
größten Theil der B& Käzim ift abſolui. Er richtet fie und beflöuert fe. 
Da fie jedoch arm find, fo find feine Einkünfte gering. Er hält Sold 
truppen und bat befeftigte Schlöffer. In allen mwichtigeren Angelegenheiten 
muß er fich jedoch dem Sultan der Oberen Auwäliq fügen. Er hat einen 
Vertrag mit England und erhält von ihm gelegentlich Geſchenke, kein fige 
Sahrgeld. 

Seine Macht über die Qumüſch ift faft nominell. Diefe würden 
ihm wohl ſchon längft die Vaſallenſchaft gekündigt haben, wäre nicht die 
Furcht vor den Oberen "Aumälig, den mächtigen Bundesgenofien ber 
Unteren. 


VI. Das Land der Mittleren ‘Auwalig oder Jeſchbum. 
A. Beſchaffenheit des Landes. 
sm jüdlihen Theil allmählig auffteigendes Hochland, im, nördlicen 
Hochebene, ein heil der großen Hochebene von Mara. Bon einem 
MWädi NYeichbum, den Wrede nennt, hörte ich nichts. Klima tropiſch, reid> 
ide Sommerregen. Land fruchtbar, namentlich die Hochebene. Dieſelben 
Producte wie um Habbän, an deſſen Grenzgebiet dies Heine Sultanat liegt. 


B. Stämme. 


Diefe find zum größten Theil Madhig. Folgende Lifte ſtammt ven 
einem ihrer Häuptlinge: 


*) Ritter XU, S. 69. 


‚ren Auwaͤliq. 245 


itiqg. 4) Omtusla. 5) Ahl Sli— 

a $ a. 8) Ahl Hafan. 9) Hämebi. 

_ 12) Ahl Mehdi. 13) el Humir. 
16) Deramid. 17) Moräda a. 


ınd Ortichaften. 


ich Iſchibum genannt. Die Richtigkeit 

- in "Aden bezweifeln, unter andern aud) 

te immer nur Yeſchbuͤm vernommen hatten, 

und Gebildeten ſtets Yeſchbuͤm jagen, die 

zen immer Iſchibum, wie ich es oft hörte. 

‚wejtlich von Habban gelegen. Etwa 1000 

2 Ba Ras. Hier leben 60 bis 70 Juden. 
artige Häufer. 

tleines SHandelsftädichen, ganz von Juden be— 


D. Politiſches. 


Rumis, ben Frid, ben Nacr, naher Vertvandter 

ı Aumälig, von dem er zwar in Bezug auf innere 
gig iſt, deſſen Einfluß aber doch feine äußere Po- 

: und der ihm Schub gewährt. Die Stämme in 
Hauptſtadt und die Stäbter find Raye (Unterthanen), 
Der Sultan richtet und befteuert die Raye, er hält 
0) Mann). Sultan Frid gilt für einen Yreund der 
ir jogar Juli 1870 jeinen Sohn nah Habbän, um 
‚singer zu ihm abzuholen. Sie konnten aber nicht 


"a8 Land der Oberen Auwaliq oder Mohager. 

X. Gebirge und Hodebenen. 

te Sarw Madhig, das Hochland der Madhigſtämme. 
‚m kleinern Theil eigentliches Bergland, vielmehr beſteht 


" auf der Map of Arabia by John Walker Kür Vo Kon. 
madt) biel zu nahe bei der Küfte angegeben. kr wide 


246 Das Land der großen Hochebenen. 


fein Haupttheil aus drei großen Hochebenen, eine immer höher als die an- 
dere gelegen: ſüdlich die Hochebene Marcha, die fich zwifchen dem Gebel 
Kör und Habbän Hinzieht (Yeſchbuͤm ift topographifch ein Theil von ihr), 
norböftlih davon das Plateau von Nicäb, und nordweſtlich, aber bedeutend 
in nördlicher Richtung vorgeſchoben, das Plateau von habt, welches ſich 
bis zum Fuße des Gebel Dern Hinftredt. Im Süden, wo die Hochebene 
von Marcha gegen den W. Haumar zu abfällt, ift bergiges Terrain. Im 
Nordoften erhebt fih öftlih von Nicäb ein Hochgebirge, da3 zum Syſtem 
des Sarw Mabhig gehört. Gebel Dern im Nordweſt gehört nicht zu 
diefem Syſtem. In den Hocebenen befinden ſich einzelne Berge, wie 
Gebel Abadän und Gebel Drä bei Nicäb, und Gebel Halhal und Gebel 
Chaure im Plateau von Marche. 


B. Wädis. 


Alle Wädis im Norden der Waſſerſcheide. W. Abadän und W. 
Draͤ kommen von den gleichnamigen Bergen oberhalb Nicäb und fliegen 
in den W. Mefaudi, den Fluß von Nicäb. W. Hadena im weſtlichen Zeil 
de3 Landes fließt bei Hadena vorbei gegen Gerdän im obern Wähidilant. 
Die Hochebene Marcha ift reich an Heinen Wädis. Indeß ift in dieiem 
ganzen Lande fein größeres Syftem von Wädis. Die Hochebene ven 
Marcha bildet eben die Waſſerſcheide. Die Wäpdis entitehen Hier erft und 
nehmen nicht fo raſch zu, wie wenn Gebirge die Waſſerſcheide bilden. hr 
Abflug ſcheint durchweg nad) Nordoft (vielleicht auch nach Norden?) zu 
fein, nicht nad Welt, noch Nordweſt. 

Bon einem W. Sanem, der nah Ritter im jüdöftlicden Theil de 
Landes liegt, konnte ich nichts erfahren. Jedenfalls kann fein Lauf nidt 
der auf Kiepert's Karte, melde W. Saimar fehreibt, verzeichnete jein, da 
an diefer Stelle der W. Hauwar ift, der aber eine andere Richtung nimmt. 


C. Klima und Bodenerzeugniffe. 


Hochland mit tropifchem Klima, durchweg durch die regelmäßigen 
Sommerregen befruchtet. Producte: Indigo, Mais, Durra, Weizen, Baum: 
wolle, Tabad, wenig Datteln. ZTreffliches Weideland. Kameel- und Horm: 
viehzucht. 

Niebuhr ſagt von dieſer Gegend: (Beſchreibung von Arabien, Kop. 
1772, Seite 279) „Wovon aber wihts weiter bekannt iſt, als daß in den⸗ 





Salinen bei Chabt. Stämme. 247 


jelben (Ländern) große Wüfteneien find und daß diefe Gegenden von her— 
umiftreifenden Arabern bewohnt werden.” Zwei Irrthümer. Das Land 
ift fruchtbar und die Bewohner meift jeßhaft. 


D. Salinen. 


In der Hochebene von Chabt*) befinden ſich die fogenannten „Berge 
unter der Erde“, d. h. Steinjalzfelfen unter dem Boden des Plateaus, zu 
denen man durch Gruben gelangt. Das Salz findet fi) nicht auf der 
Oberfläche des Bodens, alfo find hier nicht etwa Depofiten einer ausgetrockne⸗ 
ten Salzlagune, fondern wirkliches Steinfalz. Chabt verfieht die ganze Ge- 
gend mit Salz. Karawanen kommen aus Yäfi'a, dem Lande der Rezaz, 
ſelbſt bis von Nedä und Verim, früher fogar ganz aus der Nähe von 
Aden. Das Hoheitsrecht gehört der Regierung, welche von jeder Sameel- 
ladung '/, Maria-Therefia-Thaler erhebt, das Eigentbumdrecht dem Stamme 
der Chlifa, melde die Salzminen bearbeiten und das Salz verkaufen. 
Preis der Kameelladung 1 Maria-Therefia-Thaler. Die Laſt wird alfo 
bier für 11, Maria-Therefia-Thaler erworben. Schon in Ghoder und 
Datina wird fie oft für 6 bis 8 Maria-Therefia-Thaler verkauft. Die 
Chlifa wachen eiferfüchtig über die Minen und geftatten Niemandem, der 
nicht don ihrem Stamm, au nur in deren Nähe zu gehen. Die Kara— 
mwanen müſſen alle in einiger Entfernung halten. 


E. Stämme. 


Die größte Anzahl der Stämme find Madhig, einige weltliche mwahr- 
jcheinlich Himyaren. Folgende Stammeslifte gab mir ein Häuptling der 
Auwaͤliq. 

1) Diäni (bei Orfaͤn). 2) el Haidi. 3) Rabizi (zwiſchen W. Hau- 
mar und Datina). 4) el Hamämi (bei Nicab). 5) Kellui. 6) Guäfir 
7) Zubäni (bei Nicab). 8) Deghäri (bei Hadena). 9) Sehagi. 10) Mar- 
zäh. 11) Maukadi. 12) Meslemi. 13) Semlän. 14) Schägeri. 
15) Ghafili. 16) Hamideli. 17) Schaifi. 18) Allauwi. 19) Mor- 
dahi. 20) Masfer. 21) Neſiyin (führen das Zeltesleben und find No- 
maden). 22) Chlifa. 23) "Obära, im Sing. 'Aberi, ein Stamm von 
Meſchaich oder Deräwiſch (Nachkommen von Heiligen) in Marche. 

+) Chabt heißt „Ebene. Hamdani beſchreibt ſchon die „Berge unter der 


Ebene”, daß aber gerade diefer Ort gemeint fei, ift nicht wahrſcheinlich, vielmehr die 
Salinen bei Märib. 





Ebene Marcha. Zeltbewohner. Freie Stämme. 249 


auch viel jeßhafte Bepöllerungen von anderen Stämmen. Folgende 5 
Dörfer wurden mir genannt: 1) Wäfe. 2) Hase. 3) Meferfcha. 
4) Negdg. 5) Halhal. Ein Irrthum ift es auch, hier eine Stadt “Obära 
(bei Niebuhr, Wrede ꝛc.) zu ſuchen. Dies ift nur der oben erwähnte 
heilige Stamm, der in mehreren Dörfern zerftreut lebt. Ein Theil der 
Ebene Marcha, der weitlichfte, wird übrigens politifch fchon zum Lande der 
Rezäz gerechnet. Vielleicht ift die auch nur eine Prätention von Seiten 
der Rezäz, denn diefe Angabe ftammt von ihnen. Die 'Auwäliq gaben das 
nicht zu. Sie waren im Gegentheil geneigt, ihre Grenzen nur zu meit 
über ihr eigentliches Gebiet auszudehnen. 


G. Seßhafte und Nomaden. 


Bei Weitem der größte Theil der Auwäliq ift jeßhaft und wohnt in 
Dörfern von Stein, Luftziegeln, mehr noch in Reijerhütten. Eine Menge 
Hoen (Eaftelle), um deren eines fich gewöhnlich daS Dorf gruppirt. No— 
mabden find nur drei Stämme, die Nefiyin in Marcha und zwei andere 
ganz im Norden. Sie wohnen in Zelten von Häuten, da3 einzige Beijpiel 
ſolchen Zeltlebens in dem von mir behandelten Theil Südarabiens. 


H. ODobäpel und Rape. 


Eigentlihe Raye find nur die Städter, d. h. die bürgerlich lebenden, 
Handwerksbefliſſenen, nicht die Mitglieder freier Stämme, die ſich in 
Städten niedergelafjen Haben, wie 3. B. in Hadena und Chabt. Die 
meiften Stämme find Oobähel, beinahe ganz frei, nur im Kriegsfall ge— 
horchend. Eine Mitteljtellung nehmen die in der Nähe der Hauptitadt 
mwohnenden Stämme ein. Sie können fi) der Adminiftration des Sultans 
nicht ganz entziehen. Aus ihnen nimmt er einen Xheil feiner Söldlinge. 
Die Nefiyin in Mara ftehen im Ioderften Berhältnig zum Sultan. Sie 
haben fogar ihren eigenen Sultan, der aber doch nicht ftaatlich unabhängig 
ft. Im Striegsfall leiften auch fie Folge. 


—Niebuhr. Wrede hörte Mardſcha. Bei Hamdani fehlen die diakritiſchen Punkte, 
man fönnte aljo Marha oder Marga leſen, wenn id mid nit aus dem Munde 
der Eingeborenen überzeugt hätte, daß die Ebene nic anders als Mara ge: 
nannt wird. 


IS 
—— 
[|] 


Strafe für Mord und Diebftahl. Sklaverei. 


L. Juſtiz. 


Der Juſtiz des Sultans ſind nur die Raye unterworfen, nicht die 
Etämme. Mörder werden erſtochen oder auch erſchoſſen. Die Strafe für 
Diebſtahl wird nicht ſtreng nach dem Ooraͤn, durch Handverſtümmelung, 
ehandhabt, wie z. B. in Laheg. Diebe werden vielmehr nur eingeſperrt 
uw an Geld und Gut beſtraft. Bei den Oobäyel herrſchen für Mord die 
Gelege der Blutrache. Diebftahl wird nur geahndet, wenn der Beitohlene 
Part genug ift, jich ſelbſt Recht zu verſchaffen. Proftitution ijt ſtreng ver— 
Boten, fommt übrigend nur hier und da in Städten dor, wo jie wie Mord 


Befraft wird. 


M. Stlaverei. 


Negerfllaven werden wenig importirt. ES foll aber in Nicäb weiße 
oder mulattenhafte Sklavinnen geben, die von rauen für die Harems der 
Wohlhabenden erzogen werden. Sie Jind alle im Lande geboren und 
Wammen von unfreien Eltern. Sie werden gut behandelt. 


Fünftes Gapitel. 


Das Land der Fodli oder Dtmani. 


1. Rame. — II. Geographiſche Lage. — TI. Grenzen. — IV. Berge und Te: 

länder. — V. Wadis. — VI. Klima und Bodenerzeugnifiee — VII. Eintheilung. — : 

VIII. Stämme. — IX. Städte und Ortſchaften. — A. Im eigentlichen Fodliland. — 

B. Städte in Abian. — Eine angeblide Stadt im Fodliland. — X. Toynaftie dt 

“Otmäni. — XI. Bolitijches. — XII. Juſtiz. — XI. Gottesgerigt. — XIV. Ge 

ſchichtliches (aus neuerer Zeit). — XV. Ein “Otmäniprinz alg Geißel. — XVI. St 
ten, Religion u. ſ. w. — XVII. Waffen. 


I. Same. 


Auch diefe beiden Namen find urfprünglich die der Dynaftie und anf 
das Volt übergegangen. Der Name Fodli fommt vom Stifter der DF 
naftie, der Name 'Otmaͤni von deffen vermeintlichem Urfprung von da 
Türfen*. In Aden ift faft nur der erftere Name bekannt, im Innen 
hört man vorzugsweife den leßteren. Den Collectiv Fodl hört man jelten 


I. Geographifche Lage. 


Bon 45° 10’ bis 46° 30’ öſtl. Br. dv. Gr. dehnt fi) das Fodliland 
als ein 20 bis 30 engl. Meilen breiter Gürtel längs der Küfte hin. Te: 





*) Man jehe weiter unten über diefe bei Arabern fonft beifpiellofe, allen ihre 
Begriffen widerſprechende genealogiſche Vermuthung, von einem Bolt abzufommn, - 
das (menigftens in Gentralarabien) eigentlidg veradget wirt, 





Berge und Fluͤſſe im Fodliland. 253 


eigentliche Fodliland erreicht nirgends den 14. Grab nörbl. Br, wohl 
aber die ihm faft entriffene Provinz Datina, die nach Nordoſten vorge- 
ſchoben iſt. Sie ſteht jegt nur in loderer Verbindung mit dem Yodliftaat. 


OT. Grenzen. 


Im Süden das Arabiſche Meer. Im Weiten Laheh. Im Norden 
Yafı'a. Im Nordoften das Audeliland, im Often Datina *). 


IV. Berge und Zieflander. 


Im Often des Landes erhebt fich unweit der Anfangs ſandiger Hüfte 
ein Hügelland, da3 zum Mittelgebirge aufftrebt. In lebterm ift der 
Gebel Nachai die befanntefte Berggruppe. Im Weften ift die große tiefe 
Ebene Abian, die ſich ziemlich weit nördlich erftredt. Im äußerſten Süd- 
weiten die Steppenebene Mehaidan, welche zum größten Theil Schon in 
Laheg liegt. 


V. Wapdis, 


Nur in Abian find bedeutende Wädis, namentlich die beiden großen, 
welche dieſes Heine Mejopotamien einſchließen. Sie find: W. Bonna von 
Ain Scheläla füdlih von Yerim kommend. W. Hajan, im untern Lauf 
dem genannten parallel, durch Zujammenfluß der W. Solüb (aus Yafı'a 
fommend) und W. Nerämes (dom Koͤr kommend) gebildet. Beide erhalten 
im obern Lauf die Sommerregen und haben einen großen Theil des 
Jahres Wafler**), d. h. in Aufftauungen, nicht an der Mündung. Zur 
Zeit der Sommerregen find fie falt Ströme zu nennen. Nur dann müns 
den fie ind Meer, jonft wird alles Waller durch den Yeldbau aufgebraudit. 

Andere Seitenflüffe find: 

W. Reban (von Often fommend) mündet bei Scheriya in den W. 
Haſan. 

W. Nechal und W. Boſaͤme kommen vom Gebel Nadai, fließen 
weſtlich und münden ebenfalls in den W. Haſan. 


*) Datina iſt in einem eigenen Capitel beſonders behandelt. 

”*) Haines deutet ſogar an, daß die Ebene zwiſchen den beiden Flüſſen manch⸗ 
mal einen See bilde und dann den Namen Bahrain (2 Meere oder auch 2 Flüſſe) 
führe (Ritter XII, 661). Dergleichen ift jegt wenigftens ganz unbelannt und be 
rubt wohl nur auf Uebertreibung der Araber. 


254 Klima und Eintheilung ded Fodlilandes. 


Deftlih von Abian find nur unbedeutende Gießbäche mit kuryem 
Zauf, die nicht ind Gebiet der Sommerregen bineinreichen und alſo faft nie 
Waſſer Haben. Darunter: 

W. Sala‘ entipringt auf dem Gebel Nadhai, mündet ins Meer 
zwiſchen Acala und Schughra. 


VL Klima und Bodenerzeugnifie. 


Das Land liegt durchweg außerhalb der Zone der Sommerregen, if 
alfo nur da fruchtbar, wo ſich größere Flüſſe finden, deren oberer Lauf in 
das Gebiet jener Regen hineinreiht. Dies ift nur in Abian der Yal, 
welches ſich, obgleich ſelbſt faft regenlos, doch durch Fruchtbarkeit aus 
zeichnet, da die fleikigen Landleute feinen Tropfen, den ihnen die #. 
Bonna und Hafan zuführen, unbenußt laſſen. Abian ift eines der beiten 
Baummollländer. Außerdem gedeihen Hier alle Gerealien. Das öflidk 
Fodliland, am Meere fandig, mit einzelnen von Dattelpalmen beradhjenen 
Oafen, im Innern bergiges Weideland mit Steppengewädjlen. 


vn. @intbeilung. 


Wir müſſen zwei in jeder Beziehung verjchiedene Provinzen unter 
Icheiden, nämlich” Abian und das eigentlihe Yodliland. Erſteres gehört 
noch vor 40 Jahren den Yafi i und wurde erft in den dreißiger Jahren 
unferes Jahrhunderts erobert. Es wird noch durchaus als eroberte: Land 
behandelt und hat jomit eine nachtheilige politische Ausnahmäftellung. In 
jeder andern Beziehung aber zeichnet es fich vortheilhaft vor dem übrigen 
Todlilande aus, durch feine Fruchtbarkeit, Cultur, Yleiß der VBemwohne 
und durch feinen Reichthum an Städten und Ortſchaften. Es ift eben am 
alte Gulturland, das Yodliland eine Beduinenfteppe. 


VII. Stamme. 


Die Fodli find unzmweifelhafte Himyaren und ganz defjelben Urfprungs, 
wie die Yafi i, führten auch vor Jahrhunderten noch letztern Namen. est 
ift freilihd Stammesfeindjchaft eingetreten, jo daß fie verſchmähen, ſich ge 
nealogifch Yafı i zu nennen und fich lieber dynaftiich als Fodli oder Cr 
mani bezeichnen. 

Folgende Stammeslitte, welche zualeich die Zahl der Bewaffneten 





Stämme der Fopli. 255 


giebt, die jeder Stamm ftellen Tann, wurde von einem ihrer Sultane felbft 
gegeben. 

1) Ahl Elah oder Elhi*) mit 400 Sriegern. 

2) Ahl Hasna oder Hasni ’ 300 , 

3) Ahl Gada oder Gadeni „ 200 , 


4) Möferi „ 30  „ 
5) Haneſchi ’ 100 „ 
6) Fathäni „ MM „ 
7) Arwali „» mM 
8) Ahl Schenin „200 „ 


(Diefe 8 Stämme werden aud unter 
dem Eollectivausdrud Ahl Elah (mie der 
erfte) bezeichnet.) 

9) Marqaſchi im Collectiv Mo- 


raͤqeſcha „ 700 " 
10) Nadai „ 300 u 
11) Meſa di 0 „ 
12) Al Saidi vulgo Halm 

Sa idi „ 60 „ 
13) Ahl Said n 0 „ 
14) Uhl Scheddäd „» 60, 
15) Ahl Haidra Mancur „10 


Dazu noch Soldiruppen „ 400 „ 
Geſammiſtärke 4160 Srieger. 


Fünf der auf diefer Lifte genannten Stämme bewohnen Datina, das 
jegt faft nur nominell den Yodli gehört, ihre Kriegerſtärke kann alfo nicht 
mit in Anſchlag gebradht werden. Dieje find: Meferi, Haneſchi, Hasni, 
Halm Sidi umd ein Theil der Ga'deni. Die 2 Heinen Stämme Ahl 
Said und Ahl Scheddaͤd wohnen in Abian, d. h. fie helfen die dortigen 
Städter unterdrüden. Die Ahl "Elah wohnen an der Grenze von Datina, 
die Nadhai auf dem nach ihnen genannten Berge. Unter letzteren find 


*) Nach Angabe des Fopli Sultans find die 3 Namen Elah, Hasna und Ga’da 
nicht die der Ahnherrn, fondern die der Stammmütter. Diefer Gebraud fi nad 
der Mutter zu nennen, ift in Südarabien uralt. Wir finden ihn vielfach ſchon auf 
den himyariſchen Anfchriften, wie auch I. Hign Ghorab, Zeile 1 (oben Schr AIR\. 


256 Die Hauptftädte der Fodli. 


viele Beduinen. Der wichtigſte und man kann ſagen der herrſchende 
Stamm find die Morägeiha in der Hauptftadt Seriga und Umgegend. 
Die ſeßhafte Bevölkerung von Abian*) Hat, wie faft alle Städter, 
ihre Stammestraditionen verloren. Sie ift in der Lifte nicht mitbegriffen. 
Ihr Uriprung ift von den Yäfii, aber, wie bei allen Städtern, das Blut 
weniger rein erhalten. Vermiſchung mit Negerblut, von den Dobäpel jo 
ſtreng gemieden, ift wohl im Allgemeinen bei Städtern häufig. In Abian 
fommt fie zwar vor, wird aber doch fehr ungern geſehen. Häufiger if 
Vermiſchung mit anderen arabiihen Städtern, die der Handel Hinführte. 


IX. Staͤdte und Ortſchaften. 
A. Sm eigentliden Yodliland. 


Seriya, die eigentlihe Hauptitadt des Landes und Sitz der Regie 
rung, im Stammesgebiet der Morägefha, in gebirgiger Gegend einige 
5 engl. Meilen von der Küſte gelegen**). Große Moſchee. Schloß dei 
Sultans, feftungsartig, wie alle Häufer der Stadt. 300 bi3 400 Eim- 
wohner. Juden dürfen bier nicht wohnen. In der Nähe zwei fee 
Schlöſſer, Hom***) Beckli und Hoen Koheb. Bei letzterm ſollen himha— 
riſche Ruinen, auch Inſchriften fein. 

Schughra (ältere, ſchriftgemäße Schreibart: Cughra) gilt fälſchlich 
bei Europäern für die Hauptſtadt der Fodli, iſt aber in der That nur die 
See- und Handelſtadt (die einzige des Landes) und während 2 Monaten 
jährlich Reſidenz des Sultans. Handel und Schifffahrt nur in einigen 
Monaten lebhaft. Während der Saiſon monatlich etwa 10 Saya's (ara— 
biſche Barken). Der Sultan beſitzt gleichfalls hier 3 Saya's. Die Stadt 





*) Der Name Abian kommt nach Yäqut (IT, 110) von Abian, ben Zohair, ben 
Aiman, ben Hamaifa, ben Himyar, einem der älteften Könige der Himyaren 
HYaͤquͤt rechnet Übrigens auch Aden zu Abian. Sept ift diefer Begriff kein jo ausge 
dehnter mehr. 

**) Auf Haines’ Charte ift die Tage diefes Orts ganz richtig (450 55 öl. L. 
v. Gr. und 130 30° nördl. Br.) angegeben, aber der Name nit, jondern der £ri 
nur als „Village in the mountains“ bezeichnet und jelbft die englijch-arabildt 
Charte giebt nur die wörtlihe Ueberjegung hiervon. Bon Seriya hat eigentlid ve! 
Miles und mir kein Europäer etwas gewußt und doch ift es die Hauptftadt, nid! 
Schughra, das fälſchlich immer dafür gilt. 

*#*) ES chhriftgemäß wäre Hisn. Die Ausſprache ift aber ftetS aud im Singular 
mit o: Hogn (pl. Hocän). 





Städte in Abian. 257 


jelbft ift fehr Klein, hat höͤchſtens 25 bis 30 Häufer (caſtellartig). Etwa 
100 Einwohner. Suden leben nur während der Handelöfatfon bier. 
Schloß; des Sultans eine halbe englische Meile von der Stadt. Außer: 
dem haben mehrere Prinzen bier Schlöſſer, auch außerhalb der Stadt. 
“Außer der Handelsſaiſon ift Schughra öde und faft verlaffen. Saiſon 
zur Zeit des Nordoftmonfuns, d. h. wenn er noch ſchwach ift. Später 
wird der Ankerplatz unficher. 

Sonft zählt das eigentliche Fodliland nur noch ganz unbedeu⸗ 
tende Hüttendörfer. Darunter: 

Dar Zena, einft eine berühmte Stadt und von Hamdani, als 
in Dating gelegen, erwähnt, jept ein kleines Dorf im Gebiet der 
Morageſcha, Tann alfo jegt nicht mehr zu Datina gerechnet werden. 
Der Begriff Datina war früher ein weiterer. Bei Dar Zına alted 
himyariſches Schloß, ganz aus dem Feld gehauen. 

"Ameg*), Heiner Ort der Nahai, auf dem gleichnamigen Berge 
gelegen. Beduinen. 

Roda, Ort der Grdeni, 1 Tag nordöftlih von Schughra. 

Samah**), Hüttendorf der Ga’deni zwifchen Schughra und Mar 
in Abian. 

Seraa, DOrtichaft der Gadeni zwiſchen Morageiha und Haneſchi, 
an der Grenze von Datina. 

Machſeb, Hüttendorf an der Grenze von Datina. 


B. Städte in Abian. 


Acala, etwa 2 engl. Meilen vom Meer im Tiefland, unweit der 
Mündung des W. Hafan, einft eine blühende Seehandelöftadt und 
gewiffermaßen Hauptitadt von Abian, jedenfalls wichtigfter Hanbelö- 
platz. Seit der Eroberung von Abian durd die Fodli ſehr geſunken, 
da die Sultane, um Schughra, den Seehafen des eigentlichen Fodli⸗ 
landed, zu begünftigen, den Schiffen verbieten, bei Acala Waaren zu 
laden. Der Hafen war in Mefauged (2 engl. Meilen von "Acala), 


) Hamdani erwähnt ein Amey der Ga'da, aber diefe Ga'da find nicht die 
Ga'deni im Fodliland, fondern die Ga’da im Amir Suftanat, die ſich noch heute 
Ga'ud nennen. Ste wohnen weſtlich von Yafl'a. 

») Ein Samah der Ga'da auch bei Hamdani, gehört aber —XX ar 


hierher, fondern in's Amirland. Namen wiederholen Ah oft. 
v. Malpan, Belje nah Sñdarabien. 2 


258 Städte in Abian. 


ift aber jetzt gänzlich verlafien, der Ort eine Auine. Dennoch erreichten 
die Sultane durch diefe unfinnige Mafregel ihren Zwed nicht, da die 
Baumwoll- und Kaffeefarawanen aus Abian und Yafia nun birec 
nad Aden zu gehen vorziehen. Sie fommen meift über Acala, jo 
dab died doch noch Landhandel hat. Etwa 500 Einwohner, wovon 
ein Fünftel Juden, die eine große Synagoge haben. Ein Belannter 
von mir ließ bier Abjchriften der Thora auf Leder kaufen. Alle Häufer 
caftellartig, aber nur von Luftziegeln. 


Teran, Heine Stadt nördlid) von Acala, am W. Hafan. 

Dergäg, Städtchen von etwa 200 Einwohnern, 1 Stunde nörd- 
ih von Teran, ah am W Hafan. Mehrere befeſtigte Schlöfler 
von Luftziegeln. 

Kod, Dorf nördlich von Rad Sailan, am Dftende der Ebene 
Mehaidan (Laheg). 

Gauwela, fleine Stadt am W. Bonna, wurde erjt im Sahre 
1858 den Yafi i entriffen und war während 28 Sahren ihre ſüdlichſte 
Stadt. Es liegt nur 2 Stunden vom Meere. Caftelle von Zuftziegeln. 

Sebach, Hüttendorf an der Grenze von Labeg in Mehaidan. 

Kor oder Chor, 3 Stunden von Acala landeinwärts. 

Schaib, Heiner Ort bei Kor. 

Mar, nah Acala größte Stadt von Abian, 2 kleine Tagreijen 
nördlich von "Acala am MW. Yerames, der hier den Namen W. Hafın 
annimmt. Häuſer und Gaftelle von Stein. Etwa 300 Einwohner. 
Piele Juden. Große Mojchee. In Mar refidirt ald Erbgouvernent 
ein Prinz der Otmanidynaftie, Sultan Ahmed ben Abd Allah. Er ift 
der einzige Feuerrichter im Fodliland (man jehe weiter unten „Gotte& 
gerichte“). 

Na' ab, etwa gleichwichtig wie Mar, an demſelben Wadi, eine 
kleine Tagreiſe nördlich davon gelegen. Etwa 200 Einwohner. Viele 
Juden. Caſtelle von Stein. Hat auch einen Prinzen zum Erbgeu⸗ 
verneur mit dem Titel „Sultan“. 

Bab el Felaq, großes Eaftell von Stein, Grenzfeitung der 
Zodli, ald Herren von Abian, gegen Yafı'a, eine Stunde oberhalb 
Raab am W. Nerames gelegen. 

Andere Hleinere Ortichaften find "Omad, "Amudiya, Teriya, alle 
im Zieflande zwiihen dem W. Buana und Som legen. 


Die Sechsfingerdynaſtie. 259 


Eine angeblie Stadt im Fodliland. 


Haines (bei Ritter XII, 661) fpricht von einer großen, 36 engl. 
Meilen Iandeinwärts gelegenen Sobliftadt, Namens Mein, der er 
1500 Einwohner giebt. Vielleicht ſoll dies Ma'r fein, das freilich 
lange nicht fo bevölfert ift, auch nicht fo weit landeinwärts Tiegt? 


X Dynafie der Dtmani. 


Die Dynaftie der Otmani ift in doppelter Beziehung merkwürdig, 
ſowohl phyſiologiſch als genenlogifch. 

Genealogiſch infofern, ald Fadl, ihr Gründer (von dem der Name 
Fobli), die für einen Araber höchſt ſeltſame Prätention befaß, mit dem 
Ottomaniſchen Herrſcherhaus verwandt zu fein und geradezu von biefem 
abzuftammen und zwar durch eine feiner Ahnfrauen, eine angebliche 
türkiſche Prinzeffin, die, als Aden noch türfifch war, dorthin gefommen 
fein und feinen Ahn geheirathet haben foll. Daher der Name Otmani 
@®. 5. ber Dttomane), der auf die Dynaftie und von biefer aufs Volt 
überging. 

Phyſiologiſch tft die Dynaftie jedoch noch viel feltfamer. Im ihr ift 
nämlich dad fogenannte „Schäfingerthun® erblich. Alle nächſten Ver 
wandten des Sultans, einige 20 an der Zahl, fowie er felbft, haben 
neben bem einen Finger jeder Hand und neben ber Meinen Zehe jebes 
Fußes einen Inorpeligen, fingerartigen Auswuchs, was man gewöhn- 
lich den „ſechsten Finger“ und die „ſechste ehe“ nennt. Obgleich) dies 
fehr Heine, ganz unnüge und unſchoͤne Gliedmaßen find, fo gelten fie 
bei den Arabern doch für ein Zeichen befonderer Körperftärke*) und für 
verehrungswürdig. Won befonderd großer Körperfraft und noch weniger 
vom bibliſchen Rieſenthum (S. Note) ift aber bei diefer Dynaftie gar 
feine Rede. Es find meift Feine, häfliche, ſchwarze Kerle, bartlos und 
keineswegs impojant; wenn auch wie viele Dobayel fehnig und männlich, 


*) Ein altes Vorurteil bei femitifchen (vielleicht aud anderen?) Völkern. So 
heißt es fchon 2. Samuel. 21, 0: „Da war ein langer Mann, der hatte ſechs 
Finger an feinen Händen und ſechs Zehen an feinen Füßen, das iſt vier und zwan- 
sig an der Zahl, und er war aud ein Sohn von Rapha.“ Rapha iſt aber ein 
Riefenname. Auch Du Schenatir, der 53fte König von Demen, führte feinen 
Beinamen vom Sechsfingerthum und galt für fehr ſtarl. 


nr 





Vertrag der Fodli mit England. 261 


über Juden und Parias. Dobayel find die vom Herrſcherſitz entfernt 
lebenden Stämme. Die Moragejha, in deren Mitte der Sultan lebt, 
haben eine Zwifchenftellung, etwa wie die von bevorzugten Söldlingen. 

Jedes Jahr im Mont Dull Higge findet die Verfammlung der 
Dobayel ftatt, zu der ſich alle Fodli-Stämme, manchmal auch benad- 
barte Berbündete einfinden. Hier wird Krieg und Frieden berathen 
und auch feitgefeht, ob und was für Leitungen allenfall® die Dobayel 
dem Sultan zu machen haben. Dieje fünnen nur in Kriegscontingenten 
bejtehen. Die Raye find natürlich nicht vertreten. 

Dennod hat der Fodli-Sultan eine gewiffe Macht, da er eben 
ganz fpeciell über den wichtigern Stamm der Moraqgeſcha verfügt. Außer: 
dem hat er die Aſſhab ed Dola, d. h. feine Leibgarde, 400 Dann, 
faft alle Moragejcha. 

Der Sultan bat einen Vertrag mit England, von dem er ein 
Sahrgeld von 1200 M. Th. Thaler (1760 Thlr.) befommt. Dem 
Bertrage gemäß erhebt er 2 Proc. Maarenfteuer für alle nad) Aden pafli- 
renden Güter, Kopfiteuer von den Juden, nicht zu einem bejtimmten 
Satze, jondern nah Willkür. Eben fo willfürlih werden auch die 
Raye von Abian befteuert. Ein Staatsſchatz eriftirt übrigens nid. 
Der Sultan jo wurde mir vielfach verfichert, behalte nie baares Geld, 
was nach den Grundſätzen der Dobayel und Bebuinen unwürdig wäre, 
Selbit die engliichen Subfidiengelder follen, faum angefommen, glei) 
verichenkt werden. Seine Bedürfniffe werden aus der Naturalienfteuer 
oder dem Ertrage jeiner Güter, fein Lurus aus den Geſchenken in 
Waaren, Gewehren, Uhren ıc. beftritten, die ihm, außer jener baren 
Summe, die englische Negierung oft macht. 


ZIL Juſtiz. 


Nur die Raye find der Zuftiz ded Sultans abjolut unterworfen. 
Begeht ein Naye Mord, fo wird er von den Soldaten des Gultang 
auf dem Grabe des Ermordeten mit Mefferftihen getödtet. Ein eigener 
Scharfrichter eriftirt nicht. Der Dieb (wenn Raye) wird das erfte Mal 
nur geprügelt und zur Neftitution gezwungen. Die Prügel werden 
nicht gezählt, fondern darauf los gehauen, bis der Sultan, der immer 
gegenwärtig, „Halt“ gebietet. Das zweite Mal wird ihm die Hand abge 
bauen und, ift er dann noch unverbefjerlich, fo wird er in einen hälgneren 


Der Yeuerrichter. 263 


Die Probe wird mit einem glühenden Meffer gemacht, welches 
der Feuerrichter (nad) Herfagung der vorgejchriebenen Gebete) der Zunge 
des Verdächtigen auflegt, jelbitverftändlich vor vielen Zeugen, worunter 
die Eriten der Dobayel und der Herricher. DVerräth der Verdächtige 
fein Schmerzgefühl, zudt er zuſammen oder zeigt fi) eine deutliche ' 
Brandwunde, fo gilt er für ſchuldig; natürlich nur dann, wenn die 
Anwejenden dies conftatirt haben. Iſt er Raye, fo tritt dann gleich Hin— 
richtung ein. Gehört er zu den Dobayel, jo muß man ihn Dagegen 
in Frieden heimziehen laſſen und erft, wenn er dort angefommen ift, 
bat der Stamm ded Srmordeten das Recht, die Blutrache auszuüben. 
Damit ift aber keineswegs gefagt, daß er jelbft diefer zum Dpfer füllen 
wird. Jeder Stamm ift für jedes feiner Mitglieder ſolidariſch und es 
genügt, wenn nur irgend ein Mitglied vom Stamme des Mörders, 
durch den Stamm ded Ermordeten umkommt. Meift rächt ſich aber 
dann der Stamm des erften Mörderg wieder und jo entjtcht oft eine 
unabjehbare Kette bluträcheriſcher Tödtungen. 

Natürlich hängt hierbei vom euerrichter*) Alles ab, ob er das 
glübende Eiſen hart aufdrüdt oder nicht, ob er es ſchnell über Die 
Zunge zieht oder langſam, ob er ed jehr glühend macht oder weniger. 
Der Aberglaube freilih hält ihn für gänzlich parteiloe. Ich glaube 
aber, daß es jehr erſprießlich ift, mit dem Sultan von Mar auf gutem 
Fuß zu Stehen. In den meilten Fällen ſoll übrigens die Probe zu 
Ungunften des Verdächtigen ausfallen. 


XIV. Geſchichtliches (aus neuerer Zeit). 


Bon der älteren Gefchichte der Fodli ift wenig befannt. Im Al— 
tertbum gehörten fie zu Yafia und gelangten |päter mit Diefen unter 
das Joch der Imaͤme von Vemen. Sie fcheinen ſich aber früher von 
diejen befreit zu haben, als die Yafit, denn leptere find erſt jeit etwa 
150 Jahren, die Fodli dagegen feit wenigftend 200 bis 250 Sahren unab- 
bängig. Dadurd wurden fie vom Hauptftod der Yafıi losgeriſſen, und 


*) Selbftverftändfich liegt bier ein Reft von Heidenthum vor, wie ja auch bei 
unferen mittelafterlichen Gottesgerichten. Das moslemifche Gefeg nimmt die Ueber: 
führung eines Moͤrders nur durch 1) Geftändniß, 2) durch Zeugen, 3) durch Eid 
an. (Tornauw, das moslemifche Recht, Seite 238 ) 


Beziehungen der Fodli zu England. 265 


die Fodli fogar mit ihren Erbfeinden, den Abadel von Laheg, zum 
ck der Wicdereroberung Adens verbündet. Seit Laheg 1858 zum 
n Male mit England Frieden ſchloß, ftanden die Fodli in ihrer 
blichfeit allein. Trotz oft erneuerter Waffenftillftandsverträge cr= 
m die Fodli doch jede Gelegenheit, Aden zu ſchaden. Noch 1860 
n immer noch viele Plünderungen von Karawanen mit englifchem 
vor, der Sultan verbot fogar feinen Unterthanen, den Markt von 
n zu verforgen, jchließlich verweigerte er Genugthuung für die auf 
m Gebiet erfolgte Ermordung englifcher Echugbefohlenen. So kam 
ndlih 1865 zum Kriege. Die Fodli wurden in der Nähe von 
la gänzlich geichlagen. Der Friede folgte jedoch erft nach einem 
ährigen Provifertum, während deſſen übrigens Ruhe herrſchte, als 
Sultan jelbft nad Aden kam, wad er nur mit großem Wider: 
en that. Der Bertrag, der nun zu Stande fam, tft falt wörtlich) 
zwiſchen England und Laheg beſtehende (weiter ımten algedrudt); 
Recht der Tranfitoftener von 2 Proc. vom Waarenwerth, ſowie 
3ahrgeld ven 1200 M. Th. Thalern werden dem Sultan darin ge: 
Teiftet.. Seitdem herrſcht Friede, wenn auch fein fo anjcheinend 
iches Ginvernehmen, wie zwiſchen England und Laheg, jo doch 
icht ein aufrichtigered; wie mir denn engliihe Beamten verficherten, 
man den Fodli mehr trauen fünne, ald den Abadel. 


XV. Ein Dtmani: Prinz als Geißel. 


Der genannte Vertrag batte auch beftimmt, daß ein Vetter des 
and ald Geißel in Aden wohnen müſſe. Dieſer lebte hier 6 Jahre, 
bis zu feinem Tode, und hatte es jehr gut, denn er befam ein 
3 und eine Penfion von 1200 M. Th. Thaler angewiejen: für ihn 
flug. Seit feinem Tode hat England diefe ganz unnütze Aus— 
geipart, obgleich ed nicht an Prinzen fehlte, welche ſich um dieje 
äglihe Stelle einer von England gefütterten Geißel bewarlen. 
br war dabei gar nicht, denn England ift nicht fo barbarifch, eine 
el, im Falle des Vertragbruchd, zu trafen. 


266 Religion und Gebräuche ber Fodli 


XVL Sitten, Religion n.f.w 


Alle Fedli gehören zur Secte der Schafe i. Zaidi gieht d 
als Gingemanderte nit. Die Beihneidung wird hier nicht, a 
den meilten Moslems, erft ſpäter am aufwachſenden Knaben, | 
dem ftrengen meslemiſchen Gejeg*) zu Folge, bereits am fir 
Lebenstage vollzogen und zwar ſowohl bei Knaben, wie bi A 
(bei welchen fie bekanntlich nicht obligatoriſch ift). Mit dem ı 
fcheeren des Kindes und dem Durchbohren des Ohrläppchens, ii 
lich gleichfalls Vorſchriften für den fiebenten Tag, wird & u 
ftreng genommen. 


Die Faften im Ramadhaͤn werben fehr ftreng*") beobachtet 
fo die Gebete und das Weinverbot. Nur die Ga'deni ſtehen im 
ſchlechte Moslems zu fein, nicht zu faften und den Dompalme 
trinken (hier nebid genannt, gerade wie in Aegypten ber Trauben 


Wohnungen in caftellartigen Häufern, von Luftziegeln im 
land, von Stein im Gebirge oder in Neijerhütten. Der Haren 
immer in den Häufern oder Hütten. Die Männer halten fh b 
außerhalb. 


Tracht jehr einfach: blos ein Lendentuh und Kopfbund (e 


Bewaffnung der Südaraber. 267 


xZVIL Baffen*). 


Die Schußwaffe ift die Luntenflinte**), meift lang mit fehr bün- 
nem Rohr. Jeder Schütz hat zwei Pulverhörner, ein großes ſchnecken⸗ 
förmiged, Edda genannt, aus dem er ladet, und ein kleines fichelför- 
miges, Meghar, aus dem er die Pfanne beftreicht. Die Kugeltafche, 
Mafeda, hängt an einem Bandelier, dad meift mit Silber beſchlagen 
iſt, wie denn bie zwei Pulverhörner und der Kugelbehälter felbft bei 
jebem nur einigermaßen Wohlhabenden auch ſtets von maffivem Silber 
und oft recht kunſtvoll gearbeitet find, namentlich die Edda. Selbft 
arme Soldaten legen ſich jahrelang auf's Sparen, um filberne Waffen» 
zierrathe kaufen zu Tönnen. 

Das Schießen mit diefen Flinten ift eim entfeplich langſames 
Manöver. Nachdem geladen ift, muß bie Pfanne beftrichen, dann Feuer 
geſchlagen und der gelbe Luntendocht, Fetil genannt, angezündet werden, 
worauf man ihn ber Pfanne nähert. Oft verfagt der Schuß, denn 
nicht felten ift die Pfanne verftopft oder dad Pulver unrein. 

Den größten Lurus treibt man mit ber Gembiye, dem Dold- 
meffer. Diefe ift fichelförmig, ftect aber in einer halbmondförmigen, 
meift fogar hufeiſenförmigen Scheide, deren Griff hoch iſt. Höher ald 
ber Griff ift jedod) ein großer metallener Köcher, Amud (Säule) ge- 
nannt, welcher auf dem dem Griff entgegengefepten Ende der Scheide 
ftedt und nur Zierrath ift. Scheide, Griff und Amud find in den 
meiften Fällen auch von Silber. An ber Gembiye Silber zu haben, 
gilt ſogar für viel notwendiger, ald an Edda und Meghar. 

Außerdem wird ein gerades Schwert, 11, bie 2 Fuß lang, Ne— 
meſcha genannt, getragen. Es ift an ber Spige ein wenig nad) außen 
gebogen. Die Nemeſcha kommt nicht bei Allen vor. Ich fah fie eigent- 
li) nur bei Zeuten, welche feine Luntenflinte hatten. 

Das Aud, eine Lanze, wird mehr im Innern und von den Be 
duinen getragen. 


®) Das hier über die Waffen Gefagte gift zugleih für ganz Eüdarabien, 
Die Bewaffnung ift überall biefelbe, wird deshafb fpäter nicht mehr erwähnt. 

) Steinfhlöffer find in diefem Theile von Arabien gänzlich unbefannt. Sie 
follen ſich erft wieder in ‘Oman finden. Die Suftane bekommen wohl oft moderne 
Waffen geſchenkt, zerbrechen fie aber ſtets fehr bald. Kein Südaraber weiß damit 
umzugehen. 





Scehöted Gapitel. 


Datina. 


I. Name. - II. Geographiſche Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Wadis. — VI. Klima und Bodenerzeugniſſe. — VI. Bewohner. — 
VIII. Ortſchaften und Schlöſſer. — IX. Politiſches. 


J. Name. 


Datina iſt ein uralter Ländername*), der früher einen engeren 
und weiteren Sinn gehabt zu haben jcheint. Wenigſtens erwähnt Ham- 
dani eine Menge Orte ald in Datina gelegen, die im Lande der 
Auwabel, auf dem Gebel Kor liegen, wie Tere, Orfan, Daher u. f. w. 
Nach diefem weiteren Sinne umfaßte alſo Datina auch das Hochland, 
das jebt nicht mehr dazu gerechnet wird. Während aber Hanıdani 
jeine Aufzählung der Ortichaften den Geographen entlehnt, welche ein 
Datina im weiteren Sinne annehmen, folgt er in der Orographie an- 
deren, die es ald eine enger begrenzte Provinz auffaffen und kommt 
dadurch mit fich felbft in MWiderfprud. Cr nennt e8 nämlid eine 
Senkung, öftlih vom Sarm Himyar. Zwar führt er Stellen an, wo 


* Hamdani ſpricht ausführlich davon (Adener Handſchr. pag. 86 u. folg.). 
Fon Mogawer erwähnt es als Ortjchaft, nicht aber als Land (Sprenger’s Poft: 
und Neiferonten ©. 142). Daqut führt den Namen an, weiß aber nur, dab es 
ein Ort zwiichen Yemen und Gened. Das Mebrige, was er fagt, find Fabeln. 
(3acut IT., 550.) 


270 Irrthümer arabiſcher Geographen. 


es ein „Sarm“ genannt wird (offenbar aus den Autoren, dem ei 
jeine Ortſchaftsliſte entmahm). Aber da „Sariv" Hochland heißt, fe 
corrigirt er diefe Benennungsweiſe, die er für einen Ireihum bil, 
indem Datina eine Senkung fei. Letzteres ift dad Datina im engem 
Sinne. Cein Irrtbum fann nur jo erflärt werden, baf er die gene 
Lage der Ortihaften nicht kannte, denn fonft würde er micht das Par 
deren begangen haben, Datina zugleih eine Senkung zu nennm ud 
zugleih ibm eine Menge Ortſchaften zu geben, welde auf tem 
hoöchſten Gebirge, dem G. Kor, liegen. Dieje Unkenntniß bene 
auch der Umftand, daß er den G. Kor felkft nicht zw Data 
rechnet, wohl aber Tere, Daher, Orfan, und dieſe Tiegen doch ari 
tem ©. Kır. 


Dennech finden wir bei Hambani vellfommen richtige, auf du 
heutige Datinı anwendbare Begriffe über dad Syſtem des Wadis Er 
jagt: „Datina wird von den Bergen des Sarw Himyar (b. b. den 
Bergen von Yafla) und dem jüblih von Sarw Madhig gelezenen 
els Kor bewälert“. Nichts fann richtiger fein, und tropdem nennt er 
Städte, ald in Datina, die jü auf eben diejem Kor liegen! 


IL. Geographiſche Lage. 





Dafina. 271 


IL ®renzen. 


Im Süden und Weſten dad Fodliland. Im Nordweiten und 
Norden dad Audeliland. Im Nordoften und Often dad Land der 
Oberen, im Südoſten da8 der Unteren Auwaliq. An Mafi'a und das 
Land ber Mittleren Auwaliq grenzt das Datina im engeren Ginne 
(dem einzigen, der heut’ zu Tage gilt) nicht. 


IV. Bodenerhebung. 


Datina ift weder ein Hochland, noch ein Tiefland im abjoluten 
Sinne. Die Araber nennen ed zwar manchmal Tiefland, doch ift es 
died nur im Vergleich mit dem hoben Gebirge, Gebel Kor, an deljen 
füdlichem Fuße es liegt. In Wahrheit ift ed ein mittlere Bergland, 
mit einer Hochebene im Nordoften, das fi im Süden allmälig zu 
einem niederen Hügelland abdacht und jo niederer und immer niederer 
wird bi8 zum Meereöftrande. 


Vv Wadis. 


Zwiſchen Waͤdi Hafan-Veramed und W. Hauwar führt Hambant, 
als in's Meer mündend, einen W. Datina an. Ein foldher war feinem 
meiner Informanten befannt. Wenn er eriftirt, jo muß er jedenfalls 
Sehr unbedeutend fein. Bielleicht ift dies jedoch nur ein älterer Name*) 
für den W. Meran, den einzigen, der bier in’d Meer mündet. (Man 
vergleiche übrigend Note**). 

W. Meran) kommt vom ©. Kor, fließt füdlih und mündet 
in's Meer bei Hoider ungefähr an der Grenze der Fodli- und "Aulagi- 
Nänder, zwiſchen Mafaten und Seriya. Er ift unbedeutend und ver- 
Dient nicht die Ehre, mit W. Hafan-Veramed und W. Hauwar in 
einer Reihe genannt zu werden. Er hat faft nie Waſſer. 


*) Bei Hamdani kommen viele heutige Flußnamen noch nicht vor, 3. B. W. 
Haſan, den er Yerames nennt. Lepteren Namen führt er jetzt aber nur noch in 
Beinem oberen Laufe. Aehnlich beim W. Bonna. 

“*) Hamdani führt in Datina einen W. Me'wran an, ber den Beni Morahem, 
Scherifen der Aud gehörte, auch einen Ort Azzan (Arran?) zubenannt Regb 
K3egbN), der Beni Ketif. 





Ortichaften in Datina. 273 


VII Ortſchaften und Sclöffer. 


Blad Halm Saidi, fo heißt der Hauptort gewöhnlid. Er foll 
übrigens auch den Namen Datina führen, wohl nur bei den Gelehrten. 
Das Volk nennt ihn nie fo. Liegt am W. Azan, in fruchtbarer Ge⸗ 
gend, dem nordöftlihen Theil des Landes. Großed Schloß: Hoffin 
Halm Saidi. Einige hundert Einwohner, worunter zwölf Juden⸗ 
familien. 

Hafa, auch Suq Halm Sa’tdi genannt, der Hauptmarkt von 
Datina, im Nordweften vom Hauptort, nur einen halben Tag ſüdlich 
von Ghoder. Biele Juden. 

Hanta*), Ortichaft der Halm Sa idi. 

Magraa**), Ortſchaft der Halm Sa idi. 

Adan***), Dorf der Hasni. 

Bible, Dorf der Hasni, im Südweſten, nur drei eine Tages 
reifen von Schughra. 

Kolaite, Hauptort der Hadni, dicht bei Gible. Drei Sudenfamilien. 

Dhoba, Ort der Hadni, eine Stunde füdlid von Kolaite, am 
W. Meran, jo nur einen halben Tag vom Meere entfernt fein. 

Mekaus, Dorf der Hasni, nahe bei Dhoba. 

Dmm Chodeire, Stadt und Markt der Mefert, im Often, un- 
weit der Grenze. 

Haneſch, Dorf der Haneſchi, nur zwei Tage von Schuahra im 
Südoſten des Landes. 

Ahl Dian, Ort der Meferi, vier Sudenfamilien. 

Suweda, grober Markt der Haneſchi und Mejeri. Zehn Juden⸗ 
famtlien. 

Schlöffer: Hofin ed Doma, H. ed Diab, H. Choraibe, 9. 
- Nahai, H. ber}) Homeſch und dad genannte H. Halm GSaibdt. 

&horaibe fol zugleich ein Schloß und ein Dorf fein. 


*) Bei Hamdani kommt ein Hanka im Lande der Ga'da vor, Schwerlich iſt 
dabei an das obige zu denken, da das Rand jener Ga'da zu fern liegt. Sie find 
nicht die Ga'deni. 

*) Hamdani erwähnt ein Magra'a in Yafla, alfo ganz in der Nähe von 
Datina. 

) Adan tft bei Hamdani ein Yafl: Stamm. 

+) ‚Ber‘, das altfüdarabifhe Wort für „ben’, im Dialekt noch häufig 
gebraucht. 
v. Ralygan, Keiſe nah Südarabien. W8B 


274 Unglüdliche Lage von Datina. 


IX. Politiſches. 


Das Land fteht nominell unter den Fodli, in Wirklichkeit aber 
mehr unter den Auwaliq, deren Razziad es ftetö preißgegeben und ven 
den Fodli fo ſchlecht beichügt wird, daß es vorzieht, den "Auwalig Tri⸗ 
but zu zahlen. So hat ed zwar einigermaßen Ruhe, iſt aber doch 
fteter Willkür ausgeſetzt. Cinheit befteht nicht zwildhen den Stämmen, 
und felbft den Siegern gegenüber ift ihre Stellung verſchieden. Gerade 
der größte Stamm, die Halm Sa’idi, den Auwaliq örtlich näher, muf 


am Meiften von ihnen leiden. Urſprünglich ODobayel, können fie jet 


als halbe Raye gelten. Die Halm Saidi haben übrigens noch ihm 
angeſtammten Schech, der den allgemeinen Titel „ Afel”*), und den fpe 
ciellen Deran Mia idi oder Deranem Sa idi führt. Obgleidy er au 
dem tributpflichtigen Volke ftammt, fo ließen ihn die Auwaliq doch im 
Amt, gleichſam als ihren Statthalter und Tributeintreiber. 

Die Meferi, Hadni, Haneſchi find nicht in demfelben Grade de 
Auwaliq tributpflichtig. Sie fehidlen ihnen nur von Zeit zu Zeit nam: 
bafte Geſchenke, um von Razzias verfchont zu bleiben. Die Hasni habe 
übrigens einen Otmant- Prinzen, der den Titel Sultan führt, als Erk- 


gouverneur. Aber auch er ift factiſch in ein Abhängigkeitsverhälmiß 


zu den Aumalig gerathen, wenn er auch de jure unter den Fodli fteht 

Am Meiften geplagt find jedoch die nordweſtlichen Landestbeik, 
welche an das Audeliland grenzen. Die Auwadel find nämlich fer 
räuberiihe und kriegsluſtige Dobayel. Da fie ihrem eigenen Gulta 
nicht gehorchen, jo nüpt ein dieſem gezahlter Tribut nicht viel. Tr 
nordweltlihen Datinaſtämme zahlen zwar dem Gultan der Auwade 
Tribut, werden aber demungeadhtet ftetd durch Razzias beläftigt. 

Der Hauptgrund der unglüdlichen Stellung von Datina liegt in M 
Ohnmacht der Fodli. Es ift eben eine ihnen faft ganz entſchlüpfte Provinz 
für Die e8 viel beffer wäre, wenn fie definitiv mit dem Aulagilande 
vereinigt würde. 





*) Diefer füdarabifche Titel Hat Mauche an „Dail“ erinnert, womit er wel 
nichts zu thun bat. Obige Schreibart mit ain und Faf (nicht qaf) wurde ia 
Allgemeinen als richtig verbürgt. 





Siebentes Gapitel. 
Audeliland. 





I. Name. — II. Geographifche Lage. — IIL Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Wadis. — VI. Klima und Bodenerzeugniffe. — VIL Bewohner. — VIII. Städte 
und Ortfchaften. — IX. Schlöſſer. — X. Politiihes. — XI, Sitten, Religion x. 


IL. Rome 


Audeli*), häufiger im Collectiv „Aumadel” vorkommend, ift der 
uralte Stammedname, den died Bolt und Land feit dem Jahrtanſend 
nicht verändert hat. Greifen wir zurüd bis zu Hamdani's Zeit, fo 
finden wir bier den Stamm Aud, in denfelben Wohnfiten, im Beſitz 
berjelben Ortſchaften. Audeli heißt einfach „von Aud ſtammend“. Der 
blos mit dem Schriftarabifch Vertraute würde freilich Audt erwarten, 
aber wer das lebendige, dialektiiche Arabiich Tennt, der weiß, daß folche 
Einſchiebungen von „I’ oder „n” (auch andere Buchſtaben kommen vor) 
bei der Nisba häufig find. Beifpiele: Abdeli von Abd, Ga deni von 
Sada, "Alluwi von "Ali u. f. w. 


I. Geographiſche Lage 


Ungefähr zwifchen 450 50' und 469 20° öſtl. Länge v. Gr. und 
130 50' bis 140 25° nördl. Breite. 


®) Die Beduinen, die dem dialektiſchen Artikel „m* aebrauigen, \agen Sur 
beli (für el Aubell) und im Gollectiv Mandel oder Maurachel. 
ar 


276 Der Gebel Kor im Aubelilante. 


OL Grenzen. 


Im Süden Datina und Theile des Fodlilandes. Im Bein‘) 
Yafı'a. Im Norden das Land der Rezaz. Im Nordoften und Ofen 
Mara, ein Theil ded oberen Aulagilandes. Im Südeften wie 
Datina und zwar das Gebiet der Halm Sa'idi. 


IV. Bobenerhebung. 


Nur ein fehr fleiner Theil ded Audelilandes ift verhältnißmißz 
ticf gelegen. Bei Weitem die größte Maffe diefes Gebiets ift Hehe 
birgefand und zwar ein einziged maffived, compactes Gebirge, eden 
wenn man will, ein ungeheurer einzelner Berg mit mächtig gedehnten 
Nüden. Died ift der Gebel Kor. Diefer liegt ganz im Audelilande 
und reiht nicht mehr über daffelbe hinaus, es beinahe gänzlig = 
füllend. Seine Geftalt ift länglich, weshalb er oft der Rüden (Zube) 
genannt wird, ein Name, den eine auf ihm gelegene Stadt im Be 
fonderen führt. Seine Richtung ift, wie die anderer Hochgebirge Ci 
arabiend (Gebel Sjabr und Yafl'i) von Südweſt nad) Nordoſt. Geil 
Kor fteht mit feinem anderen Gebirge durch Höhenzüge in Verbindunz 
fondern fällt auf allen Seiten mehr ober weniger ſchroff ab, im Süden 
nad) Datina, im Weften nad) dem Tieffand von Yafı'a, das fid uf 
diefer Seite (oberer Lauf des W. Yerames) merfwürdig weit nd 





Flüffe und Bäche im Audelilande. 277 


V. Wadis. 


Ein Land, das faft ausſchließlich Hochgebirge iſt, kann nur die 
Anfange von Wadis, nicht Tanggezegene Flußthäler haben. So ift es 
aud bier. Nach allen Himmelsrichtungen ziehen ji) die Wadis vom 
Gebel Kor hinab, aber Feiner erreicht innerhalb des Audelilandes nam- 
hafte Ausdehnung. Der Kor bildet in diefem Theile Südarabiend die 
der Küfte am nächſten gelegene Wafferfcheide. Die beiden ihm nahen 
Koloffe, die Yafı> und "Aulagigebirge find etwad mehr in’d Innere 
vorgeichoben. 

Dem arabiichen Meere fließen folgende auf dem Kor entipringende 
Wadis zu: 

W. Yeramed, died der waljerreichite, entipringt oberhalb des Sel*) 
Bent Sliman, zieht nach Südweft dur den Kaffeediftrict von Yafl a, 
mündet unweit Mar in den W. Hafan. 

W. Naiban, etwas füdlicher entjpringend und fließend, aber gleiche 
falls füdweftlih in den W. Hafan mündend. 

Die Schon erwähnten W. Meran, der bei Hoider in's Meer mündet, 
W. Azın und Aideri, Tributäre des W. Hauwar. Lehterer felbft 
kommt nit vom Kor**), fondern vom Sarw Madhig. 

Zenfeitd der Maffericheide und dem großen centralen Tieflande, 
el Sof (Djauf) zufließend. 

W.Thamat fließt von Sid nad) Nord und ihm faft parallel, etwas 
mehr nad Oſten W. Beraife. Andere Eleinere W., meiſt Zributüre 
diefer beiden: 

W. Medware, W. Medeg, W. Omm Chalif, W. Haumir 
(nit Hauwar). 


VL Klima und Bodenerzeugniffe. 


Durhaus dem tropiſchen Sommerregen ausgeſetzt, ift dieſes Hoch⸗ 
land fruchtbar. Dazu kommt ein ziemliher Reichthum an Duellwaffer, 


— — — — — 





*) Sel, d. h. „das Fließen“ oder „Fluß“ im abſtracten Sinne, bedeutet 
immer eine Stelle des Wadi, wo das ganze Jahr hindurch Waſſer iſt, und mag 
dies Reſultat auch künſtlich, d. h. durch Aufſtauung erzeugt ſein. 

“*) Der Name Kor wiederholt ſich oft, ſo auch bei einem Berg Kekß& wm 
Habban, den wir Kaur gefchrieben haben und ebenio in Hatrtamant , helm Sur 
Solban. Wo wir jedod; ſchlechtweg Kor jagen, ft iunmer der in Buneiliuntt 
gemeint. 


278 Bewohner des Audelilandee. 


während Brunnen gar nicht eriftiren follen. Seinen Producten nad) 
hat es viel Aehnlichleit mit dem Hochland von Abejfinien. Hier wie 
dort ift der Honig ein Haupterzeugniß und außerordentlich billig, 10 ober 
15 Pfd. für einen Thaler. An den Bergabhängen gedeihen alle Obft 
arten, Wein, Pfirfiche, Aprikoſen u.|.w. Biel Seſam, Tabak, Duma, 
namentlich der rothe, Hamair genannt, und Dochn. Dagegen fehlen 
Palmen, Baumwolle, Indigo, Kaffee, Kaat (obgleich eine Hochland⸗ 
pflanze, doch nur mehr gegen Weiten angetroffen). 


VIL Bewohner. 


Die Einwohner, felbft die Städter, find, ausgenommen einige wenige 
Handwerker, die Parias und die Juden, welche drei Claffen natürlich, im 
Raye⸗Verhältniß ftehen, alle Oobayel und der Abftammung nad alk 
Aud, vulgo Auwadel. Obgleih Hamdani die Aud nicht ausdrüclich 
Himyaren nennt, fo tft Dod ihre Achnlichfeit mit den anderen unzwei⸗ 
felhaften Himyaren zu groß, um fie nicht auch dafür zu halten. Al 
Stammvater nennt Hamdani: Aud, b. Abd Allah, b. Sahta, md 
ald Unterftämme folgende*): Agib, Suiq, Bent Schabib, Haba, 
Beni Katif, Schekel, Beni Oais Aflagi, Schehab, Bent Togaif, Beni 
Adi und Morahem, Scherife der Aud. 

Bon allen diefen Namen befindet fi) (außer deren Gefammt: 
namen Aud) auf der mir von den Eingeborenen gegebenen Lifte de 
Unterſtämme feiner, was übrigens nicht8 beweift, denn die kleinen 
Stämme nennen fi) oft nad) fpäteren Stammvätern oder Häuptlingen, 
unter denen ihr Stamm eine Rolle fpieltee Hat man Gelegenheit, 
genau nachzuforſchen, jo entdedt man jedoch falt immer, daß ber alk 
Name nody in der Tradition bewahrt wird, wen er auch im gemöhn 
lichen Leben wenig zur Anwendung kommt. Folgende Unterftimm 
wurden mir nach ihren heutigen Bezeichnungen genannt: 

1. Bakſchi, wohnen in Heran. 

2. Manſſuri, auf dem ©. Kor. 

3. Bigerf, in und um "Orfan. 

4. Tohaifi, in und um "Orfan. 

*) Hamdani nennt Diele Stämme bel Datina, welches er in feiner Ortölikt: 


bis aufs Hochland ausvehnt. Ban den Wohrligen, Tr er Wusen angeblichen Di 
tinaftämmen giebt, Wiegen die meltten im üXX 





Stämme und Städte im Audelilande. 279 


5. Demant, im Nordoft auf den Abhängen ded Kor gegen 
Marcha zu. 

6. Scheheri, in und um Daher (Zaher). 

7. Ber*) Dani, im Weſten an der Grenze von Nafiſa. 

8. Diebi, in Hafaf, im äußerften Often, alfo wohl ein abge⸗ 
trennter Stamm der oben beiprochenen großen Diebigruppe. 

9. Oofeſchi, in Oofeſch, eine Tagereife nördlid) von Ghoder. 

10. Bent Sliman, in Ghoder und am füdweftlihen Abhange 
des Kor (Duellgebiet des W. Yerames) ; Died foll der Hauptftamm fein. 

Außerdem giebt ed viele Scherife und ebenjo eine gewiſſe Zahl 
Parias, die bier Merafai (Mufifanten) beißen. Sie haben diejelbe 
Stellung wie die Adam in Yemen und die Ahl Hayek in den "Au: 
laqi⸗ und Wahidiländern, wohnen in Dörfern zufammen, find jedod) 
bei Weitem weniger zahlreich. 

Juden wohnen faft in jedem Dorfe des Audelilandes. 


vVIL Städte und Ortfchaften. 


Ghoder, vulgo Xoder**) (die Auwadel felbft fagen ftetd oder, 
in Aden und Beda hört man Ghoder), Hauptftadt des Audelilandes, 
Sitz ded Sultand, am füdlichen Abhange des Gebel Kor, etwas gegen 
Südweſten zu gelegen, in dem ntedrigften Terrain Diefed Landes. Etwa 
400 Einwohner. Zehn Sudenfamilien. Burgenartige Steinhäufer. 
Bier Moscheen. BVierzig Delmühlen (Sejamöl). Großer Marl. Schloß 
des Sultand, Hofin Mesmer genannt, ſehr feft. 

Medfegge, kleines Dorf dicht bei Ghoder, außfchließlich von der 
Pariakafte, den Merafai, bewohnt. 

Orfan““), eine Feine Tagereiſe norböftlih von Ghoder, auf 
einem Theile des &. Kor, der den Namen ©. Orfan führt. Ganz 


*) Ber für Beni, altiüdarabifch, wie ſchon oben Seite 273, Note 4. 

“) oder fteht für el Ghoder, deffen Anfangsbuchſtabe Ghain hier nicht aus— 
gefprochen (oder wie Hamza geiprochen) wird. Das „U des Artileld, der bei 
diefem Wort ausnahmsweiſe nicht „M° tft, wird binübergezogen, aljo el Oder, 
und verkürzt Koder. Ich hörte nur einmal Moder (mit Artikel „m*). 

“er, Die Namen Orfan und Daber find bei Hamdani ganz deutlich zu Iefen, 
eiwas weniger deutlich There, da hier alle diakritifchen Punkte fehlen und der none 
Bocal auch nicht angedeutet ift, aber id} glaube doc, dal There gemrdink ih. Que 
dani Spricht von einem Wadi Orfan, von dem Beni Aagl, weh won dem 





Politifche Verhältniffe des Audelilandes. 281 


zZ. Politiſches. 


Sultan Mohammed, ben Ahmed, ben Salah, regiert erft feit 
1870, dem Zodesjahre feined Vaters, Ahmed. Nefidirt in Ghoder. 
- Hat nur Bedeutung ald oberfter Kriegdführer. Sonft ift feine Macht 
ſehr befchränft, da faft alle Bewohner Dobayel find. eine Yuftiz be: 
ſchränkt ſich auf ein Schiederichteramt, das er aber nur dann ausüben 
fann, wenn ed den Dobayel beliebt, ihn zu fragen. Das Gotteögericht. 
wird im Lande nicht ausgeübt. Kommen zweifelhafte Criminalfälle vor, 
jo geht man nad) Dara in Unteryafia, wo ein berühmter Feuerrichter 
lebt und holt ſich dort die Entſcheidung. Alles bleibt jedoch der Blut⸗ 
rache überlaffen. 


Steuern kann der Sultan blo8 von den Raye und Juden erheben und 
zwar auch nur von denen, die in oder um feine Hauptftadt leben. Die 
Raye und Juden inmitten der Tobayel find Unterthanen der Stämme, 
nicht ded Sultans. Die meiften Städter find übrigend bier auch 
Dobayel. Die Zahl feiner Soldtruppen beträgt höchſtens fünfzig. 

Mit den Fodli oder Otmani herrſcht Blutfehde. In neuefter Zeit 
ift diefe wieder energiih entbrannt. Der Sultan der Fodli verlangte 
nämlich von dem Sultan der Auwadel die Audlieferung eines ihm ent- 
Sprungenen Sflaven ; da died verweigert wurde, ſchickte er feinen Vetter, 
Mohader, b. "Abd - Allah, Gouverneur einer Grenzprovinz, um ihn 
mit Gewalt zu holen. Da aber Mohader geichlagen wurde und fogar 
das Leben verlor, jo find jeht die Aumadel ftarf in der Blutſchuld der 
Fodli. Lebtere können ihnen wenig anhaben, denn ihr Land ift günftig 
für Hinterhalte und die Auwadel find ſehr friegeriih. Im Kriegsfalle 
gehorchen fie ihrem Sultan gern, da diefer auch Krieger ift und zu den 
Dobayel gehört, nicht wie der Wahidi Sultan, den man gewifler- - 
maßen eine Givilperfon nennen kann (ſ. oben). 

In Arabien ift immer die Abſtammung und die Clafſe, zu der der 
Sultan gehört, im Auge zu behalten. Ein Fürft, der jelbft nur oberfter 
Kriegäführer ift, wird dennoch factiich dann mehr Macht haben, wenn er 
perfönlich zu den Dobayel gehört, ald wenn er mit diefen nur durch 
Berträge verbunden ift. Daher denn auch die Macht der Aulaqi⸗, Fodli⸗ 
und felbft der Audeli-Sultane reeller tft, alb 4. B. de ver W& 
Bürften. 


Achtes Capitel. 
Yafia, 





L Name. — 1I. Geographiſche Rage. — IH. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Wadis. — VL Klima und Bodenerzeugniffe. — VIL Politiihe Eintheilung. — 
"VIEL Unteryafia. — A. Stämme. — B. Städte und Ortfchaften. — 1. Im 
Hochlande. — 2. Im füdlichen Tieflande, nahe bei Abian. — 3. Im öftlidhen 
Tieflande (Kaffeediſtrict). — 4. In den weftlichen Senkungen von W. Bonna 
«gleichfalls Kaffeediſtrich. — C. Schlöffer. — D. Politifchee. — E. Juſtiz. — 
F. Gotteögeriht. — IX. Oberyafia. — A. Stämme — B. Städte und Ott: 
ſchaften. — C. Politiſches. — X. Geſchichtliches. — XL Sitten, Religion ıc. — 
XII. Spradliche Eigenthümlichleiten. — XIIL Phyfiognomifchee. 


L Name. 


Auch dies ift der uralte Känder- und Stammesname, den wir ſchon 
bei Hamdani (um 900 p. Chr.) finden. Die Form Yafia für das 
Land ift eigentlich nicht ſüdarabiſch, wenigftend nicht üblich, jondern 
nach Analogie des Schriftarabiſchen gebildet. Gewöhnlich jagt man”) 
‚Yafi " ohne a für Land, Volf, Berg u. ſ. w. 


I. Geographiſche Lage. 


Der äußerfte mweftliche Punkt von Yafıa erreicht ungefähr den 450 
öftl. Länge v. Gr., der äußerfte öftl. 45° 50°, aber die Ausdehnung 


2) Unfere Karten und Bücher geben gewöhnlich einen falfchen Begriff von Yafi'a, 
indem fle dieſes Land viel zu groß annehmen, Selbft Reifende, ein Wrede und Well: 
fted rechnen Landfchaften Hinzu, die entweder nicht mehr zu Yaka geutten, wir 
Be ®a’da, oder bie niemald dazu gehörten, wie a8 Audellland un den Sure 

ig. 





Flüſſe und Bäche im Yaft lande. 285 


es gegen ben in diefem Lande gelegenen W. Thamat ab, Der höchfte 
Theil diefer Gebirgsmaſſe liegt im Norden. 

Bon den Namen einzelner Gebirgötheile, deren ohne Zmeifel viele 
jpeciell benannt find, wurden mir nur folgende befannt: Gebel Mau— 
ftya, einzelner Bery oberhalb Dara; Gebel Kellet, der ganze Hö- 
benzug bei Oara; Gebel Mohageba, die Hauptmaffe der Berge 
des nördlichen Yafı a. 


V. Wadis. 


Alle Wadis von NYafi'a, ſüdlich der Waſſerſcheide, gehören zu den 
Alußgebicten der W. Bonna und Haſan, zwifchen deren Syſtemen der 
Süden ded Landes gleichſam eingefeilt ift. 

W. Bonna, von deffen Tieflauf fchon bei Abian im Fodlilande 
die Nede war, entipringt im Nordweiten von Yaft'a und zwar außer: 
halb feiner Grenzen, in Ain Scelala*), bei Schaif, unweit Yerim, 
fließt dann erft öftlih und darauf von Nord nah Süd, Anfangs die 
weftliche Senkung und Grenze von Yafia bildend, im Süden aber 
ganz im Yafiterritorium, das jedoch auf feiner Weftfeite nur ald ein 
Ichmaler Streif erſcheint, bis nach Chamfer, der füdlichften Yafı - Stadt. 

Nebenflüfle des W. Bonna find: W. Sabjab, in feinem oberen 
Laufe W. Wallach genannt, bildet die fruchtbare Senkung von 
Chere. Wadis Chulle, Schara, Serafe, Teem, alle bei den 
gleichnamigen Ortichaften in den W. Bonna münden?. 

Der W. Hafan führt diefen Namen nur in feinem Tieflauf, in 
Abtan, welches jept nicht mehr zu Yafi'a gehört. Hier haben wir es 
mit feinen beiden nördlichen Seitenflüffen, den Wadis Solub und 
Derames, zu thun. Letzterer, vom Kor fommend, berührt eigentlidy 
mur ben füdöftlichen Theil des Tieflandes von Yafi'a. Der W. Solub 
Dagegen durchfließt e8 in feinem ganzen Laufe. Er ift nad dem W. 
Bonna der wichtigfte Yafı' fluß. Er kommt aus der Gegend von Dara, 
fließt dann erft öftlih bis Schewuha und wendet fi) darauf füdlich, 
um fi an der Südgrenze Yafı a’d mit dem W. Yerames zu vereinigen. 
Der W. Solub führt jedoch diefen Namen erft füdwärts von Homma, 


*) Ganz nahe dabei entipringt auch der W. Nura, der weker TEN 
W. Tobban oder Fluß von Laheg heißt. 


Das öftlichite Kaffeeland von Arabien. 287 


Orte liegt an der Mündung eines gleichnamigen Wabi in dem W. 
Solub. Doch reihen die Kaffeepflanzungen in alle drei Geitenthäler 
zemlich weit hinein und find überhaupt bier veichlicher, ald am Haupt: 
wadi felbft. Noch öftlicher Tiegen die Kaffeepflanzungen von Ah! ben 
Nabat und Orqa, die Schon vom Kor bewäljert werden. Dad gün- 
Rigfte Terrain fcheint in dem Theil des Zieflandes, der unmittelbar am 
Rordfuß der hohen Yafı berge liegt. 

Außer diefem ausgedehnteſten SKaffeediftrict gedeiht jedoch diefe 
Nuppflanze noch in allen Senkungen längs dem Wadi Bonna und 
jeinen und des Wadi Solub Seitenthälern. Namentlich die Gegend 
von Chere am MW. Wallach ift reich daran. Merkwürdig ift, dab Kaffee 
jelbft in den ſchon bochgelegenen Thälern um Dara vorkommen fol, 
nur nicht auf einem Berge, eben fo wenig wie in einer ganz flachen 
Ebene. So finden wir 3 B. einen Theil ded Tieflandes, den füd- 
Iihften, der zwilchen dem SKaffeediftricet von Schewuhn und Abian 
liegt, als ein wülten- oder fteppenartiged Land und dennoch wird aud) 
er vom W. Eolub durchzogen. Dan nennt ed die „Wüfte der Me: 
Ihefi”, auch „Wüfte Merzaf" genannt; died erflärt fi) wohl nur das 
badurd), dab das Meichekiland jchon Küftenklima, folglich feine tro- 
piihen Regen hat und die Einwohner, als bloße Viehzüchter, Feine 
Bewällerungsanftalten machen, wie die fleibigen Bewohner von Abian, 
ihre füdlichen, unter ganz gleichen klimatiſchen Bedingungen lebenden 
Nachbarn. 

Das Mittelgebirge trägt hier und da Baumwolle, Indigo, ſonſt 
mehr Seſam, Durra, Dochn, wenig Weizen, dagegen viele Obſtarten, 
Wein, Pfirſiche u. ſ. w. Dattelpalmen nur in ſehr geringer Zahl. 

Im Hochgebirge iſt vortreffliches Weideland, namentlich wächſt 
hier reichlich ein wilder Klee, ein vortreffliches Kameelfutter. Hier 
findet ſich auch Hafer und Gerſte, ſonſt in Südarabien ſelten. 

Quellen ſollen in dieſem Gebirge verhältnißmäßig wenig ſein, ver⸗ 
ſchieden hierin vom quellenreichen G. Kor. Die Speiſung der Wadis ge⸗ 
ſchieht hauptſächlich durch die tropiſchen Regen. Das Hochland iſt des— 
halb für den Trinkbedarf auf Ciſternen angewieſen, die jedoch bei den 
nie ausbleibenden Sommerregen ſtets reichlich verſorgt ſind. Im Tief 
lande dagegen behält man durch Aufſtauung der Wadis faſt für's ganze 
Jahr Flußwaſſer. Brunnen ſollen nicht viele ſein. 


288 Die Zweitheilung des VYaſt landes. 


VIE politiſche Einteilung. 


Man unterſcheidet Ober» und Unteryafi'a, eine Cintheilung, de 
mehr politijch, als orographifch ift, obgleich allerdings Oberyaſi a im Dune 
ſchnitt höher liegt, als Unteryafi'a. Aber auch Iepteres iſt zum geifien 
Theil Hochland. Unteryafi'a ift bei Weitem das größere Gehe, d 
nimmt den ganzen Süden und die Mitte des Landes ein, Obenafı 
nur einen ſchmalen Streif im Norden. Im Aden hört man zum dt 
von Oberyafi'a ald von einem „großen Lande“ reden, ja ed gie 
nennen, als das Untere. Geht man aber dieſer Bezeichnung anf da 
Grund, fo findet man unfehlbar, daß hier noch das Land der Roy 
mitgerechnet ift, das einmal zu Oberyafi'a *) gehörte, aber jept unıb 
hängig ift. Der Begriff Pafi a ift überhaupt bei dem entfernter me 
nenden Arabern ein ſehr elaſtiſcher. Oberyafi'a kann feine vie gie 
Bere Ausdehnung haben als etwa 10 oder 15 Gradminuten in de 
Breite und höchſtens 40 in ber Länge. 


VOL Unteryafi'a. 


A. Stämme. 
1. Der Hauptftamm von Unteryafi'a führt jept den Namen Kell, 
früher hieß er Beni Dafed, unter welchem Namen ihn Hambmi a 
wähnt, wohnt in Dara und Umgegend. 


Stämme und Dörfer im Wafllande. 289 


7. Mogafa, wohnen beit Hoſſn Scheriya im äußerſiten Süden. 
8. Sſaidi“) (auch von Hamdani erwähnt), wohnen zwiſchen Tara 
D dem Tieflande. Die Amudi find wabrſcheinlich ein Unterſtamm 
Saidi. 
9. Pazidi, im Tieflande, zerfallen in die Keſadi in Schewuha, 
Ahl Mirza in Mirza, die Ahl ba Gilgella und Ahmar, Leite in 
Bde - 
10. Schemi (aud bei Hamdani genau an dem heutigen Wohn: 
te**) angeführt‘, am W. Roſut und in Schab el Yahur. 
11. Schaib (gleichfalls bei Hamdani, Wohnjig unleierlih) wohnen 
n Weften, am Wadi Bonna, an der Mmirgrenze. 
12. Suat im Norden von Tara um Medinet Telez. 
13. Meſcheki, ein unabhängiger Stamm in der Einöde Merzaf 
mW. Solub. 
14. Dabirri*"*), wohnen in Zeem und Umgegend. 


B. Städte und Ortſchaften. 


1. Im Hochlande: 

Dara, Hauptſtadt der Unteren Yafiſi, Zip des Sultans. Etwa 
andert Einwohner. Große Moſchee. Echlöffer von Stein. Kein Markt. 

Serar, Kleine Stadt am Wadi gleichen Namens, eine halbe Tage— 
ife jüdlih von Dara. 

Gedaraf), am Wadi Reqab Hadad, anderthalb Tagereiſen ſüdlich 
m Oara; nur jech8 fteinerne Häufer, ſonſt Hütten. 

Hatabff), Hüttendorf, einen Tag ſüdlich von Cedara. 

Qilſan, Hüttendorf der Yurefi. 

Scha’brrt) el Yahud, auch im Hochlande, einen halben Tag 


*) Hamdani ichreibt den Namen mit Zfad, Deshalb wähle ich dieſe Ortho 
aphie, obgleich mir Die Leute cher hier ein Sin zu Iprechen febienen. 

“), Hamdani ſchreibt ohne diakr. Punkte, Semi, giebt aber auch den Wobn 
 Schab an. 
“. Ber Hamdani fin? Zeem und Nahar beide Städte. 

+) Hamdani erwähnt ein Cedur unter den Stätten von Mafiſa, bewohnt 
m Unterftamne der Kelb (Kellet?). 

+r) Hatab oder Hatib bei Hamdani ale ein Ort der B. Oaſed (beutige 
Het) genannt. 
+) Hamdant erwähnt einen Ort Scha’b, doch dieſer kommt weiter unten 
x. Schub und Scha ib jind nicht zu verwechfeln. 


v. Ralyan, Reiſe nah Südarabien. u 


288 Die Zweitheilung des Yafllandes, 


VII Politiſche Eintheilung. 


Man unterfcheidet Ober» und Unteryafi'a, eine Eintheilung, die 
mehr politijch, als orographifch ift, obgleich allerdings Oberyafi a im Durch⸗ 
ichnitt höher Liegt, als Unteryafi a. Aber auch lepteres ift zum größten 
Theil Hochland. Unteryafi'a ift bei Weitem das größere Gebiet, es 
. nimmt den ganzen Süden und die Mitte des Landes ein, Oberyafi'a 
nur einen fchmalen Streif im Norden. In Aden hört man zwar oft 
von Oberyafi a ald von einem „großen Lande” reden, ja es größer 
nennen, ald das Untere. Geht man aber diefer Bezeichnung auf den 
Grund, fo findet man unfehlbar, daß hier noch das Land der Ra 
mitgerechnet ift, das einmal zu Oberyafi'a *) gehörte, aber jept una 
bängig ift. Der Begriff Yafi a ift überhaupt bei den entfernter woh⸗ 
nenden Arabern ein ſehr elaftifcher. Dberyafi'a Tann feine viel gri 
fere Ausdehnung haben als etwa 10 oder 15 Gradminuten in der 
Breite und höchſtens 40 in der Länge. 


VIL Unteryafi'a. 


A. Stämme. 


1. Der Hauptftamm von Unteryafi a führt jet den Namen Kellet 
früher hieß er Bent Dafed, unter welhem Namen ibn Hamdani a: 
wähnt, wohnt in Dara und Umgegent. 

2. Rehauwi, in Hatab und Umgegend. 

3. Yufefi, bei Chere am W. Wallad). 

4. Bakeri, ſüdlich der Yuſefi. 

5. Monaſſera*), zwiſchen Chere und den W. Solub, zerfallen in 
die Unterſtämme Chere, Latahan und Kelſam. 

6. Ahl ben Nahgi““), im oͤſtlichſten Tieflande zwiſchen Schewube 
und dem Kor. 


*) Immer muß man ſich in Aden gegen den Ausdruck wehren: „Die Rau 
find Yafli“. Sa fie find es der Abftammung nad. Aber fie nennen fih het 
nicht mehr fo, und auch die Yafiſi geben ihnen dieſen Namen nicht, und ich tea, 
fie find doch Die Competenteften über ihren Namen. 

“) Hamdani nennt an diefer Stelle den Yafiſſtamm Ahgur (vieleicht Abg) 
Ob ftatt ben Nahgi nur ben Ahgi zu fchreiben umd Died dann Doch noch der st 
Stamm wäre? Er beißt auch Beni Hegr. 


Städte im Tieflande von Nafi'a. 991 


2. Im füdlidhen Tieflande nahe bei Abian. 

Chamfer*) (arabiih Chanfer gefchrieben, Chamfer gefprochen, nach 
e engl. Aufnahme v. 1872 unter 130 12° 30” nördl. Breite und 450 19 
IL Länge v. Gr.), größte und zugleich ſüdlichſte Stadt im Tieflande, letzter 
et, der den Yafı't von Abian geblieben ift. Iſt jept faft ganz im Fodli⸗ 
biete enclavirt. Nördlichfter Punkt, den die Europäer von Aden aus der 
ı9d halber zu befuchen pflegen. Einige vierzig Steinhäufer. Feſtes 
chloß, Citadelle mit Yafi gamifon. Etwa 150 Einwohner. Lebhafter 
darkt. Niel Verkehr. Die Bewohner find nur politiih, nicht genen: 
ziich zu den Yafı t zu rechnen. Sie find echte Städter, ohne Stam⸗ 
eötraditionen, ihrer Stellung nad) Raye des Sultans von Dura. 

Hofin Scheriya, etwa drei Stunden nördlih von Chamfer am 
I. Solub. Altes himyariſches Schloß. Hier follen Inſchriften fein. 
ie von Europäern bejudht**). 

3. Im öftlihen Zieflande (Kaffeediftrict). 

Schewuha, jüdlichfte Stadt im SKaffeediftrict, im W. Solub und 
inem nördlichen Ceitenthale, W. Schewuha, ehva anderthalb Tage: 
ifen oberhalb Naab und Bab el Felaq, erfter fruchtbarer Land» 
ich nördlich der Meichefifteppe. Die Häuſer liegen in den Pflan- 
ngen zerftreut, nur etwa zwanzig bilden eine compacte Gruppe. 
tamm Keſadi, Abtheilung der Yazidi. Hat einen eigenen Sultan 
m Keſadigeſchlecht. Von bier ftammt auch die Dynaftie von Ma: 
la, el Keladi, an der Südküſte unterhalb Hadramaut. Der Nekib 
m Makalla und der Eultan von Schewuha find Bettern. 

Mirza, drei Stunden weſtlich von Schewuha, am Zufammenfluß ded 
3. Mirza mit dem W. Solub. Etwa 15 Steinhäujer bilden die „Stadt“, 
e anderen Häufer find in den Pflanzungen ded W. Mirza zerftreut. 

Tozze‘, etwa 3- 4 Stunden wmeftlid von Mirza, am Zuſammen⸗ 
uß des W. Tozze mit dem W. Solub, am Fuß der Berge von 
ara, von welder Stadt es nur 3 Stunden entfernt iſt. Größte 
tadt im SKaffeediftrie. Etwa 200 Einwohner. Zwei Stämme, die 


*) Bei Hamdant ald Medinet Chamfer angeführt. Bewohner waren Damals 
eAſſbahin (wohl die heutigen Sfobehi) und die Beni Mohaid, die ohne Zweifel 
r Ebene Mehaidan den Namen gaben, welche dicht bei Chamfer ihr Oftende hat. 

“©, Dies iſt Der nördlichite Punkt, von deſſen ungefährer Lage die Adener 
ngländer überhaupt nur etwas gebürt hatten. Ein engl. Offizier, Lientenant 
wen, Bat zuerft auf H. Schering aufmerffam gemadt. Die Infchriften werden 
zweifelt. 

19° 


290 Städte und Drtichaften im Yafi lande. 


öftlich von Dara und direct oberhalb des Kaffeediſtricts, zunächſt Tozze 
und Mirza gelegen. Etwa fünfzig Einwohner. Der Name deutet auf 
Juden, die in früheren Sahrhunderten hier gelebt haben mögen. Jeßt 
find im engeren Yafiſa Feine Juden. Etwa ſechs Steinhäufer, fonft 
Hütten. 

Habba*), Hüttendorf am gleichnamigen Wadi zwiſchen W. Solub 
und Oara, gehört dem Stamme der Amudi. 

Chelale, Hüttendorf mit einigen Burgen, zwei Stunden bergal- 
wärtd von Dara. 

Homma, am Zufammenfluffe der ®. Serar und Roſut, Hütter 
dorf mit zwei Schlöffern. 

Mepdinet Telez**), auch Zelez geſprochen, eine ftarfe Tagereiſe 
im Nordoften von Dara, ſehr hochgelegen, von Bielen ſchon zu Ok: 
yafi'a gerechnet, zu dem es topographiich gehört. Politiſch ift aber hie 
die Herrfchaft des Sultans von Unteryafi a vorwiegend, obgleih dr 
Bezichungen zu Oberyafi'a noch nicht aufgehört haben; genießt übrigen: 
eine gewiffe Unabhängigkeit unter einem eigenen Akel, Mtegna (Me 
tennia) Atif mit Namen. Diefer ſoll fih noch als Verbündeter ven 
Dberyafia anfehen, aber factiih Vaſall von Unteryafiia jein. Kara 
wanenftation zwiſchen Beta und Dara. 

Sug el Had, vulgo einfah „el Sad“, d. h. Sonntagsmarh. 
In nächſter Nähe von Medinet Telez, jo daß cd oft mit dieſem wr: 
wechjelt wird. Größter Markt des Nordoftens von Yafl a und an Sen: 
tagen jebr befucht, übrigens blos ein Hüttendorf. Auch dieſer Ort win 
oft zu Dberyafi'a gerechnet. In Aden hörte ich fogar „el Hard“ ae 


Hauptftadt von Dberyafi a bezeichnen ***), jedenfalls unrichtig, denn an 


mal ift es Feine Stadt und zweitens fteht e8 zu Oberyafi'a in dem— 
jelben mehr traditionellen Verhältniſſe wie Medinet Telez und ijt, eben 
wie letzteres, politiich mehr von Unteryafi'a abhängig. 


*) Habba bei Hamdani Ortichaft des Stammes Anfur. 

**5) Das Wort ift eigentlid) Tbeletd, ein Name, Der von der Zahl „drei at 
geleitet ijt, wahrfceheinlich mit Beziehung auf den „Dritten“ Wochentag (DVienstall 
an dem bier ein Markt abgehalten wurde. 


“r), Selbft Feute, wie der Sultan von Laheg, begingen dieſen Srrttum, a ! 


neuer Beweis, wie wenig man von den Nacbarn eines Landes über dieſes er 
fahren kann und wie nothwendig einheimiſche Informanten, d. h. aus dem enzern 
Gebiete, find. 


| 


Unter: Yafi a. 293 


Sehört nur nominell zu Unter-Vafia, ift factijh unabhängig. Der 
Sultan von Mar nannte mir Teen als einen eigenen kleinen Staat. 
Andere fagten aus, daß es unter den Amir ftehe. Beides kann richtig 
fein, denn die dort wohnenden Gaud, Die ja zu den Amir gehören, 
Dürften auch deren Autorität anerfennen, die Yahirri dagegen unal: 
Hängig jein. 

Bei allen diefen Orten wächſt Kaffee, jedeh nicht in jo aus— 
gedehnten Pflanzungen, wie im öftlidyen Zieflande. - 


C. Schlöjfer. 

Folgende Schlöſſer wurden mir als in Unter-Pafta gelegen Le: 
zeichnet : Hoffn Sſaide, H. Schemi, 9. Amudi (diefe 3 in den glei): 
namigen Stammesgebieten), H. Deref, H. bel Haſan, 9. bu Betr cl 
Ghaleb, H. Mohajfin ben Ali, H. Ghalib "Ali, H. Ad*), H. Zalen, 
H. Beni Raſcham, H. bu Ber abu Kerim. 


D. Politiſches. 


Ahmed Ali el Ghaleb el Afifi, officiell Sultan von Unter-Pafi a, 
gewöhnlich aber nur "Mel (Schedy) von Dara genannt, am beften be- 
fannt unter dem Geſchlechtsnamen „el Afifi,“ von Stamme der 
Kellet oder Beni Dafed, beherrſcht mit Macht und Energie den größten 
Theil von Unter-Yafiſa. Im Südweſten, von Chamfer an, in den 
Senfungen am Wadi Bonna (mit Ausnahme von Teem) und im ganzen 
Hochland ift jeine Macht faft abfolut, d. h. ohne Raye zu fein, ftehen 
die Stämme doch in viel directerer Weiſe unter feiner Herrichaft, als 
Dobayel anderer Gegenden unter ihren Fürften. Er erhebt Steuern, 
den Zehnten von allen Bodenerzeugniffen, von Getreide und Baum: 
wolle nad) dem Maaß, von Kaffee und Tabaf nach dem Gewicht. In 
den Städten diefer Gebiete hält er Heine Garnifonen. In Dara bat 
er zwei, in Chamfer eine Kanone. Viele Evldtruppen, die gelegentlid) 
aufgeboten werden, nicht regelmäßigen Dienft verrichten. Der ganze 
Heerbann foll, wenn aufgeboten, 25,000 Mann betragen. Dody geichieht 
da8 Aufgebot in 5 Claſſen, deren letztere nur im äußerſten Falle heran⸗ 
gezogen werden. 


2) Gewiß ein merfwürdiger Name, der an die Aditen erinnert! 


294 Macht des Sultans von Unter» Yafla. 


Das öftlihe Tiefland, der Kaffeediftrict, iſt zum Theil unabhängig 
unter eigenen Sultanen. Doch aud Bier macht fid der Einſluß dei 
Afifi oft geltend, namentlih da er in religiöfer Beziehung eine 
große Autorität bildet. Teem und das Meſcheki-Land find gan m 
abhängig. 

Mit England find die Beziehungen freundſchaftlich, obgleich bie 
Yafli fehr wenig nad) Aden kommen. Sie find eben fein wand 
luſtiges Voll. Der Afifi befonmt Tein vegelmäßiges Jahrgeld, wohl 
aber faft altjährlid Geldgeſchenke, man fagte mir, felten umder 600 
M. Th. Zhaler. "Mit den Nachbarn hertſcht jept Briebe. Der cs 
zige agreffive Feind, die Fodli, die den Yafli ihre ſchönften Provinzen 
entriffen haben, ſcheinen jetzt durch England zur Ruhe gezwungen i 


E Ju ſtiz. 

Der Afifi übt ein ſtrenges Regiment. In dem ihm unmittelbu 
unterworfenen Gebiet müſſen ſogar viele Dobayel ſich jeiner Juſtz 
fügen, die jedoch allgentein ald eine gerechte und nicht wie die anderm 
Sultane willfürlid) despotiſche bezeichnet wird. In den Etädten werten 
fogar Gebet und Faſten polizeilich eingefchärft; dem Webertreter trift 
Prügelftrafe. Der Afifi hält einen Scharfrihter, einen gewifien Aud 
Mufta, der jedoch nur die Befugniß hat, Dieben die Hände aba 
föpneiden, wofür er jedesmal 5 M. Th. Thaler Vergütung erhält. Dis 
Handabſchneiden findet jhon nah dem erften Diebftahl ftatt. Die 





Unter- Yafi a. 293 


gehört nur nominell zu Unter-Vafia, ift factiich unabhängig. Der 
Sultan von Mar nannte mir Teem ald einen eigenen Fleinen Staat. 
Andere fagten aus, daß ed unter den Amir ftehe. Beides kann richtig 
jein, denn die dort wohnenden Gaud, die ja zu den Amir gehören, 
dürften auch deren Autorität anerkennen, die Yahirri dagegen unab- 
hängig jein. 

Bei allen diefen Drten wächſt Kaffee, jedoch nicht in jo aus— 
gedehnten Pflanzungen, wie im öftlidhen ZTieflande. - 


0. Shlöffer. 

Folgende Schlöffer wurden mir als in Unter-Yafia gelegen be- 
zeichnet : Hoffn Sfaide, H. Schemi, H. Amudi (diefe 3 in den gleich: 
namigen Stammeögebieten), 9. Deref, H. bel Hafan, H. bu Belr cl 
Ghaleb, H. Mohajfin ben Ali, H. Shalib "Ai, H. 'Ad“), H. Salem, 
H. Bent Raſcham, H. bu Behr abu Kerim. 


D. Politiſches. 


Ahmed "Ali el Ghaleb el Afifi, officiell Sultan von Unter⸗-Nafi'a, 
gewöhnlich aber nur Akel (Schech) von Dara genannt, am beften be: 
fannt unter dem Gejchlechtänamen „el Afifi,“ vom Stamme der 
Kellet oder Bent Dafed, beherrſcht mit Macht und Energie den größten 
Theil von Unter-Yafia. Im Südweften, von Chamfer an, in den 
Senkungen am Wadi Bonna (mit Ausnahme von Teem) und im ganzen 
Hochland ift feine Macht faft abfolut, d. h. ohne Raye zu fein, ftehen 
die Stämme doch in viel directerer Weiſe unter feiner Herrichaft, ald 
Dobayel anderer Gegenden unter ihren Fürften. Er erhebt Steuern, 
den Zehnten von allen Bodenerzeugnifjen, von Getreide und Baum- 
wolle nach dem Maaß, von Kaffee und Tabak nach dem Gewidit. In 
den Städten diefer Gebiete hält er Feine Garnijonen. In Dara bat 
er zwei, in Chamfer eine Kanone. Biele Soldtruppen, die gelegentlic) 
aufgeboten werden, nicht regelmäßigen Dienft verrichten. Der ganze 
Heerbann fol, wenn aufgeboten, 25,000 Mann betragen. Doch geichieht 
dad Aufgebot in 5 Glaffen, deren Ießtere nur im äußerften alle heran⸗ 
gezagen werden. 


Gewiß ein merbwürdiger Name, ber an die "Wolken ecnart. 


294 Macht ded Sultans von Inter: Yafla. 


Das öftlihe Tiefland, der Kaffeediftrict, ift zum Theil unabhängig 
unter eigenen Sultanen. Doch auch hier macht fi) der Einfluß des 
Afıft oft geltend, namentlih da er in religiöfer Beziehung eine 
große Autorität bildet. Teem und dad Meſcheki-Land find ganz un: 
abhängig. 

Mit England find die Beziehungen freundfchaftlich, obgleich bie 
Yafli fehr wenig nach Aden kommen. Sie find eben fein wander- 
Iuftiged Voll. Der Afifi befommt fein regelmäßiges Sahrgeld, wohl 
aber faft alljährlich Geldgeſchenke, man ſagte mir, felten unter 600 
M. Th. Thaler. Mit den Nachbarn berricht jetzt Yriede. Der ein 
zige agreffive Feind, die Fodli, die den Yaflt ihre ſchoͤnſten Provinzen 
entrifjen haben, jcheinen jeht durdy England zur Ruhe gezwungen. 


E. Juſtiz. 

Der Afıfi übt ein ftrenged Regiment. In dem ihm unmittelbar 
unterworfenen Gebiet müffen fogar viele Dobayel ſich feiner Juſtiz 
fügen, die jedody allgemein als eine gerechte und nicht wie die anderer 
Sultane willfürlich deöpotifche bezeichnet wird. In den Städten werden 
ſogar Gebet und Faften polizeilich eingejhärft; den Webertreter trift 
Prügelſtrafe. Der Afıft halt einen Scharfrichter, einen gewiſſen Aut 
Mufta, der jedoch nur die Befugniß hat, Dieben die Hände abzu— 
Ichneiden, wofür cr jedegmal 5 M. Th. Thaler Vergütung erhält. Das 
Handabjchneiden findet ſchon nach dem erften Diebftahl ftatt. Die 
Strafe für Mord wird, unter Aufficht der Obrigfeit, von den Ver— 
wandten ded Crmordeten ausgeübt (wie in Marokko). ntflieht der 
Mörder, fo wird fein nächfter Verwandter bingerichte. Die Betheili 
gung der Obrigkeit ıwerhindert fo dad übermäßige Umficdhgreifen der 
Blutradye. Keujchheitsjünden werden jehr ftreng, meift mit dem Zote 
beftraft. 


F. Sottesgeridt. 

Der Afıft ift der berühmtefte „Gottesrichter” und „Keuerriähter' 
diejed Theild von Südarabien. Nicht nur die Nafi'i, fondern alle Nad: 
barvölfer (mit Ausnahme der Fodli, die ihren eigenen Fewerrichter 
haben) verehren ihn in diefer Eigenſchaft und wenden ſich in zweite 
haften Fällen an ihn. Fällt in diefen Ländern ein Mord vor, deſſen 
Thäter nicht durch Yinlinglihe Zeugenausſagen ermittelt ift, fo heißt 


Staat und Gejchichte der Yafli. 297 


C. Politiſches. 

Keine einheitliche Negierung, wie in Unter-Baft a, fein gemeinfamer 
Sultan. Der Akel von Atara, Ali Adler, el Mohagebbi, 
it für den mädhtigften Stammesfürften und wird zumeilen aud) 
jerrfcher von Ober⸗Yafi'a genannt. Ihm gleih an Macht ſoll jedoch 
er Alel von Mofeta, Sfalah, ben Ahmed ed Dhobbi, fein. 
seber der fieben Hauptſtämme bat außerdem feinen Akel, der von den 
nderen unabhängig ift. 

So find die Ober-Nafi i, wenn auch tapfer und Friegsluftig, doch 
urch Zerfplitterung ohnmächtig Cie haben übrigens vom Auslande 
tube, da ihre unwirthſames Hochgebirge feinen Croberer reizt. Mit 
Ingland beftanden bis jegt Feine politifchen Verbindungen. Im Sabre 
871 erwartete man aber Leute aus Ober-Yafia in Aden, die foldye 
nfnüpfen follten. Man wollte wenigftend einen Handelsvertrag zu 
Stande bringen. Die Ober-Vafii verlaffen faft nie ihr Vaterland. 


zZ. Geſchichtliches. 


Die ältefte Geſchichte der Yafıt fällt zufammen mit der der Hi: 
nyaren, zu denen fie unzweifelhaft gehören. 

Im Mittelalter bildete Yafi a mehrere Jahrhunderte hindurdy einen 
Beftandtheil ded Reiches der Imame von Yemen, dem es durch Erobe- 
ung einverleibt wurde. Aus diejer Zeit ftammt ber Srethum, Yafı a 
18 einen Xheil von Yemen zu bezeichnen, was es nur politiſch, nicht 
opographiich war”). Aber die Yafıt wiberftrebten in Allem der Herr: 
haft von Yemen, bejonders da ihnen, ald Schafe, die Religion ber 
Smame, die alle Zaidi waren, in den Tod verhaßt war. Nur fo lange 
ie Macht der Imame auf dem Gipfelpunft ftand, vermodhten diefe 
Yafi a zu halten. Die Epoche der Befreiung Yafıa'd vom Joch ber 
Smame iſt e8 mir nicht gelungen, genau zu ermitteln. Sch habe jedoch) 
len Grund, fie in dad erſte Drittheil des vorigen Iahrhundertd zu 
jerjepen. Zur Zeit von La Grälandiere'd Gefandtichaftsreife (1712) 


*) Der W. Bonna muß ald die Oftgrenze von Süd⸗Yemen angefehen werden. 
zdier tft natürlich nicht vom fogenannten „Venen im weiteren Einne” (ganz Süd. 
abien) die Rede, ein Begriff, der übrigens nur im Behien non Nortüsrsoern \tuen 
ante, in Sübarabien aber unbelannt blieb. 


298 Gefchichtfiches über Yafla. 


war nämlich noch Dhamar bie Haupfftabt der Zatbibynaftie*). Da dies 
fehr nahe bei Vafi'a liegt und das Reich der Imame damals ned 
mächtig war, fo ift wohl kaum zu glauben, daß fie eine rebelliſche 
Provinz in ihrer nächften Nähe geduldet haben würden. Bald darauf 
wurde die Hanptftadt nad) Sfaina verlegt. Als Niebuhr**) diejes ko 
fuchte (1763), Tonnte er dort, wie überhaupt in ganz Yemen, nicht 
einmal etwas Zuverläfftges über Yafl'a erfahren. Der Abfall vom 
Neid) mußte alfo fon vor einem Menfchenalter ftattgefunden haben. 
Nach jeiner Befreiung vom Joch der Imame muß Yafı'a eine Zt 
fang als eine große, ausgebehnte, unabhängige Provinz dageſtanden 
haben. Es umfaßte damals außer Ober: und Unter-Yafi'a nech int 
ganze Rezazland, einen Theil ded Fodlilandes, ganz Abian bis nad 
Laheg und wahrſcheinlich auch noch da Land der Gaud, bie ja im 
Atertfum auch zu den Vai gehörten. Aber es trug den Keim da 
Berfplitterung im feiner Uneinigfeit. Die Fodli vergrößerten ſich im 
Südoſten bereitd im vorigen Jahrhundert. Die Rezaz müffen fid ich 
bald unabhängig gemacht haben, denn ſchon Niebuhr***) ermähnt eine 
Landſchaft Diefed Namens. Da num der Name Nezaz dynaftiſch it 
und erft dadurch auf die Landſchaft überging, daß diefe der RezaDy— 
naftie ihre Befreiung verdankte, fo ift dad Vorkommen deſſelben, ad 
eine Ländernamend, ein beutlicher Beweis, daß die Loßreigung dei 
Rezazlandes von Nafi'a ſchon vor 1763 ftattgefunden haben muß 





Staat und Gejchichte der Yafti. 297 


C. Politiſches. 


Keine einheitliche Negierung, wie in Unter-Yafi a, fein gemeinfamer 
Sultan. Der Akel von Atara, Ali Asler, el Mobagebbi, 
gilt für den mädhtigften Stammedfürften und wird zuweilen auch 
Herricher von Ober⸗Yafi'a genannt. Ihm gleich an Macht fol jedoch 
der Alel von Mofeta, Sfalah, ben Ahmed ed Dhobbi, fein. 
Jeder der fieben Hauptftämme hat außerdem feinen "Afel, der von den 
anderen unabhängig ift. 

So find die Ober-Nafi i, wenn auch tapfer und kriegsluſtig, doch 
duch Zeriplitterung ohnmächtig Cie haben übrigend vom Audlande 
Ruhe, da ihre unwirthſames Hochgebirge feinen roberer reizt. Mit 
England beftanden bis jetzt feine politiichen Verbindungen. Im Jahre 
1871 erwartete man aber Leute aus Ober-Yafia in Aden, die folde 
anfnüpfen follten. Man wollte wenigftend einen Handelsvertrag zu 
Stande bringen. Die Ober-Yafit verlaffen faft nie ihr Vaterland. 


X. Geſchichtliches. 


Die ältefte Gefchichte der Yafiſi fällt zufammen mit der der Hi- 
myaren, zu denen fie unzweifelhaft gehören. 

Sm Mittelalter bildete Yafı a mehrere Sahrhunderte hindurch einen 
Beftandtheil des Meiches der Imame von Yemen, dem es durch Erobe- 
rung einverleibt wurde. Aus diefer Zeit ftammt der Irrthum, Yafi a 
als einen Theil von Yemen zu bezeichnen, was ed nur politiich, nicht 
topographifch war”). Aber die Yafii widerftrebten in Allem der Herr- 
Schaft von Yemen, bejonderd da ihnen, ald Schafei, die Religion ber 
Imame, die alle Zaidi waren, in den Tod verhaßt war. Nur fo lange 
die Macht der Imame auf dem Gipfelpunft ftand, vermochten dieſe 
Yafia zu halten. Die Epoche der Befreiung Yafiſa's vom Joch der 
Imame iſt e8 mir nicht gelungen, genau zu ermitteln. Ich habe jedoch 
allen Grund, fie in dad erfte Drittbeil ded vorigen Sahrhundertd zu 
verjepen. Zur Zeit von La Groͤlandiore's Geſandtſchaftsreiſe (1712) 


*) Der W. Bonna muß ald die Oftgrenze von Süd⸗-Yemen angefehen werben. 
Hier tft natürlich nicht vom fogenannten ‚Yemen im weiteren Einne” (ganz Süd⸗ 
rabien) die Nede, ein Begriff, Der übrigens nur im Gehirn von Norbarabern leben 
fonnte, in Südarabien aber unbekannt blieb. 





Sitten und Gebräuche der Yafl'völfer. 299 


XL Religion, Sitten w f. w. 


Alle Yafri find Schafe i. Zaidi follen im Lande gar nicht ge> 
duldet werden. Beſchneidung beider Geſchlechter am fiebenten Le- 
benstage. 

Kleidung: ſehr einfach, Lendentuch und Kopfbund. In Ober: 
Yafıa wird das Lendentuch ganz klein getragen. Bei ber ſtrengen 
Winterkälte hüllen ſich die Leute in Thierfelle, namentlich Schafhäute, 
Girrem genannt. Gefichtöfchleier bei Frauen unbekannt. 

Getränke: Kaffee wird im ganzen Lande getrunfen und zwar 
der wirkliche Kaffee (Benn*) der Abjud der Bohnen, nicht wie im 
Ziefland der Abjud der Hüljen (Giſcher). Man trinkt aber den 
Kaffee niemals rein, fondern mit Mil). 

Waffen: Die Waffen find diefelben wie bie oben bei den Fodli 
befchriebenen. 

Ein eigener Gebraud), den aber auch einzelne andere Stämme 
haben, tft der, für jeden Getödteten einen feinen goldenen Nagel dem 
Griff der Gembiye einzufügen. Je mehr Nägel, defto größer die Ehre. 
Man fieht ftreng darauf, daß Niemand fich ein foldyes Ehrenzeichen 
unverdient beilegt. Zu jedem Nagel gehören Zeugen. Ich ſah ganz 
junge Yafıi, deren Gembiye ſchon 6 foldher Nägel hatte, Inuter Zeug: 
niffe von Tödtungen, die fie felbft vollbracht hatten. Wer eine ſolche 
Gembiye erbt, muß die Nägel entfernen. Niemand darf ſich mit 
fremden Federn ſchmücken. 


Zo. Spradlide Eigenthümlidfeiten. 


Die oben bei den Diebi erwähnten jpracdhlichen Reminiscenzen des 
alten Sabäiſch⸗Himyariſchen finden wir in noch audgedehnterem Grade 
bei den Yafti erhalten. Doc ift auch ihre Sprache jetzt centralarabiſch 
und die Idiotismen können nur ald provinzielles Beiwerk zu diefem be- 
zeichnet werden. Bon einer eigenen „Sprache“ ift nicht mehr die Rede. 








*) Benn heißt eigentlich Bohnen, QOahwa das Getränk. In Südarabien ſagt 
man aber auch für letzteres Benn. 
»5) Diefe Sitte beſteht bei allen Landbewohnern in den Kofeeiittiiiten Sin 


arahlenä. 


300 Geſichtstyphus der Yaft völfer. 


XI. Phyfiognomifdesn. 


Die Yafiſi haben, wie alle Himyaren, ſchön geformte, edelgebildete 
Züge, entweder gerade oder habichtartige Naſen (nur felten ftumpfe), 
dunfle, feurige Augen, ſchwarzes, ſehr krauſes Haar. Sie find beinahe 
ſchwarz von Hautfarbe. Das Bergflima bleiht aljo die Haut nid. 
Die Schwärze ift eben bimyariih. Sie neigen zur Magerfeit. Ihr 
Bart ift nicht jo jpärlih, wie der der himyariſchen ZTieflandbewohner. 
Ich ſah bei ihnen ziemlich ftarfe Backenbärte, was ſonſt in Arabien 
eine große Seltenheit. Die Alten tragen den Bart „en Collier“ md 
wenn diefer weiß ift, nehmen ſich ihre ſchwarzen Gefichter dabei wirklich 
ein bischen pavianartig aus. Die jungen Männer find oft von großer 
Schönheit. rauen ſah ich feine. Sie verlaffen nie ihr Land. 


Neunted Gapitel. 


Rezaz. 





X. Same. — I. Geographiſche Yage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. -- 

V. Wadie. — VI Klima und Bodenerzeugniſſe. — VE. Mineralquelle. — 

VIII. Stämme. — IX. Städte und Ortichaften. — X. Politifches. — XI. Juſtiz. 
— XII. Blutrache. — XIII. Sitten, Religion u. f. w. — XIV. Parias. 


I Name. 


Der Name Nezaz tft dynaftiich und wahrfcheinlich neuer, als andere 
dynaſtiſche Namen, wie Fodli und Aulaqi, etwa ein Zahrbundert alt. 
Vorher wußte Niemand etwas von einem Volke ,‚Rezaz.“ Das Bolt 
ift genenloyifch ein Theil der Yafii, und hat feinen heutigen Nanıen 
von Ba Dmm Rezaz, dem Sriegöführer, welcher feinen Befreiungs— 
fampf gegen Yafiſa anführte und in der Schlacht bei el Orr Lefiegelte. 
Da feine Dynaftie feitdem herrſchte, jo erhielt Volk und Land von 
ihr den Namen”), wie die in neuerer Zeit in Südarabien oft 
vorlam. 


DL Geographifche Rage. 


Wir müfjen hier zwei topographiiche Gruppen unterſcheiden, näm- 
li) den Hauptftod des Landes, der fih im ganzen Norden ven Yafla 


*) Mir jchen fomit in Arabien ganz etwas Aehnliches, wie in Teutjchland. 
Auch wir haben Ländernamen, wie Baden, Würtemberg, Die ausjchliehlid dyna— 
jtifh find, daneben ſolche von Volkeſtämmen wie Sachſen, Baiern, die jept 
nur noch Theilen der Länder geneben werden, Die ſie urlprungiikh true, DU, 
wie Der Rame Yafta. 


Flußthäler im Rezazlande, 303 


v Wadis. 


Ale Wadis des Nezazlandes liegen ſchon nördlic der Waſſerſcheide 
und fließen dem großen Binnenlande, Gof (Djauf), zu. Die von dem 
Kor nordwärtd fließenden Waffer vereinigen ſich im Nordoft des Ne- 
zazlanded mit den nördlichen Abflüffen der Yafı berge, und außerdem 
nehmen erftere auch noch einen Theil des weftlichen Abfluffes der Au— 
Ingiberge (Sarw Madhig) auf. Alle dieje drei Abflüffe bilden hier nur 
ein einziges Syftem. 

Bom Kor fommen folgende Wadis: 

W. Thamat, fließt an Beda, amNordfuß ded Kor, vorbei, von 
Süd nad) Nord über Behan ed Dola nah) Behan el Gezab, lepteres 
Ihon außerhalb des Rezazlandes. 

W. Beraike, vom Kor fommend, flieht gleichfalld in der Nähe von 
Beda vorbei, eine Zeitlang dem W. Thamat parallel und vereinigt ſich 
dann mit ihm. 

W. Medheq, flieht durch dad Stammeögebiet der Azan, vereinigt 
ih im Dften mit dem W. Thamat. 

W. Omm GChalif, von dem nordöftliden Abhange der Kor, 
nimmt im Weſten den W. Hauwir auf und fließt in den W. Thamat. 

Bom Aulagi-Hodhland kommt: 

W. Mesware, kommt vom DOften, fließt nad Nordweit am 
Schloß Medware vorbei und nad) Behan ed Dola in den W. Thamat. 

Bon den Yafi bergen kommen: 

W. Radman oder Melagem, kommt aud Melagem an dem 
norböftlichen Abfall des Sarw Himyar, fließt nad Oftnordoft in den 
RW. Thamat, mit dem er fi jedoch erft im Tiefland Gezab vereinigt. 

W. Yella, entipringt im Nordweften der Yafı berge, fließt nord- 
öftlich und vereinigt ſich gleichfalls erft in Gezab mit dem W. Thamat. 

Es ift wahricheinlih, dab der W. Thamat in feinen Tieflauf einen 
anderen Namen, etwa W. Behan oder W. el Gezab, führt, dody habe 
ich ihn nicht in Erfahrung gebradit. 


vL Klima und Bodenerzeugniffe 


Die meteorologiihen Berhältniffe find günftig, indem das ganze 
Land in der Zone der tropifchen Sommerregen liegt. Demungenchtet 


erbad im Rezazlande. 





Je Striche ver, ſe z. B. am Tel 
Sbebbet el Gu an (Hungerwüfte) zenanm, 
em bis gegen Behan el Gezab hinich: 
außerhalb (im Norden) des Rezazlantı: 
nat dagegen, um Behan cd Dola, it an 
bereits Hamdani erwähnt. Hier watn 














am Norbabhange Des Kor, ift fait nee 

Dbitarten, Wein, Feigen, Granaten, ui 
zacit vielfad eine Sinapusart, Chart. 
den gewöhnlichen Gebrauch genemm 
bat. Der nördliche Abhanz 
Zeeland. Im den höheren Gezendia 
den mittleren Durra, Meiemeli — 
#%x, Kaat, Baumwolle fehlen. 




















“2. Mineralquelle. 





Beihreibung nad ſchwefelhaltig, 
der Sad, umweit der Weitgren; 
zer nächſten Näbe ſcheint eine kalte zu 
> air Die Erzählung der Araber zuiammenteimer 
zauen, es flöffe bier aus einer und 











der 





Stämme der Rezaz. 305 


huſchte. Der Bettler lief ihr nah. Ploͤtzlich fchlüpfte fie in eine 
Felswand hinein und der Bettler jah fie nicht mehr. Aber aus dem 
Spalt, den ihr Hineinjchlüpfen geichaffen, floß die heiße Duelle. Der 
Ruf derfelben drang bald durch's ganze Land. Der Bettler wurde ihr 
Eigenthümer und Wächter und ald folder von allen Badenden reichlich 
belohnt. Die Schlange war Mia ud, der Ginn der Quelle. 

Tept ift die Duelle Gemeinygut. Zum Andenken an dad Wunder 
verjammeln fich jährlih im Monat Regeb viele Tauſend Araber bier 
und bleiben mehrere Tage. ine längere Badecur findet man nicht 
für nöthig. Die Reife dahin wird ganz wie eine Siara (Wallfahrt) 
behandelt. Hier werden auch dann die Stammedangelegenheiten ges 
regelt und Feſte abgehalten. 


vIo Stämme. 


Shrem Urſprunge nad find die Rezaz Yafii, aljo unzweifelhaft 
Himyaren. Sept zerfallen fie in folgende Unterſtämme: 

1. Azan*), ein ſehr großer Stamm, deſſen Gebiet von Beda 
aus ſich eine Tagereiſe nah Nordoft erftredt. 

2. Omr, eine kleine Tagereiſe nordweftlich von Bern, 

3. Dobban, in und um Beda. 

4. Hamelan, eine Tleine Tagereiſe wetlid von Beda gegen 
Yafı'a zu. 

5. Melfi, bei Medware, eine Tagereiſe im Nordnordoſt von 
Beda. 

6. Hat, an der Grenze von Yafia, eine Meine Tagereiſe weſtlich 
von den Hamelan. 

7. Ahl Begga, der mädtigfte Stamm, wohnt im ganzen 
Ziefland von Behan ed Dola am W. Thamat. 

8 Ahl Heſcham, in Taft, einen halben Tag nordweſtlich von 
den Om. 

9. Melagem, in Radman, weſtlich von Taft, jüdweltli von 
Behan ed Dola, nordweftlich von Beda, nordöftlid von Yafı a. 


*) Hamdani erwähnt den Yafl'ftamm Adan in el ‘Orr, welches bier ganz 
nabe liegt. Da er die diatritifchen Punkte oft wegläßt, fo ift wahrſcheinlich Adzan 
(mit dzal) zu leſen und die füdarabijche Ausſprache iſt für dz (dzal) oft wie 3 
(gain). 

v. Maltzan, Meiie nah Eüdarabien. 20 


306 Stämme und Städte der Rezaz. 


10. Suad, aub Si’ud genannt im Blad ed Sad und 
Mia’ide, direet im Norden von Yafia, ', Tag weftlih von Radman 
und 11%, Tag öftlih von ®efe, im Flußgebiet des W. Yelln. 

11. Ahl Hofain, wohnen zwilhen der Weftgrenze und den 
Suad, einen Tag öftlich von Gefe, !, Tag weitlih von Mſa'ide, am 
W. Nekla. 

12. Bazir, wohnen an der Weſtgrenze zwiſchen Gefe und den 
Ahl Hoſain, noͤrdlich von ihnen beginnt das Gebiet der Murad 
und Ans. 


IX. Städte und Ortſchaften. 


Behan (Baihaan) ed Dola, d.h. das Behan des Herrichers, weil 
ed die Hauptftadt iſt. Man fept immer ed Dola dazu, weil unter Behm 
ichlechtweg oft dad Behan el Gezab, dad zwei Tagereiſen nördlicher 
liegt, verftanden wird. Obgleich Hauptitadt, fo hat doch Behan Feine 
eigentlich ftädtifche, d. bh. bürgerliche, handeld- und dewerböbeflifjene Be 
völferung. Die Bewohner find alle Dobayel (freie Stämme) vom 
Gefchlecht der Ahl Begga und verachten jede bürgerliche Beichäftigung 
In Folge davon wenig Handel, unbedeutender Markt. Etwa 200 
Einwohner. Juden werden bier gar nidyt geduldet. Großes Schloß 
genannt Hoffn Hofain Rezaz. Hier find, wie faft überall im ZTieflande, 
die Gebäude nicht mehr von Stein, fondern von Luftziegeln. Der 
Sultan, obgleich) Behan feine offictelle Nefidenz ift, wohnt gewöhnlich in 

Mesware; großed Schloß ded Sultans und Nefidenz, genannt 
Hoſſn Mesware, am Wadi gleichen Namens, eine Feine Tagereiſe ſüd— 
Öftlih von Behan cd Dola und eine Tagereife nordöftlich von Beda. 
Sehr kleine Stadt, befteht eigentlih nur aus fünf Regierungsſchlöſſern 
Hier ift dad Steueramt für alle Karawanen, welche dad Land der 
Rezaz durchziehen. Die Salzfarawanen von Chabt, die nach Welten 
gehen, müſſen bier vorbei und Steuer entrichten. 

Beda (Baidhaa), größte Stadt im Lande und einzige Hanbdelgftadt, 
einziger Ort, der eine bürgerliche Bevölkerung befibt, wird auch der , Bander 
(Handeldemporiun) genannt. Liegt am Nordweitfuß des G Kor, zwiſchen 
W. Thamat und Beraife, in frucdhtbarer, baumreiher Gegend. Di 
Einwohnerzahl wird auf 2000 Seelen geſchätzt. Darunter find and 
Juden, aber jehr wenige, faum 30 Seelen. Biele zugemwandere 


308 Rechtspflege im Kunde der Rezaz. 


fih wie ein gemeine Mann, d. b. blos mit dem Lendentuch. Auf 
dem Haupte trägt er, wie faft alle füdarabiichen Fürften, den Dismal, 
indischen Zurban. Wenn er auögeht, hält er eine Lanze als Amtözeichen 
in der Hand. 


ZL Juſtiz. 


Der Sultan fann blos die Bewohner von Beda richten. Seine 
Zuftiz ift lange nicht fo ftreng, wie die anderer Fürften. Diebe er: 
halten blos Prügel, einige zwanzig Hiebe. Diejelbe Strafe für Keuik: 
heitsfünden. Handabhauen ift unbefannt. Ehebrecher dürfen nur ven 
den Verwandten des beleidigten Mannes getüdtet werden. Bei Mert 
wird die Hinrichtung von des Getödteten Berwandten, unter Auffict 
der Regierung, vollzogen. Gefängniß für Hleinere Vergehen. 


Gotteögericht wird im Lande felbft nicht ausgeübt. Man gebt nad 


Dara, un fi Rath zu bolen. 


Zu. Blutrade 


In die Sriminalangelegenheiten der Dobayel darf fi der Eultın 
nicht miſchen. Hier bleibt Alles der erblihen Blutrache überlaffen, di 
oft in Schaudererregender Weile um ſich greift. Meiſt zieht jede Blut 
that eine ganze Neihe von Morden nach fich, beionderd da es ke: 
ipiellos ift, daß Jemand die Dive (dad Blutgeld) nähne Die Em 
zigen, denen ed manchmal gelingt, dem Blutvergießen Einhalt zu tbur. 
find die Scherife. Sie kommen uneingeladen ald Friedensitifter in die 
Dörfer. Voran Ichreitet ein ZTromniler, dann der Träger der beiligr 
Fahne, darauf kommt der alte Scherif mit jeinen Söhnen, Brüdern !. 
Die Ehrfurdt, die jeder Sunnite vor den Scherifen hat, nöthigt die 
Leute, fie gut aufzunehmen und auch Dazu, während deren Anweſen— 
beit die Blutfehde ruhen zu laflen. Dadurch ift ſchon etwas gewonnen 
Nun quartiert fih aber der Echerif beim Stammeshäuptling ein m 
jet ihm täglich jo viel mit Predigten, Sprüchen, Ermahnungen zu 
bi er endlih das Verſprechen erlangt, die Fehde für eine Zeitlan 
ruhen zu laſſen. Gewöhnlich ftrauben ſich die Araber mit Hände 
und Füßen gegen den Frieden. Den Dobayel gilt der Frieden imma 
für halb und halb unehrenhaft; darum gelingt e8 auch den Scherifa 
meift nur, einen Waffenftilftand herbeizuführen. Un die Dauer der 


Geſchichte, Sitten und Gebräuche der Rezaz. 809 


jelben ſoll oft förmlich gefeiljcht werden. Der Scherif will einen langen, 
die Dobayel nur einen ehr kurzen. Endlich, wenn ber Scherif das 
Mögliche erlangt hat, läßt er fi) Alles feierlich beſchwören. 


ZOI Geſchichtliches. 


Die Rezaz find ein yanz neues Volk. Bis etwa 1750 theilten 
fie das Schicfal ihrer Stammesgenoffen, der Yafı'i. Seit fie fi von - 
dieſen losgeriſſen, ſcheinen fie immer in Frieden mit ihnen gelebt zu 
haben. Sie find übrigens den Oberyafi i fehr an Macht überlegen. 
Auch mit den anderen Nachbarn haben fie Frieden, obgleich fie die 
Ans und Murad, ihre nördlichen Nachbarn, tödtlic) haſſen. Aber 
ed fommt doch felten weiter, ald zu Blutfehden zwiichen den Grenz⸗ 
ftämmen. 


XIV. Sitten, Religion u. f. w. 


In der Religion unterfeiden ſich die Rezaz in Nichtd von den 
Yafı i. 

Die Männertraht ift auch bier das befannte Minimum. Die 
Frauen tragen Hemd und ein dunfelblaues Umfchlagetuch, das fie, wenn 
fie Männern begegnen, jo über'8 Geficht halten, daß nur ein Auge 
fichtbar wird. Das Haar hängt tief in die Stirn. 


XV. Parias. 


Die Parias, alle von der weniger verachteten Abtheilung, führen 
Namen nad) ihren Gewerben: Charrad (Drechsler), Doſchan (Straßen- 
fänger), Haddad (Schmied). Dad Schmiedehandwerf, ſehr verachtet, 
-ift fonft in Händen der Juden. Da ed bier.wenige giebt, jo müſſen 
die Dariad ed audüben. 


Zehntes Capitel. 
Gezab. 


I. Name. — O. Geographiſche Rage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Wadis. — VI Flußſyſteme. — VI. Klima und Bodenerzeugnifle — 
VII. Stämme. — IX. Ortſchaften. — X. Politifchee. 


I. Rame. 


Gezab ift ein uralter Ländername, der ſchon bei Hamdani ver: 
fommt, wenn auch etwas anderd vocalifirt*). Aber die Befchreibung 
der Lage fcheint hierher zu pafjen. 


I. Geographiſche Lage. 


Mie weit fi) Gezab nad) Norden, Nordoften und Nordweten 
ausdehnt, konnte ich nicht in Erfahrung bringen, da diefe Landicaft 
ſchon gänzlich außerhalb des Anziehungögebietd von Aden liegt und, 
wie man mir ſagte, niemals ein Bewohner deſſelben nach Aden gekommen 
iſt, ſeit dieſes den Engländern gehört. Der ſüdliche Theil von Gezeb 
liegt ungefähr zwiſchen 45° 50° und 46° 20° öftl. Länge von Gr. un 
zwifchen 14° 50° oder 15° und 15° 30' nördl. Breite. 


*) Er fchreibt Gozaib oder Gezib. Da die diakritifchen Punkte fehlen, ſo 
kann freilich auch Gerib gelefen werden. Wühte man, wo der Ort Haffa, tm 
Hamdani nahe dabei angiebt, läge, fo würde dies alle Zweifel zerftören. Akt 
von einem Haſſa konnte ih wide erkaten. 


312 Das Land Gezab. 


Er jagt: 

1. Der Kor bewäfjert im Süden Datina. 

2. Der Sarw Madhig bemäflert Gerdan und Mara, feine füt: 
lichen Ausläufer Datina. 

3. Radman (d. h. die Landichaft, ein Theil des Sarw Himyarı 
bewäffert Behan. (Welches Behan iſt nicht gejagt.) 

4. Der Gebel Dern bewäffert Haſſa und Gozaib (Gezab). 

Alles dies trifft zu, wie wir oben bei Datina, beim Aulaqi un 
Rezazlande gefehen haben. Hamdani weiß nicht, daß Behan außer von 
Radman (Abhang der Yafi berge, des Sarw Himyar) auch vom Ker 
bewäſſert wird. Nun wird Behan el Gezab aber jedenfalld auch vom 
Gebel Dern bewäflert, fo daß bier drei Flußſyſteme zujammentreffen 


VD Klima und Bodenerzeugniffe. 


Das Land empfängt die tropischen Sommerregen, ift aljo überal 
da fruchtbar, wo der Boden nicht eine abfolute Wüſte ift, wie am 
Tieflaufe des W. Radman, den die Wüfte Chobbet el Guaan faft is 
zu feiner Bereinigung mit dem W. Thamat begleitet. Das Tiefland 
von Behan el Gezab ſoll fruchtbar an Datteln, Baumwolle, Indize 
fein; die weftlichen Abhänge des Gebel Dern ſollen Obftbäume tragen 


VID Stimme. 


Der herrſchende Stamm in Gezab follen die Moſſabein iem 
welche in früheren Zeiten Beni Harith geheißen hätten. Da bier feme 
Himyaren mehr wohnen (die Rezaz find auf diejer Seite die füdlichftn 
Himyaren), jo dürften wir in diejen Beni Harith*) vielleicht den befannten 
Kindaftanım vermuthen. Einer der Unterftämme der Moffabein wurk 
mir ald Tobban genannt. Er wohnt in Behan el Gezab und Um 
gegend. Der ©. Dern, fo hieß es, jei von einem Stamme von Te 
rawiſch oder Meſchaich (Hetligenföhnen) Namens Hayat bewohnt. 


*) Die B. Harith waren Nachkommen ded Moawiya ben Kinda. Ga ya 
verichiedene Abtheilungen, alle von Harith ben Mo'awiya ftammend. 1) Die Abi 
b. Harith. 2) Die B. Rayiſch b. el Harith. 3) Died. Moſawiya b. cl Haritk 
4) Die Badda b. el Harith. Außerdem werden noch Bent Haritha genannt. Die 
Kinda wohnten zwar vorzugsmwelfe in Hadramant, aber fie dehnten fich doch arh 
in der Gegend der Modhig und iii nom Gnt ud, 


RE, etp 22 agereiſen 
ind €; Alel 

em Binnenlande el Bor 

Nichte, 


a, 
ur ef Akel haben, der 
ner ſollen lle Oobayel ſein 
d ſicher verſchiedener Abſtam⸗ 
r Sonfeff „d. h Jaidi, denn 
ME einem aß un einer N 
Anatismu ſie zu 


315 


itzungen 


„x vulkaniſche 
liegt, gehört 
verkauft haben. 
a ebenen oder ge— 


ı durchzieht das kleine 
un (jetzt engliſch) in's 


rzeugniſſe. 


nur ſelten bis hierher, da Die 

ung ihrer Felder aufbraudhen. 

ı tim Innern den Fluß ſchwellen, 

ce Waffermenge das Flußbett hinak, 

unen und wird fo gut wie gar nicht 

sat es felbft feine tropiſchen Regen, 

In Winterregen angewieſen, Die manch⸗ 

: ihrer alten Erbfeindſchaft gegen Laheg 

e böjer Willen in jener Flußaufſtauung 
rverbrauchen, das fie den Abadel zur Laſt 

ur, um ihnen dad Waſſer abzuzichen. Man 

ı denen der W. Tobban aud) zur Bewäſſerung 
ich benugt wurde, aber man vergißt, daß eben 
erbältniß zu Laheg ein anderes war und daß 
en eine Wohlthat zukommen läßt, aber Niemand 
;, jeinen Seinden etwas zu überlafjen, was er 
Jene „älteren Zeiten” müffen übrigens in 
erden, denn fchon feit Sahrhunderten find beide 


affermangel& find die Proaducte (eye put, sr 
t, Durra, etwas Weizen, Dommpalııen. Br 





eo 


316 Steppennatur der Tiefländer. 


fehlen. — Mit Trinkwaffer ift es auch ſehr ſchlecht beftellt Die Brummen 
find brakiſch. Keine Quellen. — 

Dennoch iſt das ebene Land keineswegs öde. Auf einem Ritt, den 
ich durch daſſelbe machte, ftaunte ich über die Fülle wilden üppigen 
Strauchwerks, dad den Boden bededte: Ricinus, Jasmin, wilder % 
wendel, verjchiedene Mimofjenarten, wie Sayal, Semur, die oft be 
trächtlihe Höhe erreichten, der nie fehlende Nebefbaum, die eben Is 
ſchöne ald unnütze Dompalme (die nichts als ein ſchlechtes gegohrenel 
Getränf und Strohmatten zu liefern vermag), die Pavetta longifolis 
(nod das nützlichſte von Allem, da feine Zweige die befannten arabiiden 
Zahnhölzer, welche zugleih Zahnſtocher und Zahnbürfte und fihr 
unferen Bürften vorzuziehen find, liefern); endlid eine charakteriftiice 
wirklich die Landſchaft zierende Pflanze, der Giftftrauh „DOfchr’ mi 
feinen fchönen großen Blüthen und feiner maljenhaft aus den Steam 
hervorquillenden weißen Milch. Forskal nennt den Oſcher Asclepis 
procera. Aus feiner Milch, fo wurde mir erzählt, ſoll fich, obgleich ſe 
giftig ift, doch ein geniekbared Salzmehl abfondern laffen, ähnlid me 
die Tapioka, die ja befanntlic auch das Product einer Giftpflanze (M 
Brafilien heimiſch) ift. Ich möchte dies jedoch bezweifeln. 

VO. Ortſchaften. 

Hauptftadt: Bir Ahmed, ift der einzige nennenswerthe & 
im ganzen Gebiet, Sit ded Sultans. Kleiner Bafar mit Läden, N | 
faft immer halbgeichloffen find. Wochenmarkt. Etwa 30 Häufer, werte | 
dad Schloß des Sultans, ftattliches Gebäude mit 4 Stockwerken, 4 geht | 
Eckthürmen, Terraffen und Zinnen, jedoch nur winzig Meinen Aenftm, 
mit Holzſchnitzwerk verfehen. Alle Bauten von Euftziegeln, ehne : 
ftrich. Außerdem befteht nody ein Gewirre von Stroh- und Sit | 
Hütten, in denen Beduinen und Fremde wohnen. Außer den mr 
borenen Einwohnern, etwa 200 an der Zahl, giebt es hier noch ex 
ziemlich zahlreiche und buntgemijchte flottante Bevölkerung, aus ala 
moslimifchen Elementen, die das nahe Aden beherbergt, fich ern: 
oftindifche Moslems, Hadramauter (diefe Kaufleute Arabiens), Somm' 
(Subäthiopier von der Berbera-Küfte), wirkliche Neger, Suben; ih 
jogar einen Chinefen. 


VOLL Der Sultan der Agareb und fein Hof. 
“Abd Allah ihn Herten, der Sultan der Aqareb, oder wie a P 





Der Agrabi-Sultan und fein Hof. 817 


woͤhnlich genannt wird, der Schech von Bir Ahmed, ift ein ſchwächlich 
auöjehender Mann von etwa 50 Fahren, beinahe ganz fchwarz, faft 
bartlo3, mittelgroß, mager und verfallen. Bei einem Beſuch, den ic) 
ihm im Frühjahr 1871 machte, empfing er mid, in einem niedrigen 
Schuppen, in weldem er in Mitte feiner Brüder und Bettern jap. 
Alle waren bi8 auf das Lendentuch nadt, trugen aber fürchterlich große 
Gembiye (Dolchmeljer), jogar einige ganz junge Knaben. Dem Sultan 
wurde ganz diejelbe, feine höhere Ehrenbezeugung eriwielen, wie feinen 
Brüdern, die dicht neben ihm fahen. 

Jeder Eintretende küßte nämlich dem Sultan die Sand, aber diefer 
ließ fie fich nicht vornehm küſſen, jondern hielt die Hand, welche die 
feinige zum Munde geführt bitte, feft und machte Miene, fie gleichfalls 
küſſen zu wollen, ja einigen alten Männern gegenüber ließ er es nicht 
bei der Miene. Alleö died zu wiederholten Malen und mit anfcheinend 
großer Herzlichkeit. 

Ganz daffelbe Geremoniell fand den Brüdern des Sultans gegenüber 
ftatt. Seine Unwiſſenheit in Bezug auf europäiſche Dinge war groß, 
ja jelbft von Arabien jchien er nichts zu kennen als Aden, auch diefes 
faum. Bon Europa's Völfern kannte er nur die Engländer. Bon den 
Franzoſen hatte er gehört und bielt alle Nicht- Engländer für ſolche, jo 
auch mich. Dbgleich ich ihm meine Eigenſchaft ald Deuticher mehrmald 
auseinandergejegt hatte, verrieth jein Gejprädy doch immer wieder, daß 
er mic für einen Franzoſen bielt, ja er machte fogar einige für letztere 
fchmeichelhafte Bemerkungen, in der Meinung, mir zu gefallen, was bei 
dem damals zwilchen und und Frankreich noch herrichenden Kriege fehr 
komiſch heraudfam. 


Er ſchien gar nicht begreifen zu können, warum ich ihn bejuche, 
vermuthete irgend einen politiihen Zwed und wartete geipannt auf die 
Enthüllung des Geheimniffed. In Bezug auf alle Fragen, die ich über 
fein Land that, war er jehr zugefnöpftl. Merfwürdig war mir aud), 
daß einer feiner Unterthanen wußte oder wiljen wollte, daß der Eultan 
engliicher Penſionär ift. In Aden fällt es Niemandem ein, hieraus ein Ge- 
heimniß zu machen, da ed offentundig ift, daß alle Heinen ſüdarabiſchen 
Fürften Penjionen von England beziehen, und Niemand erblidt darin 
etwas, deſſen ſich diefe Fürften Ichämen müſſen, da nach arabiichen Be⸗ 
griffen nicht der Empfänger, jondern der Zahler, den man gern mit 


318 Sultan und Regierung ber Agareb. 


einem Tributpflichtigen verwechſelt, ſich eines ſolchen Berhätinifiet ze 
fhämen braucht. Hier aber fand ich es umgefehrt. 

Komiſch war auch, daß diefer nur zwei Schritte von einer englichen 
Stadt wohnende Fürſt nie in feinem Leben eine Cigarre gefehen hai, 
fo daß eine von mir angezündete ſprachloſes Erftaumen und Radfrage; 
was dad Wunderbing fei, hervorrief. Man hielt es allgemein für 
Haſchiſch, von welchem betäubenden Kraut man bier gehört hatte, dab 
aber Niemand fannte. Man raucht hier, wie in ganz Sädarchicn 
nur die Wafferpfeife (Nargileh). Auch im Empfangszimmer bes Suliust 
ftanden mehrere, gefüllt und angezündet, und machten die Runde. Ice 
that ein paar Züge und überließ die Pfeife dann feinem Nahber 
Auf einem Kohlenbeden, im Winkel des Zimmers, ftand ein große 
Kaffeetopf, gefüllt mit Gifchr, dem Abfud ber Kaffeehülfen, welden man 
bier, im heißen Tiefland, dem für zu erhiend, ja für fieberergengenb 
gehaltenen Abſud der Bohnen vorzieht. Davon wurde ſtets in rei 
licher Menge herumgereicht. Jeder Anweſende trank wenigftens vier 
Taſſen. Mander Südaraber fol täglih am dreißig Taſſen ide 
leeren, was ihn gleihwohl nicht ruinirt, denn die Hülfen, die nicht @ 
portirt werden fönnen, find fpottbilig. 


IX. Regierung. 


Die Regierung ift durchaus patriarchaliſch und wird vom Galtn | 


in innigem Einverſtändniß mit feinen Brüdern und Vettern, ja ale 





Politit und Rechtspflege der Aqareb. 819 


da dieler gleichfalld einen ZoU für die fein Gebiet durchziehenden Waaren 
erhebt, fo juchte er natürlich jene Stämme zu beftimmen, die Karawanen 
abzulenken, und fie ftatt den näheren Weg über Bir Ahmed den weiteren 
über Laheg nehmen zu laflen; einen Gefallen, welchen ihm viele diefer 
Stämme audy getban haben, fo daß nun der Zoll nicht weniger Waaren, 
ftatt in die Kaffe von Bir Ahmed, in diejenige von Laheg wandert. 

Gern würden die Aqareb ſich dem widerjegen, aber, ganz abgejehen 
davon, daß England nicht den Krieg zwilchen zwei ihm gleich befreun- 
beten, wenn auch untereinander verfeindeten Stämmen geftattet, jo tft 
auch die Ohnmacht des Heinen "Agareb-Stanted zu groß, um jet, ba 
die einftigen Verbündeten ihn im Stich laſſen, noch etwas gegen Laheg 
unternehmen zu Tönnen. 

Der Sultan hat einige dreißig Soldaten, von denen etwa ein 
Drittheil Neitlameele, die anderen nur gewöhnliche Kameele haben. 
Shnen giebt er nur die Naturalverpflegung, feinen Sold. Sie gehen 
gleichfalls bis auf das Lendentuch nadt, haben aber oft fehr Foftbare 
Waffen, die ganz den oben bei den Fodli befchriebenen gleichen. Im 
ganzen Ländchen ift Niemand, der ein Pferd fein eigen nennt. 


X. Juſtiz. 


Alle "Agareb fcheinen im Verhältnig von Naye zum Sultan zu 
fteben; aber dies Verhältniß führt bier nicht zum Despotismus. Da 
die Aqareb faft alle miteinander, ja felbft mit dem Fürftenhaufe ver⸗ 
wandt- find, fo jcheut fich der Sultan, Jemandem eine etliche Strafe 
aufzuerlegen. Seit Menjchengedenfen ift feine Hinrichtung vorgefommen. 
Auf Diebftahl fteht zwar die Strafe des Handabhauend, dem Doran 
gemäß, kommt aber nie zur Ausführung. Kleine Diebe jperrt man 
ein, d. b. man läßt fie mit gefeflelten Beinen frei in einem großen 
Hofe berumgehen. Unverbefjerliche Diebe jucht man fi) auf gütlichem 
Wege vom Halfe zu fchaffen, indem man ihnen Gelegenheit giebt, nad) 
Aden zu entwijchen, und fie bleiben dann ftillidhweigend verbannt. 


XL Sitten, Religion u. f. w. 
Alle "Agareb find orthodore Schafei und haben ganz biejelben 
eligidjen Gebräuche, wie die Fodli, Auwaliq, Yafit. 
Ihre Kleidung ift auch die jener Völker. Nur bequemen fich die 


Geſchichte des Agrebiftammes. 32] 


XII Geſchichtliches. 


Der Stamm ber Aqareb ſcheint ſchon in alter Zeit dieſelbe Gegend 
wohnt zu haben. 

Unter dem Namen Bent Harith erwähnt fie Hamdani, aber er kennt 
reits ihren heutigen und fept hinzu: „Die Beni Harith, das find Die 
qareb.“ Es ift nicht daran zu denken, in dieſen B. Harith den 
schnamigen Kinda-Stamm zu ſuchen. Die Agareb find fo unzweifel- 
ft Himyaren, wie Yafi'i, Sjobehi u. |. w. Man braucht fie nur an- 
jeben, um befjen gewiß zu fein. Der Wohnſitz, den Hamdani ihnen 
weit, iſt faft genau der heutige. Nur fcheinen fie früher einen weiteren 
ezirk innegehabt zu haben, wahrſcheinlich weil fie bedeutender, zahl: 
cher und mächtiger waren, als jept. 

Die erften Reiſenden, weldye von den Aqareb hericdhteten, waren 
e Officiere der englischen Küftenaufnahme von 1833, Gruttenden und 
rieve, die von ihnen als einem „ſchönen, kriegeriſchen Menſchenſchlag,“ 
wma 600 Mann ftark, die in allen Kriegen der Küftenaraber eine 
olle fpielen, obgleich fie nur ein Gebiet von 2 Dundratmeilen ein- 
ihmen, erzählten. Damals beſaßen fie noch den Gebel Hafan und 
e oͤſtliche Küfte der Towayi- Bucht, hatten fogar einen fleinen See⸗ 
fen, nahe an den fogenannten „Ejeldchren” (zwei zuderhutfärmigen 
eſſenſpitzen, Ausläufer des G. Haſan) und trieben etwas Handel. Seit 
a Aufihiwung von Aden wurde ihr Handel, wie ber aller kleinen 
ftenorte diefer Gegend, durch die Eoncurrenz des neu aufblühenden 
mporiumd gänzlich erdrüdt, und da fie feinen Vortheil mehr aus 
mem Tleinen Hafenort zogen, fo gingen fie auf dad Anerbieten Englands 
nn, ihm den Gebel Hafan, ſowie ihr ganzes weltliche Küftenland zu 
srfaufen. Der Kaufvertrag kam im Sahre 1868 für die Eumme von 
0,000 Maria⸗Thereſien⸗-Thalern (44,000 preuß. Thlr.) zu Stande. 
moland zieht aus diefem Gefchäft feinen anderen Vortheil, ala den, 
a es nicht mehr Gefahr läuft, einen Theil der trefflihen Towayi— 
Sucht, der Rhede von Aden, in die Hände einer anderen Seemacdht über- 
eben zu ſehen; denn nichts hätte Die Aqareb verhindern können, diefen 
Naftenftrich einer anderen Macht, etwa Frankreich (welches wirklich um 
ene Zeit darauf fann, einen arabiichen Hafen anzufaufen, unh dies 
Infinnen audy bald darauf durdy die Erwerkung vn Sich St ei 


». Halyan, Belle nah Sñbarablen. 2\ 


Letzter Krieg des Aqrebiſtammes. 323 


ei es Unvermögenheit, der Sultan weigerte ſich zu zahlen. Darüber 
oͤſte ſich ihr Bündniß auf, die Auwaliq zogen heim und ließen die 
Wbadel zwei Feinden, den Aqareb und Fodli, gegenüber, welchen 
'esteren fie nicht gewachfen waren. So ward der Sultan von Lahen 
enöthigt, die Belagerung aufzuheben und Waffenſtillſtand eintreten zu 
fen. Seitdem legt die Uebermacht Englands den beiderjeitigen Feind— 
ligkeiten Stilihweigen auf. Zu einem offenen Kriege darf es nicht 
sehr fommen, aber an Blutfehden, Privatfeindlichkeiten und Berationen 
Mer Art fehlt ed zwijchen den ſich nach wie vor hafjenden Stämmen 


sch jebt nicht. 


2\* 


Zwölftes Capitel. 
Abdeli⸗Land oder Laheg. 


— — 


I. Name. — U. Geographiſche Lage. — III. Grenzen. IV. Bodenerhebung — 
V. Wadis. — VL Klima und Bodenerzeugniffe. — VIL Stämme. — VII. Etäk 
und Ortſchaften. — IX. Sultan, Dynaftie und Hof. — X. Regiern g - 
XL Finanzen. — XO. Münze. — XIU. Mititär. — XIV. Juſtiz. — XV. Ir 
wiärtige Politi, — XVI. Oberhoheit über fremde Stimme. — XVII Geſchicht 
fiches. — XVII Religion. — XIX. Sitten und Gebräuche. — XX. Gaftframd 
ſchaft. — XXI. Europäer in Laheg. — XXU. Berrüdte Heilige. — XXI. Inda 
und Parias. 


I. Name. 


Der Name 'Abdeli“), im Eollectiv Abadel, ift höchft wahr 
ſcheinlich dynaſtiſch. Abgeleitet ift er von "Abd (Nisba mit einge . 
ſchobenem I) dad als Stammesname bier fonft nicht vorfommt, wei 
aber im Speciellen der Name des Herrſchergeſchlechts ift. Er ift übrige 
neueren Datumd. Dad Boll wurde früher Ajbahin genannt. 

Der Name Laheg ift ein uralter Cändername. Nach Yaqut bet 


*) Die Schreibart "Abd "Ali, weldhe Ritter nach Haines und Wellſted ge 
braucht, ift durchaus unrichtig und widerfpricht auch) ganz dem arabiſchen Spre® 
bebrauch. „Sklaven 'Ali's“ könnten fich allenfalls Schi'iten nennen, was de 
Abadel aber nicht find. Wollte man ‘Alt „der Höchſte“ überſetzen, fo dürfte da 
Artifel Davor nicht fehlen. „Abd el AL“ ift ein häufiger Name. Außerdem braslt 
man den Namen nur ausfprechen zu hören, um zu wiffen, daß bier kein "An 
dem I jtebt. 


Zultanat von Laheg. 325 


»ens gegeben, der im 8. Gliede vom 


sgrapbifde Lage 
treckt fih von etwa 44° 45' bis 45° 5° öftl. 
+ 12° 50° bi8 13° 12° nördl. Br. Died die Aus— 
3. Der Sultan nimmt aber noch die Oberhoheit 
- Ziebehi-Stämme in Anſpruch und übt fie theilweiſe 
gehören indeß politiſch kaum und topographiich gar 


OL Grenzen. 


iden Aden und das Aqrebi-Land. Im Weſten die Sfohehi. 
das Hauſchebi-Land. Im Oſten Abian, jeht den Fodli 


IV. Bobdbenerbebung. 


rößte Theil des Landes tft Tiefland, das niedrig gelegene 
8 MW. Tobban und feiner Seitenarme. Oeſtlich und weſtlich 
al find wentg erhöhte gewellte Ebenen. Die öftliche, die 
Fodli-Land hinein erftredt, heißt Mehaidan. Nördlid 
das Flußthal und felfige Berge treten auf. 


Vv Babies. 


Zobban, vulgo der Fluß von Laheg genannt, einer der 
dis dieſes Theil von Eüdarabien, fommt aus der Gegend 
wo er, wie im ganzen Nordlauf, W. Nura beißt. 
3. Nura nimmt in der Gegend von Zaida den vom Gebel 
enden W. Warezan auf und heißt nun ®. Tobban. Er trennt 
Meilen nordweftlih von Hauta in zwei Arme, den W. el 
WB. eff ceghir (großen und Meinen W.), deren erfter bei 
erer unweit des Städtchend Omad, öftlich von Aden, mündet. 





iliation ift: Laheg, ben Wayil, ben el Ghaut, ben Datan, ben Arib, 
ben Niman, ben Hamaifa, ben Himyar, ben Eaba, ben Naſchgob, 
ben Qahtan. Ein Sohn jenes Wayil war nad) anderen Lilten Abd 
Züngere, der 18. König von Pemen, der 13. bei Birede, War d 
er Name für Laheg? 


os 
W 
er) 


Der angeblihe Wadi Maidam. 


Trotz feiner Wichtigkeit ift er Fein perennirender Fluß. An ter 
Mimdung fließt er nur im Hochſommer. 

Der Name Zobban ift wenig befannt, indem dad Volk meift vem 
„Keinen“ oder „großen* Fluß oder vom „Fluß von Laheg“ ſpricht. 
Dies erflärt wohl den Irrthum Niebuhrd, Wellfted’3, Haines' und den ' 
alfer heutigen Europäer in Aden, welde den Fluß einftimmig WM. Mais 
dam nennen. Maidam ift aber nichts ald eine Verhunzung ven 
Mehaidan, dem Namen einer Steppe im Dften vom W. Tobban und 
im Norden v. 'Aden. Wer Mehatdan bereift, wie ich es that, der Tann 
übrigens Teinen Nugenblid den Namen eines Wadi für dieſes Land 
fefthalten. Es ift eine völlig trodene Steppe. Der Name ijt freilid 
fehr befannt. Ieder Eingeborene ſpricht von Mehaidan. Jeder Europier, 
der nach Laheg geht, hört dies Wort, und da der Bolldmund dem Fluſſe 
nur fo allgemeine Namen, wie der „Heine", der „große”, der „Fluß 
von Laheg“ giebt, fo liegt die Verwechslung nahe, Mehaidan für den 
ſpeciellen Namen zu halten, beſonders da der Weg die Hochebene be 
rührt. Sch mußte mir förnılih Mühe geben, den wahren Namen de 
Fluſſes zu erfahren und Fonnte ihn nicht eher ermitteln, als bis ich auf 
den Gedanfen fan, den Landesherrn, den Sultan von Laheg ſelbſt, 
der ed doch am Beſten wiffen mußte, danach zu fragen. Diejer ſagte 
mir und feine Brüder, Vettern, fowie ein Dußend arabijcher Gelehrten, 
feine Hofleute, Coldaten u. |. w. beftätigten nun alle einftimmig 
Folgendes: „Der Fluß beißt MW. Tobban. Mebaidan ift nur ein 
Meideland, eine Steppe**). Uebrigens merkte ich |päter, Daß aud das 
Volk den Namen ſehr gut fennt. Es findet ed nur bequemer, jene all 
gemeinen Ausdrücke zu gebrauchen. Nie aber hörte ich einen Araber 
von einem W. Mehaidan (oder gar Maidam) reden. 

Nitters **) Notiz: „Der W. Maidam zieht an der Etadt (Laheg) 
vorbei“, ift alje ein Irrthum. Höchſt ſeltſam ift, was er dann jagt, 
„wenn auch feine Mündung noch unbefannt zu jein feheint.” Den 
diefer Mündung (bei Heffua) war [hen oben die Rede. Sie hat aller: 
dings felten Waſſer. Aber man jellte kaum glauben, daß fie Wellitet 
und Niebuhr, die doch in Aden Notizen fammelten, unbefannt geblichen 
jei. In Aden fennt fie jeder Araber. 





* Da die Kameele an Steppenpflanzen Weite finden, fo kann felbft eine 
Steppe bier als Weiteland bezeichnet werden und wird ed allgemein. 
*), Ritters Erdkunde XU. ©. 707. 


Das fruchtbare Gebiet von Laheg. 327 





VI Klima und Bodenerzeugniffe. 

Das Land hat durhaus Küſtenklima, würde alfo auf die prefären 
Winterregen angewiejen jein, bejäße es nicht den W. Tobban, der in 
feinem oberen Lauf die tropiihen Sommerregen empfängt und das Foft: 
bare Nah dem Tiefland zuführt. Ich hörte allgemein beftätigen, daß 
im Gebirge nördlih von Laheg, wo ein Theil des Flußwaſſers durd) 
Schleußen zurüdgehalten wird, dafjelbe niemald gänzlich ausgehe. Einige 
diefer Schleußen werden nur im äußerſten Nothfall geöffnet, eine Reſerve 
für die fchledteften Zeiten. Nur der Sultan fann die Erlaubniß zum 
Defmen geben. Im Ziefland fucht man es durch geſchickte Bewäſſerungs⸗ 
anftalten jo einzurichten, daß man das ganze Jahr hindurch den einen 
oder anderen Theil der Felder bewäſſern kann. Kein Tropfen Waffer geht 
hier verloren, außer im Hochſommer, wenn alle Scyleußen überfließen 
und der Fluß in’d Meer gelangt. Die Folge der geſchickten Ausbeutung 
dieſes Waſſervorraths ift große Fruchtbarkeit. 

Das Tiefland von Laheg ift einer der gefegneteften Landſtriche 
Arabiend. Wellſted vergleicht e8 nicht ganz mit Unrecht mit dem Nils 
thal. Baumwolle wird in Menge angepflanzt und foll von ausgezeich— 
neter Qualität jein. Vortrefflicher Weizen, Durra, Dochn, Seſam, 
Zabaf, Wein, Feigen, Bananen, Drangen, Gitronen, die Früchte der 
heißen neben denen der gemäßigten Zone gedeihen hier. Was der Boden 
bei geſchickter Gultur zu leiften vermag, beweifen die zwei von Oftindiern 
in Laheg bejorgten Gemüfegärten, von denen ſämmtlicher Gemüfevor: 
rath Adens bezogen wird. Hier wachen fowohl die Gemüfe Oftindiens, 
ald die Europa’d, namentlich treffliher Kohl, fonft in Arabien etwas 
Unbekanntes. Die Datteln find-von geringer Dualität. Kaffee wächſt 
bier ebenjowenig, wie in anderen Küftenländern. . 

Die Ebene Mehaidan trägt jene Steppengewächſe, welche als 
Kameelfutter beliebt ſind und von denen bei Bir Ahmed die Rede war. 


VII. Stämme. 

Jetzt begreift man die Bewohner des Sultanats Laheg alle unter 
dem Namen „Abadel.“ Oben wurde ſchon geſagt, daß dies der ſpecielle 
Name der Dynaſtie iſt. Wäre letztere einheimiſch, ſo könnte er doch 
auch der urſprüngliche Name des Volkes ſein. Dies iſt aber nicht der 
Fall, wie ſowohl ihre Geſchlechtstradition, als die Phyſiognomie, helle 
Hautfarbe, das ſchlichtere Haar, die Neigung zur Wohlbeleibtheit ihrer 


yo 


326 Der angebliche a 
Trotz feiner Wichtigkeit ift er Bey 
Mündung flieht er nur im Hohfommerng 
Der Name Tobban ift wenig befangt, 
„Heinen“ oder „großen" dluß ober ‚Pen 
Dies erklärt wohl den Irrthum Niebrhct 
aller heutigen Europäer in Aden, well, 
dam nennen. Maidam ift aber nichi 
Mehaidan, dem Namen einer Steppe ir 
im Norden v. Aden. Wer Mejeiten 
übrigens feinen Augenblid den Name 
fefthalten. Es ift eine völlig trodene 
fehr bekannt. Jeder Eingeborene fpricht 
der nad) Laheg geht, hört dies Wort, u 
nur fo allgemeine Namen, wie ber „! 
ven Laheg“ giebt, fo liegt die Verwe 
ſpeciellen Namen zu halten, befonde: 
rührt. Ich mußte mir förmlich Mi 
Sluffes zu erfahren und konnte ihn ı 
den Gedanfen fam, den Landesher 
ber es doch am Beften wiffen mußt 
mir und feine Brüder, Vettern, fon 
feine Hofleute, Soldaten u. ſ. n 








Die Hauptjtadt des Sultanats Laheg. 329 


friedigung” läßt man bier die Gaftelle und befeftigten Privathäuſer 
in ihrer Geſammtheit gelten. Etwa 80 Häufer, 5 große Gaftelle, 
darunter da8 Schloß des Eultand, impofante Baumaffe, Aftädig, mit 
fünf 6ftödigen Thürmen, worunter ein großer Rundthurm. Die zwei 
oberen Stodwerle des Mittelpalaftes und die vier oberen des Rund⸗ 
thurmed find weiß angeftrihen, was fie jo eigenthümlich hervorhebt, 
daß fie noch höher erjcheinen. Alle andere trägt die natürliche rothe 
Farbe der Luftziegel, aus denen die ganze Stadt erbaut iſt. Schloß 
des Bruderd des Sultan, ‘Abd Allah, in einem anderen Stadttheile, 
gleichfalls fjehr impofant, mit vier hohen Eckthürmen. Artillerie 
Caſerne, große vierftödige Baumaffe; im zweiten Stock Terraſſe mit 
fünf anfgeftellten englifchen Kanonen. — Einige fünfzig Seſam-Oel⸗ 
mühlen, durch Ejel oder Kameele in Bewegung geſetzt. — Täglicher 
Markt, außerdem großer Wochenmarkt. Sehr viel Verkehr. Mittels 
punkt der Karamanenftraßen von Sſan a, Dhamar, Ta izz. 

An Markttagen ift die Bevölkerung verdreifacht. Moſchee auf dem 
Marktplatz, niedrig, durchaus ſchmucklos, ein großer länglicher Schuppen. 

In der Nähe Gärten, worunter zwei große Gemüfegärten, von 
oftindiihen Gärtnern gepflegt und mit europäifchen Gemüſen bepflanzt. 
Herrliche Lage inmitten eines Palmenwaldes, Baumwollfeldern. 

Herrliche Ausficht vom oberften Stockwerk des Artillerie - Thurmes. 
Der Blick ſchweift nad) Süden über einen Palmenwald, nah Norden 
über die fruchtbarſten Gefilde bis zu den Bergen der Hauwaſchib. 

In Folge der Feuchtigkeit, welche die Bewäfjerung mit ſich bringt, 
entftehen Fiebermiasmen und dad Klima iſt eigentlich nur in der ganz 
trodenen Jahreszeit (im Winter) einigermaßen gefund, aber au dann 
kommen Wechjelfieber vor. „Im Sommer find fie oft gefährlich. 

Hamdani erwähnt Laheg an vielen Stellen, ald den Mittelpunft 
zahlreicher Itinerare, am ausführlichften Seite 112 (ded Adener Manu⸗ 
feript8), an welcher Stelle er von feinen Bewohnern ſpricht. Dieje waren 
die Habab, die Ro ain ber Beni Ogil (oder Ohail) und die Hauwad, 
alle drei Abtheilungen der Affbahin. Diefer letztere Name fcheint, wie 
ſchon oben angedeutet, die Sjobeht zu bezeichnen, die jetzt nicht mehr in 
Laheg, fondern im Weften davon, aber theilweiſe in nächfter Nähe 
wohnen. 

Im Umtreid von 2 Stunden um Laheg viele Dörfchen, deren wich⸗ 
tigfte: Motaibera, Tharore, Bet Samfam (jüdlih); Kadema, Abubelt, 


330 Ortſchaften des Sultanatd Laheg. 


Thalub (öſtlich); Siffia, Dar Kureſchi (noͤrdlich); Abdeſſelam, Bet Ayla 
(weſtlich). 

Derb (12° 58’ nördl. Br., 44° 55° öftl. L.), kleiner Ort mit 
etwa 12 großen Häufern und fünfzig Einwohnern, halbwegs zwiſchen 
Hauta und dem Meere am W. el Kebir (W. Zobban). Hier ift ge 
wöhnlich die ſüdlichſte Aufftauung des Waſſers und ſelbſt in der trodenen 
Jahreszeit fehlt e8 jelten daran. Sehr frudhtbare Gegend, aber böfe 
Fiebermiadmen. 

Bei Hamdani finden wir Derb einmal in der gewöhnlichen Weile, 
ein andermal Dareb gejchrieben. Es war von den Wagediun bewohnt, 
diefelben, die er an einer andern Stelle MWagedin nennt. 

Sheh Otman (12? 53' nördl Br., 45° öftl. &), Heine Ort 
Ichaft im Süden, nahe am Meere, 7 engliihe Meilen von Aden, nır 
2 von der englifchen Grenze entfernt. Einige zehn feitungdartige Hänier, 
worunter dad ded Gultand. Das fchönfte Gebäude ift ein modernes 
Landhaus des Adener Kaufmanns, Hafan "Ali, mit herrlichem Garten. 
Der Eigenthümer, der jelbft faſt nie hier wohnt, geftattet allen reije 
Iuftigen Europäern, ſich hier jo lange, ald fie wollen, aufzuhalten. 
Große Moſchee, Grab des Schech 'Otman, nad) dem der Ort heikt, 
weites, aber verhältnißmäßig gedrüctes Gebaude mit einer Dienge kleiner 
weißer Kuppeln. Gegend unfrucdhtbar (bier beginnt im Oſten die Ebene 
Mehnidan). Nur Dompalmen, die jebt ganz unnütz, Da der orthodore 
Eultan feinen moslimiſchen Untertbanen das Bereiten des gegohrenen 
Getränks aus ihren Früchten verboten bat. In Hauta geftattet er dies 
den Suden, aber in Schech 'Otman leben feine. 

Mahet, Heine Ortſchaft oberhalb Derb, ausſchließlich von She 
rifen oder Siid (Nachkommen des Propheten) bewohnt. 

Fiuſch, Städten in Mehaidan. Etwa 50 Einwohner. Gin 
Caſtell. Aus diefem Etädtchen ſoll nad) Einigen die Dynaftie ftammen, 
wohl nur in weiblicher Linie. 

Meghafa, kleiner Drt in jehr frucdhtbarer Gegend am W. eff Ceghit. 

Hamra, Ortjchaft der Ban, in fruchtbarer Gegend. Dicht bei Laheg 

Sjuar, Hüttendorf der Bent Selam. 

Sebad, Drt an der Fodli-Grenze, am öftlidhen Ende der Ebene 
Mehaidan. Unfruchtbare Gegend. 

Zaida (130 Id nl Br, 44° 50° öſtl. &), Grenzſtadt im 
Norden, gehört zur Hälfte dem Sun von Tyan und ui Sältte den 





Der Sultan von Laheg und feine Dynaftie. 331 


Hauwaſchib. War während langer Zeit die fidliche Grenzfeftung des 
Imamats der Zaidi, von denen fie auch ihren Namen befonmen hat. 
Gaftell ded Eultand von Laheg, der bier eine Garniſon unterhält. 
Fruchtbare Gegend. 

Dmabd, Dörfchen im Tieflauf des W. effcegbir, unweit des Meeres. 

Kleine Drtichaften in Mehaidan, nur aud Brunnen und einigen 
Hütten beftehend, find: Bir Naffe, Bir Omr, Bir Gomm und Bir 
Schaker. 


IX. Sulton, Dynaftie und Hof. 


Seit Laheg fi vom Imamat der Fürften von Yemen unabhängig 
gemacht hat, ein Ereigniß, welched etwa mit der Verlegung der Haupt: 
ftadt nad dem Norden zujammenfällt, ift es immer unter Demfelben 
Herrichergefchlecht geblieben, welches den Familiennamen "Abdeli, der 
noch heute auf den Münzen finurirt, führt. Seine zum Throne ge 
langten Mitglieder find folgende”): 

1. Sultan Fadl ben Ali, ben Salah ben Salim, regiert von 
1728 bis 1742, ermordet. 

2. Sultan'Abd el Kerin, ben Fadl, Sohn des vorigen, regiert von 
1742 bis 1753. 

3. Sultan "Abd el Hadi, ben Abd el Kerim, Eohn des vorigen, 
regiert von 1753 bis 1777. 

4. Sultan Fadl, ben "Abd el Kerim, Bruder des vorigen, regiert 
von 1777 bis 1792. 

5. Sultan Ahmed, ben "Abd el Kerim, Bruder des vorigen, ve 
giert von 1792 bis 1827. 

6. Eultan Mohftn, ben Fadl, Neffe des vorigen, regiert von 1827 

bis 1847. 

7. Sultan Ahmed, ben Mohfin, Sohn de vorigen, regiert von 
1847 bis 1849. 

8.. Sultan Ali, ben Mohſin, Bruder ded vorigen, regiert von 
1849 bi8 1866. 

9. Sultan Fadl, ben Mohfin, Bruder des vorigen, ber regierende 
Sultan feit 1866. 


®) Bis 1849 iſt diefe Sultanslifte aus Playfair's Wert ver Bemen uni 
nommen. Ä 





ne 
= 


Die Herricherfamilie von Laheg. 333 


und eine Menge erwachiener Neffen, von benen viele gleichfalld dem 
muthmaßlichen Thronfolger an Sahren überlegen find. 

Der im Alter dem Sultan am nächften ftehende rechte Bruder, 
Mohammed, ift fogar der fähigfte Kopf der Familie, ohne dejjen Gut⸗ 
beißen der Sultan nicht8 unternimmt, und würde fi) gewiß gut zum 
Regenten eignen. Aber auch er fcheint dazu refignirt, feine Rechte an 
den jungen Fadl abzutreten. Diefem geftattet man ſogar jetzt fchon, 
feinen Einfluß geltend zu machen. Wenn der Sultan in Aden oder 
fonft auf Reifen ift, führt der junge Fadl die Regierung. Er ſoll 
fogar die Schlüffel zum Staatefhab haben, der nicht dem Sultan 
allein, jondern der ganzen zahlreichen Herricherfamilie gehört, aus 
welchem jedoch der Sultan berechtigt ift, größere Summen als die an- 
Deren, zu beziehen. 

Alle Prinzen, einige fünfundzwanzig an der Zahl (ohne die Heinen 
Knaben zu rechnen), führen übrigend gleichfalls den Titel „Sultan“, 
und ed ift gar fein Unterſchied zwilchen ihrer Zitulatur und der des 
regierenden Zürften. Will man ihn untericheiden, jo fann man es 
nicht anders, ald durch feinen Namen Fadl ben Mohfin, oder man 
fagt audy wohl einfach „der Sultan“. 

Ich habe die hervorragenderen Mitglieder diefer Herrfcherfamilie 
alle perfönlih Tennen gelernt. Den regierenden Sultan und feinen 
Bruder Mohammed, von dem er fidh nie trennt, fah ich in Aden, 
wo fie fi im Frühjahr 1871 einen Monat lang aufhielten. Beide 
gleichen ſich im Aeußern dergeftalt, daß man fie für Zwillinge halten 
fönnte. Ihre Hautfarbe ift fehr heil, ihre Züge fein gejchnitten, edel 
und regelmäßig, ihre Augen von einer außerordentlichen Lebhaftigfeit 
und ſehr ausdrucksvoll. Sie find von mittlerer Größe, wohlgebaut, 
mr ewas zu corpulent, wie alle älteren Mitglieder diefer Familie. 
Sm Alter dürften fie den Yünfzigen nahe ftehen. Dad Haar des 
Sultans iſt weiß, dad ſeines Bruders noch etwas mit Grau gemiſcht. 
Beide find fait bartlod. Der ſchwache Schnurbart ift direct über dem 
Munde abrafirt, nur an den beiden Enden ftehen ein paar weiße 
Härchen, die nicht mehr mit den Speiſen in Berührung fommen Tönnen, 
welche Berührung ,makruh“ (verunreinigend) fein würde. Xroß ihrer 
Sabre haben beide noch ein fehr jugendliched Wefen, lachen gern, ja fie 
zeigen fich, nach unferen europäiichen Begriffen, zuweilen ebwos Ex. 
So ſah ich einft beim Gebet, das fie immer einhalten, we Sin 


834 Coſtüm der Prinzen von Laheg. 


Mohammed Hinter dem Vorbeter allerlei Schnippchen ſchlug, Geimafen 
ſchnitt und fi dann, obgleich er eben Iniete, wor Lachen faft mälen 
wollte. Trotzdem ift er jehr orthobor, aber bie Orthoborte befteht mehr 
in der Form im Allgemeinen; durch ſolche Kleinigkeiten ſcheint fe 
nicht geftört zu werben. 

Die Kleidung des Sultand und ber Prinzen war vor einigen 
Jahren noch diefelbe, wie die ihrer Unterthanen und wie bie aller für 
arabifchen Fürften, d. h. Lendentuh und Dismal (Turban der Eh 
tane). Seit aber der Sultan in Bombay war, wohin er auf Bern 
des politifchen Agenten von Aden zur Begrüßung bed englifchen Prize 
Alfred gereift war, hat er eine prächtige Kleidungsart in feinem Haze 
eingeführt. Den Oberleib [hmüdt eine rothe Iade, über und übe 
mit diefen Goldftiefereien bedect. Gin Hemd wird barumter niht ge 
tragen. Dias Haupt ziert ein reicher Dismal, gleichfalls mit Bohr 
ſtickereien. Die Bedeckunng der Senden iſt aber doch beduiniſch ge 
blieben, nur wird ein Lendentuch von foftbarem Stoff getragen. Hefe 
gelten nämlich im Süden von Arabien als eine Mannes für wm 
würdig. Im Pemen werben fie nur von ben Frauen getragen G 
gilt für den größten Schimpf, wenn man von einem Manne fazt, r 
trage Hofen. Die Beine von ben Knieen abwärts? und die Füße find 
im Haufe nadt; beim Ausgehen werden Sandalen angezogen. i 


Die Waffen der Prinzen find von großer Schönheit und ick 


Der Thronfolger und der Prätendent von Laheg. 335 


Den jungen Fadl ben "Ali lernte ich in Laheg kennen, wo er 
zur Zeit die Regentſchaft führte. Er empfing mid im Palaft in Haute, 
im Staatözimmer ded regierenden Sultans. Gr ift ein junger Mann 
von etwa 20 Sahren, etwas dunfelbäutiger als feine heine, aber 
immer noch fehr hell im Vergleich mit dem Volk, neigt bereits zur 
Corpulenz, zeigt übrigens lange nicht den aufgewedten Geſichtsausdruck, 
wie jene; aud war er weit entfernt von ihrer Natürlichkeit, Sondern 
ſchien eine gewifle fteife Würde mehr zu affeetiren, als zu bejigen. 

Unter den anderen jungen Prinzen bemerfte ich einen Sohn des 
regierenden Sultans. Ich hatte fein in Bombay aufgenommenes Yicht- 
bild in Aden gefehen und auf dieſem ſchien er die Verkörperung ju— 
gendlihen Heldenthums. eine Augen jprühten euer; murtialiich hielt 
er feinen krummen Säbel in der Rechten und die andere Hand am 
Griff der Gembiye, als wollte er fie ziehen und dem Blutfeind ind 
Herz toben: dabei jene feinen arabifchen Züge, alle Theile des Gefichts 
von merfwürdiger Zierlichfeit und doch charakteriftiich ausgeprägt und 
kraftvoll; übrigend das ganze Geficht fo Fein, daß man es im Die 
Hand nehmen zu können glaubte. Aber wie hatte er fi) verindert 
feit den paar Sahren, welche das Bild zählte! Die Neigung zur Cor: 
pulenz, die feiner Samilie ausnahmsweiſe eigentbümlich ift, hatte auch 
feine Züge entftellt, fo daß ich in ihm nur mit Mühe Das Urbild jener 
Photographie erkannte. 

Bei einem anderen älteren Prinzen, einen Bruder des regierenden 
Sultans, war gar jene Gorpulenz bis zur Monftruofität entwidelt, und 
dennoch gefiel er fi), fie der Bewunderung der Welt Preis zu geben, 
denn er hatte nicht die neue Kleiderreform angenenmen und ging bis 
auf dad Lendentuch nadt, eine wandelnde Zettmafje, Deren einzelne 
Theile wie die Säcke berunterhingen. Alle anderen Prinzen trugen 
die goldgefticte neue Tracht. 

Bei Hof berricht eine gewiſſe Etiquette. Im Diwanſaale des 
Sultans, einem länglichen ſchmuckloſen Raum, mit Teppichen bededt, 
auf denen man fipt, find alle Plätze wie durch ftillichweigendes Weber: 
einfommen marfirt, in der Iinfen Ede (von der Thür aus) der vor 
nehmfte, und jo fortfchreitend bis zur rechten Ede, we der Kaffeetopf 
mit dem Gijchr, von dem bier, wie in Bir Ahmed, mafjenhaft herum: 
gereicht wird, inmitten des Dienerfreifes fteht. Auch die gemeinen 
Eoldaten, jelbft Bettler werden in den Sal lalfen und wen iur 


836 Regierung und Finanzen von Laheg. 


Plätze im rechten Flügel ein Alle werden mit Giſchr tractirt und 
dürfen aus den umbherftehenden Wafferpfeifen rauchen. 

Der Gruß der Unterthanen den Prinzen gegenüber befteht im 
Kniekuß. Während ich beim jungen Fadl Audienz hatte, wurbe ſen 
Knie wenigitend hundertmal gefüßt. Ex aber machte nicht die geringfe 
Miene ded Gegengrußes oder bed Dankes. Auch hier wirb dem regie 
renden Sultan Teine höhere Chrenbezeugung erwieſen, als allen Mt 
gliedern feiner Familie. 


X. Regierung. 


Alle Bewohner ded engeren Sultanatd Laheg ftehen im Rayeven 
hältniß zum Sultan, d. b. fie find despotiſch beberrichte Unterthanen. 
Dobayel (freie Stämme) ſcheint es in diefem Gebiet gar nit u 
geben. Die Regierung ded Sultans fennt feine anderen Beichränkungen, 
ald die durch die Mitglieder der Dynaftie, von denen einige, wie be 
junge Zadl, einen nicht geringen Ginfluß ausüben, oder ſolche, welde 
durch die äußere Politif herbeigeführt werden. 


XI PBinanzen. 


Der Sultan bezieht von der engliſchen Regierung eine monatlicde 
Rente von. 541 Mtaria-TherefiensThalern. Der Zell von 2 Proc. vom 
Merthe aller durch fein Gebiet beförderten Waaren wurde mir vn 
Sadhverftändigen auf etwa 1500 derjelben Thaler monatlidy geſchäßt 
Die Marftfteuer von Hauta foll täglich acht, alfo monatlich 240 M. Th 
Thaler betragen. Kleinere Steuern, wie die von den Juden für dal 
Recht, aud den Dompalm-Früchten ein gegohrned Getränf zu bereiten 
gezahlte, und einige andere, dürften monatlidd noch etwa 50 M. Th. 
Thaler einbringen. Died würde die Gefammteinnahme auf monatlid 
2331, jährlidd 27972 M. Th. Xhaler (etwa 40,000 ypreuß. hir.) 
ftelen. Außerdem hat der Sultan noch viele Einfünfte von feinen 
Ländereien, die aber in Naturalien bezogen und aud fo verausgahl 
werden, denn mit ihnen zahlt er Truppen und Beamte. Die Ausgaben 
find, injofern fie in Baarem ftattfinden, ſehr unbedeutend Der 
Luxus des Hofes, d. b. die prachtvollen Kleider, die aber felten ernenert 
werben, ſowie der Verbrauch an Kaat (ſ. unten Sitten und Gebräude), 
für den täglich 10 Thaler aufarhen Ilen, endlich die Befoldung de} 
europäiſchen Artillerieiniteneiutd 020 Ph. Sen watt, killen 


Einheimifhe Münze im Sultanat Laheg. 337 


Die einzigen regelmäßigen Geldausgaben des Sultans. Zu feinem 
Leidweſen hat er freilich manchmal unregelmäßige und zwar ſehr be- 
trächtliche, indem er die friegäluftigen zwei Stämme der Dhu Moham- 
med und Dhu Hofain, welhe in Ober-emen wohnen, aber jchon 
einen großen Theil von Süd-Yemen erobert haben, und alljährlich 
broben; auch Laheg ihren Befigungen einzuverleiben, durch oft fehr be- 
deutende Geldgeſchenke zum Srieden bewegen muß. ber troß diefer 
wahren Tributzahlung bleibt doch noch immer eine fhöne Summe im 
Staatsſchatz von Laheg. 


Zoo. Münze 


Laheg ift der einzige der Heinen ſüdarabiſchen Staaten, der eine 
eigene Münze befitt, da junft überall nur die Marie-Therefien-Thaler, 
die oftindischen Rupien (20 Silbergrofchen), Anna's (15 Pfennige) und 
Pied (1'/, Pfennig), die in Arabien „Ardi” beißen, gelten, dafjelbe Geld, 
welches in Aden curfirt. In Laheg gehen gleichfalld alle dieſe Münzen, 
aber es giebt auch eine inländiiche, „Manſſuri“ genannt, obwohl fie 
nur den vierten Theil des Werthes ded ehemaligen Manſſuri's von 
Sfana repräfentirt. Diefe einzige Münze des Sultanats ift ein ganz 
Fleined Kupferftüd, von dem 110 auf eine Rupie gehen, aljo etwa 
2 Pfennige im Werth. Es trägt auf einer Seite die Infchrift: „ Alt 
ben Mobfin el Abdeli* (Name des verftorbenen Sultans), auf der 
anderen: „Doribat fi Hauta Laheg“ (geprägt zu Hauta in Laheg), ohne 
Jahreszahl. Das „geprägt zu Hauta“ ift übrigens eine unwahre Selbit- 
fchmeichelei, denn Sultan "Ali hat diefe Münzen in Bombay beftellt. 
Sie ftammen alle von einer einzigen Lieferung. Weder vor no nad) 
“Ali wurden wieder welche geprägt. Sie haben nur in Laheg Geltung; 
Schon an der Grenze des Heinen Staated nimmt man fie nicht mehr, 
und in "Aden will fie fein Menſch. 

Die Araber, die das Bedürfniß nach einer ſehr kleinen Münze 
haben, ziehen die engliſch-⸗oſtindiſchen Pies (1220 Anna), die noch Heiner 
als die Manſſuri's von Laheg, da fie nur 1Y, Pfennig werth find, 
bei weitem diefen vor. Ihrem Bedürfniß nach einer etwas größeren 
Kupfermünze wird auch wieder durch die Viertel-Anna’d, vulgo Pezza, 
in Arabien Beza genannt; die 3 Pies, alfo 3%/ Pfennige wert od 
abgeholfen. 


p. Malgan, Refe nah Eüdarabien, 27% 


338 Bewaffnete Macht von Laheg. 


X. Rilitär. 


Der Sultan von Laheg bat die Prätention, drei Zruppengattun 
gen, Gavallerie, Infanterie und Artillerie zu befipen. Crftere hat etwa 
30 Pferde und 100 Reitkameele. Einige 60 Reiter bilden eine Art 
von Garde ded Sultans, und find zugleich feine Courier. Die an 
deren find auf die Dörfer vertheilt und verjehen den Botendienft zwiſchen 
den verjchiedenen Punkten des Landes, dienen auch wohl als Escorte, 
wenn eine folhe nöthig wird. ine regelmäßige Infanterie giebt es 
nicht. Im SKriegöfall wird eine ſolche aus allen denen zujanımer 
gefet, die Feine Reitthiere haben. Der Sultan ſoll dann über 2000 
ftreitbare Männer verfügen können. Die Artillerie ift eine ganz new 
Schöpfung Der Sultan befam nämlid) vor etwa 3 Sahren fünf 
Heine Kanonen von der englifchen Regierung geſchenkt, jogenannte Re 
feten-Sanonen, die fein Menſch im Lande zu laden verftand. Zum Glüd 
machte er in Bombay die Befanntichaft eined jungen Polen, der der 
bei der Eifenbahn angeftellt war und früher bei der Artillerie gedien 
hatte. Diefen gewann er für feinen Dienft und übertrug ihm de 
Schulung der Artilleriften. Etwa 24 Araber wurden ihm untergeord 
net, denen er aber, wie er mir klagte, nicht die Kenntniß des Ladens 
beibringen könne, da Gefchüge ſowie Kanonen mit europäiſchen Zeichen 
verjehen jeien, die diefe Leute bis jetzt noch nicht begriffen hätten, und 
dies habe zur Folge, daß fie immer verfuchten, die falfchen Kugeln in 
die Kanonen zu laden. Die Kanonen find nämlih von breierld 
Kaliber. 

Herr Landsberg, jo heißt der Pole, ift der einzige Europäer in 
Laheg. Er bewohnt ein großes Caſtell, die fogenannte Artilleriefafernt, 
welche aber trog ihrer Größe nur ein einziged bewohnbares Zimmer, 
und zwar das Thurmgemach im hödhjften Stockwerk, bat; dort bivene 
firt er, fo zu fagen, inmitten feiner fat nadten Artilleriften. De 
Eultan hält große Stüde auf ihn, beſonders feit einer Revue, die 
Herr Landöberg veranftalten mußte und bei der mit fänmtlichen Ka 
nonen ein eigend zu dieſem Zwecke errichteter Echuppen zujammen 
geſchoſſen wurde. Der Snftructor mußte freilich alle Kanonen m 
Perfon laden; aber troßdem machte dies Ereigniß einen gewaltigen 
Eindrud auf alle Araber, namentlihd auf die Miitglieder‘ fremder 
Stänme, die zum Veſchowen ver Revue gefommen waren, und di 





Rechtspflege im Sultanat Laheg. 339 


Präftigium ded Sultand von Laheg wuchs in nicht geringem Maße 
dadurch. 

An alten unbrauchbaren Kanonen beſitzt der Sultan Ueberfluß. 
Im Palaſthofe allein liegt ein Dutzend derſelben auf dem Sande. Ich 
ſah auch eine türkiſche darunter mit dem Namen Sultan Suleiman des 


Prächtigen. 
zZIV. Juſtiz. 


As Raye find die Abadel alle der unmittelbaren Zuftiz des 
Sultans unterworfen, die ftreng nad) dem Ooran gehandhabt wird. 
Der Mörder wird vom Scharfrichter auf dem Grab des Ermordeten 
erftochen. Jedem, jelbft dem Heinften Diebe wird die Hand abge- 
ſchlagen; die abgefchnittene Hand dann von einem Soldaten auf den 
Sriedhof getragen und begraben. Dies gründet ſich auf die etwas fehr 
finnlich aufgefaßte Auferftehungslehre, da man den Dieb am jüngften 
Tage nicht eines feiner Glieder beraubt fein laffen will. Der Stumpf 
wird zur Blutftillung in gefochten Theer getaucht und der Delinquent 
nachher entlaſſen. Stiehlt er nody einmal, jo verliert er die andere 
Hand, und nad dem dritten Male, dad Leben. Die Hinrichtungen 
werden von einem gewiſſen Sad el Bagota, ber jept das Nachrichter- 
amt befleidet, vollzogen, die Hände der Diebe jedoch von gewöhnlichen 
Soldaten abgeſchnitten. reiheitöitrafen werden niemald auf eine be- 
ftimmte Zeit zuerfannt, jondern die fleinen Verbrecher oder foldye, Die 
blos Polizeivergeben begangen haben, bleiben je nad dem Gutdünfen 
ded Sultand kurz oder lange gefangen. Haben fie feine Fürfprecher, 
fo können fie manchmal Sahre lang auf ihre Befreiung warten. Zu= 
weilen werden fie, fo zu Sagen, im Gefängniß vergefjen. Die Gefangenen 
erhalten vom Sultan feine Koft. Haben fie Verwandte, jo dürfen 
diefe ihnen dad Eſſen ſchicken, fonft find fie auf's Mitleid der Barm- 
berzigen angewiejen. Beſuche dürfen fie, jo viel fie wollen, empfangen. 
Die Freiheitöftrafe ift überhaupt bier nicht eine SKerferftrafe, Dad Ges 
feffeltfein, nicht die Einfperrung bildet die eigentliche Strafe. Alle hab 
nämlich ſchwere Ninge an beiden Beinen, die in der Mitte anein 
gelöthet find, fo daß fie nicht frei gehen können. Aber fie find 
in einem Kerfer eingefchloffen, fondern haben einen großen 
auf allen Seiten ummauerten Hof zur Verfügung, in 1 
bewegen koͤnnen, infofern man ihr gezwungenes Hinten | 


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6, Zr Zultan rerrflicter ſich, die Naramanenitraken Mi v7 
Hankern au halten. | 


Ner Malln as Pride von ten Perſern erbaut: Sen MWeazeit 


ad U LU LI CH Be) Ba Ps 





Vertrag zwiſchen England und Laheg. 341 


7) Regierungsgut ift fteuerfrei in beiderlei Staaten. 

8) Der Sultan bat das Recht, eine Steuer von 2°, vom Werthe 
aller durch fein Gebiet beförderten Waaren zu erheben, mit Ausnahme 
ven Gemüſen, Holz, Grad und Heu. 

9) Der Sultan beihügt die Gemüſezucht in Laheg für den Markt 
von Aden. 

10) Der Sultan nimmt in allen politischen Fragen das Intereſſe 
Englands vor Allem wahr. 

11) Der Sultan liefert alle Verfhwörer gegen die engliſche Re- 
gierung von Aden an diefe aus. 

12) England zahlt dem Eultan eine monatliche Subfidie von 
541 Maria-Therefien-Thalern. 

Diefer noch heute zu Kraft beitehende Vertrag ift unterzeichnet von 
Hained (damald politifcher Agent in Aden) und 'Ali ben Mohfin, 
Sultan von Laheg. 

Der Artikel 10 dieſes Vertrags ift, wie man fieht, von großer Dehn- 
barfeit. Er wird jebt jo gedeutet, daß der Sultan feine Bündniffe 
Ichließen, feine Berträge machen fann, ohne Englands Einwilligung zu 
haben. Der Eultan wird von Zeit zu Zeit nad) Aden eingeladen oder 
bejdyieden, wie man will, um dort Erflärungen über fein politifches 
Thun und Treiben zu geben. Man munfelt auch jchon jeit einigen 
Fahren davon, daß England ihm jein ganzes Ländchen für die Summe 
von 40,000 Pfund Sterling abfaufen wolle, und daß er auch bereit ge- 
weſen jei, darauf einzugehen, hätten nicht feine Verwandten ſich wider- 
febt. England gewinne dadurd ein fruchtbare Hinterland für das 
nichts hervorbringende Aden, und wäre dann weniger genöthigt, auf 
die anderen Etämme des Innern jene oft fehr weitgehenden Rückſichten 
zu nehmen, zu welchen es jet im Interefje der Berproviantirung Adend 
gezwungen ift. 

Die Beziehungen zu den einheimiſchen Nachbar des Sultanats 
find jeht durchaus friedlich, mit einziger Ausnahme der Dhu Mohammed, 
jened mächtinen Stammes ded Innern, der Laheg alljährlich bedroht. 
Um ſich gegen fie zu fchügen, hat der Sultan mit Erlaubnik 7 ° °“ 
ein Bündniß mit einen anderen gleichmächtigen Stamme | 
den Dhu Hoſain, geſchloſſen, und zahlt diefem eine Subfi 
bei Gelegenheit zu Hülfe zu fommen. Man hält jedoch di 
ein abgefarteted Spiel zwifchen Dhu Hofain und Dhu T 


342 Vaſallen des Sultans von Laheg. 


innig befreundet, nahe verwandt und fo zu fagen ein einiges Bl Kr 
find. Die Dhu Mohammed müffen den Sultan füreden, die a fe: " 
Hoſain jeine Erretter fpielen, und das ihm abgeprefste Gelb theiten behe. Kr“ 
Babrieeinlich hält nur bie Furcht vor England die Din Behr 
zurüc, Laheg ihren Befigungen einzuverleiben, was fie fonft mit dechir 
keit könnten. 







XVI. Dberhoheit über fremde Stämme. 
Endlich hat noch der Eultan in nenefter Zeit angefangen, eine 
Art von Schußherrſchaft über einen Theil der im Weften an fein dab 
grenzenden Sſobehi-Stämme auszuüben. Was diefe Stämme day te 1: 
wogen haben kann, ſich freiwillig, wie fie ed thaten, in eine Ar mm 
Vaſallenverhältniß zu Laheg zu ftellen, ift, aller Wahrſcheinlichleit nah, 
aud wieder die Furcht vor den Din Mohammed gemeien. Selm 
freilich, daß fie bei Laheg Schutz fuchten vor einer Macht, vor weder 
diefes jelbft zittert. Aber, ift Laheg ſchwach, jo find dieſe Stimm, | 
welche feine politiſche Einheit bilden, fondern aus lauter unabhängim ! 
Bruchtheilen beftehen, doch noch viel ſchwächer. So finden fih den 
die Schwachen zufammen, um vereint eher dem Starfen widerftchen z 
können. Auch wiffen diefe Etimme, daß England fo leicht nicht g 
ſtatten wird, daß die Dhu Mohammed Laheg ercbern; umd wähnen, aa 
der Sicherheit dieſes Schutzverhältniſſes dadurd Theil zu nehmen, ii 
fie ſich unter Laheg ſtellen; obwohl fie fi) hierin irren dürften, dem 


- Borichlag eines Hafenkaufes. 343 


Küftenlandfchaften träumen. Ich mußte gar nicht, daß der Sultan von 
Laheg einen Eeehafen befaß und noch weniger, daß er einen foldyen 
verkaufen durfte, und erfundigte mich erftaunt nach der Lage diejes 
Handelögegenftanded. Diefe Lage machte mir allerdings glei dad Un- 
finnige ded ganzen Projects Far. Der zum Verkauf angebotene Hafen 
war nichtd anderes, ald Kor Amran mit den Vorgebirgen von Ras 
Amran und Gebel Dau, weit weg von Laheg und ſchon nahe an Bab 
el Mandeb gelegen. 

Diefe Küſtenſtrecke liegt im Gebiet eines jener Sfobehi «Stämme, 
welche zu Laheg in ein Schupverhältniß getreten find. Dies Schub: 
verhältniß giebt freilid, nicht dem Sultan das Eigenthumsreht über 
dad Land. Möglich jedoch, daß er fi) mit dem befitenden Stamme 
verftändigte und mit ihm übereinfam, das Geſchäft gemeinfchaftlich zu 
machen. Da blieb aber immer nody England, welches den Berfairf 
eines jo nahe bei Aden gelegenen Hafens nie zugeben würde. Ich frug 
deöhalb, ob man die engliſche Einwilligung hierzu habe? „Bewahre,“ 
war die Antwort, „die ganze Sache muf eben geheint betrieben werden, 
England darf erſt davon erfahren, wenn dad Geld gezahlt ift.“ 

Ich konnte nad) den Worten ded Agenten, eines jehr angejehenen 
Mannes, nicht zweifeln, dab der Sultan die Abficht habe, hier den 
Engländern, des lieben Gelded wegen, einen jehr unangenehmen Streich 
zu jpielen. Dieſe Abfiht wird natürlicy nie zur Ausführung kommen, 
denn feine europäiſche Madyt. wird ſich eined fo ſchlechten Hafens wegen, 
deſſen Seichtigkeit alle Sondirungen bezeugen, mit England überwerfen 
wollen. Weberdied ift der Nechtötitel des Verkäufers aud im hoöchſten 
Grade faul, denn außer dem befagten Stamme erheben nody andere 
bier Eigenthbumsanjprüche, die mit Laheg und feinem Sultan nichts zu 
thun haben. 

Die zu letzterem in Schutzverhältniß getretenen Sjobehi- Stämme 
find: die Beni Menacer, die Mechadim, die Debaina, die Anteriye, bie 
Regaſi und die Atfi, in der Gollectiv-Form Auwatif genannt. Bon 
ihren Wohnorten foll bei Beichreibung des Sſobehi⸗Landes die Rede fein. 


vo. Geſchichtliches. 
Laheg Scheint zu Anfang des Jahrtauſends hauptſächlich vor 
Stämmen bewohnt gewejen zu fein. (Hamdani nennt fie 
Bon dem Reiche der Imame von Yemen trennte es 


344 Geſchichte des Sultanats Laheg. 


um 1720, denn fein erfter Sultan wird 1728 erwähnt. Der Hab gen 
die fegerifhen Zaidi, denen die Imame angehörten, und bern deh 
faft um dieſelbe Zeitepodhe die meiften Fürſten ber Küftenlanbihaft > J 
geichüttelt hatten, war damals noch jo lebhaft und wirkte jo einigem, 
daß fi) mande Stämme, die ſeitdem abgefallen find, unter Lehe 
ftellten und es eine Zeitlang ein mächtiger Staat war. Mit dem Al 
der Aqareb (man fehe die Befchreibung dieſes Stammgebiets), bem 
Wachſen der Fodli- Macht und der Zerfplitterung der Sfobehi-Ctimm, |: 
fant aud die Macht von Laheg, fo daß wir es zu Anfang dieſes Ir 1 
hunderts als ein fehr herabgefommenes, Meines Sultanat fehen, ven 
übermächtigen Feinden umgeben, und fo zu fagen nur von ihrer Gase 
fein Leben friftend. 

Noch befaß es Aden und biefer Beſitz verſchaffte ihm dur den 
Zoll, den der zwar gefunfene, aber nie ganz erlofchene Handel dieſs 
wichtigften Hafens von Arabien abwarf, die Mittel, feine Bundesgenetien 
zu bezahlen, namentlich die Triegeriichen Auwaliq, denen es in im 
legten 70 Jahren eigentlich die Erhaltung feiner Eriftenz verbante. 

Die Auwaliq unterftügten Laheg immer in den Kriegen gem - 
den Erbfeind, die Fodli, und in den Anneriondverfuchen, melde es gegen 
die Aqareb unternahm, die aber nie gelingen follten, wie ſchen ki 
Erwähnung ber Iepteren gejagt wurde. 

Bis zu welcher Tiefe der Ohnmacht das Sultanat im Jahre 18% 


banner Ymmallb han Muliach Album mEREt Bi Bi. 






Kriege der Sultane von Laheg mit England. 345 


Ichloß er fich endlih zum Frieden. Erſt 1842 erhielt er jedech die im 
erften Vertrag ven 1837 ftipulirte Subſidie ven monatlich 541 Thalern, 
Den Kaufpreid für Aden, mit allen Rückſtänden wieder ausgezahlt. 

Bier Jahre darauf (1846) brad von Neuem der Krieg aus. Ein 
Fanatiker predigte in Laheg und dem Fodli-Lande den beilinen Krieg 
gegen die Engländer und ſammelte zahlreihen Anhang, Anfangs ohne 
directe Mitwirkung von Seiten ded Sultand. Als diejer aber von 
England aufgefordert wurde, Die fi auf feinem Gebiet janımelnden 
Schaaren von Fanatifern zu zerftreuen, zog er ed ver, um nicht für 
einen fchlechten Moslem zu gelten, mit diefen gemeinſame Sache zu 
machen. In der Nähe von Kır Makſar wurde das Heer der Glaubens— 
fampfer gänzlich geichlagen, und Maffenftillftand trat em, aber fein 
Friede, bis dieſer Sultan ftarb (1849) und Ali ben Mohſin zur Ne: 
gterung kam. 

Unterdeſſen hatte man in Laheg bittere Erfahrungen gemacht, welche 
den engliſchen Schutz im Licht einer Erlöfung erjcheinen ließen. Die 
alten Bundesgenoſſen, die Auwaliq, erzürnt über das temporäre Bündniß 
mit den Fodli, ihres und Laheg's Erbfeind, überfielen Hauta, die Haupt— 
ftadt, plünderten fie und erpreßten dem Sultan 3500 Thaler So war 
denn der neue Eultanfrob, den Vertrag von 1849 (den oben gegebenen) 
abzufchließen, durch den er Kor Makſar abtrat und fi gleichſam unter 
engliſchen Schutz ftellte. 

1855 fand der oben geſchilderte Krieg gegen die Aqareb ſtatt, der, 
wie man ſah, zu keinen Reſultaten führte. Als zwei Jahre darauf 
(1857) England einen Vertrag mit den Agareb ſchloß, mipfiel dien 
deren Feinde, dem Eultan von Yahey, und er begann, die Engländer 
auf's Nene zu beläftigen. So beftenerte er den Brummen von Schech 
Otman, deffen Waſſer durch eine 2 Etunden lange Yeilung Aden 
verjorgt. Karawanen wurden geplündert, Engländer auf Der Jagd mit 
handelt. Der Etamm der Azeibih, ftets freundlich gegen die Engländer 
gefinnt, wurde wegen dieſer Gefinnung von jeinem Tbaberin, Dem 
Sultan, hart geftraft. Der Krieg Fam jedoch erſt I858 zum Ausbruch, 
zuerft gegen die Zodli, deren Dörfer geplündert wurden, und, mucren 
bier Friede geichloffen war, gegen die Engländer. Tienmal nubmen 
letztere Schech Diman, das zum Theil in die Luft geſprengt ward, und 
ſchlugen die Abadel mit Berluft ven 300 Mann zuriuf, 

Bald darauf trat Zriede ein. Der Bertrag wm VAAN wunitt it: 


346 Religion und Sitten in Laheg. 


neuert und jeitdem nicht mehr gebrochen. Aber Sultan Ali blieb ftets 
den Engländern ühbelgefinnt. Erft unter Sultan Fadl (feit 1866) ftellten 
ſich wahrhaft freundichaftliche Beziehungen ber. 


XVOL Religion. 


Ale Abadel find Anhänger der orthodoren Secte der Schafei, 
außer welchen es im Lande gar feine giebt. Es ift unbegreiflid, wie 
Mellfted behaupten fann, die Bewohner von Lahey gehörten zur ecke 
der Zaidi (Mitterd Erdkunde XII, 706). Diefe Serte ift ihnen fogar 
dergeftalt verhaßt, daß fie den fremden Arabern aus dem Norden, 
welche Zaidi find, nur höchſt ungern geftatten, in ihren Moſcheen zu 
beten, was man ſonſt doch ohne Anftand überall thut, z. B. in Aden, 
deſſen Bewohner zwar auch Schafei find, ſich aber an die Zaidi, die 
in großer Anzahl ald Arbeiter dort hinfommen, gewöhnt haben. 

Auch bier findet die Veſchneidung bei Mädchen und Knaben am 
fiebenten Lebenstage ftatt. 

In dem jebigen Sultan bat die Orthodoxie eine feſte Stüge ge 
wonnen. Alle geiftigen Getränke find ftreng unterfagt. Alle Nicht: 
Moslems werden ungern geſehen. Sind fie nit Europäer, jo leben 
fie fih gewöhnlich genöthigt, den Islam anzunehmen. Ich Fannte 
mehrere frühere Heiden von der indiſchen Banianen= Kafte, die fih be 
fchren mußten, um in Laheg bleiben zu können. 


XIX. Sitten und Sebräude. 


Die Männertracht ift die gewöhnliche ſüdarabiſche: Lendentuch un 
Kopfbund. Die Frauen tragen Hofen von buntem Gattun, von mittlere 
Weite, bis an die Knöchel reihhend und unten zugebunden. Das Ge— 
ficht wird verfchleiert oder blos verhängt. Viele Kinder laufen nadt 
herum und tragen nur ein Gehänge von feinen Riemchen an einem 
größeren um die Weichen. 

Das beliebtefte Getränk ift der Giſchr (ſchon oben erwähnt). Kaffee 
wird nie getrunfen. 

Man raucht nur Wafferpfeifen, deren Geftelle jehr grof, faft mann’ 
hoch find, und deren Mitte eine enorme Kofosnuß einnimmt, durch die 
der Dampf geleitet wird. 

Das Volksgexicht iſt ter Heris (in ganz Südarabien üblich), an 


undichait. 347 


Lenin. 

Mehl. 

ts iogen. 

ite IT ge 
ME wird. 
rskalı. der 
Re des dor, 
in Mann orva 
Kauens Meter 


aunfresend, Die 


[} 
Ar 
* 


nswürdig, ge'ellig. 

gewidmet. Kommt 

im Trauer verſpenkt, 

igens wird Der Kaat 

ch (Cannabis indica) 

iellt. Der einzige Uebel 
»ne ihn ſein kann. 


ſchaft. 


Kommt ein Europäer nach 

25 freilich leer iſt. Die Sitte 
Bedarf an Bettzeug, Reiſemoöbeln 
"uf ihm vohe Lebensmittel. Al« 
sem Landsberg, hatte alte nicht 
whrend meines Aufenthalte nicht« 
„b bet meiner Abreiſe dadurch, indem 
Colonie von Hühnern mitgaht Alle« 
te Me Hübner mt nad Aden nehmen 
ntbünlich wilde, gleichſam Decwumd: 
x, wie Die Stadthühney, wellten andh bei 


den. 


Europaer ın Yahen 


va lebte bier fein Oaneypser Bemrinem abe 


. Aden genannte je 19jahrigr Arangete Ach 
Dieſem Jüngling Ye es ein, em Allan IS 


348 Derwilche und Juden in Laheg. 


Frack die Aufwartung zu mahen. Dem Arad widerfuhr jedoch bier 
wenig Ehre. Der Sultan ſchien ſogar zu glauben, der Fremde femme 
in einem zerriffenen Kleide zur Audienz und fügte ihm ganz offen: 
‚Dir fehlen ja zwei Stüde an deinen Rockſchößen.“ 

Sonft fommen mandmal Engländer zur Jagd ber. Diefe leben 
aber gewöhnlich ganz für fi in Zelten, bringen Allee mit fih und 
befuchen nicht einmal den Sultan. 


XXI, VBerrüdte Heilige. 


Mie in allen moslemiſchen Städten, jo fehlt e8 auch in Hauta 
nicht an verrücten Heiligen, denen man Alles hingehen läßt. Ich ſab 
einen folcyen beim Prinzen Fadl ben "Alt. Er litt außer einem Schnupf⸗ 
tuch um die Lenden nichts auf feinem Körper und ſuchte aud die 
ftet3 abzureißen, woran man ihn aber hinderte, denn das Schamgefübl 
ift bei den echten Arabern*) jehr lebhaft. Er trug auch das Haut 
bloß, obgleih er ganz kahlköpfig war. Er jebte ſich ganz ungenin 
nchen, ja faft auf ven Prinzen, nahm ihm die Sijchrtaffe aus da 
Hand, trank fie aus, entriß ihm das Rohr der Waſſerpfeife und rauchte 
ruhig weiter. Dies fiel nur mir auf. Er war übrigens nicht rom 
Süden und hatte helle Haut. Unter den ſchwarzhäutigen, echt himm: 
riihen Eingeborenen habe ich Teinen einzigen VBerrüdten gejeben Ee 
find bier lauter fremde Derwifce. 


XXIII. Juden und Parias. 


In Laheg leben wenig Juden, da eben 'Aden zu nahe ilt um 
fie dort alle bürgerlichen Rechte genießen, alfo mit Vorliebe dahın 
zichen. Sie find übrigend jept nicht bedrüdt. Früher, als der Zultan 
noch Krieg mit England führte, verfolgte er fie, weil er die Suden fur 
Freunde Englands hielt. Er glaubte auch, England babe eine Ver 
liebe für fie. Er begriff nicht, daß die Rechte, weldye Die Juden in 
Aden genießen, eben nır ein Ausfluß des Civiliſationsprincips fin, 
und keineswegs auf parteiifcher Bevorzugung beruben. 


*) Nie wird in Arabien das Aue Durch folche unleufche Fntbleßungen bi 
leidigt, wie man fie z. B. in Aegypten nur zu oft ſieht. Selbſt beim Baden tr“ 
Die Scham ſtets betedt. 





Parias in Laheg. 349 


Bon Parias giebt es hier beide Glaffen, fewohl die Schumr, die 
verachtetfte Kafte, ald die Achdam. Leptere fommen in Mofcheen, nicht 
aber in die Häufer der Araber. Sie haben diejelbe Stellung, wie die 
Merafat im Audeliland, die Dofchan bei den Nezaz, die Ahl Hayek bei 
den Auwaliq und Wahidi. Die Schumr ftehen ſehr tief und dürfen nicht 
in Mofcheen fommen; man befehuldigt fie, Aas zu genießen und hält 
ihre Berührung für höchſt verunreinigend. Cie wohnen auswärts der 
Stadt in abgefonderten Hütten. Beide Kaften haben weder connubium 
noch consortium mit den übrigen Arabern. 


Dreizehntes Gapitel. 
Hauſchebi⸗Land. 


I. Name. — II. Geographiſche Lage. — III. Grenzen. — IV. Bodenerhebung. — 
V. Wadis. — VI. Klima und Bodenerzeugniſſe. — VIL Bewohner. — VIIL Ort 
ichaften. — IX. Politisches. 


L Name. 
Hauſchebi, in Gollectiv Hauwaſchib, ift der uralte Etam: 
meöname dieſes Volkes, der fich Schon bei Yaqut*) erwähnt findet. 
OD. Geographiſche Lage. 
Ungefähr zwiſchen 449 45° und 45° 5 oönſtl. &. v. Gr. um 
zwifchen 130 11° und 130 30° nördl. Br. 
II. Grenzen. 
Im Süden Laheg. Im Weſten Sfobehi und Hogriya. Im 
Norden Amir. Im Oſten Unter-Yafi a. 
IV. Bodenerhebung. 


Sm Eüden Berge, nad) Laheg zu abfallend; dann ein ziemlid 
hoch gelegenes Plateau, das ſich durch die Mitte des Landes binzieht, 
während im Often und Weſten längd der beiden Wadis Senkungen 
find. Im Often Gebel Manif, im Weften G. Schi ab etwa 6000 Fuß bet. 


*) Bei Yaqut III. 367, nur im Gollectiv „Hauwaſchib“, erwähnt. Sonſt fommt 
fer Stamm (außer bei Hamdant) kaum wur, 





Haufchebi » Land. 351 


V. Wadis. 


Der W. Nura begrenzt das Land im Weſten, der W. Bonna im 
Oſten. Erſterer vereint ſich oberhalb Zaida mit dem W. Warezan. 

Oeſtlich von der Hauptſtadt ein breites, ſandiges Strombett, Saibeah 
genannt, dad nur zur Regenzeit Waſſer hat, nördlich davon zwei kleinere 
ähnliche Strombette, Sailet el millah und Sailet et thaimera, die das 
Regenwafler in die Saibeah führen, von wo ed nad) Mehaidan fließt 


vI Klima und Bodenerzeugniffe. 


Das Land tft durch die Sommerregen begünftigt und faft in allen 
feinen heilen fruchtbar. Im der Gegend von Raha, in der öftlichen 
Hälfte, ein audgedehnted Plateau mit treffliher Weizencultur. Ein 
heil des Landes, der mittelfte, jcheint Wüſte zu fein, wie auch ber 
Name Ramle (Sand) andeute. Die Senfungen am W. Bonna er: 
zeugen Kaffee, die am W. Nura Baumwolle. Das Land Fönnte viel 
mehr hervorbringen, wäre es nicht jehr dünn und meift nur von Vieh— 
züchtern bewohnt. So ift der größte Theil Merta a (Meideland). 


VO. Bewohner. 


Die Hauwaſchib Icheinen einen einzigen, compacten, großen Stamm 
zu bilden. Bon Unterftämmen wurde mir gar nichts befannt. Sie 
find alle Dobayel, unter denen vielleicht ein Drittel wirkliche Beduinen. 
Aber auch diefe wohnen nicht in Zelten, fondern verlegen nur ihre 
Weidepläpe und Strohhütten auf beſchränktem Raume von Zeit zu Zeit. 
Die anderen Dobayel find jehhaft, meift in Hüttendörfern. 

Die Hauwaſchib find unzweifelhafte Himyaren, als weldhe fie ſchon 
Yaqut (a. a. O.) anführt. Der ganze Stamm fell böchitend 12= bis 
15,000 Seelen zählen. 


vIL Ortſchaften. 


Raha?“) (13° 18° nördl. Br, 44° 58° öftl. &.), Hauptort, Sitz 
des Schechs, liegt unweit der DOftgrenze in fruchtbarer Hochebene, be- 


*) Bei Nitter (XI, 707) iſt als nächſte Etation norbwärts Laheg, „Ramla“ 
genannt (dort Rama geſchrieben). Dies iſt die Wüftenftation unſeres XVIII. 
Stinerard. Da R. aber dert ein Kornland angiebt, ſo deutet Rama auf Verwechs⸗ 


tung mit „Raha“. 


352 Haufchebi- Land. 


fteht nur aus einigen Schlöffern, die aus einem Gewirr von Hütten 
von Stein oder Neifern emporragen. 

Dar Schaiiban (13° 24’ nördl. Br., 44° 49' öftl. &.), Hütten 
dorf mit Schloß, 4 Stunden von Raha entfernt und dit dabei: 

Nemara, Heine Ortichaft, Tagereiſe von Raha entfernt, beite 
am Sailet el Millah. 

Megba, Heine Ortfchaft, dicht bei Raha. 

Zaida, Grenzftadt der Abadel, gehört zur Hälfte Laheg, zur 
Hälfte den Hauwaſchib, weldhe hier ein Schloß und Hüttendorf haben. 

Bir Abd-Allah und NRamle, SKaramanenftationen mit 
Brunnen zwiſchen Zaida und Raha. 

Millah, nördlichfter Ort, 13° 25° nördl. Br. 


TX. Politiſches. 


Sultan Ali, ben Manah el Haufchebi, gewöhnlid nur "Ad 
(Schech) genannt, ift blos Kriegöführer, da alle Bewohner Oebahel 
find. Hat einen Vertrag mit England, wodurd er ſich verpflichte, 
die Karamanenftraßen zu ſchützen. Erhält ein Sahrgeld von 360 M. Th. 
Thalern. 

Die Hauwaſchib Ieben beftändig in Fehde mit den Nachbarn. Im 
Sabre 1870 hatten fie Krieg mit den Yafti und 1871 mit den Eje 
behi. Der Sultan fol 1500 Männer ind Feld führen. Das Land 
ift als unficher verjchrieen, was ed zu Seetzen's*) Zeit auch ſchon war. 

Alle Hauwaſchib find Echafei. 

Srüher, wenn man Yaqut glauben will, wohnten fie auf dem 
Gebel Sjabr, doch ift dies vielleicht nur eine byperboliiche Ausdehnunz 
der Grenzen jened Gebirges. 


*) Mitter XII. S. 746. 





Vierzehntes Gapitel. 


Amir-Land. 


—— — 


IL. Name. — I. Seograpbifche Rage. — IIL Grenzen. — IV. Beichaffenheit dee 

Landes. — V. Wadis. — VI Berg. — VI. Stämme. — VII. Städte und 

Ortſchaften. — IX. Politiſches. — X. Alterthüner, — XL Hamdani's Angaben 
über diefes Land. 


IL. Rame. 


Der Name "Amir ift jedenfalls dynaftiih und neueren, wenn 
nicht neueften Datumd. Das Volk felbit heißt feit den älteften Zeiten 
Garda, doch gilt diefe Bezeichnung jetzt nie für den Staat, da er nicht 
von einheimifchen Fürften regiert wird. Neben Amir hört man aud) 
den Namen Echafel ſowohl für’d Land, als für die Hauptftadt. Diefer 
ift jedenfalls fchon ziemlich alt, denn bereits Niebuhr erwähnt einen Ort 
Schafel. Und dennoch hat es nie einen folhen Ort gegeben. Schafel 
iſt auch ein dynaftiicher Name, den der jehige Fürft noch führt und 
- na dem man oft den Staat „Land des Schafel" und die Stadt 
„Stadt des Schafel” nennt. Daraus fehen wir, daß ſchon zu Niebuhr's 
Zeit hier „Schafel” regierten. Vorzugsweiſe iſt e8 bie Hauptftadt 
Dhala, welche vulgo „beled Echafel“ heißt, was Niebuhr nicht wußte, 
denn er nennt Schafel und Dhala ald verfchiedene Orte. 


I. Geographiſche Lage 


Dad Amirland dehnt ſich zwifchen 44% 45° und 450 2° öſtl. 2. 


v. Gr. und von 13° 28° bis 14° 10° nördl. Br. Es hat übrigend nicht 
9. v. Maltzan, Reife nach Südarabien. 23 


354 Amir Land. 


überall diefe Ausdehnung, ſondern eine jehr unregelmäßige Geſtalt, au- 
herdem noch zuhlreihe Enclaven de8 Schaherigebiets, welches ganz 
von ihm, abet ‚nicht ald compacte Maffe, jondern als Sprengftüde, 
eingefchloffen wird. Obiger Umriß umfaßt nicht dad nur loſe verbundene 
Land der Gaud, welches etwa unter 45° öftl. 2 weit nach Norden, 
faft bis zu 141° nördl. Br. vorgefchoben iſt. Die Enclaven des Scha— 
herilandes trennen es faft von Hauptförper des Amirlandes. 


IL Grenzen. 


Im Süden Hauwaſchib. Im Meften eine Menge fleiner ınık 
hängiger Gebiete, wie Fegra, Auwas, Halda. Im Norden ander 
fleine Gebiete, wie Databa, ein Theil ded Schaherilandes, Gehif, 
Sayadi, Hagi. Im Often, da, wo nicht das Cchaherigebiet dazmt 
ſchen tritt, was enclavenweile der Fall ift, Yafı a. 


IV. Beſchaffenheit des Landes, 


Faft durchweg Bergland, dody nicht eigentliches Hochgebirge. 0 
nördlichen Gegenden fruchtbar, bringen alle Gerealien hervor, Seſan 
Zabaf, wenig Datteln, in den an Vafin grenzenden Diſtricten ehmas 
Kaffee. Der Süden zum Theil fteppenartiges Hochland, theils Mertaa 
(Weidegrund), theils angebaut. Viel Felſengebirge mit fteilen, ab 
ſchüſſigen Kormen. Hat durchweg tropifche Sommerregen. 


V. Wadis. 


Der große Hauptwadi dieſer Gegend, W. Nura, berührt fi 
vand nur im Weſten, aber faſt alle daſſelbe durchziehende Gießbäch 
ſind ihm tributär. 

Wadi Maaber, kommt von Merrais, nimmt einen Cala: 
arm auf, der fih vom Gebel Gehaf hinabzieht, gebt nach Aegra i 
den W. Nura, der nach Laheg fließt. 

W. Dabab, entipringt im Gebel Harir, gebt nah Ce A 
den W. Nura. (Bei Hamdani, im Lande der Ga da, als ein BE FH: 
ded Stammes Aswad erwähnt.) | 

W. Dhi Negem, entipringt im Gebel Scha’ib, gebt nad Süda 
in den W. Nura. 











358 Vergleichende Geographie ded Amirlandes. 


X. Alterthümer. 


In Ardh Atoba*) oder Athauba, unweit des W. Debab, befinden 
fich auf hoher Bergesfpige drei himyariſche Schlöffer Dicht neben einander 
Der Eingang fol unbefannt fein. Sie gelten für den Sitz der Geiſter 
und werden aus abergläubifcher Furcht nie befudht. Eines diefer Schläfe 
wird Hait Debab (die Mauer von Debab) genannt. Ein andere hi⸗ 
myariſches Schloß liegt auf dem Gebel Aharrem und wird sah 
nie beſucht. 


ZT Hamdani’s Angaben über diefes Land. 


Hamdant, der einzige und befannte arabiſche Geograph, der ren 
Südarabien Genaueres weiß, beichäftigt fich ziemlich ausführlich mi 
diefer fpeciellen Gegend, die er das Land der Gada nennt. Es iftiw 
tereffant, feine Angaben mit den neueiten Berichten über dad Yan, 
die ih ſammelte, zu vergleichen. Er giebt eine Reihe von Wadis u 
und ‘erwähnt bei jedem den. dort wohnenden Stamm. Wir well 
feine Angaben Namen für Namen verfolgen und bei jedem eine hin ' 
Bemerfung binzufügen. Man erinnere fi jedoch des Obengejagta, 
daß nicht nur die heutigen Amir, fondern auch Schaheri und Hu 
zu der Bölfergruppe gehören, welde Hamdani beſchreibt. Er be 
ginnt mit: 

1. Wadi Scher a, gehörte den Beni A'had. Scher a ift ne 
jest der Name eined Wadi und einer Stadt, bewehnt von den Halım 

2. W. Hanfa, gehörte den Aewad. Von einen W. Hanfı m: 
lautete nihtd. in Stamm Hanfı, in der Collectivform Honuk, je 
noch eriftiren, doch konnte ich über feinen Wohnſitz nichts Genau: 
erfahren. (Es giebt einen Drt Hanfa in Datina, dies gehört a 
nicht hierher.) 

3. W. Gadiya der Beni Mohager. Die heutigen Gaſdi ode 
Gaud bewohnen verfchiedene Wadis, deren Namen ich nicht alle ® 
fahren konnte. Nichts ift indeß wahrfcheinlicher, als daß einer beridh 
jpeciell nad) ihnen benannt wurde. Mohager fennt man jept in E®- 


*) Diefes Ard Atoba ift möglicherweile das Urdaba in dem von Xitter au 
genommenen Jtinerar (Exit. KIEL, TOT. Ein Name Urdaba ift fonft hier 98 


unbekannt. 


raphie bed Amirlandes. 359 


der oberen "Auwalig, aber auch im 
Stamm dieſes Namens zu leben, da 
hagera heißt. (Siehe unter 13 bei 


Zoba dürfte das oft erwähnte Atoba 
3 und einer Landichaft „Ardh Atoba“. 
riſtamm. 
ver Ygrur. Beide Namen waren den 
ı umbelannt, (Ein Ameq eriftirt im 


“ Samah war meinen Amir-Infor- 
ınde zwiſchen Ma'r und Schughra ſoll 


(die diakritiſchen Punkte undeutlih). 
jept eine Oriſchaft der Schaheri. 


Name ſchien meinen Informanten be⸗ 
age. 

Beide Namen noch jetzt bekannt und 
infterer iſt wahrſcheinlich der W. Hocein 


der Aswad und Mohager. Wenn 
jo, wäre dieſer Wadi gefunden. Im 
Shake. 

er Aswad und Mohager. Im Lande 
la, befien Namen jeber Arabift auf 
zden dürfte, da das Teſchdid im Ma⸗ 
ickführen kann. 

Tomri erinnert an das oben (Ort⸗ 


dialritiſchen Punkte fehlen im Manu⸗ 
er Schaberi, deren einer Stamm noch 

Aswad heit, liegt ein Dorf. Chorebe. 
16. u. 17. olgen zwei, in dem mir zugänglichen Manufcript un- 
je Namen. Der einzige Name, den ich hier entziffern Tann, ift 
8 Stammes Sadif ober Sabig. It Sedart richtig, fo 


360 Vergleichende Geographie des Amirlandee. 


dürfte dieſer Name in dem jepigen Schaheriort Cedeq wiedergefunden 
werden. _ 

18. W. Soheb der (folgen unleferlihe Stammesnamen). Soheb 
ift die wohlbefannte Stadt. Von einem Wadi hörte ich nichts. 

19. Du‘... . . (unleferlih) der Meraned. Meraned ſchienen 
Niemandem bekannt. 

20. W. Bona der 'Affana und Abirun. W. Bona ift vielleiht 
der öftlihe Grenzfluß dieſes Landes, der aber jet immer Bonna ge 
iprodhen wird. Aſſan a und Abirun fannte feiner der von mir be 
fragten Amir. 

21. Atham oder Atgam der Sakaſeka von den Gada. Beide 
Namen waren den von mir befragten Amir unbelannt. 











——Fünfzehntes Capitel. 


Schaheri⸗Land. 


— ——* 


L Name. — I. Lage. — II Beſchaffenheit des Landes. — IV. Stämme — 
V. Ortſchaften. — VI. Religion. — VII. Politiſches. 


J. Name. 


Schaheri iſt wohl der Name einer Unterabtheilung der Aswad 
(Ga da), vielleicht auch dynaſtiſch, aber dann iſt die Dynaſtie einhei— 
miſch und führt einen eingeborenen Namen. Der Stammeöname ift 
Aswad B. Ga da. 


n 


A. Lage. 


Im Amirlande enclavirt. Das Land iſt klein, hat höchſtens 
8 Quadratmeilen Umfang. Der Haupttheil liegt in der nördlichen 
| Hälfte des Amirlandes eingefhloffen und reicht etwas über defjen Nord— 
grenze hinaus. Einige fleinere Sprengftüde liegen an der Yafı grenze 
zwiſchen Yafia und dem Amirlande. | 


OL Befhaffenheit des Landes. 


Sehr ähnlich dem Amirlande. Scheint durchweg gut bewachlen. 
Cerealien, etwad Kaffe. Der W. Dhi Regem, von dem ſchon beim 
Amirlande die Rede war, durchzieht einen großen Theil des Schaheri- 
Aandes. 


362 Stämme und Städte der Schahert. 


IV Stamme 


1. Aswad, der hiftorifche Name der Schaheri, Hauptitamm. 

2. Mobagera, gleichfalls ein hiftoriicher Name, jept ein Heinerer 
Stamm in Gelelet el Mobagera. 

3. Bakeri, Stamm im Norden. 

4 Gaſchani, bewohnt die Gegend um Hagfer. 


V. Ortſchaften. 


Hagfer, auch Agemt el Hagfer genannt, Hauptort, nahe an 
Dhala, auf dem Wege nad Soheb. Reſidenz des Schechs. Ew— 
10 gemauerte Hänſer, zwei Schlöſſer, ſonſt Strohhütten. Etwa 200 Gm: 
wohner. Wenig Juden. Stamm: el Gaſchani. 

Chorebe, Hüttendorf mit Schloß. Keine Juden. 

Wahba, Hüttendorf mit einigen gemauerten Häuſern. War 
Einige Juden. 

Metzem, Hüttendorf. 

Gelelet, Heine Ortſchaft, nahe an Dhald. Markt. ne 
ſollen hier wohnen. 

Hobeil el Mohagera, zerfällt in das eigentliche 

Hobeil und Hobeil el Gebr, zwei kleine Ortſchaften, duch den 
Wadi Dhi Regem von einander getrennt. Jede hat ein Schloß, ein 
Paar gemauerte Häuſer, ſonſt Hütten. 

Sadeiq, Heiner Ort im Süden, fell ſchon außerhalb des eigem— 
lichen Schaherigebiets und nahe an Soheb liegen, obgleich pelitid 
ſich zu den Schaheri haltend. Uebrigens ſehr unbedeutend. Schlet. 
Strohhütten. Höchſtens 80 bis 100 Einwohner. Einige Juden 
Markt. 


VI. Religion. 
Alle Schaheri find Schafe i. 
vD. Politiſches. 


Die Schaheri haben feinen Sultan, ſondern nur einen Sched— 
Metenet el Gaſchani eich Schaberi, der in Hagfer refidirt. Cr führt 
ein ftreng ertbederes Nenment, kann er Ve Stänume nicht als Rat 





Feindſchaft zwiſchen Schaheri und Amir. 363 


behandeln, wie es Amir Schafel in Dhala thut, fondern muß ihnen 
viele Freiheiten geftatten. Auch herricht bier lange nicht diejelbe Sicher: 
heit und Ordnung, wie bei den Amir. Die Städter find alle Raye. 
Die Schaheri find trog ihrer Kleinheit eine refpectable Macht, die jelbit 
den Amir imponirt. Dft haben dieſe e8 verjucht, das Schaheriland, 
das im Amirgebiet eingejchloffen ift, auch politiſch einzuverleiben, was 
ihnen aber nie gelang. Die Feindſchaft zwiſchen Schaheri und Amir 
beftebt hauptſächlich, ſeit das Ießtere Yand unter der jebigen Dynaftie 
fteht (vielleicht 80 Jahre), da diefe Dynaftie fremd ift, in diefer Eigen- 
haft feine Verwandtichafterüdfichten auf die Stämme zu nehmen 
brauchte und mit eiferner Hand geregelte Zuftände, die allen Nrabern 
immer mehr oder weniger widerwärtig find, einführte, während die 
Schaheriherrſcher einheimiih find, auf die Dobayel Nüdficht nebmen 
amd mehr ein patriarchaliiched Regiment nad dem alten Edjlendrian 
führen. Die nächſte Nähe eined ſolchen Staates, wie der der 
Amir, ift ihnen daher ein Dorn im Auge. Die Bölfer felbft haben 
jedoch Teine tiefgehenden Antipatbien, fie find ftammverwandt, beide 
Ga daftämme, bildeten vor der Zaidiherrichaft eine politiſche Einheit, und 
gehören beide zu derjelben Secte, was bier ſehr viel heißen will, denn 
Zaidi und Schafei find gejchworene Feinde, zwei Schafe i-Völfer dagegen 
verbindet der Haß gegen die Zaidi immer mehr oder weniger, bejon- 
ders wenn fie, wie es hier der Sal ijt, Die leßteren in der Nähe 
haben. Gegen die immer mehr in diefer Richtung fortichreitende Macht 
der Dhu Mohammed find Schaheri und Amir immer zum Biündnif 
bereit. 


"n Schözehntes Kapitel 


Kleine Stammesgebiete zwiihen Diala und Yerim um 
Dhala und Rede‘. 


I. Altgemeined. — II. Haqi. — III. Fegra. — IV. Gehaf. — V. Daitebe — 
A. Auetebnung des Zander. — B. Beichaffenheit des Landes. — C. Watt — 
D. Stämme. — E. Stadt. — F. Regierung. — G. Stellung der Juden — 
A. Parias. — J. Sitten und Gebräuhe. — VI Merrais. — VII. Ahmedi eder 
Auwas. — VII Haſcha. — IX. Abl Abahela oder Mauya. — X. Adareb. — 
X. Amar. — XII Savadi. — XIII. Schaif. — XIV. Hebab. — XV. Vaziti 
— XVI. Talab. — XVII Hebeſchi. — XVII. Reda'. — XIX. Gefe. — 





Die Eroberungen der Dhu Mohammed. 365 


üben vor anderen Anziehungdfraft auf fie Die ftarfen umgeben fie, 
wenigftend Anfangd. Daher fommt es, dab die Geſammtheit ihrer 
Eroberungen ein buntes Flickwerk darftellt. Zahlreiche freie Enclaven 
liegen nody mitten in dem bejegten Gebiet. 


So ift aud) merfwürdig, daß ſich die Eroberungen der Dhu Moham- 
med im Weften der Sſan a-Route viel weiter nad) Süden erftreden, als 
auf dieſer, und dennoch find die auf legterer gelegenen Stätlein ihnen 
topographiſch näher. Noch bunter wird dad Flickwerk dadurch, daß die 
Dhu Mohammed vorzugsweiſe nur die Echafe i-Länder einverleiben. Ein 
von ihren Glaubensgenoſſen, den Zaidt, bewohnte Gebiet, das fie auf 
ihren Eroberungszügen treffen, laſſen fie meift unbehelligt. Die Be: 
wohner find ihre Freunde und werden ihre Bundesgenoſſen. 

Mir können alſo die Ctoberungen der Dhu Mohammed, wie fie 
- auf der Karte feine Einheit bilden, auch in der Bejchreibung nicht ala 
"Einheit behandeln. Da außerdem jedes eroberte Gebiet noch feine ab- 
gejonderte politiſche Begrenzung behält, jo ziehen wir es vor, jedes für 
ih zu beichreiben. 

Hier find wir auch am Nordende der Religiondeinheit angelonmen. 
Bon den Gebieten, die ſich jept folgen, gehört bald das eine den Schafe i, 
Dad ‘andere den Zaidi, aber nie ift ein Gebiet gemiſcht. Diefe beiden 
Secten haſſen ſich tödtlih und diefer Hab wirft auf alle politiichen und 
focialen Berhältniffe dergeftalt ein, daß man eigentlich ein Volk ſchon 
balb bejchrieben hat, wenn man jagt,.zu welder Secte es gehört. 


I. Hagi (unter Dhu Mohammed). 


Ein kleines Stammesgebiet zwifchen Dhala und Orteba. Y, Inge: 
reife von letzterem. 

Die Hagi gehörten urjprünglich zu derfelben großen Stanmesein- 
heit, wie Amir und Schaheri, d. h. den Gada, welde wahrjcheinlic) 
Yafı ı*) waren und jedenfalld Himyaren find. Sie find, nad) Hamdani's 
Angaben zu Ichließen, eine Abtheilung der Aswad, der heutigen Schabert. 

Hauptort: Hocein im Wadi gleihen Namens. Schloß der Dhu 
Mohammed. 


4— 
) Hamdani ſagt zwar: die Ga'da gelten für Yafli und wohnen in Yafiſa 
(weldyes früher mehr weſtwärts reichte), aber fie find nicht von ihnen. Phyſiognomiſch 
. gleichen fie ihnen jedoch durchaus. Jedenfalls jind fie Himyaren. 


366 Der Stamm der Gagi. Fegra. 


Schaka, Meines Hüttendorf mit Schloß. 

Bid noch vor Kurzem waren die Hagi unabhängig unter ihren 
eigenen Schechs. Aber in Sahre 1870 ſchickten die Dhu Mohammed 
ihren Negib (Statthalter) von Shaif (1 Tagereiſe nordweftlich von 
Dhala'), welches Schon länger unter ihre Herrſchaft gerathen war, nad 
Hocein, um daß Haqi⸗e and zu erobern. 


So groß war "die Furht vor den Dhu Mohammed, daß weder 
Amir, noch Schaheri es wagten, als Bundesgenoſſen ihrer Stammes 
verwandten, der Hagi, aufzutreten, und das kleine Land ohne Wit 
ftand in die Hände der Dhu Mohammed fiel. Seitdem fteben die Hay 
unter leßteren, weldhe ihr Land durch ihren. Negib, Abd- Allah Een 
Mohſin, den Gouverneur von beled Shaif (den Eroberer) verwalten 
lafjen. 


Die Hagi zahlen eine jährliche Abgabe von 1200 M. Th. Thaler 
an die Dhu Mohammed, eine ſehr drüdende Laft für einen jo kleinen 
Stamm in dem geldarmen Nrabten. 

Jedoch das drüdendfte dieſes Unterthanen-Berhältnifjes befteht für 
fie darin, daß fie nun Raye eines anderdgläubigen Volkes geworden 
find, denn alle. Sagt gehören zur ortboderen Secte der Schafe'i, währen! 
die Dyu Mohammed Zaidi find. Unter den Zaidi zu fteben, wird ba 
allen Orthodoxen immer als Die größte Calamität angefeben, obgleic 
jene fie in Ausübung ibres Bekenntniſſes durdaus nicht behindern un 
überhaupt viel toleranter find, als die Schafe. 


III. Fegra (fried Stammesgebiet). 


Fin unabhängiges Stammesgebiet im Südwelten ven Dbala, an 
der Grenze des Amir-Landes, etwa unter 140 40' nördlicher Breite ae 
legen, beitebt faft nur aus dem Hauptort, Kegra, und der nächſten 
Umgebung. 

Zwei Stämme: Hadur und Deqam. Schech: "Abd Allah Salab 
el Deqmi. In Fegra, Heinem Ort am Wadi Nura in fruchtbare 
Gegend gelegen, find mehrere Scylöffer der beiden Stämme, ſonſt Strob— 
bitten. Das ganze Volk zählt gpielleiht 2000 Zeelen. Die Bewohner 
find Schafet und baben ſich bis jept neh von den Dhu Mohammed 
unabhängig erbalten fünnen. 


Schaf. Das Gebiet von Qa' taba. 367 


IV. Gehaf (freies Stammesgebiet). 


Gleichfalls ein unabhängiges Gebiet in Nordweſten von Dhala‘, 
zwifchen diefem und Databa auf der einen, und dem Lande der Hagi 
auf der anderen Seite. Gleichnamiger Stamm und Berg. 

Städtchen Gehaf, Hauptort mit einem Schloß. Das ganze Volf 
zählt vielleicht 1000 Seelen. Alle Bewohner Schafei. 


V. Qataba (freies Etammesgebict). 


A. Ausdehnung des Landes. 


Das Gebiet von Qa'taba beftcht eigentlich nur aus der gleich— 
namigen Stadt und einem etwas ausgedehnteren Umfreife, mit einen 
Flächeninhalt von anderthalb bis zwei deutſchen Dundratmeilen. Es 
liegt ungefähr unter 44" 52° öftl. Länge und etwas über dem 14. nördl. 
Breitegrade. Seine Grenzen find im Süden und Often dad Amir: 
Land, im Welten Gehaf und Hagt, im Norden Merrais. 


B. Beſchaffenheit des Landes. 


Diefe Scheint vortrefflich zu fein, nad) den Producten zu Schließen. 
Diefelben find: Kaffee, Kaat (auf den Höhen), eine Tabakart, die ganz 
ſchwarz fein ſoll, alle Gerealien, darunter vortreffliher Weizen, ausge— 
zeichnetes Dbft, Pfirfiche, Aprikofen, Weintrauben; keine Datteln. 


C. Wadis. 


RW. Reſchan kommt von Merrais, fliegt nach Databa und Hagi. 

W. el Chodr fließt nad Fegra in den W. Nura. (Diefer fcheint 
identifch mit dem Wadi Maaberim Amir-Lande.) 

W. el Abehor, Fleiner Gießbach bei Da taba. 

Zopographifch begrenzt wird das Land von dem Gebel Gehaf im 
Südweſt und dem Gebel Merraid im Nordofl. Es ſcheint alfo im 
Verhältniß zu feiner Umgebung ein Ziefland zu fein, welcher Umftand 
auch die Kaffeecultur erflärt. 


D. Stämme. 


Deren find nur zwei: 
1) Bet Abu Hodal, jtehen unter dem Schech Meſad Salah. 


368 Stadtgebiet von Databa. 
2) el Ahnum, ftchen unter dem Schedh‘ Abb cr Rahman Am. 
Beide Stämme wohnen in Databa und theilen fih in das m. 1° 
liegende Gebict. 






E. Stadt. 


Oa' taba, eine der größten Städte biefer Gegend mit drei iu 
viertaufend Cinwohnern, etwa 100 gemanerten Häufern, einer green 
Menge gut gebanter Hütten und mehreren Schlöffern. Nefidenz der 
beiden Schechs. Zwei große Moſcheen der Schafe i. Es gick bir 
feine Zaidi. Etwa 200 Juden, die einzigen Leute, welche hier Judrtie 
betreiben, nämlich Baumwolle aus Aden verfhreiben, die fie zu Ein | 
verarbeiten. Ein Meiner Bafar, auf dem viel Tabaf verfauft wit. 
Zwei große Mochenmärfte. In der Nähe von Databa find 5 ge 
Schlöſſer der Abn Hodal, nämlid Hamr, Dans, ed Darr, Rabe mt 
Scheghab. Es fell auch ein Dorf Hamr geben, wo die Araber uch 
jehr viel vom Himyariſchen im Dialect bewahrt hätten. Der Rım 
Hamr fönnte allerdings auf Himyar deuten. 


F. Regierung. 

Dieſe wird von jedem ber beiden Schechs in ſeinem Stamme m 
deiſen Stadttheil unabhängig ausgeübt. Ihre Macht ift jedoch jehr kr 
ſchränkt, da faft alle Benohner Oobayel find, mit Ausnahme einiger 
hundert Raye, zugemwanderter Fremden, der Juden und der Pan. 








Ethnographiſches aus Da’taba. 869 


Arm, damit jener ihm ja nicht nahe fomme. Araber aus Databa er: 
zählten mir allerlei Seltjamfeiten vom Gotteödienft der dortigen Suden. 
Sie ſollen ſich die Hände verhüllen, eine Art Horn auf die Stirn 
binden und damit wie befeffen' in der Synagoge berumrennen. Die 
Jüdinnen follen ſehr jchön fein, aber ed fommt nie vor, daß ein Araber 
eine jolde au nur zur Goncubine nimmt, was doch in anderen mos⸗ 
Iimifchen Ländern gefchieht. Hier würde der, welcher fo etwas thäte, 
vom Stamme audgefchloffen werden und verloren fein. 


H. Paria's. 

Wir find nun in das Gebiet gefommen, wo die zweite, verachtetfte 
Claſſe der Paria’d, die Schumr (Singular: Schimri), ſich häufiger 
findet. Dieje allein find vom Beſuch der Mofcheen ausgefchloffen, be- 
treiben die efelhafteften Gewerbe, wie das der Abdeder, dürfen nicht 
einmal an die Thüren der Häufer fommen und wohnen im abgelegenften 
Stadttheile. Die andere weniger verachtete Claſſe hat diefelbe Stellung, 
wie in allen bis jebt beichriebenen Ländern. Sie befteht bier aus den 
eigentlichen Achdam (Dienern), den Schahed (fo nennt man bier bie 
Tamburin⸗Trommler) und den Dofchan (hier fahrende Sänger). Da— 
gegen wird das Gewerbe der Merafat (in Da taba die Schläger Tupferner 
Trommeln) nicht von Paria’d, fondern von Dobayel audgeübt, Merafai 
tft alfo hier Fein mißachteter Name, wie in anderen Ländern. 


I. Sitten und Gebräude. 


Die Männertracht ift die allgemein füdarabifche: blaues oder weißes 
Lendentucd und Kopfbund. Die Frauen tragen feine Hoſen, wie fonft 
faft in allen Städten, fondern ein dunkle Hemd, darüber die reicheren 
Seidenftoffe. Alle haben ein Umhängetuch, hier Scheider genannt (in 
Aden Chonne), und in der Stadt außerdem noch die Nema, ein über 
Das ganze Geftcht gezogened Tuch, glatt angefpannt und ohne Lüden für 
Die Augen (wie in Aden). Ste machen großen Gebraud von Schüön- 
beitämitteln und Schminken verfchiedener Farben: Hösn heißt eine rothe 
Schminke für die Wangen, Ward eine orangefarbene und Horud eine 
gelbe (von der Coloquinta cucumis). Mit der letzteren, welche Die 
beltebtefte ift, wird der ganze Körper gelb *) gefärbt, was für befonders 


”), Ich ſah auch in Aden folche gelbgefärbte Frauen, Jüdinnen, die fich frei 
ſehen ließen. 
8. v. Maltzan, Reife nah Südarabien. . OA 


370 Das Stummesgebict von Merrais. 


ihen gilt. Zum Schwarzfärben der Nägel ſoll eine Mirtur von Scheite, 
Atrın und anderen Ingredienzen dienen. 

Die Beſchneidung der Mädchen, fonft in ganz Südarabien (dem 
Küftenlande) üblih, findet bier niemals ftatt, die der Knaben am 
fiebenten Lebenstage. 

Das Kaatkauen tft bier eine allgemeine Sitte, Fvon der ſelbſt die 
Aermſten nicht laſſen fönnen. Da der Kaat im Lande wächſt, jo # 
er zwar"weniger theuer, ald in Laheg, aber immerhin noch thener gennz 
Mandyer fell feine Familie damit ruiniten. Ein armer Mann, der 
feine Familie mit 2 Anna's“) (2%, Silbergrofchen) täglich emäbr, 
braucht oft für 4 Anna's Kaat und ift unglücklich, wenn er ihn nicht bat. 

Der Giſchr wird nur in der Stadt getrunfen. Die Beduinen du 
gegen trinken Kaffee und zwar, wie in Yafia, mit Milch. Sie follm 
fogar den ſchwarzen Kaffee für ungefund und fiebererregend halten, ger 
nießen aljo Milchkaffee aus demjelben Grunde, and dem die Städter 
Giſchr trinfen**). 


VI Merrais (freies Stammeägebiet). 


Dieſes im Nordoften von Databa, im Nordweften der Gaſud ie 
legene unabhängige Stammesgebiet befteht aus einem Bergdiſtrict, deijen 
Mitte ber Gebel Merrais einnimmt. Der Hauptwabi ift der iden 
erwähnte W. Reſchan. 


Ahmedi. Haſcha. Ahl Abahela. 371 


Im ganzen Gebiet iſt feine Stadt, nicht einmal eine größere Ort— 
aft, Jondern die Bewohner leben in zerftreut liegenden Fleinen Stein— 
mern. Seder Stamm hat ein befeftigted Schloß. Die wichtigften 
Xlöffer find: H. Schaqran und H. Reidan. Bei diefen werden 
kärkte abgehalten. Es fol einige hundert Juden im Lande geben. 
Me Bewohner gehören zur Secte der Schafe i. Die 5 Stämme find 
g verbündet und oft im Kriege mit den Nachbarn. Ihre Gefammt- 
tt wird ſchlechweg „Merrais“ genannt 


VIL Ahmedi oder Auwas (freied Sammesgebiet). 


Diefed unabhängige Stammesgebiet dürfte nad) den Berichten der 
ingeborenen etwa unter 44° 33° öftl. Länge v. Gr. und 130 45' nördl. 
reite zu juchen fein. Es grenzt im Welten an Chadra, im Norden 
Haſcha, im DOften an Fegra und dad Amir-Land. Es wird von 
nem Arm des W. Nura durchzogen, der von Gible bei Ibb kommt. 

Hauptort el Auwas, Sig der beiden Schechs der Ahmedi, welche 
h in die Regierung theilen, Ahmed Salah el Auwaſi und Hadi ben 
agi. 

Der Name Ahmedi wird vulgo immer Hamedi geſprochen. 


vo Haſcha (unter den Dhu Hofain). 


Früher unabhängiges, jet von den Dhu Hofain erobertes Fleines 
ebiet mit dem gleichnamigen Stamm und der Ortichaft Haſcha. Nach 
n Berichten der Araber glaubte ich feine ungefähre Lage 440 33° öſtl. 
inge dv. Gr. und 130 49° nördlicher Breite anjepen zu koͤnnen. Haſcha 
gt auf dem directen Wege von Dhala nad Ibb (Stinerar XXIX). 
te Bewohner follen zur Secte der Zaidi gehören. Wenn died der 
all ift, fo find fie mehr Verbündete, als Unterthanen der Eroberer, 
enſo wie die folgenden. 


IX. ahl Abahela oder Mauya (unter den Dhu Hofain). 


Die Ahl Abahela mit dem Hauptort Mauya (zwifchen Haſcha und 
bb) haben gleichfalls in neuefter Zeit ihre Unabhängigkeit eingebüßt 
nd fteben unter den Dhu Hofain, zu deren Secte (Zaidi) fie übrigens 
hören follen. Ihr Gebiet fcheint ungefähr unter 440 25‘ öftl Länge 
‚ &t. und 130 53’ nördl. Breite zu liegen. 

24 * 


Schaif. Hobal. Pazidi. Talab. 373 


venzt jüdlih an Haqi, Gehaf, weftlic an Sayadi, öftlih an Yazidt, 
ataba. 

Der Stamm Schaifi (Gollectivform: Schaif) ift nicht unab- 
ngig, fendern fteht unter den Dhu Mohammed. Da er aber, wie 
je, zur Secte der Zaidi gehört, fo wird er nicht bedrüdt und mit 
gaben belaftet, wie die Haqi. Er hat fugar einen eingebornen Schech 
ıweilen auch Sultan genannt) "Abd Allah ben Mohfin eich Scha ifi, 
ſcher zugleich der Negib (Statthalter) der Dhu Mohammed ift und 
} foldher das Land der Hagi, das er eroberte, mitvermwaltet. 

Hauptort Radai, Sig bed Negib, gewöhnlich nur beled Scha if 
sannt. Hier jollen Juden wohnen. 


ZIV. Hobal «unter den Dhu Mohammed). 


Lage ungefähr unter 449 36° öftl. Länge v. Gr. und 140 13' 
dl. Breite Stamm: Chobban, Die Einwohner alle Zaidi, den 
bu Mohammed unterworfen, aber in derfelben milden Weife, wie die 
haif. Schech Hafan ben Yahya Obbad vom eingebornen Stamme 
e Chobban. Soll fehr nahe bei Verim liegen. 


XV. Yazidi (Verbündete der Dhu Mohammed). 


Lage ungefähr unter 44° 52° öftl. Länge v. Gr. und 140 12' 
rdl. Breite. Kleines unabhängiges Stanmesgebiet. Keine größeren 
rtichaften. Zerftreute Meine Steinhäufer. Die Bewohner find alle 
ıidi, aber nicht den Dhu Mohammed unterworfen. 

Sind fehr oft im Kriege mit den Schafe i⸗Orten, Databa, Merrais, 
haf, Dhala. Zwiſchen Zaidi und Schafei ift ftets Feindſchaft. 


XVI. Talab (Verbündete der Dhu Mohammed). 


Lage ungefähr 440 55° öftl. Länge v. Gr. und 140 20' nördl. 
reite. Unabhängiger Stamm, Zaidt. 


XVIL Ho beſchi (unter den Dhu Mohammed). 


‚age ungefähr 450 3° öftl. Länge v. Gr. und 140 20° nördl. 
reite. Stehen in gleichem abhängigen Verhältniß zu den Dhu Moham⸗ 
ed wie Schaif und Chobban (Hobal), gehören zur Secte der Zaidi 

Landſchaft Hagai, fruchtbarer Boden, Hauptort Demed zwiſchen 


374 Die freie Stadt Reda. 


Merraid und Reda. Die Hobefcht haben Anfang 1871 Krieg mit 
Databa angefangen, wahrjcheinlih im Auftrag der Dhu Mohammed. 


XVID. NRebda (freie Stadt). 


Wir fommen nun in dad Gebiet von Sſan a (im weiteren Sinne), 
in denjenigen Theil ded alten Imamats, weldyer noch im erften Dritte 
dieſes Jahrhunderts zu demjelben gehörte, nachdem die bis jept be 
fchriebenen Landſchaften ſchon längft abgefallen waren. Zugleich betreten 
wir aud einen den Europäern etwas mehr befannten Boden, die Nähe 
von Dhamar, Yerim und anderen von Niebuhr, Seeben, der englilchen 
Miffton, der franzoͤſiſchen Gefandtichaft befuchten Städte. Wir bejchränfen 
uns deshalb darauf, die beiden von jenen Europäern nicht beſuchten 
öftlihen Städte diefer Gegend, Reda und Gefe, zu erwähnen. 

Bor Seetzen war man nicht darüber im Klaren, wo ungefüh 
Neda zu ſuchen fei, da Niebuhr diefen Namen mit Roda (ohne '), 
einer Stadt dicht bei Sſan a, verwechſelt hatte. Daffelbe ſcheint neh 
Gruttenden begegnet zu fein (Nitter, Erdkunde XII, 726). Seiten 
finden wir e8 aber manchmal auf den Karten und zwar ziemlich ruht | 
angeſetzt, ſo auf der Kiepertihen (Berlin, Reimer 1864), wo die Yar 
jedoch etwas zu füdlich, faft bis an den 14. Breitegrad gerüdt ift. Tat 
die Lage Reda's nicht diefe fein kann, gebt eineötheild aus unſem 
Itinerar XVI hervor, anderntheild aus der mir einftimmig ven den 
Arabern gemachten Angabe, daß Neda etwa gleichweit von Perim un 
Dhamar entfernt fei, ungefähr 1%, ftarfe Tagereiſen von jedem die 
Drte. Demnach glaube ih Neda ungefähr unter 450 3° öſtl. Yünz 
v. Gr. und 14° 28° nördl. Breite anfegen zu Fünmen Sein Gebet 
liegt (ganz wie Shen Seegen erwähnt) im Nordweiten v. Yafla un 
grenzt ſüdlich an Hobeſchi und Talab, weltlid und nördlih an und: | 
hingige oder den Dhu Mohammed unterworfene Sprengftüde de— 
einftigen Zaidi-Reiches, öſtlich an Gefe. 

Reda ift die erfte Stadt in Arabien, wo der von Eüden Komment | 
einigermaßen ftädtifches MWefen, Bauten und die bürgerlichen Gewebn 
heiten der anſäſſigen Araber findet. Die Stadt ift gut gebaut (freilid 
an Ruinen reich), bat 6 Mofcheen, einen großen Palaft, Zeftungsjchlätie, 
einen gemauerten Bafar, Bäder. Zum erftenmale findet der aus im 
Süden Kommende, welcher nur dad oceanifche Arabien fennt, bier ber 
ganzen orientalühen Bode-Wyvdxdkx, Talte und heiße Wannenbätt, 





Freie Ztadtegebiete im Norden. 375 


Schwitzſtube, Abreiben mit Roßbaarbandichuben, Kneten der Gueder 
u. ſ. w. (ven Aden bis Oman Alles unbefannt.. 

Sie Einwebnerzabl wird auf ewa 3000 Seelen ge'chaßt. 

Die Regierung iſt in Händen eines einbeimiſchen Oberbauptes, das 
volfig unabhängig. Die Bewebner gebören zur Secte der Zaidi und 
find mit ten Thu Mehammer befreundet. Hier webnen einige bundert 
Juden, Baummellmeber, Schmiede, Silberſchmiede. Paria's giebt es 
von beiden Claſſen, jedoch wenig Schumr. 

Die Umgegend von NReba ift berühmt wegen ihrer vortrefflichen 

Weintrauben, ganz denen von Siana ähnlich, welde namentlich als 
Rofinen verfauft und verlandt werden. Ein Jude, den ic in Aden 
fannte, zeigte mir ron denſelben. Zie waren weiß, Sehr jüh, weich 
häutig und hatten ſe winzige Kernden, daß man fie beim Kauen nidt 
fühlte. Dieſer Umjtand bat zur Fabel von den „Fernloien Nofinen 
von Sian a’ Anlaß gegeben. Leider herrſcht in Reda ſchon ſeit 1865 
die Traubenkrankheit, je daß die jührliche Leſe vielleicht auf ein Jehntbeil 
ihres früheren Verhältniſſes herabgekommen if. Es werden nur noch 
felten Roſinen ausgeführt. 

Die ganze Gegend um Reda, Gefe ift vom Stamme der Hamaida 
(Zaidi) bewohnt, die zur großen Familie der Ans achüren jellen. 


XIX. Gefe oder Didaife (freic Stadt). 

Lage ungefähr 45° 13" öftl. Länge und 14° 35° nördl. Breite. 
Kleine unabhängige Stadt zwiſchen Neda und der Nezaz: Grenze im 
Norden von Yafia, fteht unter einem eigenen Oberhaupt, bat durchaus 
ſtädtiſchen Gharafter, lebhaften Handel, etwa 1000 Einwohner, wenig 
Juden. Die Bewohner find Zaidi und im Frieden mit den Dhu Mobam: 
med, in Feindichaft jedoch mit den Yafi'i und Nezaz, die fie aber in 
Ruhe laffen müffen, aus Yurdht vor den Dhu Mohanmer. 


XX. Schlußbemerkung. 


Hiemit find wir auf dieſer Seite (Richtung von Aden nach Sſan a) 
am noͤrdlichen Ende unſeres Forſchungsgebiets angelangt und kehren 
nun zum Ausgangspunkt unſerer Itinerare, Aden, zurück, um von dort 
and die im Weſten und Nordweſten gelegenen Gebiete beſchreibungs— 
weiſe zu durchgehen, auch bier wieder mit dem Küftenlande beginnend 
und dann nad Norden bis Taiz und Ibb fortfchreitend. 


Siebenzehntes Sapitel. 


Sobehi-Land. 





1.Rame IT. Geograpbifce Lage. — III. Grenzen. — IV. Bobenerbebung. — 

V. Badie. — VI. Klima und Bobenerzeugniffe. — VI. Stämme. — VIIL da 

fpaften. — IX. Poutiſches. — X. Gefcichtlicee. — XL Religien — 
XU. Mleidung. 


L Rome 


Sobehi (fhriftgemäß Sfobaihi, Ausſprache: Sſobeehi) ift der uralte 
Name eines Stammes, welcher ſich früher noch viel weiter nach Often 


Tiefland und Berge weſtlich von Aden. 377 
OL Grenzen. 


Im Süden der Golf von Aden. Im Weften das Hafmigebiet 
3t bei Bab el Mandeb). Im Norden dad Land der Mogatera. 
Oſten Laheg und der Heine Aqareb⸗Staat. 


IV. Bodenerhebung. 


Faſt durchweg Tiefland, an einzelnen Stellen der Küſte unter- 
den durch vulkaniſche Felsmaſſen, die aber iſolirt und nicht mit 
Gebirgen des Innern durch Hügelfetten verbunden find. Die größte 
ier Zelsmafjen ift der Gebel Charraz zwifchen Nas "Ara und Nas 
'u, ein troftlofes ödes Gebirge mit gerader, oft wie Burgen aus— 
nden Felswänden, nur auf den Gipfeln gezadt, etwa 2000 Fuß 
. Vom fattelförmigen Gebel Dau faft bis Aden (den ©. Haan, 
wie eine Inſel ift, ausgenommen) zieht ſich Flachland dem Mieere 
lang und diejed herriht auch im Innern, felbft hinter dem G. Chur: 
vor. Erft im Norden beginnt fi) das Terrain zu Hügeln zu 
eben, die mit den feitländiichen Bergen zufammenhängeıt. 

Gebel Charraz (bei Ritter nad) Haines ausführlich befchrieben, 
ft. XIL 673). Ich war auf einer Küftenfahrt (Sanuar 1871) wäh- 
d 3 Tagen in Sicht dieſes Gebirges durch Windſtillen feftgebannt, 
ı ihm oft fehr nahe und konnte genau feine Formen unterjcheiden. 
ft eine impofante Maffe, eher grau, ald ſchwarz, gezuft, aber mit 
e geraden Linien. in Theil fieht aus, wie ein koloſſales Schloß. 
ined fpriht von einer wirklichen Nuinengruppe. * Eine feldye ſah ich 
ht, wohl aber einen Felfen, der täujchend diefe Form annahm. Das 
ftein fcheint mir trachytiich, nicht wie die meiften anderen Berge 
jer Küſte baſaltiſch. 

Gebel Da u, ein ſattelförmiger Berg, den ich gleichfalls von 
genfchein fennen lernte. Gr fcheint durchweg bafaltiich, ift aber faſt 
zu jeinem Gipfel mit hinaufgewehtem Sand bededt, fo daß er jet 
bt Schwarz zu nennen tft, wie Haines ihn bejchreibt. Nur die Spitze 
ſchwarz. Zwiſchen Dau und Charraz befindet ſich, mitten aus der 
ftenebene aufragend, ein fleiner Bergfegel, den die Araber G. Me: 
nit nennen follen, ein nicht ſehr anftändiger Name. 

Gebel Amran, eigentlih nur ein Borgebirge, in der Nähe 
n Gebel Hafan, vulfanijche, wildgezadte Felsmaſſe. 

Ueber die Berge im Innern habe ich Teine genaueren Berichte. 


















i · Stimme. 379 
Ben. Die gwößnlide Gruppenentheilung 
iſt: 1) bie Dabila, die Stammes- 

; 2) bie Aſchira, ber große Stamm, 
wu3) bie Fachida, der Unterſtamm. Hier 
Whtheilung weg und die Dabila ift 
. Die Namen folgender Fadhide'8 


—E Mechadim, wohnen zwiſchen 
xwiſchen Laheg und Ferſcha, werben von 


Ben fich in eine Art von Bafallenverhält- 
geftelit, wie oben (bei Laheg) erwähnt 


find: 
2 Tage weſtlich von Aden. 
nahe bei ben Somati zwiſchen  Ma’beq 


n nörbli von den Somati. 
ben Tag nördlich von ben Somati. 


— BE Stunden weſtlich von Ferſcha. 
TE Suunden norbiweftlic von gerſcha. 
= “ Stumbe noͤrdlich der Selim. 
— Stimden weſtlich der Haggat. 
— m und bei hegaz noͤrdlich von Atfi, nicht 


az ; : 
17. tat, wohnen noͤrdlich von Turan, nicht weit, vom 


*— "selbe, wohnen in za vermiſcht. Die 
arfprũnglich ameida 


im au 


380 Sobehi- Stämme und Ortſchaften. 


fein. Jetzt aber bilten fie eine große Stammeseinheit und were 
nicht mehr zu ten Sobebi gezählt. Die Hameida ftehen unter den 
Zchech Haſan Salab Abetul in Ma’beg. \ 

1%. Bereimi, wohnen zwiſchen Fegerra und dem Meer. 

Aebnlich mie die Mogatera, jo reinen aud Viele die Humi ind 
Meicalcha, Die von Bab cl Mandeb bis nach Moda zu wohnen, zu ta 
Sobebi. Wahriheinlich find ſie mit diefen ftammrerwandt, aber fie Fü 
jegt anichnliche Stammeseinheiten, ganz für fid) gegliederte Gruppen, it 
daß fic von ten Arabern, Die unter Sobehi immer nur die vielen, wı 
uns oben angeführten Meinen zerfplitterten Stämme begreifen, wilt. 
mehr mit dieiem Namen bezeichnet werden. Nur Eurepäer vednen fe 
heut zu Tage neh zu den Sebehi, aber ſelbſt Die politiſche Agentur 
von Aden bat bereits dieſe Benennung aufgegeben *). 










IL DOrtfdaften 


Eine eigentliche Stadt giebt es im ganzen Sobehigebiet nict, ion: 
dern nur ganz Kleine Ortſchaften aus Schilfe, Stroh- oder Reiſerhünen 
gebildet, bier und da mit einem Hoffn (Schloß) oder ein Paar ge 
manerten Käufern. Jeder Stamm hat eine aus Stein gebaute Me 
ſchee und einen Wochenmarkt. Die mir befannt gewordenen Drtihaften 
find: 

Mohanneq, 5 Stunden von Bir Ahmed weftlich, ebenſerich 
nördlid von Megbar. Brunnen mit einigen Hütten. (Diefer Irt ki 


Drtichaften im Sobehi- Land. 381 


ch Hegaz, was volllommen zutrifft, die Tagereife auf 8 Stunden 
rechnet.) 

Fegerra, zwiſchen Mohanneq und Gharriye, 5 Stunden von 
tohanneq weſtlich, im Norden der Bereimi. 

Meghar, auch Goher genannt, 4 Etunden ſüdlich von Fegerra, 
m Meere, kleines Fiſcherdorf der Bereimi. 

Schebe, kl. Ort der Debeine im Norden bei Ferſcha. 


Atfi, Heiner Ort unweit des Meered, einige Stunden weſtlich 
on Meghar. Hauptort der Aumatif, mächtiger Stamm unter Laheg. 

Gharriye, 2 Stunden von Hegaz, weſtlich von Fegerra. Be— 
eutendfte Ortſchaft der Gegend, gewöhnlich beled el Oadi genannt, 
il hier das Grabmal eined längſt verftorbenen Dadi, der nun ald 
jeiliger verehrt wird und deſſen Grab ein berühmter Wallfahrtsort 
eworden ift. Zu der Siara (Wallfahrt) ſollen an 10,000 Beduinen 
ilgern, alle gleichzeitig. Der Schech der Hafmi von Schech Said bei 
tab el Mandeb foll alle Jahre mit 1000 Beduinen hierher fonımen. 
roßer Markt, Luſtbarkeiten ꝛc. Gharriye wird von einen Nachkommen 
3 heiligen Dadi, dem Schech Abd el Kerim Ahl el Dadi, regiert, 
r jehr viele Gefchenfe von den Pilgern empfängt and für dieſes Lund 
ich ift. 

Zuran, Heiner Ort mit einigen gemarerten Häufern und einem 
ofin (Schloß) in ſehr fruchtbarer Gegend, nahe beim Gebel Charraz 
legen. Die Bewohner find Mefchaidh und werden von der vornehnt- 
en Familie regiert. Da dieſe zur Zeit ohne erwachlene Männer ift, 
ı führt eine junge Frau, eine Scherifa, Tochter ded letzten Schedy's, 
e Derwaltung. Die Schherifa ſoll ſich einige Soldaten, meilt Neger, 
ılten und diefe treffliche Drdnung wahren. Ihe Mann Soll feinen 
influß haben. Gutes Kornland, einige Palmen. (Hamdani erwähnt 
uran genau.) 

Ibharan, Hüttendorf im Gebiet der Selim unweit der Nord: 
renze. | 

Kedeira, Dorf im Gebiet der Zoreigi, zwiſchen Turan und "Ara, 
ft auch ſchlechtweg blad ez Zoreigt genannt. 3 Familien von Meſchaich 
vohnen bier. 

Ara, am Rad Ara, zwei Stunden vom Meere. Fruchtbare 
jegend. 


N 


382 Sobehi. 

Negeiha, Dorf der Zoreigi nabe bei Zuran. 

Hoſſn Ahmed Daghem, feites Schloß im Gebiet der Gerabi 

Die hauptfählihen Märkte find: Suq el Chamis (Donner: 
tagsmarkt) in Ferſcha, Heine Ortichaft und Karawanenftation au 
dem Wege von Aden nah Ta iz. 

Suq el Gom'a (Sreitagsmarft) bei den Somati. 

Suq ed Sebt (Samstagsmarkt) bei den Gerabi. 

Wallfahrtsort, außer Gharriye, noch das Grab des Heiligen „A 
Senauwi* bei dein Gerabi. 


ZT. Politiſches. 


Die Sobehi haben feinen Sultan. Außer den 6 unter ala 
ftehenden Stämmen find alle unabhängig, fowohl von einander, ab 
bon irgend einem Oberhaupt. Seder Stamm hat feinen Eded, der 
jedod wenig Macht befigt. Die VBafallenftämme von Laheg find übt 
gend diefem keineswegs wirklich unterthänig. Der Sultan übt mer 
ein Schiedörichteramt, Tann aber weder Juſtiz noch Polizei eneruit 
handhaben. So find z. B. die Monacera, der Laheg zunächft wer 
nende und aljo feinen Einfluß zugänglichſte Stamm, berüchtigte Rau 
und der Sultan wäre durch jeinen Vertrag mit England genötkäl 
ihnen das Handwerf zu legen, vermag cd aber nicht. Mit Engl 
ftehen die Sobehi auf freundlihem Fuß. Alle ihre Schechs, die na 
Aden kommen, erhalten Geſchenke, aber fein Jahrgeld, da deren u 
viele und fie alle machtlos find. Cie erweiſen fich bei Gelegenhe: 
auch dankbar. Ende 1870 defertirte ein englifher Matrofe in's Inner 
und kam falt bis Bab el Mandeb, uber die Sobehi führten ihn u 
freien Stüden zurüd nach Aden, ohne ihn jedoch fchlecht zu bebanten 
Die Sobebi führen Die Kaffeefarawanen von Yemen durch ihr Yar 
nach Aden und nehmen /%, M. Th. Thaler (5%, gr.) Steuern ir 
die Kameellajt, jeder Stamm in feinem Gebiet, weshalb man der 
Transport zur See vorzieht. 


x. Geſchichtliches. 


Die Sobehi jollen nady ihrer Tradition mit den Hogriya und da 
Moragefha der Zodli ftammverwandt jein. Erſteres macht der Um 


Sobehi. 383 
nd wahrſcheinlich, daß noch jept einer der größten Hogriyaſtämme 
Klabeh heißt. 

XI Religion. 
Alle Sobehi gehören zur Secte der Schafei. Belchneidung am 
benten Lebenötage, nur bei Knaben, nicht bei Mädchen. 
XD. Kleidung. 


Indigogefärbte Lendentücher und Kopfbund für die Männer. Die 
auen tragen alle Hofen und ein Umhängetuch. 


Achtzehntes Capitel. 
Hakmi und Meſchalcha. 


Lage dieſer beiden Küſtengebiete. — Hafen von Schech Enid. — Verkauf 1 
eine franzöfifche Compagnie. — Schlechte Befchaffenheit des Hafend. — zFanlbei 
des Rechtstitels. — Ansprüche der Pforte. — Vexation des Handele. 


Zwei Stammedgebiete, die einen Küftengärtel von Bab el Man 
deb bi8 in die Gegend von Moda bilden. Sm Gebiet der Hakmi am 
fleinen Ganal von Bab el Mandeb und gegenüber der Injel Perm 


liegt die vielbeſprochene Dertlichfeit von Scheh Said, mit ihren ar 


prieſenen Naturbäfen. 


Der Schech der Hakmi, Ali Tabat, genannt Dreen (das Füchschen) 


ging im Sabre 1869 auf einen Vorſchlag der Compagnie Bazin ven 
Marſeille ein, ihr die Localität von Schech Eaid zu verfaufen, van 
Deren Hafen man Wunderdinge falelte und ſogar behauptete, es befände 
ſich bier eine leicht in einem Binnenhafen verwandelbare Lagune. Ju 
der That iſt Schech Said ein fogenannter Monfunbafen, in melden 
fi die Schiffe, im Schuß einer vorjpringenden Landzunge, je nad 


dem Winde bald nördlich, bald jüdlih von derfelben, faft immer fide : 
befinden. Zritt aber die „Berfehrung des Monſuns“ (les reven | 
de Mousson) ein, d. h. ſchlägt der Wind in der Saifon der Nor; 
winde plöglich in Süd über (hier an der Meerenge find die Montun: : 
faft Direct Nord» und Südwinde), fo bietet der Anferplag die art‘ 


Gefahr, wie der ſtürmiſche Umschlag im Februar 1871 bewies, weld«: 
alle Schiffe im ſogenannten Hafen Scheitern machte. 








bn 2 


Die franzöfifche Niederlaffung in Scheh Said. 885 


Dad Kaufgeſchäft kam zwiſchen der Compagnie (hinter welcher na- 
türlich die franzöfifche Regierung ſteckte) und Ali Tabat, wie man fagt, 
für die Summe von 80,000 M. Th. Thalern zu Stande, von welder 
jedoch Taum ein Zehntel gezahlt wurde Ali Zabat behauptet fogar, 
nur 3000 Thaler erhalten zu haben. Bald wurde nämlich der Nechtd« 
titel Ali Tabat's in Zweifel geftellt und zwar durch die Pforte, welche, 
wie man jagt, auf Antrieb Englands, die Souveränität über die ganze 
rothe Meereöfüfte von Yemen, die fie ehemals befefjen, wieder in An- 
ſpruch nahm und fogar eine Heine Garnifon nad Schech Said ſchickte, 
die ſich unweit der franzöfilchen Niederlaffung bei einem Brunnen feit- 
feste und noch heute dort if. Die franzöfiiche Niederlafjung beiteht 
bis jegt nur aud einigen Steinhäufern und einer Anzahl Holzbaraden. 
Als Magazine dienten 3 große Schiffe (barks) im Hafen, die ich An- 
fang 1871 dort ſah, diefelben, die bald darauf fcheitern ſollten. Schech 
Said felbft fol fein gutes Waſſer haben, dagegen befindet fich eine 
Stunde im Innern eine trefflihe Duelle, deren Ausbeutung jedoch) 
feit der Verfeindung mit Ali Tabat auf große Schwierigkeiten ftößt. 
Nah der Einftellung der Weiterzahlung der ftipulirten Summe ift 
nämlid Ali Zabat der erflärte Feind der Niederlaffung geworden, der 
er oft die Lebendmittel abjchneiden fol. Dieſer Niederlaffung ſcheint, 
wenigjtend in nächlter Zukunft, fein bedeutender Aufſchwung bevorzu- 
fteben, bejonderd da der mächtige Zuwachs des Handels, den die Deff- 
nung ded Suezcanals zur Folge haben follte, fi bis jegt nicht ein- 
ftellte, und allem Anfchein nach in den nächſten Sahren auch nicht ftatt- 
finden wird. 

Uebrigens werden die beiden Küftenftämme, Hakmi und Mejchaldya, 
jebt, d. 5. jeit jener Auffriichung der türfifchen Souveränitätd-Anfprüche, 
ald der hohen Pforte unterthan angefehen. inftweilen übt leptere 
jedod) diefe Souveränität nicht factiich aus. Ihre thatſächliche Macht⸗ 
ergreifung beſchränkt fich bis jept noch auf das Unterhalten einer kleinen 
Garnifon bei Schech Said. 


H. v. Malgan, Reife nah Südarabien. W 


Neunzehntes Capitel. 
Mogteri:Land 





I. Name, — II. Ausdehnung de3 Landes, — III. Beichaifenheit Des Landes. — 
IV. Wadis. — V. Stimme — VL Ortſchaften und Schlöffer. — VIL Yeti 
tiſches. — VII. Sitten und Gebräuche. 


I. Name. 


Mogteri; häufiger hört man den Golletiv Mogatera. Ver 
Name ift jedenfall nicht dynaftiih. Ob er aber ſehr alt ift, möchte 
ich bezweifeln. Ich fand ihn bei feinem alten Autor erwähnt. 


II Ausdehnung des Landes. 


Das Gebiet der Mogatera zieht fi zwilchen etwa 43” 52° um? 
440 23° öftl. Länge v. Gr. und zwiſchen 120 55° und 13° 7” noͤrdl. 
Breite hin. Leptered ift dad Marimum der Breitenausdehnung, weld 
an manchen Stellen faum die Hälfte deijelben erreiht. Es grenzt im 
Süden und DOften an die Sjobehi, im Norden und Weſten an di 
Hogriya, in der weftlihen Ede aud an Hakmi und Mechaldya. 


II. Befhaffenheit des Landes. 


Das Land beiteht theild aud Gebirgen von etwa 2000 bis 300 
Fuß Höhe, theild aus ziemlich ausgedehnten Senkungen zwiſchen dieſer 
Bergen, in welchen Niederungen die Kuffeecultur mit einigem Erfel, 
obgleich Lange nicht dem in Nord Vemen oder Yafıa erzielten vergleichbar, 


Mogteri » Land. 387 


"keben wird. Ein Theil des Südens ſcheint eine fteppenartige Hoch— 
me, auf weldyer meilt nur wilde Bufchwerf, an einzelnen Stellen 
>ch auch Durra, Don, Kom wachſen. 


IV. Wadis. 


Die meiften derjelben haben haben feinen Ausfluß, fondern find 
Birgsbäche, die nur nad) dem Regen Waſſer führen, und diejed wird 
ech die Bewällerung aufgebraudht. 

W. Mirjfad, bei der gleichnamigen Ortichaft, weſtlich von 
efcha, nördlih von Mabeg, eine Fortiegung des W. Mefalis 
ogriya). 

W. Aten, bei Doqqa im Norden an der Schergebi (Hogriya) 
renze. Nach ihm heißt eine Landſchaft Tarf el "Atena. 

W. L'eſchruch, bei Keddera im Norden, nahe bei Doqqa. 


v Stimme 


Die Mogatera, urfprünglic) aus den Hameida der Sſobehi hervor. 
nangen, bilden jegt eine befondere Stammeögruppe, zu der folgende 
nterabtheilungen gehören. 

1. Kaheli, in der Gollectivform Akahela, der mächtigſte 
tamm, wohnt bei Hofin Kahela und in Dogga, im Nordwelten an 
t Grenze der Schergebi. 

2. Za'za't, in der Collectivform Aza iz wohnen in Moharrega, 
Stunden füdlih von Hoffn Kahela. (Hamdani kennt diefen Stamm, 
r zu feiner Zeit nahe bei Aden, etwa in der Gegend von Mehaidan, 
wohnt zu haben jcheint. 

3. Medegera. 

Mogabern. 

Sud. 

Megeiſcha. 

Be aima. 

Haneiſcha, wohnen nördlih von Ma beq. 

9. Anabi, in der Collectivform Ambu. 

Die Medabi, welche in Keddera wohnen, werben manchmal nod) 
; den Mogatera gerechnet, gehören aber zu den Hogriya. 

25* 


on mn 


388 Mogteri- Land. 


VI Srtfhaften und Schlöſſer. 


Ma’ beg, an der Südgrenge, Mittelpunkt aller Karamanenftraßen, 
theild von Mogatera, theild von Hameida (Sfobeht) bewohnt. 

Mirffad, Heiner Ort zwiſchen Ferſcha und Ma beg an der Kara- 
wanenftraße nach Aden. 

Doqqa, Hauptort der Mahela, 3 Stunden von Dobhan, 2 Stun⸗ 
den von Moharrega. 

Moharrega, Hauptort des Stammes Zazai zwifchen Maker 
und Dogga. 

Andere Fleine Ortſchaften, deren genauere Lage ich nicht erfahren 
fonnte, find: Kebba, Medware, Zageiha, "Adi. 

Dalet Moqteri, Hauptfhloß und Zeitung der Mogatera, liegt 
bei Dogga. 

Hoſſn Kahela, Hauptihloß der Akahela, 2 Stunden von 
Zazat, 4 Stunden von Beni Hammad, 2 Stunden von Dobhan 
Soll ein alted himyariſches Schloß fein, aus ſchwarzen Steinen (Ba 
falt?) errichtet, weöhalb ed vulgo auch Hagar fud (der fchwurze Feld) 
genannt wird. (Hamdani fennt Kahela, das er Kehala ſchreibt und 
als dritte Station von Aden nad) Welten angiebt. Er nennt zmwiicen 
Hegaz und Kahela feine Station und in der That beträgt die directe 
Entfernung nur 9 bid 10 Stunden, was ganz einer von jeinen Tage 
reijen entſpricht. Merkwürdig ift, dab er auch der Schwarzen Steinfurt 
gedenft. Die Stelle ift im Manujeript von Aden nicht durchweg lejer: 
ih (e8 ſcheint auch von einem Brunnen die Nede), aber die Werte 
„ein Schwarzes Geftein von dem Fuß bis zum Gipfel“ find wenigitens 
deutlich zu unterjcheiden. Die Gegend um Kabela wird tarf el Atem 
genannt. 


vo. Politiſches. 


Die Mogatera bilden feine zu einem Staat gegliederte politiice 
Einheit; jeder Stamm fteht unter feinem Schech, der von den anderen 
Oberhäuptern unabhängig ift, übrigens wenig Macht bat, da die Me— 
qatera alle Dobayel find, Feinerlei Juſtiz als die ihrer Traditionen und 
der Blutrache anerkennend. Nur im Kriege ftehen die Mogatera einig 
zufammen, namentlich in ihren Kämpfen gegen die von Norden vor: 





Mogteri⸗Land. 389 


ſchreitenden Dhu Mohammed, welche bereits faft alle die nördlich an dies 
Land granzenden Hogriyaftämme unterjocht haben und faft alljährlich 
den Berfuch erneuern, auch die Mogatera zu unterwerfen. In dieſer 
Einheit im Kriegsfall unterfcheiden fie ſich vortheilhaft von der Zerfplitte- 
rung der Sſobehi und der Hogriya. 

Religion. Alle Mogatera gehören zur Secte der Schafe i. 


vIOH Sitten und Bebräude. 


Die Sitte ded Giſchrtrinkens ift gleichfall8 hier verbreitet, befteht 
aber gleichzeitig mit der des Kaffeegenuſſes. Der Kaffee wird immer 
mit Milch getrunken. Zumeilen mifcht man aud) Kaffee und Giſchr 
zufammen und mengt diefed Gemiſch dann noch mit Milch. Einige 
Mogatera verficherten mir, died gebe eine köſtliche Mifchung und fei bei 
weitem jedem der beiden einzelnen Getränke vorzuziehen. 


Hogriva = Lamb. 391 
: ihre Unabhängigfeit bewahrt haben, während andere unter 
ıft der Dhu Mohammed gerathen find. Im Allgemeinen 
die nördlihen und öftlihen Stammesgebiete jetzt eine Pro- 
Ohu Mohammed nennen. Da letere aber jedes Gebiet ge: 
miniftriren und ihm ſomit den Schein einer gewiflen Auto: 
abren, jo fcheint es mir auch vorzuziehen, jeden Diftriet in 
iung anzuführen, welde er früher ald unabhängiges Hogriya— 
nahm. Natürlid wird immer binzugejegt werden, ob und in 
Weiſe er den Dhu Mohammed unterworfen if. Topographiſch 
ealogiſch find dieſe Vaſallenſtämme mit den frei gebliebenen 
verbunden, daß wir auch lepteren nicht einen getrennten Ab— 
anmweijen fönnen, jondern fie in der Reihe der anderen aufführen 
inzujegung jedesmal der Eigenſchaft ihrer Unabhängigfeit. 


V. Befhaffenheit des Landes. 


Durchweg Bergland, mitunter (beim G. Sſabr, deffen jürlicher 
U hierher gehört) Hochgebirge. Reich an Producten. Faſt in allen 
fern Kaffee, weniger jedoch als in Mittel-VYemen und Yafıia. Im 
eren Gebirge viel Kaat, der von bier maſſenhaft in andere (Se- 
ven Arabiend ausgeführt und theuer bezahlt wird. Sonſt ned) 
ealien: Durra, bier Nefi (in Aden Tamm) genannt, rother Dodn, 

Rharib oder Gharib genannt. Wenig Datteln. Dompalmen. 


t ganz in die Zune der tropifchen Sommerregen. 


vL Wadis. 


Biele haben feinen Ausflug, ihre Waffer wird entweder durd) die 
välferung aufgebraucht oder es verliert fi) im Sande. 
Wadi Mefalid, Ceitenarm des bei den Mogatera erwähnten 
Mirffad, kommt von Abus, wo er den W. Daan aufnimmt. 
Wadi Hagum (mit dihim und ſchwachem h) kommt von 
um und fließt in den W. Hakum (mit fef und ſtarkem h); 
rer auch W. Chuale genannt, fließt gleichfalld in den W. Mefalie. 


W. Haklum viel Kaffee. 
W. el Dobba, im Gebiet der Dobati, fließt in den W. Haqqa 


Gebiet der Siobehi. 


392 Hogriya - Land. 


RW. el Metthur, fließt vom Gebiet der Bent Hammad gegen dad 
Meer bei Mocha zu. Biel Kaffee. 

W. Heruma, bei der gleichnamigen Stadt, verliert fi) im Sand. 

W. el Menara bei eſſ Celu nahe bei Herumwa, gleichfalld ohne 
Ausfluß. 

W. Mo'qa kommt vom ©. Sſabr, fließt oſtlich durch's Gebiet 
der Beni Yuſif und dann in den 

Wadi Warezan, größter Wadi dieſer Gegend, durchfließt den 
ganzen Oſten, vereinigt ſich noördlich von Zaida mit dem W. Nura, 
mit dem zuſammen er den W. Tobban oder Fluß von Laheg bildet 
(Bei Hamdani tft der Verlauf dieſes W. genau angegeben. Cr nemt 
auch eine Ortſchaft Warezan.) 

W. Adim, kommt von den Scergebi und B. Hammad, flieht 
gegen Bab el Mandeb zu. 


VO. Mineralguelle. 


Im Gebiete der Beni Hammad, 3 Stunden vom ©. Sſabr, be 
findet fih em warmes Mineral: (wahrſcheinlich Schwefel-) Bad, viel 
von Arabern befucht, Birfet Hammam genannt. Einige Mejchaich, die 
in der Nähe wohnen, hüten das Bad und erhalten Almofen von den 
Gäſten. Zwei Tage der Woche find für die Frauen refervirt. Die 
Männer jollen ſich nie zuſammen baden, fendern nur einem auf ein: 
mal ed gejtattet ſein, das Bad zu benugen. Juden werden nidt ju: 
gelaſſen. 


VIII. Gebirge. 


Der ©. Stabr*), von Paſſama und Botta beſucht, gehört ſchen 
in’d Bereich des Befannteren. Die gewöhnlichen Berge führen immer 
den Namen nach dem nahe wohnenden Stamme: Gebel Mefalie, G. ei 
Celu, ©. el Efu u. |. w. 


IX. Stämme, deren Wohnort und politifhde Stellung. 


1. Schergebi, in der Gollectivform Schergab, mit der Haupt: 
ftadt Dobhan, wohnen etwa unter dem 44° öftl. Länge v. Gr., an 


*) Man fehe die eingcehente Belchreibung Ritter XIL S. 783 u. ff. 


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e Zumm Ti Thu Wohammst orsberten iein Yan! ct 1870 
Sambdan: :! Aer erwähe: 
‚ Amer. nördi rin Der fkrmis der Ziobebi oberbelt Arm 
Nirtad. Ziehen uni: iin Thu Mebenmed. 

Srekati. nirtkb ron dur un? Imen. Zind Untenbepen 
tape Der * Wokamme:. 

it Er nörtid ron Eerura, nıke am W. Warezen. 

her Dbu — Bi Hamdani Celu, Dort beim W. 
ın.) 

"Ariai, in der Esllesnrtsem Arus, iudlich von Taſizz. weii— 
n Abus. Harz der Thu Mobammed. 
. "Abeii, im der Eellecirierm Abus, bilden ie zu fasen ten 
runft des aınzen Ezzmialandes iteregrarhiidı. Yaze enra unter 
1° öftl. Yanze r. Gr. un? 13° 14 nirdl. Breite Sind Kr: 
bu Mebammer. 

Zokeiri, noröweitlih ven Abus un? Arms. Rare Der Thu 
mmed. 
. Hat am cter Hakimi, 2 runden weſtlich ren Abus. 
der Dhu Mebammed. 
. Haaum (Satjum) cter Hagimi, 2 bie 3 Stunden meitlic, 
if von den Hakum. are ter Thu Mebammed. «Bei Hamdani 
ı Ert Mehagem etwa an Liefer Stelle enwahnt. ı 
. Anierat, im Oſten gegen Yabea zu, iellen unabbingia sein. 
dielem Stamm konnte ich nichts erfahren. 


394 Hogriya » Stämme. 


12. Beni Hammad, große und mächtige Stammesgruppe, im 
Weſten der Schergebi, am jüdlichen Fuß des G. Sſabr ungefähr halb⸗ 
wegs zwiſchen Hegaz und Mocha. Nach jedem diefer Orte rechnet man 
zwei Tage, nach Aden 4 Tage. Zerfällt in eine Menge Unterftimme. 
Iſt noch unabhängig, aber jedes Fahr verſuchen die Dhu Mohammed, 
ihn zu unterjodhen. Erſt im Frühjahr 1871 machte Daid Holen, der 
Statthalter der Dhu Mohammed in diefer Gegend, einen ſolchen Ber: 
ſuch und belagerte Dar Schauwar, Hauptort und Feftung der B. Ham 
mad. Da jedoch jeine einzige Kanone dabei plapte und mehrere de 
Seinigen erihlug, jo ließ er ſich entmuthigen, gab die Belagerung anf 
und 309 fidy zurüd. Bald darauf ftarb er. Einftweilen ift nun Frieden 
eingetreten. Die Dhu Mohammed jollen in diefer Gegend jegt feinen 
guten General mehr haben. Die B. Hammad ftehen unter einem 
Dberhaupt, dad den Titel Akel führt, Namens Kazim Hacem (mit m) 

13. Bent Scheiba, wohnen an der Weltgrenze zwijchen B. Ham: 
mad und Moda, 1", Zagereifen von leßterer Stadt. Verdanken ihr 
Unabhängigkeit ihrer entfernten Lage vom Sig der Dhu Mohammed. 

14. Mepdabi, Ffriegeriicher Heiner Stumm, nördlid) von den Re 
qatera zwiſchen Dobhan und Kabel. Hauptort Keddera. Iſt ungab. 
hängig, macht bei Gelegenheit mit den Mogatera gemeinfame Zutı 
gegen die Din Mohammed. 

15. Beni Yufef, Stamm im Norden, am öftlihen Abhang ie 
5. Sſabr. Raye der Dhu Mohammed. Nicht mit Yuſefi zu vermwedjeh 

16. Doba it, joll ein den Dhu Mohammed unterwerfener Etumm 
5 Stunden von B. Hammad jein, in welder Richtung erhellt nict 

17. Ahl Ooraiſch, ftädtiihe Bevölkerung der Stadt Dimen, 
joll von dem Ooraiſch in Hegaz ftammen. Raye der Dhu Mohammet 

18. el Efu, Stamm von Naye der Dhu Mohammed, 2 Stunda 
von den Bent Hanımad, wie es jcheint, in wetlicher Richtung. 

19. Aſſabeh, wohnen 3 Stunden von Steddera, nur 1 Etunt | 
von Dobhan der Echergebi. (Der Name dieſes Stammes ift au 
derjelbe, wie der von Hamdani in der Gegend von Laheg angegeben. 
er deutet auf Verwandtſchaft mit den Stobebi, die Hamdani Afibaht 
nennt. Aber Aſſabeh und Affbabin find wohl nur andere Formen ein! 
und dejjelben Namens. Die Tradition der Sfobehi jagt auch, daß ir 
Hogriya und fie einft ein Volk waren.) Die Aſſabeh find Raye de 
Dhu Mohammed. 





Städte im Hogriya Land. 395 


Dieſe Berwandtichaft mit den Sjobehi, die Phyfiegnomien und die 
fehr dunfle Hautfarbe der Hogriya, alles läßt auf einen himyariſchen 
Ursprung fchließen, wenn auch die arabiſchen Genealogen, die ſich ja 
mit. diefem füdlichiten Theil der Halbinjel jo wenig beichäftigen, uns 
nichts Berläffiged darüber bewahrt haben. 


X. Städte und Ortfhaften. 


Im Hogriyaland giebt es einige wirflihe, von ſtädtiſcher Bevölke— 
rung bewohnte Orte, die nicht den ummwohnenden Stämmen gehören, 
gleihfam ehemalige Zreiftädte (vor der Zeit der Dhu Mohammed und 
Zaidt), ſowie andere fogenannte Städte, die nur Mittelpunfte der Stam⸗ 
meöbevölferung find, aus einem Schloß mit Strohhütten und Markt 
beftehen und nichts eigentlich Städtifches haben. Die Städte der erfteren 
Art find: 

Heruwa, Heine Stadt zwifchen Abus und eff Celu. Sug et tholuth, 
d. h. Dienftagsmarft. Etwa 500 Einwohner. Kleiner Bafar. Einige 
Juden. 

Dimena, nordlichſter Ort, nahe bei Ta izz. Etwa 600 Ein— 
wohner, darunter 60 Juden. 

Dobhan, zwar einem Stamme, den Schergebi, gehörig, doch 
eine wirkliche Stadt. Suq es ſebt (Samſtagsmarkt). Baſar. Etwa 
500 Einwohner, worunter 100 Juden. Ueber der Stadt liegt ein 
altes himyariſches Schloß, Oal'et Ooraiſch genannt, welches die Dhu 
Mohammed zu einer Feſtung reſtaurirt haben und das ihnen zur Ci— 
tadelle dient. (Hamdani erwähnt Dobhan genau. Das Pariſer Manu⸗ 
ſeript ſchreibt Dihan.) 

Ortſchaften der anderen Art find: 

Schue iwa, 2 Stunden von Dimenn. 

Chafegga, feiner Ort der Aturi mit einem Schloß, genannt 
Hoſſn Gaſche auf dem Berge oberhalb Chaſegga. 

Zafiye, Ortichaft der Dobai nahe bei Efu. 

Medinet Sug Doba, Ort der Dobati. Der Schech heißt Hamed 
ben Hamed. Ein Suq el arba (Mittwochsmarkt). inige Juden. 

Dar Schauwar, Hauptort der Beni Hammad, mehrere fefte 
Schloſſer, 20 Steinhäufer, fonft Hütten. Etwa 300 Einwohner. Einige 
Suden. Ein Sug el goma ($reitagdmarft). 


396 Hogriya » Land. 
Andere Orte deifelben Stammes: Debn ed dachel und Debn dl 


charig. 
Keddera, Stadt der Medabi. Schloß. Markt. Einige Juden 


XI Märkte. 


Abus, Sug et tholuth (Dienſtagsmarkt); Yuſefi, zwei Märkte | 
an verfchiedenen Orten: ein Suq el latnen (Montagdmarft), en Eu 
el arba (Mittwochsmarkt); Hakimi, ein Suq et tholuth (Dienſtags⸗ 
markt). Beni Yuſef, Suq el arba (Mittwochsmarkt). 


zu. Schlöſſer. 


Hofſn Mefalis, altes himyariſches Schloß, im W. gleichen Na⸗ 
mens, Gebiet der Aturi. Mefalis bei Hamdani als Ortſchaft erwähnt. 
Lage genau.) 

H. el Mimſchah, altes himyariſches Schloß im W. Daan, 
1 Stunde von Abus. 

H. el Dure, altes himyariſches Schloß in "Abus felbft. 

H. Rekeb, Schloß der Yufefi, 2 Stunden von ihrem Marft. 

9. Sherman, im Norden von Dimena, 1 Tag von Taiz;. 

9. Hauban, % Tag von Ta izz. 

9. Gendiye, zwilchen Scherman und Hauban. 

Negil el Hamza, 2 Stunden von Abus auf dem Meg nıd 
Heruma. 

el Agrud, 1% Tag von Taizz. 


XII Religion. 


Alle Hogriya gehören zur Secte der Schafe i. Nur ibre Unter: 
drüder, die Dhu Mohammed, find Zaidi. Beſchneidung am fiebenten 
Tage. Die der Mädchen fol unbekannt jein. | 


XIV. Politiſches. 


Die Dhu Mohammed Iafjen faft überall die einheimifchen Scheb} 
ihre Stämme verwalten, geben ihnen aber oft einen Negib (Statthalter: 
zur Seite. Ihr oberjter Statthalter führt den Titel Qaid. Sie 
unterhalten Garniſonen zum Zmed des Steuereintreibens; dieje fint 
jedoch nur jelten feit an einem Orte, ſondern durchziehen das Land, um 





Hogriva Land. 397 


den Tribut zu erheben. Die Zuftiz ift in Händen der Dhu Mohammed, 
welche die Hogriya als Raye behandeln. 

Die Invafion der Dhu Mohammed begann erft vor 23 Jahren. 
‚Srüher waren die Hogriya unabhängig, d. b. feit dem Sinken des 
Imamats von Sfana, zu dem fie noch zu Anfang diefes Sahrhunderts 
gehörten. Einen eigenen gemeinfamen Sultan fcheinen fie nie gehabt 
zu haben, wenigitend in den legten 3 Iahrhunderten. 


XV. Sitten und Gebrüäuche. 


Die Männer tragen Lendentud,) und Meichedda (ein Umſchlagtuch) 
dad nur loje und auf einer Seite ftridartig zujammengerollt getragen 
wird. Schwarzblauer Kopfbund. Die Frauen tragen indigofarbene 
Hoſen, Hemd und Kopftuch (hier Schail genannt). 

Bei den Hogriya giebt ed feine Schumr oder Schimri, wohl aber 
viele Achdam, welche diejelbe Stellung haben, wie anderswo. 

In Aden finden fi immer viele Hogriya, die vor der Tyrannei 
der Dhu Mohammed entfliehen. Sie bezeichnen diefe ihre Zwingherren 
jedoch nie mit deren Namen, jondern ftetd nur nad) ihrer Sectenbezeich- 
nung, d. b. Zaidi. Diejer Gebrauch ift in ganz Südarabien allgemein. 
Der Gegenſatz zwiſchen Schafei und Zaidi wird viel lebhafter empfun- 
den, ald irgend ein genealogiicher, auf Stammeßverichiedenheit ge: 
gründeter. 


Sinundzwanzigfted Gapitel. 
Kleine Rädtifche Gebiete bei Taiz; oder Taizziya. 





I. Name. — I. Geograpbifche Yage. — TIL Grenzen. — IV. Bmwed der Rit: 

tyeilungen über die Talizziya. — V. Beichaffenheit des Landes. — VI Charalter 

diefes Gebiets in focialer Beziehung. — VII Bewohner. — VIIL Politiſche Ein 
theilung der Za’izziya. — IX. Städte und ftädtifche Gebiete. 


L Rame 


Der Name Ta izziya begreift weder eine genealogiſch noch jetzt ab: 
gefchloffene, noch auch eine politifche Einheit. Die Bewohner von Süd— 
Yemen verftehen unter diefen Namen alle jene Fleinen, meiſt ſtädtiſchen 
Gebiete, welche ehemals, ald Ta izz noch Hauptftadt war, von ihm dire 
abhingen, und zwar nur die, welde in der ſpeciellen Provinz Taiz 
lagen. Das vorwiegend ländliche Gebiet der Hogriya ift bier nit 
mehr mit inbegriffen. 


I. Geographiſche Lage 


Die Lage dieſes Gebiets dürfte zwiſchen 43% 25‘ und 449 15 öftl. 
Länge v. Gr. und zwilhen 13° 30° und 140 35 nördl. Breite zu 
firiren fein. 


II Grenzen. 


Im Süden Hoyriya. Im Weſten dad türfiiche Küftenland von 
Mocha gegen Zebid zu. Im Norden die einftige Provinz Sſana, jept 


Barfell der ciefligen Provinz Salz. 399 
Spfalis Lande gerfpfitterte Meine Gebiche. Im Beilen Dhalı, Oa taba 
Die in unferem 16. Gapitel erwähnten fleinen Stammesgebiete 


IV. 3wel ber Ditielungen über Die Za’igige. 


>= Zwei nid, die ven anderen Reitenden, wie Riebuhr, Betta, 
FE mw. gemamer beſchriebenen größeren Stätte zu 

find Ta i. Ib (Debb), Diamar und Derim. 

u jene Stäbte jept nicht mehr der mitunter 

—— ——— Seit tem 

—— — Dem jept gänzlich rellendeten 

Imume Zeil won —— Da 5 Biken Be 

uypneumen; Ye Exihe find theiis rerẽdet 

fie meh Rünfläg ühe Sehen, wie Set, Dhumar 

RR fh nur meh cin Haufen ren Ruine, 


Sekiss mi DS Gastes. 
un hühees Sexy sure. Ye Ünlihe incheun Ir: 
Wieubst zen. Wint-Iee. Des Mm Ft Sai Sumerlinerich 


— ⏑ ⏑ DU6 st Ei BE DO — — 
us al ae dh, sr 5 U Dar hate ô 


400 Ein vorwiegend ftädtifches Gebiet. 


überall. Der Kaat fommt noch bier und da auf den Höhen vor. An ! 


Gerealien iſt Fein Mangel. 


VI. Charafter diefes Gebiets in forialer Beziehung. 


In allen früheren Abfchnitten (mit Ausnahme von Neda unt 


Gefe) hatten wir ed mit ländlichen, ven Dobayel und Beduinen, oder 
von Raye auf tiefer Eulturftufe, bewohnten Gebieten zu thun. Aait‘ 


überall trat das ftädtifche, bürgerliche Element zurüd. Die Sobavel 
herrſchten; die Städter nahmen Ddfe tieffte fociale Stelle en. In dem 
Gebiet der Taizziya ändert ſich Died. Died Gebiet gehörte eben ſeit 
dem Sahrtaufend zu einem jecial, bürgerlid) und politiſch geerdneten 
Staatöwefen, einem Gulturftaat, im Sinne moslemiſcher Eultur, wie es 
Eyrien und Aegypten find. Das Element der Oobayel tritt bier zurüd. 


Hier fommen wir in ein dicht mit Städten befätes Land, in weldem 


dieſe Städte die Hauptſache find, furz, wir nähern ung mehr civilifirten 
Zuftänden. 
Damit ſchwinden denn auch die Stammes-Vorurtheile. Die Ge: 


Ihlechte-Traditionen find in den meiften Stätten mehr oder weniger | 


verwilcht. Cine größere Vermifchung des Blutes findet ftatt. Selbit 
die Vermifchung mit Negerblut, im den reinen Stämmen je änzitlid‘ 
vernieden, führt bier nicht mehr jene ſociale Verachtung mit ſich, Die 
fie bei den Oobayel trifft. 

Der Kaufmanns-, jelbft der Krämerſtand, die Handwerfer find nicht 
mebr veradhtet, ſondern nehmen eine Ahnlihe Stellung, wie in Europa, 
ein. Neben dieſer vornehmeren bürgerlichen Schicht der Berölferung giebt 
es aber gerade bier zahlreich jene Nuswürflinge, Paria's, die Schumr 
und Achdam, die aus uralten Abjonderungen hervorgegangen, vom 
nivellivrenden Einfluß der Gultur unberücfichtigt blieben. Ebenſo giebt 
es viele Juden, deren fociale Stellung kaum eine beijere ift, als 
anderswo. 


VD. Bewohner. 


Die Ta izziya find wahrjcheintid in ihrem größeren Theil auch 
Himyaren. In diefer Gegend, wo ja auch (unmeit Dbamar) die alte 
bimyariihe Hauptſtadt Tſofar (das befanntere weftlihe) lag, muß wohl 
der Kernpunkt der einftigen himyariſchen Macht gejucht werden. Während 
aber die füdlihen Himyaren meiftentheils zum Leben der Dobayel zurüd: 


| 
\ 


Politifche Zuftände der Ta izziya. 401 


en (manche mochten es nie verlaffen haben) und aus Bürgern eines 
denlizen Culturſtaates verwilderte Zandbewohner wurden, blieben die 
Te igzim den mehr civilifirten Traditionen treu. Cie verloren freilich 
f Felge davon ihre Stammeseinheit. Aber im Allgemeinen dürften 
ir nicht irren, wenn wir ihren Haupttheil als Nefte jener ftädtiichen 
Himywaren bezeichnen, welche einft zum Glanz des himyariichen Reiche 
ſo viel beitrugen. 
Bon den einzelnen Unterftämmen wird, infofern ſolche noch tra- 
Dittonell verbürgt find, bei den von ihnen bewohnten Städten die 
Rede jein. 


vIH. Politifhe Eintheilung der Taizziya. 


Seit dem Verfall des Smam-Reiches hat fih an deſſen Stelle eine 
andere Macht geſetzt, nämlich die der oft jchon erwähnten Dhu Moham- 
med. Dieje, obgleich fie an und für ſich betrachtet ganz ald Dobayel ange- 
jehben werden müfjen, unterjcheiden fich jedoch infofern vortheilhaft von 
den biöher erwähnten freien Stämmen, als fie einer jtädtifchen, bürger- 
lichen Eriftenz nicht feindlih find. Ste haben den größten Theil der 
Städte der Ta izziya erobert, aber weit entfernt, fie tyrannifch all,zuſehr 
zu bedrüden, üben fie vielmehr eine zwar ftrenge, aber nicht willfürliche, 
fondern geregelte und Zutrauen einflößende Autorität aud, wie einft Die 
Imaͤme, unter denen diefe Städte blühten, ja fogar in mandyen DBe- 
ziehungen eine milder. Die meiften Taizziya find ihre Raye, zahlen 
Steuern, werden aber fonft nicht beläftigt. Die Juſtiz bleibt meift in 
Händen des einheimijchen Oadi. 

Es ift das Unglüd der Taizziya, dab die Dhu Mohammed nicht 
früher famen, daß unmittelbar nad) dem Fall des Imam-Reichs hier 
eine Periode der Anarchie eintrat. Aus diefer Periode rührt der namen» 
loſe Verfall der Städte, beſonders ber größeren ber. Ceit jedoch die 
Dhu Mohammed herrichen, haben ſich die Städte, namentlich die Fleineren, 
ſchon vielfach erholt. Die größeren erholen ſich jhwerer. Das Eyftem 
der Dhu Mohammed ift eben fein centralifirended. Sie laſſen jede ihrer 
Eroberungen getrennt, mit einer gewifjen Autonomie bejtehen, die dem 
Aufihwung der Volkswirthſchaft jedenfalls vortheilhafter ift, als die ehe- 
malige Centralifation. Daher fommt es audy, daß fich einzelne Kleinere 
Städte gehoben haben und nun größer find, als die früheren politiichen 
Mittelpuntte. 


v Maltzan, Beile nah Eüpdarabien. 28 


402 Städte der Ta izziya. 


Wegen dieſes Mangeld an Bentralilation können wir denn aud 
bier nicht von einem Reiche der Dhu Mohammed reden, um fo mehr, 
als zwifchen jenen unterjohten Gebieten noch einzelne unabhängige 
Enclaven gelaffen wurden, deren Bewohner nicht Raye, jondern Ber- 
bündete der Dhu Mohammed wurber. 


IX. Städte und ftädtifche Gebiete. 


Da’ida*), Meine Stadt, Y, Stunde nördlich von Dimena (Hogrinn) 
gegen Ibb zu. Etwa 1000 Einwohner. Die Bewohner find Schafe i 
und Raye der Dhu Mohammed (Zaidi). Markt. Kleiner Bafar. Etwa 
50 Juden. 

Hogaiba, 3 Stunden nordweftlih von Dimena, gegen Taiz; 
zu. Soll nur ein Schloß mit umberliegenden Hütten fein. Steht 
unter den Dhu Mohammed. 

Sjaheban, kleine Stadt, nördlid von Dimena, nahe bei Ccher: 
man (Hogriya). Schloß. Etwa 400 Einwohner. Keine Juden. 

Nachlan, Schloß und Hüttendorf nahe bei Daida. Bewohner 
Schafet, Naye der Dhu Mohammed. 

Medinet el Adfal**), zwilhen Qaſida und Shb, Y, Tay füdlich 
von Sbb, eine Fleine Tagereife nordöftlih von Ta izz. Blühende Han: 
delöftadt, wohin fich jeit den Herabkommen von Iaizz faft aller Ver: 
fehr diefer Gegend gezogen hat. Etwa 4000 Einwohner, morunter 
400 Juden. Baſar. Zwei Mochenmärfte Mittelpunkt der Karawanen- 
ftraßen zwifchen Ibb, Taizz, Scheriab, Aden und Micha. 

Haime, zwilhen Datda und M. el Asfal, Heine Stadt mit 
200 Einwohnern. Bewohner Echafei, Naye der Dhu Mohammed. 

Gible, kleine Stadt füdlih von Ibb, ſchon durch Niebubr, der 
ODſſobla fchreibt, bekannt. 

Chadra, nahe bei Ibb, ſüdöſtlich von Bible un einem Eeiten: 
Hub des W. Nura. 

Negd el Ahmar, Meichura, Rebak. Dieje drei Orte ſollen 
weitlihh von der Straße von Ibb nach Nerim liegen. 

Negil Semara***), auf einem hohen Berge zwilchen Ibb und 
Yerim. Die Bewohner find Zaidi und unabhängig. 


— — — — — — — — 


*) Niebuhr nennt ein Dorf Ghaida am G. Sſabr, Ritter XII, 725. 
*) Wahrſcheinlich der Ort, der auf Niebuhr's Karte als Daſoffal figurirt. 
**«*) Dei Niebuhr nur als Berg erwähnt. 















L... der Ta izziya. 403 


Be im gleichnamigen Stammesgebiete, zwifchen 
Men vor Niebuhr erwähnt. Bewohner Zaidi, 
Kr Mohammed. 

Mai, feiner Ort nördlich von Ibb. Bewohner 


Ni 

Me nordweſtlich von Taſizz. Bon ben Ahl 
twa 1200 Seelen, worunter 200 Suden. Biel 

fet und unabhängig. Die Eroberungen ‘der 

T nicht fo weit weftlich. 

„Ztabt zwiichen Taizz und Scherab, bei Niebuhr 

Eid, Bundesgenofien der Dhu Mohammer. 

ii von Tarizz auf dem Wege nach Moda. Be- 

gig. 

den Bent Hammad und Mocha, ganz im Eüd- 

ner Echafeti, unabhängig. 

Za’izz liegen dann noch Vefrus, Gomar, 
,‚ meift Schlöffer mit kleinen Hüttendörfern, 

sed ſtehend. 

die Dhu Mohammed dad alte Schloß Hifin 

‚und beherrſchen von da aus die Stadt. Die 

puf die Sam a Modhaffer mit ihren 70 Heiligen: 


en Ort Scherab und feßt einen Beinamen hinzu, der 


Ariſch gleich nad) den Schergebi und vor den Aturi 


’ 
b 
R 
b 


N» 


Zweiundzwanzigftes Capitel. 
Dhu Mohammed und Dhu Hofain, 





Näthfelbaftes über diefe Völker. — Belanntichaften mit Dhu Mohammed. — Ein 

Schech der Dhu Hofain. — Eroberung der Umgegend von Marib. — Wichtigkeit 

der Thu Mohammed. — Shre ausgedehnten Eroberungen. — Stellung der beiden 

Stimme — Ihre Wehrkraft. — Urfprung der Dhu Mohammed. — Die Haſchid 

und Belil. — Söldnerftiämme der Imame von Sſan'a. — Vorfahren der beiden 
Stämme. 


Mie Semand, der den Negen fühlt, obne die Wolfe gejeben zu 
haben, fo haben mir bi8 jebt jo oft von den Thaten und Eroberungen 
der Thu Mohammed gehört, ohne recht zu willen, wo wir fie bin ver: 
fegen follen. Aufrichtig geftanden, ift es mir nicht gelungen, dies mit 
völliger Beftimmtheit zu ermitteln. Das %olgende ſoll das Wenige 
wiedergeben, wad es mir gelang uber died rätbjelhafte Volt zu erfahren. 

Obgleich der Hauptfig der Macht und eigentlihe Wohnort diejer 
beiden Stämme fern von unferem, auf den tiefen Süden bejchränften 
Forſchungsgebiet liegt, fo greifen fie Doch fo mächtig in alle politijchen 
und religiöfen Eriftenzfragen dieſer Ländertheile ein, daß unfere Aufgabe 
höchſt lüdenhaft bleiben würde, wollten wir nidht von ihnen fagen, was 
wir darüber erfunden fonnten. Dies ift freilich wenig genug. Bon 
ihren Eroberungen wurde viel gefprocdhen, aber vom eigentlichen Ei 
ihrer Macht wußte Niemand etwas zu fagen. Ich lernte fogar mehrere 
der Dhu Mohammed und einen von den Dhu Hofain perjönlich Fennen, 
aber diefe waren fchon in den eroberten Gebieten geboren und Tannten 
die eigentliche Heimath ihred Ballet wox won Hörenfagen. Mein Be: 


Die Dhu Mohammed und Dhu Hofain. 405 


fannter von den Dhu Hofain war ein Schech, der in der Gegend von 
Marib wohnte, weldhe, wie er jagte, fein Stamm vor etwa 30 Jahren 
erobert hätte. Die Dhu Hofain befiten, nad ihm, nicht Marib felbft, 
fondern die umliegenden höher gelegenen Landſtriche, jowie auch einige 
Bezirke ded Tieflandes el Gof, welche fie noch ſpäter erobert hätten. 
Dort ſei ihre Macht jehr anfehnlich, fie befäßen jogar etwa 1000 Pferde 
(was fonft in Yemen, dad fein Pferdeland, unerhört ift). 

Wenn ſich die Dhu Hofain wirklich jo weit in Oſten und Norden 
ausgedehnt haben, wie diefer Schech, übrigens ein hoͤchſt ehrenwertber 
Mann, ausjagte, jo erklärt mir dies, warum im Welten und Süden 
jo wenig von ihnen die Nede ift, denn bier hört man eben faft immer 
nur von Dhu Mohammed und die Dhu Hofain find nur befannt, weil 
fie deren Schweiterftamm bilden. Die Dhu Hofain, feinen eigenen 
Stamm, ſchätzte mein Informant auf 5000 Männer (vom 13. Sabre 
bis zum Greijenalter gerechnet). Die Dhu Mohammed dagegen, von 
denen er auch audjagte, daß fie nur 100 bis 200 Pferde, dagegen 
2000 gute Reitlameele hätten, jchlug er nur auf 3000 Männer a. 
Auch behauptete er, die Dhu Mohammed hätten bis jegt immer nur 
Ichlechte, gebirgige, nicht ſehr fruchtbare Landſchaften erobert. 

Mag dem jo fein, jedenfalls aber erftreden fi die Eroberungen _ 
der Dhu Mohammed auf ein fünfmal, ja vielleicht zehnmal jo großes 
Gebiet, ald die des andern Stammes. Weberhaupt habe ich nach meinen 
anderweitig eingezogenen Erfundigungen allen Grund anzunehmen, daß 
das Verhältniß der MWehrkraft der beiden Stämme eher das Umgefehrte 
von dem tft, welches der Schech darftellte, indem letzterer als Geſandter 
ſeines Stammes beim Sultan von Laheg, von dieſem Eubfidien für 
militärijhe Beiftandverfprechungen unterhandelte (er erhielt fie auch) 
und ein Interefje dabei hatte, feinen Stamm mächtiger darzuftellen. Daß 
aber die Geſammtmacht der beiden Stämme ficher über nicht viel mehr 
verfügen Tann, ald 8000 Mann, jcheint jo ziemlich feftzuftehen. 

Dennoch haben die Dhu Mohammed allein mit, jagen wir aljo, 
etwa 5000 Mann ein Land erobert, das faft dem 4. Theil von Yemen 
gleihlommt. Dieſe Eroberungen find, wie ſchon oft erwähnt, nicht 
zufammenhängend, fondern über dem ganzen Süden und Weften von 
Yemen mehr oder weniger zerfplittert, fie bilden zwar oft compactere 
Gruppen, aber es fehlt ihnen doch bie topographifche Einheit. So fann 
man auf ber Karte kaum ein Reich ber Dhu Mohammed mit topographiic) 


406 Die Dhu Mohammed unter Dhn Holain. 


richtigen Grenzen bezeichnen. Wir fennen ja gar nicht alle ihre Eroberungen 
‘und willen noch weniger, wo denn eigentlich der Haupffern ihrer Macht, 
ob er noch in ber Wiege ihres Stammes und wo diefe Wiege ge 
legen ift? 

Sch babe mir viel Mühe gegeben, etwas über ihren Urfprung zu 
erfahren und bin theils durch Nachfragen bet Arabern, theils durch fol- 
gende Gombination zu einem gewiſſen Rejultate gelangt. Schon Nie 
buhr nennt die Haſchid und Beil, eine Art von Sonföderation (Ritter XII, 
714) freier Stämme im Norden von Sfan a, deren Mitglieder die Sold⸗ 
teuppen ber Imame bildeten; fo lange letztere mächtig waren, gehorchten 
aber bei jeder Schwächung ded Reiches in Rebellion ausbrachen, ganze 
Diftriete räuberiſch durchzogen oder auch wohl einnahmen und jo lange 
im Befip behielten, als die wieder erjtarfende Macht der Smame ihnen 
dies geftattete. Ä 

Nun beftätigen alle Araber, daß die Dhu Mohammed und Dhu 
Hofain aus den Söldnerftämmen von Sfana hervorgegangen find. Eeit 
das Neich fiel, haben diefe Söldner fidh zu Eroberern und Landesherren 
aufgefhwungen. Die Heimath der beiden Stämme wurde mir von ben 
Arabern ald im Norden von Sfana, in einer Gegend, weldye man mir 
. „Berad“ nannte, bezeichnet. Nichts ift deshalb wahrfcheinlicher, «ls 
daß fie aus den Haſchid und Bekil hervorgegangen find. 

Auh die Eonfeffion trifft zu, denn Niebuhr nennt jene Zaidi. 
Ihre jpectellen Namen fannte Niebuhr nicht, da fie unter dem allge: 
meinen der Gonföderation verſchwanden. Dennoch müſſen diefe Namen, 
wie alle arabiihen Stammesnamen, eine gewifje genealogifche Wichtig: 
teit haben. Wie ich hörte, follen fie zu einem Stamme der großen 
Familie der Beni And gehören. Ihr fpecteller Vorfahr fell Schafer 
ibn Hamdan gewejen fein, der 2 Söhne, Mohammed und Hejain, 
hatte, nad denen die Stammeätheile genannt wurden. Wann diejer 
Schäfer *) gelebt hat, darüber wußte mir Niemand Auskunft zu geben. 
Der jebige Echedh der Dhu Mohammed nennt fi) gerade umgekehrt 
wie er, nämlich Hamdan ibn Schaker. 


*) Sch hege übrigens die Anftcht, daß diefer Schafer nur der Stammvater 
der Dynaſtie war und daß die Völker, die fich aus den Hafchid und Beil unter 
feinen Söhnen zufammenfchaarten, dieſe dunaftifchen Namen angenommen baten, 
wie wir dies fo oft In Sütarabien (chen. 


Die Dhu Mohammed und Dhu Hofain. 407 


Die Dhu Mohammed fcheinen jedenfalld ein ganz außerordentlich 
friegerifches Volk zu fein. Man fagte mir, dab in ihren Kriegen jogar 
oft die Frauen mitfämpften, aus den Häufern Ichöffen, Steine auf den 
Feind fchleuderten. Auch fcheinen fie Durch dad Glück bis jetzt noch 
nicht verweichlidht, fondern ein abgehärteted Gebirgävolf geblieben zu 
fein, während id) erftered eher von den Dhu Hoſain glauben möchte. 

Bon ihren Eroberungen war ſchon an Ort und Gtelle bei Er- 
wähnung aller der Zocalitäten, welche diefen zum Opfer fielen, ausführ- 
lic) die Nede. Auch die Art und Weije, wie fie ihre Eroberungen ver- 
walten, wurde beſprochen. Unſer Forſchungsgebiet umfaßt freilich nur 
einen Theil ihres Eroberungsfeldes. Doch von dem, was außerhalb 
deſſelben Liegt, war ſchlechterdings nichtd zu erfahren. 


Regifter. 


A. 
Abadel 250. 824840. 
Aba Kaiſi 122. 
Abd⸗Allah 227. 


Abd⸗Allah ben Haidra. 316. 

Abd⸗· Allah ben Mobfin (8.) 332. 
"Abd-Allah ben Mobfin (Negib) 336, 373, 
Abd-⸗Allah Sſalah ed Deqmi 366. 
"Abd el Beri 164. 194. 

“Abd el Hud 24. 

Abdeli 324—349, 

“Abd el Kerim 20—24. 

“Abd er Rahınan Aidwa 368. 


Abdulaziz 16. 

“Abert 247, 

Abeſi 206. 398, 

Abeffinien 177. 122 u. f. 
Abian 212. 256. 

Abu 238, 

Abu Belr 168. 

Abu Bekr (Dorf) 3299. 

Abuna Johannes 128. 

Abuna Salama 132, 

“Abus 206—207. 893. 396. 
Abu Schehr 88. 

Abu Simbel 227. 

Agabeh oder Afjabeh 206. 328. 
Agala oder Affala 198—201. 257—259. 
Achdam 184, 218. 

Adan 278. 

Adareb 208. 872. 

dent 287. 





Aden 115. 142. 198. 
“Adi 388. 

Adua 124. 181. 

Aegypten 1—82. 

Afifi 298. 

Asari 237. 

Ahir 184. 

Ahl Abahela 871—372. 
Abhl Abd · Allah 256. 

Ahl 

Ahl Ai (Amir) 356. 

Ahl At (Aulaqi) 242. 
Ahl Alt (Diebi) 237. 

Ahl ba Gilgella 289. 292. 
Ahl Begga 305. 

Ahl ben Nahgi 200. 201. 288. 
Ahl Dian 273. 

Ahl Elah 255. 

Ahl Ga'da 255. 

Ahl Geml'a 245. 

Ahl Haidra Manſſur 255. 
Ahl Haſan 245. 

Ahl Hafna 198. 255. 
Ahl Hayek 190. 229. 231-234. 
Ahl Hefcham 305. 

Ahl Hogel 856. 

Ahl Hofain 306. 

Ahl Mehdi 245. 

Ahl Mirza 289. 

Ahl Dafis 245. 

Ahl Doraif 394. 

Ahl Raht 245. 

Ahl Reidan 870. 


410 


Ahl Suid 255. 

Ahl Saidi 255. 272. 
Ahl Schaqran 370. 
Ahl Schedtat 255. 
Ahl Schenin 255. 
Ahl Selam 328. 

Ahl Sliman 245. 
Ahl Yazid 296. 

Abt Zueila 388. 
Ahmar 289. 292. 
Ahmed Ali Ghalib 293. 
Ahmed ben Alwan 248. 
Ahmed ben Hadi 232. 
Ahmedi 212. 

Abwar S. Hauwar. 
Ahnum 368, 

Ahſab 342. 

Aiderus 136. 157. 162. 
Aiman 256. 

Ain 201. 

Aiſai 356. 

Akahela 387. 

Akel 274. 
Alexandriern 1—4. 
Ali Asker 297. 

Ali ben Ghalib 293. 
"Mi ben Mohſin 331. 
Ali el Hauſchebi 352. 
"Ali Tabat 334--385. 
Allaka 125. 

Allafı Buru 131. 
Allauwi 217. 


Alluwi (Amir) 204. 350, 


Alluwi (Diebi) 237, 
Alwan 245 

Amagin 231. 

"Amar 207—208. 372. 
"Amer 257. 

Yınbar 104. 118. 
Amir 3I5I— 360. 
Amira 120. 

Amir Zchafel 353. 357. 
Amr b. Sa'id 248. 
Amudi 289. 

Amudiva 256. 

Amur 205. 

Amuri 205. 379. 
Anna 337. 


Regiſter. 








“Ans 214. 406. 

Anferat 398. 

"Anterive 205. 379. 

Aqareb 314—323, 

Aqrabi 222. 314—323. 
Ara 139. 205. 381. 

Nraber in Aden 162. 

Arai 379. 

Arch Atoba 280. 

Ardh ed Dian 198. 199. 
Ardh ed Diebi 280. 

Ardi 337. 

Arieb 280. 

Ariqi 207. 398. 

Ariſch 408. 

Arkiko 118. 

Arnaud (Reifender) 184. 139. 
Aruq 207. 393, 

Arwali 255. 

Aſaker 137. 

Aſſa 307. 

Aſſabeh 206. 328. 394. 
Aſſbahin 201. (Note) 328. 391. 
Aſtrologe 164. ” 
Aswad 360-363. 

Atara 203. 206, 

Atfi 205. 379. 381. 

Atiq 249. 

Atoba (Athauba) 280. 
Aturi 206. 398. 

Aud 279. 

Aud 207. 

„Aud b. Abd Allah 250. 
Audeli 222. 240. 
Audeli-Land 275 -282. 
Aulaqi 190. 222. 239 - 251. 
Auwad bel Eher 107. 162. 
Auwadel 275— 282, 
Auwaliq 230—231. 


Auwan 30%. 


— — —— — — 


\ 


Auwas 200-208. 371. 
Awatif 379. 

Aziz 387. 

Azan 305. 

Azeibib 323. 345. 
Azemi 237. 

Azizive 31. 118. 
MWbox 12, 


Regifter. 


B. 


Ba Auci (oder Auffi) 237. 

Bab cl Felaq 258. 

Bab el Mandeb 138. 206. 

Ba Hamedi 287. 

Bahan 119. 

Ba Kazim 242. 

Bateri 288. 362. 

Batſchi 278. 

Ball Harif 245. 

Ban (Baan)-328. 

Banianen 187. 140. 168. 

Banu Lihb 188. 

Ba Omm Rezaz 301. 307. 

Barka 117. 118. 

Barfati 81. 

Br Sauda 237. 

Baſchi Bozuk 101. 

Ba Wadda 237. 

Bazir 203. 306, 

Be'aima 387. 

Vera oder Baidha 163, 191. 200-208. 
306. 307. 

Bedu 207. 

Beduinen 106. 

Behan oder Baihaan 203. 306. 

Behan el Gezab 203. 312. 

Bekil 406. 

Beled el Haddi 372. 

Beled el Oadi 372. 

Beled Schafel 353. 

Beled Schaif 373. 

Ben Alluwan 804. 

Beni A had 358. 

Beni Ahmed 328. 

Beni Amr 118. 

Beni ‘Uns 214. 406. 

Beni Geleb oder Sfolaib 183. 

Beni Hammad 206. 394. 

Beni Harith 312. 314. 321. 

Beni Koraita 175. 

Beni Mehaid 328. 

Beni Mohammed 370. 

Beni Ogil 329. - 

Bent Dafed ©. Kellet. 

Bent Schafel 370. 

Beni Scheiba 394. 





411 


Beni Sliman 201, 278. 

Bent Yufif (Hogriya) 205. 394. 
Bent Yufif (Vafl') 288, 
Beofi 296. 

Berad 406. 

Berberiner 97. 

Bereimi 380. 

Ber Dani 201. 278. 

Bet (Bait) Abu Hodat 367. 
Bet (Bait) Ayla 330. 

Bet (Bait) Samjam 329. 
Beth 177. 

Bey 12. 

Beza 167. 

Bigeri (Bidjairi) 278, 

Billei 272. 

Bir (Biyr) Abt Allah 204. 352. 
Bir (Biyr) Ahmed 205. 316. 
Bir (Biyr) Ali 201. 224. 225. 
Bir (Biyr) Comm 381, 

Bir (Biyr) Nafir 381. 

Vir (Biyr) Nobto‘ 198. 

Bir (Biyr) ‘Ome 331. 

Bir (Biyr) Schater 331. 
Birfet Hammam 392. 

Blad el Hofain 208, - 
Blad es Suad 203. 

Blad Halnı Sa'idi 273. 
Bogos 104. 126, 

Boswellia Bhau Dhajana 82, 
Boswellia Carterii 82. 

Botta 208. 

Brugſch 12. 

Bu Bekr b. Abd Allah 244. 
Bulaq 18. 


€. 


Cairo 4-20. 
Camp (Aden) 142. 
Gane 225. 227. 
Cantar 119. 
Carter 154. 
Cedara 199. 289. 
Celu 207. 
Central⸗Yemen 186. 
Gerda 357. 


412 


Geren 807. 

Chabr 201. 202. 248, 
Chabt 202. 247. 248. 
Chadem S. Achdam. 


Chadra 208. 402. 
Chamfer 200. 291. - 
Gharraz 189. 

Chelale 290. 

Chere (Ehaire) 200. 287. 292. 
Sheöney 248. 
Chobban 378. 

Ghobbet el Guſan 304. 
Gholagt 296. 

Sholem 177. 

Chor (Chaur) 258, 
Chor Amran 206. 
Choraibe 278. 

Chorda 120. 


Chorebe (Ehoreibe) 25. 
Chorebe (Schahert) 862. 
Ehulle 200. 204. 292. 
Commandar 82. 90. 
Gommandari 26. 


D. 


Dädſchadſch 124, 
Dageſch 177. 

Dahakki 307. 

Daher (Tſaher) 190. 280. 
Dahlak 118. 117. 
Daira 12. 

Dala' S. Dhala‘. 
Daletb 177. 
Damar. S. Dhamar. 
Damascus 188. 

Dar Kureſchi 330. 
Dar Scha'iban 852, 
Dar Schauar 895. 
Dar Zena (Zaina) 257. 


Regifter. 


Datina (Dathyna) 199. 247—249. 269 — 
275 


Daumas 194, 
Debeine 379. 
Debu ed dachel 896, 
Debn el charig 396. 


| 


Demant 202. 379. 

Demeb 878. 

Deqaim 866. 

Deran Mia’idi 269-275. 
Deramwifch 2834. 

Derb 880. 

Dergag (Derbjadj) 200. 2358. 
Dpyala‘ 208. 204. 856, 

Dhamar 162, 197. 399. 

Dhanab 356. 

Dhi Nachab 292. 

Ohi Zor a 296. 

Dhobba 278. 

Ohobbi 296. 

Dhobi (Dhaubi) 184. 

Dhu Hofain 337. 342, 404407. 
Dhu Mohammed 162. 887. 341. 385 
404—407. 


Dian 19. _ 

Diani 247. 

Diebi (Dztaibi) 24. 235—238, 278. 
Dimena 206. 895. 
Dismal 834. 

Diyani 328. 

Do an 24. 

Doba 273. 

Doba'i 304. 

Dobban 305. 

Dobhan 203. 395. 
Doqqa 206. 388. 
Doſchan 190. 

Dra 119. 

Dſchedda 44 und folg. 


E. 


Effendi 11. 12. 
Efu (Aifau) 394. 395. 
El Afifi 298. 

El Aud 372. 

El Efu 394. 

El Hamami 247. 
El Hubehek 248. 
El Meſchelqi 200. 
El "Orga 292. 
El ‘Orr 296. 
Seh 872. 


Emera‘ 380, 
Ementu 128, J 
Esbekiya 18. 
Eſſ⸗ Celu 393. 
Eva (Grab der) 75. 


8. 


Fadl ben ·Ali 332. 
Sad! ben Mohfin 381. 
Saresla 119. 

Sathant 255. 


Fatihn 39. 
Segerra 205. 380. 


egra 366. 
verſcha 208. 207. 

Finfh 330. 

vodl (Bodhi) 252. 

God (Robäli) 222. 252 u. folg. 
Frid 245. 

Butta 48. 


©. 


Gabari 442. 

Ga'da 214. 853. 355. 
Gadaref 116. 
Ga’deni 255. 

Galla 123. 

Gar Allah 242. 
Garli 242. 


= 
258, 
Gebel Abadan 246. 
Gebel Aharrem 355. 
Gebel "Amran 377. 
Gebel "Ara 377. 
Gebel Atoba 355. 
Gebel Charraz 189. 377. 
Gebel Chaure 246. , 
Gebel Dolo (Dhaulo) 210. 228. 
Gebel Dran 346. 
Gebel el 'Efu 392. 
Gebel eff Celu 392. 
Gebel Schaf 209. 
Gebel Hadid 515. 


Negifter. 





413 


Gebel Halhal 246. 

Gebel Hamra 223. 236. 
Gebel Harir 355. 

Gebel Hafan 140. 209. 314. 315. 
Gebel Kaur 228. 

Gebel Kellet 285. 

Gebel Kor (Kaur) 209. 276. 
Gebel Manif 350. 

Gebel Maufiya 285. 
Gebel Mechanit 377. 
Gebel Mefalis 207. 
Gebel Merrais 209. 370. 
Gebel Mohageba 285. 
Gebel Mozaffer 275. 280. 
Gebel 

Gebel Renr 202. 228. 
Gebel Qa'u 139. 377. 
Gebel Den 209. 246. 311. 
Gebel Scha'ib 355. 
Gebel Schamſcham 139. 209. 
Gebel Schl'ab 350. 
Gebel Sſabr 392. 

Gebel There 275. 

Gebel Tuil 228. 

Gebel Yafı' 208. 285. 
Gefe (Djaife) 203. 375. 
Gehaf 204. 367. 

Gehaina AL, 

Geleidi 379, 

Gelelet 362. 

©embiye 334. 

Gerabi 379, 

Geradi 242. 

Gerdan 209. 231. 
Geruba 204. 296. 

Gezab 203. 310-813. 
Gharriye 205. 381. 
Ghaſill 247. 

Ghoder 190. 198, 278. 
Gible L 273. 

Gible IL 402. 

Giſcho 126. 

Giſchr Oiſchr) 163. 167. 


Gomar 408. 
Gomfude 88. 
Gomul 356. 
Grepeloths 81. 





Regifter. 


Hocen (Hofin) Beceli 256. 

Hocen (Hoſſn) bel Hafın 298. 
Docen (Hoſſn) bei Schech 280. 
Hocen (Hoffn) Beni Raſcham 293. 
Hocen (Hoſſn) ber Homeſch 273. 
Docen (Hofin) ber Miortaiba 280. 
Hocen Goſſn) Bigeri 280. 

Hocen (Hofin) bu Betr abu Kerin 298. 
Hocen (Hofjn) be Bekr Ghalib 293, 
Hocen (Hofin) Choraibe 273. 
Hocen (Hoſſn) Derek 2983. 

Docen (Hoſſn) Diebi 280. 

Docen (Hofin) ed Darr 368. 
Hocen (Hofin) ed Dinb 273, 
Docen (Hojin) ed Doma 273. 
Hocen (Hofin) el Aqrud 396. 
Hocen (Hofin) el Gendiye 396, 
Hocen (Hofin) el Hamza 396. 
Hocen (Hofin) el Haſan 280. 
Hocen (Hojin) el Kahur 280. 
Hocen (Hoffn) el Mimſchah 396. 
Hocen (Hofin) el Oure 396. 
Hocen (Hofin) Gbalib Ali 393. 
Hocen GHoſſn) Halm Effarr 280, 
Hocen (Hoſſn) Halm Sac'idi 273. 
Hocen (Hoſſn) Hamed el Mohaiteni 280. 
Hocen (GHoſſn) Hauban 396. 
Hocen (Hoſſn) Hoſain Rezaz 306. 
Hocen (Hoſſn) Kahelir 388. 

Hocen GHoſſn) Koheb 256. 

Hocen (Hofin) Manſſuri 280. 
Hocen GHoſſn) Mefalis 396. 
Hocen (Hoſſn) Mesmer 280. 
Hocen (Hoſſn) Mesware 800. 
Hocen (Hoſſn) Mohadaka 280. 
Hocen (Hoſſn) Mohaſin b. Ali 298. 
Hocen (Hoſſn) Motaibek 280. 
Hocen (Hoſſn) Nacha'i 273. 

Hocen (Hoſſn) Oans 368. 

Hocen (Hoſſn) Oofeſchi 280. 
Hocen (Hoiin) Rabe 368. 

Hocen (Hofin) Rebek 396. 

Hocen (Hofin) Reidan 371. 

Hocen (Hojin) Salem 293. 

Hocen (Hoffn) Schaibe 280. 
Hocen (Hofin) Schau‘ 280. 
Docen (Hofin) Schaqran 371. 
Hocen (Hofin) Scheghab 368. 


Hocen (Hoffn) Schemi 298. 
Hocen (Hoſſn) Scheriye 291. 
Hocen (Hofſn) Scherman 396. 
Docen (Hofin) Sſaide 293. 
Hocen (Hoffn) Tohaifi 280. 
Hodaida 138. 168. 

Hogeil 356. 

Hogriya 162. 205. 214. 390—397. 
Homma 200. 290. 

Hoqaiba 207. 402. 

Dofain 203. 

Hofain Rezaz 307. 

Hota (Hauta) I 248. 

Hota (Hauta) DI. 201. 230, 
Hota (GHanuta) IH. 191. 356. 
Howhr 244. 

Dulton 225. 

Huwir 245. 


J. 
Ibb 207. 399. 
Ibharan 206. 381. 
Shran 43. 
Sohannes (Nbuna) 128. 
Johannes Teklar 128, 
Iſchibum 
Jobeen | ©. VNeſchbum. 
Isma'il Paſcha 15—20, 
Israeli 177. 
Israeliten 173—181. 
Iſthmus (v. Aden) 155. 
Juden (in Arabien) 173—181. 


K. 


Kaadibaum 187. 
Kadema 329. 
Kahela 206. 207. 388. 

Kaheli 887. 

Karaiten 175. 

Kaſſa 123 u. folg. 

Kaſſala 113. 118. 

Katholiken (in Aden) 161. 

Kazim 242. 

Kebba 388. 


416 


Kebs el Monga‘ 248, 
Keddera 396. 

Kedeiba 206. 403. 
Kedeire 205. 381. 
Kela 2830. 

Kellet 288, 

Kellui 247. 

Kelfam 288. 

Keren 118. 129. 
Keſadi 289. 291. 
Khedive 15—X. 
Kirk 281. 

Kod (Kaud) 199. 258. 
Kohenim 177. 
Kolaite 199. 273. 
Kor (Kaur) 209. 258, 
Kor Makfar 340. 


L. 


La Orélandière 297. 

Lahaqi 242. 

Laheg 144. 162. 202. 324—349. 
Lahi 202. 231. 

Landsberg 338. 

Latahan 288. 

Leviten 177. 

Loder ©. Ghoder. 

Londra 202. 231. 


M. 


Ma'beq 206. 888. 
Machdumi 379. 
Machſeb 257. 


Madhig (Madzhidj) 214. 245. 247. 


Magher 205. 

Magra'a 273, 

Mahfed (Mahfedz) 201. 243. 
Makalla 82. 162. 

Makaten (Makatein) ceghir 243. 
Makaten (Makatein) kebir 248. 
Ma'mai 205. 379. 

Manſſuri I. 278. 

Manſſuri IL 203. 379. 
Manfiuri UIL 242. 

Manfiurt (Mlünze) 387. 


Regiſter. 


Maqgrehiya 245. 

Mar 200. 258. 

Maria 202. 203. 248, 249. 
Mare 176. 

Marta-Therefin: Thaler 119. 397. 
Marib 184. 

Marqaſchi 255. 

Marzahi 247. 

Masfer 247. 

Maskat 83. 

Maflauma (Stadt) 101. 
Maſſauwa (Dialect) 104. 


Maffauwa (Handel) 82. 113 u. folg. 


Maukadi 247- 

Mauya 208. 371. 
Moerent 118. 

Mehadim 379. 

Medabi 394, 

Medegera 387. 

Medhagi 245. 

Medina 41. 

Medinet el Asfal I. 402, 
Medinet el Asfal I. 207. 
Medinet Suq Doba 395. 
Medinet Telez 201. 290. 
Medware 388. 

Meflehi 296. 

Meferſcha 249. 

Megba 352. 

Megdaha 223. 224. 
Megeiſcha 387. 

Meghafa 330. 

Meghar 381. 

Mehaidan 162. 326. 
Mehalla 142. 

Mehemed Ali 7. 

Mekaus 273. 

Mekka 58. 

Mekonen 122. 

Melagem 203. 305. 
Melfi 305. 

Menacera 205. 879. 
Menachem ben Meſcheh 176. 
Mena'im 403. 

Menelek 128. 

Menſa 118. 

Menzil 208. 

Merafai 190. 278. 282. 


= 





Regiſter. 417 


Merfat 199. 201. Monfun 138. 

Meri (Mecri) 176. Montaz Paſcha 93. 
Merrais 204. 370 - 871. Maqabera 387. 

Merzaf 287. Moqaibera 329. 
Meſabek 307. Mogqatera 336—389. 
Meſa'd 367. Moqteri 206. 386. 
Meiadi 255. Morageiha 255. 256. 
Mefaugeo 257. Moradaa 245. 
Meſchaich 217. 247. Mordat 247. 

Meſchalcha 384—8385. | More 176. 

Meſcheh 176. Mofaismus 174. 
Meſchelqi 200. Moſcheh 176. 

Meſchrah 307. Moſchus 118. 

Meſchura 402. Moſeta 204. 205. 296. 
Meferi (Meeiferi) 255. 273. Mofeti 296. 

Mesfegge 190. 278. Mofjabein 312. 
Meshaqi 379. Miaide 304, 

Meslemi 2347. Miaud 304. 

Meſtiate 128. Miegna Atif 290. 
Mesware 199. 203. 306. Munzinger 103. 122. 202. 222. 231— 
Metamma 113. 236. 243. 256. 
Metennet 362. Muffelin 81. 

Methn es Sayadi 372. 

Metwogein 307. N 
Metuafin 35 u. folg. 
Metzem 362. Na'ab 200. 258. 

Middet 119, Nacha't 198, 202. 
Mihtar 184. Nachlan 207. 402. 

Miles 157. 224. 231. 243. 256. Nahgi 200. 201. 
Millingen (Dr.) 224, 225. Nagb el Hagr 201. 202. 229—233, 
Mintjcherer 126. Negd el Ahmar 402, 
Mirſſad 206. 388. Neger 169. 170, 

Mirza 200. 291. Nemara 852. 

Mittlere Auwaliq 244—245. Nemr 202. 

Mocha 138. 213. 399. Neqaq 249. 

Mochader 403. Neqeſcha 382. 

Mofalis 207. Neqil el Hamza 396. 
Mogafa 289. Neqil Semara 207. 402. 
Mohader 281. Nefiyin 247. 248. 
Mohafiz 41. Niffab (Nicab) 202. 248. 
Mohagebba 296. Niebuhr 179. 184. 247, 249. 
Mohagera I. 362. Nubier 27. 

Mohagera UI. 241. Nuri Pafcha 44. 
Mohanneq 205. 380, 

Mohammed b. Ahmed 281. O 
Moharrega 206. 888. 
Mokullo 103. Obara 247—249. 
Monqa 202. 241. 248, Dbere Aumaliq 246 - 251. 


v. Maltzan, Belfe nah Südarabien. au 


418 


Obere Wahidi 228 — 234, 
Dber:Yafl'an 295 —297. 
Okale 6. 

Okka 19. 

Omad 258. 326. 
Omaiſi 242, 

Dman 186. 

“Omar 168. 

Dmm Beda 245. 

Dmm Chodeere 198. 199. 273. 
Omm Saharig 137. 
Omr 203. 305. 

Omtusla 245. 

Drfan 247. 278. 

Drga 292. 

Orr 296. 

Dtman (Othinan) 168. 
Oftafrifa 88—132. 
Dftindifche Chriften 161. 
Oſtindiſche Moslems 161. 


P. 
Pais 174. 175. 
Parias 182-192. 
Parſis 143. 157. 
Patach 177. 
Perim 139. 
Perſer 340. 
Philakterien 180. 
Pies 337. 
Point 142. 
Portugieſiſche Abkömmlinge 161. 
Prien 142. 
Ptolemäus 221. 
Punkah's 150. 


Q. 


Dadi 60. 163. 164, 

Dahtaniten 181. 

Didi 207. 402. 

Dalet Mogteri 206. 338. 

Dara 199—294. 289, 

Daſcha 350. 

Databa 163. 204—208. 367370, 
Da'u 139. 


Regifter. 


Deramis 245. 
Oilſam 289. 
Diyam 168. 
Dobayel 163. 191. 215—218. 249. 
Dobati 207. 

Docer 88. 

Oofeſchi 278. 

Do’la 208. 372. 
Ooph 177. 

Dulliye 201. 244. 
Dumufh 242—244. 


R. 


Rabizi 247. 

Radai 273. 

Radman 805. 312. 

Raha 203—207. 351. 
Raima 163. 

Ramadan 64. 

Ramle 203. 204. 352. 
Nas “Ara 139. 205. 377. 
Nas Da’u 139. 377. 
Raſſa 204. 206, 

Raſſam 240. 243. 

Rauda 191. 

Rauhwa 199. 

Rave 163. 192. 216 —218. 
Rebak 402. 

Neda 162. 204-208. 371-372. 
Redeha 202. 231. 

Nega 205. 200. 380. 
Negai 379. 

Rehauwi 288. 

Rezaz 163. 301 -309. 
Ritter 244. 

Ro'gin 329. 

Roda (Randha) J. 257. 
Roda (Raudha) L 191. 202. 231. 
Rolph 41. 

Ntotl 119. 

Rubit 120. 

Rupie 337. 


©. 


Sabäer 183. 


Sabchani 937. 


Regifter. 419 


Sach 120. Schi'iten 162. 168. 
So'd el Bagota 339. Schimper 124. 131. 
Saibeah 351. Schimri S. Schumr. 
Sailet el Millah 351. Schirgan 307. 
Sailet eth Thaimera 351 Schoho 118. 
Salemi 242. Schohud 65. 
Samah 257. Schughra 180. 198. 201. 250. 
Samhar 117. Schumrt 184 u. folg. 218. 369. 
Sarw Himyar 209. 275. 234. Sebach 198. 201. 258. 330. 
Sarw Madhig (Madzhidj) 209. 245.246. | Sefal 296. 
275. Segol 177. 
Sayabi 372. Sehagi 247. 
Schab 200. Sel Beni Sliman 01. 
Scha’b el Yahud 201. 289. Selim 206. 379. / 
Schafei 38. 112. Semlan 247. 
Schafel 352. 357. Sepbarbifche Juden 175. 
Schageri 247. Sepoys 161. 
Scahed 369. Serafe 200. 292. 
Schaheri 204. 360-368. Serar 199. 200. 289. 
Scha'ban 65. Seriya 201. 256. 
Schaib I 289. 292. Eiffia 330. 
Scha'ib U. 258. Sir 230. 
Schaf 366. 372—373. Sira 156. 
Schaifi 247. 373. Si’ud 306, 
Schafuli 184. Smith, 225. 
Schaka 366. Sobehi (Sfobaihi) 376 -383. 
Schaker 406. Sobeidi 356. 
Schamſcham 140. Socheb el Amar 372. 
Schaf 81. Soda 356. 
Scha'uba 403. Sohail 201. 
Schayyalin 162. Soheb (Sohaib) 203. 204. 243. 356. 
Sche be 3831. Soleb 292. 
Schebe (Scheibe) 206. Solemani 37. 
Schech (Scheih) 217. Solub 253. 
Schech Abd el Kerim 20—25. Somali 160—166. 
Schech Otman 168. 330. Somali 379. 
Scheh Sıib 138. 384- 385. Sprenger 183. 184. 
Schecha Echeicha) 48. Sſaheban 402. 
Scheheri 278. .Sſaidi 289. 
Schema'i 242. | Sfalah ed Dhobbi 297. 
Schemi 289. Sfana 399. 
Scer'a 204. 208. 356. Sſuar 330. 
Scher ab 403, Stella 128. 
Schergebi 392. Su'ad 203. 306. 
Scerif 58. 217. 234, Sualin 83. 89. 91. 114. 
Sceriya 291. Sud 387. 
Scheruk 120. Sudan 91. 
Schewuha 200. 291. Sudani 170. 





422 


Yufefl J. 207. 
Duſeſt IL 288, 


Zabe 177. 
Zafiye 995. 
Zander 124. 
Zatba 880, 852, 
Zaidi 162, 138, 


3.